Die ländlichen Bewohner des
Mittellandes beschäftigen sich mit Acker- und Obstbau,
Viehzucht und Milchwirtschaft. Von grosser Bedeutung sind Obstbau und Mostfabrikation besonders in
Meggen. Am
Pilatus und
Rigi
wird Alpwirtschaft betrieben. Die Viehstatistik ergibt folgende Ziffern:
1886
1896
1901
Rindvieh
13463
13986
15573
Pferde
834
1222
1323
Schweine
3099
4594
4854
Schafe
723
399
1230
Ziegen
1874
1354
1000
Bienenstöcke
2643
4299
4177
An erster Stelle steht aber in Bezug auf ihre Wichtigkeit die Fremdenindustrie, deren bedeutendste Mittelpunkte heute die
Stadt Luzern selbst, dann
Weggis,
Vitznau, Meggen und
Greppen sind. Von weiteren Zweigen der industriellen
Tätigkeit sind zu nennen: die weltbekannte Maschinenfabrik in
Kriens, die Seidenfabriken in
Kriens und
Emmenbrücke, die grosse
Dampfziegelei in
Horw. Daneben bestehen noch Teigwarenfabriken, Baukonstruktionswerkstätten,
Sägen, mechanische Schreinereien,
Zementwarenfabriken.
(Kt. und Bez. Luzern). 439 m. Stadt und Hauptort des gleichnamigen Kantons, am W.-Ende des
Vierwaldstättersees
und am Ausfluss der
Reuss in einer der schönsten Lagen der
Schweiz. Prachtvolle Aussicht auf den
Vierwaldstättersee und
die
Berge, besonders den nahen
Pilatus und
Rigi und das Hochgebirge. 47° 3' NBr. und 8° 18' OL. von Greenwich. Seebucht und
Reuss teilen die Stadt in zwei Hälften, die Grossstadt am rechten und die Kleinstadt am linken Ufer. Jene dehnt sich
zunächst auf dem flachen Ufer aus und steigt dann hinauf an die
Halde und die Höhen des
Wesemlins und
der Musegg, so dass die höhern Häuserreihen terrassenförmig übereinanderliegen.
Die Kleinstadt liegt grösstenteils in der
Ebene und zieht sich gegen S.
(Moos,
Hirschmatt, Obergrund) und W. (Untergrund).
Auch hier steigen die hintern Häuserreihen an die Höhen des
Gütsch und Beckenbühl hinauf. Sechs Brücken
verbinden die beiden Stadthälften; drei sind für Fuhrwerke, drei nur für Fussgänger passierbar. Dem Wagenverkehr dienen
die Seebrücke,
Reussbrücke und St. Karlibrücke, die alle drei von solider
Stein- und Eisenkonstruktion sind. Von den drei
andern sind zwei gedeckte Holzbrücken, nämlich die Kapellbrücke und Spreuerbrücke, und eine offen
und in Eisenkonstruktion: der Reusssteg. In den beiden Holzbrücken befinden sich wertvolle historische Malereien.
[A. Erni.]
Klimatische Verhältnisse.
Aus den Ergebnissen der
¶
mehr
offiziellen meteorologischen Station in Luzern,
die durch die dortige naturforschende Gesellschaft im Jahr 1880 gegründet und seither
von Prof. Xaver Arnet besorgt wird, sowie aus den Aufzeichnungen der seit 1860 bestehenden Regenmessstation im Kantonsschulgebäude
stellen wir folgende Angaben zusammen.
Der mittlere Barometerstand beträgt für die Höhe der meteorologischen Station an der Musegg (453 m)
723,0 mm, für die Stadtteile am Seeufer 724,1 mm. Der Barometerstand schwankt zwischen 696 mm und 742 mm. Die mittlere Jahrestemperatur,
durch Differenzenbildung nach Zürich
auf den grössern Zeitraum 1864 bis 1900 ausgedehnt, beträgt 8,50° C. Die Mitteltemperatur
des wärmsten Monats (Juli) ist 18,3°, diejenige des kältesten Monats (Januar) -1,3°. Die seit 1880 beobachteten
Extreme der Temperatur sind: 32,8° im Juli 1902 und -17,8° im Januar 1895. Die vorherrschenden Winde sind Südwest, Süd
und Südost. Sehr häufig sind die Kalmen mit dem Stärkegrad 0 (entsprechend der Windgeschwindigkeit 0 bis 1 Meter). Im
Jahr 1900 z. B. zählen die Kalmen mit 633 Fällen von 1095 Beobachtungen, die Windrichtung Südost mit
113, Süd mit 72 und Südwest mit 88 Fällen.
Obschon ausserhalb des eigentlichen Föhngebietes gelegen, steht Luzern
bezüglich Temperatur, Bewölkung, Durchsichtigkeit der
Luft und Witterungscharakter recht oft unter dem Einfluss des durch das Reussthal hinabziehenden, bis Altorf,
Brunnen und Gersau hinunterreichenden typischen Föhns oder auch der in der Höhe über uns weggehenden oder aus der freien
Atmosphäre herabsinkenden obern Föhnströmung, die uns Aufheiterung oder wechselnde Bewölkung bringt und fort-erhält.
Beim Nachlassen dieser Strömungen kommt dann Luzern
frühzeitig unter die Herrschaft des vorstossenden Südwest und damit in das
Gebiet der Strichregen.
Das Mittel der jährlichen Niederschläge beträgt nach den Beobachtungen von 1861 bis 1900 1174,5 mm. Die Zahl der
Niederschlagstage
mit mindestens 0,3 mm Niederschlag beträgt 151, die Zahl der Tage mit mindestens 1,0 mm dagegen 130. Es ist merkwürdig,
dass in den letzten 2 Jahrzehnten die Zahl der Niederschlagstage gegenüber dem Anfang der Beobachtungsperiode
gestiegen ist. Das Jahr 1900 z. B. hatte bei einer mittleren Temperatur von 9,2°, bei 78% relativer Feuchtigkeit und 64%
mittlerer Bewölkung doch 1280 mm Regenmenge und 187, beziehungsweise 151 Niederschlagstage.
Von der genannten mittlern jährlichen Niederschlagsmenge fallen 13% auf den Winter, 24% auf den Frühling.
39% auf den Sommer und 24% auf den Herbst. Die kleinste Monatsmenge hat der Januar mit 44,9 mm, die grösste der Juli mit
158,2 mm. Die Schneemenge beträgt durchschnittlich 11,5% des gesamten Jahresniederschlages. Die Zahl der jährlichen Schneefalltage
bewegt sich zwischen 11 und 42; der Mittelwert ist 25. Die Dauer der Schneedecke wird erst seit einigen
Jahren bestimmt. Für das Jahr 1900 war dieselbe 40 Tage und die grösste Schneehöhe bloss 15 cm im Februar.
Die Zahl der Gewittertage mit Nahegewittern schwankt per Jahr zwischen 11 und 27; die Mittelzahl ist 20,5. Gewitter mit schwachem
Hagel zählt Luzern
durchschnittlich eines im Jahr. Starke Hagelfälle sind für das Gebiet der Stadt äusserst
selten; in 40 Beobachtungsjahren sind deren 3 aufgetreten.
Für das Jahr 1900 seien noch folgende Tagzahlen aus der Jahresübersicht angeführt: Zahl der Schneetage 34, der Gewittertage
27, der Nebeltage 23, der hellen Tage 51, der trüben, bedeckten Tage 146.
Vergl. die Mitteilungen der naturforschenden GesellschaftLuzern,
die seit 1896 in Heften erscheinen. Daselbst findet sich auch eine
Naturchronik der fünf Orte von J. L. Brandstetter, die alle merkwürdigen Naturerscheinungen in diesem Gebiete sammelt.
- Arnet, F. X. Die Niederschlagsverhältnisse vonLuzern
(in der Festschrift zur Eröffnungdes neuen Kantonsschul-¶
mehr
gebäudes inLuzern).
Luzern
1893. - Ein älteres Witterungsbild des Kantons und namentlich der Stadt Luzern befindet sich in dem Werke von
Dr. Kas. Pfyffer DerKanton Luzern.
Bd I. (Gemälde derSchweiz. 3). St. Gallen
und Bern
1858, bearbeitet nach den Beobachtungen von Dr. med. J. Colestin
Segesser für die Jahre 1815 bis 1833.
[Prof. F. X. Arnet.]
Geologie.
Ueber die geologischen Verhältnisse von Luzern
orientiert uns eine hübsche Skizze von Prof. Dr. F. J. Kaufmann (Beilage zum Jahresbericht
der Kantonsschule 1886/87). Bekanntlich ziehen nördl. der Kreidekalkgebirge des Pilatus, Bürgenstock, Vitznauerstock etc.
zwei durch eine Mulde voneinander getrennte Molassegewölbe in der allgemeinen Streichrichtung SW.-NO.
Die Synklinallinie, die die Streichrichtung der Mulde bezeichnet, liegt südöstl. von der Stadt Luzern. Sehr schön kann
man diese Mulde bei Seeburg konstatieren. Luzern
liegt also auf dem nördl. der zwei eben erwähnten Molassegewölbe. Während in
der Grossstadt diese Molassefelsen überall zu Tage treten, sind sie in der Kleinstadt von den Alluvien
des Krienbaches verdeckt. Kaufmann unterscheidet in dieser Molasse folgende Stufen:
Auf der S.-Seite des Molassegewölbes liegen in dieser Zone die Nagelfluhstreifen des Weinbergli, von
Tribschen und Seeburg. Auf der N.-Seite gehören hierher die beiden Nagelfluhstreifen, die das Rotseethälchen einschliessen. 4. Obermiocäne
Stufe. Die grauen, gelben, auch schwärzlichen Mergelsandsteine dieser Stufe sind auf der N.-Seite des Nagelfluhgewölbes
nachzuweisen. Ibach, Greterhof, Rathausen liegen in dieser Zone. Die zahlreichen Aufschlüsse von Reussbühl
bis nach Tribschen lassen uns alle Glieder dieses Querprofiles kennen lernen.
Aus der Diluvialzeit stammen die Ablagerungen von Kreutzstutz und Friedenthal, sowie die unvergleichlich schönen Gletschermühlen
und Gletscherschliffe des Gletschergartens. Von den Alluvionen nehmen diejenigen des Krienbaches die erste Stelle ein. Sie
bilden das stattliche Delta zwischen Kriens, Tribschen und Kreuzstutz, den Untergrund der gesamten Kleinstadt
und die ganze Allmend. Bei der Geissmatt reicht das Alluvium sogar noch auf das rechte Reussufer hinüber. Durch dieses Flussgeschiebe
soll nach Kaufmann der See eine Stauung von 3 m erfahren haben. Das zweite grosse Delta
lieferte der Würzenbach, dessen Ablagerungen
bis zum Tivoli hinaus und bis an den Nagelfluhvorsprung von Seeburg hinaufreichen.
Aber auch der Mensch hat die Uferlinie des Sees verändert und dadurch neuen Grund und Boden für die Stadt gewonnen. Die Quaianlagen
des rechten Ufers und die Anlagen im Tribschenmoos sind solche künstliche Aufschüttungen.
Botanik.
Die Pflanzenwelt in der Umgebung der Stadt Luzern bietet wenige Seltenheiten, die den Fachmann anlocken
würden. Dafür entschädigen prachtvolle Wälder durch ihre schattenspendende Kühle. In erster Linie ist der Gütschwald
zu erwähnen, ein gemischter Wald, in dem die Rottanne dominiert und stattliche Lärchen ihre schlanken Glieder recken. Auch
die Pinus austriaca kommt da in zahlreichen Exemplaren vor. Dieser Gütschwald ist im Herbst das Dorado
einer üppigen Pilzflora. In nächster Nähe der Stadt sind noch die Wälder vom Rotsee, Wesemlin und Hochrüti zu nennen. Den
Botaniker interessieren auch die Sumpfgebiete des Rotsees, des Würzenbachs und von Tribschen. Grosse Parkanlagen mit seltenen
exotischen Pflanzen fehlen. Und doch gibt es auch in Luzern
Gartenanlagen mit stattlichen fremden Bäumen(Araucaria
bei Gärtner Wettstein, Magnolien und Zedern auf dem Hitzlisberg), ja sogar ein kleines Gärtchen mit den ausgesprochensten
Vertretern der südlichen Schweiz (Zypressen im Garten von Carl Spitteler).
Fauna.
Die Luzerner Bucht und die Reuss, wo die Jagd schon seit alten Zeiten verboten ist, sind im Winter der
Schauplatz eines lebhaften Treibens der Wasservögel. Das ganze Jahr tummeln sich hier das schwarze Wasserhuhn (Fulica atra)
und die Wildente (Anas boschas). Mit eintretendem Winter erscheinen die Lachmöve, dann die Reiherente, Krikente, der kleine
Haubentaucher etc. Das Frühjahr macht diesem bunten Vogelleben ein Ende. Bald ertönen vom Wasserturm
die kurzen, schrillen Rufe des Alpenseglers, der mit seinem majestätischen Fluge seine alte Heimat umkreist.
Die nahen Wälder bevölkern sich mit dem lustigen Volke der Finken, Meisen und Drosseln. An der Museggmauer blitzen die
Prachtsfarben des Alpenmauerläufers auf. Ueber Tribschen kreist der gabelschwänzige Milan, und im Röhricht
versteckt lauert die Rohrdommel auf Beute. Von den Säugetieren sind zu erwähnen die verschiedenen Arten der Fledermäuse,
die namentlich in den Türmen der Musegg ihr Standquartier aufgeschlagen haben. An den Ufern der Reuss und des Sees treibt
die Wanderratte ihr Unwesen. Ueber die Fischwelt siehe den Art. Vierwaldstættersee.
[Prof. Dr. H. Bachmann.]
Bevölkerung.
Die erste Volkszählung in Luzern
fand im Jahr 1780 statt. Früher suchte man sich lediglich von Zeit zu Zeit Rechenschaft zu geben
über die Zahl der vorhandenen Militär- und Steuerpflichtigen, Hintersässen oder «burgerlichen
Seelen». Waffenfähige zählte man
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1349: 450, 1576: 645, 1587: 700, 1619: 698. Steuerpflichtige gab es im Jahr 1352: 1131. 1353 fand man 649 Geschlechter, 1790 war
ihre Zahl bis auf 129 gesunken. Die städtische Volkszahl war in den vergangenen Jahrhunderten stets schwankend und vermochte
sich bis ins 19. Jahrhundert hinein nie über eine gewisse Höhe hinaufzuschnellen. Diese Erscheinung
findet ihre Erklärung in den zahlreichen Fehden und Kriegen, der periodisch auftretenden Pest und dem damals herrschenden
Kastengeist. Die Pest raffte z. B. 1563-1565 im Stadtkirchgang 2500 Personen weg und 1575 deren 470.
Im Jahr 1654 schätzte der Nuntius die Einwohner auf 4000 Personen, 1787 spricht Johannes von Müller
von 6000 Personen. Volkszählungen ergaben:
Die Volkszählung vom ergab für Luzern
folgende Resultate: 29255 Ew. in 6415 Haushaltungen und 1821 Häusern;
rechtes
Ufer 13162 Ew. und 916 Häuser, linkes Ufer 16093 Ew. und 908 Häuser.
Davon waren Bürger der Stadt Luzern
2291, des Kantons Luzern
14038, anderer Kantone 8812 und Ausländer 4114. 23955 Katholiken, 4933 Reformierte, 299 Israeliten und 86 Angehörige
anderer Konfessionen. 27303 Ew. deutscher, 1242 italienischer, 529 französischer, 51 romanischer und 130 anderer Sprache.
Zunahme der bewohnten Häuser 1880-1897 um 17,4%, Zunahme der Bevölkerung 1888-1897 um 32,0%. Man zählt auf ein Haus durchschnittlich 16
Bewohner.
Die Häufigkeit des Wohnungswechsels ist gross; im Halbjahr 1896/97 wechselten in der Kleinstadt ⅓, in der Grossstadt nicht
ganz ¼ der Haushaltungen ihre Wohnungen.
Verkehr.
Die Lage der Stadt Luzern am Ausfluss der Reuss aus dem Vierwaldstättersee brachte es mit sich, dass sich
das städtische Gemeindewesen nach Eröffnung des Gotthardpasses unter der österreichischen Herrschaft (Ende des 13. Jahrhunderts)
rasch hob. In Luzern
wurde der Zoll erhoben für alle Waaren auf der Strasse vom Gotthard bis. Reiden; er warf
ums Jahr 1300 460 Pfund Basler Währung ab, die Fähre 100 Pfund. Bis zur Einführung der Dampfschiffahrt auf dem See (1836)
vermittelten den Verkehr zwischen Luzern
und den übrigen Uferorten Ruderschiffe und eine grosse Zahl von Ruderbooten.
Heute verkehren 20 Dampfboote mit den Routen Luzern-Flüelen, Luzern-Alpnach und Luzern-Küssnacht. 1902 wurden
von ihnen 1378083 Personen befördert. Im Bahnhof münden Linien ein von Basel
(ehemalige Zentralbahn), von Zürich
(ehemalige Nord-Ost-Bahn),
von Bern
(ehemalige Jura-Simplonbahn), vom Berner Oberland (Brünigbahn) und die Gotthardbahn (Luzern-Mailand), die 1902 volle 2763893
Personen beförderte. Daneben ist Luzern
mit Lenzburg (Seethalbahn) und mit den Aussichtspunkten Gütsch (1902: 120441
Personen) und Sonnenberg (1902: 52184 Personen) verbunden. Luzern
ist ferner der Ausgangspunkt für den Besuch der Bergbahnen auf
den Rigi, Pilatus, Bürgenstock und das Stanserhorn. Die 1899 mit einer Betriebslänge von 6527 km eröffnete städtische Trambahn
verzeigte, nachdem noch 1900 die Kriens-Luzernbahn durch die Gemeinde Luzern
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übernommen und in den Trambahnbetrieb einbezogen worden, für das Betriebsjahr 1900 eine Betriebslänge von 8593 km und
beförderte 1675139 Personen (1902: 2737045 Personen). Am konnte der Trambetrieb nach Fluhmühle-Emmenbrücke ausgedehnt
werden. Postwagen nach Udligenswil. Seit 1898 ist im Bahnhof ein internes Hauptzollamt für sämtliche per Bahn
ankommende Waren eingerichtet. Das Postbureau beförderte 1900: 13550558 Korrespondenzen, 7035495 Zeitungen, 965891 Fahrpoststücke, 203756
Nachnahmen, 242341 Geldanweisungen etc. Der Telegraph verzeichnete 1900: 164694 Depeschen, die Telephonzentralstation 1202 Stationen
und 901784 Gespräche. Belgien, Grossbritannien und die Vereinigten Staaten sind in Luzern
durch Konsuln vertreten.
Den Verkehr über die Reuss zwischen Gross- und Kleinstadt vermitteln 3 fahrbare und 3 Fussgängerbrücken,
sowie im unteren Stadtteil die grosse eiserne Brücke der Gotthardbahn. Die Seebrücke wurde 1869/1870 gebaut und ist 16 m
breit und 152 m lang. Die lange, gedeckte Holzbrücke daneben, welche schief über den Reussfluss setzt, ist die weitbekannte
Kapellbrücke. Gebaut 1333, diente sie anfänglich auch zur Verteidigung der Stadt gegen den See hin.
Der Rat von Luzern
beschloss 1599, sie mit gemalten Tafeln zieren zu lassen; auf 112 Tafeln malten Hans Heinrich Wegmann und sein
Sohn die Heldentaten der Eidgenossen und die Leiden der städtischen Kirchenpatrone St. Leodegar und Mauritius und schufen
so die grosse Bildergallerie, die unter dem Giebelgebälke angebracht ist. Vom Hofthor bis zum Stadthof führte bis 1854 der
Kirchweg über die seit 1572 mit 119 Doppelgemälden gezierte Hofbrücke. Die zweite gedeckte Holzbrücke (Spreuerbrücke)
ist seit 1632 mit 56 Totentanzbildern von Kaspar Meglinger geschmückt.
Handel, Gewerbe und Industrie.
Unter der Herrschaft des Patriziats galt der Handel nicht als ehrenvoll; man widmete sich im alten Luzern
vorzugsweise dem Waffenhandwerk
und suchte sein Auskommen durch fremde Kriegsdienste. Doch herrschte auch zeitweilen reger Gewerbssinn, und die Verbindung
einzelner Patrizier mit grossen Weltfirmen brachte zu Anfang des 16. Jahrhunderts bedeutende Wohlhabenheit nach
Luzern.
Die Tuchfabrikation und der Tuchhandel blühten bis 1606. Der Aufschwung der
Stadt und die Aera des modernen Luzern
beginnt aber
erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts und geht Hand in Hand mit der neuen Industrie des Fremdenverkehrs.
Namentlich seit Eröffnung der Gotthardbahn und der innerschweizerischen Bergbahnen ist Luzern
der Zentralpunkt
des sommerlichen Fremden- und Touristenverkehrs in der Schweiz geworden. Die Stadt hat damit zugleich ein neues, modernes
Gepräge erhalten, insbesondere am Seegelände, wo prunkvolle Hotelbauten mit reizenden Landhäusern und herrlichen Gartenanlagen
abwechseln. Die durch den Fremdenverkehr gezeitigten Gasthöfe sind aber auch zu einer Verdienstquelle von ungeahnter Wichtigkeit
für einen grossen Teil der Bevölkerung geworden. Heute hat Luzern
zur Aufnahme von Fremden bis 6000 Betten
zur Verfügung. Zur Hebung des Fremdenverkehrs und zur Wahrung der bezüglichen Interessen wurde 1892 das offizielle Verkehrsbureau
ins Leben gerufen. Die Gesamtfrequenz der je vom 1. Mai bis 15. Oktober in Luzern
abgestiegenen Fremden betrug
Personen
1892
77950
1895
101654
1900
139475
1901
140227
1902
136481
Das macht in 10 Jahren eine Zunahme von 88%. Vereine, Schulen, Geschäftsreisende sind dabei nicht mitgezählt; insgesamt
mögen sich gegen 300000 Reisende alljährlich hier einstellen. Jedes Jahr wird eine internationale Regatte, Ende Juli ein
Seenachtfest und anfangs September ein internationales Pferderennen abgehalten. Zu den Fremdeneinrichtungen
sind zu zählen: ein Tennisklub mit Spielplatz am See (gegründet 1902), ein Golfklub mit Spielplatz auf dem Sonnenberg (gegründet
1903) und der Kursaal mit Variété-Vorstellungen, Operetten, Konzerten etc. Luzern
ist der Sitz von 15 Bankgeschäften, worunter
folgende 2 Emissionsbanken: die Kantonalbank (1850 gegründet; 1900: Dotation 3000000 Fr.; Reserve 1452000
Fr.; Reingewinn 420133 Fr.) und die Bank in Luzern
(1900: Kapital 6000000 Fr.; Reserve 500000 Fr.; Reingewinn 463670 Fr.). Handel
und Gewerbe haben seit der Mitte des 19. Jahrhunderts einen bedeutenden Aufschwung zu verzeichnen. Vorher beschränkte sich
der Handel in der Hauptsache auf den Gotthardtransit und den Manufaktur- und Getreideverkehr mit der
Innerschweiz. Noch
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1858 gab es keine zehn fabrikmässig betriebene Gewerbe.
Unter den heute bestehenden industriellen Etablissementen bemerken wir: Maschinen-, Eisenwaren-, Kerzen-, Seifen-, Nähmaschinen-,
Buchstaben-, Gasmesser-, Farbwaren-, Holztypen-, Möbel-, Mosaikplatten-, Teppich-, Kunststeinfabriken etc. 11 Buchdruckereien.
Luzern
zählte 1901 ferner 67 Hotels und Gasthäuser, 20 Pensionen, 183 Restaurants. Das der Korporationsgemeinde gehörende Gewerbegebäude
ist seit 1889 in Betrieb und kostete 439330 Fr. Sein Zweck ist, den Kleingewerbetreibenden Werkstätten
und Kraft zu möglichst billigen Bedingungen zu bieten; es wirft an Einnahmen zur Zeit per Jahr 20000 Fr. ab und wird von 28 Meistern
mit 90 Arbeitern benutzt. Viel Leben bringen die Märkte an den Dienstagen. Da bietet namentlich der Gemüsemarkt
bei den alten Schwibbögen unter der Egg ein farbenbuntes, bewegtes Bild. 1902 fanden 55 Viehmärkte mit einer Gesamtauffuhr
von 25161 Stück statt.
Verwaltung.
Luzern
ist der Sitz folgender kantonaler u. städtischer Behörden: GrosserRat, Regierungsrat, Obergericht, Kriminalgericht, Statthalteramt,
Bezirks- und Gewerbegericht, Stadtrat und grosser Stadtrat, Orts- und Korporationsbürgerrat. Der Stadtrat
setzt sich aus 5, der grössere Stadtrat aus 60 Mitgliedern zusammen. Dieser Behörde unterstehen folgende Verwaltungszweige:
Schulwesen, Polizei- und Sanitätswesen, Finanz- und Steuerwesen, Bauwesen, Forst- und Liegenschaftsverwaltung und die städtischen
Unternehmungen.
Diese letztern sind die Wasserversorgung (seit 1876), das Gaswerk (1858 erstellt, seit 1894 städtisch),
Elektrizitätswerk (seit 1897) und die Trambahn. Zum Neu- und Ausbau verschiedener Werke, so des neuen Elektrizitätswerkes
in Engelberg wurde 1902 ein Anleihen von 9 Millionen Fr. aufgenommen. Die produktiven Aktiva beliefen sich im Jahr 1900 auf 10787094
Fr. (Liegenschaften und Vorräte 1919615 Fr.; städtische Werke 7523762 Fr.), die unproduktiven Aktiva
auf 1395235 Fr. und die Passiva auf 11893966 Fr. Die Stadt Luzern besitzt Spezialfonds im Betrag von (1902) 1551392 Fr.,
worunter die Fonds zur Gründung eines Kinderspitals, eines Gewerbemuseums und eines Lungensanatoriums. Der ortsbürgerliche
Armenfonds stellte sich (1900) auf 3935986 Fr. und das Vermögen der Korporationsgemeinde auf 2732689
Fr. Der Reinertrag der städtischen Werke verzeigte (1901) für
Gas 27814 Fr., für Wasser 69169 Fr., für Elektrizität 97166 Fr.
und für das Tram (Defizit) 84736 Fr. Abschreibung städtischer Werke durchschnittlich = 2%.
Im Jahr 1902 gestalteten sich die Steuerverhältnisse der Stadt folgendermassen:
Fr.
Kataster (1/5 der Katasterschatzung)
24140704
Erwerbssteuerkapital
59444400
Liegendes Vermögen
27592425
Fahrendes Vermögen
102053140
Gesamtes Vermögen
129545565
Total Steuerkapital
213130669
Steuerbetrag à 4‰
852522
Das Steuerkapital hat sich in den 4 Jahren 1898-1902 um 48 Millionen Fr. vermehrt. Baugrund in bester Lage beim Bahnhof wurde 1898 mit 407 Fr.
per m2 bezahlt.
Oeffentliche Fürsorge.
Zeitverhältnisse und frommer Sinn liessen in Luzern
schon sehr frühe humanitäre Schöpfungen erstehen zur Pflege von Armen, Kranken,
Reisenden, Pilgern, Siechen etc. Die Stiftung des Heilig GeistSpitals durch das Gotteshaus im Hof, den Rat und Private soll ins
Jahr 1100 zurückgehen. Eine Urkunde der Benediktiner zu Luzern
vom bestätigt die Stiftung, verleiht
den Spitalboden und schenkt eine ansehnliche Rente. Die Stadt übergab 1417 das Patronatsrecht samt den dazu gehörenden
Abgaben der Kirche zu Willisau.
Der Spital wurde 1660 neu erstellt und vergrössert und diente bis Anfangs des 19. Jahrhunderts vornehmlich zur Pflege von
Armen, Greisen, Wallfahrern, Pfründnern und Kranken. Durch einen Sönderungsakt von 1800 wurde er formell
rechtlich der Ortsbürgergemeinde als Eigentum zugeschieden. Dieser Spital ist in jüngster Zeit in der am vom Grossen
Rat dekretierten kantonalen Krankenanstalt aufgegangen. An diese richtete die Ortsbürgergemeinde Luzern
aus ihrem Armengut
einen Beitrag von einer Million Franken aus. Dieser nach dem Pavillonsystem in prächtiger Lage im St.
Karliquartier erbaute Kantonsspital verfügt über 230 Betten und kam den Kanton auf 1749000 Fr. zu stehen. Die Sentianstalt
am Fuss des Gütsch wurde vom Gotteshaus im Hof und der Einwohnerschaft Luzerns in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gestiftet
und diente zuerst zur Aufnahme und Pflege der Aussätzigen und mit unheilbaren Krankheiten
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