mehr
mineralogischen und lokal-geologischen Handstücke nicht zu einem Ganzen vereinigt waren.
Nachdem 1852 das archäologische Museum gegründet worden war, entwickelte sich namentlich seine Abteilung für Funde aus der Pfahlbau-, Römer- und helvetisch-burgundischen Zeit dank den Schenkungen von Frédéric Troyon, des ersten Konservators des Museums, und von Morel-Fatio zu einer reichen und wohlgeordneten Sammlung. Das von Frau von Rumine gegründete Industriemuseum (Musée industriel) an der Rue Chaucrau ist städtisches Eigentum, enthält auf Handel und Industrie bezügliche Sammlungen und Modelle und wird ebenfalls im Ruminepalast untergebracht werden.
Der «Service cantonal des monuments historiques» soll die Ausgrabungen, das Studium, die Erhaltung und würdige Ausbesserung kantonaler historischer Kunstdenkmäler leiten. Die von Paul Vionnet, einem ehemaligen Pfarrer, 1903 gegründete historiographische Sammlung oder das historische Museum endlich ist eine Sammlung von geschichtlichen Dokumenten und von Bildnissen solcher Männer, die im Kanton Waadt eine hervorragende Rolle gespielt haben.
Den höheren Unterrichtsanstalten schliessen sich eine Reit- und eine Fecht- und Schiessschule an, die zwar unter privater Leitung stehen, aber vom Staat unterstützt werden und dadurch den Zöglingen offizieller Anstalten leicht zugänglich sind.
Dem beruflichen Unterricht dienen die städtische Haushaltungsschule und Schule für Damenschneiderei, die Hotelfachschule in Cour, die von Frau von Gasparin gegründete Schule für Krankenpflegerinnen «La Source», die weitherum rühmlich bekannte Blindenanstalt und andere Anstalten mehr. Infolge der Ereignisse von 1845 entstand 1847 eine von der Studienkommission der freien Kirche der Waadt geleitete freie theologische Fakultät, mit der eine Bibliothek von 40000 Bänden (mit wertvollen Manuskripten) und ein Missionsmuseum verbunden sind.
Dieses letztere ist 1872 angelegt worden und enthält eine grosse Anzahl von Gegenständen, die die Sendboten der Mission Romande aus Afrika mit nach Hause gebracht haben. Eine Vereinigung von Berufsmusikern und Musikliebhabern gründete 1860 die Musikschule (Institut de musique), die von etwa 200 Schülern besucht wird und an der etwa 10 Lehrer Unterricht in Theorie, Harmonielehre, Gesang, Violin-, Klavier- und Violoncellospiel etc. erteilen. Lausanne besitzt ein ständiges Streichorchester, das im Winter Volks- und grosse Abonnementskonzerte veranstaltet, ferner ein Theater, das im Winter Dramen und Komödien und im Frühjahr komische Opern und Operetten aufführt, einen Kursaal mit Variété-Bühne und endlich ein Volkshaus (Maison du Peuple), in dem klassische Volkskonzerte gegeben und Vorträge gehalten werden.
Neben der Kantonsbibliothek gibt es in Lausanne noch etwa 20 verschiedene Spezialbibliotheken (z. B. die schon genannte Bibliothek der freien theologischen Fakultät mit 40000 Bänden, die Bibliothek der litterarischen Gesellschaft oder des Cercle littéraire mit 10000 Bänden etc.) und mehrere Lesegesellschaften. An Gesellschaften und Vereinen zählt man etwa 350, worunter 14 Bibliotheksgesellschaften, 18 religiöse Vereine, 72 gemeinnützige Gesellschaften, 54 Musik- oder Gesangvereine, 12 Studentenverbindungen, 14 sportliche Vereinigungen, 52 verschiedene Gesellschaften (Cercles, Klubs, Syndikate, litterarische oder dramatische Vereine, Kunstgesellschaften etc.). Neben verschiedenen Quartiervereinen bestehen seit 1874 auch ein städtischer Verkehrsverein (Société pour le développement de Lausanne), seit 1899 eine Volkshausgesellschaft (Société de la Maison du Peuple) und seit 1898 eine Association du Vieux Lausanne, die historische und archäologische Gegenstände aus der Vergangenheit der Stadt sammelt und dem Musée municipal du Vieux Lausanne übergibt. Den beruflichen Unterricht pflegt ein Gewerbe- und kaufmännischer Verein (Société industrielle et commerciale). Der 1900 gegründete Pressverband (Association de la Presse vaudoise) endlich vertritt die Interessen von etwa 100 Journalisten und Schriftstellern.
Stadtverwaltung.
Wie in allen Waadtländer Gemeinden von mehr als 800 Ew. besteht auch in Lausanne ein Gemeinderat, der hier aber die gesetzgebende und Aufsichtsbehörde vorstellt, während als ausübende Verwaltungsbehörde noch ein besonderer Stadtrat eingesetzt ist. Der Gemeinderat untersteht dem allgemeinen Stimmrecht und besteht aus 100 Mitgliedern (mit 15 Kandidaten oder Stellvertretern), die von der Gesamtheit aller seit mehr als 3 Monaten in der Gemeinde niedergelassenen stimmberechtigten Schweizerbürger auf die Dauer von 4 Jahren gewählt werden und nach Ablauf dieser Zeit stets wieder wählbar sind.
Der Gemeinderat übt die Aufsicht und Kontrole über die Tätigkeit des Stadtrates aus, er bestimmt den Steuerfuss, setzt das Budget fest, genehmigt oder verwirft neue Ausgaben, städtische Neubauten, Anleihen, den Kauf und Verkauf von Liegenschaften, entscheidet über die Aufnahme von neuen Bürgern etc. Je zu Beginn seiner Amtsdauer wählt der Gemeinderat die 5 Mitglieder des Stadtrates (la Municipalité), die folgende Verwaltungsabteilungen unter sich verteilen: 1. Allgemeine Verwaltung und Polizei, 2. Finanzen, 3. Liegenschaften, 4. Bauwesen, 5. Schulwesen.
Der Präsident des Stadtrates oder «Syndic» steht der allgemeinen Verwaltung und dem Polizeiwesen vor. Unter dem Stadtrat stehen etwa 700 städtische Beamte, Angestellte und Arbeiter, die zusammen einen jährlichen Gehalt von 1600000 Fr. beziehen. Infolge der bedeutenden von der Stadt ausgeführten industriellen Unternehmungen, die teilweise schon Reingewinn abzuwerfen beginnen (Gas- und Wasserversorgung, Elektrizitätswerk), und anderer grosser Arbeiten (Kauf und Zuleitung von Quellwasser, Bau neuer Strassen, Gewinnung der Wasserkraft der Rhone etc.) sind Ausgaben und Schulden der Stadt rasch gestiegen. Während sich 1803 Ausgaben und Einnahmen mit 36552 Fr. noch das Gleichgewicht hielten, betrugen 1903 die Einnahmen 3624850 Fr. und die Ausgaben 3971500 Fr., wobei aber das Budget des auf besondere Rechnung arbeitenden Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerkes nicht mitgezählt ist.
Das städtische Reinvermögen betrug 1862 5½ Millionen Fr., 1866 noch 4½ Millionen, 1882 noch 1034871 Fr., 1885 noch 446283 Fr. und 1888 noch 164221 Fr. Seit 1889 weist das städtische Budget ein Defizit auf, das jedes folgende Jahr gestiegen ist und 1902 bereits eine Gesamtsumme von 9306790 Fr. erreicht hat. Ebenso sind auch die von der Stadt durch Aufnahme von Anleihen eingegangenen Schulden beständig gestiegen, sodass sie 1903 die Summe von 40235000 Fr. erreicht haben (Anleihen 1892-99 zusammen für 41300000 Fr.). Die Passiven der Bilanz sind aber in Wirklichkeit weniger gross als es die angeführten Zahlen anzugeben scheinen und rühren von der für die Gemeinden der Waadt durch Gesetz vorgeschriebenen Art der Rechnungsführung her. Im Gegensatz zu der anderweitig (z. B. in der eidgenössischen Staatsrechnung) üblichen Gepflogenheit verzeichnet diese z. B. im Inventar den Wert der toten Liegenschaften (Kirchen, Schulen, öffentlichen Gebäuden etc.), der in Lausanne 1902 volle 5128527 Fr. betrug, nicht mit unter den Aktiven; ebenso wird der Wald nur mit seinem Bodenflächenwert in die Rechnung eingesetzt, während sein Ertrag doch 11% dieses Wertes beträgt. Früher genügten die Zinse der Guthaben und der Ertrag der Liegenschaften zur Deckung ¶
mehr
der laufenden Ausgaben. Mit ihrem zunehmenden Wachstum hat dann die Stadt, um allen Anforderungen der Neuzeit genügen zu können, immer schwerere Lasten übernehmen müssen. Die notwendig gewordenen Einrichtungen tragen aber z. T. jetzt schon wieder einen Reingewinn ab (z. B. Gas- und Elektrizitätswerk) oder werden dies sicherlich in naher Zukunft tun (Wasserwerk). Die Bewohner von Lausanne haben 1857 ihre erste Bekanntschaft mit derjenigen Einrichtung gemacht, die man Gemeindesteuer nennt.
Diese ergab schon 1866 eine Summe von 130000 Fr. und stieg 1903 (nach dem Budget) auf 1702000 Fr. Es werden erhoben: eine progressive Grundsteuer auf den Katasterwert aller Liegenschaften (zusammen 179071000 Fr., exkl. die dem Staat gehörenden Liegenschaften auf Stadtboden, die zu 28796708 Fr. gewertet sind) unter Abrechnung der darauf haftenden Hypothekarschulden (1902: 82876275 Fr.);
eine ohne Rücksicht auf Hypothekarschulden angesetzte Steuer auf den Verkaufswert dieser Liegenschaften, der durch eine Spezialkommission 1903 auf 229 Millionen Fr. (226 Millionen für den städtischen und 3 Millionen für den ländlichen Anteil an der Gemeinde) festgesetzt worden ist;
eine Progressivsteuer auf das bewegliche Vermögen (1902: 4226 Steuerpflichtige mit 164740860 Fr. Vermögen);
eine Einkommenssteuer (1902: 5801 Pflichtige mit 7846575 Fr.);
eine Steuer auf Renten und Nutzniessungen (1902: 558 Pflichtige mit 949275 Fr.);
eine Taxe (Mutationsgebühr) auf Käufe, Abtretungen und Teilungen (1902: 45455 Fr.);
eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (1902: 168931 Fr.);
eine Patentsteuer auf den Verkauf geistiger Getränke (1902: 42581 Fr.);
eine Billardsteuer (2181 Fr.);
eine Luxus (Wagen) steuer, Mietwertsteuer (1902: 151047 Fr.) und Hundesteuer.
Dazu kommt seit 1903 noch eine von 3 bis 300 Fr. schwankende Kopfsteuer (240000 Fr.).
Der Katasterwert des gesamten Grundeigentums betrug 1900: 167545300 Fr. und 1902: 179071000 Fr., während die darauf lastenden Hypothekarschulden sich 1900 auf 75023500 Fr. und 1902 auf 82876275 Fr. beliefen. Das zu versteuernde bewegliche Vermögen ist von 170 Millionen Fr. im Jahr 1900 auf 164740860 Fr. im Jahr 1902 gesunken; das der Steuer unterworfene Einkommen betrug 1902 die Summe von 7846576 Fr. Der Stadtrat verwaltet auch die Armenkasse, deren Aktiven bei einem Kapital von 1938683 Fr. 35 Rp. Ende 1902 den Betrag von 2130705 Fr. 37 Rp. erreichten.
Davon wurden im genannten Jahr für Unterstützungen und Unterhalt der der Kasse gehörenden Ländereien 177158 Fr. 25 Rp. ausgegeben und als Ertrag der Domänen 127652 Fr. 11 Rp. eingenommen. Das Defizit der Armenkasse muss nach Gesetz von der Stadtkasse gedeckt werden. Dieser Armenkasse gehören u. a. die Rebberge, die den unter dem Namen «Dézaley de la Ville» berühmten Wein liefern. Die schönen Stadtwaldungen werfen jährlich einen Ertrag von 170000 Fr. ab. Landesfremde, die nicht in der Schweiz geboren sind und im Kanton Waadt keinerlei mit Einkommen verbundenen Beruf ausüben, bezahlen erst nach zweijährigem Aufenthalt Steuern und auch dann nur auf ihr Mobiliar, sofern dessen Wert die Summe von 5000 Fr. übersteigt.
Wertschriften, Guthaben, Aktien, bares Geld sind für sie auch dann steuerfrei, wenn sie im Kanton selbst angelegt werden. Erst nach mindestens 10jährigem Aufenthalt in Lausanne oder an einem andern Ort des Kantons wird der Landesfremde dem Einheimischen in Bezug auf die Steuerpflicht vollständig gleichgestellt, und dies zudem nur dann, wenn er sich zur endgiltigen Niederlassung entschliesst. Der gesamte Steuerertrag belief sich 1901 auf 1477536 Fr. und 1902 auf 1378810 Fr. und verteilte sich wie folgt:
1901 Fr. | 1902 Fr. | |
---|---|---|
Grundsteuer | 353013 | 362597 |
Vermögens- und Einkommenssteuer | 593237 | 570388 |
Mutationsgebühren | 29251 | 45455 |
Erbschaftsgebühren | 286470 | 168931 |
Mietwertsteuer | 145313 | 151047 |
Verschiedenes | 70252 | 80392 |
Zusammen | 1477536 | 1378810 |
Die Stadt verwaltet folgende Spezialfonds: die Ruminestiftung, aus der die Universitätsgebäude erstellt worden sind;
die Pradèsstiftung (1869), aus welcher drei arme Mädchen eine sorgfältige Erziehung erhalten sollen;
die Stiftung Effinger von Wildegg (1849) zur Unterstützung bejahrter Dienstboten;
die Bugnionstiftung (1803), die armen Kranken eine Badekur in Aix ermöglichen soll;
die Joëlstiftung (1890) zur Verteilung von Preisen an die besten Volksschüler;
die Stiftung J. J. Faure (1887), die in Bedrängnis geratenen Professoren, Lehrern und Lehrerinnen helfen soll;
die Stiftung von Fräulein F. Dussieur (1721) zu Gunsten bedürftiger Studierender der Theologie;
die Stiftung J. J. Peytregnet (1893), aus der an arme Schüler Schuhwerk abgegeben wird;
die Alterskasse des Polizeikorps;
den Fonds Bippert (1897), aus dem zwei aus der Volksschule hervorgegangene Lehrlinge unterstützt werden;
die nach ihrem Gründer benannte Bad- u. Waschanstalt Haldimand;
den Fonds Bessières (1901) zum Bau einer Brücke Cité-Caroline;
den Fonds des Industriemuseums.
Gas, Wasser und Elektrizität.
Die Ende 1897 geschaffene Verwaltungsabteilung zur Versorgung der Stadt mit Gas, Wasser und Elektrizität ist der Direktion des städtischen Bauwesens unterstellt. Die städtische Beleuchtung ¶
mehr
bestand bis 1846 aus einer Anzahl von Oellaternen, die an quer über die Strassen gespannten Drahtseilen hingen.
Der Chemiker Friedrich Loba aus Rolle machte dann auf der Place de la Riponne am die ersten Versuche mit der Gasbeleuchtung. Zu diesem Zwecke entstand darauf 1847 eine Gesellschaft, die sich nach wechselvollen Schicksalen 1857 zur «Société lausannoise d'éclairage et de chauffage par le gaz» auswuchs. Diese trat am ihren ganzen Betrieb samt allen Einrichtungen um die Summe von 592599 Fr. an die Stadt ab. Die Gasfabrik steht in Ouchy nahe dem Seeufer, da die Kohlen vor dem Bau der Bahnen auf dem Seewege hergebracht wurden. Da sie den stets wachsenden Bedürfnissen kaum mehr zu entsprechen vermag, plant man den Bau einer neuen Gasfabrik in Renens, wo schon ein dazu geeigneter Bauplatz angekauft worden ist.
Die Frage der Trinkwasserversorgung hat in Lausanne während nahezu 30 Jahren zu heftigen Debatten Veranlassung gegeben, scheint aber 1901 ihre endgiltige Lösung gefunden zu haben. In diesem Jahr übernahm die Gemeinde um die Summe von 2035385 Fr. sämtliches der «Société des eaux de Lausanne» gehörende Wasser zusammen mit allen in deren Magazinen vorrätigen Gerätschaften und Installationsmaterialien. Die damit von der Stadt erworbene Wassermenge wurde durch 50 Messungen auf durchschnittlich 3588 Minutenliter bestimmt und schwankt zwischen 2911 und 3840 Minutenlitern. 1902 betrug der tägliche Verbrauch auf einen Einwohner 135 Liter, während er vor der Aufstellung von Wasseruhren, als der Verbrauch den Abonnenten noch völlig freigegeben war, 560 Liter erreicht hatte. Im August 1903 hat die Stadt dazu noch endgiltig das Wasser übernommen, das sie durch Vertrag vom von der «Société électrique Vevey-Montreux» erworben hatte und dessen Menge vom 1. Mai bis 31. Oktober 13000 und vom 1. November bis 30. April 7000, im Mittel also 10000 Minutenliter beträgt.
Dieses Wasser stammt aus den Quellen der bei L'Étivaz (Pays d'Enhaut) sich vereinigenden Thäler der Eau Froide und Torneresse und gelangt durch eine 25 km lange Röhrenleitung (wovon etwa 12 km in Stollen) in das über Montreux in 705 m Höhe gelegene Reservoir von Sonzier, aus dem sie die Stadt Lausanne entnimmt. Die von der Gemeinde Lausanne erstellte Leitung Sonzier-Lausanne ist 28500 m lang und besteht ganz aus gusseisernen Röhren von 500 mm Durchmesser. Die Stadt verfügt jetzt über eine so bedeutende Wassermenge, dass das Reservoir von Montalègre beständig gefüllt gehalten werden kann. An der Place de l'Ours vereinigt sich dieses Quellwasser aus dem Pays d'Enhaut mit demjenigen, das vom Calvaire herabkommt.
Kommt ersteres in Ueberfülle, so genügt es den Bedürfnissen der Stadt für sich allein, staut das andere zurück und kann selbst zum Teil bis in die Brunnenstube des Calvaire hinaufgepresst werden, aus der es dann im Ueberlauf dieses Reservoirs abfliesst. Diese Fülle von reinem Quellwasser ist ein hygienischer Faktor ersten Ranges, da sie durch die Ueberläufe und Brunnen ihren Weg in die Abzugskanäle findet und diese beständig sauber ausspült. Die von zwei von einander unabhängigen grossen Wasserleitungen (Quellen des Pays d'Enhaut und von Pont de Pierre) gespiesene Stadt Lausanne scheint jetzt vor jedem Wassermangel geschützt zu sein, auch wenn etwa die eine oder andere Röhrenleitung brechen sollte.
Das Wasser ist zugleich sehr rein und sehr frisch; beim Eintritt ins Reservoir schwankt seine Temperatur zwischen 7° und 9° C. Die von der Wasserversorgung nach Lausanne geführte Menge von Trinkwasser beträgt im Maximum 19500, im Minimum 10900, im Mittel 15200 Minutenliter. Dazu kommen noch die Quellen der Société de Pierre Ozaire und der Société de Moille ès Donnes, die im Maximum 1500, im Minimum 500 und im Mittel 1000 Minutenliter liefern. Die Gesamtwassermenge, über welche die Stadt verfügen kann, beträgt somit im Maximum 21000, im Minimum 11400 und im Mittel 16200 Minutenliter, was bei einer Bevölkerung von 48000 Ew. pro Kopf und Tag im Maximum 630, im Minimum 342 und im Mittel 486 Liter ausmacht.
Diese Zahlen gelten allein für das Trinkwasser. Wie vorzüglich Lausanne in dieser Beziehung versorgt ist, ergibt sich daraus, dass man allgemein ein Wasserquantum (Trink- und Brauchwasser zusammen) von 200 Litern pro Kopf und Tag als zur Befriedigung aller Bedürfnisse notwendig und ausreichend erachtet (Zürich 243, St. Gallen 150, Basel 124 Liter). Die Stadt Lausanne war 1902 im Besitz folgender Quellen: Aeltere Quellen, deren Wasser sich im Reservoir des Calvaire sammelt (Quellen von Chalet à Gobet, Les Cases, Bas Mont, Pont de Pierre), zusammen 4727,8 Minutenliter;
Quellen des Pays d'Enhaut, deren Wasser in die Reservoire von Montalègre und Calvaire gelangt, zusammen 7000 Minutenliter;
die nach Bellevaux und Le Solitaire geführten Quellen (Le Mont, Saint Hippolyte, La Naz, Pré Marin, La Blécherette), zusammen 834,7 Minutenliter.
Mittlere Temperatur des Wassers 7,6° C., Gesamtwassermenge 1902: 3596956 m3.
Neben der städtischen Wasserversorgung müssen wir aber noch eines privaten Unternehmens gedenken, der Compagnie du Lausanne-Ouchy et des Eaux de Bret, die 1873 von J. J. Mercier in der Absicht gegründet worden ist, das Wasser des 15 km ö. der Stadt liegenden Lac de Bret nach Lausanne zu führen, um damit die Drahtseilbahn Lausanne-Ouchy zu treiben und zugleich noch Brauch- und Triebwasser für andere Zwecke zu gewinnen. Es handelte sich darum, das Wasser bis zum Reservoir in Chailly über Lausanne zu leiten und von diesem aus eine Röhrenleitung in die Stadt hinunter zu legen.
Diese Arbeiten begannen im Juli 1874 und waren am vollendet. Die seit dem regelmässig funktionierende Wasserabgabe in die Stadt hat nach und nach einen ganz beträchtlichen Umfang angenommen, sodass der Lac de Bret allein nicht mehr genügte und ein Teil des zur Broye fliessenden Grenet in ihn abgelenkt werden musste. Dieses Bretwasser findet in Lausanne Verwendung als Brauchwasser, Triebkraft für die Seilbahn und verschiedene industrielle Betriebe, sowie zur Strassenreinigung, während es in Morges und einigen Dörfern der Umgebung als Brauchwasser dient. So treibt es z. B. die Turbinen der Seilbahn Lausanne-Ouchy und Lausanne-Gare, diejenigen des Elektrizitätswerkes und die Pressen verschiedener Buchdruckereien; es speist die Lokomotiven der Bundesbahnen, eine Badanstalt, Waschanstalt und die Dampfkessel im Kantonsspital und gelangt endlich auch dm Schlachthaus zu reichlicher Verwendung. ¶
mehr
Lausanne hat als eine der ersten Städte in Europa eine Elektrizitätszentrale zur Abgabe von Licht an Abonnenten geschaffen. Schon 1882 entstand hier die «Société suisse d'électricité» die eine vom Wasser des Bret getriebene Turbinen- und damit verbundene Dynamoanlage einrichtete. Diese Zentrale hatte bis zu 2000 Glühlampen zu speisen und arbeitete bis 1901 regelmässig fort. 1894 konstituierte sich die Société des tramways lausannois mit zwei (später drei) Gasmotoren nach System Crossley zu je 140 PS und einer Akkumulatorenbatterie Pollak mit 650 Stundenamperes, die ausschliesslich für den Betrieb der Strassenhahnen verwendet wurden. Um der Stadt die Verfügung über eine den gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnissen genügende elektrische Kraft zu Beleuchtungs- und motorischen Zwecken zu sichern, erwarben die städtischen Behörden 1898 eine der Rhone bei Saint Maurice zu entnehmende Wasserkraft von 14000 PS und beauftragten eine besondere Gesellschaft mit deren Umwandlung in elektrischen Strom und dessen Ueberführung nach Lausanne. So entstand eines der bedeutendsten Wasser- und Elektrizitätswerke von ganz Europa.
Die in Saint Maurice erzeugte elektrische Kraft wird als Dauerstrom mit einer Spannung von 22000 Volts (der höchsten bis jetzt für eine Kraftübertragung in Anwendung gekommenen Spannung überhaupt) durch eine 56 km lange Leitung nach Lausanne geführt. Heute arbeiten im Werk 5 Turbinen zu 1000 PS mit einem Fall von 32 m. In Lausanne nimmt den Strom eine Transformatorenstation (die sog. Usine transformatrice) auf, die in Pierre de Plan nö. der Stadt auf einer Anhöhe rechts der Strasse Lausanne-Bern steht.
Von hier durchziehen die Stadt zwei von einander unabhängige unterirdische Kabelnetze (eines für die Beleuchtung und eines für Kraftzwecke) mit einer Spannung von je 3000 Volts; fünf Nebenstationen verteilen den Strom in die einzelnen Strassen und Quartiere, wo ihn metallene Transformatorenhäuschen mit drehbarem Mantel aufnehmen und seine Spannung auf 216 Volts herabsetzen. Das Beleuchtungsnetz ist zur Speisung von 27000 Glühlampen von je 16 Kerzen eingerichtet.
Die öffentliche Beleuchtung zählte Ende 1903 78 Bogen- und 93 Glühlampen, die private dagegen 26354 Glühlampen (worunter 87 Nernstlampen) mit 1180 Kilowatts und 136 Logenlampen. Der Strom für Kraftzwecke treibt neben den städtischen Strassenbahnen mit einem Stundeneffekt von 1400000 Kilowatts noch 145 Motoren und 56 zur Heizung oder zu medizinischen Zwecken dienende Apparate (330 Kilowatts), die zusammen eine Arbeit von 2714 Kilowatts erfordern. Das jetzt im Betrieb stehende primäre und sekundäre Kabelnetz hat eine Länge von 68664 m. Die Station von Pierre de Plan sendet ausserdem noch durch zwei Luftleitungen Licht nach den Nachbargemeinden Lutry, Paudex, Pully (im O.), Renens (mit dem wichtigen Bahnhof Renens), Crissier und Écublens (im N. und W.) und Kraft nach der Zementfabrik Paudex und der Fabrik für chemische Produkte in Monthey.
Die Stadt Saint Maurice bezieht ihre elektrische Beleuchtung direkt vom Zentralwerk an der Rhone. Bis Ende 1902 betrug die von der Gemeinde Lausanne an das ganze Unternehmen vorgeschossene Summe 8026688 Fr., von denen die Konzessionsgebühren 438785 Fr. und die Einrichtung der Zentrale 1805784 Fr. erforderten. Dieser ganze elektrische Betrieb hat am seine regelmässige Arbeit aufgenommen und bis jetzt folgende finanzielle Ergebnisse geliefert:
Einnahmen Fr. | Ausgaben Fr. | Differenz Fr. | |
---|---|---|---|
1901 (vom 1. August an) | 183073 | 218273 | -35200 |
1902 | 405807 | 615105 | -209298 |
1903 (nach Budget) | 726500 | 702200 | +24300 |
1904 (nach Budget) | 890300 | 726900 | +163400. |
Den Sicherungsdienst gegen Feuersgefahr besorgen eine dem städtischen Polizeiwesen unterstellte Feuerwehrkommission und ein aus Freiwilligen rekrutiertes und seit 1882 militärisch organisiertes Feuerwehrbataillon von 526 Mann, das von einem höhern Offizier geleitet und verwaltet wird. Es umfasst neben dem Stab eine für den Dienst in der Stadt selbst bestimmte Kompagnie von 369 Mann und eine aus 8 Zügen bestehende Kompagnie von 151 Mann für den Dienst in den Aussenquartieren. Die Feuerwehrmänner sind beim schweizerischen Feuerwehrverein versichert und besitzen eine eigene Hilfskasse, die von der Feuerwehrkommission verwaltet und nur in ganz besondern Fällen in Anspruch genommen wird, sowie eine 1884 gegründete Alterskasse, die an solche Feuerwehrmänner Renten auswirft, die nach erreichtem 50. Altersjahr während voller 20 Jahre ununterbrochen im aktiven Dienst gestanden haben.
Verwaltungsbehörden.
Als Hauptort des Kantons Waadt, des gleichnamigen Bezirkes und Kreises, sowie verschiedener anderer Verwaltungseinheiten ist Lausanne der Sitz einer grossen Anzahl von Verwaltungen und beherbergt in seinen Mauern neben den städtischen Behörden die Kreisbehörden (Friedensrichter, Untersuchungsrichter in Strafsachen und Schiedsgericht), dann die Bezirksbehörden (Statthalter, Bezirksgericht, Kataster- und Hypothekarkontrolle, Einnehmer) und endlich die kantonalen Behörden (Grosser Rat, Staatsrat, Kantonsgericht, Staatsanwaltschaft, kantonale Verwaltung überhaupt).
Lausanne ist ferner Sitz des Bundesgerichtes, einer Kreisdirektion der Bundesbahnen, der Direktion des 5. Zollkreises, des 2. Postkreises und des 1. Telegraphenkreises. Waffenplatz der ersten Armeedivision. Die Stadt gehört zum 43. eidgenössischen Wahlkreis und in kantonaler Hinsicht zum 2. Kirchenkreis, 1. Strassenverwaltungskreis, 3. Militärkreis, 3. Eichkreis und 4. Forstkreis. Die Gemeinde umfasst den 9. und 10. kantonalen Schuldbetreibungskreis, einen Zivilstandskreis, eine Militärsektion, sieben Viehschauerkreise und 18 Wahlsektionen. Pfarrgemeinde der Landeskirche (7 Pfarrer) und der deutsch-reformierten Landeskirche (2 Pfarrer) mit einem Kirchenrat; Freie Kirche mit 5 Pfarrern und einem Rat der Alten, anglikanische Kirche mit einem Reverend, römisch-katholische Kirche mit einem Verwaltungsrat und 4 Pfarrern, deutsche evangelische Kirche mit einem Rat und einem Pfarrer.
Spitalwesen.
Im 13. Jahrhundert bestanden in der Diözese Lausanne sehr viele Klöster verschiedener Orden, die sich mit der Pflege von Kranken befassten. 1275 kaufte das Kapitel Lausanne in der Cité einen Platz an, auf dem der damalige Bischof Guillaume de Champvent an Stelle eines schon früher bestehenden Spitales 1282 einen neuen Spital in grösserem Umfang aufbauen liess, der fünf Jahrhunderte später zum Kantonsspital werden sollte. Inzwischen stand er unter der bischöflichen Verwaltung, wurde von Brüdern des Heiliggeistordens besorgt ¶
mehr
und diente hauptsächlich den Armen. Daneben bestanden noch der kleine Hôpital de Saint Jean und die Infirmerie de la Madeleine, die 1443 zum Hôpital de Saint Roch erweitert wurde. Der Hôpital de Saint Jean l'Évangéliste gehörte ursprünglich dem Kapitel Lausanne, kam 1228 an das Kloster auf dem Grossen St. Bernhard und wurde 1603 um den Preis von 450 Dukaten Eigentum der Stadt. Er stand in der Unterstadt. Kurze Zeit vor der Reformation (1528) übernahm der Rat von Lausanne gegen den Willen des Bischofs die Oberaufsicht über den Hauptspital (und seine Einkünfte), den die Stadt auf Anraten des Arztes Tissot abtragen und 1766 durch einen nach den Plänen des Architekten Rudolf de Crousaz-de Mézery ausgeführten Neubau ersetzen liess.
Der 1803 neu gegründete und der Eidgenossenschaft angegliederte Kanton Waadt wollte neben andern Reformen auch das Spitalwesen ordnen und kaufte 1806 zu diesem Zweck der Gemeinde Lausanne ihren Spital ab. Zunächst wurden nun im selben Gebäude die Kranken, Irrsinnigen, Sträflinge und jugendlichen Verbrecher untergebracht, sodass zu jener Zeit ein Aufenthalt im Spital als Schmach galt und im Volk auch lange Zeit nachher noch als solche empfunden wurde. 1810 kam dann endgiltige Ordnung in die kantonalen Spitalverhältnisse, indem an der Rue de la Mercerie in Lausanne der Kantonsspital mit 100 Krankenbetten, auf dem Champ de l'Air (im Gebäude des heutigen landwirtschaftlichen Institutes) eine Irrenanstalt für 40 Insassen und eine Versorgungsanstalt für 30 Unheilbare geschaffen wurden. 1827 führte man die Sträflinge in die jetzige Strafanstalt und 1847 die Knabenkorrektionsanstalt nach Les Croisettes über, während die Besserungsanstalt für Mädchen bis 1869 im Spital verblieb. Da der Sanitätsrat von 1868 an den Bau eines grösseren und günstiger gelegenen Spitales verlangte, beschloss der Grosse Rat 1874, auf einem dem Staat gehörenden Grundstück am Calvaire einen neuen Spital mit 200 Krankenbetten und 4 Isolierpavillons errichten zu lassen, der mehr als 2 Millionen Fr. kostete und 1883 eingeweiht wurde. Er zählt heute 470 Krankenbetten (407 im Hauptgebäude und 63 in den Nebengebäuden) und bietet jedem Kranken 30-40 m3 Luft.
Mit ihm vereinigt sind die Frauenklinik und eine Hebammenschule. Jene ist 1874 im einstigen Lazaret für ansteckende Krankheiten zu Montmeillan eingerichtet und 1883 in einen der Pavillons (Einrichtung nach System Tarnier, das jeden Frauensaal für sich isoliert) am Calvaire übergeführt worden. Da der Raum allmählig zu klein geworden, wird gegenwärtig ein Neubau für die Frauenklinik geplant. Den Bedürfnissen der Studierenden und angehenden Hebammen dient eine Poliklinik, die vom Professor für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten an der Universität und einer in der Frauenklinik wohnenden Hebamme geleitet wird.
Im 16. Jahrhundert wirkte in Lausanne der geniale Chirurg Franco, dessen Erfolge in der Augenheilkunde zahlreiche Kranke aus allen Ländern anzogen. Dieser gute Ruf hielt auch unter Fabrice de Hilden noch im 17. Jahrhundert vor, während im 18. Jahrhundert der Rat von Bern an alle Gemeinden der Waadt die Einladung richtete, ihre Augenkranken nach Bern zu senden. Erst als 1840 Dr. Recordon zusammen mit seiner Frau in seiner Wohnung eine ophthalmologische Gratisklinik einrichtete, erlangte Lausanne seinen Ruhm als Heilort für Augenkranke wieder.
Diese Klinik ist der erste Ausgangspunkt für die Blindenanstalt geworden, deren Gründung der Grossmut von W. Haldimand und Fräulein de Cerjat zu verdanken ist und die 1844 eröffnet wurde. Sie nimmt sowohl Augenkranke als blinde Kinder auf, lässt diesen eine besondere Erziehung und Schulung angedeihen und besorgt ihnen zugleich passende Arbeit. 1855 richtete man in der Anstalt, deren Ruf schon weithin gedrungen war, eine Werkstätte ein, an deren Kosten W. Haldimand 75000 Fr. beisteuerte, und 1873 konnte sie einen Neubau beziehen.
Die einzig auf Schenkungen und Legate angewiesene Anstalt umfasst heute 1) eine Erziehungsanstalt für blinde Kinder beider Geschlechter im Alter von 5-18 Jahren;
2) einen Augenspital mit 45 Krankenbetten;
3) eine Korb- und Bürstenmacherwerkstätte, in der solche Blinde beschäftigt werden, die nach dem Austritt aus der Anstalt keine regelmässige oder passende Arbeit finden oder deren Lehrzeit noch nicht vorüber ist, ferner alle übrigen männlichen Blinden, die sich zum Erlernen eines Handwerkes eignen;
4) das sog. Asile Recordon als Heimstätte und Arbeitssaal für ehemalige Zöglinge der Anstalt. Wenn die Umstände es erlauben, können in der Anstalt auch solche Blinde Aufnahme erhalten, die ihr Augenlicht erst in späterem Alter verloren haben und nun ein Handwerk lernen wollen. In der Anstalt befindet sich ferner eine kleine Buchdruckerei nach System Braille, die bisher eine Bibel und verschiedene Lehrbücher für die blinde Jugend gedruckt hat. Im Augenspital werden jährlich 500-600 Kranke verpflegt und 2500-3000 öffentliche Gratiskonsultationen erteilt. Die Anstalt, die seit ihrer Gründung 376 ¶
mehr
Kinder erzogen und unterrichtet hat, zählte 1901 27 Zöglinge beider Geschlechter. Ihre Werkstätten haben bis 1900 143 Blinde kostenlos in einem Handwerk ausgebildet.
Lausanne besitzt im Moulin Creux (Thal des Flon) ein Gemeindelazaret (mit 23 Betten) für ansteckende Krankheiten. Der einer Aktiengesellschaft gehörende katholische Spital der Dreifaltigkeit (Trinité) in Bois Cerf (Strasse nach Ouchy) ist 1903 vergrössert (über 100 Krankenbetten) und mit den modernsten Einrichtungen versehen worden. Den Pflegerdienst besorgen Schwestern vom Orden der Dreifaltigkeit. 1876 gründete Dr. Henri Martin im Verein mit einigen Freunden in Lausanne das orthopädische Institut der romanischen Schweiz (Hospice orthopédique de la Suisse romande), das Kinder unter 12 Jahren aufnimmt und sich aus freiwilligen Gaben erhält.
Der 1861 durch Privatinitiative gegründete und seit 1865 in einem eigenen Gebäude untergebrachte Kinderspital (Hospice de l'enfance) mit 30 Krankenbetten ist im Besonderen zur Aufnahme armer oder wenig bemittelter Kinder im Alter von 2-12 Jahren bestimmt, die von nicht ansteckenden, heilbaren Krankheiten befallen sind; daneben werden regelmässig auch Arzneien nach Hause abgegeben. Diese Anstalt ist ebenfalls auf freiwillige Liebesgaben angewiesen. Die Universitätspoliklinik, die 1892 an die Stelle der Lausanner Gemeindeapotheke (dispensaire communal) getreten ist und 1904 in der Solitude einen prachtvollen Neubau bezogen hat, erteilt kostenlos allgemeine und spezielle Konsultationen (Augen-, Frauen-, Zahnkrankheiten), gibt Arzneien gratis ab und dient zugleich den Unterrichtszwecken der medizinischen Fakultät. Die Aerzte der Poliklinik machen auch Besuche bei Kranken zu Hause. Die Kosten dieses Institutes, das jährlich von 5000-8000 Patienten in Anspruch genommen wird, werden vom Staat getragen (jährlicher Beitrag der Stadt Lausanne: 2400 Fr.); an seinen Neubau hat die Stadt 1899 eine Summe von 200000 Fr. beigetragen.
An dieser Stelle erwähnen wir noch eine von F. Naef 1884 gegründete Stiftung, die bedürftige Kranke in Lausanne und im übrigen Kanton mit bequemen Krankenstühlen versorgt (Œuvre des fauteuils pour malades), und die von der Source unabhängige evangelische Pflegerinnenschule, eine von Agénor de Gasparin und Frau 1859 gegründete und mit den nötigen Mitteln ausgestattete Anstalt. Die Krankenpflege in der Familie besorgen ausserdem die der deutschen Methodistenkirche angehörenden Bethanienschwestern, deren Haus in Lausanne sich in Saint Roch befindet. Neben den staatlichen und sonstigen öffentlichen Krankenanstalten bestehen in Lausanne noch zahlreiche Privatkliniken. Etwa 60 Aerzte und Chirurgen, 24 Zahnärzte und mehr als 60 Krankenschwestern. Die Gemeinde Lausanne hat Friedhöfe in Montoie (648 Aren), La Sallaz, La Pontaise, Vers chez les Blancs und Montherond, wozu noch ein israelitischer Friedhof kommt.
Gefängniswesen.
Als die Bischöfe von Lausanne im Lauf des 15. Jahrhunderts ins Schloss (dem heutigen Sitz der Kantonsregierung) übersiedelten, richteten sie einen Teil ihres ehemaligen Sitzes des Évêché, als Gefängnis ein, in dem lange Zeit Sträflinge aller Art untergebracht wurden. Heute befinden sich hier nur noch die Zellen für die Untersuchungsgefangenen und die zu kurzer Haft (bis zu 3 Monaten) Verurteilten. Der Évêché war bei der grossen Feuersbrunst von 1235 teilweise zerstört, später aber wieder aufgebaut worden.
Nachdem man 1707 einen grossen Teil des Gebäudes abgetragen hatte, um für die Anlage der Terrasse vor der Kathedrale Platz zu gewinnen, erbaute man 1823 an derselben Stelle ein viereckiges Gefängnis, in dem zugleich bis 1837 eine Schule hauste, deren Räume nachher zum Gerichtssaal umgewandelt wurden. Dieser Bau enthielt zunächst nur 32 Zellen und war für 50-80 Insassen berechnet. 1880-83 erstellte man den jetzigen Sitzungssaal des Bezirksgerichtes Lausanne und richtete in den erhalten gebliebenen Räumen des alten Évêché 22 weitere Zellen ein. Nach mehr als 20 jährigen Vorstudien beschloss man endlich 1901 den Bau eines neuen Bezirksgefängnisses mit 77 Zellen, das gegenwärtig im Bois Mermet bei La Pontaise erstellt wird und für welches ein Kredit von 518000 Fr. zur Verfügung steht.
Die kantonale Strafanstalt steht in Villamont an der Strasse nach Chailly. Zur Zeit der Berner Oberhoheit waren die Waadtländer Sträflinge jeweilen ins Schallenwerk zu Bern abgeführt worden. Kurz nach der Konstituierung des Waadtlandes zum selbständigen Kanton richtete man das dritte Stockwerk des 1776 erbauten Spitales zur Strafanstalt ein. Dieser Zustand hatte indes mancherlei Widerwärtigkeiten zur Folge, so dass man sich schon seit 1806 mit der Frage einer neuen Strafanstalt beschäftigte.
Nachdem die finanziellen Schwierigkeiten beseitigt waren, ging man 1822 an die Erstellung des Neubaues, in den dann 1826 die 82 Kriminalsträflinge und Insassen der Korrektionsanstalt übergeführt wurden. Der Bau kostete im Ganzen die Summe von 348000 alten Franken oder 512000 Franken nach dem heutigen Geldwert. 1853 fügte man der Anstalt ein eigenes Weiberhaus bei. Die Sträflinge sind zum Schweigen verpflichtet und werden mit verschiedenen Handwerken (Spinnen, Weben, Schuhmacherei, Schreinerei, Schneiderei, Buchbinderei, Schmiedearbeit, Korb- und Pantoffelmacherei etc.) beschäftigt, wofür ihnen ein bescheidener Lohnanteil gutgeschrieben wird.
Heute entspricht die kantonale Waadtländer Strafanstalt, die während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Muster ihrer Art galt, den modernen Ansprüchen nicht mehr. Ihre Zellen sind zu klein und nicht heizbar, so dass in ihnen nicht gearbeitet werden kann und das heute allgemein geltende Prinzip der absoluten Isolierung der Gefangenen auf beliebig lange Zeit nur des Nachts verwirklicht werden kann. Die Ueberwachung ist ausserordentlich schwierig durchzuführen, und die Arbeit in gemeinsamen Sälen führt zu unangenehmen Verständigungsversuchen der Gefangenen. Es hat sich aus diesen und andern Gründen der Bau einer neuen kantonalen Strafanstalt als unabweisbar gezeigt, so dass man sich gegenwärtig ernstlich mit Projektstudien beschäftigt und die wirkliche Ausführung nur noch von finanziellen Rücksichten abhängt. 1827 hat man auch zwei Korrektionsanstalten eingerichtet, die eine für Knaben in Les Croisettes über Lausanne (27-41 Insassen) und die andere für Mädchen in Chailly (Ende 1896 aufgehoben). Juni 1825 entstand das Zentralgefängnis für Häftlinge, die ¶