Angeli Custodi. Lies: der künftigen Station Tirano.
Anglikon. Lies: Linie Aarau-Lenzburg-Rotkreuz-Arth Goldau. Füge hinzu: Im Bünzthal oder Freiamt gelegen.
Angrogne (Val d') (Kt. Waadt,
Bez. Lausanne). Thälchen. S. den Art. ENGROGNE (VAL D').
Appenzell A.R. S. 76, Sp. 2, Z. 5 v. u. Lies: Laufegg.
Appenzell I.R. S. 81, Sp. 1, Z. 19 v. o. Lies: +7,5°.
Aproz. Lies: Schlucht der Prinze.
Aquila. Lies: Brenno.
Areuse. S. 88, Sp. 1, Z. 8, von oben. Lies: Oxford, statt Argovien. Bei den linksseitigen Zuflüssen füge hinzu:
die Noiraigue.
Arpilles (Dessous undDessus) . Lies: Rochers des Rayes.
Arzo. Lies: Viggiù.
Assens. Lies: 625 m. -
Kirchgemeinde umfasst ausser Assens noch Étagnières, Malapalud und Bioley-Orjulaz.
Asuel. Gem. und Dorf. Der letzte Satz soll heissen: Durch das Erdbeben vom teilweise zerstört, dann wieder aufgebaut
und 1374 von den Baslern in Asche gelegt.
Füge hinzu: Asuel war eine Baronie und eines der vier grossen Lehen des Bistums Basel.
Die Familie hat dem Bistum
Basel
zwei Bischöfe gegeben.
Athenaz. Lies: 100 kathol. Ew.
Au (Kt. St. Gallen,
Bez. Ober Rheinthal). Streiche: Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen bis Altstätten.
Au (Kt. St. Gallen,
Bez. Unter Rheinthal). Füge hinzu: Postwagen nach Altstätten.
Aubonne. Fluss. Lies: Mala Armary.
Aubonne. Stadt. Lies: Saint-Prex. - Streiche: später wieder nach Frankreich übergeführt.
Augst (Basel-). S. 102, Sp. 2, Z. 14 v. o. Streiche: 1853. - Z. 16 v. o. Lies: 1893 mit schönem Legat
bedacht.
Ausserbach (Kt. Bern,
Amtsbez. Konolfingen, Gem. Biglen). Dorf. S. den Art. Engibach.
Avat (Piz). Lies: Theobalds, statt Therbalds.
Avenches (Stadt). S. 111, Sp. 1, Z. 26 von oben. Lies: Innenmauer, statt Ihnnenmauer.
Bächtelen (Inder). Lies: Gem. Köniz.
Baden. Bezirk. Lies: 150 Ew. auf den km2.
Baggwilgraben. Lies: Frienisberg.
Bagnes (Val de). S. 127, Sp. 1, Z. 31 v. o. Lies: 1595 wurden mehrere Dörfer zerstört. 1894 und 1898 leerte sich ein Gletschersee
u. s. w.
Balandes (Bois des). Lies: Chéserex.
Ballens. Füge hinzu: Der Kreis Ballens umfasst die Gemeinden Apples, Ballens, Berolle, Bière und Mollens.
1139: Barlens.
Ballwil. Lies: Pfarrer von Ballwil war der bekannte Volksschriftsteller Xaver Herzog. - Streiche: das alte Schloss ist zu einer
Erziehungsanstalt umgebaut.
Baselland. S. 150, Sp. 2, Z. 37. Lies: Naturforschende, statt naturhistorische.
Bassecourt. Lies: Pfarrdorf und 1063 kathol. Ew. Streiche: Pfarrei Boécourt. Füge hinzu: Durch eine Feuersbrunst 1871 zum
grossen Teil zerstört.
Bassersdorf. Statt Bassilodorf lies Bassilsdorf.
Batzenberg. Von der am W.-Hang gestandenen Burg hat sich heute keine Spur mehr erhalten.
Baulmes. Füge hinzu: Der Kreis Baulmes umfasst die Gemeinden Abergement, Baulmes, Lignerolles, Rances, Sergey, Valeyres sous Rances
und Vuittebœuf.
Belfond (Dessous und Dessus). Füge hinzu: Kirchgemeinde Les Pommerats. Waisenhaus für Knaben, von Schwestern aus Ingenbohl
geleitet.
Bellerive (Kt. Waadt).
Lies: Kirchgemeinden Cotterd und Constantine. Früher grosses Mädchenpensionnat, heute Altersasyl der
Broye (Bezirke Avenches, Moudon und Payerne). Schloss in Cotterd.
Bellinzona. Stadt. Füge hinzu: Chorherrenstift, mit 12 Chorherren, denen ein Propst vorsteht.
Bossy. Füge hinzu: 1536-1567 im Besitz der Republik Genf,
1590-1601 der Republik Bern.
Kam 1815 neuerdings - nun zum
drittenmal - an die Schweiz.
Bottigen (Nieder). Lies: 2 km ö., statt 1 km w.
Bottigen (Ober). Lies: 1 km sw., statt 1 km w.
Boudry (Montagne de). S. 321, Sp. 1, Z. 10 v. u. Lies: Les Lanvouennes.
Bouge (Moulin de la). Füge hinzu: Statt der auf der Siegfriedkarte angewendeten Schreibart Bouge sollte
richtiger (wie dies auch von den Behörden offiziell geschieht) Bouège geschrieben werden. Wirtshaus. Säge. Zollamt.
Boveresse. Statt: 4 blühende Uhrenmacherwerkstätten lies: Fabrik für Uhrenmacherwerkzeug und Motorenfabrik.
Brassus (Le). S. 328, Sp. 1, Z. 19 v. u. Lies: La Lionne.
Dents (Les). S. 606, Sp. 1, Z. 1 von unten. Lies: 3600 m.
Dettigen (Ober). Lies: Patrizierfamilie Sager.
Diessbach (Ober). S. 617, Sp. 2, Z. 2 von oben. Lies: Kurzenberg, statt Ringenberg.
Dorneck-Thierstein. Amtei. S. 638, Sp. 2, Z. 12 v. oben. Lies: 2007 Häusern.
Eifeld. Lies: Worblenthales.
Einigen. Lies: Kleine Kirche mit Chor in romanischem Stil.
Ergänzung:
Beauregard (Kt. Wallis,
Bez. Siders, Gem. Randogne). 1460 m. Häusergruppe, am Weg über den Rawil (Randogne-Cran); 3,5 km nw. der Station
Siders der Simplonbahn über den Dörfern Randogne, Montana und Blusch auf der Terrasse von Cran gelegen.
Lungensanatorium, 1899 von Genfer Bürgern gegründet.
Engelberger (Kt. Unterwalden, Nidwalden)
südl. Zufluss des Vierwaldstättersees von 36 km Länge, dessen
Gebiet 260 km2 misst. Die Aa entspringt am Surenenpass, 2200 m, fliesst durch die Alp gleichen Namens, dann durch das Hochthal
von Engelberg, 1000 m, welches ihr Sammelgebiet bildet, sie verlässt es durch Schluchten von 2 km Länge. Am Ausgang dieser
Schluchten, 600 m, wendet sich die Aa von S. nach N. und ihr Thal verbreitert sich bis zu der kleinen Ebene
von Stans, wo sie eine scharfe Biegung nach N.-O. macht und dann dem Vierwaldstättersee zueilt, hier bildet sie ein ziemlich
bedeutendes Delta. Ihre unbedeutenden Zuflüsse rechts sind: der Bärenbach, der Seklisbach und der Buoholzbach.
Der untere Lauf der Aa ist auf mehr als 8 km Länge kanalisiert worden; fünf Hauptbrücken führen darüber.
Grüninger (Kt. Zürich,
Bez. Hinwil u. Uster).
Fluss von 10 km Länge, entspringt bei Grüningen, fliesst von S.-O. nach N.-W. und
mündet in den Greifensee.
Hallwiler (Kt. Aargau),
südl.
Zufluss der Aare, vom Hallwilersee aus 15 km lang.
Ihr hydrographisches Gebiet erstreckt sich
im S. in den Kt. Luzern
und misst 290 km2 wovon 170 km2 auf die Aa und 120 km2 auf die Bünz, ihren einzigen bedeutenden Nebenfluss,
fallen.
Wenn man die Wag (4 km), welche den Hallwiler- (8 km) und den Baldeggersee (4,5 km) verbindet, als
Mittellauf der Aa betrachtet u. die Ron (11,5 km), den Zufluss des Baldeggersees, als ihren Oberlauf, so beträgt ihre ganze
Länge 42 km. Der Baldeggersee, 466 m, und der Hallwilersee, 452 m, bilden zwei aufeinander folgende Becken,
welche durch die Endmoränen von Ermensee und Seon gestaut werden.
Die Aa bewässert das Thal von Lenzburg
und mündet bei Wildegg in
die Aare, wo sie die Bünz, 353 m, aufnimmt. 14 Brücken, worunter vier Eisenbahnbrücken, führen über ihren unteren Lauf,
dessen Wasser 12 industrielle Etablissements treiben.
Rigi- (Kt. Schwyz),
Bergwasser von 10 km, entspringt am Rigi-Staffel, 1600 m, fliesst von O. nach W. unter
dem Namen Sagenbach-Aa, dann Rigiaa. Im O. durch den Bergsturz von Goldau, 515 m, zurückgeworfen, ergiesst sie sich bei Arth
in den Zugersee. 6 Brücken, von denen 2 Eisenbahnbrücken.
Sarner (Kt. Obwalden),
Zufluss des Vierwaldstättersees.
Bergbach von 28 km Länge (Lauibach, 6 km, Lungernsee 2 km,
Mittellauf 5 km, Sarnersee 6 km, Unterlauf 9 km).
Ihr Gebiet misst 400 km2.
mehr
Der wilde Lauibach, dessen Quelle am Fusse des Arnifirstes ist, und der sich in den Lungernsee ergiesst, bildet den Oberlauf
der Aa.
Der Lungernsee, 659 m, ergiesst sich durch einen unterirdischen Kanal von 450 m Länge, 1836 erbaut, ins Aawasser,
Mittellauf der Aa und Zufluss des Sarnersees, 473 m. Oberhalb dieses Sees ist die Aa auf 8 km Länge kanalisiert;
dann durchfliesst sie die Sümpfe von Alpnach und mündet in den Alpnachersee, 437 m, von dem sie schon mindestens 18 ha. mit
ihrem Geschiebe ausgefüllt hat.
Zuflüsse links: Der Dundelbach, der Giswiler Lauibach, der Forstbach, der grosse Schlieren;
rechts: Die kleine Melchaa und die Melchaa, welche als grosser Wildbach aus dem Melchthal kommt.
Die Aa zählt 4 Haupt-Brücken, darunter eine Eisenbahnbrücke bei Sarnen.
Eine grosse Parquetfabrik wird von dem Wasser eines
Seitenkanals getrieben.
Steiner (Kt. Schwyz),
Wildbach von 11,5 km, Quelle am Hochstuckli, 1566 m, fliesst durch Sattel, Steinen und
mündet in den Lowerzersee, von dem er durch seine Anschwemmungen 17 ha. ausgefüllt hat.
vonUster
(Kt. Zürich,
Bez. Hinwil u. Uster),
Oberlauf der Glatt; Fluss von 11 km, Ausfluss des Pfäffikersees, 541 m, fliesst nach S.-O. durch
die Sümpfe von Robenhausen, dann nach W. und mündet, durch den bedeutenden Flecken Uster
fliessend, in den
Greifensee, 439 m; 16 Brücken, wovon 3 Eisenbahnbrücken, 14 Fabriken. Da der Abfluss des Pfäffikersees in den Greifensee
durch eine Schleuse reguliert wird, bildet der Fluss eine ständige Triebkraft von 100 m Gefäll.
Wäggithaler (Kt. Schwyz),
Bergstrom, südlicher Zufluss des Zürichsees von 23 km Länge, deren Gebiet
total 100 km2 umfasst.
Ihre Quelle befindet sich auf der Oberalp 1579 m;
die Aa fliesst von S. nach N. durch Hinterwäggithal, 850 m und
Vorderwäggithal, 740 m. Sie nimmt auf: links die gefährlichen Wildwasser Schlierenbach und Kratzerlibach;
rechts
den Trebsenbach, aus dem gleichnamigen Thal.
Nachher zwängt sich die Aa durch zwei enge Schluchten von 2 km Länge, und tritt
bei Siebnen in die Ebene der March
hinaus, von der sie 15 ha. mit ihrem Geschiebe überdeckt hat.
Von Siebnen an ist die Aa in ihrem
Laufe auf 5 km kanalisiert bis zum Zürichsee, wo sie ein deutlich hervortretendes Delta bildet. In der
March
zählt die Aa 3 Brücken, im Wäggithal 6;
ihre Wasserkraft treibt die Spinnereien von Siebnen.
Eine grosse Gesellschaft soll
die Absicht haben, das Vorder-Wäggithal in einen See zu verwandeln, um Triebkraft für Elektrizitätswerke zu erhalten.
(Kt. Obwalden,
Gem. Kerns) 1770 m, Bergspitze, welche mit der Melchseealp und der Tannenalp eine Gruppe von drei hohen Bergen
hinten im Melchthal bildet, an der Grenze vom Kt. Bern
und westlich vom Hohenstollen. 11 Sennhütten und eine kleine
Kapelle.
(Kt. Zürich,
Bez. Horgen),
grosser Bach von 9 km, dessen Quelle bei Schönenberg, 720 m; fliesst zwischen der Sihl und dem Zürichsee
dahin und mündet bei Käpfnach in den letzteren. 7 Brücken, worunter eine Eisenbahnbrücke, 2 Fabriken.
(Kt. Appenzell
A.-Rh., Bez. Vorderland,
Gem. Rehetobel), Mühle an der Goldach, 629 m. (1898 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut) bemerkenswert
durch ein Wehr, mittelst dessen das Wasser der Goldach durch einen Tunnel nach der Nordseite des Berges geleitet wird,
um die nötige Triebkraft zu erhalten, das Wasser des Bodensees bis nach der Stadt St. Gallen zu pumpen.
Jetzt und bis diese
Arbeiten fertig sind, wird das Bodensee-Wasser mittelst
Dampf nach St. Gallen
getrieben.
(Kt. Thurgau,
Bez. Bischofszell u. Arbon),
kleiner Fluss von 15,5 km, zum Teil kanalisiert. Quelle bei Riet; fliesst
nach Osten der Eisenbahnlinie Sulgen-Romanshorn entlang, bei Engishofen, Ober- und Nieder-Aach, Amrisweil und Aach vorbei, mündet
bei Romanshorn in den Bodensee, 20 Brücken, worunter 4 Eisenbahnbrücken. Mühlen.
Ober (Kt. Thurgau,
Bez. Bischofszell).
Oberaach, Dorf mit 48 Häusern und 20 andern Gebäuden; gehört zur Gem. Amriswil und bildet mit Niederaach
und Häusle eine Schulgemeinde. 445 m. 30 Minuten von Amriswil, Station der Linie Romanshorn-Winterthur. Postablage. Telephon. 269 E.
Ackerbau. Hauptindustrie: Stickerei. Es hat auch eine Gerberei mit Schäftefabrik und eine mechanische
Werkstätte. Neben dem Ackerbau treiben die meisten Einwohner noch irgend ein Handwerk.
Weiler, ungefähr 3 km von Romanshorn an der Linie Frauenfeld-Romanshorn und am Flusse Aach, 422 m.
Alle Einwohner beschäftigen sich mit Ackerbau. 33 E. Postablage.
(Kt. Thurgau,
Bez. Frauenfeld),
grosses, schönes Dorf an der Zürchergrenze an der Linie Winterthur-St. Gallen, 529 m. Telegraph und
Telephon. 2650 E. von denen 1250 protestantisch und 1400 katholisch. Ungefähr 1/5 der Bevölkerung treibt verschiedene Industrie,
der Rest Ackerbau oder irgend ein Handwerk. Seit lange treiben die Wasserkräfte der Lützelmurg verschiedene
Fabriken. Aadorf besitzt 1 Baumwollspinnerei, 1 Weberei, 1 Färberei, 1 Rotdruckerei, 1 Rolladenfabrik, 1 Möbelfabrik, 1 Feilenfabrik
und 2 Stickereien. Wälder, Weinberge, grosse Käserei. Reges gesellschaftliches Leben.
Die Entstehung der Ortschaft reicht in die Zeit der Einwanderung der Allemanen ums Jahr 400 oder 500 unserer Zeitrechnung.
Ihre Gründer waren die Herren von Linzgau (Baden).
Durch die Gunst Karls des Grossen wurde Ulrich von Linzgau zum
Grafen von Thurgau
ernannt. Dieser gründete die Kirche und das Kloster von Aadorf, welches er mit seinen Gütern unter die Herrschaft
des Abtes von St. Gallen
stellte. Nach den Appenzellerkriegen sah sich dieser genötigt, Aadorf dem Kloster von
Tänikon zu verkaufen. Später wurde das Kirchengut Eigentum des Klosters von Rüti, welches es an den Kt. Zürich
abtrat, welcher später
die Reformation in Aadorf einführte.
Hauptort des Bezirks und des Kantons Aargau.
13 Gemeinden: Aarau, Biberstein,
Buchs, Densbüren, Ober-Entfelden, Unter-Entfelden, Erlisbach, Gränichen, Hirschthal, Küttigen, Muhen, Rohr, Suhr.
Bevölkerung im
Jahre 1888: 21066 E., 2488 Gebäude, 4383 Haushaltungen;
19215 Protestanten, 1581 Katholiken und 55 Juden.
Dieser Bezirk, durch die Aare in zwei ungleiche Teile geteilt, wird im N. durch den Bezirk Laufenburg, im W. durch den Kt. Solothurn,
im S.-W. durch den Bezirk Zofingen, im S. durch den Bezirk Kulm, im O. durch die Bezirke Brugg und Lenzburg begrenzt.
Das linke
Aareufer ist steil und bildet einen Teil der Juraregion.
Der Untergrund des andern Ufers ist Molasse;
die Oberfläche ist
wellig. An den Abhängen des Jura wächst ein ziemlich guter Wein, die Ernten missraten aber häufig;
Weinbau hat deshalb in den letzten Jahren bedeutend abgenommen. Ackerbau, Handel und Industrie sind die Haupteinnahmsquellen
des Bezirkes. Der kulturfähige Boden ist fruchtbar und wird mit grösster Sorgfalt angebaut. Fruchtbäume, Viehzucht. Das
Gebiet umfasst
ha.
Aecker
2439.5
Wiesen
2375.2
Weinberge
193.2
Streuland
137.0
Wälder
4117.3
Unfruchtbares Gebiet wie Strassen, Steinbrüche, Sandufer etc.
1175.8
Total:
10438
Die Wälder, welche ungefähr die Hälfte des produktiven Bodens bilden, gehören zum grössten Teil den Gemeinden und dem
Staat. Man benutzt die Juragesteine als Bausteine oder zur Fabrikation von Kalk, Gips und Zement. Letztere hat eine bedeutende
Ausdehnung angenommen. Man gibt nach und nach die wenig einträgliche Getreidekultur zu Gunsten der Viehzucht
und der Milchwirtschaft auf; die Felder werden in Wiesen umgewandelt. Die Viehzählung weist folgende Resultate auf:
1876
1886
1899
Hornvieh
3875
4925
5086
Pferde
328
409
434
Schweine
1321
1866
1736
Ziegen
1173
1833
1805
Schafe
26
108
55
Bienenstöcke
1109
1435
1753
Aarau und die benachbarten Ortschaften bilden den Mittelpunkt verschiedener Industrieen.
Die hauptsächlichsten sind Baumwollindustrie, sowohl Spinnereien als auch Färbereien und Webereien, Seidenbandfabrikation,
Fabrikation von Schuhwaren und Elastique, Zement und Zementröhren, Maschinen, Firnissen; elektrische Industrie, graphische
Gewerbe, Fabrikation von mathematischen und geodätischen Instrumenten; Glockengiessereien, Bauschreinereien, Bürstenfabrikation,
Hanf- und Flachsspinnereien, Kalk- und Zementfabrikation, Mühlen und Sägen. Ungefähr 2000 auf dem Lande
wohnende Arbeiter verdienen ihren Lebensunterhalt in den Fabriken des Hauptortes. Unter den philanthropischen Instituten
sind nennenswert: Das Kantonsspital in Aarau, eröffnet 1887;
im Jahre 1897 wurden darin 1746 Kranke verpflegt;
die Anstalt
für schwachsinnige Kinder in Biberstein, gegründet 1889, 47 Zöglinge;
die Taubstummenanstalt in Aarau, 32 Zöglinge;
das Diakonissenhaus in Aarau.
Zwei Eisenbahnlinien durchziehen den
Bezirk von W. nach O., die Linie Brugg-Aarau-Olten und die Linie Lenzburg-Zofingen; diese
zwei Linien werden durch die Querlinie Aarau-Suhr verbunden.
Fünf Hauptstrassen verbinden den Hauptort des Bezirks mit den benachbarten Kantonen und Bezirken.
Stadt, Hauptort des Kantons Aargau
und des Bezirkes Aarau, 81 km. nordöstl. von Bern
(nördl. Breite 47° 23' 31“; östl.
Länge von Paris 5° 42' 45“), auf dem rechten Aareufer, an den Abhängen des Distelberges und des Gönhard (410 m), gegenüber
dem Hungerberg (388 m) gebaut. Station der Linie Olten-Zürich und Aarau-Zofingen. E. im Jahre 1888: 6699,
im Jahre 1900 ungefähr 8000. Sitz der kantonalen Behörden, Sitz der Kreispostdirektion;
eidgen. Waffenplatz.
Aarau besitzt
zwei Zeughäuser, zwei grosse, neue Kasernen, die eine für Infanterie, die andere für Kavallerie, mit Exerzier- und Schiessplatz
im Schachen und einem solchen im Gehren, Gemeinde Erlisbach. Aarau ist eine Stadt mit modernem Anstrich.
Ueberreste aus dem Mittelalter sind noch: der Turm Rore, der jetzt den Haupteingang des Stadthauses bildet, das Schlössli auf
einem isolierten Felsen, der Stieberturm, das Haldentor, der Gerechtigkeitsbrunnen und einige mit alten Malereien verzierte
Gibel. Unter den modernen Gebäuden sind nennenswert: Das Regierungsgebäude und das Rathaus, von
einem Englischen Garten umgeben. Zahlreiche Schulanstalten. Grosses Primarschulhaus; Lehrerinnenseminar, daneben das Naturhistorische
Museum; Kantonsbibliothek im Rathaus (80000 Bände und 500 Manuskripte), Münzkabinett im Gewerbemuseum (einige Tausend Stücke,
von denen die meisten römischen Ursprungs aus Windisch, dem alten Vindonissa).
Gewerbemuseum bei der Kantonsschule, enthält ausser industriellen Produkten, ethnographische Sammlungen.
Altertümer, Gemälde und Glasmalereien aus dem Kloster Muri. Im gleichen Gebäude ist eine kantonale Handwerkerschule. Städtisches
Spital an der Halde, im ehemaligen Kloster der Augustinerinnen von Schännis. Kantonsspital mit 260 Betten. Pavillons und Baraken
für ansteckende Krankheiten.
Aarau besitzt zahlreiche industrielle Etablissemente, welche durch natürliche Triebkraft oder durch
das Elektrizitätswerk getrieben werden. Die Wasser der Aare, durch drei grosse Kanäle abgefangen, liefern 1500 Pferdekräfte
und der Bach, der durch die Stadt fliesst, treibt einige Mühlen.
Seidenbandfabrikation, im 18. Jahrhundert durch Joh.
mehr
Rud. Meyer († 1813) eingefürt. Woll- und Baumwollwebereien, mechanische Stroh- und Bastflechtereien, Glockengiessereien;
die älteste Zementfabrik der Schweiz. Ehemals berühmte Töpferei, wo heute die Röhren für Kanalisation, Ziegel etc. hergestellt
werden. Fabrikation von chem. Produkten, Firnissen, Siegellack. Färbereien für Seide, Wolle und Stroh, Giessereien, Maschinen-
und Waffenwerkstätten, Kunstschlossereien. Fabrikation von elektr. Installationsteilen und Reisszeugen.
Brauereien, Chokoladenfabrik, Zuckerwarenfabrik, Druckerei, Lithographie, Buchbinderei. Handels- und Kunstgärtnereien. -
Reges Vereinsleben, 83 Vereine und Gesellschaften, von denen die wichtigsten: Der Kunstverein, die historische, die naturforschende
und die landwirtschaftliche Gesellschaft, der kaufmännische Verein, die kaufmännische Gesellschaft, die mittelschweiz.-geograph.-kommerzielle
Gesellschaft, die Sektion Aarau des schweiz. Alpenklubs, Handwerker- und Gewerbeverein, Sektion Aarau
des schweiz. Geschäftsreisendenvereins, der Einwohnerverein, die Hülfs- und die Kulturgesellschaft.
In Bezug auf das religiöse Bekenntnis der Bevölkerung kamen im Jahre 1888 auf 6699 E. 5377 Protestanten, 1264 Katholiken, 58 gehörten
andern Religionen oder auch gar keiner an. Diese Bevölkerung verteilt sich auf 710 Häuser mit 1497 Haushaltungen.
Für das Jahr 1900 ergbit ^[richtig: ergibt] die Statistik 8000 E. auf 1500 Gebäude.
Die Entstehung Aarau reicht wahrscheinlich ins Zeitalter der Merowinger; in diese Periode mag auch der Turm Rore und das Schlössli
gehören. Im Jahre 920 war es schon befestigt. In die Gewalt des Hauses Habsburg und später der Herzoge
von Oesterreich gefallen, hatte es in den ersten Kriegen gegen die Eidgenossen zu kämpfen. Durch Bern
1415 erobert, hatte Aarau
eine Zeit lang gegen den umliegenden österreichisch gesinnten Adel zu ringen. Den versammelte sich die Tagsatzung
der XIII. alten Orte zum letzten Male in Aarau; den 2. Februar pflanzte die Stadt den Freiheitsbaum auf und
erklärte sich von Bern
unabhängig. Aarau wurde nun provisorischer Sitz der helvetischen Regierung und nach der Mediationsakte
von 1803 Hauptort des neuen Kantons Aargau.
Aarau
ist der Heimatort mehrerer berühmter Männer: Joh. Rud. Meyer (1739-1813) führte neue Industriezweige
ein und gründete die Kantonsschule. Franz Xaver Bronner (1758-1850), Verfasser von Idyllen, Professor an der Kantonsschule,
Kantonsbibliothekar und Staatsarchivar, schrieb ein vorzügliches Werk über den Kanton Aargau.
Albert Rengger (1764-1835), helvetischer
Minister. Augustin Keller (1805-1883), berühmter Staatsmann und Pädagoge. Vital Troxler, Professor und Schriftsteller.
Abraham Em. Fröhlich, Fabelndichter. Tanner, Dichter. Jak. Frey (1824-1875), Verfasser von Schweizernovellen.
Kurz, Professor an der Kantonsschule. Dr. Rochholz, Antiquar. Dr. Rud. Rauchenstein, Rektor und Philologe. Joh. Herzog, Staatsmann,
Gründer von Industrien. General Herzog. Bundesrat Frey-Herosé. Nationalrat Feer-Herzog, eine Autorität in Münzfragen.
Ferdinand Rud. Hassler (1770-1843), berühmter Ingenieur, Direktor des Coast-Survey der Ver. Staaten Amerikas.
Bundesrat Dr. Emil Welti.
Der Geschichtschreiber u. Schriftsteller Heinr. Zschokke, geboren in Magdeburg im Jahre 1771, hat in Aarau den grössten
Teil seines Lebens zugebrachter, ist 1848 dort gestorben. Die Stadt hat ihm, ebenso wie Augustin Keller, ein Denkmal errichtet.
Bezirk (Kt. Bern).
Flächeninhalt 15370 ha. Bevölkerung im Jahr 1888: 16788 Seelen, pro km2 109 E.
Hauptort: Aarberg. Der Bezirk besteht aus den folgenden 12 politischen Gemeinden: Aarberg, Bargen, Grossaffoltern Kallnach,
Kappelen, Lyss, Meikirch, Niederried, Radelfingen, Rapperswil, Schüpfen und Seedorf. Bargen bildet mit Aarberg eine Kirchgemeinde,
Niederried ebenso mit Kallnach. ^[Berichtigung: Aarberg bildet eine eigene Kirchgemeinde für sich.] Der
Bezirk befindet sich zum grössten Teil in dem durch die Aare und den Lyssbach gebildeten Dreieck. Im N. dehnt sich der Bezirk
aber auch auf der andern Seite der Aare über das grosse Moos aus und umfasst überdies im O. das hügelige Land bis zum Fuss
des Bucheggberges, in dessen Mitte der Frienisberg, 826 m. steht. Die tiefste Einsenkung ist bei Lyss, 449 m.
Der Hagneckkanal verlässt die alte Aare bei Aarberg. Die 16788 E. sind vorwiegend Bauern, sie bewohnen 2407 Häuser und
mehr
bilden 3369 Haushaltungen. Der Hauptteil der Bevölkerung ist protestantisch; man zählt 60 Katholiken und 32 Juden. Von den
Einwohnern treiben 3714 Ackerbau, 2337 ein Handwerk und 1734 finden durch verschiedene Industriezweige Beschäftigung. Der
Ackerbau bildet die Haupterwerbsquelle. Der Boden, durch die lehmigen und sandigen Ablagerungen aus der Gletscherzeit (Rhonegletscher)
gebildet, ist sehr fruchtbar.
Der obere Teil des Frienisberges ist mit schönen Tannen- und Buchenwäldern bewachsen. Das produktive Land umfasst:
ha.
Äcker und Gärten
6673
Wiesen und Obstgärten
3460
Wälder
4167
Total:
14300
das sind 93% des ganzen Bodens. Die Äcker werden bepflanzt wie folgt:
ha.
Getreide auf
2460
Runkelrüben auf
1707
Kunstfutter auf
2369
Verschiedene Gewächse auf
137
wie oben:
6673
Infolge Gründung einer Zuckerfabrik in Aarberg wird die Kultur der Runkelrübe in Zukunft eine grössere Ausdehnung annehmen.
Im Jahr 1898 hat der angebaute Boden produziert:
q pro ha.
Runkelrüben und Kohl
360,-
Getreide
19.80
Kunstfutter
81.30
Gutes Wiesenheu
100
Die Viehzählung weist folgende Zahlen auf:
1876
1886
1899
Hornvieh
6682
8442
9498
Pferde
1101
1172
1221
Schweine
4484
5733
7898
Ziegen
2435
2992
2746
Schafe
2434
1937
927
Bienenstöcke
1303
1775
1527
Die Hauptindustrie des Bezirkes bilden die Uhrenfabriken in Lyss. In Schüpfen, Lyss, Rapperswil, Aarberg
und Radelfingen sind Ziegelbrennereien, welche ihr Material aus den zahlreichen Thongruben der Umgegend beziehen. In Lyss grosse
Fabrik künstlicher Bausteine aus Zement. Der Bezirk setzt grosse Hoffnungen auf die Zuckerindustrie mit Beihülfe des
Staates.
Der Bezirk Aarberg wird von 2 Eisenbahnen durchzogen, derjenigen Biel-Lyss-Bern und derjenigen Murten-Aarberg-Lyss-Neu-Solothurn
(Jura-Simplonbahn).
Die wichtigsten Strassen I. Klasse sind diejenigen von Bern-Aarberg-Biel und Aarberg-Anet-Neuchâtel.
Städtchen (Kt. Bern).
Gem.
und Hauptort des gleichnamigen Bez. Liegt am rechten Ufer der Aare, direkt am Einfluss in den
Hagneckkanal, 458 m. 128 Häuser, 250 Haushaltungen und 1250 E. von denen 1200 protestantisch, 7 katholisch und 28 israelitisch.
Ursprünglich bestand die Stadt aus einer einzigen Strasse, die über die Aarebrücke führt und die so breit ist, dass sie
einem grossen Platze gleicht. Im S.-O. liegt die Kirche und das Schloss, letzteres früher die Residenz der Grafen von Aarberg,
aber seit lange Sitz der Bezirksverwaltung. Aarberg ist eine Eisenbahnstation an der Linie Solothurn-Lyss
und Aarberg-Murten. Es ist auch der Knotenpunkt der Linien von Neuchâtel, Bern,
Murten, Solothurnund Biel. ^[Berichtigung: Station der Linie
Lausanne-Payerne-Lyss. Sehr interessante alte gedeckte Holzbrücke aus dem Jahre 1557.]
Das Hotelwesen, früher sehr bedeutend, hat seit der Errichtung der Eisenbahnen sehr abgenommen. Die
Zahl Wirtschaften hat eher zugenommen. Wichtiger Vieh- und Kornmarkt. Einzige Zuckerfabrik in der Schweiz, gegründet im Jahr 1898. Kapital 1500000
Fr. Täglicher Verbrauch von 3500 kg. Runkelrüben. Man hofft, bis auf 7000 kg. verarbeiten zu können. 250 Arbeiter sind
in dieser Fabrik beschäftigt, die Stock-, Stampf- und Mehlzucker herstellt. Die Bernerregierung interessiert
sich für das Unternehmen und zahlt den Besitzern von Runkelrübenkulturen pro 100 kg. Rüben 10 Rp. Prämie.
Die «Bargener Schanzen» ganz nahe bei der Stadt sind alte Wälle; ebenso befinden sich da die Spuren einer römischen
Strasse, die einst Aventicum mit dem unteren Aarethal verbunden hat. Im Jahre 1351 erwarb die Stadt Bern
Aarberg von einem seiner Grafen.
Stadt des Kt. Aargau,
Bez. Zofingen
auf dem rechten Aareufer an einem Engpass des Flusses, 405 m. 2059 E. Abzweigungspunkt der
Eisenbahnlinien nach Luzern
und nach Bern.
Postbureau. Telegraph und Telephon.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Aarburgs sind die Burg und die Kirche mit ihren 2 Glockenthürmen,
beide auf einem erhöhten Felsen; die neue Kirche mit ihren schlanken Thürmen. Gemischte Sekundärschule. Erziehungsinstitute
für Knaben und Mädchen. Korrektionsanstalt für Knaben in der alten Festung. Früher war der Warentransport zu Wasser, besonders
der Waadtländerweine eine Einnahmsquelle wie auch das Flössen von Schiffsbauholz. Heute haben sich neue
Industriezweige eingebürgert: Strickerei, Spinnerei und Weberei, Hemden-, Seiden-, Bürstenfabrikation, Möbel-, Cartonage-
und Korbfabriken, Kesselschmiden, Cigarrenfabrikation, Herstellen von elektrischen und mechanischen Apparaten.
Aarburg, schon im Jahr 800 von Mauern umgeben,
mehr
verdankt seine Entstehung der Burg, von der es den Namen hat. Da Aarburg, durch seine Lage nicht nur den Wasserweg der Aare,
sondern auch die Strasse vom Gotthard zum Jura beherrscht, ist seine strategische Wichtigkeit derart, dass schon die Römer
da ein Kastell errichteten. Die Barone von Aarburg besassen ausser der Stadt und dem Schlosse noch das
Dorf Oftrigen und zahlreiche Güter. Stadt und Schloss kamen nach einander unter die Herrschaft der Grafen von Frohburg, der Söhne
Alberts I. (1299), unter diejenige der Familie der Kriechen, und endlich 1584 unter Bern.
Die Berner erbauten die Festung (1660),
deren Wälle zum Teil zerstört wurden und welche später als Zeughaus und jetzt als kantonale Strafanstalt
benutzt wurde.
Aarburg und die Ortschaften des Wiggerthales (mit Ausnahme von Zofingen)
waren unter der Herrschaft eines Amtmanns bis zum Jahr 1798,
da der Aargau
unabhängig wurde.
Nach der Feuerbrunst im Jahr 1818 und der im Jahr 1844 wurde Aarburg jedesmal schöner aufgebaut als
es gewesen.
(Kt. Bern,
Solothurn,
Aargau).
Gleiche Etymologie wie Aa. Hauptzufluss des Rheins. Das Flussgebiet der Aare nimmt mit 17617 km2, von denen 4850 km2^[Berichtigung: 440 km2] auf Gletscher entfallen, 2/5 der Gesamtoberfläche der Schweiz ein. Es erstreckt sich von den
Alpen bis zum Jura und umfasst beinah das ganze schweizerische Alpenvorland. (Vergl. Kärtchen.)
Die Hauptzuflüsse der Aare sind:
Linke Seite: 1. Die Lütschine. 2. Die Kander (und Simme). 3. Die Saane (und Sense). 4. Die Zihl (mit Orbe, Areuse, Broye). 5. Die
Schüss. 6. Die Dünnern.
Rechte Seite: 1. Die grosse Emme. 2. Die Wigger. 3. Die Suhr. 4. Die Hallwiler Aa. 5. Die Reuss (Aa, kleine Emme,
Muotta, Lorze). 6. Die Limmat (Seez, Sihl, Reppisch).
Die Gesammtlänge der Aare beträgt 485 km, ihre Tiefe unterhalb Thun 1-3 m, bei Koblenz bis 6 m., die mittlere Geschwindigkeit
1,5-2 m. pro Sekunde.
Entsprechend den drei grossen geographischen Einheiten der schweizerischen Landschaft: Alpen, Mittelland und Jura, die auch
der Aare und dem Aarethal das charakteristische Gepräge verleihen, teilen wir den Lauf der Aare in 3 Abschnitte:
1. Alpiner Anteil vom Oberaargletscher bis Thun.
2. Mittelschweiz. Anteil von Thun bis Aarburg.
3. Jurassischer Anteil
von Aarburg bis zur Mündung.
1. Alpiner Anteil.
Die Aare entspringt an den beiden Aargletschern (siehe diese), deren Abflüsse man beide als Quellen der Aare betrachten kann,
wenn schon der Gletscherbach des Oberaargletschers denselben bei 2243, derjenige des Unteraargletschers bei 1879 m. verlässt.
Gemeinsam durchmessen sie, zahlreiche Arme bildend den steinigen und flachen alten Gletscherboden des
Unteraargletschers (Aarboden und Spitalboden). Im Angesicht des Grimselhospizes stürzt sich die junge Aare, vermehrt um den
Abfluss des Grimselsees, stäubend und tosend in die Schlucht der Spitallamm, welche der Fluss zwischen den steilen, vom alten
Aargletscher abgerundeten Ausläufern des Juchlistockes 2586 m. und dem Spitalnollen 1981 m. eingeschnitten
hat.
Hier, wo der alte Saumweg und die neue Strasse dem Felsen völlig abgerungen werden mussten, bleibt die Aare bis weit in den
Sommer hinein vom Lawinenschnee bedeckt. Ein früherer Aarelauf ging auf der rechten Seite des Nollens an der Stelle des heutigen
Hospizes und der Seen vorbei und gewann das eigentliche Haslithal über den niedern Sattel 1900 m. zwischen dem Nollen und den
Hängen des Nägelisgrätli, welcher Einschnitt heute noch der grössern Sicherheit vor Lawinen halber von winterlichen Besuchern
der Grimsel eingeschlagen wird.
Als richtiges, wildes Bergwasser mit grosser erodierender Kraft fliesst die Aare in meist tief gegrabener
Schlucht, nur im kleinen Becken des Rhäterichsboden kurz sich erholend, bis zur Thalstufe der Handeck. Von Zuflüssen hat
sie erhalten links den Bächlisbach vom gleichnamigen Gletscher und rechts, wenige Minuten ob der Handeck, den in wilden Fällen
herabstürzenden Gelmerbach, den Abfluss des 400 m. weiter oben in einsamer Felsennische gebetteten Gelmersees.
Die Handeck bezeichnet eine deutliche Thalstufe, wo der Thalboden in steilem Abfall sich um 140 m. erniedrigt. Ein Hauptstück
dieses plötzlichen Niveauunterschiedes durchmisst die Aare in dem 46 m. hohen altberühmten Handeckfall, der, früher eine
der zu bezahlenden Schönheiten des Berneroberlandes, seit Erbauung der Strasse für jedermann sichtbar
ist. Mit der Aare stürzt sich der links seitlich einmündende Aerlenbach (Abfluss des Aerlengletschers) in die grausige Tiefe.
Von der Handeck bis Innertkirchen hat die Aare
mehr
stetsfort den Charakter eines Wildwassers. Ihr Thal, das Haslithal, ist steil eingeschlossen von himmelhohen Granitwänden,
die nur bei dem freundlichen Thalkessel von Guttannen etwas auseinander treten. Bei Innertkirchen aber öffnet sich das Thal
zu einem breitern Becken und aus dem Gadmenthal von rechts, dem Urbachthal von links empfängt die Aare
starke Zuflüsse. Hier verlässt sie auch das Urgebirge und tritt in die Zone der nördlichen Kalkalpen. Ein Felsriegel aus
hartem Jurakalk, das Kirchet, schliesst hier das Thal vollständig ab und scheint dem Fluss jeglichen Ausgang zu verwehren.
Die Aare aber hat sich einen Weg hindurchgebahnt und durchquert diese Barriere in einer canonartigen,
engen Schlucht (Lamm); es ist die berühmte Aareschlucht bei Meiringen. Merkwürdigerweise hat die Aare diese Schlucht keineswegs
auf der tiefsten Einsattelung des Felsrückens eingeschnitten, der die Strasse folgt. Der diluviale Aaregletscher dessen
Moränenblöcke noch auf dem Kirchet herumliegen, mag sie von dieser bereits angefangenen Furche gegen O.
abgedrängt haben.
Die Aareschlucht ist, seit sie zugänglich gemacht worden, eine «great attraction»
des Berneroberlandes und ^[Note:] über kurz oder lang wird man auch die Landstrasse durch die Schlucht führen, um die zeitraubende
Steigung über den Riegel des Kirchets abzuschneiden. Die Becken und Thalstufen von Innertkirchen, Guttannen, Handeck und Rhäterichsboden
verdanken übrigens der Gletscherzeit ihre Entstehung, worauf schon hinweist, dass sie an denjenigen Punkten des Haslithals
gelegen sind, wo Seitengletscher zum alten Aargletscher stiessen und wo heute noch die Abflüsse der entsprechenden geschwundenen
Eisströme in die junge Aare sich ergiessen.
Nach Passierung der Aareschlucht eilt die Aare, immer noch rasch fliessend, in korrigiertem Bett bei Meiringen
vorbei durch eine ca. 2 Stunden lange
ebene Thalfläche zum Brienzersee. Der ganze Thalboden von Meiringen bis Brienz ist von
der Aare aufgeschüttet worden; die Wellen des Brienzersees brandeten einst an den Felsen des Kirchets, dann baute die Aare
ein Delta in den See; dieses rückte im Laufe der Zeiten immer weiter thalabwärts und nahm die ganze
Thalbreite (2 km) ein.
Auf dem angeschwemmten Boden floss die Aare in Serpentinen träge dahin, bei Hochwasser alles überschwemmend und das Land
der Versumpfung und Vertorfung überlassend. In den Jahren 1866-75 wurde ihr Lauf mit Hülfe des Bundes
auf einer Strecke von 12,75 km korrigiert, und sie erhielt dadurch ein Gefälle von durchschnittlich 3,36‰, welches sie
befähigt, alle Geschiebe in den Brienzersee hinauszuschaffen (Kosten 1208000 Fr.). Später wurde die Aare auch noch weiter
flussaufwärts im Becken von Innertkirchen eingedämmt. Mit dem Eintritt in den Brienzersee 566 m hat die
Aare ihren Charakter als Wildwasser verloren. Auf der bisherigen Strecke von 36 km hat sie ein Gefälle von 1677 m aufzuweisen.
Das 14 km lange, eigentümlich blaugrüne Becken des Brienzersees liegt eingebettet in einem Längsthal zwischen der Kreidekette
des Brienzergrates und den steilen Abstürzen der aus jurassischen Ablagerungen gebildeten Faulhorngruppe,
aus deren Centrum herkommend der Giessbach in einer Reihe malerischer Wasserfälle sich in den See stürzt. Am Westende des
Brienzersees bei Bönigen mündet die Lütschine, das wilde Bergwasser des Lauterbrunnen- und Grindelwaldthales.
Sie soll früher im Bödeli in die Aare geflossen und wegen ihrer Ueberschwemmungen von den Mönchen des
Klosters Interlaken in den Brienzersee abgeleitet worden sein. Die häuserbesäet Ebene zwischen Brienzer- und Thunersee, das Bödeli,
ist ein Anschwemmungsprodukt von Lütschine und Lombach, deren gewaltige Schuttkegel von Süden und von Norden
mehr
her einander die Hand reichen. An die tiefsten und von Aufschüttung freigebliebenen Stellen gedrängt, verlässt deshalb
die Aare den Brienzersee zu äusserst rechts an den Brienzergrat sich anschmiegend, dann geht sie quer über das Bödeli und
mündet nach 5 km. langem, bei Anlass der neuen Hafenanlage von Interlaken korrigiertem Laufe, dem Lombachschuttkegel
ausweichend, an der linken Thalseite in den Thunersee. Vergl. Kärtchen.
Den Niveauunterschied der beiden Seen und das daherige Gefälle von 6,2 m. benutzen die Gemeinden Interlaken und Unterseen zu
industriellen Anlagen. Auf dem Bödeli als dem Verkehrs-Centrum des Berneroberlandes ist das weltberühmte Interlaken entstanden.
(Vergl. Art. Interlaken.)
Im Gegensatz zum Brienzersee, dem Gebirgssee par excellence, gehört der ungefähr gleich grosse Thunersee
(18 km. lang) zu den alpinen Randseen und seine Ufer zeigen namentlich in der unteren Hälfte offenes Gelände. Er erhält
zwei wichtige Zuflüsse, 1. den bereits erwähnten Lombach, ein Wildwasser schlimmster Art, das in den weichen Flyschschiefern
des Habkernthales stark erodiert und 2. bei Einigen die Kander. Auch diese hat ein grosses Delta in den See hinausgebaut und
zwar erst seit 1714, da sie vorher, durch die grosse Moräne von Strättlingen vom See abgeschnitten, erst unterhalb Thun in
die Aare mündete.
Stete Stauungen und Ueberschwemmungen durch die veränderliche und gefährliche Kander veranlasste die
Regierung von Bern,
den Fluss in den Thunersee abzuleiten. Bei den Vorarbeiten und der Vermessung des Sees ergab sich, dass an der
Stelle des heutigen bereits ein altes Delta existierte, das abgelagert worden war, bevor die Kander durch die Moräne abgelenkt
wurde. Durch Vergleichung des anno 1712 vermessenen mit dem heutigen Delta erhielt die Wissenschaft einmal
eine genaue Angabe für die Masse von Geschiebematerial, die Kander und Simme in einer bestimmten Zeit in den See führten und
damit auch einen Wert für die Abtragung der Gebirge im Einzugsgebiete dieser beiden Flüsse. (Vergl. Steck: Die
Denudation im Kandergebiet. Jahresb. der geograph. Ges. v. Bern
1891/92.)
Der Abfluss der Aare aus dem Thunersee wird reguliert durch eine 3 m. hohe Schleuse. In zwei Armen durchfliesst sie raschen
Laufes das Städtchen Thun, zwischen sich den Stadtteil des Bälliz einschliessend.
2. Mittelschweizerischer Anteil.
Bei Thun verlässt die Aare die Alpen und betritt das mittelschweizerische Alpenvorland, die sog. schweizerische
Hochebene. Sie durchquert zunächst diese Zone bis an den Fuss des Jura, dann folgt sie dessen südlichsten Ketten bis Aarburg,
wo sie, eine neue Phase ihres Laufes beginnend, in den Jura eintritt. Der Verlauf des Flusses wie die Physiognomie
seiner Thallandschaft sind in diesem mittlern Teile wesentlich bedingt durch den Plateaucharakter der meist horizontal liegenden
Molasse und durch die Ausgestaltung, welche das durch die Flüsse bereits vorgearbeitete Relief dieser Platte durch die Gletscher
der Eiszeit erfahren hat. Bald wiegt das eine vor, bald das andere, bald ist ihr Einfluss gemischt und
darnach ist auch das Landschaftsbild des Aarelaufes ein sehr verschiedenes, was auch dem Laien auffällt und infolge grösserer
oder geringerer Wirksamkeit auch für die Anlage der Siedelungen bestimmend gewesen ist.
Unterhalb Thun wendet sich die Aare nach N., durchfliesst zunächst einen alten Seeboden des Thunersees (Allmend), empfängt
dabei von rechts die bei Gewittern sehr wilde Zulg, während links ein Wald im sog. Kandergrien die Stelle
bezeichnet, wo bis anno 1714 die Kander ihre trüben Fluten in die Aare wälzte. Nahe der Eisenbahnstation Uttigen, wo die
Bahn die Aare überschreitet, bezeichnet der Hügel des Thungschneit das alte Nordufer des einstigen,
grössern Thunersees.
Von da ab ist das Aarethal eine ebene, mindestens 1 km. breite Kiesfläche, auf der der Fluss früher in zahlreichen Armen
und Serpentinen dahinfloss; jetzt hält er sich in künstlich abgedämmten Bett, an den Belpberg sich anschmiegend stets auf
der linken Thalseite. Das neu gewonnene und gesicherte Land aber wird bereits intensiv kultiviert und
bebaut (Irrenanstalt Münsingen). Auch das grosse Becken des Belpmooses ist seit der Korrektion der Aare der Kultur erschlossen
worden. Es wird nördlich begrenzt durch
Kiesterassen und Moränen, in welche die Aare sich eingeschnitten hat bis nach der
nur 3 km. entfernten Stadt Bern.
Von Zuflüssen der Aare zwischen Thun und Bern
sind ausser den bereits erwähnten noch zu nennen, rechtsseitig die Rotachen und
der Kiesenbach, linksseitig die Gürbe, welche ebenfalls kanalisiert, das dem Aarethal parallel laufende, zwischen Belpberg
und Längenberg gelegene grosse Gürbethal durchfliesst, ein Thal das jedenfalls nicht von der Gürbe, sondern
zur Eiszeit von der vereinigten Kander und Simme gebildet und durch den Gletscher noch weiter ausgeschliffen worden ist. Es
öffnet sich bei Belp in das oben erwähnte Becken, welches Gürbe und Aare separat durchfliessen und erst am Ausgang sich
vereinigen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der jetzige Charakter des Aarethales von Thun nach Bern
als einer offenen,
flachen Thallandschaft mit dem breiten Thalboden und dem Abschluss durch die Moränen von Bern,
nach der ursprünglichen Ausarbeitung
durch den Fluss in den Molassenschichten wesentlich durch die Thätigkeit des diluvialen Aaregletschers und seiner Abflüsse
zur Zeit der letzten Eisperiode modifiziert worden ist (Vergl. Karte des diluvialen Aaregletschers).
Eine total andere Physiognomie bietet die Aare in der folgenden Strecke von Bern
bis Aarberg. Zahlreiche Schlingen bildend, hat
sich die Aare in den Sandstein der Molasselandschaft ein tiefes, oft schluchtartiges Bett eingegraben. Bern
selbst steht auf Molassefels,
der allerdings eine dünne Decke von Kies oder Moräne trägt. Moräne kleidet auch die Gehänge der Aareschlinge
aus, welche die Stadt auf drei Seiten einschliesst, was das voreiszeitliche Alter des Flussbettes beweist.
Als Typus einer mittelalterlichen Stadtanlage, die den natürlichen Graben des Flusses als Schutz benützt, erhebt sich das
alte Bern
auf dem vorspringenden Sporn der ersten Aareschlinge und sucht die einst so vorteilhafte, jetzt
mehr und mehr unbequeme Isolierung durch den Bau stolzer Brücken auszugleichen, von denen nicht weniger als 7, darunter 4 stolze
Hochbrücken die Aare oder das Aarethal überspannen. Ein grosses Stauwehr (Schwelle) führt am untern Stadtteil (Matte) das
Hauptwasser der Aare in einen vielfach benutzten Gewerbekanal.
Nördlich von Bern
macht die Aare eine interessante 9 km. lange Schlinge, deren Endpunkt nur 550 m. vom Anfangspunkt entfernt
ist, dann wendet sie sich gegen Westen. Diese Westumbiegung der Aare und ihr Uebergreifen in das Flussgebiet der Saane ist
eines der merkwürdigsten Phänomene des Aarelaufes. Zwar ist es nicht immer so gewesen; als zur Eiszeit
der Rhonegletscher in der Nähe von Bern
endigte, fanden die Gewässer des Aaregletschers ihren Abfluss gegen Norden in der Richtung
gegen Jegenstorf-Utzenstorf-Wangen, da wo jetzt z. T. die Emme durchfliesst.
Diese breite Thalfurche ist jedenfalls ein alter Aarelauf wie auch das Thal von Münchenbuchsee nach Lyss,
dessen schwacher Bach zu der Breite und Tiefe des Thales in keinem Verhältniss steht. Der Lauf nach Westen muss aber doch schon
vor der Gletscherzeit bestanden haben, und die Aare ist nach dem Verschwinden des Rhoneeises, abgedrängt durch die Moränen
nördlich von Bern,
wieder in ihre alte Richtung gekommen, die sie seither beibehalten hat. Oft schluchtartig
in das Molasseplateau eingesenkt, oft Serpentinen bildend, unterwegs die in gleichartiger Thallandschaft von Süden herkommende
Saane aufnehmend, fliesst sie, dem Blick gleichsam entzogen von Bern
bis Aarberg, wo sie in die ausgedehnte Niederung des Seelandes
hinaustritt.
Diese Ebene, das sog. grosse Moos ist nur ein Teil der grossen Senke am Südrand des Jura, welche sich von
Entreroches bei La Sarraz bis Solothurn
hinerstreckt und das ganze Gebiet der 3 Seen samt dem Broyethal umfasst. Da die Niveauunterschiede
äusserst geringe sind: Entreroches 445 m., Solothurn
430 m., Entfernung beider Orte ca. 100 km., und die Aare namentlich
bei Büren grosse Schottermassen angehäuft hat, so waren Ueberschwemmungen und Verwandlung der ganzen Senke in einen einzigen
See keine Seltenheit bis zur Fertigstellung der Juragewässerkorrektion.
Ausgenommen vielleicht die Rheinkorrektion im St. Gallischen Rheinthal, ist kein solches Werk von ähnlicher Bedeutung in
der Schweiz angeführt^[Berichtigung: ausgeführt] worden. Mangels jeglichen Gefälles bewegte sich die
Aare von
mehr
Aarberg ab, in viele Arme sich zerteilend und zahlreiche Schlingen bildend, dem Ostrande des grossen Mooses entlang gegen
Büren hin, wo die ebenfalls träge dahin schleichende alte Zihl, der Ausfluss des Bielersees, sich mit ihr vereinigte. Die
Ueberschwemmungen bei Hochwasser der Aare und lange andauernden Regenperioden führten schon in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts zu Versuchen, durch Korrektionsarbeiten dem Uebel zu steuern. Die grosse Ueberschwemmung von 1816 veranlasste
dann die Regierung von Bern,
durch den badischen Ingenieur Tulla eine Expertise vornehmen zu lassen, deren Vorschläge aus Mangel
an Beteiligung seitens der andern Kantone nicht zur Ausführung kamen.
Infolge politischer Wirren unterblieben weitere Schritte bis 1834, in welchem Jahre wiederum im Auftrage
der Berner Begierung, Lebwel ein Gutachten über die Austrocknung des Seelandes abgab. Auch seine Propositionen wurden verlassen. 1835 tauchte
zum erstenmal die Idee auf (Merian), die Aare in den Bielersee abzuleiten, um so der stetigen Schotteranhäufung bei Büren
und damit der Stauung des Wassers Einhalt zu gebieten. Der Staat Bern
überliess indessen im Jahre 1839 die
Initiative einer zu bildenden Aktiengesellschaft. Diese berief 1840 den Kantonsingenieur von Graubünden
La Nicca. Nach eingehenden Studien
machte derselbe im Jahre 1842 folgende Vorschläge: 1. Ableitung der Aare von Aarberg via Hagneck in den
Bielersee. 2. Stauwehr an der Rappenfluh bei Aarberg, welches etwas Oberwasser in die alte Aare entlässt.
3. Führung von Aare und Zihl von Nidau nach Büren in korrigiertem Bett. 4. Korrektion der obern Zihl und untern Broye. 5. Entwässerung
des grossen Mooses. - So wurde die Idee Merians, den Bielersee zum Regulator der Gewässer zu machen, wieder
aufgenommen. Es sollte aber noch lange gehen, bis das Projekt La Nicca zur Ausführung gelangte. Nachexpertisen, Abänderungsbeschlüsse,
die Kriegsereignisse von 1847/48, Finanzschwierigkeiten, Uneinigkeit der Kantone, Zwischenprojekte für partielle Korrektionen,
Vorschläge für Teilung der Aare bei Aarberg etc. etc. erfüllten die Zeit bis 1863, in welchem Jahr
der Bundesrat das revidierte Projekt von La Nicca und Bridel guthiess und eine eidgenössische Subvention von 4760000 Fr.
an die auf 14 Millionen Fr. veranschlagten Baukosten proponierte.
Nochmals versuchte die Opposition unter General Ochsenbein, das Projekt, zu gunsten einer partiellen Korrektion zu Falle zu
bringen, bis endlich im Jahre 1867 die Kantone sich verständigten und die Bundesversammlung definitiv 5 Mill.
der Baukosten übernahm. 1868 wurde der Hageneckkanal begonnen und genau 10 Jahre später floss die Aare in den Bielersee. 1889 war
das letzte Kanalstück Meienried-Büren fertig und somit das ganze Werk nach 20 jähriger Arbeit vollendet.
Dasselbe hat gehalten, was es versprach, die Ueberschwemmungen haben aufgehört und das ungeheure Gebiet des grossen Mooses
wie das Thal der obern Zihl und der untern Broye sind definitiv der Kultur erschlossen. Die Kosten beliefen sich auf 17400000
Fr. Allerdings erweist sich der Kanal Nidau-Büren als etwas zu eng, indem bei Hochwasser der Aare und
anhaltendem Regenwetter der Bielersee derart ansteigt, dass die Zihl in den Neuenburgersee sich ergiesst statt umgekehrt und
auch dieser aus Mangel an jeglichem Abfluss seine Ufer überflutet.
Man glaubt diesem Uebelstand durch Anlegung einer Schleuse zwischen Neuenburger und Bielersee, Teilung der Aare bei Aarberg
und Korrektion der Schlingen zwischen Büren und Solothurn
abhelfen zu können.
Von Solothurn
429 m bis Aarburg 392 m folgt die Aare dem Fusse des Jura. Sie weist auf dieser Strecke wieder ein stärkeres Gefälle
auf und zwar sprungweise z. B. bei Attisholz, unterhalb Solothurn,
bei Wangen a/d. Aare, bei Winau und oberhalb Aarburg.
Die beiden letztern Stellen sind
deshalb bereits zur Anlage der Elektrizitätswerke von Winau und Ruppoldingen benutzt worden,
für das Gefäll von Wangen ist eine ähnliche Anlage projektiert. Bei Wangen durchschneidet die Aare die grossen Endmoränen
des Rhonegletschers aus der letzten Eiszeit; ja diese Schuttwälle haben den Fluss von seinem ursprünglichen
Bette, das im jetzigen Thale der Dünnern gegen Olten zu ging, in die jetzige Richtung abgedrängt. Von bedeutenderen Zuflüssen
empfängt die Aare auf der Strecke Solothurn-Aarburg die grosse Emme unterhalb Solothurn,
die Langeten bei Murgenthal, die Pfaffnern und
die Wigger vor Aarburg. Auf der Strecke Biel-Aarburg treffen wir auch zum ersten Mal eine Reihe grösserer
Ortschaften direkt am Flusse wie: Büren, Solothurn,
Wangen, Aarwangen, Aarburg. Hier ist die Aare als Verkehrsweg für die Anlage der Siedelungen
bestimmend geworden.
3. Jurassischer Anteil.
Bei Aarburg wendet die Aare sich nordwärts und durchbricht in einer Kluse die südlichste Jurakette Born-Engelberg.
Bei Olten 386 m, wo sie die Dünnern aufnimmt, gewinnt sie wieder ihr ursprüngliches, voreiszeitliches Thal, das bis Wildegg
den südlichen Juraketten entlang führt. Zunächst durchfliesst sie in vielen Windungen die fruchtbare Ebene des Niederamtes;
bei Schönenwerd ermöglicht die Ausnützung des Gefälles durch eine Stauwehr den Betrieb der grossen
Schuhfabriken der Gebr.
Bally, 5 km, unterhalb Schönenwerd bespült die Aare die Garnison- und Fabrikstadt Aarau, 364 m, wo ein Kanal das durch Abschneiden
einer grossen Schlinge gewonnene Gefälle ebenfalls der Industrie nutzbar macht. Unterhalb Aarau empfängt die Aare die Suhr
und bei Wildegg die Aa, den Abfluss des Hallwilersees. Nun wendet sich die Aare wieder nordwärts, durchbricht
in breitem Querthal zwei Juraketten, deren eine die Habsburg trägt, geht bei Schinznach noch einmal in die N.-E.
Richtung über, passiert das malerische Städtchen Brugg und erhält unterhalb desselben, wo sie sich definitiv nordwärts
wendet, ihre beiden gewaltigsten Zuflüsse: die Reuss und 1 km unterhalb die Limmat. Dann quert die Aare
von Lauffohr bis Coblenz die hier dicht gedrängten Juraketten. In dem meist gegen 3 km breiten Thal hat sie grosse Schottermassen
abgelagert, auf denen sie sich im vielfach gewundenen Lauf und oft Ueberschwemmungen veranstaltend hin und herverlegte, bis
sie auf einer Strecke von 7187 m von Böttstein bis zur Mündung eingedämmt wurde und nun mit einem Gefälle
von 1,2‰ ihre Wasser- und Geschiebemassen dem Rhein zuführt. Die Mündung liegt zwischen den Ortschaften Coblenz und Waldshut
und ist derart, dass eher der bedeutend kleinere Rhein sich in die Aare zu ergiessen scheint (Aare 508 m3
Rhein 425 m3 pro Sekunde im Durchschnitt).
Kanton. Dieser Kanton liegt zwischen 25° 22' u. 26° 7' östl. Länge (v. Greenwich) u. 47° 8' u. 47° 37'
nördl. Breite. Er wird begrenzt im O. durch Zürich
und Zug,
im S. durch Luzern,
im W. durch Bern,
Solothurn
und Baselland, im N. trennt der
Rhein ihn vom Grossherzogtum Baden.
Seine Ausdehnung vom O. nach W. beträgt 60 km, von N. nach S. 45 km, sein Flächeninhalt
1404,1 km2.
Der Aargau
wird durch die Aare in zwei Teile geteilt, der südöstliche gehört dem schweiz. Mittelland
an, der nordwestliche
dem Juragebiet.
Die Hügel der Hochebene, hauptsächlich aus Sandstein und Nagelfluh bestehend, sind nicht hoch, ihre Abhänge
sind mit schönen Wiesen bekleidet, und grössere oder kleinere Dörfer liegen malerisch auf ihren Höhen.
Die wichtigsten
der letztern sind: Der Heitersberg, 655 m, mit dem Egelsee und der Hasenberg, 784 m, zwischen der Reuss und
der Limmat;
der Waggenrain, 493 m, zwischen der Bünz und der Reuss;
der Lindenberg bei Muri,
833 m, mit einer Länge von ca. 20 km,
der Staufberg, 520 m, der Goffersberg, 511 m.
bei Lenzburg,
der Homberg 791 m. (der aargauische Rigi) im W. des Hallwilersees;
der Sauerberg, 606 m., zwischen der Wina und der Suhr;
der
Schiltwald, 800 m., zwischen dem Ruederthal und dem Suhrthal;
die Hochwacht, 587 m. bei Mühlethal, mit prächtigem Ausblick
auf das Aarethal und die Alpen, und zuletzt der Boowald, 525 m. dem Pfaffnernthal und Murgthal entlang.
Das Juragebiet wird durch Längskelten gebildet, welche höher sind als die Hügel der Hochebene. Zwischen diesen Ketten
ziehen sich schmale, mit Dörfern übersäete Längsthäler dahin. Gegen den Rhein hin nehmen die Berge an Höhe ab, die Abhänge
sind weniger steil und die Gipfel sind öfters breit und flach. Man unterscheidet beim aargauischen Jura
drei Ketten: Eine Vorkette, eine südliche und eine nördliche Hauptkette. Die Vorkette liegt rechts von der Aare und beginnt
bei Aarburg mit dem Schlossberg, 450 m., zieht sich von hier über die beiden Wartburgen mit Sälischloss, 667 m. und
endigt im N. mit dem Engelberg, 714 m.
Gegen Aarau
werden die Berge niedriger. Die Südkette enthält folgende Hauptgipfel: Der Brunnenberg, 774 m., der Achenberg 716 m.,
der Homberg, 790 m., die Gislifluh, 774 m. und auf dem rechten Aareufer der Kastenberg mit den Schlössern Wildegg und Brunegg.
Zu der nördlichen Kette gehören: Die Geissfluh, 960 m., die Wasserfluh, 871 m., der Asper-Strichen, 868 m.,
der Schenkenberg, 632 m., der Sinnberg, 731 m. und der Bruggerberg 525. In der gleichen Kette auf der Ostseite finden sich:
Der Wülpelsberg, 514 m. mit der Habsburg, der Eitenberg, 504 m. bei Mülligen, jenseits der Reuss das Gebensdorferhorn, 517 m.,
die Baldegg, 572 m., der Badener Schlossberg, 445 m. und diesem gegenüber am rechten Ufer der Limmat, die Lägern, 863 m., die
sich in den Kt. Zürich
hineinzieht. Eine Anzahl Berge im N. des Kantons haben breite Rücken, auf denen sich Wälder, Felder,
Weiden, Bauernhöfe und Dörfer befinden. Zu diesen gehören u. a.: Der Thiersteinberg, 750 m. bei Frick, der Bötzberg bei Brugg
593 m.,
der Geissberg bei Villigen, 701 m., der Siggenberg 557 m., der Achenberg bei Zurzach,
519 m.
Der Aargau
liegt in dem niedrigsten Teil der schweiz. Hochebene; hier kommen die meisten Gewässer der Zentral-
und Ostschweiz zusammen. Die Aare ist der Hauptfluss des Kantons und durchzieht ihn von S.-W. nach N.-O. Mit Ausnahme des
Frickthales, welches von der Sisseln durchflossen wird, münden alle Thäler des Kantons in dasjenige der Aare. Die Thäler der
Murg, der Pfaffnern, der Wigger, der Suhr, der Wina, das Seethal, das Aathal, das Bünz- und Reussthal gehen von S.
nach N., während das Limmat- und Surbthal von O. kommen. Der Rhein bildet im N. die Grenze des Kantons. Die einzigen Seen des
Kantons sind der Hallwilersee und der kleine Egelsee auf dem Heitersberg.
In geologischer Beziehung gehören die Gesteine des Aargaus vier Perioden an: Der Trias-, der Jura-, der
Tertiär- und der Quartär-Zeit. Im nördlichen Kantonsteil finden sich im Muschelkalk und Keuper, der Trias angehörend,
die Salzlager bei Rheinfelden.
Der Aargauer Jura gehört zum grössten Teil zum Kettenjura. Die höchsten Berge werden meist vom weissen
Jura oder Malm gebildet, während darunter
da und dort der braune Jura oder Dogger und noch tiefer der schwarze Jura oder Lias
vorkommt. - Der östliche Teil des Kantons besteht aus Tertiärablagerungen, Molasse, welche eine grosse Zahl der Hügel
der Hochebene bildet. Die Süsswassermolasse, namentlich im südlichen Teil der Hochebene entwickelt,
ist zwar arm an Versteinerungen, aber leicht kenntlich an härtern Sandsteinbänken, welche aus den Felswänden vorspringen.
Die quartären Ablagerungen finden sich hauptsächlich in den Thälern; dagegen steigen sie auch etwa auf die Molassehügel
und sogar auf den Jura hinauf. Es sind besonders Glazialgebilde: Moränen, erratische Blöcke und Glazialschotter.
Die Aare und ihre Zuflüsse führen ein wenig Gold, aber die Gewinnung lohnt sich schon lange nicht mehr.
Einige Steinkohlenfunde veranlassten Bohrungen nach diesem wichtigen Brennmaterial; sie waren aber erfolglos. Dagegen war
früher die Eisengewinnung wichtig. Es wurde ausgebeutet bei Küttigen, in Scherz bei Habsburg, bei Herznach, Wölfliswil, am
Bötzberg, bei Rekingen, Tegerfelden, Baldingen etc. Aber der geringe Ertrag des Erzes und die Konkurrenz
des fremden Eisens waren schuld, dass am Ende des letzten Jahrhunderts der Bergbau überall aufhörte. - Um 1840 wurde im
Bezirk Rheinfelden
mit Erfolg nach Salz gebohrt. Im letzten Jahrzehnt erzeugten die dortigen aargauischen Salinen jährlich ca. 230000
q. Salz. Dem Kanton Aargau
haben sie jährlich seinen Salzbedarf zu liefern und dazu noch eine Abgabe von 45000 Fr. Da der Verbrauch
des Kantons etwa 30000 q. beträgt, so trägt das Salzregal dem Kanton jährlich 145000 Fr. ab. In letzter Zeit ist ein neues
Salzlager bei Klingnau-Koblenz entdeckt worden; die Ausbeutung desselben hat aber noch nicht begonnen.
- Der Kanton ist reich an Baumaterialien. Der Jura liefert treffliche Bausteine, Kalk, Zement und Gips; das Mittelland gute
Sandsteine. Baden
und Schinznach sind weltbekannt durch ihre Heilquellen.
Ende 1888 zählte der Kanton 193834 E., fast alle deutsch sprechend: davon waren 106351 Protestanten, 85835 Katholiken, 1051 Israeliten
und 343 Andersgläubige.
Das Klima des Aargau
ist gesund. Der häufigste Wind ist der S.-W.; der zweite der N.-O. Oft sind die tiefern Thäler mit Nebel gefüllt.
Die Kulturen sind diejenigen der Mittelschweiz. Im Jahr 1888 schätzte man den produktiven Boden auf 134180
ha., oder 95,6%, den unproduktiven auf 6230 ha. oder 4,4% der Oberfläche. Der produktive Boden setzt sich zusammen aus:
Ackerland 40425,4 ha., Wiesen und Weiden 44328 ha., Reben 2776,7 ha., Ried- und Streuland 1547 ha., Wald 45103,3 ha. Seither hat
sich die Wiesenfläche auf Kosten des Ackerlandes vermehrt, weil die Viehzucht immer bedeutender wird.
Der Weinbau nimmt dagegen infolge einer Reihe schlechter Jahre ab. Man pflanzt den Weinstock zwar in allen Bezirken, ausgenommen
Muri
und Zofingen, aber doch kommen auf Brugg, Baden, Zurzach und Laufenburg
allein ¾ aller Rebberge. Die besten Weissweine sind diejenigen
von Thalheim, Oberflachs und Schinznach; die besten roten: Brestenberger, Goffersberger, Wettinger, Goldwändler
etc. Im Jahr 1898 war der Ertrag des Weinbaus im ganzen
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE DES KANTONS AARGAU
mehr
30589 hl., davon 4188 hl. rot, 7155 hl. weiss und 19246 hl. gemischt. Der Gesamtwert betrug 1276924 Fr. -
Sehr wichtig ist der Obstbau. Apfel-, Birn-, Kirsch-, Zwetschgen- und Nussbäume liefern jährlich für beinahe 3000000 Fr.
Obst, dazu noch ca. 160000 hl. Most im Werte von 2490000 Fr. Von den Wäldern gehören 76,15% Gemeinden
und Korporationen, Privatwaldungen sind 16,93% und Staatswaldungen 6,92%. Der Ertrag hatte 1898 einen Wert von 2400000 Fr.
Das Wild wird immer seltener. Reh und Wildschwein werden noch etwa angetroffen: Hase und Fuchs sind häufig, besonders im
Jura und in den grossen Wäldern der Molasseberge. Im flachen Teile sind Wildente und Rebhuhn nicht selten.
- Das Jagdregal gehört den Gemeinden; vom Ertrag bezieht der Staat nur 15%, welche zur Hebung der Landwirtschaft verwendet
werden sollen. Im Jahr 1898 betrug dieser Anteil des Staates 11426 Fr. -
Einige Wasserläufe sind fischreich. Der Kanton besitzt 24 Fischzuchtanstalten, welche 1898 nicht weniger
als 3736160 Fischchen ausgesetzt haben. Der wertvollste Fisch ist der Lachs, von dem 1898, 1114 Stück im Gewicht von 7543 kg.
gefangen wurden. Die Fischerei wird immer mehr beeinträchtigt durch die industrielle Ausnutzung der Wasserkräfte, indem
die Wehre oft für die Fische unübersteigliche Hindernisse bilden. Man sucht diesem Uebelstande durch
«Fischleitern» abzuhelfen. In 1898 trugen die Fischpachtzinse 11405 Fr.
ab.
Die Viehzucht hat, wie folgende Tabelle zeigt, stark zugenommen:
1852
1899
Pferde
4655
4467
Esel und Maultiere
-
13
Stiere (Muni)
400
780
Ochsen und Kühe
51464
80064
Schafe
3280
525
Ziegen
9511
14019
Schweine
18485
26217
Die Milchwirtschaft zeigt einen ähnlichen Aufschwung. In 1897/98 zählte man im Kanton 106 Käsereien,
wovon 29 im Bezirk Muri,
25 im Bez. Zofingen und 18 im Bez. Bremgarten; einzig Laufenburg und Zurzach
hatten keine. 3395 Bauern haben die
Milch von 11444 Kühen, d. i. 281601 q. abgeliefert und daraus wurde Käse im Wert von Fr. 2484790 und
Butter für Fr. 488200, zusammen für Fr. 2972990 fabriziert. - Die Bienenzucht ist sehr bedeutend; 1895 waren 18231 Bienenstöcke.
Industrie und Handel werden begünstigt durch die Wasserkräfte, die gut unterhaltenen Strassen und ein enges Netz von Eisenbahnen.
Der untere Lauf der Aare ist mit einem Aufwand von 1½ Millionen Fr. kanalisiert worden, die Reuss und die
Sisseln sollen korrigiert werden. Ende 1898 existierten 563 Wasserwerke mit 14555 Pferdekräften. Die Elektrizitätswerke
von Rheinfelden
und Ruppoldingen sind sehr bedeutend;
ein drittes ist im Bau in der Beznau, bei Döttingen;
2 andre sind geplant bei Laufenburg
und
an der Reuss.
Die Landstrassen haben eine Länge von 503 km;
die Nebenstrassen 752 km und die Eisenbahnen ungefähr 300 km.
Die bedeutendste Industrie ist die Strohflechterei, welche mit der Rosshaarindustrie zusammen 10-12000 Personen,
meist Frauen
und Kinder beschäftigt, welche das Strohflechten als Hausindustrie neben der Landwirtschaft betreiben. Uebrigens ist
das Stroh längst nicht mehr das Hauptmaterial, jetzt wird meistens Bast von verschiedenen Pflanzen verwendet. Der Hauptsitz
dieser Industrie ist das Freiamt (Bez. Muri und Bremgarten
und einige angrenzende Gemeinden). Die Tabakindustrie ist besonders wichtig
im Bez. Kulm, wo sie etwa 3000 Arbeiter, davon 200 zu Hause beschäftigt.
In neuerer Zeit hat im Bez. Zofingen die Strickerei eine grosse Ausdehnung genommen; sie zählt ca. 3000 Arbeiterinnen,
wovon ⅔ zu Hause arbeiten. Als Hausindustrien spielen noch eine gewisse Rolle: die Herstellung von Halbwollstoffen, von
Seidenbändern, Weisswaren etc. Namentlich die Halbwollweberei war früher im protestantischen Teil des Kantons wichtig;
jetzt ist sie durch die Konkurrenz der Fabrikarbeit stark zurück gegangen. Seidenbänder werden hauptsächlich
im Bez. Rheinfelden und Laufenburg, etwas weniger in Aarau, Bremgarten und Zofingen gewoben.
Unter dem eidgen. Fabrikgesetz standen 1888: 310 Etablissements mit 14827 Arbeitern. Man zählte: 65 Tabakfabriken, 24 Strohflechtereien, 10 Schuhfabriken, 14 Baumwollspinnereien, 8 Baumwollwebereien, 8 Buntwebereien, 16 Färbereien, 14 Seidenbandfabriken, 4 Seidenwindereien, 2 Wollwebereien, 10 Stickereien, 6 Posamenteriefabriken
etc. etc. Unter den zahlreichen, vielseitigen Industrien und Gewerben sind etwa noch besonders hervorzuheben die Fabrikation
von Reisszeugen und mathematischen Instrumenten, die Glockengiesserei, die Konservenfabriken etc. etc.
Der Kanton zerfällt für die Zwecke der Verwaltung in 11 Bezirke: Aarau, Baden, Bremgarten, Brugg, Kulm,
Laufenburg, Lenzburg, Muri, Rheinfelden, Zofingen, Zurzach. Die Bezirke sind weiter in Kreise eingeteilt.
Im Jahr 1898 stellte der Kanton Aargau
folgende Truppen zur eidgenössischen Armee:
wovon 190 Offiziere, 917 Unteroffiziere und 5853 Soldaten.
C. Der Landsturm zählte 17073 Mann. Der Kanton hat ausserdem 324 Schützengesellschaften, 9 Kadettenkorps, 10 Pontonnierfahrvereine.
In 1898 betrugen die Staatseinnahmen Fr. 3403162 und setzten sich zusammen aus:
mehr
Fr.
Ertrag des Staatsgutes
874175
Regalien
267658
Abgaben
887703
Direkte Staatssteuer
497892
Einnahmen der vollziehenden Behörden
717582
Einnahmen der richterlichen Behörden
156168
Das produktive Staatsvermögen war Fr. 21883030 und bestand aus:
Fr.
Gebäuden
809300
Grundstücke
424524
Wälder
4830949
Wertschriften
9852368
Aktien der Kantonalbank
4226885
Da die Staatsschulden nur Fr. 2827350 ausmachten, war das reine Vermögen Fr. 19055680. Das unproduktive
Vermögen des Staates belief sich auf Fr. 16302167. Ausserdem existieren 46 gemeinnützige Fonds mit zusammen 5365394 Fr.,
welche im obigen Staatsvermögen nicht gerechnet sind. Ende 1898 existierten 95 Armenhäuser mit 703 Insassen; 1897 erhielten 9895 Personen
staatliche Armenunterstützung im Betrage von 917835 Franken.
Nach Abzug der Schulden weisen die Gemeindegüter auf:
Fr.
Ortsbürgergüter
51923011
Armemgüter
9609577
Schulgüter
7273942
Kirchen-, Pfrund- und Bruderschaftsgüter
14673863
Total
83480393
Die Gemeinden haben folgende Steuern erhoben:
Fr.
Zu Polizeizwecken
1517852
Zu Kirchenzwecken
141246
Zu Armenzwecken
230839
Zu Schulzwecken
847073
Zu ortsbürgerlichen Zwecken
10334
Total
2747344
Die Bezirksarmenvereine zählten 1898, 8159 Mitglieder und 231 beitragende Gemeinden; zusammen nahmen sie ein Fr. 121976
und unterstützten 1197 Kinder und 34 Erwachsene. Ihr Vermögen betrug Fr. 237878. - Die 109 Frauenarbeits- und Krankenvereine
hatten 6328 Mitglieder und 52 beitragende Gemeinden; sie nahmen Fr. 71734 ein und unterstützten 4138 Kinder
und 3684 Erwachsene; ihr Vermögen war Fr. 233469.
Für das Schulwesen gab der Staat Fr. 732251, die Gemeinden Fr. 1564729 aus. In 1897/98 verteilten sich die Schulen folgendermassen: 591 Gemeindeschulen, 34 Fortbildungsschulen, 299 Arbeitsschulen, 262 Bürgerschulen, 30 Bezirksschulen, 1 Lehrerseminar
in Wettingen, 1 Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar und 1 Kantonsschule in Aarau. Die letztere besteht
aus Gymnasium, technischer Abteilung und Handelsschule. - Unter der Oberaufsicht des Staates stehen die folgenden Schulanstalten:
die Korrektionsanstalten zu Olsberg, Effingen und Hermetschwil;
die Armenerziehungsanstalten zu Kasteln, Friedberg bei Seengen,
St. Johann bei Klingnau, die Erziehungsanstalt «Mariä Krönung» in Baden, die Taubstummenanstalten zu Aarau,
Baden und Zofingen, die Anstalten für Schwachsinnige im Schloss Biberstein und in Bremgarten.
Der Kanton besitzt ein Gewerbemuseum, welches in zwei Teile zerfällt: a) für den Unterricht: die allgemeine Handwerkerschule,
die Fachschule für Dekorationsmaler und kunstgewerbliches Zeichnen, die Fachschule für Holz- und Bautechnik, die Frauenarbeitsschule;
b) die Sammlungen von Modellen, die Bibliothek und das Auskunftsbüreau. Mit dem Museum verbunden
ist die Antiquarische Sammlung, namentlich bekannt durch die prachtvollen Glasmalereien aus dem Kloster Muri. In Brugg besteht
eine landwirtschaftliche Winterschule.
Für die öffentliche Krankenpflege bestehen folgende Anstalten: die kantonale Irrenheilanstalt in Königsfelden;
der Kantonsspital,
nach dem Pavillonsystem erbaut;
die Bezirksspitäler in Zofingen, Baden und Leuggern;
die Armenbäder in
Baden, Rheinfelden und Schinznach.
Die nach modernen Grundsätzen eingerichtete Strafanstalt befindet sich in Lenzburg, eine Zwangserziehungsanstalt für jugendliche
Verbrecher in Aarburg.
Die wirtschaftliche und
soziale Statistik liefert folgende Zahlen: Der Wert der Gebäude belief sich auf:
Jahr
Fr.
1872
150000000
1886
200000000
1892
218000000
1898
307680783
Die Summe der Hypothekarschulden auf den Gebäuden war 1892: Fr. 103000000; die Mobiliarversicherung erreichte den Betrag
von Fr. 254953344. Der Wert des Grund und Bodens im Privatbesitz war auf Fr. 268000000 geschätzt; er war mit Fr. 102000000
Schulden belastet. Das Kapital-Vermögen von Privaten, Gemeinden und Korporationen betrug:
Fr.
1872
142947024
1886
179936648
1892
196565029
In Handel, Gewerbe und Industrie:
90425697
An Fahrhabe
52800723
An Guthaben ohne Pfandrecht
20516255
zusammen ein Bruttovermögen von
896558798
davon ab Schulden
235875056
bleibt als reines Vermögen:
660683742
Im Jahr 1892 wurde die Einkommensteuer erhoben auf einem Betrag von Fr. 37826754.
Ende 1897 hatte es im Kanton 47 Sparkassen, wovon 15 von Aktiengesellschaften, 21 von Genossenschaften und 11 von Fabriken,
Schulen oder Privaten betrieben wurden. Die Zahl der Einleger war 96383 und der Betrag ihrer Guthaben Fr. 79461149. -
Diese Sparkassen und die drei Banken ohne Sparkassaeinrichtung hatten einen Gesamtaktivbestand von Fr.
205756081, wovon Fr. 118981582 in Hypotheken angelegt waren. Das Aktienkapital betrug Fr. 19121800; der Reserve- und Amortisationsfond
Fr. 5785777.
Die gesetzgebende Gewalt wird vom Grossen Rat ausgeübt, welcher in den 50 Kreisen gewählt wird. Auf 1100 Seelen kommt ein
Mitglied, über 550 werden für voll gerechnet. Nicht wählbar sind diejenigen Staatsangestellten, welche
selbst vom Volke ernannt werden. Wenn 5000 Wähler es verlangen, wird die Frage der Auflösung des Grossen Rates dem Volke
vorgelegt, und wenn sie bejaht wird, erfolgt eine Integralerneuerung. Die Befugnisse des Grossen Rates sind in mancher Beziehung
eingeschränkt; so kann er von sich aus nur den Bezug einer halben Staatssteuer dekretieren.
Dreiviertel derselben sind dann als Beiträge für Schul-, und Armenwesen der Gemeinden und ein Viertel ist für volkswirtschaftliche
Zwecke zu verwenden. Ueber die übrigen Einnahmen des Staates verfügt er frei. Der Grosse Rat versammelt sich ordentlicherweise
jährlich zweimal; er wählt seinen Präsidenten, Vizepräsidenten und vier Stimmenzähler, die Mitglieder
des Regierungsrates, den Landammann (Präsident des Reg.-Rates) und den Landstatthalter (Vizepräsident des Regierungs-Rates)
die 2 Ständeräte, die Mitglieder und den Präsidenten des Obergerichtes, das Kriminalgericht, die Anklagekammer und den
Staatsanwalt mit seinem Substituten.
Der Regierungsrat, die oberste Verwaltungsbehörde, zählt 5 Mitglieder. Bei der Wahl soll die katholische
Minderheit berücksichtigt werden. Nur ein Mitglied darf der Bundesversammlung angehören. Die Regierungsräte dürfen weder
Direktor, noch Vorstandsmitglied, noch Verwaltungsrat einer Erwerbsgesellschaft sein, es sei denn als amtliche Vertreter
des Staates.
In den Bezirken ist der wichtigste Beamte der Bezirksamtmann; er wird vom Volke gewählt. In den Gemeinden unterscheidet
man die Einwohnergemeinde und die Bürgergemeinde. An der Spitze des Gemeinderates steht der Ammann.
Das Obergericht besteht aus 9 Mitgliedern. Es spricht in letzter Instanz über Zivilstreitigkeiten, Vormundschaftssachen
und zuchtpolizeil. Streitigkeiten; in erster Instanz, wenn es von den Parteien verlangt wird, über Fragen, deren Berufung
an das Bundesgericht zulässig ist. Es urteilt über Verwaltungsstreitigkeiten, in welchen, wie in Vormundschaftsachen,
ein abgekürztes und unentgeltliches Verfahren angewendet wird. - Die Bezirksgerichte urteilen über zivile, vormundschaftliche
und
N. B. Die rot ▒ gefärbten Flächen bezeichnen die ungefähre Ausdehnung der Strohflechterei.
Tabaksfabrikation
⑃
Fab. De tabac
Strohhutfabrik
≏
Chapeaux de paille
Seidenbänder
ح
Rubans de soie
Baumwollspinnerei
⊆
Filiature de coton
Stickerei
∞
Broderie
Strickerei
Ж
Tricoterie
Färberei
T
Teinturerie
Weberei u. Bleiche
◊
Toiles et blanchge
Tuchfabrikation
▭
Draps et lainages
Schuhfabrikation
⨽
Chaussures
Papierindustrie
P
Industrie du papier
Holzindustrie
⤧
Industrie du bois
Nahrungsmittel
◈
Produits alimentres
Chocoladenfabrik
☪
Fab. de chocolat
Käserei
●
Fromagerie
Brauerei
B
Brasserie
Brennerei
♩
Distillerie
Giesserei
⑃
Fonderie
Glockengiesserei
⩍
Fonderie de cloches
Metallindustrie
⫨
Métallurgie
Reisszeugfabrik
∧
Instr. de précision
Uhrenfabrik
⦶
Fab. de pendules
Elektr. Werk
⨨
Usine électrique
Chemische Produktion
❢
Prodts chimiques
Ziegelei
⌂
Tuilerie
Töpferei
⍪
Poterie
Salinen
∸
Salines
Cement
Ci
Ciment
Gyps
Gy
Gypse
Korkfabrikation
⩌
Fab. de bouchons
M. B. nach Dr. Dill
V. Attinger. sc.
HAUPTSÆCHLICHSTE INDUSTRIEN DES KANTONS AARGAU
mehr
zuchtpolizeiliche Sachen innerhalb der ihnen vom Gesetz gesteckten Grenzen. In jedem der 50 Kreise ist ein Friedensrichter
und ein Statthalter. Er entscheidet über Streitigkeiten, deren Betrag Fr. 60 nicht übersteigt.
Durch Spezialgesetze sollen gewerbliche Schiedsgerichte und besondere Gerichte für Handel, Industrie und Landwirtschaft
geschaffen werden; jetzt existieren nur Flurgerichte und ein kantonales Handelsgericht.
Der Besuch der Volksschule und der Fortbildungsschule ist obligatorisch. Der Staat unterstützt die Erziehung der Blinden,
Taubstummen, Schwachsinnigen und sittlich Verwahrlosten. Die Volksschullehrer erhalten im Minimum Fr. 1500 Besoldung, wozu
noch Alterszulagen bis zu 300 Fr. kommen.
Die verschiedenen Konfessionen ordnen ihre Angelegenheiten selbst, unter Aufsicht des Staates. Die Pfrund-
und Kirchengüter, welche noch in den Händen des Staates sind, werden gesondert verwaltet, und ihre Einnahmen dürfen nur
für kirchliche Zwecke verwendet werden.
Der Kanton Aargau
wurde 1803 durch die Mediationsakte geschaffen. Er wurde zusammengesetzt aus dem Unteraargau, welcher zu Bern
gehört hatte,
der Grafschaft Baden, dem Kelleramte (einst zu Zürich
gehörig) und dem Frickthal, welches 1801 von Österreich
an Frankreich abgetreten worden war. Die erste Verfassung datiert von 1803; sie enthielt merkwürdige Bestimmungen, wie z. B.
einen hohen Wahlzensus, die Ernennung der Mehrzahl der Grossräte durch das Los u. s. w. Beim Sturze Napoleons erhielt der
Aargau,
dessen Existenz einen Moment von Bern
bedroht war, eine zweite Verfassung durch die Tagsatzung in Zürich.
Dieser Verfassung
merkte man sehr an, dass sie in der Restaurationszeit entstanden war; daher machte sich eine immer stärkere Unzufriedenheit
geltend.
Als dann 1830 die Regierung sich den demokratischen Forderungen der Lenzburger Petition wiedersetzte und Truppen
ins Freiamt schicken wollte, marschierten die Freiämtler nach Aarau. Die Regierung dankte ab und ein Verfassungsrat wurde
ernannt. Die neue Verfassung wurde 1831 vom Volke angenommen. Sie war wirklich liberal: der Wahlzensus war abgeschafft; die
Kompetenzen jeder Behörde waren genau bestimmt, die Trennung der Gewalten festgesetzt. Pressfreiheit, Handels- und Gewerbefreiheit
waren
garantiert, aber das Prinzip der Parität und ein gewisser Zensus für die Mitglieder des Grossen Rates wurden beibehalten.
Als bei der Revision dieser Verfassung 1841 die Parität gestrichen wurde, brachen im Freiamt Unruhen aus. Am 11. Januar fand ein
Gefecht bei Vilmergen statt, in welchem die Bauern von den Regierungstruppen unter Frei-Herosee geschlagen
wurden. Am 19. Januar hob der Grosse Rat die Klöster auf, was eine nachhaltige Wirkung auf die Eidgenossenschaft hatte. - Nach
drei vergeblichen Versuchen fand eine Verfassungsrevision 1852 statt, andre 1863, 1870, 1876. Sie führten das Referendum
ein, die direkte Volkswahl der höhern Bezirksbeamten, der Bezirksamtmänner und der Gerichtspräsidenten.
Endlich brachte eine letzte Revision 1885 die heutige Verfassung mit folgenden Grundsätzen: Dem Referendum sind unterstellt:
alle Gesetze, alle Verfassungsänderungen;
alle Beschlüsse des Grossen Rates, die eine einmalige Ausgabe von über 250000
Fr. oder eine jährliche Ausgabe von Fr. 25000 bewirken;
alle Beschlüsse, weiche die Erhebung von mehr
als einer halben Staatssteuer bewirken;
die Anleihen von über 1000000 Fr. und endlich alle Beschlüsse, welche der Grosse
Rat von sich aus der Abstimmung unterwerfen will.
Die Abstimmungen finden in der Regel zweimal im Jahr, im Frühjahr und Herbst
statt.
Die Frage einer Verfassungsrevision muss dem Volke vorgelegt werden, wenn der Grosse Rat, nach zweimaliger
Beratung, es beschliesst, oder wenn 5000 Wähler es verlangen. Eine solche Total-Revision ist durch einen Verfassungsrat
vorzunehmen. Eine Partialrevision kann durch 5000 Stimmberechtigte verlangt werden; dann kann der Grosse Rat die Revision
von sich aus vornehmen oder die Frage der Abstimmung unterbreiten.
Es sind zwei: Der Oberaargletscher und der Unteraargletscher.
Der Oberaargletscher,
2243 m. am untern Ende, beginnt im Firngebiet des Scheuchzerhorns, des Oberaarhorns und des Oberaarrothorns. Er ist 7 km. lang
und seine Oberfläche misst 10,49 km2. Er erstreckt sich in dem Thal zwischen Löffel- und Sidelhorn im S. und
der Kette Scheuchzerhorn-Zinkenstock, welche ihn vom unteren Gletscher trennt. Er ist ein eigentlicher Thalgletscher und
mehr
hat wenig Spalten; seine Endzunge ist klein. Der Abfluss dieses Gletschers vereinigt sich im Aarboden mit demjenigen des
untern Gletschers. Nachdem man ihn in seiner ganzen Länge erstiegen hat, kommt man auf den Pass des Oberaarjoches und zu der
Schutzhütte des schweiz. Alpenklubs, von wo aus man die Besteigung des Finsteraarhorns unternehmen kann.
Am Fusse des Gletschers ist die Oberaaralp (Ärmliche Alp) welche, obgleich auf Bernergebiet, nur von Walliservieh beschickt
wird.
Der Unteraargletscher,
1879 m. an seinem untern Ende, ist nach dem Aletschgletscher der längste und einer der grössten der Alpen. Oberfläche 39 km2.
Er läuft, nördlich von der Kette des Zinkenstocks, parallel mit dem Oberaargletscher. Er wird durch den
Firn des Finsteraarhorns, der Strahlegg und des Lauteraarhorns gespeist. Am Abschwung, 3143 m., am äussersten Ende der Schreckhornkette,
vereinigen sich diese Schneefelder und bilden den eigentlichen Unter-Aargletscher, der auf eine Länge von 17 km. eine Breite
von mehr als 1 km. aufweist. Das Verhältnis vom Firn zum Gletscher ist 1,35:1. Der Unteraargletscher zeichnet
sich durch seine kolossalen Moränen aus, die mittlere hauptsächlich, gebildet am Fusse des Abschwung durch die Seitenmoränen
der drei Firnfelder, misst gegen das Ende des Gletschers hin unfährge ^[richtig: ungefähr] 200 m. Breite auf 40 m.
Höhe.
Von den Eiszeiten, welche man heutzutage annimmt haben nur die vorletzte und die letzte Vergletscherung (grosse und kleine
Eiszeit) Spuren hinterlassen. Die Ueberreste der erstern bestehen nur in einigen erratischen Blöcken in der Umgebung von
Bern
und am Ufer des Thunersees (Kanderdelta). Während der Dauer der grossen Eiszeit wurde der Gletscher, der
durch das schon bestehende Aarethal bis nach Bern
vorrückte, durch den immer grösser werdenden Rhonegletscher aufgehalten.
Schon bei Thun stiessen der Aare- und der Rhonegletscher zusammen, welch letzterer die ganze Zentralschweiz zwischen Alpen und
Jura ausfüllte. Der Aargletscher stieg mit seinen Eismassen bis über den Brünig, 1000 m., und führte
sie dann durch das Unterwaldnerland bis zum Vierwaldstättersee. Während der Interglazialzeit, welche folgte, zogen sich
die Gletscher des Berneroberlandes bis zu ihren früheren Grenzen zurück. Zur letzten Eiszeit, von welcher man sich dank
der guterhaltenen Moränen, ein ziemlich deutliches Bild machen kann, trafen sich der Aare- und Rhonegletscher
wieder bei Bern.
Dieses Mal konnte der Aaregletscher in seinem Thal bleiben.
Erst bei Bern
endete der Kampf der beiden Gletscher bald zum Vorteil des einen,
bald zum Vorteil des andern. Bei seinem vollständigen
Rückzug liess der Aaregletscher zahlreiche Moränen zurück, welche dem Aarethal zwischen Bern
und Thun sein
eigentümliches Gepräge aufdrücken und der ganzen Landschaft einen grossen Reiz verleihen. Soviel man aus den obern Grenzlinien
der erratischen Blöcke schliessen kann, betrug die Dicke des Aargletschers während der grossen Vergletscherung in der Nachbarschaft
des Thunersees 900-1000 m. Der untere Aargletscher ist ein klassisches Gebiet für das Glazialstudium.
Sein leichter Zugang von der Grimsel aus, seine Grösse und seine typischen Formen bestimmten in den Jahren 1840 bis 1846 berühmte
Gelehrte, dort die Lösung für verschiedene Probleme der Gletscherforschung zu suchen. Im August 1840 errichteten Agassiz,
Nicolet, Desor, Vogt, de Pourtales und Coulon am Abschwung unter einem Block der grossen Mittelmoräne
eine Hütte, der sie den pompösen Namen «Hôtel des Neuchâtelois» gaben. Als dieser Block entzwei geborsten war, wurde sie
im Jahre 1844 durch den Pavillon Desor und die Hütte Dollfuss-Ausset ersetzt, welche, auch «la Smala» genannt, auf
einer Höhe links vom Gletscher und ungefähr 5 km. oberhalb seines Endes errichtet wurden. Dollfuss-Ausset
von Mülhausen brachte einige Sommer der Jahre 1844-64 auf dem Gletscher zu, er liess den Pavillon, welcher seinen Namen erhielt,
neu und solid wieder herstellen und liess während eines ganzen Jahres meteorologische Beobachtungen machen. Die Resultate
seiner Studien sind in den folgenden klassischen Arbeiten niedergelegt: Louis Agassiz, Système glaciaire, 1 vol.
mit Atlas. Leipzig und Paris, 1847. - Dollfuss-Ausset, Matériaux pour l'étude des glaciers, 9 vol. mit Atlas, Paris, 1872. Der
erste Pavillon Dollfuss ist heute nur noch eine Ruine.
Zur Seite erhebt sich eine solide Baute, welche 1872 von der Familie Dollfuss dem schweiz. Alpenklub abgetreten
worden ist. Diese Hütte, im Jahre 1894 umgebaut, ist ausserordentlich günstig plaziert und wird oft benutzt. Man geht von
da aus um eine ganze Reihe von Touren ins Finsteraarmassiv zu machen, und das Finsteraarjoch, die Strahlegg und das Lauteraarjoch
zu überschreiten. Sagen wir noch, dass der Solothurner Naturforscher Hugi in den Jahren 1827, 1829, 1830 und
1836-1837 bis in das Firngebiet des Finsteraarhorns vorgedrungen ist. Im Jahre 1827 baute er eine Hütte sogar am Fusse des
Abschwung.
Wenn die glazialen Erscheinungen in ihren grossen Zügen bekannt geworden sind und der Ursprung der Moränen und der erratischen
Blöcke, welche in jetzt gletscherlosen Gegenden vorkommen in ihren grossen Zügen