Kanton Freiburg, Hauptsächlichste Industrien, Bevölkerungsdichtigkeit
Lf. 54.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 4° 40’ O; 46° 40’ N; 1:450000]
Molkereiproduckte
░ 50-70 hl per ha.
▒ 80-110 hl per ha.
▓ 110-120 hl per ha.
HAUPTSÆCHLICHSTE INDUSTRIEN
Einwohner per km2
weniger als 25 Einw.
░ 25-50 Einw.
░ 50-75 Einw.
▓ 100-150 Einw.
▓ 150-200 Einw.
▐ mehr als 500 Einw.
BEVŒLKERUNGSDICHTIGKEIT
V. Attinger sc.
KANTON FREIBURG ¶
mehr
mittleren und tieferen Teile des Kantons werden ziemlich häufig vom Maikäfer (Melolontha vulgaris) heimgesucht.
Land- u. Süsswassermollusken sind zahlreich, obwohl das kantonale Museum in Freiburg deren erst 42 Arten und Abarten besitzt, so u. a. die Muschel Anodonta cellensis var. elongata, die sich im ehemaligen Weier von Freiburg in prachtvollen Exemplaren vorfand. Seit einigen Jahren wird auch die gemeine Weinbergschnecke (Helix pomatia) in ziemlich grossem Massstab gezüchtet und auf den Markt gebracht.
Unter den Würmern wären zu nennen der im kleinen Lac de Lussy (bei Châtel Saint Denis) lebende Blutegel (Hirudo officinalis) und ein anderer Egel (Piscicola geometra), der als Schmarotzer auf gewissen Fischen der Saane (besonders auf Forellen) angetroffen wird. Die Quellen um den Schwarzsee beherbergen den Gordius aquaticus; nicht selten sind auch Spulwurm (Ascaris lumbricoides) und Bandwurm (Bothriocephalus latus).
Ungenügend bekannt ist ferner die mikroskopische Tierwelt; immerhin hat Dr. O. E. Imhof seiner Zeit eine Liste der von ihm im Murtensee, Schwarzsee und im Weier von Granges sur Marly beobachteten Arten veröffentlicht.
Trotzdem das jagdbare Wild nicht sehr zahlreich zu sein scheint, sind im Kanton Freiburg im Jahre 1900 doch 271 Jagdpatente im Gebührenwert von 11692 Franken erteilt worden. 1901 haben die Jagd dem Fiskus 13965 Franken und die Fischerei (Pacht und verschiedene Freikarten) 8481 Franken eingebracht. In dieser Summe ist der Wert der ausgesetzten jungen Fischchen nicht mit inbegriffen.
(Prof. M. Musy.)
Bevölkerung.
Die die heutige Bevölkerung des Kantons Freiburg zusammensetzenden Elemente sind in anthropologischer wie ethnographischer Hinsicht von einander stark verschieden. Sowohl im französischen als im deutschen Kantonsteil herrscht der braune Typus allgemein vor dem blonden vor. Die blondhaarigen und blauäugigen Individuen bilden einen verschwindend kleinen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung und werden noch am ehesten im oberen Greierzerland angetroffen.
Der Freiburger ist im Allgemeinen von kräftigem Körperbau. Nicht selten kann man dagegen von Ort zu Ort beträchtlich schwankende Unterschiede in der Körperlänge beobachten. Nach der sanitarischen Rekrutenuntersuchung findet man im Greierzerlande die grössten und im deutschen Teile des Kantons die kleinsten Männer. Von den heute jährlich zur Rekrutierung stellungspflichtigen 1200 jungen Männern erweisen sich durchschnittlich je 50-54% als zum Militärdienst tauglich.
Wenn einzelne Kantonsteile diesbezüglich eine kleinere Prozentziffer aufweisen, so rührt dies zum grossen Teil von ungenügender Ernährung u. vom Alkoholmissbrauch her. Die Städte liefern im Durchschnitt einen grössern Prozentsatz von Diensttauglichen als die Landschaft; doch ist umgekehrt die mittlere Lebensdauer hier eine höhere als dort. In dieser Beziehung stehen die Bezirke Veveyse, Broye und Glâne besonders günstig da. Die Kindersterblichkeit erreicht dagegen mit etwa 19,5% aller lebendgeborenen Kinder ihr Maximum im Bezirk Broye, während sie im Bezirk See und Sense am kleinsten ist.
Unsicher ist die Herkunft der ursprünglichen Bevölkerung des Kantons, doch steht ausser Zweifel, dass das Uechtland schon lange Zeit vor dem Auftauchen der Alemannen und Burgunder in beinahe allen seinen Teilen besiedelt gewesen ist. Auf Grund der im letzten Jahre angestellten archäologischen Nachforschungen u. Ausgrabungen lässt sich die älteste Siedelungsgeschichte folgendermassen zusammenfassen: zur Steinzeit waren blos die Pfahlbauten im Neuenburger- und Murtensee bewohnt, zur Bronzezeit hatten sich bereits neben den Pfahlbauten zahlreiche Siedelungen auf dem festen Lande gebildet, u. zur Eisenzeit bewohnte eine immer zahlreicher werdende Bevölkerung schon beinahe das ganze tiefer gelegene Gebiet des heutigen Kantons.
Dauerndere Spuren hat in unserem Lande, besonders in den um Avenches (Wiflisburg) gelegenen Abschnitten, die Herrschaft der Römer hinterlassen. Die grosse Bedeutung der hier bestehenden Römersiedelungen wird illustriert durch die das ganze Thal der Broye bis über Murten hinaus durchziehende Römerstrasse nach Petinesca beim Bielersee, durch den in Cormérod aufgefundenen Minotaurus, die Mosaike von Cheyres, eine ganze Reihe von Ruinen römischer Bauwerke und endlich auch durch die vielen aus dieser Zeit stammenden und heute noch erhaltenen Ortsnamen. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts n. Chr. folgte in der Schweiz auf die Herrschaft der Römer die der beiden germanischen Stämme der Alemannen und Burgunder.
Von einer Besitzergreifung des Freiburger Bodens durch die Alemannen gibt uns die Geschichte keine Kunde; die ältesten erhaltenen Urkunden zeigen uns das Land als Teil des ersten und dann des zweiten Burgunderreiches, worauf es 1032 dem deutschen Kaiserreich angegliedert wurde. Aus diesen Angaben geht hervor, dass die heutige Freiburger Bevölkerung einer fortwährenden Vermischung der verschiedenen hier zeitlich sich ablösenden Volksstämme ihren Ursprung verdankt.
Die eidgenössische Volkszählung vom hat für den Kanton Freiburg und seine einzelnen Bezirke folgende Bevölkerungszahlen ergeben:
Ew. | |
---|---|
Bezirk Broye | 14786 |
Glâne | 14306 |
Greierz | 23111 |
Saane | 33107 |
See | 15471 |
Sense | 18768 |
Vivisbach | 8402 |
Kanton Freiburg: | 127951 |
Auf je 1000 Ew. entfallen 507 Männer und 493 Frauen;
ferner 470 Ortsbürger, 351 Kantonsbürger, 143 Schweizer aus anderen Kantonen und 36 Ausländer;
849 ¶
mehr
Katholiken, 149 Reformierte u. 2 Juden;
682 Ew. französischer, 302 deutscher, 15 italienischer und 1 anderer Sprache. Im Zeitraum 1888-1900 hat die Zahl der Bevölkerung um 7796 Köpfe oder um 6,54% zugenommen;
am stärksten ist dabei der die Stadt Freiburg umfassende Saanebezirk beteiligt, dann folgen die andern Bezirke mit Ausnahme desjenigen der Broye, der einen schwachen Rückgang in der Bevölkerungsziffer aufweist. Im Jahr 1811 zählte der Kanton 74209 Ew.;
im 19. Jahrhundert betrug somit die Bevölkerungszunahme 53742 Köpfe oder 72,42%.
Die Bevölkerungsdichtigkeit beträgt 76 Ew. für den km2, eine Zahl, die sich dem Gesamtmittel der Schweiz bemerkenswert nähert. Weit dichter als die Gebirgsbezirke sind natürlich diejenigen des ebenen Landes besiedelt. So zählen die Bezirke Saane 149, See 111, Broye 89 u. Glane 84 Ew. auf den km2, während auf die Bezirke Sense nur 69, Vivisbach nur 62 und Greierz sogar nur 46 Ew. pro km2 entfallen. Die Gesamtbevölkerung verteilt sich auf 24776 Haushaltungen in 18557 Wohnhäusern; es besteht somit eine Haushaltung im Mittel aus 5-6 Personen, und es wird durchschnittlich jedes Haus von 7-8 Personen bewohnt.
Beinahe die gesamte Bevölkerung verteilt sich auf die Höhenlage zwischen 500 u. 1000 m; einzig 16132 Ew. der Bezirke See und Broye leben unter 500 m und 843 Ew. der Gemeinde Jaun (Bellegarde) über 1000 m Höhe. Im Kanton Freiburg war die Geburtsziffer von jeher eine hohe. Die beiden Geschlechter stehen im Verhältnis von 972 Frauen auf 1000 Männer. Die Zahl der Heiraten sinkt mit 7,08‰ der Bewohner merklich unter das Gesamtmittel der Schweiz. Der Ueberschuss der Geburten über die Todesfälle schwankt in den einzelnen Jahren von 12-13‰ am grössten ist dieser Ueberschuss mit 18-19‰ im Bezirk Sense, am kleinsten mit 9-10‰ in den Bezirken Broye und Glâne.
Trotz diesen verhältnismässig hohen Ziffern nimmt die Zahl der Bevölkerung doch nur langsam zu, indem eine ziemlich beträchtliche Auswanderung in die Nachbarkantone und ins Ausland stattfindet. So leben etwa 12000 Freiburger in andern Kantonen, besonders in der Waadt, in Neuenburg und Genf. Im Kanton Freiburg selbst hat die Anziehungskraft der Städte keine beträchtliche Verschiebung der Bevölkerung zur Folge, und was in dieser Hinsicht sich hier noch geltend macht, ist beinahe ganz auf Rechnung der anwachsenden Stadt Freiburg zu setzen. Man kann annehmen, dass 22% der Ew. des Kantons in Städten leben.
Volkscharakter, Sitten. Sprachverhältnisse.
Der Freiburger ist im Allgemeinen energisch und tätig. Dabei ist er gutmütig und liebt es, Gastfreundschaft zu üben. Der Bewohner des französischen Kantonsteiles ist lebhaft und heiteren Gemütes, während der Bewohner des deutschen Kantonsteiles ernsthafter und gesetzter ist. Allen aber ist die Liebe zum Lande ihrer Väter gemeinsam und wenn sie auswandern, so geschieht dies immer mit der Hoffnung, einst wieder in ihr Geburtsland heimkehren und dort ihre Tage beschliessen zu können.
Seit einem Jahrhundert hat sich in den Sitten des Volkes ein starker Umschwung vollzogen. Die modernen Anschauungen haben auch hier Einzug gehalten, ohne aber die besonders beim Landbewohner noch vorhandene Einfachheit zu verdrängen. Der Verkehr der Einzelnen unter sich ist ein höflicherer und freundlicherer geworden, und die früher häufig blutig endigenden Kämpfe und Streitigkeiten sind mit seltenen Ausnahmen verschwunden. Der Freiburger liebt es, kirchliche und weltliche Feste zu feiern, er benützt jeden geringfügigen Anlass in seiner Familie oder im geselligen Leben zur Fröhlichkeit.
Hauptfeste sind heute noch der «Carnaval» (Fastnacht) und die «Bénichon» (Kirchweih oder Kilbi), obwohl beide viel von ihrer einstigen Bedeutung eingebüsst haben. Die Kilbi wird in der Ebene während der drei ersten Tage der zweiten Woche Septembers und im Gebirge während der drei ersten Tage der zweiten Woche Oktobers mit andauerndem Tanz gefeiert. Schiessübungen, Leibesübungen und Sport üben im Allgemeinen eine grössere Anziehungskraft auf das Volk aus als geistige Genüsse.
Freiburg gehört zusammen mit Bern und dem Wallis den zweisprachigen Kantonen der Schweiz an. Der Bezirk Sense, ein Teil der Bezirke Saane und See u. die Gemeinde Jaun (Bellegarde) im Bezirk Greierz sind deutsch, die übrigen Teile des Kantons französisch. Die Sprachgrenze hat sich im Laufe der Zeiten vielfach verschoben. Heute geht sie von der Mündung der Broye in den Neuenburgersee diesen Fluss aufwärts bis zu seinem Austritt aus dem Murtensee, zieht quer über diesen, um zwischen Meyriez und Murten in eine Spitze auszulaufen, wendet sich dann nach SO., umzieht im W. die Gebiete der Gemeinden Murten, Münchenwiler, Coussiberlé, Courlevon, Salvenach, Jeuss, Gurmels, Guschelmuth, Cordast und Monterschu und erreicht die Saane bei Schiffenen.
Von hier folgt sie der Saane bis Kastels, vereinigt sich bis zum Schwarzsee mit der politischen Grenze des Bezirkes Sense, dann mit derjenigen der Gemeinde Jaun und endigt an der Dent de Ruth. Schwieriger zu ziehen ist die Grenzlinie zwischen den Gebieten der geschlossenen und offenen Siedelungsweise. Im ganzen Bezirk Sense u. im obern Abschnitt des Bezirkes Veveyse herrscht das System der Einzelsiedelungen vor, der rechts der Saane gelegene Teil des Bezirkes Saane und der grösste Teil des Greierzerlandes haben gemischte Siedelungstypen und das übrige Gebiet des Kantons Siedelung in Dörfern. Wo Einzelsiedelung vorherrscht sind die Höfe weit über das Land zerstreut; jeder einzelne Bauer ist alleiniger Herr über die um seinen Hof gelegenen Aecker, Wiesen, Weiden, Waldungen, Quellen und Wege. In den ¶
mehr
Dörfern stehen die Häuser in gedrängten Gruppen (Haufendörfer), und das umliegende Land ist in zahlreiche lange und schmale Parzellen geteilt; oft sind auch die entlegeneren Teile der Gemeindemarch (Wälder u. Weiden) noch heute sog. Allmenden, d. h. gemeinsames Eigentum der Ortsbürger.
Die Bauweise der ländlichen Wohnstätten ist fast überall die gleiche und gleichen Ursprungs. Es ist der keltisch-römische Haustypus, der Wohnhaus, Scheune u. Stall unter einem Dache zusammenfasst. Das Haus ist mit seiner Längsachse gewöhnlich nach SW. oder NO. orientiert und besteht bald aus Stein, bald einfach aus Holz. Während man im obern Abschnitt des Sensebezirkes und im Greierz noch dem alemannischen Typus sich nähernde Bauernhäuser antrifft, lässt sich im flachen Land mancherorts auch der burgundische Einfluss auf die Wohnstätten nicht verkennen.
Tracht.
Die alten Freiburger Trachten sind heute entweder schon völlig verschwunden oder doch dem Verschwinden nahe. Die aus Frankreich herüberkommende Mode hat eben alles Ursprüngliche und Eigenartige unterdrückt und die Bekleidung unserer Bauern uniform gestaltet. Früher war es eine sehr leichte Sache, an der Tracht nicht nur die Bewohner der verschiedenen Kantone, sondern auch die verschiedener Landschaften im selben Kanton von einander unterscheiden zu können.
Als einzige Ueberreste der originellen und anmutigen früheren Lokaltrachten haben sich heute im Kanton Freiburg sozusagen blos noch diejenige der Greierzer Sennen (Armaillis) und das so reizende und malerische Kostüm der einer bestimmten religiösen Gemeinschaft angehörenden jungen Mädchen von Düdingen (Guin) erhalten. Hier und da, besonders an Sonntagen sieht man auch im Sensebezirk die Frauen noch ihre traditionelle Tracht tragen, die aus einem dunkeln kurzen Rock mit farbiger Schürze, einem reich mit Silberketten u. -schnallen verzierten schwarzen Sammtleibchen, schneeweissem Brustlatz, gefältelten u. gebauschten Hemdärmeln und einer mit Gold- und Silberfäden besetzten Mütze oder Haube besteht, die schelmisch auf einem in zwei Zöpfe geflochtenem reichen Haarschmuck sitzt. Manchmal trifft man auch noch etwa ein gutes altes Mütterchen mit dem als Kopfschmuck um den Nacken geschlungenen roten oder weissen Taschentuch an, während die Männer ihre langen Schossfräcke, ihre enganliegenden und farbig verbrämten Leibröcke, die Kniehose und die Schnallenschuhe schon längst endgiltig weggelegt haben.
Topographische und politische Einteilung des Kantons.
In topographischer Beziehung gliedert sich der Kanton Freiburg in zwei Abteilungen: in das Bergland im S. mit dem Bezirk Greierz, dem obern Sensebezirk und einem Teil des Bezirkes Veveyse (Vivisbach) und in den dem schweizerischen Mittelland angehörenden übrigen Kantonsteil. Dieser letztere besteht seinerseits wieder aus fünf von einander verschiedenen Landschaften: dem zusammenhängenden ursprünglichen Kantonsgebiet mit den unmittelbar daran grenzenden spätern Erwerbungen, den drei vom Kanton Waadt umschlossenen Enklaven von Estavayer, Surpierre und Vuissens (mit Stäffis) und der rings von Berner Gebiet umgebenen Enklave Wallenbuch. Umgekehrt liegen im Freiburgerland die waadtländische Enklave von Avenches und die Berner Gemeinden Münchenwiler (Villars les Moines) und Clavaleyres. Zur Zeit der Helvetik waren dem Kanton Freiburg zur Abrundung seines Gebietes noch die heutigen Waadtländer Bezirke Payerne und Avenches angegliedert worden. Der Kanton Freiburg umfasst jetzt 7 Verwaltungsbezirke mit zusammen 281 politischen Gemeinden, nämlich
Gemeinden | |
---|---|
1. Bezirk Broye | 49 |
2. Bezirk Glane | 53 |
3. Bezirk Greierz | 41 |
4. Bezirk Saane | 61 |
5. Bezirk See | 43 |
6. Bezirk Sense | 18 |
7. Bezirk Vivisbach | 16 |
Jeder dieser Verwaltungsbezirke bildet auch einen eigenen Gerichtsbezirk und Wahlkreis und gliedert sich wieder in je 2-7 Friedensgerichtskreise (zusammen 29). Kirchlich ist der Kanton in 12 Dekanate eingeteilt, die zusammen 131 Kirchgemeinden umfassen und zum Bistum Lausanne und Genf gehören, dessen Bischof in Freiburg residiert. Der reformierte Landesteil umfasst 8 Kirchgemeinden. Ganz anders gestaltet war die frühere Einteilung, indem sich das ehemalige Gebiet der Stadt Freiburg in die 4 Quartiere Au (Panner), Burg, Spital und Neustadt und der übrige Kantonsteil in die 15 Vogteien Montagny, Pont (Farvagny), Estavayer, Châtel, Font und Vuissens, Romont, Rue, Surpierre, Bulle, Vaulruz, Vuippens, Corbières, Greierz und Saint Aubin gliederten. Plaffeien, Illens, Jaun oder Bellegarde und Cheyres waren nur Untervogteien, deren jeweilige Inhaber Anspruch auf spätere Beförderung zum eigentlichen Landvogt hatten. Später zerfiel der Kanton bis zum Jahre 1848 in 13 Bezirke (préfectures): Freiburg (alte Landschaft), Corbières, Greierz, Bulle, Châtel, Rue, Romont, Farvagny, Surpierre, Estavayer, Dompierre und Murten.
Verfassung.
Als direkte Volksvertretung und gesetzgebende Behörde amtet der Grosse Rat, dessen Mitglieder von den Wahlkörpern der einzelnen Bezirke im Verhältnis von einem Mitglied auf 1200 Einwohner (Bruchteile über 600 Einwohner zählen für voll) ernannt werden; er zählt 105 auf eine Amtsdauer von je 5 Jahren gewählte Abgeordnete. In den Grossen Rat sind nicht wählbar gewisse kantonale Beamte und alle im Amte stehenden Geistlichen. Wahlablehnung ist gestattet. Der Grosse Rat versammelt sich in ordentlicher Session zweimal des Jahres (im Mai und November); er gibt Gesetze und hebt solche auf und ist in allen kantonalen Angelegenheiten, soweit ihm dies die schweizerische Bundesverfassung gestattet, souverän. Er ernennt die Ständeräte, die Mitglieder und den Präsidenten des Staatsrates, das Kantonsgericht, verschiedene Kommissionen u. s. w. Der freiburgische Grosse Rat ist berechtigt, vom Staatsrat die Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen zu verlangen oder, falls dieser dem Begehren nicht Folge leistet, solche durch eine von ihm eingesetzte Kommission ausarbeiten zu lassen.
Vollziehende Behörde ist der auf eine Amtsdauer von 5 Jahren ernannte Staatsrat, als dessen Vertreter in jedem Bezirk je ein Statthalter (préfet) amtet. Der Staat führt die Oberaufsicht über das öffentliche Schul- und Erziehungswesen. Zur Bestreitung der Kosten für Kultus und Unterricht bestehen eigene Stiftungen; der von der Staatskasse für diese Zwecke ausgegebene Mehrbetrag wird proportional zu der Zahl der einheimischen Bevölkerung gleichmässig auf beide religiöse Konfessionen verteilt.
Die Verfassung gewährleistet auch den Reformierten die freie und ungehinderte Ausübung ihres Kultus, und die Befugnisse der reformierten Kirchenbehörden sind gesetzlich geregelt. Die Verfassung kann jederzeit ganz oder teilweise entweder durch einen Beschluss des Grossen Rates revidiert werden, oder sobald dies mindestens 6000 Aktivbürger verlangen. In beiden Fällen muss das Verlangen zuerst der Volksabstimmung unterbreitet werden. Bei einer totalen Verfassungsänderung muss ein eigens gewählter Verfassungsrat einen ersten Entwurf ausarbeiten, der dem Volke vorgelegt und im Falle der Ablehnung von demselben Verfassungsrat abgeändert wird. Findet er auch dann nicht die Zustimmung des Volkes, so muss zur Wahl eines neuen Verfassungsrates geschritten werden. Eine Partialrevision nimmt der Grosse Rat vor; die umzuarbeitenden Gesetzesbestimmungen werden in einem Zeitraum von sechs Monaten zweimal durchberaten und dann nach Ablauf eines Monates von der zweiten Lesung an der Volksabstimmung unterbreitet. Der Kanton Freiburg ordnet in die ¶
mehr
schweizerische Bundesversammlung 6 Nationalräte und 2 Ständeräte ab. Der Staatsrat besteht aus 7 Mitgliedern, von denen jedes einer der sieben Verwaltungsabteilungen (Inneres, Justiz und Kultus, Polizei, Finanzen, Schulwesen, Militärwesen und Oeffentliche Arbeiten) vorsteht. Er arbeitet Gesetzesvorschläge aus und erlässt Verfügungen, übt die Oberaufsicht über die gesamte Verwaltung, über die Staatsdomänen und -gelder und über das Armenwesen, ernennt die Statthalter, die verschiedenen kantonalen Beamten, Professoren und Lehrer und wählt zusammen mit dem Kantonsgericht die untergeordneten Gerichtsbehörden.
Die gerichtlichen Funktionen werden ausgeübt 1. von dem Kantonsgericht, bestehend aus 7 Mitgliedern und 14 Stellvertretern, die vom Grossen Rat auf eine Amtsdauer von 8 Jahren ernannt werden; 2. von 7 Kreisgerichten, deren Funktionäre (je ein Präsident, 4 Richter und 4 Stellvertreter) vom Wahlkollegium (dem vereinigten Staatsrat und Kantonsgericht) auf eine Amtsdauer von 8 Jahren ernannt werden; 3. von 29 Friedensgerichten, deren jedes aus einem Friedensrichter, 2 Beisitzern und 2 Stellvertretern besteht. Es bestehen drei Schwurgerichte, deren jedes sich aus einem Präsidenten, 2 Richtern und 12 Geschworenen zusammensetzt. Das Strafgesetzbuch sieht die Todesstrafe vor. Kein von einem Gerichtshof gefälltes Urteil ist rechtsgiltig, wenn dieser nicht vollzählig versammelt war; eine Ausnahme ist unter Vorbehalt von besonderen gesetzlich geregelten Fällen nur beim Kantonsgericht zulässig. Für die Aburteilung über schwere Verbrechen, Press- und politische Vergehen besteht die Einrichtung des fakultativen Schwurgerichtes.
Alle Gemeinden verwalten selbständig ihre eigenen Güter und Gelder unter Oberaufsicht des Staates, doch sind die Gemeindeverordnungen der Regierung zur Genehmigung vorzulegen. Die kirchliche Verwaltung ist von der Zivilverwaltung vollständig abgetrennt. Keine Verfügung der Kirchenbehörde wird dem Staat zur Genehmigung vorgelegt; dieser beschränkt sich auf eine Kontrolle über die rechtmässige Verwaltung der Kirchgemeindegüter.
Aktivbürger sind alle Freiburger, die das 20. Altersjahr zurückgelegt haben, im Kanton wohnen und im Besitz ihrer bürgerlichen Rechte und Ehren stehen; ferner unter denselben Bedingungen u. mit Vorbehalt der diesbezüglichen eidgenössischen Vorschriften sämtliche seit einem Jahr im Kanton ansässigen Schweizerbürger. Alle in einem Wahlkreis wohnhaften Aktivbürger bilden einen Wahlkörper. Das passive Wahlrecht beginnt mit dem zurückgelegten 25. Altersjahr. Verwandte in direkter auf- oder absteigender Linie, Schwiegervater und Schwiegersohn, Stief- und Halbbrüder, Onkel und Neffen, Geschwisterkinder und Schwäger dürfen nicht zu gleicher Zeit miteinander in derselben staatlichen Behörde (den Grossen Rat ausgenommen) sitzen.
Kantonales Finanzwesen.
Im Jahr 1900 betrug der Wert der bebauten und unbebauten Liegenschaften im ganzen Kanton zusammen die Summe von 396218000 Franken; das steuerpflichtige Vermögen erhob sich auf 92000000 Franken und die Hypothekarschuld auf 186775000 Franken. Daraus ergibt sich ein reines Vermögen von 301443000 Franken oder im Mittel von 2355 Franken auf den Kopf der Bevölkerung. Nach dem Rechenschaftsbericht der Finanzdirektion für 1900 beträgt das Staatsvermögen
Franken | |
---|---|
an Aktiven | 55202337 |
an Passiven | 50559098 |
Reines Vermögen: | 4643239 |
Seit dem Jahre 1860 hat der Staat 4 Anleihen im Gesamtbetrag von 63 Millionen Franken aufgenommen, die heute durch Rückzahlung auf eine Schuld von 49990000 Franken zurückgegangen sind. Zeck dieser Anleihen war die Gründung und Erhöhung des Stammkapitals der Staatsbank, die Einrichtung des Elektrizitätswerkes Thusy-Hauterive, Subventionierung von neuen Eisenbahnen, Hebung der Landwirtschaft etc. Der Kanton besitzt eine Reihe von Spezialfonds, den Fonds für den Kantonsspital u. die Viehversicherungskasse.
Das Gemeindevermögen ist beträchtlich; doch ist es sehr ungleich verteilt, indem eine Anzahl von Gemeinden sowohl an Kapitalien und Liegenschaften reich ist, während umgekehrt andere gar Nichts haben. Die Schuld an diesen Verhältnissen trägt meistens der Umstand, dass die zerstreute Siedelung in Einzelhöfen und vielen kleinen Weilern an manchem Ort der Ansammlung eines Gemeindevermögens hinderlich war. Von den 281 Gemeinden des Kantons erheben einzig deren 120 eine die Gesamtsumme von 510270 Franken erreichende Gemeindesteuer. Im Jahre 1900 wies die Staatsrechnung eine Einnahme von 3898850 Franken und eine Ausgabe von 3910380 Franken auf. Hauptsächlichste Einnahmequellen waren die Erträgnisse von Staatsgütern (653167 Franken) und die verschiedenen Steuern (2649599 Franken). Die beträchtlichsten Ausgaben erforderten das Schulwesen, die Verzinsung der Staatsschuld, Brücken-, Strassen- und Hochbauten, Polizeiwesen, öffentliche Gesundheitspflege, Landwirtschaft und Gewerbe.
Schulwesen.
Die obligatorische Primarschule umfasst 8 Schuljahre u. beginnt für jedes Kind mit seinem zurückgelegten 7. Altersjahr; auf 100 Ew. entfallen 16 Schulkinder. Der Umstand, dass die Zahl der einzelnen Schulen ¶
mehr
diejenige der Gemeinden weit übersteigt (476 Schulen auf 281 Gemeinden), erleichtert den Kindern namentlich in den Gegenden mit zerstreuter Siedelung den Schulbesuch und begünstigt die strikte Durchführung des Obligatoriums.
Die Lehrer und die 8 Schulinspektoren werden vom Staat ernannt, die Schulkommissionen dagegen von den Gemeinderäten, mit Ausnahme von je einem Mitglied, dessen Wahl sich der Staat vorbehält. Die Besoldung des Lehrpersonales steht heute etwas über dem Gesamtmittel der Schweiz und beträgt gesetzlich in barem Gelde für die Lehrer 1300 Fr. und für die Lehrerinnen 1100 Franken im Maximum; rechnet man dazu noch freie Wohnung, Garten- und Pflanzland und Brennholz, die zusammen einen Wert von 200 Franken darstellen, so erhält man eine Maximalbesoldung von 1500, bez. 1300 Franken. Die Hauptarbeit fällt der Schule im Winter u. Frühjahr zu; pro Jahr werden mindestens 40 Wochen Schule zu je 5 ganzen Schultagen gefordert. Unter den 476 Schulen des Kantons zählt man 353 Schulen mit französischer und 123 mit deutscher Sprache, ferner 125 Knaben-, 118 Mädchen- und 233 gemischte Schulen. Von den 20477 Primarschülern des Kantons waren 11001 Knaben und 9476 Mädchen.
Primarschulunterricht wird ausserdem noch in den Asylen, Waisenhäusern, freien Schulen, Pensionnaten, Instituten etc. erteilt. Die 11 Bezirksschulen (6 französische und 5 deutsche) haben einen besonders für die Bedürfnisse der Landwirtschaft bestimmten erweiterten Lehrplan. Es bestehen 7 Sekundarschulen: je eine in Bulle, Romont, Châtel Saint Denis, Estavayer, und Murten und zwei (Mädchen- und Knabensekundarschule) in Freiburg. Von diesen Schulen können diejenigen mit dem ausgebildetsten Lehrplan den Progymnasien anderer Kantone an die Seite gestellt werden.
Das kantonale Lehrerseminar in Hauterive zählte 1900 in 4 Klassen und einem Vorkurs 75 Zöglinge; ein kantonales Lehrerinnenseminar fehlt, dagegen bestehen noch 4 private Seminare. Die 1834 gegründete Alterskasse für Primar- und Sekundarlehrer zählt heute 522 Mitglieder, von denen 107 Beiträge beziehen, und hat einen Barbestand von 294714 Franken. Der Staat leistet an sie einen jährlichen Beitrag von etwa 10000 Franken. Die Ruhegehälter, die zuerst nach 20 Dienstjahren jährlich 70 Franken betrugen, sind 1881 durch Gesetz auf 300 Franken für 35 Dienstjahre erhöht worden und stellen sich heute auf 500 Franken nach 31 Dienstjahren.
Dem höheren Unterricht dienen das Kollegium St. Michael und die Universität in Freiburg. Hilfsmittel für den Unterricht sind das naturhistorische Museum (mit je einer Abteilung für Physik u. Naturwissenschaften), das Kunst- und historische Museum (mit je einer Abteilung für Archäologie, alte und moderne Kunst, Münzwesen und historische Denkmäler), das Museum Marcello, das pädagogische Museum, das Gewerbemuseum und verschiedene Bibliotheken. Die Totalsumme der kantonalen Primarschulfonds beträgt 4767888 Franken; für das Kollegium St. Michael und die Universität bestehen eigene Stiftungen.
Gesundheits- und Unterstützungswesen.
Der Kanton Freiburg zählte im Jahr 1900 38 Aerzte (davon etwa 30 in den Städten), 18 Apotheker, 5 Zahnärzte und 143 Hebammen. In den Städten kommt auf etwa 1000 Ew. und auf dem Lande auf etwa 4000-5000 Ew. je ein Arzt. Der Kanton ist reich an Kranken- und Versorgungsanstalten: Irrenheilanstalt Marsens, mit allem Komfort und nach den neuesten wissenschaftlichen Forderungen eingerichtet;
Spitäler in Freiburg und Meyriez;
Bezirksspitäler und Armenhäuser in Billens, Attalens, Bulle, Châtel Saint Denis, Estavayer le Lac (Stäffis), Freiburg, Greierz, Riaz und Tafers;
Waisenhäuser in Burg, Freiburg, Gauglera, Montet, St. Wolfgang und Sâles;
Alterasyle in Auboranges, Bulle, Châtel Saint Denis, Freiburg, Gurmels, Treyvaux etc.;
Anstalt St. Nikolaus in Drognens für verwahrloste Kinder, Taubstummenanstalt St. Joseph in Greierz etc. Einen wichtigen Zweig der öffentlichen Verwaltung bildet das Unterstützungs- und Armenwesen.
Die Gesetzgebung hat auf eine Verbindung der privaten mit der staatlichen Wohltätigkeit derart hingearbeitet, dass heute das gesamte Armenwesen unter der Aufsicht des Staates steht. Die Gesamtausgaben von Staat, Gemeinden, Armenhäusern u. verschiedenen Stiftungen zum Wohle der Armen betrugen im Jahr 1899 nahezu 2 Millionen Franken, d. h. 17 Franken pro Kopf der Bevölkerung; schon die von den Gemeinden allein für diese Zwecke aufgewendeten Summen ergeben 5,51 Franken auf einen Einwohner. Das gesamte Armen- und Unterstützungswesen ist während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutend vervollkommnet worden.
Militärwesen.
Im Jahre 1901 stellte der Kanton Freiburg zum eidgenössischen Heer folgende Truppen:
Mann | ||
---|---|---|
A. Auszug: | Infanterie | 4681 |
Kavallerie | 283 | |
Artillerie | 654 | |
Genie | 132 | |
Sanität | 58 | |
Verwaltung | 53 | |
Stäbe | 34 | |
: | Total Auszug: | 5895 |
B. Landwehr | Infanterie 1. Aufgebot | 1621 |
Infanterie 2. Aufgebot | 725 | |
Kavallerie | 240 | |
Artillerie | 418 | |
Genie | 142 | |
Sanität | 72 | |
Verwaltung | 24 | |
Stäbe | 13 | |
: | Total Landwehr: | 3255 |
Somit Auszug und Landwehr zusammen 9150 Mann. Rechnet man dazu noch den Landsturm mit 12319 Mann, so erhalten wir eine effektive Truppenstärke von 21469 Mann. Daneben bezahlen 12190 Mann Militärsteuer. Von den 1460 Rekruten und Zurückgestellten, die sich 1901 zur Rekrutierung stellten, sind 682 oder 46,8% diensttauglich befunden, 137 zurückgestellt und 641 endgiltig untauglich erklärt worden.
Gewerbe und Industrie.
Der Kanton Freiburg macht keinen Anspruch auf die Bezeichnung eines Industrielandes im modernen Sinne dieses Wortes. Doch sind die mit der Landwirtschaft zusammenhängenden Handwerke und Gewerbe immerhin von einer nicht geringen Bedeutung. Im 15. Jahrhundert war dagegen die Stadt Freiburg einer der wichtigsten industriellen Mittelpunkte des Landes, und das Freiburger Tuch und Leder erfreute sich zu jener Zeit europäischer Berühmtheit. Die Lederindustrie allein beschäftigte 700 Gesellen u. die Tuchindustrie wohl ebensoviel; 20000-30000 Tuchballen gingen damals ¶