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und Val de Ruz. Die kleinen Bäche der übrigen Landesteile (Thäler von Le Locle, La Chaux de Fonds, La Brévine, Les Ponts etc.) verschwinden meist nach kurzem Lauf in Felstrichtern und speisen dann zusammen mit dem versickernden atmosphärischen Wasser die längs dem Ufer des Neuenburgersees (Serrières, Monruz, La Raisse) oder am Gehängefuss der Thäler zutagetretenden Stromquellen, wie z. B. die der Combe Garot, der Noiraigue, des Sucre, von Môtiers, von Buttes, der Sourde am Pont de la Roche, der Raisse bei Fleurier und der Areuse im Felszirkus von Saint Sulpice, welch' letztere in ihrer Wasserführung zwischen 220 und nahe an 100000 Sekundenlitern schwankt.
Man kennt jetzt das Einzugsgebiet von mehreren dieser Quellen ziemlich genau, so namentlich dasjenige der Areuse, das mehr als 140 km2 Fläche hat und den schweizerischen Teil des Thales von Les Verrières (exkl. die in den Doubs mündende Morte) und die ganze Mulde von La Brévine bis über La Chaux du Milieu hinaus umfasst. Die durchschnittliche Wasserführung der Areusequelle entspricht genau der von dieser Fläche absorbierten Regenmenge, die entweder direkt vom Kalkboden aufgesogen oder indirekt von den ohne Ausnahme im Boden verschwindenden Bächen abgeführt wird.
Mehrere dieser Bäche ergiessen sich in den Lac des Taillières, dessen Wasser ebenfalls durch einen Trichter unterirdisch abfliesst. Diese Tatsachen sind durch eine Reihe von Färbungsversuchen festgestellt worden. Desgleichen führt die Quelle der Noiraigue das gesamte Sickerwasser des vertorften Hochthales von Les Ponts und La Sagne und der es begleitenden Gehänge zu Tage, was schon aus ihrer bernsteingelben Farbe erhellt und dann auch noch durch mehrere am Trichter (emposieu) von Le Voisinage bei Les Ponts de Martel vorgenommene Färbungsversuche experimentell bewiesen worden ist. Es dient also nur der kleinere Teil des auf Boden des Kantons Neuenburg fallenden Regenwassers zur Speisung von oberirdischen Wasseradern, während der grössere Teil die unterirdischen Kanäle bilden hilft, die sich meist auf den undurchlässigen Argovienmergeln sammeln, indem sie im oberen Jurakalk welcher diese Mergel überlagert weitausgedehnte Spalten und Höhlennetze füllen, um dann in den eben genannten Stromquellen (sources vauclusiennes) ihr Wasser wieder ans Tageslicht treten zulassen.
Dieses kann mehrfach auch als Trink wasserverwendet werden, so z. B. in den Gorges de l'Areuse, deren Sammelgebiet vor jeder Ansteckungsgefahr sicher ist, da es entweder keine Siedelungen trägt oder dann gute Filtrationsverhältnisse hat. Andere Quellen, wie z. B. die der Areuse und der Noiraigue, sind dagegen für solche Zwecke unbrauchbar, weil sie mit den meist torfigen Oberflächenwassern in einem zu direkten Zusammenhang stehen. Die zahlreichen kleineren Quellen kommen meist aus der Kontaktfläche von Neocom mit den darunter gelagerten Mergeln des Hauterivien und Purbeck oder auch aus Ablagerungen von Moränenschutt.
Aus allen eben geschilderten Verhältnissen folgt, dass die höhern Regionen des Kantons sich mit nur wenigen, schwachen und dazu oft noch versiegenden Quellen zufrieden geben oder auch das Regenwasser in Zisternen auffangen und daher mit dessen Verbrauch sparsam sein müssen. Erst seit etwa 20 Jahren haben es die Bedürfnisse grosser Ortschaften notwendig gemacht, mit Aufwand von grossen Kosten Quellwasser aus tiefern Regionen auf künstlichem Weg herbeizuschaffen. So beziehen z. B. La Chaux de Fonds und die Stadt Neuenburg heute ihr Trinkwasser aus den Quellen in der Schlucht der Areuse (Molliaz, Combe Garot etc.).
[Dr. H. Schardt.]
Klimatische Verhältnisse.
Der mannigfaltigen topographischen Gestaltung des Terrains entsprechend zeigt der Kanton Neuenburg trotz seiner geringen Ausdehnung sehr verschiedenartige klimatische Verhältnisse. Drei Typen derselben lassen sich deutlich unterscheiden: 1. Das milde Klima des Seegeländes. Hier wird im Sommer die Luftwärme gesteigert durch die Rückstrahlung der der SO.-Seite, also der Sonne ausgesetzten Gehänge. Der See ist nicht gross genug, um durch den Austausch mit den über ihm gelagerten weniger stark erwärmten Luftschichten eine nennenswerte Abkühlung zu bewirken. Im Winter vermag anderseits der Einfluss des Sees die Erkaltung der Luft über dem Gelände nicht wesentlich zu mildern, zumal zu Zeiten, wo die Bise herrscht, welche vom See her einen ganz ungehinderten Zutritt hat.
Als Vertreter dieser Zone kann die meteorologische Station Neuenburg betrachtet werden, welche auf der dortigen Sternwarte, etwas abseits der Stadt, seit 1864 geführt wird. Die aus der Periode 1864-1900 abgeleiteten Monatsmittel der Temperatur finden sich in nachstehender kleiner Tabelle. Das mittlere Jahresmaximum von Neuenburg stellt sich auf 30,4°, das mittlere Minimum auf -11,6° C. Die beobachteten absoluten Extreme sind 34,0° und -17,0° C. Als Folge der Konfiguration des Terrains und der dadurch bedingten Erwärmungsverhältnisse macht sich am Seegelände und über dem See ein Lokalwind, genannt Joran, stark bemerkbar. Er tritt an Sommerabenden sehr häufig, zuweilen aber auch während des Tages auf. Es ist ein sogenannter Fallwind, der die kühle Luft der engen, meist bewaldeten und um mehrere Stunden des Tages in der Insolation verkürzten Thäler der Berghänge in die stark erwärmte Niederung hinausführt. Es geschieht dies häufig plötzlich ¶
Lf. 129.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg
^[Karte: 4° 30’ O; 47° 0’ N; 1:230000]
HISTORISCHE KARTE VON
NEUENBURG VOR 1848
(FÜRSTENTUM VON 1717-1848)
V. Attinger. sc
KANTON NEUENBURG ¶
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und stossweise, sodass der Schiffer vom Auftreten des Joran oft überrascht wird.
2. Das rauhere Klima der Hochthäler. In diesen ist der Sommer nur mässig warm, der Winter ziemlich kalt und lang. In den hochgelegenen Thalsohlen von Les Verrières, La Brévine, La Sagne und La Chaux de Fonds tritt der Nebel weit seltener auf, als über dem Seegelände; die Luft ist trocken und der Himmel im Winter viel häufiger heiter, als über der Niederung. Dadurch wird aber auch die Ausstrahlung und damit die Erkaltung der Luft sehr gefördert. Durch besonders tiefe Temperaturen zeichnet sich die Gegend von La Brévine aus, wo die muldenförmige Gestaltung des Terrains bei ruhigem Wetter häufig eine Stagnation der Luft bedingt, während welcher sie immer mehr erkaltet. An diesem Ort sind Temperaturminima von bis zu -26,0° beobachtet worden, die sehr an diejenigen des viel höher gelegenen Engadin erinnern. Verhältnismässig wenig ausgeprägt ist dieses Hochthalklima im Val de Ruz, das allerdings weniger hoch liegt, als die meisten übrigen Thäler. Dementsprechend ist hier auch die Temperatur etwas höher. Dagegen tritt in diesem Thal die Nebelbildung häufiger ein.
3. Das Klima der Bergkämme. Obwohl diese in höhere Niveaux hinaufragen, sind hier die mittleren Wintertemperaturen weniger tief als in den Sohlen der Hochthäler, weil eine Stagnation der Luft hier nicht eintreten kann, dagegen die relativ warmen SW.- und W.-Winde einen weit ungehindertern Zutritt haben. Die Luftbewegung ist hier überhaupt viel bedeutender. Eigentliche Nebel sind selten, die Wintertage oft sonnig und mild. Als Repräsentant dieser Regionen haben wir freilich nur die Station auf dem Chaumont, die aber seit mehr als 40 Jahren ununterbrochen funktioniert.
Das nachstehende Tableau enthält die auf die einheitliche Periode 1864-1900 reduzierten Monats- und Jahresmittel der Lufttemperatur an den fünf vollständigen meteorologischen Stationen des Kantons:
Neuenburg 488 m. | Cernier 800 m. | La Chaux de Fonds 990 m. | La Brévine 1080 m. | Chaumont 1128 m. | |
---|---|---|---|---|---|
Januar | -1,0 °C. | -2,1 °C. | -2,8 °C. | -3,9 °C. | -2,3 °C. |
Februar | 1.1 | 0.2 | -0,7 | -2,3 | -0,9 |
März | 4.1 | 2.3 | 0.9 | -0,7 | 0.4 |
April | 9.0 | 7.1 | 5.4 | 4.1 | 4.9 |
Mai | 12.8 | 10.7 | 9.1 | 7.9 | 8.5 |
Juni | 16.6 | 14.6 | 13.1 | 11.4 | 12.1 |
Juli | 18.8 | 16.5 | 15.4 | 13.4 | 14.4 |
August | 17.8 | 15.4 | 14.4 | 12.5 | 13.7 |
September | 14.7 | 13.0 | 11.7 | 10.0 | 11.3 |
Oktober | 8.7 | 6.9 | 6.1 | 4.5 | 5.7 |
November | 4.1 | 2.1 | 1.5 | 0.1 | 1.5 |
Dezember | 0.0 | -1,5 | -2,1 | -3,2 | -1,7 |
Jahr: | 8.9 | 7.1 | 6.0 | 4.5 | 5.6 |
Den Unterschied in der Helligkeit des Himmels in den Niederungen des Seegeländes und den Hochthälern zeigen am besten die Registrierungen der Heliographen auf den Stationen Neuenburg und La Chaux de Fonds, welche für das Jahr 1902 folgende Monatssummen von Stunden des Sonnenscheins ergeben haben:
Neuenburg | La Chaux de Fonds | |
---|---|---|
Januar | 48 | 90 |
Februar | 35 | 65 |
März | 125 | 129 |
April | 143 | 124 |
Mai | 107 | 93 |
Juni | 213 | 204 |
Juli | 274 | 270 |
August | 187 | 179 |
September | 148 | 161 |
Oktober | 42 | 76 |
November | 20 | 98 |
Dezember | 8 | 55 |
Jahr: | 1350 | 1544 |
Der Unterschied zu Gunsten des Hochthals ist in den Herbst- und Wintermonaten beträchtlich.
Ueber die Niederschlagsverhältnisse des Kantons ist man erst seit den letzten Jahren etwas genauer unterrichtet. Es ist das Verdienst des Ingenieurs Sam. de Perrot, Ende der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts eine Anzahl von speziellen Regenmessstationen etabliert zu haben, wofür das Haus Russ-Suchard, das schon so viel Gemeinnütziges gestiftet hat, die finanziellen Mittel bot. Da die Beobachtungsreihe dieser neuen Stationen bis jetzt nur eine kurze ist, so teilen wir nur für die beiden langjährigen Stationen Neuenburg und Chaumont die Monatsmittel mit, für alle übrigen aber, soweit mehrjährige regelmässige Messungen vorliegen, nur die Jahresmittel.
Aus diesen geht hervor, dass die Niederschlagsmenge mit der Höhe beträchtlich zunimmt, eine übrigens allgemein bekannte Tatsache. Hiebei ist jedoch die topographische Lage der einzelnen Stationen mitbestimmend. Auffallend ist die geringe Zunahme der Regenmenge von Neuenburg bis zum Chaumont, die wohl damit zusammenhängt, dass dem Chaumont im W. und SW. andere und sogar höhere Bergzüge vorgelagert sind, welche die Kondensation der aus diesen Regionen zugeführten Wasserdampfmassen bewirken.
Niederschlagsmenge in Millimetern, Mittel 1864-1900. | ||
---|---|---|
Neuenburg | Chaumont | |
Januar | 51 | 52 |
Februar | 52 | 50 |
März | 62 | 62 |
April | 70 | 72 |
Mai | 82 | 88 |
Juni | 101 | 110 |
Juli | 93 | 102 |
August | 98 | 106 |
September | 84 | 90 |
Oktober | 103 | 109 |
November | 74 | 75 |
Dezember | 68 | 66 |
Jahr: | 938 | 982 |
Jahresmengen (Mittel aus mehrjährigen Beobachtungen).
Meereshöhe | Niederschlagsmenge | |
---|---|---|
Boudry | 450 | 979 |
Chambrelien | 643 | 1078 |
La Brévine | 1080 | 1287 |
Les Ponts | 1020 | 1271 |
Tête de Rang | 1425 | 1299 |
Dombresson | 740 | 1102 |
Cernier | 800 | 1161 |
Valangin | 655 | 992 |
Couvet | 750 | 1144 |
La Chaux de F. | 990 | 1429 |
Les Brenets | 850 | 1331 |
Saint Sulpice | 760 | 1461 |
[Dr. R. Billwiller.]
Flora.
Auch mit Bezug auf seine floristischen Verhältnisse kann der ganz dem Juragebirge angehörende Kanton Neuenburg in die drei Abschnitte des Seegeländes (Vignoble), der Thäler (Vallées) und der Berge (Montagnes) eingeteilt werden, deren Höhenlage sich zwischen 430 m (Neuenburgersee) und 1555 m (neuenburgischer Anteil an der Chasseralkette) hält.
Der für den Botaniker interessanteste Abschnitt ist der Vignoble, der auch die grösste Anzahl von Pflanzenarten zählt. Dieser schmale Landstrich zwischen dem See und der ersten Jurakette erfreut sich eines milden Klimas (Jahresmittel 8,9 °C.) und nimmt Anteil an der starken sommerlichen Erwärmung des Sees und der nahen Kalkgehänge, sodass er eine ziemliche Anzahl von mediterranen oder überhaupt südlichen Pflanzen aufweist, die längs dem Rhonethal eingewandert sind und sich am Jurafuss bis über Biel hinaus angesiedelt haben.
Von solchen Arten sind besonders zu nennen: Helianthemum fumana, Glaucium flavum (La Tène), Saponaria ocymoides, Acer italum (auf den ersten Vorhöhen des Jura und auch in den Schluchten der Areuse), Trifolium striatum und T. scabrum, Colutea arborescens (sehr selten), Prunus mahaleb, Bupleurum falcatum, Lactuca perennis und L. virosa, Buxus sempervirens, Lilium bulbiferum subsp. croceum (Roche de Châtollion und bei Frochaux), Aceras anthropophora, Himantoglossum hircinum, Limodorum abortivum, Koeleria valesiaca (über Neuenburg); Asplenum ceterach (Cressier) und A. fontanum, Adiantum nigrum und endlich auch Adiantum capillus Veneris, das zierlichste aller schweizerischen Farnkräuter, dessen Wedel die Wände einer nahe bei Saint Aubin gelegenen Höhle bekleiden und das anderwärts in der Schweiz nur noch im Kanton Tessin und bei La Sarraz sich wiederfindet.
Leider haben sich seit der Tieferlegung der Jurarandseen die Existenzbedingungen für diese seltene Pflanze stark verschlechtert. Die Mehrzahl der eben genannten Arten findet sich zwischen Le Landeron und Neuenburg und besonders über dieser Stadt an den trockenen Hängen des Chaumont. Wir erwähnen ferner: Pulsatilla vulgaris, Alsine fasciculata, Linum tenuifolium, Geranium lucidum, Spiraea filipendula, Sedum maximum und S. reflexuni, Achillea nobilis (bei Neuenburg), Aster linosyris und A. amellus, Primula acaulis, Cyclaminus europaea, Allium pulchellum, Scilla bifolia; Ophrys muscifera, O. arachnites, O. api- ¶
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fera und O. aranifera (Cressier und Le Landeron). Einige dieser Arten sind an anderen Stellen im Jura und sogar in der ganzen Schweiz nicht wieder vertreten. Vor der Juragewässerkorrektion erfreute sich das Ufer des Neuenburgersees einer reicheren Flora als heute; verschiedene Arten sind entweder ganz verschwunden oder im Verschwinden begriffen, so Ranunculus lingua, Hottonia palustris, Utricularia vulgaris, Hydrocharis morsus ranae, Sagittaria sagittaefolia, Leucojum aestivum (einst zwischen Le Landeron und dem Bielersee häufig vorkommend).
Seitdem die Aare teilweise in das System der Jurarandseen abgelenkt ist, staut sich ihr Wasser zeitweise in den Neuenburgersee zurück, wodurch an dessen Ufer Pflanzen aus dem Mittelland gebracht worden sind: Myricaria germanica, Hippophaë rhamnoides, Inula Vaillantii (besonders am Fuss der Steilufer von Marin und auf der Landzunge von Préfargier). Besonders weit vorgedrungen ist die genannte Myricaria, deren mit einem Haarschopf versehene Samen am Strand unter Bevaix massenhaft Wurzel gefasst haben.
Interessante und seltene Pflanzen sind am Seeufer namentlich die bereits erwähnten Glaucium flavum und Adiantum capillus Veneris, dann Ranunculus flammula var. reptans, der westeuropäische Echinodorus ranunculoides (noch ziemlich häufig zwischen Auvernier und Colombier, sowie in der Umgebung von Chez le Bart und Saint Aubin; erreicht seine O.-Grenze der Verbreitung am Murtensee), Schoenoplectus pungens (Préfargier) und Scirpus maritimus, eine grosse Auswahl von Seggen (Carex) und massenhaft Ophrys arachnites, deren ausserordentlich leichte Samen vom Joran an den Strand von Marin und Cortaillod herabgeweht werden. In dem das Seeufer begleitenden Gebüsch unterhalb der Abbaye de Bevaix blüht Blackstonia perfoliata, und an mehreren Stellen haben sich zwei unserer Flora fremde Arten, die aus Nordamerika stammenden Oenothera biennis und Mimulus luteus angesiedelt.
Sumpfland findet sich im Gelände des Vignoble nur in beschränktem Umfang. Zu erwähnen sind die Moore zwischen Boudry und Bevaix mit zahlreichen Orchis palustris und mehreren Standorten von Orchis coriophora; das Moor um Le Loclat bei Saint Blaise mit Galium boreale, Crepis succisaefolia (vom Chaumont herabgestiegen), Schoenus nigricans, mehreren Seggen (Carex), Aspidium thelipteris und der aus dem N. stammenden und im ganzen Jura nur hier vorkommenden Lysimachia thyrsiflora.
Hier im Moor von Le Loclat kann man auch die in diesem Gebiet sonst selten blühenden beiden Seerosen, Nuphar luteum und Nymphaea alba, sehen. Die Wiesen- und Waldflora unterscheidet sich wenig von der der zentraleuropäischen Ebenen, so dass wir davon blos folgende Typen zu erwähnen brauchen: Primula acaulis und P. officinalis, verschiedene Veilchen (Viola), Hepatica triloba, Orobus vernus und O. niger, Platanthera bifolia und P. chlorantha, Luzula und zahlreiche Gräser.
Zum Vignoble kann man auch noch das durchschnittlich 800 m hoch gelegene kleine Plateau von Lignières rechnen, das aber wieder einige seltene Arten für sich besitzt. So in der Combe am Fussweg nach Neuenstadt Gagea lutea, Scilla bifolia, Anemone ranunculoides, Pulmonaria tuberosa und Lathraea squamaria; in den Torfmooren ö. und n. vom Dorf Prunus palus, Lonicera coerulea, Senecio spathulaefolius, Gentiana vulgaris (vom Chaumont unverändert herabgewandert) und die schöne Primula farinosa; in einem kleinen Moor w. vom Dorf gegen Neuenburg hin ein Standort von Fritillaria meleagris und nahe dabei im Gebüsch einige Exemplare von Erythronium deus canis. Diese beiden letztgenannten Arten stammen wahrscheinlich von Kulturversuchen her, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vorgenommen worden sind.
Verhältnismässig arm an Pflanzenarten sind das Val de Ruz und Val de Travers, wo wie beinahe keine der für den Vignoble charakteristischen südlichen Typen mehr finden. Die Flora der Naturwiesen und Wälder stimmt mit derjenigen des Mittellandes überein. Von seltenen Arten im Val de Ruz sind blos zu nennen Pulmonaria officinalis (zwischen Boudevilliers und Les Geneveys sur Coffrane), Vicia dumetorum und besonders Digitalis intermedia (längs der Bahnlinie zwischen Les Geneveys sur Coffrane und Les Hauts Geneveys); Hieracium humile und Saxifraga aizoon, die beide vom Chasseral bis an den Fuss der Gorges du Seyon herabgestiegen sind.
Am Weg durch die Gorges de l'Areuse ins Val de Travers treten der Reihe nach auf: Acer italum (am Gehänge hinauf bis zum Château de Rochefort), Limodorum abortivum, Coronilla coronata, Lunaria rediviva, Polygala chamaebuxus und Corydalis lutea (alle zwischen Rochefort und Brot Dessous), dann Globularia cordifolio, Potentilla caulescens und Aster alpinus (von den benachbarten Höhen stammend), Hieracium bupleuroides, Carex dioica, Adenostyles albifrons und A. alpina;
auf kalkigem Sturzschutt bei Noiraigue Iberis decipiens, die aber auch bis zur Mündung der Areuse hinunterwandert;
bei Travers Hieracium lanatum (an den Felsen der Combe Lambercier);
bei Couvet Arabis arenosa, Salvia verticillata und Narcissus incomparabilis, ein Bastard von N. radiiflorus mit N. pseudonarcissus;
in den Sümpfen von Môtiers Utricularia vulgaris var. neglecta;
zwischen Fleurier und Buttes (auch in den Schluchten des Doubs und bei Les Verrières) Polemonium coeruleum;
heim Pont de la Roche nahe Saint Sulpice Cerinthe alpina und um Les Verrières endlich Saxifraga granulata und zahlreiche Kratzdisteln (Cirsium).
Auf den nassen Wiesen in der Thalsohle zwischen Fleurier und Môtiers stehen zahlreiche Cirsien mit einer ganzen Reihe von Bastarden.
Für die Hochthäler, besonders diejenigen von Les Ponts und La Brévine, sind die seinerzeit schon von Charles Martins auf ihre Florenzusammensetzung hin untersuchten grossen Torfmoore glazialen Ursprunges charakteristisch. Hier findet man u. a. Carex filiformis, C. heleonastes und C. chordorrhiza, mehrere Vaccinien, Drosera rotundifolia und D. longifolia, dann auch die merkwürdige Betula nana aus dem N. Europas, die aber mit zunehmendem Abbau des Torfes allmählig verschwindet, wie dies auch für Alsine stricta und Saxifraga hirculus der Fall ist.
Durch eine grosse Anzahl von seltenen Typen zeichnet sich die Umgebung von La Brévine aus: Genista germanica, Cytisus decumbens, Hypericum Richeri, Ribes petraeum, Asperula tinctoria, Knautia longifolia, Serratula Vulpii (eine alpine Varietät der S. tinctoria), Daphne cneorum, Veronica austriaca und Lathyrus ensifolius (einziger schweizerischer Standort für diese beiden Arten). Auch der Lac des Taillières hat eine ihm eigene Florula mit Cicuta virosa; Potamogeton praelongus, P. zosterifolius und P. Friesii etc. Im Torfmoor von Bémont stehen einige Stämme der Betula nana × pubescens. Da das Klima von La Brévine für Klee und Esparsette zu rauh ist, sät man hier die weisse Winterblume (Chrysanthemum leucanthemum) und ein ¶
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hochstengelige und grossblumige Abart des Stiefmütterchens (die sog. Viola bella) aus, die zur Zeit ihrer Blüte der ganzen Gegend ein eigenartiges Gepräge geben. Das Gebiet zwischen der Thalsohle von La Brévine, der französischen Grenze und Les Verrières bildet ein 1100-1200 m hohes, weites Plateau mit bewaldeten Sennbergen und Naturwiesen, auf denen folgende Arten in Menge gepflückt werden können: Lathyrus heterophyllus, Hieracium monticola, Meum athamanticum, Hypochoeris maculata, Centaurea nigra, Cytisus decumbens, Streptopus amplexifolius, Mulgedium alpinum etc. 1867 hat man hier sogar Scorzonera humilis und 1899 auch Vicia orobus (einziger Standort in der Schweiz) entdeckt.
Bei sorgfältiger Untersuchung könnte man sehr wahrscheinlich noch mancherlei Neues finden. Weniger gut ausgestattet sind die Thäler von La Chaux de Fonds und Le Locle. Im erstern sind von Interesse die Pirola uniflora bei Les Éplatures, dann im Torfmoor von Pouillerel mehrere der schon bei La Brévine genannten Arten und am Ufer der Weier von Les Grandes Crosettes endlich das merkwürdige und nirgends häufig auftretende Ophioglossum vulgatum. Im Thal von Le Locle wachsen längs den Ufern des Bied die vom Doubsthal heraufgekommene Fritillaria meleagris und am Col des Roches mehrere Habichtskräuter (Hieracium), sowie schöne Polster von Thlaspi montanum und Androsace lactea.
Beim Abstieg vom Col des Roches nach Les Goudebas und Les Brenets trifft man einen schönen Bestand von Anemone ranunculoides und unzählige Fritillarien oder Schachblumen. Am Doubs selbst pflücken wir die seltenen Arabis arenosa, Linaria striata und Viola biflora (diese unterhalb Les Planchettes). Auf den bewaldeten Sennbergen und in den Tannenwaldungen zwischen Les Recrettes und Les Siméons (nahe bei Les Brenets) endlich blüht im Mai die sehr seltene Cardamine trifolia, die in der Schweiz zuerst 1874 entdeckt worden ist.
Die Gipfelregionen des Neuenburger Jura bieten in botanischer Hinsicht nicht alle das nämliche Interesse. Die reichste und abwechslungsvollste Flora haben der Creux du Van und der Chasseral. Am Boden des Creux du Van finden wir: Listera cordata, Empetrum nigrum, Cypripedilum calceolus, Pirola media und Hieracium Godeti;
Rhododendron ferrugineum hat man seit etwa 50 Jahren nicht mehr gesehen und ist ohne Zweifel ausgerottet;
auf kalkigem Sturzschutt Scrophularia Hoppei, Orobanche laserpitii, Linaria petraea, Erysimum ochroleucum, Centranthus angustifolius sowie das sehr seltene und 1903 wieder aufgefundene Erysimum strictum;
am Fuss der Roche aux Noms Galium aparine var. spurium, Anthriscus alpestris, Cynoglossum montanem und Bromus tectorum;
an den steilen Hintergehängen Poa caesia, Aster alpinus, Sedum dasyphyllum, Potentilla caulescens;
auf dem Dos d'Ane gegenüber der Ferme Robert Anthyllis montana und Stipa pennata;
am Fussweg von Les Veuillons auf den Soliat Poa hybrida;
am obern Rand des Felsenzirkus Bupleurum ranunculoides und B. longifolium, Allium fallax, Festuca pumila, Dryas octopetala, Androsace lactea, Anemone alpina und A. narcissiflora, Arnica montana und viele andere.
Soldanella alpina scheint seit einigen Jahren verschwunden zu sein. Auf der Montagne de Boudry blühen zahlreiche Cypripedilum, Pinguicula alpina, Epipogium Gmelini etc. Der Chaumont ist berühmt durch seine Rosen: Rosa spinulifolia, R. rubella, R. salaevensis, R. ferruginea, R. Godeti etc.;
nahe dem Meierhof L'Ile kann man Dryas octopetala und auf dem dortigen Sennberg Erigeron alpinus und Veronica aphylla sammeln;
an den Felsen nahe der Grenze gegen den Kanton Bern ein Standort von Sedum atratum.
Auf den Kalkschutthalden am Weg vom Val de Ruz durch die Combe Biosse auf den Chasseral treffen wir Scrophularia Hoppei, Heracleum alpinum und zahlreiche Sträucher von Daphne alpina;
höher oben Centranthus angusti folios, Orobanche flava und O. reticulata;
im Bett des zur Sommerszeit trocken liegenden Wildbaches Streptopus amplexifolius und Hieracium glabratum;
an den rechtsseitigen Gehängen Hieracium scorzonerifolium und mehrere Formen von Hieracium villosum;
schief aufwärts gegen den obersten Felskamm Allium victorialis, Anemone alpina und besonders Pedicularis jurana (eine Verwandte von P. foliosa), die am Chasseral nur auf Neuenburger Boden zu finden ist.
Nördl. unter der obersten Höhe des Chasseral liegt eine Argoviencombe mit Trifolium badium, Potentilla aurea, Polygala alpestris, Alchimilla alpina, Bartschia alpina, Aconitum napellus etc. Weit weniger reichhaltig ist die Flora der übrigen Gipfel und Kämme des Kantons Neuenburg. Wir nennen: am Grand Suvagnier (gegenüber dem Chasseron) Erinus alpinus;
an den Felsen n. über Noiraigue Crepis praemorsa, Thalictrum pubescens und Hieracium lanatum;
auf der Tourne Orobanche laserpitii, Arctostaphylos officinale, Coronilla vaginata, Rosa salaevensis, Cytisus decumbens und Narcissus radiiflorus.
Diese Narzisse, die die hochgelegenen Wiesen der Berge um das Val de Travers mit einem weissen Teppich überzieht, wird von der Tête de Rang an bis zum Chasseral durch Narcissus pseudonarcissus abgelöst. Die Tête de Rang ist arm: Alchimilla alpina, Androsace lactea und Lycopodium alpinum (dieses vor Kurzem von Ch. Meylan hier gefunden). In einem kleinen Torfmoor bei La Sagneule stehen Hieracium auricula var. alpina, Sweertia perennis, Primula furinosa. Am Abstieg über die Strasse von Les Loges nach Les Hauts Geneveys zeigt sich Heracleum alpinum, die zwischen 1000 und 1400 m fast überall im Kanton auftretende Charakterpflanze des Jura. Mit Hinsicht auf die geringe Flächenausdehnung ist die Flora des Kantons Neuenburg eine der reichhaltigsten der Schweiz.
[Prof F. Tripet.]
Landwirtschaft; Viehzucht.
Vor der Einführung der Uhrenfabrikation, der jetzigen Hauptindustrie des Kantons, beschäftigten sich die Bewohner Neuenburgs ausschliesslich mit Acker-, Wiesen-, Weinbau und Viehzucht. Die ersten Uhrenmacher teilten sich noch lange Zeit derart in die Arbeit, dass sie im Sommer den Boden bebauten und im Winter in der Werkstätte sassen. Erst im Lauf des 19. Jahrhunderts ist mit der immer rascher zunehmenden Entwicklung der beiden grossen Industrieorte Le Locle und La Chaux de Fonds diese Doppeltätigkeit allmählig verschwunden.
Der Boden ist im Kanton fast immer kalkig und tonig. Den Tongehalt liefern die auf den Hochflächen meist überall vorhandenen Mergel. Diese die rasche Infiltration des Oberflächenwassers verhindernde Tonschicht hat die Vornahme von Entwässerungsarbeiten notwendig gemacht, wie solche in den letzten Jahren beinahe im ganzen Kanton durchgeführt worden sind. Der Kalkgehalt ist je nach der Gegend sehr verschieden und kann von 0%-60% schwanken, beträgt aber im Durchschnitt 10-30%. Wie überall im Jura leidet auch hier der Boden im Sommer an zu starker Trockenheit, die einerseits auf den starken Kalkgehalt, andererseits auf das Fehlen von ausgibiger Taubildung und auf den Joran zurückzuführen ist, der im Sommer beinahe jeden Abend weht und die ¶
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Bodenoberfläche ihrer Feuchtigkeit beraubt. Während daher die durch die Frühlingsregen begünstigte Heuernte sehr ausgibig zu sein pflegt, kann trotz mehr als ausreichender Düngung doch nur wenig Emd eingebracht werden. Dieser Trockenheit kann nur durch systematische Aufforstung der Hochplateaux und der Gebirgshänge mit Erfolg gesteuert werden.
Die Gemeinden des Kantons sind auf Grund eines 1890 in Kraft getretenen Gesetzes über Entwässerung, Trockenlegung und Bewässerung in der Lage gewesen, ihre sumpfigen Geländeabschnitte unter günstigen Bedingungen urbar zu machen, indem der Bund und der Staat Neuenburg solche Arbeiten mit zusammen 70% und die Gemeinden mit 5% subventionieren, so dass den einzelnen Grundbesitzern nur noch 25% der Kosten überbunden bleiben. Auf hatte man im Kanton Neuenburg für Drainagearbeiten 1852590 Fr. aufgewendet.
Der landwirtschaftliche Betrieb wechselt im Kanton je nach den einzelnen Landesteilen und ihren Höhenlagen. Man kann in dieser Hinsicht drei gut geschiedene Regionen unterscheiden: 1. das Seegelände (Vignoble), 2. eine mittlere Region und 3. die Bergregion.
1. Der Vignoble ist natürlich in der Hauptsache ein Weinbaugebiet. Daneben finden sich aber noch grosse Getreidefelder, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die wichtigste und einträglichste Art der Bodenbenutzung bildeten. Hierzu eigneten sich besonders gut die kalkig-tonigen Böden des Plateau von Marin, das noch vor 50 Jahren als die eigentliche Neuenburger Kornkammer galt. Das Korn wurde damals auf dem Markt zu Neuenburg zu 4-5 Fr. pro 15 Liter verkauft, d. h. um den zwei- bis dreifachen Preis von heute.
Seitdem dann die Eisenbahnen die stets billigere Einfuhr von fremdem Getreide ermöglichten, geht der Kornbau auch hier langsam zurück, so dass er sich jetzt auf den Eigenbedarf an Brot und Streue beschränkt. An seine Stelle ist vielfach der Hafer getreten, der zu guten Preisen Absatz findet. Am umfangreichsten ist jetzt der Futterbau, der etwa ⅔ der angebauten Fläche des Neuenburger Vignoble umfasst. Damit geht Hand in Hand eine intensive Milchwirtschaft. Die Milch wird ausschliesslich im eigenen Kanton und speziell in der Stadt Neuenburg selbst verbraucht.
Dieser Futterbau bezieht sich sowohl auf Natur- wie auf Kunstwiesen, die besonders Leguminosen (Esparsette, Klee und Luzerne) liefern, welche Pflanzen mit ihren tief gehenden Wurzeln der Trockenheit besser trotzen können als die Gramineen. Es wird also zumeist auf Gewinnung von Grünfutter hingearbeitet. Seit etwa 20 Jahren hat sich die Runkelrübe als Futter für die Milchkühe einen bedeutenden Rang erobert. Seit der Eröffnung der Rübenzuckerfabrik in Aarberg haben sich einige Grundbesitzer auf den Anbau der Zuckerrübe geworfen, deren Rückstand sie sich von der Fabrik wieder heimsenden lassen, um ihn als Viehfutter zu verwenden.
Endlich versorgt der Vignoble auch noch die Stadt Neuenburg und die Bergregion zum Teil mit Kartoffeln. Stark entwickelt ist besonders in Saint Blaise und Le Landeron der Gemüsebau, dem hier verschiedene Hektaren ehemaligen Sumpflandes ausschliesslich eingeräumt sind und dessen Produkte in Neuenburg, La Chaux de Fonds, Le Locle und Fleurier auf den Markt kommen. Im Uebrigen bauen auch die Landwirte im Bergland viel Gemüse an und finden damit ebenfalls guten Absatz.
[F. Porchat.]
Die Neuenburger Rebberge (der Vignoble im engeren Sinn) stehen über dem NW.-Ufer des Neuenburgersees an den zunächst gelegenen Hängen und weiter gegen O. auch noch zwischen Saint Blaise und Le Landeron. Die tiefst gelegenen Reben finden sich nahe dem See in 433 m, die höchsten steigen stellenweise bis zu 600 m hinauf. Der Ursprung des Neuenburger Weinbaues reicht ohne Zweifel in entlegene Zeiten zurück, doch wird er in völlig sicherer Weise erst in einer Urkunde von 998 erwähnt, mit welcher ein gewisser Rudolf der Abtei Cluny ein hier gelegenes Stück Rebland schenkt.
Die Gesamtfläche des Neuenburger Reblandes betrug zu Ende des 18. Jahrhunderts etwa 1300 ha, während sie heute noch 1150 ha gross ist. Dieser Rückgang liegt in folgenden Ursachen begründet: 1. manche Rebberge haben der Bautätigkeit weichen müssen, so namentlich in der Umgebung von Neuenburg selbst;
2. die gesteigerten Lohnansprüche der Feldarbeiter haben die Rebe an denjenigen Stellen verschwinden lassen, wo ihr Ertrag nicht genügend ergibig war;
3. an denjenigen Orten, die entweder den Frühlingsfrösten zu stark ausgesetzt sind oder schon so hoch liegen, dass die Trauben nicht jedes Jahr zu völliger Reife gelangen, ist der Weinstock durch andere Kulturen ersetzt worden. Am verbreitetsten sind hier die Burgunderrebe (Pineau) und die Chasselasrebe.
Erstere reift früher und zeitigt den weit bekannten und ausgezeichneten Rotwein von Neuenburg, Boudry und Cortaillod; auf Qualität gebaut, verlangt sie einen wenig tiefgründigen, leichten, trockenen und warmen Boden, während ein tonreicher schwerer Boden eher der Quantität günstig ist, dafür aber den Wein seiner feinen Blume beraubt. Die Chasselasrebe gibt den geschätzten Neuenburger Weisswein mit seinem angenehmen Bouquet und ist weitaus die am meisten angebaute Sorte. Chasselas und Pineau werden an niedern Stöcken gezogen. Man schätzt den durchschnittlichen jährlichen Ertrag an Rotwein auf 8000 hl und an Weisswein auf 80000 hl. Von den leider allzu zahlreichen Feinden der Weinrebe hat man im ¶
Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse des Kantons Neuenburg
Lf. 127.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 4° 30’ O; 47° 0’ N; 1:230000]
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
░ 3 - 20
░ 21- 40
▒ 41- 60
▒ 61- 80
▓ 81- 100
▓ 101-130
▐ 131-160
▲ 50 Pferde | ░ Weinbau |
• 100 Rinder | ▒ Ackerland |
❙ 100 Schweine | ▓ Bergackerbau |
v 100 Ziegen | █ Wald |
⥾ 100 Schafe | ▒ Weide |
^ 100 Bienenst. | ▓ Torfmoos |
. Fischerei | Ci Cementgrube |
⌂ Ziegelerde | x Gärtnerei |
V. Attinger. Sc.
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE DES KANTONS NEUENBURG ¶
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Neuenburger Weinbaugebiet die Phylloxera zum erstenmal 1877 konstatiert, die seither trotz intensivster Bekämpfung immer weiter um sich gegriffen hat. In Auvernier hat man 1889 eine staatliche Weinbauschule mit Versuchsstation eingerichtet, welch' letztere besonders die Anpassungsfähigkeit von fremden Reben an unsere Bodenarten zu prüfen hat. Die Ersetzung der Neuenburger Reben durch fremde (amerikanische) Schösslinge hat rasche Fortschritte gemacht, so dass jetzt bereits 180 ha neu angepflanzt sind. Im Zeitraum von 1877 bis 1903 hat die Reblaus 120 ha Reben zerstört und sind zu ihrer Vertilgung volle 1753396 Fr. ausgegeben worden.
[Dr. H. Lozeron.]
2. Die mittlere Region umfasst das Val de Ruz und Val de Travers, die mit Ausnahme des Weinbaues im wesentlichen die gleichen Kulturen aufweisen wie das Seegelände. An gut exponierten Lagen werden stellenweise auch noch Spalierreben gezogen, deren Trauben in günstigen Jahren zur völligen Reife gelangen können. Von grosser Bedeutung ist die Viehzucht, da die Sennberge der obersten Regionen diesen Thälern näher liegen als dem Vignoble. In den meisten Dörfern bestehen Molkereien, die Milch verkaufen und Butter und Käse bereiten, während im Vignoble die Milch vom Produzenten direkt an den Konsumenten geht. Eine Spezialität des Val de Travers ist der Anbau des Wermutkrautes (Artemisia absinthium), der einen bedeutenden Teil der Bewohner beschäftigt, da diese Pflanze beständige Handarbeit erfordert und nicht mit Maschinen behandelt werden kann.
3. Die Bergregion umfasst die Bezirke La Chaux de Fonds und Le Locle. Ihre Höhenlage schwankt zwischen 900 und 1100 m. Hier herrscht Futterbau, da Getreide und Hackfrüchte nur noch in besonders günstigen Lagen fortkommen. Immerhin besitzt auch hier jeder Bauer noch sein kleines Korn-, Gerste- oder Haferfeld, das ihm in erster Linie Streue liefert. Daneben werden in geringem Mass noch Kartoffeln und Kohlrabi gepflanzt. Der Futterbau wird namentlich in der Umgebung von La Chaux de Fonds und Le Locle sehr intensiv betrieben, da diese grossen Bevölkerungszentren in ausreichendem Masse Dünger liefern.
Trotz rauhem Klima u. bedeutender Höhe können die Wiesen zweimal geschnitten werden, doch ist es oft schwer, den zweiten Schnitt trocken einzubringen. Auch die Getreideernte muss vielfach bei nassem und kaltem Wetter eingebracht werden. Den Wiesen reihen sich die meist mit lichtem Gehölz bestandenen ausgedehnten Bergweiden oder Sennberge an, die Viehzucht und Milchwirtschaft in hohem Grad begünstigen. Die Milch findet in den beiden Industriestädten dieses Gebietes zu guten Preisen Absatz.
Die Viehzucht hat seit einem Vierteljahrhundert grosse Fortschritte gemacht. So bewundert man z. B. im Thal von La Brévine das schönste rot und weiss gefleckte Rindvieh des ganzen Jura. Diese spezifisch jurassische Rasse wird zu den staatlichen Prämienschauen einzig zugelassen und hat diesen Vorzug vor der schwarz-weissen Fleckrasse deswegen erhalten, weil sie von jeher den überwiegenden Teil des Neuenburger Rindviehbestandes gebildet hat und die Heranzüchtung eines einheitlichen Viehschlages am schnellsten gestattete. Hier oben wird auch viel Käse hergestellt und zwar besonders in den abgelegeneren Gemeinden. Einen guten Ruf haben die Käsesorten der Thäler von La Brévine, La Sagne und Les Ponts, die an Qualität den Vergleich mit dem Greierzer- und Emmenthalerkäse nicht zu scheuen brauchen.
Im ganzen Kanton hat sich auch der durch verschiedene eigene Gesellschaften begünstigte Gartenbau recht erfreulich entwickelt. Die erste Gartenbaugesellschaft entstand 1860; heute entfalten eine besonders rührige Tätigkeit diejenigen von Neuenburg mit dem Vignoble, des Val de Travers und von La Chaux de Fonds, die alle drei der «Fédération romande» des Verbandes der schweizerischen Gartenbauvereine angehören.
Eidgenössische Viehstatistik 1901: 3763 Pferde (wovon 2 Zuchthengste und 144 Zuchtstuten), 12 Maultiere und 129 Esel, zusammen also 3904 Equiden auf 2210 Eigentümer. 22723 Stück Rindvieh (wovon 284 Zuchtstiere und 12975 Zuchtkühe) auf 3058 Besitzer;
4/5 der Boviden entfallen im Kanton Neuenburg auf die Bergregion, das Val de Travers und Val de Ruz und nur 1/5 auf den Vignoble. 7679 Schweine, 1077 Schafe und 2526 Ziegen auf zusammen 3005 Besitzer.
Die Bienenzucht hat im Kanton bis 1873 kaum nennenswerte Fortschritte gemacht. Als aber von dieser Zeit an der Staat im ganzen Land Wandervorträge über Bienenzucht halten liess, entstanden bald vier diesen Zweck verfolgende Vereine, die alle der Société romande d'Apiculture angehören und einen völligen Umschwung erzielten, sodass die kantonale Zählung vom November 1903 einen Bestand von 5338 Bienenstöcken ergab.
Die Gemeinden des Bezirkes Cernier gründeten 1885 in Cernier eine landwirtschaftliche Schule, die vom Staat 1887 um den Preis von 200000 Fr. und eine Schenkung von 75000 Fr. angekauft und zum kantonalen Institut umgewandelt worden ist. Zu ihrem Betrieb gehören heute 91 ha guten Kulturbodens, der einem Kapital von 728824 Fr. entspricht. Die Dauer der praktischen und theoretischen Kurse ist auf zwei Jahre festgesetzt. Die Schule besitzt eine der schönsten Rindviehherden der rot-weissen Fleckrasse im ganzen Kanton. Das im Kanton Neuenburg so stark entwickelte Vereinswesen hat auch die Landwirte zu einer grossen einheitlichen Gesellschaft, der sog. Société cantonale Neuchâteloise d'Agriculture et de Viticulture, sich zusammenschliessen lassen.
[F. Porchat.]
Forstwesen.
Charakteristisch für die Waldwirtschaft in Neuenburg ist die Tatsache, dass die Initiative zu einer richtigen Pflege der Waldungen nicht vom Staat, sondern von einigen wenigen Gemeinden ausgegangen ist. Diese haben beim Staate die ersten Anregungen zum Schutz bestimmter Forste vor Holzschlag, zum Verbot des Weiderechtes in den Wäldern und überhaupt zu einer geregelten Waldwirtschaft im Ganzen gemacht. Erst nachher hat dann der Staat diese Massregeln auf den ganzen Kanton ausgedehnt und die Forstwirtschaft zentralisiert, so dass sie heute auf einer vollkommen rationellen Grundlage aufgebaut ist. Die im ganzen 19945 ha umfassenden Waldungen des Kantons entsprechen 28% der Gesamtfläche. Auf jeden einzelnen Bewohner entfallen 0,16 ha Wald. Auf die 5 kantonalen Forstkreise verteilt sich heute der Wald folgendermassen:
Forstkreis | ha | % der Gesamtfläche |
---|---|---|
1. Neuenburg und Chaumont. | 2791 | 36 |
2. Vignoble und Gorges de l'Areuse | 4866 | 46 |
3. Val de Travers | 5103 | 31 |
4. Val de Ruz | 3550 | 28 |
5. Le Locle und La Chaux de Fonds | 3632 | 15 |
Hinzuzufügen sind diesen Zahlen noch die Flächen der mit lichtem Gehölz bestandenen Sennberge, die einen wichtigen, aber nicht ziffernmässig festzustellenden Faktor ¶