der Stadt, hat Genf
ein Stauwerk mit Schleuse und ein grosses Wasserwerk erbaut.
Die Arbeiten begannen im Januar 1893 und waren
im Dezember 1895 beendigt. Es sind daselbst 15 Doppelturbinen in Betrieb, deren jede durchschnittlich 800 HP, bei hohem Wasserstand
sogar bis zu 1200 HP zu liefern im
Stande ist.
dient Touristen häufig als Uebergang von
Arolla nach
Chanrion oder
Mauvoisin (und umgekehrt).
Während der
O.-Hang eine sanft ansteigende Hochfläche darstellt, fällt der
Pass nach W. mit senkrechter Felswand von ca. 50 m
Höhe ab.
Der hier über ein schmales, stark geneigtes und genügender Anhaltspunkte
oft entbehrendes Felsband führende Weg, eine sog. vire, bietet der Ueberwindung ernstliche Schwierigkeiten und wird in der
Regel nur mit Hilfe des Seiles begangen.
(Vire aux)(Kt. Waadt
und Wallis).
1700-2000 m. Sehr steiler Fusspfad, s. der
Diablerets, führt vom Fuss
des
Ecuellaz zum Fuss der Lapiers de
Cheville und verläuft fast beständig auf den Köpfen der hier beinahe senkrecht stehenden
und oft sogar etwas überkippten Nummulitenschichten.
zahlreiche Sennhütten, von denen mehrere an beiden
Hängen gelegene trotz ihrer grossen Höhenlage und ihrer weiten Entfernung von grössern Siedelungen beinahe den ganzen
Winter hindurch bewohnt sind.
430 m. Kleines Dorf, nahe dem rechten Ufer der
Seimaz, 500 m s.Choulex
und 6 km nö. Genf.
Haltestelle der Strassenbahn
Genf-Jussy. 33
Häuser, 105 Ew., wovon 17 Reformierte.
Zwei Siedelungen: das grössere Chevroux Dessus (456 m; 700 m vom
See; Postablage, Telephon;
Postwagen nach
Payerne) und das kleinere Chevroux Dessous (438 m; 400 m von ersterem, am Seeufer).
Vor dem Dorf drei Pfahlbaustationen,
deren jüngste der Bronzezeit angehört hat und bis zum Beginn der Eisenzeit bestanden haben muss;
zahlreiche
Funde von Kupfergeräten.
Auf dem
Châtelard, nahe Chevroux, vorhistorischer und römischer Wachtturm. 1286: Chevroth.
(Kt. Waadt,
Bez. Lavaux).
592 m. Gem. und Pfarrdorf, mit zerstreut gelegenen
Häusern, an der Strasse
Vevey-Moudon, mitten in
der Hügelgegend der Nagelfluh von
Lavaux, die am Cohan in einer Reihe von Stufen zum
Genfersee abbricht;
am
W.-Hang des
Mont Pélerin und über der obern Grenze des Weinbaubezirkes; 3,7 km ö.
Cully, 2 km von der Station Chexbres-Puidoux
der Linie
Lausanne-Bern, 1 km von der Station
Rivaz der Simplonbahn und 5,5 km nw.
Vevey. Chexbres-Puidoux ist
mit
Vevey seit kurzem durch eine eigene Linie verbunden, die das Dorf Chexbres durchzieht. Durch den Weinbaubezirk
Lavaux führt
eine neue Strasse nach
Cully, Aussichtspunkt der Corniche du
Léman. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen
Vevey-Station
Chexbres-Puidoux. Gemeinde, mit dem
WeilerMonteiller: 162
Häuser, 1085 reform. Ew.; Dorf: 133
Häuser, 913 Ew. Bildet
zusammen mit
Puidoux eine Kirchgemeinde. Fremdenstation, mit sehr ausgedehntem Niederblick auf den
See. Schöne Kirche, vor
wenigen Jahren restauriert.
Signal in 661 m. Chexbres ist eine sehr sehr alte Siedelung und soll der Ueberlieferung nach auf
der Abtei
St. Moritz im Wallis
gehörendem Boden an Stelle des DorfesGlérolles entstanden sein, das durch die
vom
Bergsturz des
MonsTauretunum erregte Flutwelle des
Genfersees im Jahr 563 zerstört wurde. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts
spielte Chexbres eine bedeutende
Rolle. 1810 von der politischen und Kirchgemeinde
Saint Saphorin abgetrennt. 1072: Chibriacum;
1134-1312: Chebri; 1454: Cheibri; 1562: Cheybres. Steinbeil und Bronzemesser. Römische Ruinen und Münzen.
Nahe der Kirche von
Puidoux ein Burgunderfriedhof.
(Kt. Freiburg,
Bez. Broye).
456 m. Gem. und Pfarrdorf, an der Strasse Estavayer-Yverdon, am
¶
mehr
Neuenburgersee und 7 km sw. der Station Estavayer der Linie Yverdon-Freiburg. Postablage, Telephon. Gemeinde, mit dem WeilerLe Moulin de Cheyres: 72 Häuser, 401 kathol. Ew. französ. Zunge; Dorf: 58 Häuser, 317 Ew. Wein- und Getreidebau; Futterbau
und Milchwirtschaft. Steinbrüche auf Molassemergel und -sandsteine. Pfarrkirche zu St. Niklaus, KapelleNotre Dame
de Bonnefontaine. 1,5 km über dem Dorf ziemlich ergibige Quelle. Dorf mitten in Baumgärten und Weinbergen schön gelegen;
von einer benachbarten Anhöhe aus, auf der das Hôtel des Bains steht, prachtvolle Aussicht auf den See und sein Umgelände.
Pfahlbauten aus der neolithischen Zeit und zahlreiche Altertumsfunde bezeugen das hohe Alter der Siedelung.
Cheyres war einst eigene Herrschaft, die später mit der von La Molière vereinigt wurde u. im 16. Jahrhundert Heinrich von
Praroman, aus dem in Lausanne ansässigen Zweige dieser Freiburger Familie, zu Eigen war. 1704 kaufte Freiburg
die Hoheitsrechte um den
Preis von 52582 alten Franken. Gehörte zur Kirchgemeinde Yvonand; als diese zur Reformation übertrat,
Cheyres aber beim alten Glauben verblieb, wurde es davon abgetrennt und zur eigenen Kirchgemeinde erhoben.
Kirche 1484 erbaut, 1747 umgebaut. 1876-99 amtete hier der durch seine zahlreichen historischen Arbeiten bekannte Pfarrer
François Louis Jeunet. 1778 entdeckte Landvogt Castella nahe dem Dorf einen seither leider zerstörten,
prachtvollen Mosaikboden von 24 m2 Fläche, dessen 800000 kleine Steinwürfel zu einem vielfarbigen Bilde des die Tiere
durch sein Spiel anziehenden Orpheus zusammengestellt waren. Wenig später fanden sich noch einige kleinere Mosaiken und
Münzen aus der Zeit Vespasians. Burgundergräber bei Les Crottes. Die von einem Sagenschleier umwobene Quelle
der Bonne-Fontaine erinnert an einstigen Druidenkult. Heute steht an ihr eine stark besuchte Wallfahrtskapelle.
876 m. Gruppe von 8 Häusern, 600 m w. vom Dorf Ballaigues,
an der Strasse Orbe-Pontarlier und 3 km nö. der Station Vallorbe der Linie Lausanne-Pontarlier. 65 reform. Ew. In unmittelbarer
Nähe neu erbaute Gasthäuser zur Aufnahme von Kuranten.
1115 m. Zwei Bauernhöfe. 8 km sw. der Station Buttes
der Schmalspurbahn Travers-Buttes und 1,3 km w. Les Bolles de l'Eglise. 29 ref. Ew. Landwirtschaft und Uhrenmacherei.
1200 m. Gruppe von drei Bauernhöfen, nahe der Grenze gegen Frankreich
und 4,5 km n. der Station Les Verrières der Linie Neuenburg-Pontarlier. 20 reform. Ew. Ackerbau.
925 m. 13 zerstreut gelegene Häuser, 700 m s. Sommentier und 2,8 km sw. der
Station Vuisternens der Linie Romont-Bulle. 63 kathol. Ew. Kirchgemeinde Vuisternens-Romont.
1171 m. 4 Häuser, auf einer zum rechten Ufer der Dranse d'Entremont geneigten
Terrasse, zwischen den Weilern La Rosière und Chanton, am W.-Fuss des Six Blanc und 1 km nö. des FleckensOrsières. 27 kath. Ew. Viehzucht;
1149 m. Weiler, rechts von einem längs des linken Ufers der Dranse
vom FleckenOrsières ins Thal von Champex führenden Fussweges, 1 km nw. Orsières und 18 km sö. der Station Martinach der Simplonbahn. 15 Häuser, 97 kathol.
Ew. Viehzucht;
480 m. Gruppe von 3 Häusern, im Thal der Tinière, 200 m ö. des Wasserwerkes
Le Crêt und 1 km nö. der Station Villeneuve der Simplonbahn. 25 reform. Ew. Ackerbau.
1143 und 1180 m. Zwei Häusergruppen, 300 m von einander entfernt,
am Mont de Buttes und 3,5 km nw. der Station Buttes der Schmalspurbahn Travers-Buttes.
1145 m. 2 Häuser, an der Grenze gegen Frankreich und 3 km nw. der Station Les Verrières
der Linie Neuenburg-Pontarlier. 20 reform. und kathol. Ew. Das eine der Häuser ist Grenzwachtposten, das
andere ein Bauernhaus mit Wirtschaft und kleiner Spezereihandlung.
1200-1000 m. Kleine Hochfläche mit Bergweiden und Waldparzellen,
n. über den beiden Dörfern Chézard und am Fuss des Mont d'Amin.
Verschiedene Häusergruppen, deren bedeutendste Les Vieux Prés
und La Montagne Devant (beide schon sehr alte Siedelungen), Les Prés Batteraux (nicht Battraux) und das
schöne Staatseigentum Les Posats sind.
(Kt. Tessin,
Bez. Mendrisio).
236 m. Gem. und Pfarrdorf, an der Grenze gegen Italien, an der Faloppia und nahe
der Breggia, 5 km sö. Mendrisio. Sehr wichtige Grenzstation der Gotthardbahn. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen Chiasso-Morbio
Inferiore. Zollamt. 310 Häuser, 3970 Ew., wovon 220 Reformierte. Tabak-, Mais- und Weizenbau. Bedeutende industrielle Tätigkeit: 10 Zigarren-
u. Tabakfabriken, grosse Zementfabrik, Limonaden-, Teigwaaren- und Cacaofabrik. Zwei Amerikanermühlen,
eine Druckerei, 10 grosse Weingeschäfte. Ca. 15 Versand- und Commissionsfirmen, 3 Bankhäuser. Mehrere gemeinnützige und
wohltätige Gesellschaften, Unterstützungskasse auf Grundlage der Gegenseitigkeit. Der Ort selbst ist ein schönes Städtchen
italienischen Gepräges, seine Bewohner sind lebenslustig und lebhaft. An Sonntagen wird Chiasso von den Bewohnern der benachbarten
italienischen Ortschaften,
namentlich auch von Como, häufig als Ausflugsziel erwählt.
entspringt in 835 m im Thälchen La Dré oder La
Drai, ö. Le Fornet Dessous, fliesst zunächst in wö., dann in sö. Richtung und mündet bei Sapran (wo früher ein Dorf mit
katholischer Kapelle und Pfarrwohnung stand) in 745 m von links in die Sorne. Im Dialekt Ave-tschie-Re = Eau chez Rais (Familienname);
sollte daher richtiger Tschieré geschrieben werden.
2400-1900 m. Grosse Alpweide, am S.-Hang des Pizzo Lucomagno, w. des Passo Predelp und
5¼ Stunden n. über der Station Faido der Gotthardbahn. Im Juli und August bezogen.
(Kt. Waadt,
Bez. Aigle,
Gem. Bex). 564-440 m. Hügellandschaft, zwischen Bex, Lavey le Village und Saint Maurice,
am rechten Ufer der Rhone. Senkt sich nach O. und gegen Bex in abwechselnd sanft gerundeten und wieder stark terrassierten
Hängen, die beinahe völlig mit Wald und Kastanienhainen bestanden sind. Der Hügel von Duin (mit altem Burgturm, heute Gastwirtschaft)
ist der vorgeschobenste Punkt dieses unregelmässig und stark gewellten Geländes, in dem Hügel mit
Thal, Baumgruppen mit Weinreben, Feld u. Wiesen, Bauernhöfe mit schönen Landhäusern abwechseln. 22 Häuser 146 reform. Ew.
Telephon. In geologischer Hinsicht ist diese Hügelgegend von der am andern Ufer der Rhone bei Vérossaz in Terrassen aufsteigenden
Landschaft nicht zu trennen, indem beiderseits die Lagerung der Schichten eine völlig übereinstimmende
ist.
Die Kalkbänke an der Basis sind von sehr wechselndem Aussehen; die wenigen hier gefundenen Fossilien weisen sie dem Neocom
zu. Auf dem Rücken steht häufig ein toniger und schiefriger Kalkstein ohne jede Spur von Fossilien an, dessen Verwitterungsrückstand
einen für den Anbau der Weinrebe äusserst günstigen Boden bildet. Es erfreuen sich denn auch die Weine
von Les Caillettes und Crie in der Gegend eines wohlverdienten guten Rufes. In einer der Bodensenken der Hochfläche liegt der
heute zu einem beinahe ausgetrockneten Sumpfe zusammengeschrumpfte einstige kleine See von Luissel, in dessen Nachbarschaft
die Ueberlieferung den Schauplatz einer ehemaligen grossen Schlacht verlegt. (Vergl. die Art. Bex¶
mehr
und Chatel). 1791 hat man hier in einer Tiefe von 2 m vergraben Waffen aus der Bronzezeit aufgefunden, die heute in den Museen
von Lausanne undBern
auf bewahrt sind.
(Kt. Tessin,
Bez. Leventina).
670 m. Gem. und Pfarrdorf, an der Strasse Biasca-Airolo, am linken Ufer des Tessin
und 3 km
sö. der Station Faido der Gotthardbahn. Gemeinde, mit Lavorgo: 54 Häuser, 395 kathol. Ew.; Dorf: 26 Häuser, 172 Ew. Viehzucht.
Sehr alte, schon 1229 erwähnte Pfarrkirche zu Santa Maria, mit kostbarem Holzaltar gotischen Stiles aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts.
(Schloss) (Kt. Waadt,
Bez. Vevey).
376 m. Berühmtes Schloss, am Genfersee, zwischen Montreux und Villeneuve und 500 m s. der Station
Veytaux-Chillon der Simplonbahn. Endstation der elektrischen Strassenbahn Vevey-Montreux-Chillon. Das Schloss steht auf einem
senkrecht in den See untertauchenden Felsriff aus unterm Liaskalk, auf dem bei Anlass von neuerdings unternommenen
archäologischen Nachgrabungen sehr schöne Gletscherschliffe blosgelegt worden sind.
Von der dem See entlang ziehenden Landstrasse von Vevey nach Villeneuve führt uns ein gedeckter Steg auf steinernen Pfeilern
über einen zum Teil künstlichen Graben zum Schlosseingang. Dieser einst wassergefüllte Schlossgraben sollte der dem Angriffe
von Aussen her am meisten ausgesetzten Ostseite der Burg zu verstärktem Schutze dienen. Auf dieser Seite
ist die mit zwei Reihen von Schiessscharten versehene Ringmauer durch drei zum Graben halbrund vorspringende und mit Mordgängen
(mâchicoulis) gekrönte Türme bewehrt. In deren mittlerem (Z1) befinden sich die berüchtigten Verliesse, die der Tradition
Stoff zu unheimlichen Geschichten geliefert haben, in Wahrheit aber nie als Falltüren (oubliettes)
verwendet worden sind, sondern einfach einer Ausfallspforte als Wehrgänge dienten.
Nach Ueberschreiten des von den Bernern an Stelle der früheren Brückenpritsche erstellten Holzsteges treten wir durch ein
in seiner heutigen Gestalt aus dem Jahre 1835 stammendes Thor in einen Hof ein, wo zunächst zur Linken
ein mächtiger Turm, der Thorturm (B), auffällt, dessen Fensteröffnungen und zwei Türen im Niveau des Hofes (D) modernen
Ursprungs sind und der in ziemlicher Höhe das Wappen des Geschlechtes von Mülinen und den Namen des Berner Landvogtes Hans
Wilhelm von Mülinen trägt, auf dessen Anregung der Turm restauriert und am Schlosse Chillon überhaupt
eine Reihe von baulichen Arbeiten vorgenommen worden, sind.
Die S.-Seite dieses Hofes fassen die an einen gedeckten Wallgang sich anlehnenden einstigen Stallungen (N und N1) ein, während
sich an die gegenüberliegende Mauer die Brunnenterrasse (M) anlehnt, auf die sich zwei Türen aus dem
Keller (L)
öffnen. Diese Mauer ist von einem Wallgang gekrönt, der auf die den Hof im Westen abschliessende Mauer übergreift
und alle Teile der Verteidungswerke unter einander verbindet. Ueber die in der w. Ecke des Hofes zu einer Rundbogenthüre leitende
Treppe gelangen wir in ein sehr schönes Gewölbe (P), den ersten der Räume im Souterrain, der zwischen 1254 und 1264 erbaut
worden zu sein scheint.
Der von der Tradition übernommene Ausdruck «Souterrain» ist aber streng
genommen nicht zulässig, da diese Räume nie unter dem Spiegel des Sees, sondern immer zum mindesten zwei Meter darüber gelegen
haben. Von ihrer Errichtung an dienten die Gewölbe dieses Souterrains wahrscheinlich als Magazine und
Unterkunftslokale für die Mannschaften der Besatzung, sowie, in Zeiten der Not, als Zufluchtsort für die Bewohner der Umgegend.
Von dem zur Zeit der Berner Okkupation als Zeughalle und Werkplatz für den Bau von Kriegsschiffen verwendeten Mannschaftsraum
(Q) gelangt man in die Halle der Verurteilten (R), in die eine Felsterrasse vorspringt und mit ihrer untersten
Stufe eine Art von Lager bildet, das der Ueberlieferung nach den zum Tode Verurteilten während ihrer letzten Nacht zur Ruhestätte
angewiesen wurde.
Diesen Raum benützten die Berner Landvögte aller Wahrscheinlichkeit nach als Zeughalle. Durch eine Spitzbogentüre
treten wir in eine dunkle, in drei verhältnismässig schmale und hohe Räume getrennte und von rundbogigen Quertonnen überwölbte
Halle (S) ein, wo einst die Hinrichtungen stattfanden und noch der als Galgen dienende Querbalken mit Flaschenzug vorhanden
ist. Ihre vier Umfassungsmauern gehören einem einstigen, aus der Zeit vor dem 13., ja wahrscheinlich
selbst vor dem 12. Jahrhundert stammenden mächtigen Turm an. Dann folgt das schöne, in der ganzen Welt als Kerker Bonivards
bekannte Gewölbe, an dessen Stelle ursprünglich vielleicht bis zum 11. Jahrhundert zurückreichende Werke und eine 1224 erbaute
Veste des Grafen Thomas I. stand.
Die mächtige Wirkung dieser Halle auf den Besucher wird erhöht durch das überraschende und ausserordentlich
reizvolle Farbenspiel der von den bewegten Wellen des Sees durch die Schiessscharten an die Gewölbe zurückgeworfenen Lichtstrahlen.
Neben dem Eingang lag vor Zeiten ein Verliess, in dem vielleicht Bonivards Freund, Cottier, der zu dessen Befreiung ins Schloss Chillon
sich eingeschmuggelt hatte und dessen Pläne entdeckt worden waren, eingeschlossen gehalten wurde.
Beim Versuche, des Nachts durch die vom Eingang aus gezählte dritte Schiessscharte zu entkommen, stürzte er auf die Felsblöcke
ab und starb. Mit Ausnahme vielleicht des dritten waren in die untersten Trommeln aller sieben Rundpfeiler eiserne Ringe eingelassen.
Am fünften Pfeiler schmachtete Bonivard, und in den Stein jenes dritten haben Byron, Alexander Dumas
und Quinet ihre Namen eingeschnitten. Beim Austritt aus den Souterrains in den zweiten Hof (E) sehen wir dem Wallgang gegenüber
eine von Peter II. herrührende Gebäulichkeit vor uns, durch deren Thor wir in die sog. Küche und den
Speisesaal (Q) gelangen. Es ist dies ein trapezförmiger Raum mit zwei prachtvollen, je aus einem einzigen Stamme Eichenholz
geschnittenen Säulen, einem monumentalen Kamin aus dem 15. Jahrhundert, einem aus Lutry kürzlich hierher verbrachten Faïenceofen
aus 1602, einem Buffet Henri II. und einem französischen Schrank aus dem 17. Jahrhundert, der hier aber
nur vorläufig aufgestellt ist und in dem die Archive
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mehr
der Vereinigung «Pro Chillone» aufbewahrt werden. Dem zweiten Hofe (E) schliesst sich der dritte (F) an, den rechts der gewaltige
Donjon oder Bergfried (I) und links die Grundmauern eines ehemaligen Turmes (S) flankieren, an dessen S.- und N.-Seite sich
um 1250 die heutigen Gebäulichkeiten anschlossen.
Auf ihr ursprüngliches Niveau ausgeräumt sind die benachbarten Hallen U, U1 u. U2. Die zweite
(U1), der Gerichtssaal, ist mit vier grossen Doppelfenstern, drei Säulen aus schwarzem Marmor, einem Kamin aus dem Jahre 1439 und
einer aus derselben Zeit stammenden Kassettendiele geschmückt. Der dritte Raum (U2) mit Decke aus dem 13. Jahrhundert
ist die Folterkammer, wo zahlreiche Unglückliche, besonders auch im 17. Jahrhundert viele der Hexerei
Angeklagte gequält worden sind.
Gegenüber erhebt sich der zentrale Bergfried (oder Donjon I) mit einer Höhe von 26 m. Rechts davon steht ein vierter Turm,
an dessen n. Ende die dem h. Georg geweihte Burgkapelle gefunden worden ist. Sie enthält zwei prachtvolle
Chorstühle aus geschnitztem Eichenholz, die zusammen mit zwei andern kleinern Stühlen aus der Kathedrale von Lausanne stammen.
Darunter befindet sich eine Krypta. Wenn wir in die Bel-Etage des den Hof F im N. abschliessenden Herzogsturmes (X) steigen,
öffnet sich uns zunächst das Schlafzimmer des Grafen von Savoyen mit einem Kamin aus 1336, Wandmalereien
(Spuren von dreimaliger Uebermalung, deren älteste aus 1341-1343 stammt) und den geschnitzten Eichenholzpfeilern eines Staatsbettes.
Nebenan, über der Folterkammer, liegt eine «Gardaroba», deren ursprüngliche
Einrichtung im 15. Jahrhundert völlig umgeändert worden ist, wie übrigens auch die des benachbarten, von den Bernern im 16. Jahrhundert
umgeänderten grossen Rittersaales über dem Gerichtssaal, den ein Kamin aus dem 15. Jahrhundert und die an der S.- u. W.-Wand
in einer Höhe von 2,07 m vom Boden unter der Decke angebrachten Wappen der von der Eroberung der Waadt
an bis zu ihrer Uebersiedelung
nach Vevey im Jahre 1733 auf Schloss Chillon residierenden bernischen Landvögte zieren. Unsern Rundgang
durch das Schloss beendigen wir, indem wir durch den Zwinger (H) am Zwingerturm (Z1) mit seinen schon erwähnten Verliessen
(oubliettes) vorbei wieder zum Thorhaus (A) zurückkehren.
Die Geschichte des Schlosses Chillon kann in vier Zeiträume eingeteilt werden: 1. Die Anfänge, vor dem 13. Jahrhundert; 2. die
Zeit der savoyischen Herrschaft; 3. die Zeit der BernerHerrschaft und 4. die Zeit seit dem Uebergang des Schlosses an die Waadt.
1. Anfänge.
Die Entstehung des Schlosses Chillon ist in Dunkel gehüllt. Es wird behauptet, dass die Felsklippe, auf dem es erbaut ist,
einst unter dem Spiegel des Sees gelegen habe und durch langsames Sinken des Wassers allmählich aufgetaucht sei. Dadurch entstand
eine Art von Vorgebirge, das auf der Landseite unmittelbar von steilen und unzugänglichen Felshängen überragt wird und
von Natur aus dazu geschaffen war, die von Avenches über Vevey und Chillon dem Seeufer entlang ins Wallis
und
über den Grossen St. Bernhard ziehende Römerstrasse zu beherrschen.
In der That bestand denn hier auch ein römisches Bauwerk, das zu Ende des 4. Jahrhunderts in Asche gelegt wurde. In der
die ganze Oberfläche der Felsklippe einst bedeckenden Schuttschicht hat man römische Ziegel und (im Hof
D) eine Münze aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts aufgefunden.
Ferner scheint hier im 9. Jahrhundert eine neue befestigte Anlage bestanden zu haben. Die Ueberlieferung, dass Graf Wala auf
Befehl Ludwigs des Frommen in Chillon gefangen gehalten wurde, ist nach den neueren Forschungen durchaus nicht aufrecht zu
erhalten.
Lange Zeit schweigt dann die geschichtliche Ueberlieferung von der Existenz eines Schlosses Chillon völlig, und auch die
ersten aus 1005 stammenden Nachrichten sind noch unbestimmt genug. Eine Urkunde aus jenem Jahre nennt als Eigentum des Bischofes
Hugo von Sitten ein bei Villeneuve gelegenes «Castellare», das vielleicht als unser Schloss gedeutet werden
darf.
Völlig sicher und unter seinem heutigen Namen erscheint Chillon erst im 12. Jahrhundert. 1150 besass es schon eine Besatzung
und einen eigenen Burgwart, die unter dem Befehl der Grafen von Maurienne-Savoyen, Lehensmännern des Bischofes von Sitten,
standen. Die durch vorspringende Türme verstärkte Ringmauer dieser Zeit war weder überall von gleicher
Höhe noch gleichmässig ausgebaut.
Seine eigentliche Bedeutung als fester Punkt erhielt Chillon, soweit bekannt, erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Der durch
seine ritterliche Gesinnung wohlbekannte Graf Thomas I. von Savoyen hatte die Bedeutung von Chillon erkannt u. 1224 seinem
Burgwart den Auftrag gegeben, ihm hier ein «Haus» zu bauen, das ungefähr an der Stelle der auf unserem
Plan mit U1 und U2 bezeichneten Räume aufgeführt war und dessen genaue Gestalt, Einrichtung u. Ausschmückung
die 1892 von Albert Næf vorgenommenen Untersuchungen festgelegt haben. Zu gleicher Zeit wurden die schon vorhandenen Türme
im Innern ihrem Zweck entsprechender ausgebaut und die Ringmauer auf der O.-Seite beträchtlich verstärkt. Auf Thomas folgte
sein Sohn Peter II., der nicht mit Unrecht den Beinamen des «Petit Charlemagne»
führte. «Stolz, kühn und schrecklich wie ein
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