Lienne oder
Rière (Kt. Wallis,
Bez.
Sitten,
Siders und Hérens).
Ungestümer
Wildbach; entspringt 1 km s. vom
Rawilpass im
Plan des Roses, einem vom Fussweg über den Rawil durchzogenen wilden und öden Felsenkessel, nahe einem zwischen
Mittaghorn und
Rohrbachstein eingebetteten kleinen
See; fliesst dann auf eine Länge von 3 km zuerst nach SW., durchzieht die
von hohen Felswänden eingefasste Alpweide Armillon und tritt in das sumpfige Becken von Les
Ravins ein,
wo er bedeutend an Wasserfülle zunimmt und nach S. abbiegt, welcher Richtung er nun trotz zahlreicher Krümmungen bis zu
seiner Mündung folgt. Die Liène tritt beim Dorf
St. Leonhard aus ihrer tiefen
Wald- und Felsschlucht
ins
Rhonethal aus und mündet nach 19 km langem
Lauf 1,5 km s. vom Dorf
St. Leonhard und 5 km ö.
Sitten von rechts in die
Rhone.
Rechts von ihr liegen die Gemeinden
Ayent (Bezirk
Hérens) und
Sitten, links
Lens und
St. Leonhard (Bezirk
Siders).
Von nennenswerten Zuflüssen erhält sie rechts die
Eau noire und den Abfluss des
Lac de
Luchet, links die
Derzence und den Tâcho Nire. Sie speist eine Reihe von wichtigen Wasserleitungen: Die höchste, der den grössten Teil der
Terrasse von
Ayent,
Arbaz und
Grimisuat befruchtende
Bisse Neuf zweigt in 1900 m ab, während im untern Abschnitt
der
Schlucht links der
Grand Bisse de
Lens und der
BisseSaint Léonin, rechts der zum östlichen Abschnitt der
Sittener Weinberge
ziehende
Bisse de Clavoz ihr
Wasser fassen. 1256: Pons de la
Riez; 1340: aqua quae dicitur la Ryey.
(Bissesdela) (Kt. Wallis,
Bez.
Hérens undSitten).
So nennt man zusammenfassend zwei Systeme von Wasserleitungen,
die rechts von der Liène abzweigen. 1. Der
Bisse Neuf (d'Ayent) oder
Bisse de Grimisuat gehört zu ⅔ einer Korporation von
Ayent und zu ⅓ einer Korporation von
Grimisuat.
Das
Wasser dieser 16 km langen Leitung ist in 3 gleiche Teile eingeteilt,
deren jeder pro Stunde 72 Aren bewässert.
Für Reparaturen etc. werden jährlich 580 Fr. ausgegeben.
Maschinenstickerei.
Bildet eine vom Kanton Appenzell
und den Gemeinden
Sennwald und
Rüti umschlossene Exklave der Gemeinde
Altstätten. Am 4. und zerstörte
eine Feuersbrunst 88 Gebäude des Dorfes.
entspringt unter dem Namen Bovelbach oberhalb
Lienz an den tieferen
Gehängen des Hohen
Kasten in 510 m, durchfliesst
Lienz, geht an
Rüti vorbei und mündete früher am Fuss des
Hirschensprung
von links in denRhein.
Heute ist er in das Entwässerungsnetz des untern
Rheinthales mit einbezogen und
mündet in einen seitlichen Kanal, der auch das
Wasser der zahlreichen anderen
Bäche dieser Thalseite sammelt.
Alle diese
Bachmündungen müssen wie die Sammelkanäle später von neuem reguliert werden, sowie einmal der jetzt im Bau begriffene
Rheinkanal bei
Diepoldsau fertig gestellt sein wird.
(Limadi) (Kt. Tessin,
Bez. Valle Maggia).
2465 m. Breite dreieckige Felspyramide, in der das Tessinthal vom Verzascathal
trennenden Kette und zwischen dem
Val d'Ambra und
Val d'Agro, von denen jenes bei
Personico auf die
Leventina und dieses bei
Lavertezzo auf das Verzascathal ausmündet. 9 km wsw.
Biasca.
(Valdi) (Kt. Tessin,
Bez. Valle Maggia).
2,5 km langes, wildes kleines Thal; bildet zusammen mit dem
Val Gagnone die zwei obersten Verzweigungen
des bei der Alpweide des
Monte Cassinone (1000 m) sich gabelnden
Val d'Ambra.
Die
AlpeLierna wird mit 30 Kühen und 135 Ziegen
bezogen.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Laufen).
524 m Gem. und Pfarrdorf, in einem gegenüber der Station Liesberg der Linie
Delsberg-Basel von
links auf die
Birs sich öffnenden kleinen Thal. Das Dorf liegt 1,2 km nw. der Station und ist durch eine gute Strasse mit
ihr verbunden. Postbureau, Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit
Liesbergmühle und Niederriederwald: 109
Häuser, 725 Ew.
(wovon 86 Reformierte); Dorf: 73
Häuser, 460 Ew. Landwirtschaft, Holzhandel. Bei der Station eine grosse Zement- und Kalkfabrik,
die jährlich 2000 Wagenladungen Portlandzement und 1200 Wagenladungen hydraulischen Kalk versendet.
Eine neue
Fabrik zur Herstellung von weissem Kunstzement ist im Bau begriffen. Liesberg ist das erste
deutsche Dorf ö. von
Delsberg. An seine Umgebungen knüpfen sich viele merkwürdige Volkssagen, deren Schauplatz meist die
benachbarten Lokalitäten
«Hölle» und
«Teufelsküche» sind. Reste von Römerbauten; Steinkammer und Scherben von Töpferwaren
aus der Steinzeit;
Höhle mit menschlichen Resten aus der Renthierzeit. Reiche Fundstelle von Fossilien
(besonders von den sonst seltenen Kelchen von Krinoiden) im obern Oxford und untern Rauracien (Zementsteinbruch).
Vom 13. bis 15. Jahrhundert erscheint in den Urkunden ein Edelgeschlecht von Liesberg. Im 15. Jahrhundert wurde das Dorf
von einer Räuberbande, den sog. Kappellern, geplündert, mit welcher Angelegenheit am sich
die eidgenössische Tagsatzung beschäftigte. Die Basler führten hier die Reformation ein; doch kehrten die Bewohner schon 60 Jahre
später wieder zum alten Glauben zurück. Die Kirche zu
St. Peter ist 1707 geweiht und 1840 vergrössert worden. Sie
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mehr
enthält schöne Altarblätter und wertvolle Glasmalereien. In Albad eine Marienkapelle, zu der gewallfahrtet wird.
Bezirk des Kantons Basel Land.
Umfasst 8596,2 ha Fläche und zählt 16115 Ew., also 187 Ew. auf einen km2. 14 politische
Gemeinden: Arisdorf-Olsberg, Baselaugst, Bubendorf, Frenkendorf, Füllinsdorf, Giebenach, Hersberg, Lausen, Liestal, Lupsingen, Pratteln,
Ramlinsburg, Seltisberg und Ziefen. Bezirkshauptort ist Liestal. 16115 Ew. in 1828 Häusern und 3200 Haushaltungen; 14563 Reformierte
und 1485 Katholiken. Der Bezirk grenzt im N. mit dem Rhein an das Grossherzogtum Baden
und an den Kanton Aargau,
im W. an
den Kanton Solothurn,
im S. an den Bezirk Waldenburg und im O. an den Bezirk Sissach
und den Kanton Aargau.
Der s. Abschnitt des Bezirkes (oberhalb Liestal) wird
von der Frenke, der n. Abschnitt von der Ergolz entwässert, in die die Frenke 1 km oberhalb Liestal von
links einmündet. Zu beiden Seiten von Ergolz und Frenke ziehen sich bewaldete Höhenzüge hin, so der Blomd (554 m), Galms (522
m), Grammont (580 m), Schleifenberg (607 m; mit Aussichtsturm) und Elbis (503 m), links der Ergolz die Höhen
von Seltisberg (521 m) und Sichtern-Munien (563 m), sowie der Adler (526 m). Vergl. den Art. Ergolzthal. Die Thalsohlen sind
mit fluvioglazialen Geschieben von Frenke, Ergolz und Rhein überführt, während die Thalgehänge und Höhen aus den Schichten
des Lias, Dogger und zum kleinen Teil auch des Malm bestehen. Der produktive Boden verteilt sich wie
folgt:
An mineralischen Schätzen
bieten die Rheinebene Kochsalz (s. den Art. Schweizerhalle) und die Höhen zwischen Lausen und Bubendorf
Huppererde und Tone, die zu feuerfesten Steinen und Verblendsteinen verarbeitet werden (2 Fabriken zu Lausen).
In Lausen und Pratteln liefert der Hauptrogenstein gute Bruchsteine, und Schwarzkalk wird heim BadBubendorf gewonnen. Das Klima
ist mild und der Himmel meist klar. Unterhalb Liestal gedeiht die Rebe (Liestal, Frenkendorf. Füllinsdorf, Pratteln), doch nimmt
der Weinbau immer mehr ab. Hauptbeschäftigung der Bewohner des untern Bezirkes ist immer noch die Landwirtschaft,
speziell Getreide-, Kartoffel- und Wiesenbau mit Viehzucht. Für die Milch bildet die nahe Stadt Basel das natürliche Absatzgebiet.
Im ganzen Bezirk gedeiht vorzügliches Obst (besonders Kirschen); frische Kirschen und Kirschwasser werden ausgeführt.
Die Viehstatistik ergibt folgende Resultate:
1886
1896
1901
Rindvieh
3402
3983
4144
Pferde
449
504
576
Schweine
760
1124
1032
Schafe
995
1156
944
Ziegen
258
168
90
Bienenstöcke
1021
1313
1178
Ein grosser Teil der männlichen und weiblichen Bewohner des Bezirkes ist aber auch in industriellen Etablissementen tätig.
Als solche sind zu nennen: Seidenhandweberei in Liestal, Floretseidenspinnerei in Niederschönthal (1500 meist einheimische
Arbeiter und Arbeiterinnen), eine Werkstätte für Eisenkonstruktionen und Brückenbau in Pratteln, Saline
und chemische Fabriken in Schweizerhalle. Vergl. auch den Art. Liestal (Stadt). In dem oberhalb Liestal liegenden Abschnitt
des Bezirkes wird als Hausindustrie allgemein Seidenbandweberei betrieben. Gleichzeitig beschäftigt sich aber noch jede
Familie mit
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mehr
Landwirtschaft, die sich hier auf Futterbau, Viehzucht und Milchwirtschaft beschränkt.
(Kt. Basel Land,
Bezirk Liestal). 325 m. Hauptstadt des Kantons Basel Land
und Bezirkshauptort. 47° 29' 7" NBr. und 7° 44' 15" OL. von Greenwich. 13 km
sö. Basel.
Liegt an der Vereinigung des Rösern-, Oris und Frenkenthales mit dem Ergolzthal, am rechten Ufer der
Ergolz und zwischen dem bewaldeten Schleifenberg (607 m) im NO. und den Höhen von Sichtern und Seltisberg im SW. Die Stadt
steht auf fluvioglazialen Ablagerungen (Hoch- und Niederterrasse der Ergolz), während die Thalgehänge aus Dogger aufgebaut
sind. Hauptstation der Linie Basel-Olten und Kopfstation der schmalspurigen Waldenburgerbahn. Liestal
ist auch als Ausgangsstation der zu erbauenden Wasserfallenbahn in Aussicht genommen. Im Bahnhof Liestal verkehren heute
täglich etwa 30 Personen- und 40 Güterzüge.
Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Bretzwil. Sitz der kantonalen Behörden und Aemter und des Obergerichtes. 535 Häuser, 5403 Ew.,
wovon 4660 Reformierte, 691 Katholiken und 52 Israeliten. Das 1872 erbaute kantonale Krankenhaus mit
Absonderungshaus und Pockenspital verfügt über 100 Krankenbetten. Es verdankt seine Entstehung nicht
zum kleinsten Teil
dem 1891 gestorbenen Ständerat Martin Birmann. In dem 1854 erbauten sog. Kantonsspital (Pfrundhaus und Abteilung für unheilbare
Geisteskranke) finden etwa 400 alte und arme Kantonsbürger Unterkunft und Pflege.
Beide Anstalten stehen am N.-Ende der Stadt nahe der kantonalen Strafanstalt. Liestal ist eidgenössischer Waffenplatz für
Infanterie und Genie. Die Kaserne steht am SO.-Ausgang der Stadt und bietet Raum für rund 1000 Mann Fusstruppen. Eine neue
grosse Reitschule ist im Bau begriffen. Den Truppen stehen zwei Exerzierplätze, Gitterli und Sichtern,
zur Verfügung, von denen jener nur wenige Minuten von der Kaserne entfernt ist, während dieser auf dem einst einen Eichenwald
tragenden Plateau der Sichtern liegt. Ein eidgenössisches Kriegsmaterialdepot. Das Zeughaus enthält neben den modernen Ausrüstungsgegenständen
eine wertvolle Sammlung alter Waffen, Fahnen und Rüstungen.
Im Regierungsgebäude sind die Kantonsbibliothek (etwa 20000 Bände) und das Kantonsmuseum untergebracht,
das eine naturhistorische Abteilung und eine Sammlung einheimischer Altertümer und Münzen (besonders aus den Ruinen von
Augusta Rauracorum) umfasst. Je eine reformierte und römisch-katholische Kirche,
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Methodisten- und Irwingianerkapelle. Mädchensekundar- und kantonale Knabenbezirksschule. 13 Primarschullehrer und 9 Mittelschullehrer.
Je eine gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschule. Liestal ist auch Sitz des Vorstandes der kantonalen naturforschenden
Gesellschaft. Die Gemeindeverwaltung besorgt ein aus 7 Mitgliedern bestehender Gemeinderat. 1902 betrugen die Einnahmen 321846,8
Fr., die Ausgaben 312735,96 Fr. Das Gesamtareal des Gemeindebannes beträgt nach der letzten Vermessung
(1863) 1817 ha, wovon 1011 ha mit Wald bestanden sind.
Der weitaus grösste Teil des Waldes ist Eigentum der Bürergemeinde und steht unter der Aufsicht und Pflege eines wissenschaftlich
gebildeten Forstverwalters (1902: Hauptnutzung 3857,05 Festmeter, Nebennutzung 1038,60 Festmeter). Wasserversorgung, die
ihr Wasser teils von Hölstein (1500-1800 Minutenliter), teils vom benachbarten Schleifenberg und aus
dem Oristhal bezieht. Neue Badanstalt. Elektrische Strassenbeleuchtung (aus dem Elektrizitätswerk Rheinfelden).
Die Gasanstalt wird von einer Aktiengesellschaft betrieben und liefert Gas zu Beleuchtungs-, Heizungs- und Kraftzwecken.
Altbekannt sind die Tuch- und Halbleinfabriken. Viele Arbeiter beschäftigen eine Seidenbandweberei und eine mechanische
Stickerei. Ferner zwei Eisengiessereien, eine Zementfabrik, Bierbrauerei und Schuhfabrik, chemische Fabriken für Farbwaren
und Medikamente, eine Fabrik für elektrische Kochapparate, eine Velofabrik und 3 Buchdruckereien (davon eine mit photomechanischer
Anstalt), von denen zwei je eine Tageszeitung herausgeben.
Blühende Industrien waren einst auch Weissgerberei und Fabrikation von Lederhandschuhen. Liestal ist Sitz
zweier Banken, nämlich der vom Staat garantierten Kantonalbank und der von einer Aktiengesellschaft betriebenen Hypothekenbank.
Viele Gasthöfe und Wirtschaften. Von Bauwerken sind zu nennen die im gotischen Stil gehaltene reformierte Kirche mit schönem
Chor, das Rathaus, das obere Tor, das Regierungsgebäude, die alte Bezirksschreiberei an der Rathausstrasse und Nonnengasse,
der alte Spital, ferner von neueren Bauten die katholische Kirche und das 1892 erstellte eidgenössische
Postgebäude.
Die Zeit der Erbauung der reformierten Kirche ist unbekannt. Schon 1289 hatte sie ausser dem Hauptgeistlichen, dem sog. Rektor,
noch einen besonderen Kaplan. Später waren
neben dem Leutpriester und dem Frühmessner noch 5 Kapläne angestellt,
von denen jeder einen besonderen Altar besorgte. Zu dieser Zeit gehörte die damals der h. Katharina und der h. Brigitta
geweihte Kirche zu Liestal zum Sisgauer Ruralkapitel. Nach der Reformation besorgten den Gottesdienst nur noch ein Leutpriester
und ein Helfer. 1903 sind die alten Glocken durch ein neues harmonisches Geläute ersetzt worden.
Das an der Hauptstrasse stehende Rathaus stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die die Fassade zierende Freskomalerei,
die die Geschichte des Lokrer Königs Zaleukos darstellt, datiert aus 1590. Leider musste vor Kurzem die Fassade samt Malerei
wegen Baufälligkeit abgetragen werden, doch hat man beide wieder getreu nachgebildet. Bemerkenswert
ist der Sitzungssaal mit seinen Glasmalereien und mächtigen Hirschgeweihen. Hier wird auch die goldene Trinkschale Karls
des Kühnen, ein Beutestück aus den Burgunderkriegen, aufbewahrt.
Die Stadtmauer, die einst das alte Liestal vollständig einschloss, steht noch fast in ihrer ganzen Ausdehnung, indem sie
als Hintergiebel der äussersten Häuserreihe benutzt worden ist. Nur wenige Schiessscharten zeugen jetzt
noch von ihrer einstigen Bestimmung. Von Türmen steht nur noch das Obere Tor, ein einfacher Bau von quadratischem Grundriss
und mit spitzem Torbogen. Der sog. Kostets (Konstanzer) Turm wurde 1850 und der Wasserturm vor wenigen Jahren niedergelegt.
An Stelle des heutigen Regierungsgebäudes stand einst die «Burg»
oder der «Freihof» zu Liestal. Die Zeit seiner Erbauung ist unbekannt;
beim grossen Erdbeben von 1536 wurde er wie der grösste Teil von Liestal in Trümmer gelegt, aber nacher wieder aufgebaut.
Er war mit verschiedenen Rechten und Privilegien ausgestattet. Verfolgte aller Art fanden hier während einer bestimmten
Zeit Schutz und Unterkommen. Er wechselte oft seine adeligen Besitzer, deren einer, Friedrich von Offenburg, in der Liestaler
Kirche beigesetzt ist. 1739 wurde er Staatseigentum von Basel
und Amtswohnung des jeweiligen Stadtschreibers. 1770 ersetzte man
das alte Gebäude durch einen Neubau, der nach der Trennung von Basel Stadt
und Basel Land
Sitz der basellandschaftlichen Regierung
ward und 1850 und 1851 seinen heutigen Umfang erhielt. Im Regierungsratssaal bewahrte man bis vor
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Kurzem die grosse Monstranz aus dem Basler Kirchenschatz auf, die bei der Teilung an die Landschaft übergegangen war; sie
ist vor wenigen Jahren leihweise an das historische Museum zu Basel
übergegangen. Der alte Spital steht an der Stelle des einstigen
Siechenhauses, das 1303 vom Ritter Johann von Eptingen zum Andenken an seinen am Aussatz gestorbenen Sohn
erbaut wurde. 1766 legte man die alten Gebäulichkeiten nieder und ersetzte sie durch einen Neubau, der heute in Privatbesitz
ist. Die frühere Bezirksschreiberei an der Nonnengasse, der sog. OlsbergerHof, war einst Eigentum des KlostersOlsberg und
diente in Kriegszeiten den Aebtissinnen als Zufluchtsort.
In den Umgebungen Liestals ist bemerkenswert der auf dem Schleifenberg stehende 30 m hohe, eiserne Aussichtsturm, von dem
aus ein grosser Teil der Alpen sichtbar ist. Am Fuss des Schleifenbergs führt eine gemauerte, alte römische Wasserleitung
vorbei, die einst die Stadt Augusta Rauracorum mit Wasser versorgte. Auf Boden der Gemeinde Liestal liegen
ferner Bad und SchlossSchauenburg, ersteres ein vielbesuchter Lufkurort. S. den Art. Schauenburg.
Geschichtlicher Ueberblick.
Man hat viele Erklärungen des Namens Liestal zu geben versucht. Die natürlichste ist wohl die, die ihn von Liesch-Thal,
d. h. dem Thal, in dem viele «Lieschen» (Riedgräser) wachsen, ableitet.
In der Tat muss der Boden unmittelbar unterhalb der alten Stadt, wo Oris- und Rösernbach in das breite
Enundationsgebiet der Ergolz ausmünden, einst sumpfig gewesen sein. Urkundlich wird Liestal 1189 zum erstenmal genannt. Im 12. und 13. Jahrhundert
stand es unter der Herrschaft der mächtigen Grafen von Frohburg, deren Stammschloss in der Nähe von Olten
lag.
Durch Hartmann von Frohburg ging die Herrschaft an die den Frohburgern nahe verwandten Grafen von Homburg über. Graf Hermann
von Homburg verlieh Liestal 1288 Stadtrecht und niedere Gerichtsbarkeit. 1305 verkaufte Graf Friedrich von Toggenburg namens
seiner Gemahlin Ida von Homburg die Stadt Liestal und andere feste Orte dem Bischof Peter von Asphelt für
die Kirche zu Basel
um die Summe von 2100 MarkSilber Basler Gewichts. Am wurde Liestal gleichwie Basel
und die meisten Ritterburgen
der Umgegend durch das bekannte grosse Erdbeben zerstört.
Längere Zeit hindurch hiess nun Liestal nicht mehr die «Stadt»,
sondern nur der «Flecken», «Hof» und «Schloss» Liestal. Um den Einwohnern den Aufbau ihrer Häuser zu erleichtern, setzte Bischof
Johannes Senn 1357 die Steuer bedeutend herunter und schenkte ihnen das Fischrecht in der Ergolz und Frenke. Doch siedelten
viele Liestaler nach Basel
über, wo sie gerne aufgenommen wurden. Der Nachfolger von Bischof Senn, Johannes
von Vienne, ein «streitsüchtiger Mann, den man mehr in kriegerischer Rüstung
als im bischöflichen Amtsgewande sah», geriet durch seine Fehden in grosse Schulden und verpfändete 1373 Liestal
und die HerrschaftenWaldenburg und Neuhomburg für ein Jahr dem Herzog Leopold von Oesterreich. 1381 verbündete sich Leopold
mit der Stadt Basel, bemächtigte sich Liestals mit Waffengewalt und brannte es zum grössten Teil nieder.
Die eine neue Pfandschaft befürchtenden Liestaler liessen sich 1382 von Bischof Immer von Ramstein und später auch von seinen
Nachfolgern Konrad Münch von Landskron und Humbrecht von Neuenburg
ihre Rechte und Freiheiten bestätigen. Dieser
letztere sah sich aber seines fürstlichen Aufwandes wegen schon 1400 genötigt,
die Herrschaften Liestal, Waldenburg und Homburg
um 22000 Gulden an die Stadt Basel zu verkaufen. Die Bischöfe übten ihre Hoheitsrechte über Liestal durch den Schultheissen
aus, der in Gemeinschaft mit den ihm beigegebenen Ratsherren auch die Rechtspflege und bis 1363 die niedere
und von da ab die hohe oder «peinliche» Gerichtsbarkeit besorgte. Ein Galgen stand auf der Anhöhe zwischen der Stadt und
der Frenke, dem heutigen Galgenrain. Als Denkmal aus der Zeit der bischöflichen Herrschaft besitzt Liestal noch sein jetziges
Stadtwappen, den Bischofsstab, der zum Unterschied von den gleichen Wappen von Basel,
Laufen und Delsberg nach
rechts gebogen und mit 7 goldenen Punkten gekrönt ist.
Soweit nun die Liestaler Gemeindeeinrichtungen dem Streben der Stadt Basel nach Befestigung ihrer Macht nicht hinderlich waren,
liess sie diese bestehen; was ihr aber daran nicht recht lag, änderte sie mit der Zeit ab. Das «Mannschaftsrecht»,
d. h. das Recht der Aushebung von Mannschaft zu Kriegsdiensten, wurde sofort in Anwendung gebracht. So stellte Liestal 1444 eine
Anzahl seiner Bürger zum Harste Hemann Seevogels, mit dem sie in der verhängnisvollen Schlacht bei St. Jakob an der Birs
kämpften. 23 von ihnen blieben auf der Wahlstatt. 1449 wurde Liestal von 500 Oesterreichern angegriffen,
die die Bürger aber unter grossen Verlusten zurück schlugen. 1474-1477 fochten Liestaler Bürger mit den Eidgenossen in den
Burgunderkriegen.
Aus der Schlacht bei Nancy brachte der Zeugmeister Heinrich Strübin die goldene Trinkschale Karls des Kühnen als Beutestück
mit heim. Gegen Willen und Weisung Basels, das neutral bleiben wollte, nahm Liestal im Schwabenkrieg Partei
für die Eidgenossen und liess sie ungehindert durchziehen. Für die daraus entstehenden Feindseligkeiten bot der Rat von Bern
der
Stadt Liestal seinen mächtigen Schutz an. 1501 trat Basel
samt seinem Gebiet in den Bund der Eidgenossen ein.
Liestal erwies den eidgenössischen Gesandten, die am 13. Juli zur Entgegennahme der Eidesleistung nach
Basel
zogen, die ehrenvollste Aufnahme. Mit dem Eintritt in den Schweizerbund wurden aber die Bewohner von Liestal keineswegs freie
Männer. Basel
herrschte nach wie vor über die Landschaft als Untertanenland. In den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts zogen
viele Liestaler mit den Eidgenossen nach Italien, wo in der Schlacht von Marignano ihrer über 100 Mann
das Leben verloren. 1525 kam es zum ersten Bauernaufstand; die Landleute forderten Erleichterung der Steuerlasten und Aufgabe
der Leibeigenschaft.
Unter Vermittlung einer Anzahl eidgenössischer Stände wurde der Streit beigelegt und den Liestalern einige Vergünstigungen
gewährt. Am beschloss der Rat zu Basel
Abschaffung der Messe und Entfernung der Bilder aus den Kirchen:
Liestal wurde reformiert. 1547 und 1548 starben 141 Personen an der Pest. 1591 veranlasste ein neues Umgeld auf Fleisch,
Wein und Getreide den sog. Rappenkrieg, der aber nach langen Unterhandlungen 1593 ohne Blutvergiessen
beigelegt wurde, da Liestal sich friedlichen Auseinandersetzungen geneigt zeigte. 1653 schloss sich Liestal im grossen Bauernkrieg
dem Landvolk an. Schwer waren für die Stadt die Folgen dieses unglückseligen Aufstandes: 7 Männer aus der Landschaft,
worunter 3 Liestaler, wurden am vor dem Steinentor zu Basel
hingerichtet und ihr Vermögen zum grössten
Teil eingezogen. Andere belegte der Rat zu Basel
mit harten Freiheits- und Geldstrafen. Der
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Stadt Liestal wurden die höhere Gerichtsbarkeit und das Vorschlagsrecht über die Schultheissenwahl genommen, ihre Tore
mussten offen gehalten, die Fallbrücken weggeschafft und das grobe Geschütz nach Basel
abgeliefert werden, das Stadtsiegel wurde
weggenommen und die Stadt überdies noch mit einer Geldbusse von 500 Pfund belegt. Lange noch litt Liestal an
den moralischen und materiellen Folgen dieser Züchtigung. Nach dem Frieden von Campo Formio 1797 reiste Napoleon durch Liestal
und wurde von den Bürgern begeistert begrüsst.
Das Jahr 1798 brach dann Basels Macht und schaffte Wandel im Untertanenverhältnis von Liestal. Es brach eine neue Revolution
aus, deren Endresultat die vollständige Gleichstellung von Stadt und Land war. Am erhob sich
der erste Freiheitsbaum der deutschen Schweiz vor dem Rathaus zu Liestal; zu gleicher Zeit legten die Landleute die SchlösserWaldenburg, Farnsburg und Homburg in Asche. Am 20. Januar wurde von der grossen Ratsversammlung zu Basel
die Gleichberechtigungsurkunde
angenommen und am 22. von drei Abgeordneten der Stadt Liestal überbracht.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts litt Liestal schwer unter den Kriegslasten, die der Durchzug der Kaiserlichen mit sich brachte.
Auch die Gleichberechtigung von Stadt- und Landbürgern stand nur auf dem Papier. Mit dem Fall der Mediationsverfassung fiel
auch wieder die Repräsentation nach der Kopfzahl: Basel
erhielt im Grossen Rat ⅔ und das Landvolk ⅓ Vertretung.
Des fernern beklagte sich das Landvolk über die vielen Abgaben, über die nicht öffentliche Rechenschaft abgelegt wurde;
über den Zunftzwang, der nur zum Vorteil der Handwerker in Basel
gehandhabt wurde; über die Erklärung mehrerer Tausend Jucharten
Gemeindewald als Staatseigentum, sowie über die ausschliessliche Besetzung der wichtigeren und einträglicheren Amtsstellen
durch Bürger der Stadt, die sich teilweise viele Willkürlichkeiten zu Schulden kommen liessen. Am verlangte eine
Volksversammlung zu Liestal die Rechtsgleichheit.
Basel
anerkannte diese Forderung nicht und liess Liestal mit 800 Mann besetzen. Daraus entspann sich ein langwieriger
und blutiger Streit, der zur Folge hatte, dass die eidgenössische Tagsatzung am die Trennung von Stadt und Land
beschloss. Basel Stadt
behielt 21, die Landschaft 46 Gemeinden, während die übrigen 12 Gemeinden über ihre künftige Zugehörigkeit
selbst entscheiden sollten. Der Streit um diese zweifelhaften Gemeinden dauerte fort; als aber am die
Truppen der Landschaft bei Pratteln eine schwere Niederlage erlitten hatten, sprach die Tagsatzung am 26. August die Totaltrennung
aus. Jeder Teil ist heute zu einem gesunden und wohlgeordneten Staatswesen erstarkt, die beide nebeneinander im besten Einvernehmen
leben. Vergl. den Art. Basel Land.
Liestal selbst ist seither als Kantonshauptstadt und eidgen. Waffenplatz zu einem
blühenden Gemeinwesen gediehen.
Bibliographie.
Urkundenbuch der LandschaftBasel;
hrsg. von Heinr. Boos. 2 Bde. Basel
1881 und 83. - Birmann, Martin. Gesammelte Schriften. 2 Bde. Basel
1894. -
Liestal und seine Umgebung; hrsg. vomVerkehrs- und Verschönerungsverein. Liestal 1900. - Gauss. K.
Kirchliche Zustände in der LandschaftBaselseit der Reformation. Liestal 1899. - Gauss, K. Geschichtliches über die Kirche vonLiestal. Liestal 1903.
(Le)
(Kt. Waadt,
Bez. La Vallée).
Grosse Gemeinde, zwischen dem Lac de Joux und Lac de Brenet einerseits und der Grenze
gegen Frankreich andererseits. Sie misst 3400 ha und zieht sich von 1008 m (Seespiegel) bis zum Kamm des Mont Risoux (1420
m) hinauf, umfasst also den SO.-Hang dieser Kette, längs deren Fuss sich ein kleines Thälchen (1020-1070
m) anschmiegt, das vom Jouxsee durch einen schmalen und wenig hohen Grat getrennt ist. Dessen gegen den See zu gerichtetes
Gehänge, der sog. Revers, ist ausserordentlich steil und stellenweise felsig.
Der im Durchschnitt 3,5 km breite Hang des Mont Risoux trägt Felder, Weiden und Wald, der zum Teil der
grossen Forêt du Risoux angehört. Bäche fehlen fast ganz, doch sind einige Stellen versumpft. Nahe dem Dorf Le Lieu liegt
der kleine Lac Ter, der die Wasser der Umgegend sammelt aber keinen sichtbaren Abfluss hat, so dass die Höhe seines Spiegels
sehr schwankend ist. Die Gemeinde wird ihrer ganzen Länge nach von der Strasse und Eisenhahn Le Pont-Le
Lieu-Le Brassus durchzogen; eine erst vor Kurzem erbaute Strasse führt von Les Charbonnières über die Grenze nach Mouthe.
Zahlreiche Fusswege über den Kamm des Mont Risoux. Die Bevölkerung ist auf verschiedene Siedelungsgruppen verteilt, wie Le Lieu,
Le Séchey, Les Crettets, Les Charbonnières, La Combenoire, La Fontaine aux Allemands, La Frasse. Daneben
finden sich auch noch zerstreut gelegene Einzelhöfe. Zusammen 182 Häuser, 1161 reform. Ew. Kirchgemeinde. Ackerbau, Viehzucht
und Milchwirtschaft, Holzhandel. Mühle, Säge, Küblerei, Uhrsteinschleiferei und etwas Uhrenindustrie. Die Gemeinde Le Lieu
ist die älteste der drei Gemeinden im Jouxthal und umfasste lange Zeit beide Ufer des Sees und auch die
oberhalb desselben gelegene Gegend. Sie soll zu Ende des 14 Jahrhunderts enstanden sein. 1571 lösten sich davon L'Abbaye
und nach langen Streitigkeiten 1646 auch Le Chenit als selbständige Gemeinden ab. S. Reymond, Lucien. La ValléedeJoux. Lausanne 1887.
(Le) (Kt. Waadt,
Bez. La Vallée
Gem. Le Lieu). 1040 m. Pfarrdorf, am SO.-Fuss des Mont Risoux und 400 m w. vom Lac de Joux, von dem
es ein wenig hoher Kamm trennt; an der Strasse Le Pont-LeSentier-LeBrassus, 6 km nö. Le Sentier, 4 km sw. Le Pont und
10,5 km sw. Vallorbe. Station der Linie Vallorbe-LePont-LeBrassus. Im Sommer Dampfschiffstation bei der Roche Fendue. Postbureau,
Telegraph, Telephon. 63 Häuser, 414 reform. Ew. Pfarrkirche. Liegt in einer Neocommulde, die noch einen Fetzen von Süsswassereocän
enthält und vom Lac de Joux durch ein kleines jurassisches Gewölbe getrennt ist.
Ackerbau, Viehzucht und Milchwirtschaft, Holzschlag und -handel. Küblerei. Uhrsteinschleifereien und
etwas Uhrenindustrie. Man glaubt, dass Le Lieu die älteste Siedelung im Jouxthal sei. Die Ueberlieferung erzählt, dass sich
hier zu Beginn des 6. Jahrhunderts Pontius oder Poncet, ein Mönch des KlostersSaint Oyens (Saint Claude) als Einsiedler niedergelassen
habe. Daher der frühere Name des Dorfes «Le Lieu de dom Poncet».
Kurz nachher bildete sich eine kleine Siedelung von Kolonen, die aber zu unbekannter Zeit wieder verschwand. Als im 12. Jahrhundert
am gegenüberliegenden Seeufer das Kloster L'Abbaye de Joux entstand, machten die Mönche von Saint Oyens ihre alten Ansprüche
auf das Thal wieder geltend und gründeten in Le Lieu Poncet (1155: Locus Pontii) auch ihrerseits wieder
eine Niederlassung. Die Religiosen beider Kloster hatten von da an langwierige Streitigkeiten miteinander,
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