Elektrische Strassenbahn nach Luzern.
Postbureau, Telegraph, Telephon. 22
Häuser, 456 kathol.
Ew. Die Kirchgemeinde Reussbühl zählt 122
Häuser und 2300 kathol. Ew. Eine Schappe- und Nähseidenzwirnerei, drei mechanische
Schreinereien, grosse Möbelfabrik und Parketterie, eine Kleiderhalterfabrik, Schlosserei, Werkplätze.
Grosse Kirche im romanischen Stil, bei deren Bau 1899 man auf die Grundmauern eines alten festen
Turmes
stiess.
Nahe der
Brücke über die
Emme stand auf einer Anhöhe eine altertümliche
Kapelle, die man 1904 abgetragen
hat und die von 1704 an als Filialkirche von einem Pfarrer aus Luzern
bedient worden ist.
Seit 1867 bildet Reussbühl einen Schulkreis
mit 5 Primar- und einer Sekundarschule. 1476 und 1630: Rüssbühl.
Wiesenbau. Auf einem Hügel links über der
Reuss stand einst die Burg Reussegg, Stammsitz der 1083 zum erstenmal
erwähnten Edeln vonReussegg, die als Freunde der
Habsburger von diesen Aemter und
Lehen erhielten.
Nach
der Ermordung Albrechts wurde aber von der rachedurstigen Königin Agnes 108 auch ihr
Schloss zerstört.
Die bis um die Mitte
des 19. Jahrhunderts noch sichtbare Burgruine ist heute vollständig verschwunden.
Ein Ilans von Reussegg war zur Zeit der
Eroberung des
Aargaues durch die
Berner 1415 Schultheiss von
Zofingen.
Der letzte Spross des Geschlechtes, Jakob von Reussegg,
starb 1847.
(Kt.,Amt und Gem. Luzern).
440 m. Kleine
Insel zwischen der
Reuss und einem von ihr abgeleiteten Kanal, im w. Abschnitt
der Stadt
Luzern.
Häuser und eine Nietenfabrik. S. den Art. Luzern
(Stadt).
in Verbindung mit dem Kollektivpräfix ge:Grüt,
Grütli.
Sehr
häufige Ortsnamen der deutschen
Schweiz (z. B. im Kanton Zürich
77mal vorkommend);
bedeuten eine Gegend, die durch
«reuten» oder «ausreuten»
des
Waldes mit der Axt urbar gemacht worden ist und entsprechen dem Französischen
Essert etc. Im Gegensatz dazu beziehen sich
die Namen
Schwanden,
Schwendi etc. auf solche Orte, deren Urbarmachung durch Niederbrennen des
Waldes erfolgt ist.
Oft in Verbindung
mit dem Namen des ersten Kolonen: Bollenrüti (von Bollo), Sammelsgrüt (von Samilin) etc.
(Kt. Appenzell
A. R., Bez. Vorderland).
706 m. Gem. und Pfarrdorf, im O.-Abschnitt des Kantons nahe der Grenze gegen St. Gallen,
zwischen zwei Exklaven
von Innerroden und 3 km w. der Station Berneck der elektrischen Strassenbahn
Altstätten-Berneck. Postbureau, Telegraph,
Telephon; Postwagen Berneck-Heiden. Gemeinde, mit
Hirschberg, Knollhausen,
Mohren,
Rickenbach,
Rohnen,
Säge,
Watt und
Schachen: 197
Häuser, 1101 Ew.
(wovon 879 Reformierte und 222 Katholiken);
(Kt. und Amtsbez.
Bern, Gem. Muri).
560 m. Ehemaliger Name einer heute mit
Muri verschmolzenen Häusergruppe, an
der Strasse nach Bern
und 2 km w. der Station
Gümligen der Linien
Bern-Thun und
Bern-Luzern.
Strasse vom Simmenthal über Blumenstein ins Gürbethal und 2 km nw. der Station Wimmis der Simmenthalbahn. Postbureau, Telegraph,
Telephon; Postwagen Gwatt-Reutigen. Gemeinde, mit Almend, Kapf, Moos und Schweingrube: 99 Häuser, 739 reform. Ew.; Dorf: 57 Häuser, 459 Ew.
Gemeinsame Kirchgemeinde mit Nieder und Ober Stocken, zusammen 1114 reform. Ew. Acker- und Obstbau, Viehzucht.
Schöne Wiesen und Waldungen. Fruchtbare Gegend. Dorf in geschützter Lage. Mundart und Bauart der Holzhäuser zeigen Anklänge
ans Simmenthal.
Die sehr originelle Pfarrkirche hat Fresken aus dem Mittelalter. 1239 wird ein Wilhelm von Röitingen genannt. Zu Beginn
des Mittelalters gehörte Reutigen zur Herrschaft Strättlingen, kam dann an die HerrschaftBurgistein und
ging nach dem Erlöschen dieses Geschlechtes in verschiedene Hände über, bis es von Adrian von Bubenberg 1494 an die Stadt
Bern verkauft wurde, die es ihrem Landgericht Seftigen zuteilte. Später kam die Gemeinde an den Amtsbezirk Thun und endlich
an den Amtsbezirk Nieder Simmenthal. Kirchlich war Reutigen zuerst eine Filiale der Pfarrei Wimmis, die
dem Kloster Sels im Elsass zustand. Seit 1480 eigene Kirchgemeinde, deren Kollatur 1481 durch Kauf an Bern
überging. Fund eines
Beiles aus der zweiten Eisenzeit. 1296: Reutingen.
612-620 m. 3 km langes und 1-2 km breites, zum Teil
sumpfiges Plateau, vor der Ausmündung des Stockenthales und zwischen den östlichsten Ausläufern des Stockhorns, dem Zwieselberg
und der Simme;
(Kt. Wallis,
Bez. Entremont).
2761 m. Gipfel in der Kette zwischen der Combe de Lâ und dem schweizerischen Ferretthal,
über den Hütten von La Seiloz einerseits und der Hütte von La Tsissettaz andererseits. Kann von Prayon und La Seiloz im Val Ferret
in 4 und von La Tsissettaz in 2 Stunden bestiegen werden. Schöne Aussicht auf den schweizerischen Anteil am Mont Blanc Massiv.
999 m. Weiler, 2 km oder 1½ Stunden nw. über dem Dorf Vionnaz,
mit dem er durch einen steilen Weg verbunden ist, der nur von den kleinen hier gebräuchlichen Wagen befahren werden kann.
Postablage, Telephon. 10 Häuser, 51 kathol. Ew. Gemeinsame Kirchgemeinde mit Mayen und Torgon.
Diese Pfarrei 1798 von
Vionnaz abgelöst, weil im Winter der Verkehr dieser hochgelegenen Weiler mit der Ebene ein sehr schwieriger ist.
Schöne neue
Kirche.
Reizend gelegene Sommerfrische mit prachtvoller Aussicht auf das Rhonethal und die Berner- und Waadtländeralpen.
Steht mit der französischen
Vallée d'Abondance über den Col de Croix, Col de Recon und Col de Conche in Verbindung. S. vom Wildbach stehen Flysch und Kreide,
im Wildbachbett und nö. davon Malm, Dogger, Lias und Rät an, welche Schichten alle dem Gewölbe von
Utane angehören.
(Kt. Waadt,
Bez. Morges).
591 m. Gem. und Dorf, zwischen den StrassenMorges-Apples und von Aubonne und Bière nach Cossonay, 6 km
nw. Morges und 1,5 km sö. der Station Apples der Linie Morges-Apples-Bière. Postablage, Telephon. 38 Häuser, 198 reform.
Ew. Kirchgemeinde Apples. Acker- und etwas Weinbau. Mühle. Früher eigene Herrschaft, zuerst im Besitz der Herren von Colombier,
dann Eigentum der Familie d'Alinges und endlich im 18. Jahrhundert dem
Geschlecht de Martines angehörend. Die Kirche stand
im 12. Jahrhundert unter dem Kloster auf dem Grossen St. Bernhard. Funde von Resten aus der Römerzeit.
1170: Ruvilora; 1228: Riveroula; 1337: Riverola.
(Bois des) (Kt. Waadt,
Bez. Pays d'Enhaut).
1300-1750 m. Wald amNO.-Hang der Gruppe des Mont d'Arpille und im Thal von
L'Étivaz. Am Fuss dieses Gehänges entspringt der Moräne die wasserreiche Quelle von Le Petit Revers, die von der Gesellschaft
der «Eaux du Pays d'Enhaut» zur Wasserversorgung der Stadt Lausanne gefasst worden ist.
Fällt namentlich im n. Abschnitt gegenüber dem Dorf
Le Lieu sehr steil und felsig zum See ab, so dass dessen W.-Ufer auf eine lange Strecke nahezu ungangbar ist.
1200 m. Gruppe von 3 Häusern, über einer kleinen Brücke am Fussweg, der dem rechtsseitigen
Gehänge des Val de Saleinaz folgt, und 300 m s. vom Dorf Praz de Fort. 14 kathol. Ew. Kirchgemeinde Orsières.
1333 m. Maiensäss mit etwa 20 Hütten, auf einer Terrasse rechts
über dem Thal des Trient und rings von dem vom Gipfel des Mont d'Arpille absteigenden Wald umrahmt.
Wird seiner ganzen Länge nach von dem nach N. fliessenden Hinterrhein und von Reichenau an von dem nach
O. sich wendenden vereinigten Rhein durchzogen. In gleicher Richtung halten sich die die Gemeinden des Kreises unter sich
verbindende Untere Strasse und die Linie Chur-Thusis (-Engadin) der Rätischen Bahn. Da alle drei Gemeinden in der Rheinebene
(«im Boden») liegen, ist das Klima ein sehr mildes; doch wird die Fruchtbarkeit der Gegend
durch den trockenen, sandigen Boden stark herabgesetzt. 2885 Ew., wovon 2809 Katholiken und 76 Reformierte; 2254 Ew. sprechen
romanisch, 505 deutsch, 121 italienisch und 5 eine andere Sprache. 379 Häuser und 630 Haushaltungen.
Haupterwerbszweig der Bewohner ist die Landwirtschaft, besonders Wiesenbau, Viehzucht und Alpwirtschaft.
Etwas Holzhandel. Sehr viele Einwohner der Gemeinde Ems suchen ihr Brot als Gasthofangestellte. Rhäzüns war bis zum Beginn
des 19. Jahrhunderts österreichischer Besitz und kam erst im Frieden von Lunéville als Ersatz für den Verlust des Veltlin
an Graubünden.
Diese Tatsache erklärt, warum Rhäzüns und Bonaduz zum überwiegenden Teil katholisch sind.
romanisch Razen oder Razin (Kt. Graubünden,
Bez. Im Boden,
Kreis Rhäzüns). 648 m. Gem. und Pfarrdorf, am linken Ufer des Hinterrhein
und 3 km s. Reichenau. Station der Albulabahn (Chur-Thusis-Engadin). Postablage. 64 Häuser, 495 kathol. Ew. meist romanischer
Zunge. Landwirtschaft. Am zum Teil durch Feuer zerstört (27 Gebäude in Asche gelegt). Etwa 400 m
östl. vom Dorf steht auf einem gegen den Rhein jäh abfallenden Felsen das SchlossRhäzüns, der Sitz der ehemaligen gleichnamigen
Herrschaft.
Der erste urkundliche Bericht über die Veste Rhäzüns stammt aus einer undatierten, aber nach der gewöhnlichen
Annahme 960 gefertigten Urkunde über Tauschverhandlungen zwischen Otto I. und Bischof Hartbert zu Chur, infolge welcher Rhäzüns
aus dem Besitze Ottos in den des Bischofs kam. Fast zweifellos bestand hier schon in römischer Zeit ein die über den Rhein
führende Brücke schützendes Kastell. Ende des 11. oder Anfangs des 12. Jahrhunderts gab es bereits
Herren von Rhäzüns, Verwandte derer von Vaz.
Die von Rhäzüns waren ein mächtiges und angesehenes Geschlecht, besonders seit Heinrich III. (um die Mitte des 13. Jahrhunderts),
dem Erbauer des ältesten noch bestehenden Teiles der Burg. Anfangs des 14. Jahrhunderts wurden die Herren von Rhäzüns zum
Unterschied von andern, bürgerlichen Geschlechtern gleichen Namens Brun (Baron, romanisch Barun) von Rhäzüns genannt. Heinrich
IV. war Anführer in der Fehde des Abtes von Disentis (1333-1339) gegen die Urner. 1352 schlugen Walther und Donat von Rhäzüns
mit den Lugnezern den Grafen Rudolf von Montfort-Feldkirch und die Grafen von Werdenberg und mehrten dadurch
ihren Besitz wesentlich.
BrunUlrich der Mächtige (gestorben 1415) vergrösserte die Macht des Hauses durch Verträge und Käufe. Die Herrschaft umfasste
damals die heutigen Gemeinden Rhäzüns, Bonaduz, Ems und Felsberg. 1424 schwuren Hans, Heinrich und Ulrich (der Junge) von Rhäzüns
zu Truns mit. Jörg von Rhäzüns aber trat 1450 dem schwarzen Bund bei und wurde 1452, nachdem die Burgen
Ortenstein und Alt und Neu Sins gebrochen waren, gefangen und sollte verurteilt und enthauptet werden. Die Klugheit seines Dieners
rettete ihm aber das Leben, sodass er begnadigt wurde, worauf er dem Bunde abschwur und 1458 als der letzte seines
Geschlechtes starb.
Die Herrschaft ging über auf seinen Schwiegersohn Graf Jörg von Jörgenberg, nach dessen Tod die Grafen von Zollern das Erbe
antraten. Nachdem die Herrschaft 1490 durch Kauf für kurze Zeit in den Besitz von Konradin von Marmels übergegangen war,
vertauschte sie Graf Eitelfritz von Zollern 1497 an die Herrschaft Haigerloch in Schwaben. Den Zollern folgten
die Habsburger, dann 1805 die Wittelsbacher, und 1809 wurde Rhäzüns zu Frankreich geschlagen, bis es endlich 1815 endgiltig
Graubünden
verblieb. Seit vielen Jahren ist das SchlossRhäzüns Eigentum der Familie Vieli, die es noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
bewohnte. 960: Castellum Rhaezunnes;
1139: Ruzunne;
um 1150: Ruzunne, Ruzunnes;
1160: Ruzunus;
1350:
Rutzüns, Rusuns.
Kommt nach Prof. J. C. Muoth vom romanischen rusa = Fischkorb. Fund von römischen Münzen.
Der Name dieses Flusses, eines der grössten der europäischen Ströme, dessen Gebiet auch der grösste Teil
der Schweiz angehört, stammt aus dem keltischen ren = das Fliessende, der Fluss. Das gallische rênos
(ohne h, da das keltische kein gehauchtes r hat) ist durch das Suffix no von der zu rê gesteigerten Wurzel ri gebildet,
die im Sanskrit gehen, fliessen, auch brausen heisst. Rênos heisst also nichts anderes als Fluss. Die
Deutschen nannten den StromHrîn, später Rîn, die RömerRhenus, eigentümlicherweise mit h (wie auch bei Rhodanus, Rhone),
während sie sonst keltische Namen ohne (das griechische) h schrieben. Bacmeister erklärt denn auch die Schreibweise Rhein
mit h als «Gelehrtenzopf». Die Italiener schreiben Reno, die Franzosen
Rhin, die Niederländer Rijn, die Engländer Rhine. In Graubünden
werden ausser Vorder- und Hinterrhein
noch verschiedene ihrer
Zuflüsse als Rhein oder Rhin bezeichnet und nach den Thälern unterschieden, so Medelser-, Somvixer-, Vriner-, Valser Rhein
etc. Auch Deutschland hat seine Rhin, so bei Kassel und in Brandenburg.
Der ganze Lauf des Rheins wird allgemein in Ober-, Mittel- und Niederrhein eingeteilt. Der Oberrhein reicht
von den Quellen bis Basel,
der Mittelrhein von Basel
bis Bingen, der Niederrhein von Bingen bis zur Nordsee. Die Länge der gesamten Stromlinie
wird auf 1320 km, das Stromgebiet auf 224400 km2 berechnet (nach Justus Perthes' Taschenatlas 1904). Wir beschäftigen
uns hier nur mit dem Oberrhein als dem eigentlich schweizerischen Teil des Stromes und geben zunächst
einige Zahlen, welche seine Grössenverhältnisse (Flusslängen und Flussgebiete) im Vergleich zu einigen andern Gewässern
der Schweiz veranschaulichen mögen (die Längen nach gefl. Mitteilungen des Eidgen. hydrometr. Bureau in Bern,
die Flussgebiete
nach ältern und allerdings noch revisionsbedürftigen Angaben).
¶
Es fallen also rund ⅔ der Schweiz auf das Rheingebiet. In letzterem überwiegt aber die Aare so sehr, dass ihr Gebiet über
2/5, das Rheingebiet ohne die Aare nur etwa ¼ der Schweiz umfasst. Auch wenn man den ausserschweizerischen
Anteil des Rheingebietes mitrechnet, erreicht dieses letztere bis Waldshut nicht völlig 15000 km2, bleibt also immer
noch beträchtlich hinter dem Aaregebiet zurück. Dagegen ist die Aare nach den obigen Zahlen etwas kürzer als der Rhein
oberhalb der Vereinigungsstelle.
Bisher war man freilich gegenteiliger Meinung, da die Aare zu 280, der Rhein bis Waldshut zu 274 km Länge
angenommen wurde. Ueber die mittlere Wasserführung der beiden Flüsse können leider noch keine zuverlässigen Zahlen angegeben
werden. Als Minimum gibt das «Eidgen. hydrometrische Bureau» für den Rhein
(bei Waldshut) 110 m3, für die Aare 150 m3 per Sekunde an. Die Maxima scheinen annähernd das 20fache
dieser Minima zu betragen, denn bei Basel
beträgt die minimale Wasserführung des Rheins (ohne Wiese) 280 m3, die maximale dagegen 5355 m3
per Sekunde (vor der Juragewässerkorrektion).
Die Grenzen des Rheingebietes sieht man am besten auf guten Karten nach, doch sollen sie auch hier in ihren Hauptzügen verfolgt
und dabei einzelne ihrer interessanteren Stellen und Strecken besonders hervorgehoben werden. Nachdem die Wasserscheide bei
dem elsässischen Dörfchen Lucelle (13 km östl. Pruntrut) von NO. her die Schweiz betreten hat, quert sie zwischen Asuel und
Bourrignon den Mont Terri und zieht dann nach SW. und WSW. über den schmalen Höhenrücken, der die Sorne
(Zufluss der Birs) vom Doubs trennt, etwa bis Montfaucon.
Dann zieht die Wasserscheide auf französischem Gebiet südl. und südwestl. und ungefähr parallel der Landesgrenze zum
Mont d'Or bei Jougne und weiter über die Kette des Mont Risoux, macht dann, wieder auf französischem
Boden, eine Schlinge um den Lac des Rousses, kehrt über Noirmont und Mont Tendre nach NO. zurück, um dann über La Sarraz,
Oulens und Morrens im ganzen in südöstl. Richtung und mitten durch die Waadt
das Bergland des Mont Jorat zu
erreichen, von dem der Talent, die Mentue und die Broye nordwärts zum Rhein abfliessen, während mehrere kleinere Bäche südl.
in den Genfersee fallen.
Eigenartig ist die Wasserscheide bei La Sarraz. Zwei Juragewässer, Nozon und Venoge, konvergieren gegen diesen Ort, als wollten
sie sich hier vereinigen. Dann aber wenden sie sich plötzlich voneinander ab, der Nozon nördl. zur Orbe,
die Venoge südl. zum Genfersee. Ein künstlich abgezweigter Mühlenkanal geht vom Nozon über La Sarraz in die Venoge. Grössere
Bedeutung hatte einst der die Orbe mit der Venoge verbindende, heute aber eingegangene Canal d'Entreroche, der
das Rheingebiet mit dem Rhonegebiet verband und für kleinere Transportschiffe fahrbar war. Es ist dies wohl der älteste
Wasser-Kunstbau der Schweiz.
Eine bemerkenswerte Stelle im bündnerischen Teil der Wasserscheide ist der Porchabellagletscher am Piz Kesch,
dessen Schmelzwasser teils zum Rhein, teils zum Inn, also zur Nordsee und zum Schwarzen Meer abfliessen, was in ähnlicher
Weise bei keinem andern Gletscher der Schweiz stattfindet. Am PizLunghino beim Septimer berühren sich die Stromgebiete des
Rheins, des Po und der Donau, ähnlich wie schon vorher am Wyttenwasserstock diejenigen des Rheins, des
Po und der Rhone.
Der ausserschweizerische Teil der Wasserscheide des Oberrheins sei nur durch Angabe einiger Hauptpunkte angedeutet. Sie zieht
vom Piz Buin über das Zeinisjoch zum Arlberg, dann um den obersten Teil des Lechthales herum über die
Rote Wand zum Widderstein, westl. vom Iller ungefähr nach N. etwa bis Leutkirch und von da über Waldsee, Saulgau, Pfullendorf,
Stockach und zwischen Brege und Wutach durch zum Feldberg im Schwarzwald, endlich westl. der Wiese hinunter gegen Basel
und n. des
Birsigthals und des obern Lützelthals, doch nicht genau mit der Landesgrenze zusammenfallend, nach Lucelle,
unserm Ausgangspunkt, zurück.
An dem so umschlossenen Gebiet des Rheins sind ausser dem deutschen und österreichischen Anteil und dem italienischen Val
di Lei alle Kantone der Schweiz, ausgenommen Genf,
beteiligt; Wallis
und Tessin
allerdings mit nur sehr kleinen Flächen, jenes am Sanetsch- und
am Gemmipass, dieses am Gotthardpass und im Val Cadlimo westl. vom Lukmanier. Von der Waadt
fällt schon etwa die Hälfte, von Graubünden
mehr
als die Hälfte (60%) ins Gebiet des Rheins, während ihm die Kantone Freiburg,
Neuenburg
und Bern
(über 90%) fast ganz, alle übrigen Kantone ganz angehören.
Von den drei geographischen Hauptlandschaften der Schweiz gehören dem Rheingebiet die Alpen etwa zur Hälfte,
das Mittelland und der Jura fast ganz an (von den zwei letzteren nur ein kleines Gebiet am Genfersee und ein schmaler Streifen
an der französischen Grenze [Gebiet des Doubs] ausgenommen). Scheinen nun auch die Flussgebiete und deren
Grenzen in der Gegenwart kaum irgend welche Veränderungen zu erleiden, so wissen wir doch, dass solche im Laufe der geologischen
Zeiten stattgefunden haben. Im Art. Graubünden
dieses Lexikons (Band II, S. 413) wurde z. B. erwähnt, dass die ThälerMedels, Somvix,
Vals und Safien einst wohl weiter nach S. reichten als jetzt, sodass Val Scaradra und Val Carasina im Tessin,
sowie
Teile des Misox und ValSan Giacomo (südl. vom Splügen) einst zum Rheingebiet gehörten, bis sie von den rascher erodierenden
¶
mehr
Gewässern der steilen S.-Abdachung der Alpen erobert wurden.
Für die weitere Besprechung teilen wir den Rhein, den drei orographischen Hauptteilen der Schweiz entsprechend, in einen
alpinen, einen mittelschweizerischen u. einen jurassischen Abschnitt ein. Der alpine Teil reicht von den Quellen bis zum
Bodensee, der mittelschweizerische oder molasseländische von da bis Schaffhausen,
der jurassische Teil endlich
bis Basel.
Der mittelschweizerische Teil wird also fast ganz vom Bodensee (inkl. Untersee) eingenommen. Oft lässt man darum, bei
geringerer Berücksichtigung der blos geologischen Verhältnisse, einfach diesen See als zweiten Abschnitt gelten und den
dritten Abschnitt bei Steinam Rhein beginnen.
Aber auch wenn man ihn von Schaffhausen
an rechnet, entspricht die Bezeichnung «jurassisch»
nicht ganz dem jetzigen Lauf des Rheins. Wohl betritt er bei Schaffhausen
Juraboden und stürzt im Rheinfall über eine
Juraklippe. Aber
gleich darauf schneidet er wieder in das Molasseland ein und bleibt darin etwa bis Kaiserstuhl. Auch von da weg
ist er nicht so ganz rein jurassisch, da er nicht nur Juragesteine, sondern auch Schwarzwaldgesteine durchschneidet. Da sein
Thal hier zudem die beiden Gebirge des Jura und des Schwarzwaldes trennt und er aus beiden Zuflüsse erhält, so könnte man
diesen untern Abschnitt auch den jurassisch-schwarzwäldischen nennen. Würde der Rhein jetzt noch wie
einst von Schaffhausen
durch den Klettgau (statt über Eglisau) nach Waldshut fliessen, so wäre diese Bezeichnung noch berechtigter, da
er dann auf der ganzen Strecke Schaffhausen-Basel das schweizerische Molasse-Mittelland nirgends mehr betreten oder auch nur
berühren würde.
A. Der alpine Teil des Rheins.
Das Stammland des Rheins ist Graubünden,
und hier verzweigt sich sein Wurzelgeflecht. Bei Reichenau vereinigen
¶
mehr
sich die zwei Hauptwurzeln, der Vorder- und der Hinterrhein, um vereint zunächst noch auf eine kurze Strecke die Längsthalrichtung
des erstern fortzusetzen, dann aber bald in die Querthalrichtung nach N. umzubiegen. Gegen die Tiefe des ChurerRheinthales
konvergieren alle Gewässer des bündnerischen Rheingebietes vom Oberalppass bis zum Silvrettagletscher. Chur
ist darum auch trotz seiner im übrigen exzentrischen Lage von jeher der Verkehrsmittelpunkt und das politische HauptGraubündens
gewesen. Von hier aus führen die natürlichen Verkehrswege ins Vorder- und Hinterrheinthal, in die Albulathäler (inkl.
Oberhalbstein und Davos) und in die Thäler des nordöstl. Bünden (Schanfigg und Prätigau) mit den Fortsetzungen
über die Pässe ins Gotthard- und Tessingebiet, nach Italien, ins Engadin und weiter ins Etschgebiet.
gilt der Tomasee am Badus. Er liegt 2344 m hoch in einer Bergnische, die von Ausläufern des Badus umrahmt ist, während der
Gipfel des letztern selbst sich etwas abseits verbirgt. Die Geburtskammer des späterhin so stolz und
mächtig werdenden Stromes ist dürftig ausgestattet und hält den Vergleich mit derjenigen etwa der Rhone oder der Aare nicht
aus, da es ihr sowohl an hochragenden Gipfeln als an mächtigen Eisströmen fehlt. Der einzige Schmuck ist der dunkelgrüne,
nur etwa 250 m lange und 10 m tiefe Tomasee, in den sich einige wie Silberfäden von den Hängen herabschäumende
kleine Bäche ergiessen.
Der Ausfluss des Sees findet durch eine kleine Schlucht statt, die auf die schöne, weite Hochfläche der Alp Palidulscha führt.
Hier gesellt sich ihm der Abfluss der Lais de Siarra zu, und schon hier treffen wir auf ein Gebiet veränderter
Flussläufe, wie sie in Graubünden
so häufig sind. Der Bach des Val Maigels floss einst über diese Hochfläche, bis er durch einen
rascher erodierenden Seitenbach des Val Cornera angezapft und nach O. abgeführt wurde. Dieser Bach des Val Maigels wäre also
ursprünglich die Quellader des Rheins gewesen und der Abfluss des Tomasees nur ein kleiner Seitenbach
derselben.
Durch die angedeutete Veränderung wurde letzterer zum Rang des Quellbaches erhoben und eilt nun in zwei, durch die Fläche
von Palidulscha getrennten Stufen erst östl., dann nördl. über Rasenhänge hinunter, bis er nach 2,5 km
langem Lauf in 1710 m am Fuss der Oberalp sein Längsthal erreicht. Sein Fall bis hierher beträgt 634 m oder 25%. Hier erhält
er auch einigen Zuzug durch mehrere kleine Bäche, die alle noch dem Gebirgsstock des Badus angehören. Längs einem derselben
führt die Strasse in vielen Serpentinen hinauf zur Passhöhe der Oberalp.
Das nun folgende Längsthal zerfällt geologisch in drei Abschnitte. Der erste reicht bis Truns und verläuft in den krystallinen
und halbkrystallinen Schiefern der Muldenzone zwischen den östl. Ausläufern des Aar- und des Gotthardmassivs, der
zweite,
von Truns bis Ilanz reichend, ist tief in Verrucano, der dritte bis Reichenau fast ganz in den Schuttberg
des prähistorischen FlimserBergsturzes eingeschnitten. Diese Sturzmasse bedeckt eine Fläche von 52 km2 bis 600 m hoch
und füllt den Hohlraum aus zwischen den mesozoischen Kalken der linken und den tertiären Bündnerschiefern der rechten
Thalseite, so dass das Rheinthal auch hier wie im obersten Abschnitt eine tektonische Grenze bildet.
Aber trotz der drei geologisch verschiedenen Abschnitte ist doch das ganze Thal insofern einheitlich gestaltet, als es in
seiner ganzen Länge wesentlich ein Isoklinalthal bildet, indem die Gesteinsschichten auf beiden Thalseiten nach SO., resp.
nach S. fallen, die linke Seite also aus im ganzen sanfter geböschten Schichtflächen, die rechte aus
steiler abgebrochenen Schichtköpfen besteht. Da die linke Seite zudem auch die sonnigere ist, so halten sich die Siedelungen
und Kulturen auch weit mehr an diese als an die rechte Seite.
Ursprünglich, als die Thalsohle noch 2000-3000 m höher lag, scheint übrigens das Vorderrheinthal ein Muldenthal
gewesen zu sein. Durch fortschreitende Erosion schnitt sich das zuerst in der Höhe liegende Muldenthal immer tiefer in den
Gebirgskörper ein und geriet so endlich in den Gewölbekern mit seinen gleichsinnig fallenden Schichten. Die erste Anlage,
das ursprüngliche Synklinalthal, war also tektonisch, d. h. durch die Gebirgsfaltung, gegeben, die weitere Ausgestaltung,
d. h. die Vertiefung um einige tausend Meter und damit die Umwandlung in das gegenwärtige Isoklinalthal erfolgte durch Erosion.
Eine eigentümliche Störung erlitt die Ausbildung dieses Thals gerade an seinem untern Ende durch den schon erwähnten FlimserBergsturz. Dieser brach aus der grossen Felsnische des Segnesthals zwischen Piz Grisch und Flimserstein
herunter und sperrte das Rheinthal durch einen etwa 15000 Millionen m3 fassenden Schuttberg abwärts bis Reichenau und Bonaduz,
aufwärts bis Sagens und Kästris und im S. bis Valendas und Versam. Hinter ihm staute sich der Rhein zu einem langgestreckten
See, dessen einstige Wasserstände man noch da und dort an alten Deltaresten und an Sand- und Kiesbänken
erkennen kann.
Allmählig gelang es dann dem Rhein in jahrtausende langer Arbeit, diesen Schuttberg zu durchsägen und den See wieder zum
Abfluss zu bringen. Die so entstandene Rheinschlucht samt den Seitenschluchten von Versam und Carrera und des Laaxer- und Flimserbachs
gehören zum Wildesten und Eigenartigsten, was man in Graubünden
sehen kann. Bis 200 m hoch ragen die ruinenartig
zerfetzten Breccienwände empor und drohen jeden Augenblick den Einsturz. Dennoch wagte man es, die Eisenbahn von Reichenau
nach Ilanz hier hindurch zu führen, musste sie aber auch durch mächtige Schutzbauten sichern und teilweise den Rhein in
Korrektion nehmen. Uebrigens
¶