Schneerinnen,
Rüfen- und Lawinenzüge sind. Die Gebirge, welche diese
Thäler umschliessen, werden auch als Samnaunergebirge
bezeichnet und bilden einen nö. Ausläufer der
Silvrettagruppe, mit der sie am Fimberjoch verknüpft sind. Von da streicht
ein schmaler hoher
Kamm nö. bis nach Landeck über
Piz Roz oder
Vesilspitz (3115 m),Bürkelkopf (3036 und 3030 m),
Gribellakopf (2897 m), Hexenkopf (3038 m), Furglerspitz (3007 m), Blankakopf (2895 m), Rotpleiskopf (2938 m) und Kegelkopf
(zirka 2920 m). Von diesem längern Hauptkamm zweigt sich am
Piz Roz ein kürzerer, aber höherer
Kamm ab, der erst sö., dann
nö. streicht und im Schluchtenwinkel zwischenInn und
Schergenbach (Finstermünzschlucht) schroff abbricht.
Seine Hauptgipfel sind der
Stammerspitz (3258 und 3042 m), der
Muttler (3298 m) und der
Piz Mondin (3147 m), die zu den bekanntesten
und markantesten Berggestalten des Unter
Engadin gehören. Alle die genannten Gipfel bieten dem Touristen viel Interessantes,
es sind höchst lohnende und meist unschwierige Aussichtspunkte. Die schöne Pyramide des
Muttler insbesondere
rivalisiert mit dem
Piz Lischanna bei
Schuls und ist wie dieser auf verschiedenen Routen leicht zu erreichen.
Dagegen sind der
Stammerspitz und der
Piz Mondin die schroffsten Gipfel der Samnaungruppe, wildzerrissene Felsmassive von fast
abschreckender Gestalt, lange, gezackte Felskämme, deren Besteigung Wagemut und Klettergewandtheit erfordern.
Als Ganzes bildet die Samnaungruppe ein symmetrisches Gegenstück zum
Rätikon, so dass sie gelegentlich auch Antirätikon
genannt wird. Wie der
Rätikon der nw., so ist die Samnaungruppe der nö. Flügel des Silvrettamassivs.
Auch zeigen beide Flügel eine typische fiederförmige Gliederung mit zahlreichen parallelen Seitenkämmen und Seitenthälern.
Bei beiden bemerken wir ferner eine Knickung des Hauptkammes, beim
Rätikon in der Gegend des
Grubenpasses,
bei der Samnaungruppe am
Bürkelkopf, wenn auch hier allerdings bei weitem nicht so scharf wie dort. Auch die geologischen
Verhältnisse beider Gruppen zeigen eine gewisse Analogie: in beiden vereinigen sich Schichtgesteine mit von derSilvrettagruppe
herüberstreichenden krystallinen Felsarten.
Doch nehmen letztere in der Samnaungruppe einen weit grösseren Raum ein als im
Rätikon. In der Samnaungruppe ist der ganze
lange Hauptkamm vom
Greitspitz (s. des
Bürkelkopfs) bis Landeck in seiner Gipfelregion und gesamten n. Abdachung aus krystallinen
Gesteinen (Gneis, Glimmerschiefer, Granit, Diorit, Gabbro) aufgebaut, während wir im
Rätikon in den
entsprechenden Lagen Trias,
Jura und Kreide finden.
Grösser ist die Aehnlichkeit zwischen der
S.-Seite des Samnaungebirges,
insbesondere der Muttlerkette, und der
S.-Seite des
Rätikon.
Hier wie dort finden wir den Bündnerschiefer in weiter Ausbreitung, wenn auch in etwas verschiedener Ausbildung. Die Schiefer
des Unter
Engadin und Samnaungebietes stimmen in der Hauptsache mit denjenigen der Viamala und des
Schyn
überein. Sie leisten der Verwitterung wenig Widerstand und bilden einen fetten Boden, auf dem die prachtvollen und so hoch
hinaufreichenden
Wiesen und Alpweiden des Samnaun liegen. Am
Munt da Cherns über
Campatsch wird bis zum Gipfel (2687 m)
hinauf das Gras regelmässig geschnitten, und auf der ihren Namen wohl verdienenden
Alp Bella weiden die Kühe bis über 2700 m
hinauf.
Diese Bündnerschiefer sind auch reich an eisen- und schwefelhaltigen
Mineralquellen, die auf den
AlpenSalas, Trida und
Bella
in grosser Anzahl
sprudeln, ihrer grossen Höhenlage und Abgeschiedenheit wegen aber bis heute nicht
benutzt werden. Teils auf diesen Schiefern, teils als Umrandung derselben treten mesozoische Sedimente auf, die der ostalpinen
Schichtfolge angehören, und mit diesen innig verknüpft finden sich, wie teilweise auch im
Rätikon mehr aber noch im
Plessur-
und Oberhalbsteinergebirge, ophiolithische Eruptivgesteine
(Serpentin, Gabbro, Diabas, Spilit, Variolit) und
zwar oft decken- oder kappenförmig und ohne Wurzel nach der
Tiefe auf den höchsten
Spitzen wie
Piz Mondin,
Muttler,
Bürkelkopf
etc. Wie im Plessurgebirge findet sich auch hier eine typisch ausgeprägte Aufbruchs- und Klippenzone, die sich zwischen
die Schieferzone einerseits, die krystalline Masse der Silvretta im W. und die Dolomitregion im S. des
Inn andererseits einschiebt.
Bald sind es Granit und Gneis, bald mesozoische Sedimente, bald ophiolithische Gesteine, die insel-, lappen- oder deckenförmig,
aber meist in schwer übersehbarem Verbande über dem Schiefer lagern oder seitlich hart an ihn herantreten. Der gewaltige
Stammerspitz z. B. soll nach neuesten Untersuchungen eine auf jüngern Schiefern überschobene Triasscholle
sein, bestehend aus Wettersteindolomit, Lithodendronkalk, Hauptdolomit, Mergeln und Kalken des Rät.
Wie die Trias, so soll, entgegen bisheriger Annahme, auch die untere Kreide in schieferiger und kalkiger Ausbildung und auf
Lias (Adneterfazies) ruhend, weite horizontale Verbreitung im Samnaunergebiet haben. So zeigen also Samnaungruppe und
Rätikon
in stratigraphischer und tektonischer Hinsicht neben aller Verschiedenheit doch manche auffallende Analogien,
die auch ihrerseits für das Samnaungebirge den Namen Antirätikon einigermassen rechtfertigen.
Die Vergletscherung ist in beiden Gruppen gering. Sie beträgt im
Rätikon 4,2 km2, im Samnaungebirge 4,5 km2. Aber
dort ist diese Gletscherfläche fast ganz auf einen Komplex an der
Scesaplana (Brandnerferner 3,7 km2)
zusammengedrängt, in der Samnaungruppe dagegen auf etwa ein Dutzend Eisfetzen verteilt, von denen der grösste auf nur 0,64
km2 kommt. Beträchtlicher waren natürlich die
Gletscher der Eiszeit. Auf der Alp Trida, der «hässlichen», wie sie
mit Recht heisst, liegen lange Reihen von erratischen Serpentinblöcken, die von den
SchwarzenWänden
herstammen.
Auch der untere Abschnitt der
Alp Bella ist mit solchen Blöcken übersät, und hier trifft man nahe den
Hütten einen der
grössten erratischen Blöcke der
Schweiz überhaupt. Endlich lässt sich von den Rätikonthälern keines mit dem Samnaunthal
vergleichen. Dieses letztere erscheint mit seinen Seitenthälern fast wie ein kreisförmiges Becken.
Die Beckenwand umschlingt es wie ein mächtiger, von zahlreichen Türmen und
Zinnen überragter Ringwall vom
Piz Mondin über
Muttler,
Stammerspitz,
Samnaunerjoch,
Bürkelkopf,
Gribellakopf, Fliesserscharte und Frudigerkopf bis zum Kreuzjoch.
Eine einzige Bresche ist in diesem Wall vorhanden, durch die der
Schergenbach abziehen kann. Durch diese Bresche, eine
düstere Waldschlucht, auf der linken, österreichischen
Seite Spisserthal, auf der rechten, schweizerischen
SeiteVal del Tschera
genannt, führt auch der einzige einigermassen ordentliche Zugang ins Samnaunerthal und auch dieser von der
Schweiz aus nur
auf Umwegen und über österreichisches Gebiet. Von
Martinsbruck, dem untersten Dörfchen des
Engadin, führt ein Fusspfad
auf der linken
Seite des
Inn durch die Ovellaschlucht, meistens durch
¶
mehr
Wald, nach dem Schalkelhof (etwa 1½ Stunden). Von Martinsbruck kann man auch die grosse schöne Landstrasse benutzen, die über
Nauders und Hochfinstermünz nach Landeck führt. Von Hochfinstermünz führt ein steiler Waldweg hinunter nach Altfinstermünz
unten am Inn, wo man etwa ¼ Stunde oberhalb dem Schalkelhof den Ovellapfad erreicht. Bei diesem Hof überschreitet
man den Schergenbach (988 m) und steigt auf steilem, holperigem Zickzackweg durch dichten Wald empor, um dann den von Pfunds
im Innthal kommenden Karrweg und auf diesem das auf hoher Terrasse liegende österreichische Dörfchen Noggels (1400 m) zu
erreichen.
Von da fällt der, auch ohnedies vielfach auf- und absteigende Weg wieder fast 100 m bis an den Schergenbach
(1317 m) und führt dann, bald links, bald rechts dieses Baches und immer in enger Waldschlucht hinauf zur Spissermühle (1514
m), einer kleinen Häusergruppe mit Mühle, Wirtschaft und österreichischer Zollstation (1¾ Stunden von Noggels oder 2¾
Stunden vom Schalkelhof). Hier betritt man nun erst das eigentliche Samnaunthal und erreicht in einer
weitern halben Stunde das erste und grösste Dörfchen desselben, Campatsch (1717 m). Wie man sieht, ist der bisher beschriebene
Weg, wenn er auch dem Freund erhabener Gebirgs- und Waldnatur noch so viel Reize bietet, doch für den gewöhnlichen
Verkehr ein sehr mühsamer, ein steiler, vielfach auf- und absteigender, steiniger Fuss- und Karrweg. Auch dass er grösstenteils
über österreichisches Gebiet führt, ist für die Samnauner, die so nur über fremdes Gebiet mit der übrigen Schweiz verkehren
können, misslich, wenn auch der genannte Weg neutralisiert ist. Der Wunsch der Samnauner, eine bessere
und von Oesterreich unabhängige Verbindung mit dem Gesamtvaterland zu erhalten, erscheint darum sehr begreiflich.
Wirklich geht nun ein längst projektiertes Strässchen, das von Campatsch auf der rechten Seite des Schergenbaches nach dem
Schalkelhof und von da durch die Ovellaschlucht (links vom Inn) ganz auf Schweizergebiet nach Martinsbruck
führen wird, der Verwirklichung entgegen. Aber die Anlage und Sicherung dieses Strässchens um den Fuss des Mondinstockes
herum ist wegen der vielen Steinschläge, Rüfen und Lawinen eine schwierige und kostspielige Sache, die nur mit Hülfe des
Kantons und des Bundes ausgeführt werden kann. Am hat der Nationalrat den Bau dieser Strasse
gutgeheissen und beschlossen, an die Gesamtkosten von 988000 Fr. einen maximalen Bundesbeitrag von 80% oder 798400 Fr. zu
leisten.
Was sonst noch an Zugängen zum Samnaun vorhanden ist, das sind nur hohe, meist pfadlose und beschwerliche Gebirgspässe,
die natürlich blos im Sommer benutzt werden können. Der beste davon ist noch das Samnaunerjoch oder
die Fuorcla Zeblas (2545 m), die ins Fimberthal hinüberführt. Aber von da ist es dann noch ein gar weiter Weg über Ischgl
im Paznaun und dann über das Zeinisjoch (1852 m) ins Montafun und ins st. gallische Rheinthal, und der ganze Weg führt
ebenfalls durch österreichisches Gebiet.
Samnaun im engern Sinn umfasst nur den obern Teil des Schergenbachgebietes, von der Spissermühle an
aufwärts, samt den hieher gehörenden Seitenthälern, vor allen Sampuoir und Maisas. Die letztern sind unbewohnt, blosse Alp-
und Weidegebiete, nur in Sampuoir auch noch mit Wald. Das Hauptthal selber aber ist eines der anmutigsten Hochthäler der Alpen.
Durch den Thalgrund mit seinen saftiggrünen Wiesen, kleinen bunten Kornfeldern und den fünf hübschen
Dörfchen schlängelt sich der murmelnde Bach und von den Hängen schäumen überall Milchbäche zu Thal.
Die steilern Wände der rechten Thalseite sind bis auf 2100 m und darüber mit dunklen Fichten- und hellgrünen Lärchenwäldern
besetzt, während auf der linken SeiteWiesen und Weiden herrschen, alles überragt von kühnen Felshörnern
und einzelnen Eisspitzen. Auf einer Längserstreckung von nur 4 km folgen sich 5 Dörfchen, das unterste, Campatsch, in 1717 m,
das oberste, Samnaun, in 1846 m Meereshöhe. Dazwischen liegen noch Laret, Plan und Raveisch, alle auf der linken, sonnigen
Thalseite, nur Samnaun teils zwischen Schergen- und Maisasbach, teils rechts von beiden auf flachem Wiesenplan.
Alle 5 Dörfchen zählen zusammen nur 357 Einwohner und bilden eine einzige politische Kirchgemeinde katholischer Konfession.
Hauptort ist Campatsch mit Schule und Kirche für das ganze Thal. Die Kirche mit ihrem schlanken Turm ist eine Zierde des Thales.
Sie enthält einen reich verzierten, geschnitzten Hochaltar und drei schöne Gemälde von Deschwanden.
Den Kirchhof schmücken eine Reihe schöner Grabdenkmäler aus schwarzem und weissem Marmor. Bis ins 19. Jahrhundert war
Samnaun romanisch, wie denn auch die Namen der Dörfer, Güter, Berge, Alpen und auch der Familien fast alle romanisch sind.
Jetzt spricht alles nur noch deutsch, einen ächten Tirolerdialekt. Der Sprachwechsel scheint sich sehr
rasch vollzogen zu haben. Ein tirolischer Lehrer, der ums Jahr 1815 angestellt wurde, soll viel zu diesem Wechsel beigetragen
haben. Viehzucht und Alpwirtschaft sind natürlich die Hauptbeschäftigungen der Samnauner. Das Heuen von der Thalsohle bis
hoch hinauf an den Abhängen nimmt wie im Engadin viele Wochen in Anspruch. Eine schwierige und mühsame
Arbeit ist der Transport des Bergheus ins Thal, was meist im Winter auf Schlitten geschieht und starke, in dieser Arbeit
geübte Männer erfordert. Bis zu diesem Transport bleibt das Heu im Freien, auf grosse kegelförmige Haufen unter provisorischem
Dach zusammengetragen. Der Viehstand ist sehr beträchtlich und gut gehalten (nach der Zählung von 1901 etwa 12 Pferde, 30 Stück
Rindvieh, darunter über 100 Kühe, 100 Schweine, 530 Schafe und Ziegen). Der Ackerbau ist für die Höhenlage des Thales
ganz ansehnlich; Roggen, Gerste, Gemüse, Kartoffeln gedeihen
¶
mehr
trefflich, so gut wie in den besten Lagen des mehrere hundert Meter tiefer liegenden Unter Engadin, eine Folge der Lufttrockenheit
und starken Sonnenstrahlung. Die Samnauner werden als ein gewecktes, arbeitsames und ordnungsliebendes Völklein geschildert,
was man schon an ihren gemauerten schmucken, in- und auswendig sauber gehaltenen Häusern erkennt. Mit der
einfachen Lebensweise verbindet sich treuherziges, gerades, offenes Wesen. Die wenigen Fremden, die ins Thal kommen, werden
auch durch das freundliche Entgegenkommen und die geistige Regsamkeit dieser von aller Welt so sehr abgesonderten Bergbewohner
angenehm berührt, der Schweizer insbesondere durch deren gut schweizerische und freiheitliche Gesinnung. Geschichtlich gehörte
das Samnaun zum Gotteshausbund. Es hatte im Krieg von 1499 und unter dem Einfall der Oesterreicher 1621 vieles
zu leiden.
Weiler: 5 Häuser, 24 Ew. Die Gemeinde war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts romanisch, welcher Sprache
auch noch fast alle Orts- und Familiennamen angehören.
Kirchgemeinde. Die Bewohner traten zwar zur Reformation
über, kehrten aber unter tirolischem Einfluss wieder zum alten Glauben zurück.
Wiesenbau und Viehzucht, Alpwirtschaft.
Die Bewohner stehen nach Dialekt, Konfession und Gebräuchen den Nordtirolern nahe, sind aber gute und überzeugte Schweizer.
Der Name Samnaun ist eine Verstümmelung von Sanctus Magnus.
Aufstieg von Samnaun zur Passhöhe in
2½ Stunden, von da über Weiden und Geröll am Vesilbach hinunter ins schöne Fimberthal und bis Ischgl
in 3 Stunden. Am Abstieg auf der österreichischen Seite ist der Weg durch den Deutschen und Oesterreichischen Alpenverein
rot markiert worden.
Der Pass wird von den Bewohnern des Samnaunerthales viel benutzt und dient ihnen auch häufig als Reiseroute
zur Arlbergbahn und von da nach Chur.
Wird auch von Schmugglern und hie und da von Touristen begangen.
Graue und grüne Engadinerschiefer unbekannten Alters und mesozoische Kalkschiefer;
auf der Samnaunerseite findet man eine
Strecke weit auch mit Gips verknüpfte Rauhwacke der Trias.
Sö. vom Pass hängt der schmale Vadretgletscher zwischen dem
Piz Vadret und dem Vesilspitz herab.
Die dem h. Germanus von Moutier-Grandval
geweihte Pfarrkirche wurde 1707 abgetragen und durch die heutige Kirche von Sornetan ersetzt, welcher Ort von nun an Sitz der
Pfarrei war.
Vom alten Dorf Saipran sieht man noch Spuren des Friedhofes.
Als zur Zeit der Reformation
Rebévelier katholisch blieb, gliederte man es der Pfarrei Undervelier an, während der Rest der Kirchgemeinde Sornetan bis
zum Aarberger Vertrag 1711 gemischt war und erst seither ganz reformiert geworden ist.
(Val) (Kt. Graubünden,
Bez. Inn).
Längstes der südlichen und überhaupt grösstes der Seitenthäler des Samnaun; senkt sich vom
Muttler erst in n. und dann in nö. Richtung und mündet direkt unterhalb des Pfandshofs (1506 m)
gegenüber dem tirolischen Spiss und an der Landesgrenze gegen Oesterreich zum Schergenbach (oder Schalkelbach) aus. Es wird
umrahmt im S. vom Muttler (3298 m) und Piz Malmurainza (3046 m), im W. von den SchwarzenWänden (2872, 2884 und 2812 m), dem
Piz Val Motnair (2736 m) und dem Pizett (2546 m), und im O. von den Ausläufern des wildgestalteten Piz Mondin
(3147 m) mit den bizarren Felsenzacken und Trümmerrevieren der Ruina Cotschna.
Aus dieser letztern reichen die engen aber langen Felsen- und Schutttöbel des Val Saronna und Val Saronna Pitschna, sowie der
Lawinenzug Las Pignas zum untersten Thalteil hinab, und in der Höhe hängt auf dieser Seite des Mondinstockes
der kleine Mondingletscher. Val Sampuoir ist vom Quellkessel des Munt da Sterls (2265 m) an gerechnet etwa 7 km lang und hat
von hier bis zur Einmündung in den Schergenbach ein Bachgefälle von etwa 11%. Vom Pfandshof führt ein
Pfad längs dem rechten Bachufer bis Plan Godnair und von hier aus links vom Bach über LasEras hinauf bis in den Hintergrund
des Munt da Plaz.
Man kann auch vom Fernertobel (rechte Seite des Schergenbaches) auf üblem Pfad ins Val Sampuoir hinein gelangen. Das Thal ist
auf der rechten Seite bis über die Mitte (2100-2190 m) mit Wald bekleidet und enthält oben die Weiden
der zu Schleins gehörenden Alp Sampuoir die an die Samnauner verpachtet wird. Das ganze Thal liegt auf Boden der Gemeinde
Schleins und zeichnet sich durch Waldreichtum im Vordergrund und Wildheit des landschaftlichen Charakters aus. Aus
dem Thalhintergrund führen der Cuolmen Salet Grond (2830 m) und der Cuolmen Salet Pitschen (2808 m) zwischen dem Muttler und
Piz Malmurainza, sowie der Cuolmen d'Alp (2799 m) ö. unter dem Piz Malmurainza durch die rauhesten Felsgebiete nach Schleins
hinüber. Das Thal ist grösstenteils in mesozoische Schiefer und in ältere versteinerungsleere sog.
Engadinerschiefer eingeschnitten. 1161: Sampur.
(Kt. Schwyz,
Bez. Schwyz und Einsiedeln).
1382 m. Gipfel, der Kette der Mythen nach N. vorgelagert; fällt nach
O. zum Alpthal, nach W. zum Biberthal, nach S. zum Rucheggpass (1209 m) und nach N. zum Bolzberg (1150 m) ab. Am N.-Hang ein
Sandsteinbruch.
Die dem h. Bartholomäus geweihte Pfarrkirche
ist im 17 Jahrhundert an der Stelle einer mittelalterlichen Kapelle, der ältesten des Thales, erbaut worden.
699 m. Alte kleine Kirche mit Einsiedelei auf einem mit Kastanienselven bestandenen
Rücken;
6,5 km n. Lugano und ½ Stunde n. über dem Dorf Comano.
Wurde bis 1832 von einem Einsiedler versehen. In der Kirche
befinden sich ein Altar in Florentiner Mosaikarbeit und eine wahrscheinlich von Tarilli aus Cureglia gemalte
und die Jahreszahl 1574 tragende Freskomalerei, die die Bekehrung des Herzogs von Gascogne durch den h. Bernhard von Clairvaux
darstellt.
Unter grossem Zuzug von Gläubigen, namentlich auch aus der Stadt Lugano selbst, wird hier oben alljährlich am 20. August das
Fest des Heiligen gefeiert.
Etwa 20 Hütten
mit einer Kirche und einem kleinen Touristengasthof.
Exkursionszentrum: Aufstieg auf den Basodino (3276 m) in 6 Stunden;
Uebergänge
ins Formazzathal über den Halbihorenpass (2657 m) oder den Tamierpass (2762 m) in 5 Stunden, nach den Tosafällen über die
Bocchetta di Val Maggia in 7 Stunden, nach Airolo über den Lago Sciundrau, den Cristallinapass und durch
das Bedrettothal in 8 Stunden.
Alte kleine Kirche, dem h. Karl Borromäus geweiht.
Bildete früher eine ziemlich ansehnliche Siedelung,
ist aber durch die Wasserverheerungen von 1868 und 1874, sowie durch starke Auswanderung nach Amerika entvölkert worden.
Wird im Sommer von Leuten aus Peccia mit ihrem Vieh bezogen.
Kapelle und der
einige Schritte von ihr entfernte, etwa 20 m hohe quadratische Turm sind sehr alt.
Das Fest des Heiligen wird am 23. November gefeiert,
und ausserdem veranstaltet man bei ausserordentlicher Dürre eine Wallfahrt hierher, die den
¶
mehr
ersehnten Regen erwirken soll. An dieser Stelle soll einst ein grosses Dorf Rodo gestanden haben, das durch die Pestepidemien
des Mittelalters entvölkert geworden wäre.
schöne Aussicht ins untere Tessinthal und auf den Langensee.
Die sehr alte Kapelle war früher wahrscheinlich Pfarrkirche von Sementina, barg Fresken aus dem Mittelalter und hat heute
noch eine kleine Glocke, die die Jahreszahl 1333 trägt. Um die Kirche gruppieren sich einige verlassene Häuschen.
339 m. Gemeindeabteilung und Dorf am linken Ufer der
Traversagna, 1 km s. Roveredo und 7,5 km ö. der Station Castione der Gotthardbahn. 38 Häuser, 197 kathol. Ew. italienischer
Zunge.
Gaudenzio (Kt. Graubünden,
Bez. Maloja,
Kreis Bergell, Gem. Casaccia). 1520 m. Ruine einer alten gotischen Kirche,
auf einer Terrasse über dem rechten Ufer der Orlegna und 700 m nö. Casaccia. An die Kirche war einst ein Hospital im romanischen
Stil angebaut. Benannt nach dem h. Gaudentius, dem Apostel des Bergells, der Bischof von Novara und Vercelli war (4. Jahrhundert),
dann durch die Arianer vertrieben wurde und zufällig hierher kam. «Weil
er da die Laster der Vornehmen freimütig tadelte, sollen diese ihn beim römischen Statthalter als Rebellen verdächtigt und
seine Verurteilung bewirkt haben. Die katholische Legende erzählt, Gaudentius sei oberhalb Vicosoprano unter einem hohen
Baume enthauptet worden; da habe aber der Rumpf sich erhoben, das abgeschnittene Haupt mit den Händen
gefasst und es noch ein Stadium (125 Schritte) weit getragen, und an dieser Stelle sei eine kleine Kapelle errichtet worden ... Später
wurde ob Casaccia ein grosser gotischer Bau dem Märtyrer geweiht.» Schon vor dem Jahr 1000 war dieses Gotteshaus die Mutterkirche
des Bergell; sie wurde von Papst Gregor V. 998 dem Kloster Pfäfers gegeben, welche Schenkung Paschalis II. 1116 bestätigte.
Die Kirche blieb bis zur Reformation (1552) ein berühmter Wallfahrtsort und diente bis ins 18. Jahrhundert, d. h. bis zum
Bau einer neuen Pfarrkirche in Casaccia, zu Leichenfunktionen. Seither blieb sie verlassen und zerfiel
allmählig in Trümmer. 1556 verteilte man das Kirchengut an die einzelnen Dörfer des Thalabschnittes SopraPorta. 998: ecclesia
S. Gaudentii ad pedem Septimi. Vergl. Lechner, Ernst. Das Thal derMaira. Samaden 1903; Andrea, Silvia. DasBergell. Frauenfeld 1901.
Giacomo(Passodi) (Kt. Tessin,
Bez. Leventina).
2308 m (auf der italienischen Karte 2318 m). Passübergang auf
der Landesgrenze gegen Italien, zwischen dem Helgenhorn (2835 m) und dem Markhorn (2945 m); verbindet das italienische Formazzathal
mit dem Bedrettothal. Aufstieg von
den Tosafällen her in 2½ Stunden und Abstieg nach All' Acqua im Bedrettothal in 2 Stunden.
Auf der Passhöhe eine kleine Schutzhütte und wenig davon entfernt eine San Giacomokapelle, zu der die
Bewohner des Bedrettothales jeden 25. Juli wallfahrten. 1410 fand auf diesem rauhen Passplateau um den Besitz der AlpeFormazzora
ein Kampf statt zwischen den von den Eidgenossen unterstützten Leuten der Leventina und denen des Formazzathales.
Peter Rysig von Schwyz
überschritt 1425 an der Spitze einer Schar von 500 jungen Männern aus Schwyz,
Uri,
Unterwalden, Luzern,
Entlebuch
und Ruswil den Gotthard und den San Giacomopass und bemächtigte sich der Stadt Domo d'Ossola. Als er dann hier von Filippo
Visconti aus Mailand belagert wurde, eilten ihm über die Grimsel und den Albrunpass 15000 Eidgenossen zu Hilfe. Im
Bedrettothal stehen jurassische Glanzschiefer an, der Pass selbst folgt eine Strecke weit dem Kontakt zwischen diesen Schiefern
und dolomitischen Triasgesteinen, am Hang gegen das Formazzathal zeigen sich zunächst wieder metamorphe Schiefer von wahrscheinlich
ebenfalls jurassischem Alter, und bei Frutt im obersten Formazzathal erreicht man den Tessinergneis, der hier zuerst die
felsige Schwelle bildet, über die der prachtvolle Frutt- oder Frodafall hinunterschiesst.
1729 m. Begräbniskirche, auf einer Anhöhe rechts über dem Inn
und 500 m ö. Celerina.
Romanischer Bau aus dem späten Mittelalter.
Das W.-Portal, ein Werk des Meisters Wilhelm
von Plurs, zeigt noch den Rundbogen mit romanischen Profilierungen und Gesimsen.
Das einschiffige Langhaus ist flach gedeckt
und hat eine buntfarbig bemalte und einfach gegliederte Holzdecke, der viereckige Chor dagegen noch ein rippenloses rundbogiges
Kreuzgewölbe, das von plumpen und schmucklosen Konsolen getragen wird.
Dieser Chor ist wahrscheinlich der Rest einer
älteren Kirche.
Darauf deutet der nördl. anstossende Turm, der ebenfalls romanische Formen zeigt und mit dem Chor, nicht
aber mit dem Langhaus, in regelmässigem Verbande steht.
Ein zweiter, kleinerer Turm an der NW.-Ecke des Schiffes muss ebenfalls
früher erbaut worden sein, indem auch hier eine Verbindung zwischen den beiderseitigen Mauern fehlt.
Altes Schloss, ehemals Wohnsitz der Landvögte. 10 Minuten nw. vom Dorf befindet sich ein
grosser Steinbruch, in dem die zur Verbauung der Maggia verwendeten Blöcke gebrochen werden.
Besteht aus grauen Kalken, weissen Dolomiten und Sandsteinbänken, die
einer Unterlage von braunem Porphyr aufruhen.
Prachtvolle Aussicht auf die Bezirke Lugano und Mendrisio, die Lombardei und einen
Teil der Alpen.
Die Hänge sind mit Wald, Buschwerk und Gestrüpp bewachsen (Kastanienselven, Buchen, Haselnussträucher,
Eichen, Heide und Besenheide).
Sehr interessante Flora mit verschiedenen Pflanzenarten, die sich in der Schweiz sonst nirgends
wieder finden: Daphne alpina, D. laureola und D. mezereum,Rosaandegavensis, R.¶
mehr
Giorgii und R. transitoria, Dorycnium herbaceum, Adenophora suaveolens und A. liliifolia, Iris germanica, Asparagus tenuifolius,Veratrum nigrum, Danthonia calycina.
Kann von Meride (7 km nw. Mendrisio) in 1½ Stunden und von Riva San Vitale (1 km w. Capolago)
auf einem rauheren und steileren Weg in 2½ Stunden bestiegen werden. Im Mittelalter erbaute man auf dem Berg
ein dem h. Georg geweihtes Bethaus, neben dem zu Beginn des 18. Jahrhunderts der nachher selig gesprochene Manfredo de Conti
Sellata aus Mailand als Einsiedler gelebt haben soll.
Der Wald reicht an der N.- und W.-Seite bis in eine Höhe von 2200-2250 m. Während die Terrasse von San Jon
aus Gneis, Hornblendeschiefer und Serpentin und weiter oben aus einem zweiten Gneisstreifen besteht, folgen in der Höhe paläozoische
Kalke und Schiefer, alpiner Muschelkalk in geringer Mächtigkeit, Arlbergdolomit, Obere Rauhwacke (Raiblerschichten) und endlich
in grösster Masse, bis zum Piz San Jon hinaufreichend und hier von Steinsberg- oder Liaskalk und Liasschiefer
überschoben, der felsauftürmende Hauptdolomit.
Dieser fällt hier am N.-Rand seiner Verbreitung nach SO., in der Höhe der Motta aber nach NW. ein, so dass sich der Bau des
Berges als Mulde herausstellt, die gegen den Piz San Jon hinauf sich zu einem Sattel erhebt. Durch weitgehende Zusammenstauchung
und Pressung der Triassedimente sind die Schichten der Obern Rauhwacke, des Wetterstein- oder Arlbergdolomites und namentlich
die des Muschelkalkes am N.-Gehänge stark reduziert worden. San Jon = Sankt Johannes.
Jon(Piz) (Kt. Graubünden,
Bez. Inn).
Stolzes Felsgebäude, das sich mit mächtigen Wänden s. über Schuls und Tarasp im Unter
Engadin erhebt; Nachbar des besser bekannten Piz Lischanna. Bildet einen etwa 3 km langen, mehrzackigen Felsgrat, der mit dem
Mot San Jon (2446 m) beginnt und sö. bis an den Lischannagletscher reicht.
Drei Gipfelpunkte von 3049, 3070 und 3096 m ragen
besonders hervor.
Der prächtige Berg wird leider selten bestiegen, obwohl er vom Lischannagletscher
wie von Schuls her über die Hütten von San Jon und den Mot San Jon leicht zu erreichen ist. Er ist auch aus dem Thal Lischanna
durch ein steiles Kamin und
aus der Mündungsschlucht des Scarlthales durch Val Trigl schon bestiegen worden.
Jorio(Passodi), deutsch Jœribergpass (Kt. Tessin,
Bez. Bellinzona).
1956 m. Wichtiger und
viel begangener Pass von Bellinzona nach Gravedona am Comersee (7½ Stunden, in der umgekehrten Richtung eine Stunde mehr),
in der schweizerisch-italienischen Grenzkette zwischen dem Monte Albano und der Marmontana eingeschnitten.
Der Weg ist fast
durchweg rauh, steinig und schattenlos, bietet aber manche schöne Landschaftsbilder und prächtige Ausblicke.
Von Bellinzona, bezw. Giubiasco, steigt man durch das ValMorobbia über die malerischen DörferPianezzo, Sant' Antonio und Carena
und über die Alp Giggio (1849 m) zur Passhöhe (4½ Stunden) hinauf und von da durch das Val di Dongo auf hohen Terrassen
der linken Seite über die Alp del Dosso und die Dörfer Garzeno, Germasseno und Stazzona nach Gravedona
(3 Stunden) hinunter.
Das letzte Stück des Weges nimmt man oft über das aussichtsreiche Dörfchen Brencio.
Von der Schweizerseite
kann man die Passhöhe auch durch das Val d'Arbedo erreichen (eine Stunde länger) und auf der italienischen
Seite durch das Val San Jorio über die Alp La Costa und das Dörfchen Brencio absteigen (½ Stunde kürzer, aber weniger schön).
Einige Bürger von Losone haben sich als Scheerenschleifer
und Messerschmiede in Florenz und Rom niedergelassen, wo sie schöne und grosse Verkaufsläden besitzen;
andere wenden sich,
besonders als Köche, nach Nordamerika.
Auf dem kleinen Dorfplatz vor der Kirche befindet sich ein Steintisch,
der ein Dolmen oder keltischer Opferaltar sein soll.
Sehr gute Höhlenkeller (grotti), vor denen am Sonntag dem Tanzvergnügen
gehuldigt zu werden pflegt.
Lorenzo (Kt. Tessin,
Bez. und Gem. Lugano).
226 m. Quartier der Stadt Lugano, bei der die Stadt und den See beherrschenden
Pfarrkirche San Lorenzo. 10 Häuser, 85 kathol. Ew. Die Fassade dieser Kirche erinnert an diejenige der berühmten Certosa
di Pavia und ist eines der Meisterwerke der Frührenaissance in Oberitalien. Sie ist in weissem Marmor ausgeführt, edel
gegliedert, hat eine mit den reichsten Skulpturen versehene Rosette und prachtvolle Ornamente um die
drei Portale. Der geniale Baumeister dieser die Jahreszahl 1517 tragenden Kirchenfassade, wohl der schönsten der Schweiz,
soll Nicolo Corti aus Pregassona gewesen sein. Das Innere der Kirche ist sehr einfach gehalten; zudem wurde die innere Ausmalung
in der Epoche des Verfalles der Künste übertüncht und durch baroken Verputz geschädigt. Auch der
Turm, den früher das charakteristische lombardische Stutzdach abschloss, wurde umgeändert und erhielt 1787 den jetzigen
Kuppelaufsatz. Vom Vorplatz der Kirche bietet sich eine entzückende Aussicht. Drahtseilbahn von der Unterstadt an der Kirche
vorbei zum Bahnhof. Vergl. Rahn, J. Rud. Die mittelalterlichen Kunstdenkmäler desKantons Tessin.
Zürich
1893; Hardmeyer, J.
Lugano. (Europ. Wanderbilder. 114-116).
Wurde auf den Trümmern einer sehr alten Kapelle gegen
Ende des 15. Jahrhunderts erbaut und hat schöne Fresken aus dem 16. Jahrhundert, die die Kreuzigung Christi und einige Heilige
darstellen;