Der Weg von
Trient
Dorf steigt bis hierher (1½ Stunden) in zahlreichen Windungen durch den
Wald empor und erreicht von da über die Alpweide
und die
Hütten von Zerbazière (=
Herbagères) den
Col de Balme.
(Le) (Kt. Wallis,
Bez. Entremont).
2492 m. So heisst bisweilen der kleine Col de
Ferret zwischen schweizerischem
und italienischem
Val Ferret. S. den Art. Col deFerret.
Nach lokalen Ueberlieferungen soll hier einst ein grosses Dorf gestanden haben,
dessen Bewohner von den häufigen Epidemien des Mittelalters gänzlich dahingerafft worden seien. In der That scheinen heute
noch vorhandene Grenzfurchen und Mauerreste auf einst hier betriebenen Ackerbau schliessen zu lassen.
Die
Kapelle steht an der Stelle
einer 1440 zerstörten Burg, der Tradition nach Geburtsortes des h. Immer, der dem Thal der Suzenga
(Suze,
Schüss) Zivilisation
und Christentum brachte und ihm seinen Namen gab (St. Immerthal).
Das im 30 jährigen Krieg geplünderte Heiligtum 1700 wieder
aufgebaut, 1830 vergrössert und 1873 restauriert.
Von den Bewohnern der Umgebung stark besuchter Wallfahrtsort.
Zur Zeit der Pest von 1636 begrub man hier die Leichen
der an der Seuche Gestorbenen, und seither ist die 1705 umgebaute
Kapelle stets ein ziemlich besuchter Wallfahrtsort geblieben.
885 m. Einzelstehende
Kapelle, romantisch am Eingang ins Thal des
Rio du Mont gelegen, 3 km sö.
Charmey
(Galmis), an der Strasse nach
Jaun
(Bellegarde).
1692 von einem gewissen Pettolaz an der
Stelle gegründet, wo er glücklich den Fluten der plötzlich angeschwollenen
Jogne entgangen;
um einen
ausgebrochenen grossen
Brand zu ersticken, beschlossen 1799 die Bewohner von
Galmis, alljährlich eine Prozession zur
Kapelle
zu veranstalten.
Wird heute von allen Durchreisenden besucht.
Neben der
Kapelle entspringt dem Jurakalk eine schöne Quelle.
(Piz)(Kt. Graubünden,
Bez. Inn).
2934 m. Südlichster Gipfel der vom
Piz Buin zwischen den Thälern von
Tuoi und
Lavinuoz nach S.
abgehenden Kette. Schöner Aussichtspunkt; wird von
Guarda,
Lavin und anderen Ortschaften des Unter
Engadin
oft besucht, 4-5 Stunden nw.
Guarda.
beginnt am
NW.-Hang des
Gros Van (2185 m; in der Gruppe des auf der Siegfriedkarte nicht
benannten
Mont d'Or) in 1700 m und mündet in 1243 m zum
Hongrin aus. Im Thalgrund und am W.- und
O.-Hang
der grosse, 3 km lange und im Maximum 2 km breite
Wald von Charbonnière.
Darüber am
W.-Hang die Alp Charbonnière mit den
Hütten von Ober,
Mittler und Unter Charbonnière (1685, 1670 und 1620 m), über die ein Fusspfad über
den Bergrücken ins Thal von
Leyzay führt.
(Kt. Waadt,
Bez. Vevey).
592 m. Gem. und Pfarrdorf, am S.-Hang des Mont Pèlerin auf grüner Terrasse, mit Niederblick auf einen
grossen Teil des Genfersees, 2 km nw. Vevey. Station der Seilbahn Vevey-Baumaroche. Postbureau, Telegraph,
Telephon. Die ausgedehnte Gemeinde mit zahlreichen zerstreuten Siedelungen zählt in 185 Häusern 1007 reform. Ew.; Dorf: 91 Häuser, 491 Ew.
Bildet zusammen mit Jongny eine Kirchgemeinde. Hauptsächlich Weinbau mit sehr geschätztem Ertrag; etwas Viehzucht. Lesesaal
für junge Leute. Zahlreiche Villen. Heimat des berühmten Uhrenmachers Josias Emery, der 1794 in London
starb. Vom Signal de Chardonne (764 m) prachtvolle Aussicht; hier sind 1826 Gräber und Gegenstände aus der Bronzezeit gefunden
worden.
Urkundlich zum erstenmal ums Jahr 1000 erwähnt als Eigentum der Abtei Saint Maurice; ging 1079 an den Bischof von Lausanne und 1209 an
das Geschlecht de Blonay über, die den Ort 1225 der Abtei Hauterive schenkten. Hier waren auch die HäuserOron und Greierz begütert.
Unter der BernerHerrschaft gehörte Chardonne in militär- und strafrechtlicher Beziehung zur Landvogtei Lausanne, in civilrechtlicher
zu der von Oron. Die Kapelle, heute Pfarrkirche, 1419 erbaut, 1671 vergrössert und seit 1747 verschiedene
Male restauriert. Das «Schloss» geheissene Gebäude war nie ein Herrensitz, sondern ein blosses im 17. Jahrhundert erbautes
Landhaus.
(Coldu) (Kt. Wallis,
Bez. Entremont).
3325 m. Gletscherpass, zwischen Aiguille du Chardonnet und Aiguille d'Argentière, zwischen
Chardonnetgletscher (einem 2 km langen und im Mittel 600 m breiten Nebenarm des Argentièregletschers)
u. Saleinazgletscher.
fällt nach O. jäh ab und springt spornartig in das hier eingeengte Rhonethal vor. Er überragt
den auf einer Terrasse gelegenen WeilerGueuroz, wohin ein kurzer, längs der rechten Thalseite des Trient im Zickzack aufsteigender
Fussweg führt.
^[Note:] Der Ort hat durch die Ereignisse des blutigen
Bürgerkrieges von 1844 einen in der Geschichte des Wallis
berühmten Namen erhalten.
Nach der Einnahme der Hauptstadt durch die
Klerikalen zogen die Liberalen des Unterwallis auf Geheiss ihrer Führer Barman und Joris ihrem heimatlichen Herd zu.
Als die
Männer von Monthey und Saint Maurice zusammen mit zahlreichen Kameraden aus Martinach am zur
Trientbrücke kamen, empfieng sie hier das mörderische Feuer der in den Felsen versteckten Leute aus dem Gebirge von Salvan.
In diesem wahren Blutbad fielen 70 Mann.
Diese Vernichtungsszene, ein trauriges Andenken an die politische Zerrissenheit
der damaligen Eidgenossenschaft, ist von Eduard Rod in seinem Hochgebirgsroman Là-Haut in packender und
durchaus der Wahrheit entsprechender Darstellung verewigt worden.
1,5 km n. der Station Neuhausen der Linie Zürich-Schaffhausen. An der Stelle der einstigen
Burg Schwanenfels 1850-54 von Heinrich Moser erbaut, dem Gründer der städtischen Wasserwerke und Vorkämpfer
für die industrielle Entwickelung Schaffhausens.
Bemerkenswert ist die den Javroz in einer Höhe von 35 m mit einem einzigen eisernen Bogen überspannende
Brücke der Strasse Bulle-Boltigen. Legat Bourquenoud zur Unterstützung junger Pfarramtskandidaten. Das Bestehen einer zur
Baronie Corbières gehörenden Herrschaft Charmey reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Die Burg der Herren von Charmey stand
auf dem die ganze Gegend beherrschenden Fels La Motte; ihre letzten Ueberreste sind zu Beginn des 19. Jahrhunderts
verschwunden.
Girard de Corbières, Herr von Charmey, gründete das Kloster La Valsainte; sein Sohn verkaufte den grössten Teil seiner Güter
und damit auch seine Burg zu Charmey an Perrod de Gruyère. Bei der Teilung der Güter des GrafenMichel
fiel Chariney 1555 an Freiburg.
Heimat des Pfarrers Dom Bourquenoud, des ehemaligen Staatsrates, Schriftstellers und verdienten Botanikers
F. Bourquenoud, sowie des Jesuitenpaters und gelehrten Orientalisten Alex. Bourquenoud.
deutsch Kalmis (Kt. Bern,
Amtsbez. Pruntrut).
528 m. Gem. und Pfarrdorf, an der Allaine in sehr fruchtbarer
Gegend; 6,5 km ö. der Station Alle der Linie Pruntrut-Bonfol. Postablage, Telephon; Postwagen Alle-Asuel (Hasenburg). Eidgenössisches
Zollamt u. Grenzwachtposten. 121 Häuser, 511 kathol. Ew. französischer Zunge. Die Gemeinde grenzt im N. und O. an das Elsass
und wird von W.-O. von der Strasse Pruntrut-Lucelle-Laufen durchschnitten.
Die Kirchgemeinde Charmoille,
auch La Baroche geheissen, umfasst Charmoille, Frégiécourt, Pleujouse und einen Teil von Lucelle. In diesem im N., O. und
S. von 600-800 m hohen Bergketten umgrenzten Thal vereinigen sich bei Charmoille sechs Bäche zum Hauptarm der Allaine.
Aus einer Verwerfung, die das Oxford mit den dem obern Miocän zugehörigen Vogesensanden oder Dinotherium-Schichten
in Kontakt bringt, entspringt etwas s. vom Dorf am Fuss eines Steilhanges die Quelle L'Ante; 1892 gefasst, liefert der Stadt
Pruntrut reichliches und ausgezeichnetes Trinkwasser. Ackerbau, Viehzucht, Holzhandel und Uhrenindustrie. Daneben eine
Ziegelei, Nägelfabrik, Eisengiesserei, Seilerei und Brennerei. Eines wohlverdienten Rufes erfreut sich das Kirschwasser von
Charmoille.
Der Ort erscheint urkundlich zu erst 1136 als Chalmillis, das in der Folge zu Calmillis, Kalmis wurde;
1295: Charmoya, 1340: Charmoilles. Sehr alte Siedelung; es sind römische Grabstätten, Münzen, Töpfereien und Ziegel gefunden
worden. Der Turm der Kirche stammt aus dem 12. Jahrhundert, die Kirche selbst ist 1760 neu aufgebaut und
in letzter Zeit restauriert worden. Von der einstigen Burg ist jede Spur verschwunden, doch haben die Herren von Charmoille
in der Geschichte eine nicht unbedeutende Rolle gespielt.
Hugo von Charmoille war ein Verwandter des h. Bernhard, Ulrich heiratete eine Gräfin von Nidau, Johannes und Nikolaus von
Charmoille dienten unter französischen Königen, der eine unter Philipp dem Kühnen, der andere unter
Ludwig dem Zänker. Rudolf von Habsburgs Heer lagerte während der Belagerung von Pruntrut 1283 in Charmoille. Im 16. Jahrhundert
bestand hier eine berühmte Eisengiesserei, die der Stadt Bern Kanonenkugeln lieferte. Damals war das Dorf überhaupt weit
bedeutender als heute; im 30jährigen Krieg wurde es zunächst durch die Schweden geplündert und in
Asche gelegt, und 2 Jahre später zerstörten die Truppen des Herzogs von Sachsen-Weimar noch das von den Schweden Verschonte.
Heimat des Jesuitenpaters Gobat, dessen Familie zur Zeit der Reformation aus Crémines ausgewandert war und sich in der Ajoie
angesiedelt hatte. Auf Gemeindeboden das alte Augustinerpriorat Miserez mit ausgedehnten Bauten, schöner
gothischer Kirche, einigen Privathäusern, einer Mühle und Säge.
Stark
besuchte Fremdenpension. 1814 durch eine Feuersbrunst fast völlig zerstört.
Fossilreicher, nach W. überliegender und bis
zum Malm entblösster Neocomsattel.
Der Malm bildet unterhalb des Dorfes einen isolierten Kalkfelsen, in dem ebenfalls einige
Fossilien gefunden worden sind.
Die liegende Neocomfalte beginnt am Seeufer bei La Rouvenaz (Montreux),
endigt im N. an den Pléïades und lehnt sich im W. an die Flyschzone von Brent an, die im Eisenbahneinschnitt von Vernex blosgelegt
worden war (heute vermauert).
Auf dem flachen Rücken einige Höfe und eine in orthodoxen reformierten Kreisen als Versorgungs-
u. Gebetheilanstalt wohl bekannte Familienpension.
Die einstigen Edeln von Charpigny waren Vasallen der in Ollon residierenden
Herren von La Roche. Im 13. Jahrhundert war Jean de Charpigny Bischof von Bafo auf Cypern, während sein
Bruder als Patriarch in Jerusalem amtete. 1837 hat man zahlreiche Gräber mit Schmuck- und Gebrauchsgegenständen aus der
zweiten Periode der Bronzezeit aufgedeckt.
1839 als eigene Zivilgemeinde von der grossen Gemeinde Martinach abgetrennt. In der Nähe erstes Treffen zwischen den
Wallisern und Franzosen zur Zeit der Invasion 1798. Im Wald über den Dörfern Ausbeute von triasischem Gips mit Dolomit.
(Kt. Bern
und Neuenburg).
Kette und Gebirgsgruppe des schweizerischen Faltenjura, an dessen sö. Randzone. Auf Grund des innern
geologischen Baues, der Tektonik, unterscheidet man ausser dem gewöhnlich unter dem Namen Chasseral oder Gestler bekannten
Kamm (arête) noch eine Chasseral-Kette und eine Chasseral-Gruppe.
Die Chasseral-Kette zweigt sich am Grenchen-Stierenberg im Kanton Solothurn
von der S.-Flanke der Weissensteinkette nach
W. ab und kann in eine Reihe von Einzelformen zerlegt werden. Zunächst unterscheidet man die Haute Montagne (1196 m) und
die Basse Montagne de Plagne (950 m), die plötzlich an der bis zu den Argovienmergeln und zum Dogger eingeschnittenen Klus
von Rondchâtel abbricht. W. von dieser erhebt sich das in Form einer Hyperbel von zwei Sequan-Halbkreisen
begrenzte Gewölbe des Saisseli (1196 m), von dessen w. Halbkreis zwei auf eine Länge von 18 km mit einander parallele Sequan-Kämme
abzweigen, die sich am Wald von Engollon, ö. Paquier, im Bogen wieder vereinigen.
Die beiden Kämme, deren s., wie bereits bemerkt, allein den geographischen Namen des Chasseral trägt,
umrahmen zwei mergelige und an der Oberfläche oft sumpfige Argovien-Comben und ein langes Oolith- oder Doggergewölbe, das
mit Bergweiden und Meierhöfen (La Tscharner, Jobert, Walberg, Métairies de Diesse und de Gléresse oder Ligerzberg, Pierrefeu
etc.) bestanden ist. Dieses am Graben oder Steinersberg wannenförmig bis zum Lias geöffnete Gewölbe
bildet seiner ganzen Länge nach die Axe der Chasseral-Kette; sein höchstgelegener Teil ist ein 4 km langer scharfer Grat,
der sog. Petit Chasseral (1573 m). Schon bevor man den geologischen Bau des Gebietes erkannt hatte, unterschied man diese
zwischen den zwei Sequan-Kämmen und den ihnen anliegenden Argovien-Comben sich erstreckende Region als
die Gebirgsmitte, wie die Namen Métairie deBienne du Milieu (Mittler Bielberg) oder Métairie deNeuveville du Milieu u. a.
zeigen. Im Gegensatz dazu liegen die Meierhöfe des Vorderbergs (Métairies du Devant) am S.-Hang des s. Sequan-Kammes (des eigentlichen
Chasseral) und die Höfe des Hinterbergs (Métairies de Derrière Chasseral) jenseits des Doggergewölbes
der Mitte in der n. Argovien-Combe (nicht aber am N.-Hang des n. Sequan-Kammes, dem das Volk nie den Namen Chasseral beigelegt
hat). In geologischer u. orographischer Hinsicht ist dieser n. Grat einer «Kette zweiter Ordnung» nach Thurmann (Essaisur lessoulèvements jurassiques dePorrentruy. 1832) mit dem Hubel, der Egasse etc. blos das n. Gegenstück des eigentlichen Chasseralkammes,
d. h. der stehen gebliebene N.-Schenkel
¶
mehr
des jetzt durch die Thätigkeit der Erosion geöffneten, einst aber einheitlichen Gewölbes der Chasseralfalte oder -kette.
Die Chasseral-Gruppe umfasst die ganze Faltenserie, d. h. das Gebirgsland zwischen den Thälern von St. Immer und Péry im
N. und dem Plateau der Montagne de Diesse im S. Man erkennt in der Sackgasse (impasse; unvollendete Klus
oder Erosionsquerthal) der sog. Combe Grède mindestens zwei Falten jurassischen Alters, die derjenigen des in der Gegend der
Métairie deNeuveville du Milieu selbst wieder doppelt ausgebildeten Chasseral parallel angelagert sind und die sich am Knoten
des Bec à l'Oiseau, s. Renan, zur Kette der Tête de Rang vereinigen. (Vergl. Rollier, Louis. Structureet histoire géolog. ... duJuracentral in Matériaux pour la carte géolog. de la Suisse. 8. livr., 1. supplém. 1893).
Die Doppelfalte im Dogger der eigentlichen Chasseralkette entsteht ihrerseits aus der Verwachsung der Falte von La Joux du Plâne
mit derjenigen des Chasseral; diese letztere setzt sich in ähnlicher Weise weiterhin noch im Sapet (über
Dombresson) und Chaumont (über Neuenburg)
fort. Der Knotenpunkt dieser letztgenannten Falten liegt genau an der Stelle des MeierhofesChuffort, auf der Passhöhe des Weges von der Montagne de Diesse ins Val de Ruz. Wenn man den Chaumont als
selbständige Kette auffasst, muss man hier die Chasseralkette endigen lassen, deren Länge dann vom Grenchenstierenberg
an ca. 32 km beträgt. Man sieht somit, dass die Jurafalten genau gleich denjenigen eines zusammengeschobenen Tischtuches
sich gegenseitig ablösen, verzweigen und wieder zusammenfliessen. Einige bleiben auch isoliert, wie z. B. diejenige des
dem Chasseral vorgelagerten Spitzbergs (Mont Sujet). Im W. endigt die Chasseralkette mit den abgerundeten
Rücken des Rumont und der Waldungen von Aigremont und Engollon.
(Le), deutsch Gestler (Kt. Bern
und Neuenburg).
Gipfel und Bergzug des Jura, an dessen SO.-Rand; n. vom Bielersee und s. vom Thal
von St. Immer. Bildet einen langen Sequan-Kamm. Höchster Punkt 1609 m (trigonometrisches Signal),
14 km
w. Biel und 5,1 km sö. St. Immer, 18 km nö. Neuenburg
und 8,1 km n. Le Landeron. Von hier führt ein guter Fahrweg zum Gipfel; Fussgänger
ersteigen den Berg längs der Grashalden in bequem 2-3 Stunden. Von St. Immer erfordert die Besteigung
weniger als 2 Stunden; Wagen auf der Poststrasse St. Immer-Val de Ruz bis Le Bugnenet. Auf dem Kamm, 2 km w. vom Gipfel, 1878 erbautes
Hôtel-Restaurant. Aussichtspunkt ersten Ranges mit einem der umfassendsten und grossartigsten Panoramen der Alpen; gegenüber
Jungfrau, Mönch, Eiger und Finsteraarhorn (dieses etwas von der Seite gesehen).
Der Chasseral ist der vollendete Typus eines Sequan-Kammes (crêt séquanien); die aufgerichteten Kalkbänke brechen nach
N. mit den Schichtköpfen in steiler Wand ab, während die Schichtflächen am S.-Hang eine einheitlich geneigte, dachförmig
schiefe Ebene bilden. Von der Métairie de l'Isle im W. bis oberhalb Orvin im O., d. h. auf eine Länge
von mehr als 10 km, zieht sich über einem untern Waldgürtel (Wald von Neuenstadt und Nods, ca. 950 ha) eine breite Zone von
Bergweiden hin. Gerade unterhalb des Gipfels fällt nach N. eine schuttbedeckte Felshalde ab, der Standort einer Reihe von
alpinen Pflanzen.
Flora.
Obwohl in dieser Hinsicht der Chasseral gegenüber den Höhen des w. und s. Jura im Nachteil ist, weist er doch eine ganze
Anzahl von für die jurassische Flora bemerkenswerten Pflanzen auf: Alpen-Windröschen(Anemone alpina) und narcissenblütiges
Windröschen (Anemone narcissiflora), die beide hier ihren nördlichsten Standpunkt erreichen;
minima, Tozzia alpina, Androsace lactea, Salix retusa, S. reticulata, Herminium monorchis, Epipogium aphyllum, Allium victorialis,Phleum alpinum, P. Micheli, Festuca pumila, Lycopodium selago, Blechnum spicant, Veronica aphylla etc. Von allen am Chasseral
wachsenden Arten sind aber die für den Jura interessantesten Rhododendron hirsutum (Vorkommen zu verschiedenen Malen bestritten,
aber von glaubwürdigen Botanikern wirklich gefunden; seither leider ausgerottet) und Arctostaphylosalpina. Verschiedene Mitglieder des S. A. C. geben sich viele Mühe, um das Hôtel einen kleinen Garten anderer alpinen Pflanzen
anzulegen.
Hinter dem Grat des Chasseral, in der feuchten und kalten Gegend des Bois Raiguel, stocken zahlreiche Lärchen, welcher Baum
im Jura nicht einheimisch ist. Hier ausserdem noch eine grosse Menge von sehr schönen Heidelbeeren (Vacciniummyrtillus). Einer der allerbeachtenswertesten botanischen Standorte des Jura sind die am Fuss der Roche (S.-Flanke, ö. vom
Signal) angehäuften Schutthalden. Hier gedeihen Linaria alpina;
die schönen Büschel von Erysimum ochroleucum (schon Abraham
Gagnebin aus La Ferrière und Haller bekannt), des blassgelben Schotendotters, dessen Wohlgeruch ganz demjenigen
des an den Felsen des Schlossbergs wachsenden Goldlacks (Cheiranthus cheiri) gleichkommt;
Bupleurum longifolium und B. ranunculoides.
An den Steinhalden der Combe Biosse: Centranthus angustifolius, Pedicularis foliosa var. jurana Steininger;
Die auf frischen Waldlichtungen massenhaft gesammelten Erd- und Himbeeren
kommen in den benachbarten Städten auf den Markt.
Den Hauptreichtum der Bürgergemeinden bilden, wie überhaupt im ganzen Jura, die die Berghänge (Joux) bedeckenden Fichten-
oder Rottannenwälder. Die Weisstanne zieht den Schattenhang (Envers) vor und steigt nicht sehr hoch an. Ueberall streitet
die Buche mit den Nadelhölzern um ihre Existenz. Die Waldföhre oder Kiefer (Pinus silvestris) ist selten
und bevorzugt sandigen und warmen Boden, während umgekehrt ihre var. hamata, gleichwie die Birke, die kalten und feuchten
Gegenden (Pontins etc.) liebt.
Die Stieleiche steigt nicht über den S.-Fuss des Chasseral (La Praye); der Ahorn umgibt in grossen, oft
durch den Blitz gespaltenen Exemplaren alle Meierhöfe der Berggegend. Das Holz der Eberesche und des Mehlbeerbaums ist ein
gesuchter Artikel für Drechsler. Das früher zum grossen Schaden der Bäume betriebene Harzsammeln (Burgunder Terpentin)
ist heute verboten; überall zeigen die alten Baumstämme noch die Spuren der vor mehr als einem halben
Jahrhundert dadurch erlittenen Verstümmelungen.
Fauna.
Bis jetzt sind die Höhlen des Chasseral noch nicht untersucht worden; es ist aber wahrscheinlich, dass vor der bis in die
keltische Zeit hinaufreichenden Besiedelung der ThälerBär und Luchs nicht selten gewesen sind. In strengen Wintern verirrt
sich heute noch der Wolf aus den Vogesen bis hierher. Wildschweine sind nie beobachtet worden, sie gehen
nicht weiter als bis zum Doubs und ins Thal von Delsberg. Hoch oben am Berg an stark bewaldeten Hängen finden noch Wildkatze
und Auerwild (Tetrao urogallus) einen Zufluchtsort; die Auerhenne wählt zur Aufzucht ihrer Nachkommenschaft mit Vorliebe
die Busch- und Felswildnisse der abgelegensten Tannendickichte (Bois Raiguel, Forêt de Chuffort, etc.). Der Nusshäher (Nucifragacaryocatactes) nistet im Februar bis März in jenen Gehölzen.
Geologie.
Natürliche Merkwürdigkeiten am Chasseral sind eine noch nicht untersuchte senkrechte Kluft (taue) etwas ö. unter dem Signal,
in der schon Vieh verunglückt ist; eine grosse Höhle auf halber Bergeshöhe im Wald von Nods; eine natürliche
Eisgrotte, der Creux de Glace, am N.-Hang (Fussweg Courtelary-MittlerBielberg), wo durch die starke nächtliche Strahlung die
feuchte Luft derart abgekühlt wird, dass sich am Boden eine Eisschicht gebildet hat und sich in der Höhle befindliche Gegenstände
mit einer Eiskruste überziehen. Zudem wird der Eingang bis spät im Jahr von einem durch die Winterstürme
zusammengewehten Schneehaufen verdeckt.
Die in paläontologischer Hinsicht bemerkenswerteste Stufe der Juraschichten am Chasseral ist das
die beiden Gräte der Kette
aufbauende Sequan. Der Fundort Chasseralles oder Chesseralles von fossilen Seeigeln und Korallen findet sich
schon in alten Verzeichnissen von Versteinerungen (Bourguet 1742). Man findet solche Fossilien an den verschiedensten der
Verwitterung zugänglichen Stellen, so besonders zwischen den einzelnen Kalkbänken, längs der Fusswege und an den Schutthalden.
In dieser Hinsicht sind namentlich die Umgebungen des Egasse schon öfters abgesucht worden; die hier gemachte, sehr vollständige
Ausbeute wird im Museum Schwab in Biel aufbewahrt. Es sind Cidaris philastarte, Hemicidaris stramonium und H. intermedia,Acrocidaris nobilis etc. An der Basis der Sequanstufe liegen ganze Bänke voller Stöcke und Bruchstücke der Korallenbauten
des jurassischen Meeres.
Auf dem Gipfel weisse Oolithe (mit Diceras und Nerinaeen) gleichen Alters wie die bekannten Fundstellen
von St. Verena bei Solothurn
und Valfin. Auch die Schichten des Dogger (Mittler Bielberg) sind reich an interessanten Faunen. Dagegen
fehlt fast vollständig die Oxfordstufe mit ihrer Fauna von pyritischen Ammoniten. Die Mergel der Argovien-Comben an der
Basis des Malm liefern Ammoniten und Schwämme. Zu nennen sind endlich noch die in den Mulden der Métairie
du Plâne, s. St. Immer, und von Unter Graffenried, sö. Villeret, eingeklemmten fossilführenden Neocomfetzen, sowie die auf
dem Doggergewölbe des Jobert und unter dem Grat des Chasseral in mehr als 1300 m Höhe liegenden erratischen Blöcke.
Bevölkerung und Wirtschaftliches.
Einige der Höfe und Meiereien am Chasseral gehören Wiedertäufern, die zusammen eine gemeinschaftliche
Winterschule mit Unterricht in deutscher Sprache unterhalten; deutsch sprechen auch sonst die Mehrzahl der Pächter und Sennen
dieses Berglandes. Die ausgezeichnete Butter vom Chasseral wird in die benachbarten Städte (Biel, Neuenburg)
verkauft; auf dem Berg
und in einzelnen der umliegenden Dörfern wird der harte und etwas magere sogenannte Greierzerkäse (fromage
de Gruyère), sowie während der ersten Wochen des sommerlichen Viehauftriebes der geräucherte und ungesalzene sogen. «séret»
hergestellt. Zu Beginn des Winters brennt man überall aus den gegohrenen Wurzeln des dann auf den Bergweiden reichlich wachsenden
gelben Enzians (Gentiana lutea) einen bitter schmeckenden Branntwein von hohem Alkoholgehalt, der als
Kräftigungs- und Erfrischungsmittel gilt.
Einige Bauern und Sennen, besonders die der kleinem Höfe auf magerem Boden, treiben Viehzucht; auf den Allmenden, den den
umliegenden Bürgergemeinden gehörenden grossen Bergweiden, sömmert das Jungvieh wie in den Alpen, und dem Gipfel des Chasseral
statten zeitweise Ziegenheerden ihre Besuche ab. Das Halten von Schafen ist dagegen wegen der von diesen
in den Waldungen angerichteten beklagenswerten Schädigungen verboten worden. In einer Anzahl von Meierhöfen wird das Vieh
auch überwintert.
Quellen finden sich im allgemeinen nur spärlich und nur solche von geringem Ertrag, weshalb auch hier, wie überall
im Jura, das Regenwasser von den Dächern in einer Cisterne oder Kufe aufgefangen wird. Einigen kleinen Wasseradern begegnet
man hie und da in den Argovien-Comben und am Fusse der Schutthalden des Sequan.
Die Luft auf dem Berge ist meist trocken, ausgenommen während der wenigen Nebeltage im Frühjahr oder nach lange
andauerndem Regen. Die Sommertage können oft recht warm sein, doch wirkt die Hitze nie drückend; die an den Abenden stets
bewegte Luft erzeugt einen kalten absteigenden Wind, den Joran; die Nächte sind kühl. Von ganz besonderem Reiz ist der Sonnenaufgang,
und es ist am Chasseral ein alter Brauch die Nacht und den anbrechenden Morgen der sommerlichen Sonnenwende
zu feiern.
(Kt. Neuenburg
und Waadt).
Kette und Gebirgsgruppe des schweizerischen Jura. Wie beim Chasseral unterscheidet man auch hier eine
besondere Chasseron-Gruppe, die, zwischen der Orbe und Areuse gelegen, sich durch ihren Bau sehr deutlich von den umgrenzenden
Mulden (Ebene von Yverdon im S., Val de Travers im N. und Val de Noirvaux im NW.) abhebt. Sie besteht aus der eigentlichen Chasseron-Kette
oder -Falte und zwei ihr im N. und S. vorgelagerten und mit ihr
¶