der Behörden diese selbst und das Volk über alle einschlägigen Fragen zu belehren suchen und damit den zahlreichen Sportfischern
unter den fremden Kurgästen ein neues
Feld für ihre Liebhabereien öffnen. Diese Liebhaber treiben fast ausschliesslich
Angelfischerei mit der Ellritze oder der künstlichen
Mücke als Köder. Einige ehemals den Patrizierfamilien oder
den
Klöstern zustehende Fischereirechte sind jetzt an den Staat übergegangen, der sie als sog. «nançoirs»,
d. h. als Rechte für den Fischfang mit
Reusen (nasses), zu verpachten pflegt. Im Kanton Genf
werden die Forelle und Aesche meist mit
der
Angel und der künstlichen Fliege oder dem Löffelköder gefangen, während zumFang der übrigen Fischarten
grosse Netze, tramails genannt, zur Anwendung kommen. Die gesamte Fischerei in der Rhone ist durch eidgenössisches Gesetz
und durch kantonale Gesetze und Spezialverordnungen geregelt.
Die folgenden Angaben über die Flora verdanken wir dem freundlichen Entgegenkommen von Prof. Dr. Chodat in Genf.
Oberhalb des
Genfersees ist die Rhone zu stark mit Sinkstoffen beladen, als dass sich in ihr ein reicheres pflanzliches
Leben zu entwickeln und zu erhalten vermöchte. Doch sind zahlreiche derjenigen Gerölle, die bald trocken und bald
unter Wasser
liegen, mit Fadenalgen (besonders Cladophoren, Vaucheria, Ulothrix) und Diatomeen überzogen. Vom Juli an tragen die aus
den Eisregionen kommenden Nebenflüsse der Rhone den Hydrurus penicillatus zu, der im Winter auch in
der untern Rhone bis Lyon vorkommt, hier aber zu Beginn des Frühjahres verschwindet.
Unterhalb des
Genfersees ist von der
Mont BlancBrücke an das Plankton der Rhone zunächst identisch mit demjenigen des
Sees.
Die am
Grund liegenden Steine sind mit einem olivengelben Ueberzug von Diatomeen und mit Cyanophyceen
(Tolypothrix, Chamaesiphon) bedeckt. Dazu findet sich hin und wieder als Phanerogame Potamogeton pectinatus. Unterhalb der
Mündung der städtischen Abzugskanäle hat sich auf den an den Ufern wachsenden Zannichellien und Laichkräutern (Potamogeton)
eine ganze kleine Florula von verschiedenartigen Bakterien angesiedelt.
Die Selbstreinigung des Flusses erfolgt zugleich durch die Tätigkeit der Vegetation und durch die Sedimentation, die das
trübe und schwere
Wasser der
Arve wesentlich beschleunigt. Von der
Jonction an findet man stellenweise auf überfluteten
Steinen
die seltene Bangia atropurpurea und bei der
Brücke von
Peney in den bei Niedrigwasser zwischen den
Steinen
zurückbleibenden Wasserlachen den Haematococcus lacustris, der diese letztern blutrot färbt. Das gleiche zeigt sich auch
bei der Perte du Rhône.
Bibliographie.
Wasserverhältnisse derSchweiz: Rhonegebiet; herausgegeben
vom Eidgen. hydrometrischen Bureau in Bern.
Bern
1898; Lenthéric, Ch. LeRhône; histoire d'un fleuve. Paris 1892; Bourdon, G. Lecañon du Rhône et le lac deGenève. Paris
1894; Chantre, Dan. Rapportsur lesinondations de 1860 dans leHautValais.
Genève 1860;
Forel F. A. LeLéman.
Tome 1.
Lausanne 1892.
(Kt. Wallis,
Bez. Goms).
Der Rhonegletscher liegt in einem Seitenast des bogenförmig gekrümmten kleinen
Thales, das
vom
Mutthorn über den
Gratschluchtgletscher, den
Muttbach und den Gletschboden herabsteigt und sich wie
die
Klinge einer Sichel an ihren Stiel bei
Oberwald an das Gomserthal anschliesst. Dieses Thälchen
Muttbach-Gletsch-Oberwald
ist in geologischer Beziehung eine seitliche Verzweigung des grossen
Rhonethales, das eine das ganze Wallis
hinaufziehende Mulde
bildet, die bis
Oberwald weitgespannt ist, dann im
Tobel des Längisbaches sich einengt und sich über
die
Furka mit dem
Ursernthal und weiterhin über die
Oberalp mit dem bündnerischen Vorderrheinthal fortsetzt. Dagegen bildet
in hydrographischer Beziehung das Thälchen des Rhonegletschers den obersten Abschnitt des
Rhonethales, da der jenes oben
abschliessende Gipfel, der
Eggstock (3558 m), der von der Mündung des Flusses in das Mittelmeer am weitesten
entfernte Punkt ist. Der dem Rhonegletscher entspringende wasserreiche Bach ist der Quellbach der
Rhone, die dem
Gletscher
den Namen gegeben hat. Diese je nach dem geographischen, geologischen oder hydrographischen Gesichtspunkt so verschiedenartige
Stellung des vom Rhonegletschers bedeckten Thälchens ist auffallend und verdient daher besondere Erwähnung.
Das Thälchen desMuttbaches ist 4,8 und dasjenige des Rhonegletschers 10,3 km lang, während das Thalstück
von
Gletsch von der Vereinigung dieser beiden obern Aeste an bis zum Beginn des Hauptthales bei
Oberwald eine Länge von 5,2
km hat. Begrenzt wird das Thälchen des Rhonegletschers durch einen Kranz von Hochgipfeln, die alle 3000 m übersteigen
und vom Furkapass zum
Nägelisgrätli ziehen:
Furkahorn,
Galengrat,
Galenstock,
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mehr
Tiefenstock, Rhonestock, Dammastock (mit 3633 m der höchste dieser Gipfel), Schneestock, Eggstock, Weissnollen, Limmistock, Thierälplistock,
Hintere Gelmerhörner, Gerstenhörner. Der Punkt der Vereinigung dieses Thälchens mit demjenigen des Muttbaches liegt am Fuss
der die Saaswand mit der Furkawand verbindenden Felsen in 1792 m, so dass also der Höhenunterschied zwischen dem
Eggstock (3558 m) und diesem Punkt 1766 m beträgt und das Gletscherbett ein mittleres Gefälle von 17% hat. Als der
Gletscher seinen höchsten Stand hatte, reichte er weit über diese Vereinigungsstelle hinaus und konnte bis 11,8 km lang werden,
wobei dann sein unterster Abschnitt in einen nur um 2% fallenden Thalboden zu liegen kam, so dass das
Gesamtgefälle merklich, d. h. auf 15% herabgemindert wurde.
Alle in diesem Artikel gegebenen Zahlenwerte sind von Ingenieur L. Held, dem jetzigen Direktor der eidgenössischen topographischen
Landesanstalt, entweder direkt übermittelt oder dann geprüft worden.
Die Fläche des Rhonegletschers misst 22 ±1,2 km2 und schwankt je nach dem grössten oder kleinsten
Stand des Gletschers zwischen folgenden Werten (in Hektaren):
Epochen
Oberster Firn bis zum roten Profil
Vom roten Profil bis zur Oberkante des Eisfalles
Oberkante des Eisfalles bis
zum Ende
Total
1818 (Maxim.)
1927
232
164
2323
1904 (Minim.)
1860
196
32
2088
Unterschied
67 ha
36 ha
132 ha
235 ha
Die Breite schwankt zwischen 3,7 km im breitesten Abschnitt des Firns und 0,5 km im engsten Teil des Eisfalles. Der oberste
Abschnitt des Firns an den Gehängen der Hochgipfel, wo die Böschung des Schnees die Grenze der Stabilität erreicht, hat
ein sehr starkes Gefäll, z. B. am Hang des Galenstocks 127%; im mittleren Abschnitt des Firnes sinkt
das Gefäll auf 7%, steigt dann im obern Teil des Gletschers (oberhalb des Eisfalles) wieder auf 11% und im Eisfall selbst
stellenweise im Mittel auf 46%, kann aber hier 100 und mehr erreichen und
da und dort senkrecht abfallen.
Den auffallendsten Zug
im Leben eines Gletschers bildet die periodische Aenderung seiner Grösse. Das abwechselnde Vorstossen
und Zurückgehen, das sich im Laufe eines Jahrhunderts zwei- bis dreimal zu wiederholen pflegt, ist ein Phänomen, das durch
die von ihm bedingte mächtige Volumenänderung des Gletschers grossartig und durch die lange Dauer der
einzelnen Perioden zugleich erhaben erscheint. Direkte oder indirekte Beobachtungen über diese Schwankungen besitzen wir
für den Rhonegletscher erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Zeichnungen von Besson aus 1777, Albanis de Beaumont aus 1787 und Konrad Escher aus 1794 zeigen uns den Gletscher nahe seinem
Maximum, das dann 1818 wirklich erreicht wurde. Damals lagerte der Gletscher die Moränen ab, die 150 m
oberhalb der Brücke von Gletsch liegen. Von 1820 bis 1850 zeigte der immer noch sehr lange Gletscher Schwankungen untergeordneter
Natur und erreichte 1855 sein zweites Maximum im 19. Jahrhundert (Ablagerung der Moränen 275 m oberhalb der Brücke
von Gletsch). Dann ist der Gletscher, stets genau beobachtet und kontroliert, 1856 bis 1904 fortwährend zurückgegangen und
zwar derart, dass seine Stirn jetzt um 1520 m hinter dem Stand von 1818 liegt. Der grösste Gletscherstand lässt sich an
Ort und Stelle und auf der Karte an den abgelagerten End- und Seitenmoränen vollkommen erkennen. 120 m
vor der Endmoräne von 1818 und 30 m oberhalb der Brücke von Gletsch liegt ein Moränenwall aus unbekannter Zeit.
Beim jetzigen Minimalstand ist die Eisoberfläche des Gletschers oberhalb des Hotels Belvédère am linken Ufer 50 m, am Fuss
der Furkawand 130 m und am rechten und linken Rand der einstigen sog. Muschel (Coquille) unterhalb des
Eisfalles 150 m tief unter die Seitenmoränen zurückgesunken. Nach den Schätzungen von Ing. Gosset ist der Gletscher von
1856-1880 an Länge um 850 m, an Fläche um 1 Million m2 und an Volumen um 175 Millionen m3 geschwunden.
Der Rhonegletscher ist ein grosser Thalgletscher, der einheitlich gebaut ist und in seinem jetzigen Minimalstand
nur ein einfaches Nährgebiet aufweist. Einzig der
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spornartig vorspringende Thälistock (auf der Siegfriedkarte irrtümlich Tellstock genannt) trennt den Grossen Thälifirn vom
Kleinen Thälifirn. Die am Punkt der Vereinigung dieser beiden Firnfelder beginnende Mittelmoräne verliert sich in der am
Fuss der Gerstenhörner und oberhalb der Saaswand liegenden sog. Moränenbucht, einer chaotischen Anhäufung von Felsblöcken,
die in verworrenstem Durcheinander abgelagert sind. Die an den Flanken der Gelmer- und Gerstenhörner
hängenden kleinen Eisfelder stehen beim jetzigen Minimalstadium mit dem Hauptgletscher nicht mehr in Verbindung und nähren
daher das vom Thälifirn ausgehende und noch vor seiner Ankunft in der Moränenbucht durch Ablation verschwindende Eisband
ebenfalls nicht mehr.
Wie sich diese Verhältnisse beim Vorstossen und Maximalstand des Gletschers gestalten würden, wissen
wir nicht. Der Grosse Firn wird von den Ausläufern des Galenstocks nur wenig gegliedert, aber doch genug, um die Entstehung
einer Moräne zu ermöglichen die am Fuss des Galengrates oberhalb des Belvédère am linken Ufer strandet. Nach den Zeichnungen
von Besson 1777 und Zeller 1852 scheint es, als ob der kleine Gletscher w. vom Furkahorn und Galengrat sich
während einer Vorstossperiode mit dem Hauptgletscher vereinigen würde; betrachtet man aber die Zeichnung von Konrad Escher
1794, so steigen einem darüber wieder Zweifel auf.
Auf der erwähnten Ablenkung der Mittelmoränen gegen die Ufer hin beruht die relative Reinheit des eigentlichen
Körpers des Rhonegletschers. Unterhalb des Eisfalles finden sich (wenigstens bei Minimalstand) keine Steine mehr, und auch
die Muschel wird blos durch äolischen Staub verunreinigt, der auf ihrer Oberfläche sich zu braunen Schmutzbändern anordnet.
Doch erscheinen mitten in der Muschel im Drittel gegen das rechte Ufer hin horizontal geschichtete Sand-
und Kieslagen, die wahrscheinlich vom Boden einer einst im obern Gletscherabschnitt befindlichen Gletschermühle herstammen
und infolge von Ueberschiebung ausgebreitet worden und an die Eisoberfläche gelangt sind.
Bemerkenswert rein ist das Eis des Endstückes des Gletschers, und am ganzen Stirnrand der Muschel zeigt sich
keine Spur von Untermoränen. Die um 1880 in die Gletscherstirn rechts vom Austritt des Gletscherbaches und während der
letzten 20 Jahre links davon eingehauenen künstlichen Grotten gehen durch das klarste Eis und haben fast nirgends einen Gesteinsbrocken
angetroffen.
Ich kenne von keinem andern Gletscher her ein so prachtvolles, tiefes und starkes Blau wie
es die sog. Azurgrotte des Rhonegletschers oder die unter dem Gletscher ausgeschmolzenen Höhlen bieten, in die ich seinerzeit
ohne zu grosse Gefahr hineinkriechen konnte.
Berühmt ist der Rhonegletscher durch seinen prachtvollen Eisfall, in dem das Eis über die Felsenschwelle zwischen der Saaswand
und dem Belvédère an der Furkawand hinunterstürzt. Mit seiner Höhe von etwa 450 m ist er etwa 10mal
höher als der Niagarafall und 20mal höher als der Rheinfall bei Schaffhausen.
Das Eis steigt hier in mächtigen Treppenstufen ab, die eine
über die andere stürzen und der Reihe nach zu elegant geformten und äusserst vielgestaltigen Blättern,
Nadeln und Pyramiden zerreissen.
Beim Minimalstand des Gletschers misst die höchste Vertikalstufe des Falles 32 m Höhe. Einen so imposanten Eisfall weisen
nur wenige andere Gletscher auf, keiner aber zeigt ihn dem bewundernden Blick der Naturfreunde unter so günstigen und bequemen
Zugangsbedingungen. Die grosseFurkastrasse zieht sich auf Kilometer vor und am Fuss des Falles hin, nähert
sich ihm dann beim Anstieg an der Furkawand mit jeder Schlinge immer mehr und lässt uns endlich beim Belvédère das Schauspiel
in seiner ganzen Grossartigkeit geniessen.
Wenn ich meine nun auf 35 Jahre zurückgehenden eigenen Erinnerungen mit den seit 140 Jahren vom Rhonegletscher
gemachten Zeichnungen vergleiche, glaube ich sagen zu können, dass der Eisfall beim Minimalstand des Gletschers schöner
und wilder zerrissen ist als beim Maximalstand, da die Muschel noch bis etwa zur Hälfte der Eiskaskade hinaufreichte. Ein
in ⅔ der Höhe und im rechtsseitigen Viertel des Falles am erfolgter Einsturz des Eises, der
wie durch ein Fenster hindurch den über die Felsenschwelle schäumenden Gletscherbach sehen liess, hat gezeigt, wie wenig
mächtig hier während einer Rückzugsperiode die Dicke des Eises ist, d. h. blos 5-10 m. Die abstürzenden Eisblöcke regelieren
am Fuss des Falles wieder zu einem neuen, einheitlichen Gletscherfeld, einer konvex aufgewölbten, mächtigen
Eismasse mit radial ausstrahlenden Gletscherspalten. Diese nach ihrer Aehnlichkeit mit einer Jakobsmuschel so genannte «Muschel»
ist beim Minimalstand des Gletschers zu kurz und nicht scharf geformt und wird dann richtiger mit einer Löwenpfote verglichen,
zeigt
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sich bei mittlerem Gletscherstand in vollendeter Schalenform und kann beim Maximalstand im Verhältnis zur Breite wieder
zu lang werden. Die Stirn des Rhonegletschers liegt nun beim Minimalstand in dem dem Gletscher eigenen Thälchen (1904: 250 m
hinter der Mündung des Muttbaches). Sie setzt bei jedem Vorstoss über den Muttbach hinweg, der dann in
einem Eistunnel unter der Muschel durchfliesst und sich ebenfalls noch unter dem Eis mit dem eigentlichen Gletscherbach (d. h.
der jungen Rhone) vereinigt. Es liegen keine Beobachtungen oder Ueberlieferungen darüber vor, dass dieser Eistunnel jemals
verstopft oder verschlossen worden sei und dass sich dann - ähnlich wie dies bei andern Gletschern in
analogen Fällen leider nur zu oft der Fall ist - infolge Aufstauung des Wassers des Muttbaches durch das Eis des Rhonegletschers
oberhalb der linken Seitenmoräne ein temporärer Gletschersee gebildet hätte. Während der letzten Rückzugsphase von 1860-1890
haben wir beobachtet, dass der an den Fuss des Längisgrates anstossende Teil der Muschel durch die Ueberreste
der im Winter auf ihn niedergegangenen Lawinen vor der Ablation geschützt wurde und so einen sehr schmutzigen toten Gletscher
bildete, der nur langsam schmolz und weit über die rascher zurückschmelzende Gletscherstirn hervorragend blieb.
Die Wassermenge des dem Rhonegletscher entspringenden Baches ist vom eidgenössischen hydrometrischen
Bureau mehrfach gemessen worden und betrug per Sekunde im Augustmaximum 1902 8,8 m3, im Februarminimum 1903 noch 0,1 m3.
Es trifft somit beim maximalen Wasserstand auf je einen km2 des 22,8 km2 messenden Einzugsgebietes des Gletschers eine
Wassermasse von 0,4 m3 per Sekunde. Der auf den obern Abschnitt des Gletschers gefallene Schnee ist
seit 1898 gemessen worden und kann nach diesen Messungen auf 142 cm Wasser geschätzt werden, was je einem km2 der Fläche
pro Jahr im Mittel 0,04 m3Wasser per Sekunde liefern würde.
Die maximale Wasserführung des Muttbaches betrug im August 1902 mit 0,8 m3 per Sekunde blos einen
Zehntel derjenigen der Rhone. In Gletsch erhält diese letztere einen von den Chroniken Rottanquelle geheissenen, berühmten
Zufluss, der einige hundert Meter nw. vom Hotel in Gletsch als Thermalquelle von 15 Sekundenliter Stärke dem Boden entspringt.
Seine unveränderliche Temperatur ist von Hor. Bén. de Saussure 1783 zu 14,5 °R., d. h. 18,1
°C bestimmt
worden. Eine von Ch. Dufour vorgeschlagene Korrektion ändert diese Zahl in 17,9 °C, was genau der von uns selbst 1870-71
beobachteten Temperatur entspricht. Diese in 1765 m Höhe entspringende und im Winter mitten in ihrer eisstarrenden Umgebung
warm bleibende Quelle hat von jeher die Gemüter der Bergbewohner und der Reisenden, die alle voller
Erstaunen und Respekt von ihr sprechen, lebhaft beschäftigt.
Infolge seiner Lage am Rand einer grossen Poststrasse und in der Nähe von sehr komfortabeln Gasthöfen und Schutzhütten
bildet der Rhonegletscher für den Naturforscher, der sich hier keine Nahrungs- und Unterkunftssorgen zu machen
braucht, ein vorzügliches Studienobjekt. Hier haben Ch. Dufour und F. A. Forel 1871 und 1872 ihre Untersuchungen über den
Betrag der Kondensation des Wasserdampfes auf dem Gletscher angestellt und durch direkte Beobachtungen und Messungen gezeigt,
dass der Niederschlag des verdichteten Wasserdampfes in einer Stunde eine Höhe von 0,1-0,3 mm erreichen
kann, was einer stündlichen Wassermenge von 100-300 m3 auf einen km2 entspricht. Es ist somit die direkte Kondensation
auf dem Eis und Schnee des Hochgebirges ein für die Erhöhung der Wasserführung der alpinen Flüsse wichtiger Faktor (vergl.
Bulletin de la Soc. vaud. des sc. nat. 10 [1870], S. 621).
Hier am Rhonegletscher hat auch die Schweizerische Gletscherkommission seit 1874 die ersten längere
Zeit andauernden, systematischen Beobachtungen über den Gang eines Gletschers vorgenommen. Diese nach dem Vorschlag von Eugen
Rambert vom Schweizer Alpenklub und der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft 1869 gemeinsam bestellte Kommission
hat sich, unter verschiedener äusserer Form, bis heute erhalten und stand der Reihe nach unter dem Präsidium
von Eduard Desor aus Neuenburg,
Ludwig Rütimeyer und Eduard Hagenbach-Bischoff aus Basel.
Als Aufgabe stellte sie sich die Herstellung einer
physischen und topographischen Karte eines bestimmten Gletschers, sowie das Studium des Fliessens dieses Gletschers und der
diese Erscheinung bedingenden Ursachen. Als Studienobjekt wurde der Rhonegletscher ausersehen.
Die Kommission hatte das Glück, sich zugleich die Mitwirkung des der Reihe nach von H. Siegfried, J. Dumur, J. J. Lochmann
und L. Held geleiteten Eidgenössischen topographischen Bureaus zu sichern, dessen Ingenieure
¶
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Ph. Gosset, L. Held und H. Wild mit ihren Mitarbeitern und Gehilfen (von welch' letztern besonders Felix Im Ahorn aus Oberwald
genannt zu werden verdient) alle Arbeiten am und auf dem Gletscher besorgt haben. Diese Arbeiten bestanden u. a. in der Anlage
eines trigonometrischen Spezialnetzes, der Aufnahme und Zeichnung einer Gesamtkarte in 1:25000 und einer
Spezialkarte der Gletscherzunge in 1:5000, in Messungsserien der die Physik des Gletschers betreffenden wichtigen Erscheinungen,
wie z. B. des Fliessens des Gletschers, der Aenderungen in der Mächtigkeit des Eises und der Gletscherlänge, der Ablation,
des Schneefalles etc. Die bedeutendste der vorgenommenen Arbeiten bestand in der Anlage von 5 in gerader
Linie quer über den Gletscher gelegten Profilen.
Diese wurden nach dem Vorschlag von Prof. Heim durch faustgrosse und farbig bemalte Steine markiert, die in ununterbrochener
Reihe aneinander gelegt wurden und zwischen die man von je 10 zu 10 Metern einen kopfgrossen Stein einschaltete, der eine
bestimmte Ordnungsnummer erhielt und der Vornahme der genauesten Messungen zu dienen bestimmt war. Es
wird nun jedes Jahr gegen Ende August die Lage aller der nummerierten Steine nach ihrem horizontalen und vertikalen Wert
bestimmt und auf die Karte und die Profilzeichnungen eingetragen.
Die die Lage dieser Steine in den einzelnen aufeinanderfolgenden Jahren darstellende Karte zeigt auf
den ersten Blick die Linien des oberflächlichen Fliessens, d. h. den Stromstrich des Gletschers. Von 1882 an hat man mit
Hilfe von Holzlattentetraedern, die in den Schnee eingegraben worden sind, auch über den Firn solche Profile gezogen. Es
wurden also markiert: 2 Profile auf dem Grossen Firn, 2 auf dem Thälifirn, 2 auf dem obern Gletscher
über dem Eisfall und 3 auf der Muschel. Im folgenden geben wir deren Höhenlage und Entfernung von der Rhonebrücke vor
dem Hotel in Gletsch, die Zeit ihrer Herstellung und ferner die Lage einiger anderer interessanter Punkte des Gletschers:
Der
Gletscher fliesst am schnellsten in oder nahe seiner Axe. Die Geschwindigkeit schwankt von einem Jahr zum andern nur
wenig und hängt ab von der Mächtigkeit oder Dicke des Gletschers, die beim Vorstossen eine andere ist
als beim Zurückgehen. Zu einer Zeit ausgesprochenen Rückganges betrug die mittlere Geschwindigkeit der Steinreihen der
vier Hauptprofile 1874-1881:
Die mittlere jährliche Geschwindigkeit des Fliessens des Firnfeldes, aus 14jährigen Messungen berechnet, betrug für
den untern Abschnitt des Grossen Firns 98 m. Die Geschwindigkeit schwankt in der Längsrichtung des Gletschers
je nach dem Gefälle seiner Oberfläche, das den Gefällsänderungen der Felsunterlage entspricht, und je nach der Breite
des Thales. So betrug die mittlere jährliche Geschwindigkeit in der Gletscheraxe während des Rückzugsstadiums 1874-1904
über dem Eisfall 100-125 m, im Eisfall selbst dagegen 230 m. Die Reise der Reihen von farbigen Steinen
über den Eisfall hinunter hat zu den interessantesten Beobachtungen Anlass gegeben. Selbst mitten in diesem scheinbar regellosen
Gewirr von Eispyramiden kreuzen sich die Linien des Stromstriches nirgends. Alle nummerierten Steine hat man am Fuss des
Eisfalles in ihrer richtigen Folge aufgereiht wieder gefunden, und während der ganzen vierjährigen
Dauer des Abstieges über diesen ungeheuern Fall gefrorenen Wassers hat sich kein einziger aus seiner Reihe verschoben.
Der Rhonegletscher ist von 1874 bis 1904 beständig zurückgegangen. Die einzelnen Vorstossversuche, besonders derjenige
von 1892, zu welcher Zeit viele der Alpengletscher die kleine sog. «crue de fin du 19e siècle» zeigten, sind
hier ganz unbedeutend geblieben. Das Nivellement der Querprofile hat einen nur sehr geringen Unterschied in der Dicke des
Gletschers ergeben, indem das Eis im ganzen blos um einige Meter eingesunken ist. Diese geringen Aenderungen in der Höhe des
Eisstromes haben kaum genügt, die zwischen der Geschwindigkeit des Fliessens und der Dicke des Gletschers
sicherlich bestehenden gesetzmässigen Beziehungen ahnen zu lassen:
¶
mehr
eine geringe Aenderung in der Dicke bedingt eine starke Schwankung in der Geschwindigkeit des Fliessens. Der jährliche Wert
der Ablation ist längs den Hauptprofilen auf der Gletscherzunge bestimmt worden und beträgt im Mittel:
Die Firnlinie, d. h. die obere Grenzlinie desjenigen Gebietes, in dem, ein normales Jahr vorausgesetzt, aller während des
Winters gefallene Schnee bis zu Ende des Sommers weggeschmolzen ist, kann am Rhonegletscher in eine Höhe von 2780 m verlegt
werden.
Im Jahr 1898 hat man durch Hineinschütten von Fluoreszeïn in die oberflächlichen Gletscherbäche Beobachtungsmaterial
über die Laufgeschwindigkeit des unter dem Gletscher abfliessenden Baches gewonnen und festgestellt, dass diese Geschwindigkeit
im obern Gletscherabschnitt und im Eisfall im Mittel 13 m in der Minute betrug. Dieses ist durchaus das selbe Resultat, das
jeder Bach mit analogem Gefäll und Wasserführung ergeben würde. Es existieren daher im Rhonegletscher
keine den Wasserabfluss verlangsamenden intra- oder subglaziale Seen.
Das Studium der Physik und die kartographische Aufnahme des Rhonegletschers, deren technischer Bericht gegenwärtig von L.
Held, dem Chef der eidgenössischen topographischen Landesanstalt, zur Veröffentlichung vorbereitet wird, ist das grösste
wissenschaftliche Unternehmen, das an einem der alpinen Gletscher der Schweiz jemals in Angriff genommen
und glücklich zu Ende geführt worden ist.
Die erste bekannte Besteigung datiert aus 1867, doch ist der Berg wahrscheinlich schon
vor 1839 bestiegen worden, zu welcher Zeit das Gebiet des Rhonegletschers von Gemsjägern und besonders von Strahlern (Krystallsuchern)
bereits ziemlich häufig aufgesucht worden ist.
Besteigung ohne ernstliche Schwierigkeiten auszuführen;
erfordert vom Furkapass
oder vom Hotel Belvédère 6 und von der Trifthütte des S. A. C. her 4 Stunden.
Prachtvolle Aussicht,
aber doch derjenigen vom benachbarten Galenstock etwas nachstehend.
(Vorder) (Kt. Uri
und Wallis).
Etwa 3580 m. Gipfel im Kamm zwischen dem Tiefenstock und dem Rhonestock und zwischen dem Ober
und dem Unter Winterjoch (auf der Siegfriedkarte unbenannt).
(Kt. Wallis
und Waadt).
So nennt man das 165 km lange, von der Rhone durchflossene tiefe Thal, das vom
Gotthardmassiv bis zum Genfersee reicht und bis Martinach gegen SW. zieht, um hier scharf nach NW. abzubiegen. Es ist das längste
Thal der Schweiz und zugleich die am regelmässigsten gebaute und am
schärfsten charakterisierte der grossen Thalfurchen
im Gebiet der Hochalpen und bildet mit seinen Verzweigungen nahezu das gesamte Einzugsgebiet der Rhone
auf Schweizerboden bis zum Genfersee. Der oberste Eckpunkt des Thales ist der Eggstock (3556 m) in der Dammagruppe und hinten
über dem Rhonegletscher, der auf der Grenzscheide zwischen den Einzugsgebieten der Aare, Reuss und Rhone steht.
Der tiefste Punkt ist die Landzunge La Bataillère (374 m), die von der stark mit Sinkstoffen beladenen
Rhone 1 km n. vom Dorf Le Bouveret in den Genfersee hinausgebaut worden ist. Das Längsprofil zeigt eine im obersten Abschnitt
sehr steile Parabole, die nach unten hin immer flacher wird. So hat der oberste Abschnitt Eggstock-Mündung der Massa
auf eine Länge von 50 km ein Gesamtgefälle von 2758 m, während das Gefälle z. B. von den Sümpfen der Praz Pourris bis
zur Mündung der Rhone in den See auf eine Strecke von ebenfalls 50 km Länge blos noch 106 m beträgt.
Das Rhonethal zerfällt wie die meisten Thäler der Alpen in eine Reihe von einzelnen Thalböden, die durch
mehr oder weniger scharf ausgeprägte Thalstufen voneinander getrennt werden. Die oberste dieser Stufen befindet sich vor
dem grünen Thalboden des Goms zwischen Fiesch, Aernen und Grengiols, die zweite bei der Mündung der Massa, die dritte bei Siders
und die vierte an der Mündung des Wildbaches von Saint Barthélemy. Diese beiden letztern sind aber durch
die mächtigen Schuttkegel, die der Illgraben resp. der Saint Barthélemy ins Hauptthal hinausgebaut haben, wesentlich umgestaltet
worden.
Das Querprofil zeigt vielfache Abänderungen, je nach der Natur der die Thalgehänge aufbauenden Felsarten und je nach den
zahlreichen Faktoren, die das einst ziemlich einheitliche Bett des eiszeitlichen Rhonegletschers im Laufe
der Jahrhunderte umgestaltet haben, bildet aber doch im ganzen eine ziemlich regelmässige Hohlform, in deren tiefster Rinne
der Fluss dahinströmt. Die Thalbodenmulde selbst ist aber auf gewissen Strecken so wenig scharf ausgebildet, dass ihr mittleres
Niveau von den Hochwassern des Flusses oft ausgeglichen und sie auch zuweilen unter Wasser gesetzt wird.
Dann wirken auch die zahlreichen Bergvorsprünge und die Schuttkegel der seitlichen Wildbäche störend auf die einheitliche
Ausbildung des Thalbodens ein, so dass die Rhone blos in den breiten und ebenen Strecken von Brig bis Susten (La Souste), Siders
bis Sitten, Riddes bis Martinach und Saint Maurice bis zum See gemächlich ihres Weges ziehen kann, ohne stets von einer Thalflanke
an die gegenüberliegende hinübergeworfen zu werden.