(Kt. Aargau,
Bez. Aarau).
349 m. Gem. und Dorf, an der Strasse
Kirchberg-Auenstein, am linken Ufer der
Aare und 3,5 km nö.
Aarau. Postbureau, Telephon. Gem., mit dem
WeilerBuhhalde: 82
Häuser, 651 reform. Ew.; Dorf: 111
Häuser, 366 Ew.
Pfarrei
Kirchberg. Ackerbau und Viehzucht, Obstbaumzucht und Weinbau, Fischerei. Baumwollwebereien; Bootbau. Bewohner arbeiten
z. T. in den Fabriken von
Aarau.
Schloss, bis 1798 Sitz eines bernischen Landvogts, dann von Heinrich Zschokke
bewohnt und heute Erziehungsanstalt für schwachsinnige Kinder (50-60 Schüler).
Zwischen Biberstein und
Aarau Reste eines
römischen Baues, als Kastell gedeutet. Im
Steinbruch der Wagmatt sind römische Kupfermünzen und eine Silberspange gefunden
worden.
Unter derGislifluh, bei der Lokalität Heidenkirche, in Tuffstein Alemannengräber und im Tuffbruch
«In der
Hub» Skelette und verrostete Schwerter.
(Kt. Thurgau,
Bez. Münchwilen).
604 m. Gem. und Pfarrdorf, 15 km sö.
Winterthur, an der Strasse
Eschlikon-Turbenthal, an der zürcher.
Grenze und 4 km sw. der Station
Eschlikon der LinieWinterthur-Wil. In der Nähe kleiner
See, Ueberrest
eines einstigen Flusslaufes. Postablage, Telephon; Postwagen
Eschlikon-Turbenthal. Ausser dem Dorf Bichelsee umfasst die Gemeinde
eine grosse Anzahl von an den benachbarten Hügelhängen zerstreuten Weilern und
Höfen, wie
Balterswil,
Ifwil,
Höfli,
Itaslen,
Loo,
Niederhofen etc. Gem.: 187
Häuser, 1202 Ew.; Dorf: 29
Häuser, 221 Ew. Die Bewohner des Dorfes sind
katholischer, die des übrigen Teiles der Gemeinde reformierter Konfession. Die Reformierten von Bichelsee und der beiden
zürcherischen
WeilerSeelmatten und
Schürli gehören zur Kirchgemeinde
Dussnang. Wiesenbau und Obstbaumzucht. Stickerei. In
der Nähe schöne Aussichtspunkte. 894, in einer Urkunde des Stiftes St. Gallen:
Lichelense. Ruinen zweier alten
Burgen,
Alt- und Neu-Bichelsee, deren
Herren dem thurgauischen Adel angehörten und zuerst 1209 als Vasallen und Truchsesse
des
KlostersSt. Gallen
erscheinen.
Gemeinsam mit ihren Verwandten, dem im Berglande um
Tuttwil sitzenden Edlen von
Landsberg, gründeten
sie das
FrauenklosterTänikon, dessen erste Aebtissin Gutta von Bichelsee ward. 1260 wurde Eberhard von
Bichelsee von den Edlen von
Elgg bei
Aadorf geschlagen und 1273 zerstörte der mit dem Kloster St. Gallen
in Fehde liegende König Rudolf
die Burg Neu-Bichelsee. Nachdem 1330 die
Landenberger die Besitzungen der
Herren von Bichelsee angekauft hatten, verschwand
die Familie. Alt-Bichelsee wurde von den Appenzellern zerstört.
oder
Seelmattersee(Kt. Thurgau
und Zürich),
595 m. Kleiner
See, an der Strasse
Turbenthal-Eschlikon, auf der Grenze zwischen den Kantonen Zürich
und
Thurgau u. zwischen dem zürcherischen Dorfe
Seelmatten und dem thurgauischen Dorfe Bichelsee gelegen. Fläche ca. 8 ha.
Liegt in einem alten
Thurthal, das s.
Rickenbach vom heutigen Thurlauf abzweigte und über
Dussnang und
Bichelsee nach
Turbenthal zog, wo es sich mit dem
Tössthal vereinigte.
Der See ist durch Stauung entstanden, indem im SW. der
Seelmatterbach die Thalsohle bis 603 m, im O. der vom
Haselberg herunterkommende Bach bis 594 m erhöht hat. Daraus folgt,
dass das Thal heute rückläufiges Gefälle hat und der Ausfluss des
Sees nach O. zur
Lützelmurg und mit
dieser zur
Thur geht. Zahlreiche Torfmoore w. und sw. des
Sees verdanken ihre Entstehung ähnlichen Stauungen.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Burgdorf).
Gem. und
Weiler, 20 km nö. Bern,
an der Strasse
Winigen-Burgdorf. 2 km sw. der Station
Winigen der Linie
Bern-Olten. Gemeinde, den
WeilerSchwanden inbegriffen: 25
Häuser, 173 reform. Ew.;
Weiler: 9
Häuser, 73 Ew.
Ackerbau. Grabhügel auf dem Füstleberg; Steingräber aus der zweiten Eisenzeit (mittleren La
Tène-Zeit) mit Fundgegenständen,
die heute im Historischen Museum zu Bern
aufbewahrt sind.
Bis 1805 verlor sich der Bach in einem Trichter (emposieu) am Fuss der Felsen des Col des Roches und trieb hier die s. Z. berühmten
unterirdischen Mühlen des Col des Roches. Zur Zeit der Schneeschmelze oder bei lange anhaltendem Regen füllt sich das Bachbett
rasch mit Hochwasser, das häufig die ganze Umgegend überflutete. Um diesem Uebelstande zu begegnen,
schlug man durch den Col des Roches einen 1805 vollendeten 300 m langen Tunnel, der den Wassern einen Abzug durch die Schlucht
der Rançonnière zum Doubs öffnete.
Die dazu nötigen Gelder waren auf dem Wege einer allgemeinen Sammlung beschafft worden. Die Wasserverhältnisse
der Gegend besserten sich, und die sumpfigen Niederungen wurden allmählig dem Anbau gewonnen. Ueberschwemmungen aber traten
auch seither immer wieder von Zeit zu Zeit auf. Die beträchtlichste war die vom die die tiefer gelegenen Gassen
von Le Locle überflutete und die Ortschaft ihrer ganzen Länge nach in zwei getrennte Hälften spaltete.
Die seither unternommenen Schutzbauten haben mehr als 600000 Franken gekostet.
Sein 66 km2 umfassendes
Einzugsgebiet hängt also indirekt mit dem der Areuse zusammen.
Das Wasser des Bied wird durch den Torf
stark braun gefärbt, und diese Färbung tritt, allerdings in gemildertem Masse, in der Noiraigue wieder auf, deren Wasserquantum
übrigens ein grösseres ist, als dem Bied allein zukommt. 1864 unternahm Desor, die Zeitdauer des unterirdischen Laufes dadurch
zu bestimmen, dass er in den Trichter des Voisinage Stärkelösung goss und dann deren Anwesenheit in der
Quelle der Noiraigue mit Hilfe der bekannten Jodreaktion nachzuweisen versuchte.
Das Ergebnis war aber ein nur sehr unbestimmtes,
wie auch ein ähnlicher, 1901 unternommener Versuch mit Fluorescin erfolglos geblieben ist.
entspringt im Thälchen von Riaux,
stürzt sich über eine hohe Felswand, nimmt an deren Fusse die Sourde und die Wasser des Baches von La Vaux auf, durchfliesst
Môtiers, wo er eine Säge treibt, und mündet unterhalb des Dorfes in 740 m von rechts in die Areuse.
(Pointedu) (Kt. Neuenburg,
Bez. Boudry).
Alluvionskegel der Areuse im Neuenburgersee. Sein mit mächtigen alten Bäumen
bestandener Ostrand bildet einen prachtvollen Hintergrund für die Bucht von Auvernier. Hier liegt das Landgut Le Bied, wo 1740 die
erste Buntweberei im Kanton Neuenburg
entstand und wo 1831 Generalleutnant von Zastrow, preuss. Gouverneur des Fürstentums, starb. 1813 lebte
hier während des Sommers die Prinzessin von Anhalt-Bernburg-Schauenburg mit ihren zwei Töchtern und
ihrem kleinen Hofhalt, und 1814 besuchte König Wilhem III. von Preusen ^[richtig: Preussen] das hier von der Familie de
Luze für die Verwundeten der Verbündeten eingerichteten Militärspital.
(Le) (Kt. Waadt,
Bez. Morges).
Bach, 4,5 km lang; entspringt mit seinem Hauptarm bei Bremblens (460 m), durchfliesst
die zwischen Lonay und Préverenges liegende kleine Sumpfebene und mündet 1 km ö. Morges in den Genfersee.
Alimentaire (Kt. Waadt,
Bez. Yverdon).
Alter Orbelauf, vor deren Einmündung in den Neuenburgersee, zieht sich sw. Yverdon auf eine
Länge von 7,5 km hin. Dient heute als Abzugskanal für die Hochwasser der Orbe und ist gleichsam die
Fortsetzung des alten Kanales von Entreroches. Oestlich von ihm und ganz in seiner Nähe des Ostkanal; w. von ihm das erst
seit wenigen Jahren gegrabene neue Bett der Orbe.
20640 Reformierte, 4190 Katholiken
und 340 Israeliten.
Deutsche und französische reformierte Pfarrgemeinde, römisch-katholische und altkatholische Gemeinde.
Der Amtsbezirk Biel, der kleinste des Kantons, liegt z. T. im Mittelland,
z. T. an den Hängen der ersten Jurakette. Die
Grenze des Bezirkes verläuft vom N.-Ufer des Sees, 441 m, über Vingelz (Vigneules), geht w. an diesem vorbei, durchschneidet
den Wald des Vingelzberges in der Richtung nach N. bis zur Höhe von 1006 m, läuft über die Alpweiden, wendet sich zwischen
Leubringen u. Orvin in 723 m nach NO, überschreitet in 978 m die Brücke von Frinvillier, wendet sich nach
S. bis zur Eisenbahnlinie Biel-Solothurn und sticht endlich in gerader Linie zwischen den DörfernMett (Mâche) und Bözingen
nach SW. zur Schüss (Suze), um dieser bis zu ihrer Mündung in die alte Zihl (438 m) bei der Brücke von Nidau
zu folgen u.
¶
mehr
die Zihl bis zum See zu begleiten. Zwei Drittel des Amtsbezirkes liegen an den Jurahängen, deren unterer Teil, bis 500 m Höhe,
mit Reben von ziemlich gutem Ertrag bestanden ist, während die höheren Gegenden Nadelholzwald und Alpweiden tragen und,
besonders zwischen Biel und Magglingen, mit zahlreichen erratischen Blöcken übersäet sind. Die malerischste
Stelle des Bezirkes u. zugleich eine der schönsten Landschaften des Jura überhaupt bildet der Durchbruch der Schüss, die
Taubenlochschlucht der Bieler, der sich auf eine Strecke von 4 km von Frinvillier bis Bözingen zieht.
Die tief in die Jurakalke eingeschnittene Kluse wird in ihrer ganzen Länge begleitet von der Kantonsstrasse,
der Eisenbahnlinie Basel-Biel und einem 1889 eröffnetem Fussweg, der zum Teil in die Kalke und Tuffe eingehauen ist. Die Schlucht
wird jährlich von ungefähr 70000 Fremden besucht. Oestlich von dieser jurassischen Via Mala ziehen sich die Waldungen der
ersten Jurakette weiter, nur hie und da unterbrochen von einigen senkrechten Felswänden, trockenen Wiesen
und Lichtungen, von denen aus, wie z. B. bei Magglingen und Leubringen, der Blick auf die ganze Alpenkette vom Mont Blanc bis
zum Säntis schweift.
Das bedeutendste fliessende Gewässer ist die Schüss (Suze), die in der Taubenlochschlucht mehrere Turbinen treibt und damit
der Zahnradbahn Biel-Magglingen, der Gemeinde Bözingen, der Jura-Simplon-Bahn und einer Drahtzieherei Kraft
und Licht liefert. Nachdem sie bei Bözingen den Jura verlassen, fliesst die nun kanalisierte Schüss durch die Ebene bis Mett,
von wo sie sich nach SW. wendet. Ein geradliniger Abzugskanal für die Hochwasser des Flusses durchschneidet den unteren
Stadtteil von Biel und mündet w. vom Bahnhof in den Bielersee.
Im Allgemeinen ist der Amtsbezirk Biel recht fruchtbar, die unproduktiven Flächen sind an Raum beschränkt
und der Ackerbau blüht. Doch lebt der grössere Teil der Bevölkerung von der stark entwickelten Industrie. In erster Linie
kommt in Betracht die Uhrenindustrie; zu nennen sind ferner Eisen- und Messinggiessereien, Maschinenfabriken aller Art, Velofabriken,
Stahlfedern-, Piano-, Cement- und Möbelfabriken, Steinschleifereien für die Uhrenindustrie. Grosse Eisenbahn-Reparaturwerkstätten
etc.
Das Klima ist ein verhältnismässig mildes u. gesundes. Seines klaren Himmels und seiner reinen Luft wegen ist Magglingen
mit Recht berühmt, während die Ebene im Frühjahr, Herbst u. Winter oft lange Tage im Nebel steckt.
französ. Bienne (Kt. Bern,
Amtsbez. Biel). Gem., Stadt und Hauptort des Amtsbezirkes gleichen Namens, 27 km
nw. Bern;
in 47° 8' 30" N. Br. und 4° 54' 40" O. L. von Paris; am NO.-Ufer des Bielersees, zum Teil in der Ebene und zum Teil an
den unteren Jurahängen gelegen. Unterstadt in 438 m, Oberstadt in 450 m. Reizende Lage; am Kreuzungspunkt
der Strassen und Eisenbahnen vom Jura nach Bern
und von Neuenburg
nach Solothurn.
Postbureaus, Telegraph, Telephon. Eisenbahnstation der Linien Neuenburg-Solothurn-Olten
und Basel-Bern. Drahtseilbahnen Biel-Magglingen und Biel-Leubringen, Strassenbahnen Bahnhof-Nidau und Bahnhof-Bözingen.
Gemeinde: 1463 Häuser und 21964 Ew., wovon 17818 Reform., 3856 Katholiken und 290 Andersgläubige;
14045 deutscher, 7352 französischer
und 567 anderer Zunge.
Die bemerkenswerte Lage von Biel musste auf die Entwicklung der Stadt naturgemäss einen grossen Einfluss ausüben. 1870: 8113 Ew.;
1880: 11623 Ew.;
1888: 15407 Ew.;
1900, mit Einschluss der weitausgedehnten u. ohne Zweifel in naher Zukunft mit der
Stadt zu einem einzigen Gemeinwesen vereinigten Nachbargemeinden: über 30000 Ew. Mit vollem Recht nennen deshalb die unternehmungslustigen,
intelligenten, arbeits- und fortschrittsliebenden Bieler ihre Stadt die «Zukunftsstadt».
Biel ist die zweitgrösste Stadt
des Kantons Bern
und zugleich eines der wichtigsten Handels- und Industriecentren der Schweiz überhaupt.
Biel ist eine Stadtanlage von hohem Alter, und die an
¶
mehr
seinem N.-Ende noch erhaltenen alten Mauertürme verleihen ihm, von dieser Seite aus gesehen, einen stark mittelalterlichen
Charakter. Hier, in der Oberstadt, finden sich auch die Pfarrkirche und einige Ueberreste ehemaliger Bogengänge. Im Gegensatz
zur alten Oberstadt dehnt sich die neue Unterstadt mit ihren geraden u. in rechtem Winkel sich schneidenden
Strassenzügen in der Ebene aus. Sie ist ausgezeichnet durch grossartige Bauten und Verkehrsadern, die jeder Grosstadt zur
Zierde gereichen würden, wie die Pasquart- und die Lindenpromenade, die Bahnhofstrasse, die Centralstrasse, die Nidaugasse,
die Dufourstrasse. In der Oststadt schneidet die Schützenhausstrasse ein neuentstandenes Villenquartier, das mit der Pasquart-Promenade
zusammen den sonnenreichsten u. wärmsten Stadtteil bildet. Der neue Quartierplan dehnt das städtische
Bebauungsgebiet bis vor Nidau und den See aus, wo sich das seit der Juragewässerkorrektion trocken gelegte beträchtliche
Sumpfgebiet zum Teil bereits in Promenaden und öffentliche Gartenanlagen umgewandelt hat. Hier liegt auch der Hafen von Biel.
Biel wird durch ein ziemlich mildes, gesundes Klima begünstigt; immerhin halten sich im Herbst und Winter
die Nebel oft verzweifelt lange, während im Frühjahr die Vegetation sich zwei bis drei Wochen früher zu entwickeln beginnt
als in den Jurathälern und die nahen Weinberge einen nicht zu verachtenden Tropfen erzeugen. Eine starke, am Ausgang der
Kluse von Rondchâtel (Chasseralkette) gefasste Stromquelle (source vauclusienne), die durch das Taubenloch zu dem im Riedwald
gelegenen Reservoir geleitet wird, versorgt die Stadt mit Brauchwasser, während die öffentlichen Brunnen von der ausgezeichneten
sog. «Römerquelle» gespiesen werden.
Die musterhafte Kanalisation der Stadt und ihre Wasserleitungen sind der Stolz der Bewohner und werden
von Fachleuten oft bewundert. Elektrische Kraft liefern die mächtigen Turbinenanlagen an der Schüss und dem Hagneckkanal.
Die Bevölkerung Biels erfreut sich der bestmöglichen Entwickelungsbedingungen. Da
die Stadt gerade an der Sprachgrenze gelegen
ist, setzt sich ihre Einwohnerschaft aus deutsch und französisch sprechenden Elementen zusammen. Vor noch nicht langer Zeit
hatten die Deutschen weitaus die Oberhand; seit den letztvergangenen 20 Jahren hat sich aber das französische Element rasch
vermehrt, wie folgende Zahlen erweisen:
Es rührt diese Erscheinung hauptsächlich davon her, dass in Biel das Leben angenehmer und billiger und das
Klima milder ist als in den Hochthälern des Jura, sodass die französische Industriebevölkerung des Jura immer mehr sich
der Stadt zuwendet, wo zugleich das geistige Leben ein rühriges ist und die Schulen zu den besten der Schweiz zählen.
So ist Biel eine ausgeprägt doppelsprachige Stadt, in der ebensosehr französisch wie deutsch gesprochen
wird u. die Tafeln mit den Strassennamen in beiden Sprachen abgefasst sind. Diese Doppelnatur verleiht den Bielern ihre ganz
besonderen Charaktereigenschaften: mit der Munterkeit, der Geselligkeit und dem Esprit des Franzosen paart sich der Ernst,
die Ueberlegung, der Unternehmungsgeist und die Zähigkeit des Deutschen. Der Bieler liebt geselliges
Leben und Sport, er hält Theater u. Musik in Ehren, zeichnet sich aus im Gesang, Turnen, Schiessen und Schwimmen. Nach Schluss
der Wochenarbeit wandern Samstag Abends und Sonntags ganze Familien und Gesellschaften ins Freie, um in den mit vollendetem
Geschmack zu diesem Zwecke eingerichteten reizenden Umgebungen einen angenehmen und vergnügten Tag zu
verleben. Es genüge, Magglingen, Leubringen, das Taubenloch und die St. Peters-Insel zu nennen.
Sehr gut eingerichtet ist Biels Schulwesen; die Primarschulen sind vorzüglich und die Sekundarschulen gehören zu den besten
der Schweiz. Den besondern lokalen Verhältnissen ist durch Schaltung von deutschen und französischen Klassen Rechnung getragen.
Dazu kommen ein
¶
mehr
Progymnasium, eine Handelsschule für Mädchen, eine Handwerker- und Gewerbeschule, eine Zeichen- und Malschule und endlich
das westschweizerische Technikum, dessen mehr als 500 Schüler sich in folgende Abteilungen gliedern: Uhrenmacherschule mit
Unterabteilung für Reparateure, Elektrotechnikerschule, Bautechnikerschule mit Unterabteilung für Stecher u. Ciseleure
u. endlich Post- und Eisenbahnschule.
Die heute schon beträchtliche industrielle Entwicklung von Biel ist in stetem Aufsteigen begriffen.
In erster Reihe steht die Uhrenmacherei (Uhrenmacherbörse), darin folgen das Goldschmiedgewerbe, Nägel-, Ketten- und Maschinenfabriken
aller Art, Eisen- und Messinggiessereien, Cement-, Kunststein- und Thonwarenfabriken, Ofenfabriken, Fabrikation von feuerfesten
Ziegeln, Töpfer- und andern Terracottawaren. Ausgedehnte Eisenbahnreparaturwerkstätten, Papier- und Holzstofffabriken,
mehrere Bierbrauereien, eine Piano-, Möbel-, Parketterie-, Stahlfedern- und Phonographenfabrik; Betriebe
für Herstellung von chemischen Produkten, elektrischen Apparaten, Heizkörpern und mehrere Druckereien vervollständigen
das Bild von Biels industrieller Tätigkeit. Endlich möge noch der Herstellung von künstlichen Blumen und der mit Erfolg arbeitenden
Diamantschleiferei Erwähnung getan werden.
Hauptsächliche Sehenswürdigkeiten: Pfarrkirche in reinem gothischen Stil, deren Chor mit bemerkenswerten
Glasmalereien geschmückt ist und die noch Taufbecken aus dem 15. Jahrhundert besitzt;
das im Roccocostile erbaute Landhaus
Rothall,^[Berichtigung: Rokhall.] einst Aufenthaltsort von Rousseau und des Grafen Cagliostro;
das Museum Schwab mit sehr
reicher Sammlung von Altertümern, von Gegenständen aus der Pfahlbauerzeit, von Jurafossilien, Münzen
und Gemälden, die
einst Napoleon III. vergeblich anzukaufen versuchte;
das im Renaissancestil
erbaute Gebäude der Abtei^[Berichtigung: Zunft.] der «Waldleute»,
heute durch die Kunstgesellschaft mit Unterstützung des Bundes restauriert;
Künstlerhaus, Technikum, Tonhalle, Theater
und Casino.
Mehrere Banken und verschiedene gemeinnützige Anstalten, wie Waisenhäuser u. Spitäler. Bedeutende Stadtbibliothek.
Zahlreich sind in der «Zukunftsstadt» natürlich auch die beruflichen,
sportlichen und geselligen Vereinigungen vertreten. Wir finden eine Sektion des S. A. C., zwei Veloklubs,
eine ornithologische, Bienenzucht- u. philatelistische Gesellschaft, die Arbeiterunion von Biel und Umgebung, eine Sektion
des Grütlivereines, eine geschichtsforschende Gesellschaft, die Aerzte-Gesellschaft des Seelandes, eine Gemeinnützige Gesellschaft,
einen Samariterverein, einen französischen philanthropischen u. einen Unterstützungsverein von Biel u. Umgebung, Waisenunterstützungsverein
u. zahlreiche Gesellschaften für öffentliche Wohltätigkeit zu Gunsten der armen Kranken, Witwen u.
Waisen; mehrere kaufmännische u. Arbeitervereine, einen Consumverein; endlich Gesang-, Musik-, Turn-, Schiessvereine etc.
etc. in endloser Folge. Die stark entwickelte journalistische Tätigkeit findet ihren Ausdruck im Erscheinen von mehr als
einem Dutzend von Zeitungen und Zeitschriften. An Stelle des heute zu eng gewordenen Bahnhofes soll an
einem noch nicht endgiltig bestimmten Platze ein neuer errichtet werden.
Wie wir zu bemerken schon Gelegenheit hatten, ist die Stadt Biel sehr alten Ursprunges. Das Schloss ruht auf römischen Fundamenten;
hier und an der Römerquelle sind römische Münzen aufgefunden worden. Zudem hat die Tieferlegung des
Seespiegels eine Anzahl von Pfahlbauten blosgelegt, deren interessante Funde aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit im Museum
Schwab aufbewahrt
¶
mehr
werden. Auf den Hügelzügen s. der Stadt hat man Keltengräber mit Skeleten, Waffen und Schmuckgegenständen aus Gold und
Bronze aufgedeckt; 3 km ssö. Biel haben Grabungen am S.-Abhang des Jensberges (Amtsbezirk Nidau) ein befestigtes Römerlager
und die Ueberreste von Petinesca, einer im antoninischen Itinerarium erwähnten Römerstadt, zu Tage gefördert (s.
den Art. Nidau, Amtsbezirk). Dazu kommen Funde einer Bronzeaxt in den Reben beim Berghaus, solche von Tierknochen aus der Pfahlbauerzeit
im Bielersee, einer gallischen Goldmünze und eines Grabes mit Fibula, blauem Glasring und einer Münze aus der mittlern
La Tène-Periode. Nicht selten sind in Biel Funde aus der Römerzeit: Münzen, Votivbeil und, an der
Schussmündung, römische Ziegel. Die bedeutendsten Entdeckungen aber hat man in der Brunnquellgrotte gemacht, wo ein ganzer
Münzschatz zu Tage kam, der dieser zwischen Technikum und Drahtseilbahn nach Leubringen austretenden Quelle zur Benennung
Römerquelle verholfen hat. Die früheste germanische Zeit ist in Biel durch einen Speerfund vertreten.
[Th. Zobrist.]
Der Name der Stadt (1141: Bielna; 1187: Byello; 1225: Bilne; 1233: Beenna; 1234: Biellum; 1251: Byelln; 1258: Bienna; 1260:
Byena; 1296: Byello; 1299: Biel) ist sehr wahrscheinlich keltischen Ursprungs und aus dem gallischen Buvial = anglosaxonischem
Byl oder Bill = holländischem Byl (sprich beil) = hochdeutschem Beil = schweizerdeutschem Biel abzuleiten.
Das Wappen der Stadt weist heute noch zwei gekreuzte silberne Beile in rotem Felde auf: Ecu de gueules chargé en abyme dedeux aches d'argent en sautoir.
Das alte Schloss von Biel scheint auf römischen Fundamenten zu ruhen. Biel gehörte zum Transjuranischen Königreiche und
ging 990 zum Teil an den Bischof von Basel
über, als diesem der letzte König des Reiches, Rudolf, die Abtei
Moutier-Grandval und deren Güter abtrat. Nach Untergang des Burgunderreiches kam Biel als freie Reichsstadt an dessen Erben,
das heilige römische Reich deutscher Nation, und 1169 betraute Kaiser Friedrich I. den GrafenUlrich III.
von Neuenburg
mit dem Schultheissenamt der Stadt. 1248 trat Graf Berthold, einer der Nachkommen Ulrichs, seine Rechte an die Stadt seinem
Bruder Heinrich, Bischof von Basel
ab, 1275 gewährte der damalige Bischof Heinrich von Isny die Stadt Biel die gleichen Freiheiten
wie sie Basel
besass, und der Bischof Johannes Senn, ein Bieler Bürger, befestigte die freie Stellung seiner
Vaterstadt noch mehr. 1297 verbündete sich Biel unter Vorbehalt der Rechte des Bischofs von Basel,
seines Oberherrn, mit Bern,
dann mit
Freiburg,
Solothurn
(1343), Murten (1354) und wurde 1490 als zugewandter Ort in den Verband der Eidgenossen aufgenommen.
Während ihrer Streitigkeiten mit Jean de Vienne nahmen die Truppen des mit dem Bischofe verbündeten Grafen
von Nidau 1367 die Stadt ein u. legten sie in Asche. Den eigentlichen Grund zur Unabhängigkeit Biels legte der Bischof Imer
von Ramstein, der der Stadt 1388 noch weitere Privilegien verlieh u. ihr ein eigenes Panner zu führen
gestattete. Die Gunst der Bischöfe Johannes von Venningen (1468) und Melchior von Liechtenfels (1556) verdankte Biel seine
immer weiter fortschreitende Unabhängigkeit, die so weit ging, dass es, um sich der Herrschaft über das Ländchen Erguel
zu versichern, dessen Eigentümer, dem Bischofe von Basel,
Geld lieh.
Um den ihm unerträglich gewordenen Stolz der Bieler Bürger auf ihre Freiheiten zu brechen, versuchte
Bischof Christoph von Blarer Bern
zu bestimmen, ihm diese Stadt zu überlassen, und bot als Gegenleistung den Verzicht auf
Moutier-Grandval an. Der schon geschlossene Vertrag scheiterte aber an Biels kraftvoller Opposition. Jetzt suchte Biel sein
Abhängigkeitsverhältnis vom Bischof mehr und mehr zu lockern, bis dieser endlich 1610 bei der eidgenössischen
Tagsatzung Hilfe suchte und damit erreichte, dass Biel auf das Land Erguel verzichten und die bischöfliche Oberherrschaft
anerkennen musste. Biels Gerichtshoheit wurde auf die Stadt selbst und die DörferLeubringen, Vingelz, Bözingen und Mett beschränkt
und der Stadt von der Tagsatzung eröffnet, dass ihre Verbündung mit den Orten der Eidgenossenschaft
der Zustimmung des Fürstbischofes von Basel
und seines Kapitels bedürfe.
So bildete Biel ein kleines Staatswesen für sich, das, nach Aussen abhängig, doch nach Innen frei war, das von seinem Oberherrn
Befehle erhielt, die es nicht beachtete, das diesem zwar den Treueid geschworen hatte und ihm im Notfalle
Truppen stellen musste, seine Soldaten aber doch ohne Erlaubnis des Herrn verwendete wo es wollte. Vertreter der bischöflichen
Herrschaft war der vom Bischof eingesetzte Burgermeister der Stadt. 1797 fiel Biel in die Gewalt der Franzosen, die es als
einfachen Friedensgerichtskreis dem Arrondissement Delsberg im Departement Mont-Terrible (1800 im Departement
Haut-Rhin) zuteilten. 1815 endlich kam die Stadt zugleich mit dem grössten Teile des Bistums Basel
an den Kanton Bern
und ist von da
an in stetem Aufblühen begriffen.
Unter starker Opposition des Rates führte 1528 der damalige Stadtpfarrer Thomas Wyttenbach, ein Schüler
Zwinglis, in Biel die Reformation ein. Der Maler Emmanuel Witz und der Astronom Rosius waren Bieler Bürger, den Familien Thellung,
Neuhaus und Wildermett entsprossen eine Reihe von Gelehrten und Offizieren von in fremden Diensten stehenden Schweizerregimentern,
Albrecht von Haller sowie der Naturforscher Louis Agassiz verlebten einen Teil ihrer Jugend in Biel.