Kanton Bern, Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Lf. 26 & 27. ^[Karte: 5° 0’ O; 47° 0’ N; 1:550000]
Verlag von Gebr. Attinger Neuenburg.
Hypsometrische Karte
░ Unter 500 m
░ v. 500 - 750 m
▒ v. 750 - 1000 m
▓ v. 1500 - 2500 m
▐ über 2500 m
Steinbruch | ⤧ |
Eisenbergwerke | F. |
Cimentgrube | Ci. |
Gypsgrube | Gy. |
Glas-Sand | S. |
Ziegelerde | ⌂ |
Thonerde | ∂ |
Mineralquellen | ٮ |
Holzhandel | ➚ |
Gärtnerei | ♧ |
Fischerei | ⤚ |
▓ Wald
░ Ackerland
░ Bergackerbau
▒ Weide
▒ Unproductiver Boden
▒ Torfmoos
1:550000
V. Attinger, sc.
KANTON BERN
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE ¶
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besonders der Beatenberg haben wieder eine grosse Föhnfrequenz. Bis nach Bern hinunter klärt er das Wetter auf, macht die Luft farbengrell und schwül und wird, wenn er anhaltender geweht hat, fast immer von regenbringendem Südwestwind abgelöst.
Das Mittel der jährlichen Niederschläge beträgt in Bern 945 mm. Bern liegt in einem Gebiet etwas geringerer Niederschläge, als der übrige Kanton sie aufweist. Dieses Gebiet (mit etwas weniger als 1000 mm) umfasst das Seeland und das Aarethal bis Thun. Ein zweites, etwas trockeneres Gebiet ist das Becken von Delémont. Im höheren Mitteland steigt die Niederschlagsmenge bis auf 1500 mm, im Jura auf 1200 mm und im Oberland auf über 2000 mm. Es hatten:
mm | |
---|---|
Bern | 945 |
Thun | 1052 |
Interlaken | 1231 |
Meiringen | 1371 |
St. Beatenberg | 1622 |
Guttannen | 1740 |
Brünig | 1991 |
Niederschläge in einem relativ trockenen Jahre (1897).
Die Bewölkung ist auffallend gross. In einem allerdings durchschnittlich etwas trüben Jahre (1897) hatten wolkenlose Tage:
Bern | 20 |
Affoltern i/Emmenthal | 64 |
Thun | 67 |
Interlaken | 61 |
St. Beatenberg | 75 |
Guttannen | 82 |
Hier zeigt sich das Höhenklima der hochgelegenen Stationen, das auch im Jura sehr ausgeprägt vorhanden ist. Das herbstliche und winterliche Nebelmeer ist gerade um Bern eine gewohnte Erscheinung. Schon der Gurten (860 m) pflegt aus demselben in die reine, sonnige Luft des NO-Windes zu tauchen.
Verheerenden, von Hagelschlag begleiteten Gewittern sind besonders die beiden Bergländer des höheren Mittellandes ausgesetzt. Der freiwilligen schweizerischen Hagelversicherung waren 1898 vom Kt. Bern 7408 Personen mit einer versicherten Wertsumme von Fr. 8838000 beigetreten.
Flora.
Durch seine in der Schweiz einzige Lage umfasst der Kt. Bern Teile der drei grossen Floraregionen der Alpen, des Mittellandes und des Jura.
I. Im Oberland finden sich zwischen den Seen von Thun und Brienz einerseits und dem vergletscherten Kamm, welcher sie speist, andererseits alle Uebergänge von der nivalen bis zur mediterranen Flora.
Entsprechend der scharfen Scheidung dieses Gebiets vom benachbarten Wallis, fehlt hier gänzlich das warme und trockene Klima, welches das Wallis auszeichnet und sind die sämmtlichen Thäler kälter und feuchter.
Vergeblich sucht man hier die im Wallis endemischen Formen wie Koeleria valesiaca, Artemisia valesiaca, Ephedra helvetica, Onosma helveticum, Cytisus radiatus, Silene vallesia etc.
Immerhin dringen auf die Höhe der tieferen Passlücken, welche der Walliserflora einige Pforten öffnen, mehr oder minder ausgedehnte Kolonien von Arten vor, welche dem übrigen Oberland gänzlich fremd sind: Crepis jubata, Saxifraga cernua auf dem Sanetsch;
Carex ustulata auf dem Rawil;
Oxytropis lapponica und Potentilla frigida auf dem Lötschenpass etc. Ueber die Grimsel sind ins obere Aarethal eingedrungen: Salix myrsinites und glauca, Androsace tomentosa, Pinguicula grandiflora, Phaca alpina, Potentilla frigida.
Unabhängig von den übereinstimmenden Naturbedingungen des orographischen Baues sind im Oberland verschiedene Regionen von floristisch verschiedener Wichtigkeit vertreten.
Von dem centralen Gebiet der Kander und der Simme kann man die Thalschaft Saanen absondern, wo westliche Einflüsse stattfinden, sowie die Thäler von Hasle und Gadmen, wo von Osten und Süden her Arten eingedrungen sind, die anderswo fehlen.
Endlich besitzen die nördlichen Vorketten des Stockhorns und des Faulhorns Elemente, die dem Hauptkamme fehlen.
Unter den westlichen Elementen der Saanenberge seien erwähnt: Pedicularis Barrelieri, Senecio aurantiacum, Saussurea depressa, Ranunculus parnassifolius, Papaver alpinum, Mulgedium Plumieri.
Im Hasle- und Gadmenthal finden wir: Eritrichium nanum, Saxifraga Seguieri, Bupleurum stellatum, Polygonum alpinum, Saxifraga Cotyledon, meridionale, selbst südalpine Arten, deren Vorkommen sich durch die wärmende Wirkung des Föhns erklärt.
Das centrale Gebiet weist Formen auf, die man durch die ganze Alpenkette hin wiederfindet. Es besitzt, wie Christ sich ausdrückt, eine neutrale Flora. Wir nennen nur Aquilegia alpina, Potentilla minima und grandiflora, Gaya simplex, Viola calcarata, Trifolium alpinum, Phaca australis etc. (vgl. zur Ergänzung Art. Alpen, Flora). Die Stockhornkette, wo bereits mehrere östliche Arten fehlen, beherbergt einige in der übrigen Schweiz sehr seltene arktisch-alpine Elemente Carex vaginata, Draba incana, Cochlearia officinalis, Pedicularis versicolor, etc., zu denen sich die spezifisch jurassiche Androsace lactea gesellt.
So arm die alpine Region des Oberlandes ist und so wenig sich hier der Einfluss der Nachbarschaft des Wallis fühlbar macht, so reich erscheint die Region der Seen und der Ausgänge des Kander- und des Simmenthales, dank dem Einfluss des Föhns. Hier wird noch an den Ufern des Thunersees die Rebe kultiviert, hier trifft man selbst einige Edelkastanien und Lorbeersträucher. Von meridionalem Charakter finden wir am Gestade der beiden Seen: Helianthemum Fumana, Rhamnus alpina, Coronilla Emerus, Vicia Gerardi, Bupleurum falcatum, Cyclamen europaeum, Hemerocallis fulva etc. (vgl. Alpen, Flora).
Am Eingang des Kanderthals findet sich Thalictrum foetidum, von dem man nö. der schweizerischen Alpen nur noch 2 Standorte kennt und die in der Schweiz ebenfalls seltene Aethionema saxatilis.
In der Boltigerschlucht gedeiht und blüht der wilde Epheu (Hedera Helix) und Hieracium lanatum, Arten welche den wärmsten Regionen des Wallis und des Jura eigen sind. Ebendort finden sich: Atragene alpina, Aethi- ¶
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onema saxatilis, Lathyrus heterophyllus, Peucedanum austriacum, Calamintha grandiflora (tessinische Art), Arabis saxatilis und brassicæformis, Orchis sambucina, Viola sciaphila, Hieracium sabinum.
II. Mittelland. Das zwischen dem Thunersee und dem Bielersee gelegene Gebiet umfasst einen der floristisch unbedeutendsten Teile der schweizerischen Hochfläche. Abgesehen von einigen bevorzugten Standorten am Aareufer und am Gestade des Bielersees besitzt dieses Gebiet kaum hervortretendes Gepräge. Immerhin finden sich in den Mösern: Ranunculus lingua, Viola stagnina und pratensis, Oenanthe Phellandrium, Iris sibirica, Scirpus triqueter etc. (vgl. Flora des Plateau).
Erwähnen wir noch als besonders interessante Arten: Leucojum æstivum in den Sümpfen des Seelandes, Inula Vaillanti auf den Kiesbänken der Aare, endlich eine endemische Art: Typha Shuttleworthii.
III. Jura. Vom floristischen Standpunkte aus ist der Berner Jura einer der am wenigsten begünstigten Teile dieses an wechselnden Standorten alpiner und meridionaler Natur so reichen Gebirges. Indem wir nur die spezifisch bernischen Elemente herausgreifen, verweisen wir im übrigen auf den Artikel Jura.
Von interessanten Vorkommnissen erwähnen wir die Edelkastanie, welche bis Neuenstadt und auf die St. Petersinsel vordringt, den schneeballblättrigen Ahorn (Acer opulifolium), eine meridionale Art, welche in Gesellschaft mit Quercus pubescens und dem Buchsstrauch bis zu den Klusen von Münster eindringt. Zerstreut findet sich in den Umgebungen von Neuenstadt und Ilfingen Geranium nodosum, ferner Cheiranthus Cheiri (Levkoje) und Vinca major (Sinngrün) bei Neuenstadt, endlich Lactuca perennis und Dianthus sylvestris, sowie virginis Jacq. bei Biel. Die einzige im rigorosen Sinne endemische Art des Berner Jura ist die merkwürdige Anthriscus torquata, welche den Grund zweier Felskessel bei Bressancourt am Mont Terrible bewohnt. In der mittleren Region von 400 bis 700 m, wo noch Nussbaum, Buche und Eiche fortkommen, gedeihen u. a. der Buchs, Coronilla Emerus und Bupleurum falcatum.
Von 700 bis 1300 m, in den grossen Weisstannenwäldern, welche von Kulturen, Wiesen und Weiden unterbrochen sind, erscheinen ab und zu der Taxus und der Bergahorn, Acer pseudoplatanus, während das Unterholz aus Sträuchern von Ribes alpinum (Johannisbeere), Rhamnus pumila (zwergartiger Wegdorn), verschiedenen Heckenrosen, Sorbus scandia, Lonicera alpigena (Geissblatt) etc. zusammengesetzt ist.
Von Krautpflanzen seien erwähnt: Calamagrostis sylvatica, Ranunculus lanuginosus und aconitifolius, Laserpitium latifolium, Poa alpina, Libanotis montana, Cirsium eriophorum, Gentiana lutea und asclepiadea, Orchis globosa, Narcissus pseudonarcissus (Jonquille) etc.
Die Region über 1300 m hat nur geringen Umfang: Gipfel des Raimeux, des Montoz und des Chasseral, welche mit Weide bedeckt sind. Meridionalalpine Arten, welche im Westen des Jura zahlreich vertreteten sind, gehen hier nicht über den Chasseral hinaus. Dies ist speziell der Fall mit Rhododendron ferrugineum und Erysimum ochroleucum.
Andrerseits sind einige jurassische Arten auf das Gebiet nördlich von den Birsklusen begrenzt: Gentiana asclepiadea, Erinus alpinum, Primula auricula.
[Abschnitt Flora von Dr. P. Jaccard.]
Fauna.
Bezüglich der Fauna kann auf die Artikel Alpen, Mittelland und Jura verwiesen werden. In den meisten Tiergruppen zeichnet sich der Kanton durch die relative Armut seines Gebietes aus. Von den auffallenderen Gestalten des Tierreiches seien Wolf und Eber erwähnt, die zeitweise noch den Jura besuchen. Im Emmenthal verschwand der Wolf in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, wohl 50 Jahre früher liess sich der Bär zum letzten Male erblicken. Die Jagd hat sich zumeist auf Hasen, Füchse und Federwild, in den Alpen dazu noch auf Gemsen und Murmeltiere zu beschränken. Ihre Bedeutung kann aus dem Ertrag der doch nicht unerheblichen Patente (50 bis 70 Fr.) geschlossen werden, welcher 1899 nur wenig über 50000 Fr. betrug. Unbedeutender ist die Fischerei. Alle grösseren Seen sind relativ fischarm. Berühmt sind die ausgezeichneten Bachforellen, die aber neuerdings der Stauwerke wegen zurückgehen, wo nicht künstliche Zucht eintritt. Man vergleiche die Artikel über die bernischen Seen.
Bevölkerung.
Der Kanton Bern gehört mit Freiburg und Wallis zu den zweisprachigen Kantonen an der deutsch-französischen Sprachgrenze. Diese tritt bei Roggenburg vom deutschen Reiche auf bernisches Gebiet über, zieht in südöstlicher Richtung über die Birs an die solothurnische Grenze, folgt derselben, das deutsch-bernische Gebiet von Schelten mit einschliessend, bis zur Seekette, steigt zwischen Ligerz und Neuenstadt zum Bielersee hernieder und geht der Thièle (Zihl) entlang zum Neuenburgersee. Es ist demnach fast der ganze jurassische Anteil des Kantons französisch.
Von den 590000 Einwohnern des Kantons gehören nicht ganz 100000 (16%) dem französischen, der Rest dem deutschen Sprachstamme an. Dieses Verhältnis existiert erst seit 1815, wo das aufgehobene Fürstbistum Basel mit Bern vereinigt wurde. Noch heute stehen sich der sogenannte «neue Kantonsteil» des Jura, der neben der fremden Sprache zudem eine kleine katholische Majorität aufweist, und der alte, seiner ganzen Vergangenheit nach deutsche Kanton als nicht völlig zu vermittelnde Gegensätze gegenüber.
Eine seit Jahrhunderten geübte Auswanderung der Deutschen ins Gebiet des französischen Jura erzeugt dort fast überall deutsche Minoritäten. Diese gehen aber langsam in der französischen Sprache auf, indem der deutsche Dialekt, der mitgebracht wird, der viel kräftiger entwickelten französischen Schriftsprache nicht gewachsen ist. Eine französische Einwanderung in deutsches Gebiet ist nur in der Stadt Biel zu konstatieren. Hier hält sich aber die französische Minorität aus denselben Gründen.
Die Elemente, aus denen sich die Bevölkerung zusammensetzt, erscheinen auch anthropologisch und ethnographisch betrachtet sehr verschiedenartig.
Die durch Virchow unter den Schulkindern Deutschlands und der Schweiz angestellten Erhebungen ergaben für den Kanton Bern ein bedeutendes Ueberwiegen des brünetten über den blonden Typus. Rein deutsche Gegenden, wie das Emmenthal, zeigten beinahe ebensoviele braune Elemente als der französische Jura, wo die letzteren allerdings ihr Maximum erreichen. Der blonde und blauäugige Typus ist im Oberland am zahlreichsten vertreten, aber auch da ist es einzig das Ländchen Saanen, wo derselbe dem brünetten numerisch überlegen ist.
Der Berner aller Landesteile ist fast durchwegs kurzköpfig (brachykephal). Die Körpergrösse ist höchst ungleich; Jura und Seeland weisen durchschnittlich die meisten grossen Leute, das Oberland dagegen die meisten kleinen Leute auf. Die Unterschiede der Körpergrösse treten oft ganz lokal sehr scharf hervor. So steht der Schlag hochgewachsener Rekruten, welche alljährlich der Hasleberg zu den Aushebungen zu senden pflegt, im ausgesprochenen Gegensatz zu den benachbarten Thalbewohnern. Der Durchschnittsberner ist breitschultrig, untersetzt und starkknochig.
Die Abstammung eines grossen Teiles des Volkes von der vorgermanischen Bevölkerung des Landes ist zweifellos. Lange vor dem Eindringen der Alamannen und der Burgunder war der heutige Kanton in allen seinen wesentlichen Teilen besiedelt. Aus den archäologischen Funden zu schliessen, war zur (jüngern) Steinzeit die Besiedelung auf die Pfahlbauten des Bieler-, des Inkwiler- und des Moosseedorfsees beschränkt. Berühmte Fundstellen sind insbesondere die Steinberge bei Nidau, Lattrigen, Mörigen, Lüscherz, Vindelz und Schafis (Chavannes) am Bielersee.
Zur Bronzezeit existierten ausser den Pfahlbauten bereits zahlreiche Landansiedelungen, welche bis in die Alpenthäler hinaufreichten (Wimmis, Frutigen und Boltigen). ¶
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Die Eisenzeit (La Tène) sah eine besonders zahlreiche und allem Anschein nach kriegsgewohnte Bevölkerung im Seeland (Funde von Port, Brügg, Hagneck, etc.). Der Reichtum an künstlerischem Gerät des damaligen unbekannten Volkes wird bezeugt durch die grosse in phönikischem Geschmack aus Bronze getriebene Urne, die bei Grächwil auf der Höhe des Frienisberges aufgefunden wurde.
Die Kelten werden auf unserem Gebiet speziell bezeugt durch den Namen Thuns, sowie durch fundreiche Grabhügel (Jolimont!) und gewaltige Erdburgen, wie die Knebelburg auf dem Jensberg und die Teufelsburg auf dem Plateau des Bucheggberges bei Rüti.
Römisches findet sich in grosser Menge. Die antoninische Reisekarte verzeichnet selbst den Namen einer Stadt auf bernischem Territorium. Das ist Petinesca, deren Reste in Form eines Thores, zahlreicher Fundamente und Befestigungswälle am Obstabhange des Jensberges bei Studen neu aufgedeckt wurden und zur Zeit unter der Leitung des Vereins Pro Petinesca in Biel ausgegraben werden. Römische Villen bestanden zu Toffen, Muri, Herzogenbuchsee etc. Die römische Hauptstrasse durchzog als Dammweg die Ebene des unteren Aarethales von Murten über das genannte Petinesca nach Solothurn. Sie wurde im Laufe der nachfolgenden Jahrhunderte allmählig an den meisten Stellen vom anwachsenden Alluvium überführt und verschüttet. In der späteren Kaiserzeit wurde die Strasse durch den Jura angelegt, von der die Inschrift am natürlichen Felsenthore Pierre Pertuis Kunde gibt.
Wann die römische Herrschaft durch diejenige der beiden germanischen Völkerschaften abgelöst wurde, kann nur annähernd auf die Mitte des 5ten Jahrhunderts n. Chr. angesetzt werden. Von einer Herrschaft der Alamannen im Kanton Bern meldet die Geschichte nichts; das erste Licht, das sie auf unser Gebiet fallen lässt, zeigt dasselbe vielmehr als Bestandteil zuerst des altburgundischen, dann des neuburgundischen Reiches, bis es 1032 zu deutschem Reichsland wird.
Für die Abstammung der Bevölkerung ist aber aus diesem rein politischen Verhältnis ebensowenig etwas zu schliessen, als aus dem Vorherrschen burgundischer Kulturgegenstände in den berühmten Grabstätten von Elisried, Rubigen und Bassecourt, welche lediglich die Ueberlegenheit der frühchristlichen Kultur der Burgunder über die der heidnisch-rohen Alamannen bezeugen. Einen besseren Schluss gestattet die alamannische Sprache, welche sich zwischen der freiburgischen und luzernischen Grenze als einheitliche Mundart bis heute erhalten hat. Die Berner sind als ein alamannischer Zweig zu betrachten.
Die ländlichen volkstümlichen Siedelungen bieten den höchst auffallenden Gegensatz des Dorf- und des Hofsystems dar. Im Jura und im flacheren Teile des Mittellandes, unterhalb der oben hervorgehobenen Abfallslinie Bern-Langenthal, herrscht das Dorfsystem vor. Hier stehen die Häuser in dichtgeschaarten Gruppen (Haufendorf), während das Feld umher in zahlreiche, lange, schmale und zerstreut liegende Parzellen eingeteilt ist.
Im höheren Teile des Mittellandes dagegen, auch im westlichen Jura (Franches-Montagnes), herrscht das Hofsystem. Hier sind die Wohnungen einzeln ausgestreut, die Bauern sind jeder einzeln Herr in der Bewirtschaftung des um den Hof liegenden Landes mit Acker, Weide, Wasser, Wald und Wegen.
Der Hausbau bleibt sich dabei im grossen ganzen gleich. Es herrscht von der Nordgrenze bis an den Alpenfuss das keltoromanische dreisässige Haus, welches die Alamannen auch sonst adoptiert haben. Im Jura ist es aus Stein, im Mittelland aus Holz erbaut.
Abweichende Verhältnisse zeigen immerhin der westliche Jura und besonders das Oberland. Man vergleiche die Hausbilder, Seite 203 u. ff. Im Oberland kann zwar zwischen den geschaarten Ortschaften der engen Thäler des Ostens und den über fruchtbarere, sanftere Thallehnen weithin ausgestreuten Höfen des Westens unterschieden werden. Doch sind die Gegensätze, weil nicht von der Bewirtschaftung des Ackers bedingt, weit weniger ausgesprochen, als im Flachlande. Das Haus des Oberlandes ist das Länderhaus. Im Osten ist es mit demjenigen des Wallis nahe verwandt, im Westen zeigt es burgundische Einflüsse.
Der Kanton Bern wies früher verschiedene Trachten auf, von denen einige ganz verschwunden oder im Absterben begriffen sind. Eine einzige Tracht lebt noch: es ist die kleidsame Tracht des tieferen Mittellandes. Sie ist so populär und bekannt, dass sie von Ausländern oft einfach als «schweizerische Nationaltracht» bezeichnet wird. Auch diese Tracht hat ihre Geschichte. Im 18. Jahrhundert trugen die Bernerinnen im Seeland und Emmenthal rote Mieder und blaue Röcke; dazu kamen sog. Schwefelhütli oder Hauben mit Rosshaarspitzen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die farbigen Mieder und Röcke durch schwarze verdrängt und dafür die Tracht mit reichem Silberschmuck ausgestattet. So entstand die heutige «Bernertracht».
Die Berner Bauern des 18. Jahrhunderts trugen meist nur Hemd und kurze Hosen aus dicht gefälteltem Zwilch, ohne Träger auf den Hüften sitzend. Die braunrote Weste wurde selten benützt und noch seltener der mit langen Schössen versehene Zwilchrock.
Der Bezirk Schwarzenburg ist die Heimat einer der originellsten Schweizertrachten, der Guggisbergertracht, die gegen Mitte des 19. Jahrhunderts ausstarb. Die Frauenröcke waren eigentümlich gefältelt und so kurz, dass sie die Kniee unbedeckt liessen. Die Taille reichte bis zur Mitte des Rückens. Als Schmuck trugen die Bräute prächtige Gürtel und niedliche Brautkrönchen.
Südlich von Thun trug man die sogen. Simmenthaler-Tracht, die ebenfalls nahezu ausgestorben ist. Sie kennt keinen Silberschmuck, dagegen wurde um die Schultern ein mit Fransen verziertes seidenes Halstuch gelegt und das Gesicht war jeweilen mit schwarzen Spitzen umrahmt.
Auch die Haslitracht ist am Erlöschen. Im Anfang des 19. Jahrhunderts trugen die Frauen auf dem Hasliberg Röcke aus naturfarbenem, also gelblich-weissen Wollstoff. Diese Röcke waren in eigenartige Längs- und Querfalten gepresst. Später wurde blauer Wollstoff vorgezogen und der Rock mit einem farbigen Saum versehen. Die Alltagsröcke oder «Gloschli» hängen an Trägern, die Festkleider dagegen weisen schwarze Sammetmieder auf, an denen die Röcke befestigt sind. Die Haslifrauen tragen stets ein das Gesicht eng umschliessendes, rotgewürfeltes Kopftuch und nur an Sonn- und Feiertagen wird der breitrandige, feine Strohhut aufgesetzt. ¶
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Anfänge des Staates.
Städtische Anlagen treten geschichtlich erst später hervor. An eine der letzten derselben, Bern (1191), knüpfen sich die Anfänge des Staates. Im Sinne des Gründers sollte Bern ein Stützpunkt zähringischer Hauspolitik und wohl auch deutsch-nationaler Politik gegen den abfall-lüsternen burgundischen Adel sein.
Die Stadt wurde selbständig nach dem Ausgang der Zähringer, wo sie, um nicht zu einer kiburgischen Landstadt herabzusinken, beim Reiche und vorübergehend beim Herzogshause Savoyen Anlehnung suchte und fand. Als Grundlage ihrer Selbständigkeit hat in erster Linie die sog. Handveste zu gelten, eine Urkunde der Reichsfreiheit, welche von der Tradition dem Kaiser Friedrich II. zugeschrieben und auf das Jahr 1218 datiert wird. Darin erhält die Stadt eigenes Gericht in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit und eigenen Markt. Nach und nach erwirbt die Stadt auch die hohe Gerichtsbarkeit, und das Privileg des Königs Sigmund (1415) gibt ihr vollends alle Selbständigkeit in Sachen der eigenen militärischen und finanziellen Verwaltung. Nachdem sie 1339 die Probe bei Laupen siegreich bestanden, wurde sie 1351 ein Glied des Bundes der Waldstätte.
Territorial entwickelte sich der merkwürdige Stadtstaat in grossartiger Weise vom 14. bis zum 16. Jahrhundert.
Im 14. Jahrhundert beginnt Bern um sich zu greifen, indem es sich durch Erwerbung von Laupen und Aarberg die meist gefährdete Westseite strategisch sichert. Dann richtet es in kühner Verkehrspolitik seine Blicke nach dem Oberland, wo es, um den italienischen Handelsweg der Grimsel in seine Gewalt zu bekommen, das kleine Reichsland Hasle sich zum Freund und Schutzbefohlenen macht. Mit den Baronen des unteren Oberlandes führt es darauf einen heftigen Kampf, der bis zum Schlusse des Jahrhunderts u. a. auch die Beherrschung der Gemmi zur Folge hat. Inzwischen hat der Kampf gegen Kiburg mit der Erwerbung Burgdorfs und Thuns, der Schlüssel zum Emmenthal und Oberland und der Angliederung des Seelandes geendigt. Eine grosse Zahl weltlicher und geistlicher Selbständigkeiten des Mittellandes ist bereits durch Burgrecht und Schirmvogtei in Berns Machtbereich getreten und am Schlusse des Jahrhunderts übt dieses zu beiden Seiten der Aare die landgräflichen Rechte in neuer kräftigerer Form.
Im 15. Jahrhundert erobert Bern den Aargau bis an die untere Reuss, und dieser in der Ferne ausgeteilte Schlag lässt näher heran im Oberaargau und Emmenthal zahlreiche nun isolierte Herrschaften mühelos Bern anheim fallen.
Eine grosse Festigung erfährt der Staat durch den glücklichen Ausgang des Twingherrenstreites, 1471: von nun an steht die militärische und hochgerichtliche Hoheit der Stadt zu in allen niederen Gerichten, deren Inhaber die vielen adeligen Bürger der Stadt sind.
Im Burgunderkrieg erwirbt Bern Erlach am Bielersee und fasst, mit Freiburg zusammen, im Waadtland Fuss.
Der Schluss des 15. und der Beginn des 16. Jahrhunderts sehen die Aufhebung und Säkularisierung der Klöster und Stiftungen. Dieses führt besonders zur Abschliessung der Beherrschung der Alpenthäler, wo das Kloster Interlaken Träger eines besonderen politischen Gedankens gewesen war.
Die Eroberung der Waadt 1536 hat u. a. zur Folge, dass sich ein grosser Teil der Besitzungen des 1555 liquidierten Hauses der Grafen von Greyerz Bern um so leichter angliedern lässt. Saanen wird bernisch.
Bis 1798 herrscht Bern über das Land von der untern Reuss bis zum Genfersee. 1798 lösen sich die auswärtigen Vogteien los. Der Kanton Bern entsteht, neben dem nur eine kurze Spanne der Kanton Oberland selbständig bleibt. 1815 geht das Pays-d'Enhaut endgültig an Waadt über, während, wie bereits erwähnt, das Bistum Basel mit Bern vereinigt wird. Damit hat der Kanton die eingangs beschriebenen Grenzen erreicht.
Einteilung und Statistik der Bodenfläche.
Der Kanton umfasst 30 Amtsbezirke, von denen Interlaken mit 679 km2 der grösste und Biel mit 17 km2 der kleinste ist. Die landschaftliche Einteilung wird von der offiziellen Statistik (kantonales statistisches Bureau in Bern) wie folgt berücksichtigt:
1. Oberland, 7 Amtsbezirke: Oberhasle, Interlaken, Frutigen, Ober-Simmenthal, Nieder-Simmenthal, Saanen, Thun.
2. Emmenthal, 2 Amtsbezirke: Signau, Trachselwald.
3. Mittelland, 7 Amtsbezirke: Bern, Schwarzenburg, Seftigen, Konolfingen, Fraubrunnen, Burgdorf, Laupen.
4. Oberaargau, 2 Amtsbezirke: Wangen, Aarwangen.
5. Seeland, 5 Amtsbezirke: Büren, Biel, Nidau, Aarberg, Erlach.
6. Jura, 7 Amtsbezirke: Neuveville, Courtelary, Moutier, Franches-Montagnes, Delémont, Porrentruy, Laufen.
Von der gesamten Bodenfläche sind 78% produktiv und 22% unproduktiv. Das unproduktive Land setzt sich zusammen aus Felsen u. Schutthalden (1000 km2 = 14½%), Gletscher und Firn (288 km2 = 4½%) und Seen (123 km2 = 2%). ⅔ des unproduktiven Bodens entfällt auf das Oberland.
Das produktive Areal verteilt sich folgendermassen: 22% der Gesamtbodenfläche sind mit Wald bedeckt, 19% sind Weiden und Alpen, 37% sind der landwirtschaftlichen Kultur überwiesen (245000 ha).
Landwirtschaft.
Die Bevölkerung des Bernerlandes hat sich von jeher mit grossem Erfolg der landwirtschaftlichen Arbeit zugewendet. Ihr widmete der alte Berner aus dem Bauern- wie aus dem Adelsstande seine ausdauernde Körperkraft, seinen Geist bedächtiger Spekulation, seine Liebe zur Scholle, seine Sparsamkeit, seinen religiösen Sinn. Deshalb erglänzen hier noch heute, wie nirgends in der Schweiz, die grossen Bauernhäuser und die Landsitze so sauber und so stattlich.
Der allmälige Uebergang vom Getreidebau zum Wiesenbau, und allgemeiner von den extensiven Wirtschaftsformen der älteren zu den intensiven der neuen Zeit, hat sich im Kanton Bern in der Weise vollzogen, dass das ¶
Verteilung der Nutzviehhaltung im Kanton Bern
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Lf. 35 & 36. ^[Karte: 7° 26’ 20“ O; 46° 57’ 6“ N; 1:550000]
Verlag von Gebr. Attinger Neuenburg.
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
Nombre de bovidés p. 100 hab.
░ 20-40
▒ 41-60
▒ 61-70
▓ 71-100
▐ 101-140
Stück Rindvieh auf ha.
Nombre de bovides par ha.
░ 20-30
▒ 31-40
▒ 41-60
▓ 61-80
▐ 81-100
100 Pferde | = ▲ = | 100 chevaux |
200 Rinder | = ● = | 200 bovidés |
200 Schweine | = ❙ = | 200 porcs |
200 Ziegen | = v = | 200 chèvres |
200 Schafe | = ⥾ = | 200 moutons |
200 Bienenk. | = ^ = | 200 ruches |
1901 | Pferde | Rinder | Schweine |
---|---|---|---|
Chevaux | Bovidés | Porcs | |
Jura | 9781 | 46464 | 26494 |
Seeland | 412 | 27192 | 19818 |
Ober Aargau | 1978 | 23469 | 10813 |
Emmenthal | 3406 | 36274 | 15972 |
Mittelland | 12080 | 92550 | 45908 |
Oberland | 3206 | 67913 | 18772 |
Kanton: | 34563 | 293862 | 137777 |
1:550000
V. Attinger, sc.
VERTEILUNG DER NUTZVIEHHALTUNG IM KANTON BERN ¶
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Oberland den Getreidebau fast ganz aufgab, die übrigen Landesteile ihn stark einschränkten. Der alte Weidgang konnte, als er abgeschafft wurde, nur durch Vermehrung der Wiesen um die neu aufgekommenen Futteräcker ersetzt werden. Dabei verschwand immer mehr das ehemalige Gemisch von Landbau und Weidwirtschaft. Die letztere wurde ins Gebirge verbannt. Aber gerade das erscheint charakteristisch für die Landwirtschaft des Kantons, dass die Beziehungen zwischen den beiden örtlich getrennten Wirtschaftsformen fortbestehen und mit dem grossartig zunehmenden Viehbestand nur immer grössere Bedeutung erlangen.
Das Kulturland ist wie folgt verteilt:
ha | % | . | ||
---|---|---|---|---|
Aecker und Gärten | . | 133750 | = 54,6% | . |
Davon Getreide | 47940 ha = 19,5% | . | . | |
- Hackfrucht | 25970 ha = 10,6% | . | . | |
- Handels- und Gemüsepflanzen | 3470 ha = 1,4% | . | . | |
- Kunstfutter | 55800 ha = 22,7% | . | ↘ | |
Wiesen und Obstgärten | . | 110500 | = 45,1% | 67,8% |
Reben | . | 750 = | = 0,3% | . |
Summe: | . | 245000 = | = 100% | . |
Aus dieser Tabelle geht hervor, dass nicht weniger als 67,8% des gesamten Kulturlandes der intensiven Futtergewinnung übergeben sind, während der Getreidebau über bloss noch knapp 1/5 derselben Fläche verfügt.
Das meiste Viehfutter wird von den Wiesen gewonnen. Mähmaschinen sind erst seit einem halben Jahrzehnt im allgemeinen Gebrauch. Besondere Dörrvorrichtungen gibt es nicht; zur Unterbringung des Trockenfutters ist das bernische Bauernhaus durch seine Heubühne vorbereitet, welche unter einem gewaltigen Dach den ganzen Raum über der Tenne und den Stallungen einnimmt und zu welcher eine gedeckte Einfahrt führt.
Nur die Herbstweide führt das Stallvieh an die freie Luft. Das ist wenigstens für das zum Schlachten bestimmte Jungvieh ein Uebelstand, welchem sehr viele Viehbesitzer dadurch abhelfen, dass sie gemeinde- oder korporationsweise Bergweiden in höheren Lagen des Alpenrandes erwerben. In den ersten Sommertagen (Mitte Juni) fährt dann der Hirt mit dem Jungvieh zu Berg, und es ist ein spezifisch bernisches Zeichen des Sommers, wenn dann an allen Oberlandstrassen (diejenigen der Bundesstadt nicht ausgenommen) die Nächte durch das Geläute dieser wandernden Herden erklingt. Im Jura gibt es noch viele Gemeindeweiden (Pâturages communaux), auf denen der Weidgang geübt wird von Herden, welche der Winter acht Monate lang in die Ställe gebannt hat. Es besitzt namentlich das Plateau der Freiberge solche durch alle Wälder sich erstreckenden Naturwiesen: eine Parklandschaft von grossartiger Schönheit, aber geringer wirtschaftlicher Bedeutung.
Die Verteilung des Wiesen- und Futterbaues auf die einzelnen Landesteile gestaltet sich folgendermassen: Vom behauten Boden entfallen auf die Wiesen im:
Oberland | 75% |
Emmenthal | 32% |
Mittelland | 27% |
Oberaargau | 29% |
Seeland | 40% |
Jura | 59% |
Von derselben Fläche entfallen auf den Anbau von Futterkräutern (Kunstfutter, meist als sog. Futtermischung: Klee, Lucerne und Esparsette, hin und wieder Grünmais) im:
Oberland | 9% |
Emmenthal | 37% |
Mittelland | 36% |
Oberaargau | 30% |
Seeland | 19% |
Jura | 14% |
Der Gesamtertrag der Wiesen und Futteräcker des Kantons beläuft sich in guten Jahren auf 10 Millionen q. mit einem Geldwert von 75 Mill. Fr. Das Jahr 1893, wo zur seltenen Ausnahme die Regen des Frühjahrs ausblieben, ergab freilich nur 5,2 Millionen q. Dennoch erreichte der Wert dieser Missernte die Summe von 75,6 Mill. Fr., ein schlagender Beweis für die enorme Wichtigkeit einer ordentlichen Futterernte für die gesamte Volkswirtschaft des Kantons Bern.
Getreidebau.
Noch beträgt in den flacheren, trockeneren aber auch in den verkehrsentlegeneren Gegenden sein Anteil bis ¼ des bebauten Areals. Die Bezirke Pruntrut, Aarberg, Burgdorf, Laupen und Schwarzenburg stehen in dieser Hinsicht im ersten, Nidau, Laufen, Erlach, Büren, Delsberg und Trachselwald im zweiten Range. Im Oberland hat nur noch Thun ansehnliche Getreideareale aufzuweisen. Saanen hatte 1895 bloss noch 5 ha mit Getreide bestellt.
Folgende Getreidearten sind in den einzelnen Landesteilen vorherrschend (die Reihenfolge gibt das Verhältnis der Areale an):
Oberland | Korn (d. i. Dinkel), Weizen. |
Emmenthal | Korn, Roggen. |
Mittelland | Korn, Hafer, Roggen, Weizen. |
Oberaargau | Korn, Roggen, Hafer. |
Seeland | Weizen, Roggen, Korn, Hafer. |
Jura | Weizen, Hafer, Gerste. |
Im ganzen Kanton waren 1895 von 46000 ha Getreideland:
ha | mit |
---|---|
13870 | Korn |
11360 | Weizen |
10890 | Hafer |
7600 | Roggen |
2360 | Gerste |
bestellt. Roggen und Gerste waren früher im Gebirge stark vertreten. Sie in erster Linie sind durch den Wiesenbau verdrängt worden.
Dem Kartoffelbau sind bedeutende Areale überwiesen: im Seeland und Oberaargau fast 1/6, im Mittelland 1/9, im Emmenthal 1/11, im Jura 1/12 und im Oberland 1/14 des bebauten Bodens. In den Bezirken Aarberg und Pruntrut ist der Kartoffelbau am bedeutendsten.
Die nämlichen zwei Bezirke weisen auch den meisten Gemüsebau auf. Das gesamte Flachland, besonders aber das Seeland, beginnt seit kurzem einen lebhaften Anbau von Zuckerrüben für die Zuckerfabrik in Aarberg. Im Emmenthal ist das am meisten angebaute Gemüse das Kraut. Reps wird besonders im Amtsbezirk Pruntrut, Hanf und Flachs immer noch in ansehnlichem Masse in Konolfingen und dem obern Emmenthal, Tabak in Laupen und Cichorie im Bezirk Burgdorf gepflanzt.
Der Weinbau spielt nur in der Gegend des Bielersees eine Rolle. Dort ist er aber für vier Gemeinden die Hauptkultur (Neuveville, Ligerz, Twann und Tüscherz). Als schmaler Saum, der 100-150 m am Berge ansteigt, zieht sich das Rebgelände dem jäh abfallenden Jura am Nordufer des Sees entlang bis nach Biel und Bözingen. Der Weisswein, der hier gewonnen wird und unter den Namen Neuveville und Twanner wohlbekannt ist, ähnelt an Säuregehalt dem Neuenburger, ist jedoch leichter als dieser. Auch am Jolimont und bei Ins wächst ein guter Wein. Von der ehemals viel ausgedehnteren Weinkultur durchs ganze Land zeugen noch Reste im Bezirk Büren, im Laufenthal, bei Spiez, Merligen und Oberhofen am Thunersee.
Obstbau.
Die Obstbaumzählung von 1888 ergab folgende Resultate:
Bäume | |
---|---|
Oberland | 459000 |
Emmenthal | 329000 |
Mittelland | 926000 |
Oberaargau | 300000 |
Seeland | 342000 |
Jura | 422000 |
Kanton: | 2778000 |
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