mehr
zu einer Strafe von 1-3 Monaten verurteilt sind, für Militärpersonen und wegen politischer Vergehen Verurteilte. An der moralischen Hebung der aus dem Gefängnis oder der Strafanstalt entlassenen Personen arbeitet ein 1878 gegründeter und 1895 reorganisierter Schutzaufsichtsverein (Société de patronage), dessen Einnahmen sich aus Schenkungen und Vergabungen, sowie aus Beiträgen seitens des Staates und der Gemeinden zusammensetzen.
Gemeinnützigkeit.
Lausanne erfreut sich sehr zahlreicher Einrichtungen zu wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken. Man zählt deren über 150, deren Tätigkeit sich auf die verschiedensten Gebiete erstreckt. Das Armenwesen ist zentralisiert in dem 1854 gegründeten Zentralarmenbureau (Bureau central de bienfaisance), das die in der Gemeinde wohnhaften Bedürftigen unterstützt und beaufsichtigt. Dazu gesellen sich zahlreiche aus der privaten Initiative hervorgegangene Institute ähnlicher Art: die Association des Amies des pauvres (1871 gestiftet), die den Hausbettel bekämpft;
die Société pour réprimer les abus de la mendicité (1853), die jeden unbekannten Armen zur Empfangnahme einer Gabe an ihr Bureau verweist;
das den armen Durchreisenden offen stehende Nachtasyl;
die Wärmestuben (1879), die während der kalten Jahreszeit den arbeitslosen Männern zugänglich sind;
der Bücher de bienfaisance (1775), der an bedürftige Familien Brennholz abgibt;
das Comité des secours d'hiver (1891), das in strengen Wintern Suppe und Brennholz verteilt;
die Société des fourmis, deren Mitglieder Kleider für die Armen verfertigen;
die Direction des pauvres habitants (1776), die solche Arme unterstützt, welche während wenigstens 6 Jahren in der Gemeinde niedergelassen sind;
die Stiftung der Frau von Effinger von Wildegg, geb. de Charrière, die armen Leuten bei Bezahlung des Mietzinses zu Hilfe kommt;
der deutsche Hilfsverein (Société allemande de bienfaisance; 1870), der durchreisende oder in Lausanne wohnhafte Angehörige des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns unterstützt;
der französische Hilfsverein (Société française de bienfaisance; 1873) zur Unterstützung durchreisender oder in Lausanne ansässiger Bedürftigen französischer Nationalität;
der Hilfsverein katholischer Frauen (Société de bienfaisance des dames catholiques; 1850);
die Diakonien der Landeskirche und der freien Kirche, die für Arme und Kranke sorgen;
die Schulküchen (Cuisines scolaires) für die Volksschule (1890) und die katholische Schule (1902), die den Kindern ein Mittagsmahl abgeben;
die Gesellschaft des h. Vinzenz von Paul für bedürftige Katholiken;
die Krippe (Crèche de Lausanne; 1873), die die kleinen Kinder solcher Mütter hütet, welche tagsüber ihrem Erwerb nachgehen müssen;
das Arbeitsamt (Bureau de travail; 1892);
der Arbeitshilfsverein (Société de secours par le travail; 1891) mit Werkplatz;
die Schreibstube für Stellenlose (Adresseoffice; 1897);
der Ouvroir (1873), der verwitweten oder geschiedenen Familienmüttern Arbeit verschafft;
die Arbeitsstuben für Frauen (Ateliers de travail pour femmes), die arme Frauen mit Näharbeiten beschäftigen.
Der bedürftigen Kranken nehmen sich an der Kantonsspital, die staatliche Krankenpflegerinnenschule (1859), das Diakonissenhaus Bethanien (dessen Schwestern die zu Hause bleibenden Kranken unentgeltlich pflegen), die verschiedenen Kliniken, die zentrale Poliklinik, die Stiftung zur Lieferung von Krankenstühlen (1884), die Frauenklinik, der Zentenarhilfsverein (Société de bienfaisance du Centenaire) für Lungenkranke und Personen mit abschreckenden Krankheiten; der Frauenhilfsverein für arme Wöchnerinnen (Société maternelle; 1830), das vom Sanitätsrat 1889 eingerichtete Nachweisbureau von guten Ammen, der Kinderspital mit seiner Apotheke, das Blindeninstitut, das Asyl für arme und unglückliche Greise in Chailly, das sog. Asile du Foyer (1901) für blinde und blödsinnige Kinder, das Gemeindeabsonderungshaus (Lazaret de commune) im Moulin Creux, das orthopädische Institut, die Sektion Ouchy des internationalen Hilfsvereins vom Genfersee (Société internationale de sauvetage du Léman), der Waadtländer Frauenverein vom Roten Kreuz, das Asyl Louis Boissonnet in Vennes (1873) für Rekonvaleszenten und Erholungsbedürftige;
die Stiftung Bugnion, aus deren Zinsen 3-4 Armen mit unheilbaren Krankheiten eine Badekur in Leuk, Aigle etc. ermöglicht wird;
die Stiftung von Effinger von Wildegg (1849), die alte Dienstboten unterstützt und armen Kranken eine Badekur ermöglicht;
die Stiftung J. J. Faure zu Gunsten von Lehrern und Lehrerinnen, die Ferienkolonien für arme und kränkliche Kinder (1884) und endlich die Ferienspaziergänge für solche Kinder, die in den Kolonien keine Aufnahme gefunden haben.
Für die Verlassenen und allein Stehenden sorgen die 1888 gegründete Institution cantonale en faveur de l'Enfance malheureuse et abandonnée;
das Comité pour l'éducation de l'Enfance abandonnée (1831), das arme oder verlassene Kinder versorgt;
die Solidarité (1882), die sich solcher Kinder ohne Rücksicht auf ihre Nationalität oder Religion annimmt;
das Waisenhaus (Orphelinat de Lausanne; 1726), das die Waisen aufnimmt, erzieht und versorgt;
das kantonale Altersasyl (Etablissement cantonal des incurables et vieillards infirmes);
der freie Hilfsverein für arme Unheilbare (1827);
das Heim und die Arbeitsstube (Home et Ouvroir) für erwachsene Blinde weiblichen Geschlechtes;
die Stiftung Rappold (1883) zu Gunsten alter Lehrerinnen;
die Vereinigung der Freundinnen junger Mädchen (1882);
die Vereinigung zum Schutz zureisender Mädchen (Œuvre des arrivantes à la gare; 1890);
das Heim für junge Dienstmädchen;
das Mädchenasyl für vorübergehend stellenlose Dienstboten und alleinstehende arbeitslose Mädchen überhaupt;
das Home du Bon Secours (1902) in Sainte Claire als Heim und Arbeitsnachweisbureau für vorübergehend stellenlose Mädchen katholischer Konfession;
das Asyl Eben Hezer für gebrechliche oder nicht ansteckend kranke Kinder;
der Waadtländer Schutzaufsichtsverein für entlassene Sträflinge (1878);
das Asyl für gefallene Frauen oder Mädchen (1884) und das Heim für gefallene Mädchen.
In Lausanne bestehen 4 Sparkassen, sowie mehrere Kranken-, Alters- und Sterbekassen; ferner etwa 20 auf Gegenseitigkeit beruhende Unterstützungsvereine in Krankheits- und Sterbefällen, als deren wichtigste wir nennen die 1803 gegründete Société industrielle de secours mutuels und die 1832 gegründete Société typographique de secours mutuels. Ihren Zentralsitz haben in Lausanne die Société vaudoise de secours mutuels (1846 gegründet) mit 42 Sektionen und 6412 Mitgliedern und die Fraternité, der kantonale Unterstützungsverein in Todesfällen (1889 gegründet), mit 37 Sektionen und 5722 Mitgliedern.
Den Kampf gegen den Alkohol und die Unsittlichkeit führen: der Verein vom Blauen Kreuz, die Vereine «Espoir» (für Kinder) und «Avenir» (der Landeskirche angegliedert), die Guttempler, die Waadtländer Sektion der Ligue patriotique contre l'alcoolisme, die alkoholfreien Wirtschaften, die Violette (nahe der Kaserne ¶
mehr
gelegener Saal für die Soldaten), der alkoholfreie Gasthof, das Asyl Bethesda für weibliche Alkoholiker der welschen Schweiz, die seit 1886 bestehende Einrichtung der zu Weihnachten erfolgenden Verabreichung von Thee und Brötchen an die Postangestellten, die Liga vom Weissen Kreuz (1881), das Waadtländer Comité gegen die Verbreitung unsittlicher Literatur, die Waadtländer Gesellschaft zur Hebung der Sittlichkeit und die ebenfalls gegen die Unsittlichkeit kämpfende Association du sou (1879).
Gemeinnützige Zwecke verschiedener Art verfolgen: der Waadtländer Friedensverein, der Waadtländer Tierschutzverein, die Waadtländer gemeinnützige Gesellschaft, der Verkehrsverein Lausanne (Société du développement de Lausanne), die Ligue pour l'action morale (1896), die Volkshausgesellschaft, der Phare (christl. Jünglingsverein; 1886), die Bibelgesellschaft des Kantons Waadt (1881), die Société biblique auxiliaire (1826), das Comité zur Verbreitung religiöser Traktate (1827), die Vereinigung zur Verteilung von Bibeln an Brautpaare (Œuvre des Bibles de mariage; 1879), die verschiedenen Missionsgesellschaften, das Waadtländer Comité zur Unterstützung der Reformierten in der Diaspora (Comité vaudois de secours en faveur des protestants disséminés), der Verein für innere Mission (1882), die Evangelisationskommission der freien Kirche (1847), die evangelische Allianz (1847), das Werk der Evangelisation unter den im Kanton Waadt lebenden Italienern, das denselben Zweck unter den Spaniern verfolgende Comité espagnol lausannois (1864), die Waadtländer Gesellschaft zur Sonntagsheiligung (1867), die Gesellschaft für die Sonntagsschulen im Kanton Waadt (1852), die christlichen Vereine für junge Männer und Mädchen, die Heilsarmee, die Concordia (1883) für junge Katholiken.
Ferner die Mission romande zur Bekehrung der Neger in Afrika, 1875 von der freien Kirche des Kantons Waadt gegründet, seit 1883 auf die ganze französische Schweiz ausgedehnt und von den freien Kirchen der Kantone Waadt, Neuenburg und Genf geleitet;
Sitz in Lausanne;
unterhält 10 Missionsstationen mit 16 Missionären, eine Schule zur Ausbildung von Missionären und Missionsärzten;
Ausgaben 1902: 172055 Fr. Zwei Freimaurerlogen: Espérance et Cordialité in der Cité (1821 gegründet) und Liberté in der Caroline (1871 gegründet), die beide der Alpina, d. h. der Vereinigung der schweizerischen Logen, und damit auch der internationalen Freimaurerallianz angehören.
Mit Erziehung, Unterricht, moralischer Hebung und allgemeinem Volkswohl befassen sich ausser den Schulanstalten der Stadt und des Kantons: verschiedene Kleinkinderschulen privaten Charakters, die freien Schulen (Schulen der freien Kirche; 1851 und 1855 eingerichtet), die Schulen der katholischen Kirchgemeinde mit Kleinkinder- und Primarschulklassen (seit 1818), die von Schwestern geleiteten Säle zur Aufnahme und Beschäftigung armer Kinder (1850), das Waisenhaus für Mädchen (1859), die Mädchensekundarschule (1866) mit Vorbereitungsschule, die Studienkommission der freien Kirche (1874), die Theologenschule der freien Kirche (1847) mit Bibliothek von 40000 Bänden (ursprünglich Bibliothek von Alexander Vinet), die Werkstätte für erwachsene Blinde männlichen Geschlechtes, die Nähschule (1881), die vom Gewerbe- und Handelsverein eingerichteten Abendkurse für Erwachsene (1859), die Stipendienkasse für Studierende der Theologie (1864), sowie die dem gleichen Zweck dienenden Stipendienfonds der sog. Bourse Rochat (1840) und Fondation Dussieur; die seit 1885 eingerichteten Familien- und Leseabende für Kutscher, Dienstmänner, Strassenarbeiter und Laternenanzünder; die Bibliotheken auf den Posten der Stadt- und Kantonspolizei, des Vereins der Postangestellten (Société postale), des Vereins der Telegraphenfaktoren, des Vereins der Eisenbahnangestellten und des Vereins junger Kaufleute, diejenigen des Gewerbe- und Handelsvereines, der naturforschenden Gesellschaft (mit der Kantonsbibliothek vereinigt) und der Presbyterianergemeinde, die Studentenbibliothek (70000 Bände) und die Familienbibliothek, die Bibliotheken der christlichen Vereine junger Männer und Mädchen, der litterarischen Gesellschaft (Cercle littéraire), mehrerer Sonntagsschulen, des Cercle de Beau Séjour, der Waadtländer medizinischen Gesellschaft, der geschichtsforschenden Gesellschaft der welschen Schweiz (Société d'histoire de la Suisse romande), des Ingenieur- und Architektenvereins der welschen Schweiz, der Waadtländer Gartenbaugesellschaft, der Waadtländer Vogelzuchtgesellschaft, der Gesellschaft der Spezialwaffen, des Alpenklubs, die bulgarische Bibliothek etc. Auch Kunst und Wissenschaft werden in Lausanne eifrig gepflegt.
Neben den staatlichen Einrichtungen, wie Schulen und Museen, besteht hier eine Reihe von Gesellschaften, die sich diesen Gebieten widmen: der am gegründete Waadtländer Hochschulverein (Société académique vaudoise), der von der Elite der Bevölkerung stark besuchte Vorträge veranstaltet und deren Ertrag zu Hochschulzwecken verwendet;
die Waadtländer naturforschende Gesellschaft (Société vaudoise des sciences naturelles; 1828), die seit 1841 ein Bulletin mit Sitzungsberichten und Abhandlungen veröffentlicht;
die akademische Anatomisch-physiologische Gesellschaft;
die Waadtländer medizinische Gesellschaft;
zwei literarische und dramatische Vereine, die von Zeit zu Zeit mit einer Aufführung vor die Oeffentlichkeit treten;
die Waadtländer Kunstgesellschaft (Société vaudoise des Beaux Arts; 1859), die Gemäldeausstellungen veranstaltet und die Erhaltung und Restaurierung von Kunstdenkmälern finanziell unterstützt;
etwa 10 Gesang- und mehrere Musikvereine.
Jedes Jahr werden Konzerte mit einem auserlesenen Programm von Meisterwerken musikalischer Grössen veranstaltet. Die 1861 gegründete Musikschule lässt durch vortreffliche Lehrer theoretischen und praktischen Unterricht erteilen und veranstaltet Schülerkonzerte. Zur Zeit wird auch der Bau eines grossen Konzertsaales geplant. Das Theater steht dank den Bemühungen von kunstverständigen und uneigennützigen Freunden der dramatischen Muse auf einer achtungswerten Höhe.
Der Kursaal mit Variététheater ist das ganze Jahr geöffnet. Dem Sport huldigen mehrere Turn- und Radfahrervereine, etwa 10 Schützen- und Revolverschiessvereine, eine Sektion des Schweizer Alpenklubs, ein Fechtklub, ein Seeklub, mehrere Football- und Lawntennisklubs. Reitschulen. Neben verschiedenen grossen Photographenateliers gibt es auch mehrere Vereinigungen von Amateurphotographen. Ein Philatelistenverein. Lesesäle und Leihbibliotheken. Mehrere «Cercles», die ihren Mitgliedern verschiedene Annehmlichkeiten bieten, wie Benutzung von Gartenanlagen, Sitzungs- und Versammlungssälen, Lesesälen, Bibliotheken.
Geselliges Leben.
Die heutigen Bewohner des Waadtlandes sind das Resultat einer Vermischung der verschiedensten Rassenelemente. Es existiert somit weder ein besonderer Waadtländer noch ein Lausanner ethnischer ¶
mehr
Typus. Immerhin haben kraniologische Studien gezeigt, dass die Mehrzahl der Bewohner des Waadtlandes keltischen Ursprungs ist. Die Bürger von Lausanne sind weniger kosmopolitisch angehaucht als diejenigen anderer grösserer Städte der Schweiz, wie hier auch die Standesunterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsschichten keine bedeutende Rolle spielen und im täglichen Verkehr ganz verschwinden. Es gibt in Lausanne weder eine sich von der übrigen Bevölkerung absondernde Aristokratie noch sehr reiche Leute. Das geistige Leben ist ein durchweg sehr reges, wovon die grosse Zahl der jedes Jahr veröffentlichten Werke und Arbeiten ein beredtes Zeugnis ablegt. Es wirken hier eine Reihe von hervorragenden Männern der Wissenschaft und Kunst, sowie mehr als ein Journalist von Ruf. Es dürfte nicht viele Städte geben, die im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl einer so grossen Anzahl von Tageszeitungen sich erfreuen, wie gerade Lausanne.
Militärisches.
Lausanne ist seit 1882 Waffenplatz der 1. eidgenössischen Armeedivision. Die mit einem Aufwand von 1 Million Fr. erbaute Kaserne steht im Quartier La Pontaise, das ihr seinen Aufschwung in erster Linie zu verdanken hat. Nachdem sie 1903 vergrössert worden, bietet sie jetzt Raum für 1200 Mann und 32 Pferde und gehört mit denjenigen von Zürich, Bern und Thun zu den grössten der Schweiz. Sie umfasst etwa 60 schön eingerichtete, hohe und luftige Zimmer mit prachtvoller Aussicht auf den See und die Alpen, Schlafsäle für etwa 1000 Soldaten, ein Lazaret mit etwa 30 Krankenbetten und alle für einen Militärbau von dieser Grösse notwendigen Nebenbauten.
Der Exerzierplatz liegt auf Boden der Gemeinden Lausanne, Romanel und Le Mont und ist mit seinen 11989,91 Aren Fläche der grösste der ausschliesslich für Infanterie bestimmten Exerzierplätze der Schweiz. Dazu gesellen sich eine günstige Lage und eine allen taktischen Anforderungen entsprechende Abwechslung der Geländeformen. Der Schiessplatz befindet sich seit 1892 9 km nö. Lausanne in Mauverney (nahe dem Chalet à Gobet). Es werden in Lausanne neben verschiedenen Unteroffiziers-, Schiessschulen etc. in der Regel jährlich drei Rekrutenschulen einberufen.
Geschichte.
Reste von Pfahlbauten in Vidy und Cour;
Steingräber mit Skeleten in hockender Stellung (sog. Hockergräber) in Pierra Portay und Chamblandes;
Grab aus der Bronzezeit mit Skelet in Villars (unter Montbenon);
mehrere Grabhügel aus der Eisenzeit bei Vernand und in Vernand Dessous.
Fund einer Bronzestatuette (Gallier) und gallischer Münzen in Lausanne; Schalenstein in Vernand. Die hiesige römische Kolonie trägt auf den Inschriften den Namen Lausonna und stand zwischen Vidy, der Maladeire und dem Bois de Vaud bis gegen Malley. Man hat von, ihr Reste von Bau werken, Statuetten, Münzen, Inschriften und viele Gegenstände aller Art aufgedeckt. Römische Gräber hat man im Bois de Vaud und in Contigny, römische Inschriften im Bois de Vaud, in Vidy und Malley gefunden. Burgundergräber im Quartier La Mercerie, auf dem Champ de l'Air, in Chavannes und Vidy und namentlich in Bel Air bei Cheseaux.
Nach den Berichten alter Autoren soll die Gründung Lausanne's, wie diejenige so mancher andern Stadt, schon in uralter Zeit erfolgt sein. Neuere Untersuchungen haben dann gezeigt, dass die erste Siedelung dieser Gegend unterhalb der jetzigen Stadt in der zu beiden Seiten des Flon und nahe dem See liegenden Ebene von Vidy gestanden hat und - je nach den verschiedenen Urkunden - Lousonna, Lousena, Lausanna, Lausonium, Losonne oder Losene hiess, welcher Name bis heute noch nicht befriedigend erklärt ist. (Der Flon wurde noch 1761 «Laus» genannt).
Man vermutet, dass dieser Ort gallischen oder keltischen Ursprunges war und schon vor der Eroberung Helvetiens durch die Römer existierte. Nach Fr. Guillimann (1598) war er eine der 12 von den Helvetiern vor ihrem Auszug nach Gallien (58 v. Chr.) verbrannten Städte. Ganz ohne Stütze ist dagegen die Ansicht, die den Ort mit dem Pfahlbauerdorf vor Vidy in Beziehung setzen will. 1739 hat man in Vidy eine heute im Rathaus aufbewahrte Votivtafel mit Inschrift aufgefunden, die dieses Lousonna einen vicus nennt, d. h. eine offene Ortschaft von nicht ausgesprochen städtischem Charakter, wo etwa Reisende in einer mansio über Nacht bleiben und die Pferde wechseln konnten.
Die Bewohner waren anfangs wohl hauptsächlich Fischer und Bauern. Dieser vicus bestand mehrere Jahrhunderte, während welcher er sich derart vergrösserte, dass er schliesslich den ganzen Raum zwischen dem See, dem Flon und der jetzigen neuen Strasse nach Morges umfasste. Dass er zu dieser Zeit von einer gewissen Bedeutung war, zeigt der Umstand, dass er dem See, an dem er lag, auf eine Dauer von mehreren Jahrhunderten seinen Namen gegeben hat: Lacus Lausonius (Itinerar von Antonin 138-161), Lacus Losanne, Lacus Lausannensis (Peutingersche Tafel des 4. Jahrhunderts).
Die das Land überschwemmenden Alemannen überfielen ums Jahr 379 diesen Ort Lousonna, steckten ihn in Brand und metzelten seine Bewohner nieder. (Die Ansicht, das der Ort von der durch den Bergsturz von Tauretunum erzeugten Flutwelle des Sees zerstört worden sei, ist unhaltbar). Einige dem Gemetzel entkommene Bewohner flohen im Thal des Laus (Flon) bergaufwärts und siedelten sich auf einem der das Thal dieses Flusses beherrschenden Hügel an, einer steilwandigen natürlichen Festung, die zudem noch durch einen Sumpf (palus) geschützt war.
Diese neue Siedelung erhielt den gleichen Namen wie die eben untergegangene Stadt in der Ebene. Sie war zunächst wenig mehr als ein befestigtes Lager (castrum), entwickelte sich aber später, als der Bischof Marius oder Saint Maire ums Jahr 593 seinen Sitz von dem verwüsteten Aventicum hierher verlegte, zu einer civitas, dem ersten Vorläufer der späteren Cité. Diese Uebersiedelung beweist zugleich, dass die neue Anlage zu jener Zeit schon wieder zu einem Ort von einer gewissen Bedeutung sich aufgeschwungen hatte. Es entstanden nun Kirchen, eine Propstei und eine Kathedrale.
Die ursprünglich gallisch-helvetischen Bewohner werden von Marius in den Urkunden stets «Bürger» (cives) genannt. Das bischöfliche Schloss am N.-Ende der Cité entstand zu Ende des 14. Jahrhunderts. Unterdessen war auf einem Hügel gegenüber der Cité eine neue Siedelung (der Bourg) entstanden, die von Burgundern gegründet worden sein soll. Beide Städte waren von Mauern umgeben, aber sowohl in der Art und Zeit ihrer Gründung, als in Bezug auf ihre abweichenden Rechte, Freiheiten etc. von einander stark verschieden.
Die Cité hatte 6 Tore (Saint Etienne, Escalier de la Grande Roche, Couvaloup, Cunay oder La Barre, Saint Maire, Degrés du Marché), der Bourg deren vier: Saint Pierre, Condémine (Rive oder Rive d'Ochie), Saint François und die Porte du Pont. Es dauerte aber nicht lange, bis beide Städte über ihre Mauern hinauswuchsen: zu beiden Seiten des Flon entstanden Korn- und Walkmühlen, sowie andere Bauten, und bald war auch ein dritter Höhenrücken, der von Saint Laurent, besiedelt. Es konnte nicht ausbleiben, dass zwischen den beiden Städten viele Streitigkeiten entstanden, die oft dahin führten, dass man gegenseitig die feindlichen Aussenquartiere in Brand steckte und plünderte und ihre Bewohner niedermetzelte.
Der rührigen Handel treibende Bourg gewann immer mehr an Boden und wusste die Interessen der neuen Quartiere derart mit den seinigen zu verknüpfen, dass er sich bald zu einer 4 Panner - Bourg, Pont, Palud, Saint Laurent - umfassenden, bedeutenden Stadt auswuchs, während die Cité isoliert blieb. 1481 schloss sich dann diese zum grossen Aerger des Bischofes als fünftes Panner den andern an, sodass ein einziges grosses Gemeinwesen, die Civitas Lausannensis communitas, entstand. Es dauerte aber noch lange Zeit, bis die Unterschiede zwischen den beiden einst so verschiedenen Altstädten völlig verwischt waren.
Das Quartier der Cité, das sich als Bischofssitz zahlreicher Vorrechte und Freiheiten erfreute, behauptete von Anfang an ein gewisses Uebergewicht, das ihm nicht zu unterschätzende Vorteile bot. Der kirchliche Schutz, den der Bischofssitz gewährte, erstreckte sich nicht nur auf die Kathedrale und ihre unmittelbaren Annexe (Kloster, Friedhof), sondern auf die ganze Cité überhaupt, wo Jedermann - Diebe, Fälscher und Verräter ausgenommen - eine sichere Zuflucht fand. Die Vorrechte des Bourg waren anderer Art und bestanden hauptsächlich darin, dass ihm die eigene Gerichtsbarkeit, sowie Tavernen-, Herbergs- und Marktrecht zustanden, und dass er von allen Mess- und Marktgebühren befreit war. Seine Bürger hatten allein die Erlaubnis, auf ¶
mehr
öffentlichem Boden vor ihren Häusern Waren feilzubieten. Da der Bourg an der Kreuzung der Handelsstrassen nach Deutschland, Italien, Frankreich und der Provence lag, wies er einen lebhaften Verkehr auf, der den zahlreichen Herbergen reichlichen Verdienst brachte. Die öffentlichen Rechte, Freiheiten und Befugnisse der Stadt Lausanne und ihrer Ländereien wurden 1368 endgiltig im sog. Plaid général niedergelegt, der später den Namen des Code oder Coutumier de Lausanne erhielt.
Jedes der fünf städtischen Quartiere bildete ein eigenes Panner, deren Namen bis in unsere Zeit hinein sich erhalten haben. Das Panner des Bourg führte Rot mit silbernem Haupt, darüber zwei gekreuzte schwarze Schlüssel; unter ihm marschierten die Bürger des Bourg von den Toren von Martheray und Etraz bis zur Porte du Chêne, ferner die Leute von Chailly, Belmont, Pully, Échissiez und Épalinges. Das Panner der Cité war gespalten von Silber und Rot, darin ein offenes Stadttor, flankiert von zwei gezinnten Türmen in wechselnder Farbe; unter ihm marschierten die weltlichen Bürger der Cité, ferner die Leute von La Barre, Le Mont, Cugy, Morrens und Bretigny.
Das Panner von La Palud war Rot mit silbernem Haupt, darüber ein schwarzer Doppeladler; unter ihm marschierten alle Männer, die zwischen der Porte Saint Étienne, der Markttreppe (Escaliers du Marché), den Häusern von Etienne Chandelier und Jaquette Angéline, dem Tor beim Bach und dem Haus dou Gerdil wohnten, ferner die Leute von Jouxtens, Mézery, Prilly, und - in gewissen Fällen - die von Romanel. Das Panner von Le Pont war Rot mit silbernem Haupt, darauf ein schwarzer Brückenbogen; unter ihm marschierten die Bürger des Quartiers Le Pont, ferner die Leute von Cour, Ouchy, Rive, Saint Sulpice und Chavannes.
Das Panner von Saint Laurent war ebenfalls Rot mit silbernem Haupt, mit einem schwarzen Rost darüber; unter ihm marschierten alle Männer, die von den Brücken von Saint Jean bis zum Tor von Saint Laurent wohnten, ferner die Leute von Renens und Crissier. Diese ganze wehrfähige Mannschaft war dem Bischof zu einer jährlichen unentgeltlichen Diensleistung (chevauchée) von einem Tag verpflichtet; wünschte der Bischof diese Truppen für längere Zeit aufzubieten, so musste er sie um ihre Zustimmung ersuchen und ihnen zugleich einen angemessenen Sold ausrichten.
Diesen fünf städtischen Pannern oder Militärkreisen, denen auch die wehrfähige Mannschaft der benachbarten Gemeinden zugeteilt war, schlossen sich in Zeiten der Gefahr ferner die Panner der vier Kirchgemeinden von Lavaux und diejenigen von Avenches, Lucens, Villarzel, Curtilles, La Roche und Bulle an, sodass die gesamte Wehrkraft auf 15 Panner stieg.
Ziemlich verwickelt war die gerichtliche Organisation der Stadt: neben dem bischöflichen Offizial, der in Angelegenheiten der Kirche und ihrer Besitzansprüche, sowie in Ehe- und Erbschaftsstreitigkeiten Recht sprach, amteten noch besondere Gerichte für das Kapitel, die Dekanate und Priorate;
dazu kamen das allgemeine Stadtrecht (der Plaid général), die Schöffengerichte des Bourg, das Reichsgericht und verschiedene niedere Gerichte, deren Vorsitzende als Sénéchal, Sautier, Mayor, Mestral etc. bezeichnet wurden.
Eine geordnete Stadtverwaltung wurde erst nach der Vereinigung von 1481 eingeführt.
Die Geschichte der Stadt Lausanne ist eng mit derjenigen ihrer Bischöfe verknüpft und wechselt zwischen Zeiten der Grosse und solchen des Verfalles. Die im frühen Mittelalter beträchtliche Macht der damals den Titel eines Grafen der Waadt (Comte de Vaud) führenden Bischöfe wurde in der Folge immer weiter eingeschränkt, je mehr Freiheiten und Rechte sich die Bürger auf gütlichem oder gewaltsamem Wege zu verschaffen wussten. Das so sich allmählig herausbildende Stadtrecht wurde 1368 im Plaid général zusammengefasst, der der Stadt Lausanne eine für die damalige Zeit schon recht ansehnliche Selbständigkeit sicherte. In der untern Stadt regierte ein Rat mit zwei Vorsitzenden, sogenannten Prioren (prieurs), der ursprünglich von der Gesamtheit der Edeln und Bürger (citoyens et bourgeois) gewählt wurde.
Dieser allgemeinen Wählerversammlung stand überdies das Recht zu, auch über wichtige Gemeindeangelegenheiten zu beraten. Später erfolgte die Wahl des Rates und seiner Vorsitzenden durch besondere Abgeordnete der einzelnen Panner oder Quartiere der Stadt. Daneben hatte auch die Cité oder obere Stadt ihren eigenen Rat mit seinen zwei Prioren, der oft stark von der Geistlichkeit beeinflusst wurde. Diese Ausnahmsstellung der Cité verschwand mit der Vereinigung beider Städte von 1481. Neben den beiden Prioren und dem aus 12-20 Mitgliedern bestehenden obern oder kleinen Rat erscheinen seit 1494 ein sog. Rière Conseil (unterer Rat) mit stark schwankender Mitgliederzahl und seit 1517 ferner noch ein Rat der Zweihundert. 1529 ersetzte man die beiden Priore durch einen auf 3 Jahre gewählten Syndikus, der seit 1533 den Titel eines Bürgermeisters führte. Von dieser Zeit an bestand die städtische Behörde bis zur Revolution von 1798 aus dem Bürgermeister, dem obern Rat (24 Mitglieder), dem untern Rat oder Rière Conseil (60 Mitglieder) und dem Rat der Zweihundert. Damit nahm Lausanne unter den übrigen Gemeinden der Waadt eine Sonderstellung ein.
Die Stadt war nicht reich. Noch im Jahr 1512 bezog sie als einzige Einkünfte die den Juden und Lombarden oder Cahorsiens (d. h. den gegen übertrieben hohe Zinsen Geld ausleihenden Wuchern) auferlegten Steuern. Die schlecht bezahlten Stellen in der städtischen Verwaltung waren nur wenig begehrt. Sitz der Stadtverwaltung war zunächst das alte Rathaus an der Place du Pont; 1458 begann man mit dem Bau des neuen Rathauses an der Place de la Palud, das zehn Jahre später vollendet wurde.
Während der ganzen Dauer des Mittelalters blieb Lausanne vor grösseren kriegerischen Verwicklungen verschont. Dagegen waren seine Bürger stets bestrebt, ihre Rechte und Freiheiten zu erweitern. Willkommenen Anlass dazu boten ihnen die häufigen Streitigkeiten zwischen den Fürstbischöfen und dem Haus Savoyen, wobei sie sich je nach ihrem augenblicklichen Vorteil bald auf die eine oder auf die andere Seite stellten. Zu Ende des 15. Jahrhunderts erlangte die Stadt Titel und Rechte einer freien Reichsstadt und führte seit dieser Zeit den doppelköpfigen Reichsadler im Wappen. Da eine auf diese Ernennung bezügliche Urkunde im Stadtarchiv nicht vorhanden ist, nimmt man an, sie sei entwendet oder zerstört worden. Dagegen befindet sich im Archiv ein vom 5 Juli 1536 (also kurz vor der Einführung der Reformation) datierter Brief Kaiser Karls V., der ausdrücklich von der «Reichsstadt» ¶
mehr
Lausanne spricht. Nach der Schlacht bei Murten drangen die Truppen des Grafen von Greierz am 26 Juni 1476 in die Stadt ein, wo sie sich arge Ausschreitungen erlaubten, die Kathedrale plünderten und u. a. auch das seit dem 15. Jahrhundert im Dominikanerkloster La Madeleine befindliche Stadtarchiv ausraubten. Um dieselbe Zeit entstanden zwischen Stadt und Bischof zahlreiche Streitigkeiten, sodass die gegenseitigen Beziehungen sich ausserordentlich verschlechterten. Um seine Rechte zu schützen, suchte daher Lausanne Anschluss an Bern und Freiburg. Trotz des Widerstandes des Herzoges von Savoyen und des Bischofs gelang es der Stadt Lausanne nach langen Bemühungen, 1525 mit diesen beiden mächtigen Republiken ins Burgrecht zu treten, an das die der Stadt von seinen beiden neuen Verbündeten gestifteten Wappenscheiben erinnern, die heute den Sitzungsaal des Gemeinderates im Rathaus zieren.
Dieses Bündnis sollte aber nicht lange dauern. Das eben der Reformation beigetretene Genf wurde vom Herzog von Savoyen, dem Oberherrn des grössten Teiles des Waadtlandes, und dem mit ihm verbündeten Bischof von Lausanne so hart bedrängt, dass es die Berner zu Hilfe rief. Diese rückten denn auch 1536 in die Waadt ein, die sie sich ohne Mühe unterwarfen. Am nahmen die Berner Truppen unter dem General Hans Franz Nägeli die Stadt Lausanne, die gezwungen wurde, die Oberhoheit der Aarestadt anzuerkennen, «da diese behauptete, dem vertriebenen Bischof in allen Rechten nachzufolgen».
Kurz nachher führte Bern durch Erlass vom die in Lausanne von Wilhelm Farel schon seit 1529 gepredigte Reformation ein. Die Stadt wurde für den verlorenen Bischofssitz durch Stiftung einer Akademie entschädigt und für ihre verlorene Freiheit dadurch zu trösten gesucht, dass man ihr ihre eigene Gerichtsbarkeit und Verwaltung beliess und ihr einen Teil der verstaatlichten Klostergüter zu Eigen gab. Diese einstigen geistlichen Ländereien sind heute noch im Besitz der Stadt.
Die Zeit der Berner Oberhoheit war für Lausanne im allgemeinen eine Periode der Ruhe und des Friedens, aber auch des unbedingten Gehorsams und der daraus sich ergebenden Gleichgiltigkeit. Nur zweimal machten sich Regungen zur Wiederherstellung des früheren Zustandes oder zur Erlangung einer grössern Selbständigkeit bemerklich. Das von Bürgermeister Isbrand d'Aux 1588 geschmiedete Komplot zur Uebergabe der Stadt an Savoyen misslang ebenso, wie der 1723 von Major Davel geplante Versuch zur Befreiung seines Landes.
Mit Ausnahme dieser beiden Ereignisse blieb die Ruhe in Lausanne ungestört. Dagegen übte die Stadt während dieser Zeit eine weitherzige Gastfreundschaft gegenüber Flüchtlingen verschiedener Herkunft, die hier ein Asyl vor Verfolgungen suchten und fanden. Die aus Frankreich, Savoyen und einigen Teilen Deutschlands vertriebenen Protestanten wurden mit gleicher Herzlichkeit aufgenommen wie später die Richter Karls I. von England. (Doch fand einer dieser letztern, Lisle, am auf der Place de Saint François seinen Tod durch unbekannte Mörderhand). Besonders nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes kamen Tausende von Flüchtlingen ins Land, von denen sich viele (wie z. B. die Mercier, Marcel, Francillon Campart, David etc.) in Lausanne häuslich niederliessen, zu einer Korporation zusammentaten und neue Industrien einführten, die von ihren Nachkommen heute noch mit Erfolg betrieben werden.
In litterarischer und künstlerischer Beziehung war zweifellos das 18. Jahrhundert die glänzendste und regsamste Periode des Lebens in Lausanne. Damals nahmen die Edelgeschlechter der Waadt ihren Wohnsitz in der Stadt, wo nun eine glänzende Gesellschaft sich die Pflege der Litteratur, Poesie, Musik, des Theaters etc. angelegen sein liess und die zu dieser Zeit von den landschaftlichen Reizen des Genfersees angezogenen hervorragenden Fremden in ihrer Mitte aufnahm. Es kamen: J. J. Rousseau, der sich hier als Musiklehrer betätigte und Konzerte veranstaltete;
Voltaire, der sich in Mont Riond niederliess und in Mon Repos seine Theaterstücke vor einem gewählten Kreis aufführen liess;
Edward Gibbon, der hier fünf Jahre lang (1753-1758) seinen Studien lebte und später wiederkehrte (1783-1793), um seine berühmte History of the decline and fall of the Roman Empire zu vollenden;
es kamen ferner Herr und Frau Necker, Frau von Genlis, Frau von Montolieu, der berühmte Arzt Tissot, dann Raynal, Mercier u. A. Später, im Zeitraum 1790-97, suchten über tausend Flüchtlinge aus Frankreich und Savoyen in Lausanne Schutz vor den Verfolgungen der Revolution und Schreckensherrschaft, so dass einmal ein Erzbischof, zwei Bischöfe, 160 Priester und andere Religiosen, ein Fürst, 7 Herzoge und Herzoginnen, 200 Grafen und andere Edelleute, 20 Offiziere, 100 Staatsbeamte und 200 geflüchtete Kaufleute und Handwerker in der Stadt sich aufhielten.
Eines Tages sah man auf dem Rathaus drei Herzoginnen aus dem Blechgeschirr essen. Die Bevölkerungszahl wuchs derart an, dass man eine Hungersnot befürchtete, was 1797 zur Vertreibung der Fremdlinge führte. Die französische Revolution hatte auch in Lausanne die Gemüter erregt. Nachdem man am in Les Jordils den Jahrestag der Erstürmung der Bastille durch ein Bankett gefeiert hatte, schritt Bern mit grosser Strenge ein, besetzte die Stadt militärisch, verhängte harte Strafen und nötigte die Behörden zu entehrenden Demütigungen.
Mit grosser Begeisterung wurde General Bonaparte empfangen, als er auf seiner Reise nach dem Rastatter Kongress am 23./24. Novembre 1797 in Lausanne übernachtete. Am brach endlich der Aufstand gegen Bern los, der aber durchaus friedlich verlief und sich darauf beschränkte, dass die in Lausanne versammelten Abgeordneten der Waadtländer Städte sich zu einer konstituierenden Versammlung (Assemblée provisoire) vereinigten und die Unabhängigkeit ihres Landes erklärten, dem sie den Namen der Lemanischen Republik beilegten. Am Gebäude des Cercle des Négociants (Place de la Palud) wurde die grüne Landesfahne ausgehängt, auf allen Plätzen erhoben sich Freiheitsbäume, und überall verschwand das Berner Bärenwappen.
Kurz nach diesen Ereignissen marschierten die französischen Truppen auf ihrem Zug nach Bern ins Waadtland ein, und alle Kirchen und Schulhäuser verwandelten sich in Kasernen. Dann wurde die Waadt als Kanton Leman ein Glied der einen und unteilbaren helvetischen ¶
mehr
Republik. Während dieser Zeit sah Lausanne noch einmal den ersten Konsul Bonaparte in seinen Mauern, als er sich an die Spitze der über den Grossen St. Bernhard marschierenden Armee zu stellen im Begriffe war. Das Frühjahr 1802 zeichnete sich durch Volksbewegungen aus: Schaaren von Bauern, die sog. Papierverbrenner (Brûleurs de papier oder in der Mundart «Bourla papey»),
die die Wiederherstellung der alten Feudalrechte befürchteten, durchzogen das Land, plünderten überall die Archive der Städte und Schlösser und verbrannten die alten Urkunden. Vor Lausanne angekommen, zerstreuten sie sich. Bald darauf suchten die helvetischen Behörden ihre letzte Zuflucht in dieser Stadt, von wo aus sie den Widerstand gegen die neue Bundesregierung zu organisieren gedachten. Bei diesem Anlass wurde am für die katholischen Mitglieder des helvetischen Senates zum erstenmal wieder seit 1536 in der Kathedrale die Messe gefeiert.
Der durch die Mediationsakte geschaffene neue Kanton Waadt gab sich am zum erstenmal eine selbstgewählte Regierung, als deren Sitz die neue Kantonshauptstadt Lausanne bestimmt wurde. Am wählte die schweizerische Bundesversammlung die Stadt Lausanne auch zum Sitz des schweizerischen Bundesgerichtes. Seither ist die Stadt zusehends aufgeblüht und beträchtlich angewachsen.
Zur Zeit der Erstellung der Eisenbahnen drohte der Stadt die Gefahr, von diesem neuen Verkehrsmittel umgangen zu werden, so dass sich ihre Behörden zu grossen finanziellen Opfern genötigt sahen und sogar der kantonalen Regierung entgegentreten mussten, um die Linie Bern-Lausanne zu erlangen. Die die Entwicklung der Stadt hindernden Ringmauern und Türme sind seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts bis auf wenige Reste gefallen.
Verschiedenes; berühmte Männer.
Lausanne ist die Heimat oder der Aufenthaltsort einer grossen Zahl von bedeutenden Männern und Geschlechtern gewesen. Von Stadtbürgern seien neben vielen Andern folgende genannt: der Philosoph Allamand (1709-1784) und sein Bruder der Physiker Allamand (1713-1787);
das Geschlecht de Chandieu-Villars;
der Generalmajor Henri de Charrière (1715-1792), der Erzieher des Erbprinzen von Hessen-Kassel Salomon de Charrière (1724-1793) und der Historiker Pierre Marc Louis de Charrière (1795-1874);
das Geschlecht Clavel de Brenles;
das Geschlecht Constant de Rebecque mit dem Schriftsteller Benjamin Constant (1767-1830);
Frau von Charrière (1740-1805), die Verfasserin der Lettres écrites de Lausanne;
das Geschlecht de Crousaz mit dem Schriftsteller Jean Pierre de Crousaz (1663-1750);
der Historiker Abraham Ruchat (1678-1750);
der Astronom und Physiker Jean Philippe Loys de Cheseaux (1718-1751) und der Physiker und Nationalökonom Charles Louis Loys de Cheseaux (1730-1789);
der Arzt Auguste Tissot (1728-1797), Verfasser des Avis au peuple sur sa santé;
der Dekan Louis Auguste Curtat (1759-1832);
der Schriftsteller Deyverdun (1734-1789), Mitarbeiter von Gibbon;
der Pfarrer Louis Fabre (1797-1871);
das Geschlecht de Loys mit dem gelehrten Historiker Charles de Loys de Bochat (1695-1754);
der Chirurg Mathias Mayor (1775-1817);
die Schriftstellerin Isabelle de Montolieu (1751-1832);
der Schriftsteller Dekan Philippe Sirice Bridel (1757-1845) und der Naturforscher, Erzieher der Prinzen August und Friedrich von Sachsen-Koburg-Gotha und Privatsekretär des Grossherzogs Samuel Élie Bridel (1761-1828);
das Geschlecht Polier de Bottens;
der Dichter Jean Jacques Porchat (1800-1864);
der Rechtsgelehrte Charles Secrétan (1784-1858), der Rechtsgelehrte und Historiker Édouard Secrétan (1813-1870) und der Moralphilosoph Charles Secrétan (1815-1895);
der Arzt und Historiker Auguste Verdeil (1795-1856);
Alexander Vinet (1797-1847);
Eugène Rambert (1830-1886);
der hervorragende Physiker Louis Dufour (1832-1892);
der Geschichtschreiber der Reformation Aimé Louis Herminjard (1817-1900);
der Militärschriftsteller Ferdinand Lecomte (1826-1899);
die Schriftsteller und Dichter Henri Warnery (1859-1902) und Louis Favrat (1827-1893);
der Jurist und Politiker L. Ruchonnet (1834-1893), und noch viele Andere.
1756 wohnte Voltaire im Landhaus Mont Riond-Dapples (später ebenfalls Heim des berühmten Arztes Tissot) und im Haus Rue du Grand Chêne 6. Er liess seine neuen Tragödien oder, wie er sie zu nennen pflegte, die oiseaux du Léman auf einer kleinen Bühne im Landhaus Mon Repos in Villamont aufführen. Das einst dem Chorherrn Benoît de Pontareuse gehörende haus an der Place de la Madeleine, das nach der Reformation von der Stadt angekauft wurde und nun in Bälde abgetragen werden soll, diente den ersten reformierten Pfarrern von Lausanne vom Ex-Karmeliter Pierre Caroli (1536) bis J. P. L. Ricou (1838) als Amtswohnung. In diesem Haus, das auch von Viret 15 Jahre lang bewohnt wurde, fanden sich die drei Reformatoren Calvin, Viret und Farel oft zusammen.
Das Haus Forney (Rue de Bourg 16) war während des ganzen 18. und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Namen des Lion d'Or ein berühmter Gasthof, wo alle bedeutenden Fremden abstiegen. Zu Ende des 18. Jahrhunderts hat auch das ehemalige Haus Steiner (an der Stelle des heutigen Cercle de Beau Séjour) eine gewisse Rolle gespielt: es war 1798 Hauptquartier des Generales Ménard und diente den Generalen Brune, Pouget und Bonaparte (1800) mit Murat und A. Marmont als Absteigequartier; in seinem Hof wurden am 40 den Bernern abgenommene Kanonen aufgefahren.
Berthier wohnte 1800 im haus Haller an der Rue de Bourg, das im Juin 1799 auch den General Suchet beherbergt hatte. Die der Reihe nach aus Aarau, Luzern und Bern vertriebene helvetische Regierung, die sich am nach Lausanne geflüchtet hatte, nahm ihren Wohnsitz in Beau Séjour. Das Landhaus La Chablière war im 18. Jahrhundert die Wohnung des Prinzen Ludwig von Württemberg, der hier eine grosse Anzahl von berühmten Ausländern empfing (vergl. darüber das illustrierte Werk des während des deutschfranzösischen Krieges als Botschafter der Vereinigten Staaten in Paris lebenden Generales Meredith Read: Historie studios in Vaud, Berne and Savoy. London 1897). Der in Ungnade gefallene Minister Necker fand Zuflucht im Schloss Beaulieu, wo ihm seine Frau Suzanne Curchod starb.
Während der Erhebung der Waadt haben im Januar 1798 auch das Haus Morin (Place de la Palud 21) und das Haus Bugnion (Rue du Grand Chêne 1) eine Rolle gespielt. 1815 bewohnten drei Brüder Napoleons das Landgut La Rosière. In der Auberge de l'Antre (heute Hôtel d'Angleterre) in Ouchy schrieb im Juni 1816 der hier durch einen Sturm zwei Tage lang aufgehaltene Lord Byron seinen Gefangenen von Chillon. Der berühmte englische Schauspieler Kemble, dessen Standbild in der Westminster-Abtei zu London steht, starb 1823 im Landhaus Beau Site (Strasse nach Vevey). Im Landhaus La Rosière wohnte und starb 1832 die Königin Katharina von Westfalen, Gemahlin von Jérôme Bonaparte. Auch dieser letztere selbst hielt sich mehrere Jahre in Lausanne (Beau Séjour) auf.
Im Mittelalter kehrten alle über den Grossen St. Bernhard nach Italien ziehenden deutschen Kaiser und alle auf demselben Weg nach Frankreich oder Deutschland reisenden Päpste in Lausanne ein. Ob Dante die Stadt besucht habe, ist noch umstritten. Dagegen hatte Lausanne die Ehre, eine grosse Reihe anderer berühmter Gäste in seinen Mauern zu sehen. Es genüge, folgende Namen aufzuführen: Benvenuto Cellini, Theodor von Beza, Rousseau, Voltaire, Gibbon, Chevalier de Boufflers, Goethe, Haller, Necker, Joseph und Xavier de Maistre, Fürst zu Lippe, Markgraf von Baden, Kaiser Joseph II., Fox, Benjamin Constant, Bonaparte und die Generale der nach Italien bestimmten Armee, Chateaubriand, Lamartine, Frau von Staël, Byron, Adam Mickiewicz (der grosse polnische Dichter), Sainte Beuve, der amerikanische Erzähler Fenimore Cooper (der sich besonders an der Aussicht vom Signal begeisterte), Charles Dickens (der sich besonders für die Blindenanstalt interessierte), Königin Amalie, Prinzessin von Orléans, Prinz von Condé, Herzog von Aumale, Gambetta, Thiers, Victor Hugo, Ruskin, der Prinz von Wales (jetzt König Eduard VII. von England), Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, Herzog Philipp von Orléans. In Lausanne haben studiert der ehemalige und der jetzige deutsche Reichskanzler Fürst Hohenlohe und Graf von Bülow.
Epidemien, Feuersbrünste, Ueberschwemmungen etc.
Die im Mittelalter so oft auftretende Pest oder der «Schwarze Tod» hat Lausanne häufig und zuletzt noch ¶