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Verlag Th. Schröter, Obere Zäune 12. Zürich.
1904. 23. Januar. Ueber Kinderernährung in kranken Tagen. - Für fleißige Hände. - Sollen unsere Töchter das Schneidern erlernen? - Die Absinthseuche. - Italienische Küche. - Wie soll man Eier genießen. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate
Ueber Kinderernährung in kranken Tagen.*)
Wenn ich mich entschlossen habe, den Erläuterungen über Kinderernährung in gesunden Tagen noch einen Abschnitt beizufügen, der über die Ernährung eines kranken Kindes beherzigenswerte Aufschlüsse geben soll, so veranlassen mich hiezu hauptsächlich die vielen Verkehrtheiten, die ich diesbezüglich von seiten verschiedener Eltern begehen sehe, nicht etwa aus böser Absicht, sondern aus Unwissenheit. Es läßt sich dies ohne Schwierigkeiten aus der alltäglichen Praxis beweisen.
Leidet z. B. ein Kind mit fieberhaftem Magendarmkatarrh, also mit Erbrechen und Durchfällen, infolgedessen an heftigem Durst, so gibt ihm die besorgte Mutter häufig genug Limonade als durstlöschendes Getränk.
Dies kann die Krankheit in gefährlicher Weise verschlimmern.
Anfangs zeigt sich der Kranke befriedigt, sein Durstgefühl ist für den Augenblick gestillt.
Bald aber treten Austreibung des Unterleibs, Blähungen und vermehrte Stuhlentleerungen auf, die die ohnehin geschwächte Lebenskraft des zarten Menschleins noch mehr reduzieren.
Wollen wir den Durst eines fieberkranken Kindes so gut wie möglich löschen, so wählen wir hiefür besser einen harmlosen Thee, wie Lindenblüten, Pfeffermünz-, Brombeerblätter oder einen ähnlichen Thee, den wir mit genügend Zucker und ganz kühl den zitternden Händchen des durstigen Patientchens reichen. Er erfüllt seinen Dienst ebensogut, ohne die Krankheit durch Schädigung der Verdauungswege noch zu verschlimmern und jede Mutter versteht ihn zu bereiten.
Es ist wohl ohne weiteres klar, daß eine wohl erwogene, kluge Ernährung noch ungleich wichtiger sein muß bei einem kranken Kinde, das sich eben trotz seiner Krankheit im Stadium des Wachstums befindet, das also täglich neue, lebenskräftige Bausteine an seinem jungen Leib ansetzen soll.
Auch hier läßt sich manchmal trotz schwächender Leiden eine ganz erfreuliche Gewichtszunahme erreichen.
Ich kenne Kinder von wenigen Monaten, die ungeachtet zahlreicher täglicher Durchfälle durch zweckmäßige Nahrung sichtlich gediehen, auch wies die Wage eine ordentliche Gewichtsvermehrung auf.
Die gereichte Kost wog demnach nicht allein den durch die Krankheit hervorgerufenen Substanzverlust auf, sie gestattete sogar noch einen bescheidenen Körperansatz.
Große Vorsicht und Umsicht ist allerdings beim Erwachsenen wie beim Kinde von nöten, um nicht zu schaden statt zu nützen.
Erkrankt ein Säugling an Erbrechen und Durchfall und hat er eine weißbelegte Zunge, so höre die Mutter nicht allzusehr auf den Rat von Nachbarinnen, von denen jeder wieder anders lauten wird.
Sie entziehe ihm sofort die Nahrung, um auch so den Magen und Darm rasch von Nahrungsresten zu befreien.
Man erkennt es rasch aus den Stühlen, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist. Es ist dies meistens schon nach einem Tag der Fall. Weil der kleine Körper aber durch seine Wasserverluste aus Magen und Darmkanal rasch an solchen verarmt, was sich in ernsten Fällen äußerlich durch trockene Zunge, eingefallene Fontanelle auf der Scheitelhöhe des Kopfes, matten Blick etc. kundgibt, so gebe man ihm löffelweise bis zur Ankunft des zu Rate gezogenen Arztes Kamillen- oder nervenanregenden Schwarzthee, eventuell mit einem Tropfen Cognac gemischt, um den durch die Wasserarmut der kindlichen Gewebe und des Blutes drohenden Gefahren möglichst rasch zu begegnen.
Sind der Magen und Darm des kleinen Patientchens frei von schädlichen Inhaltsmassen, so mache man vorsichtige Versuche, dasselbe wieder besser zu ernähren, doch soll die Zusammensetzung der Nahrung so sein, als ob das Kind eben geboren worden wäre.
Ist man bei der Neugestaltung der Ernährung des genesenden hungrigen Kindes nicht
^[* Aus dem im Verlag von Th. Schröter, Zürich, erschienenen Büchlein von Dr. med. G. Rheiner: Wie wird dein Kind groß, stark, gesund? ¶
sicher, demselben von seiten des Milchlieferanten eine tadellose bakterienarme Milch geben zu können, so tut man besser daran, sich an die vorzügliche sterilisierte Alpenmilch der Berner Alpenmilch-Gesellschaft zu halten, die von hohem Wert für die künstliche Säuglingsernährung ist.
Steht dieselbe nicht zu Gebote, so tut auch eine saubere, gute Dürrfuttermilch gute Dienste.
Macht der kleine Sorgenbereiter Fortschritte und treten die früher skizzierten Verhältnisse ein, die wir beim kleinen Hungrigen kennen lernten, so nehme man wieder Zuflucht zu einem der gleichfalls rühmend hervorgehobenen Kindermehle Nestle, Englers Zwieback, Astra etc. Auch für solche Stadien der Rekonvaleszenz stellt die Berner Milchgesellschaft ein zweckmäßiges Milchmehl zur Verfügung, das als konsistentere Nahrung für spätere Lebensmonate dient, aus der sterilisierten Alpenmilch bereitet wird und den nahrungsbedürftigen Kleinen die wertvollen Bestandteile der kräftigen Berner Alpenmilich ^[richtig: Alpenmilch] in leichtverdaulicher Form zuführt.
Wir kommen zur Ernährung fieberkranker Kinder.
Welch andern Eindruck macht ein fieberndes Kind gegenüber einem gesunden.
Die glückliche Mutter denke nur an ihren kleinen, wenige Monate alten gesunden Liebling, an sein nur im Schlafe rastendes Mienen- und Geberdenspiel ^[richtig: Gebärdenspiel].
Wie dehnt und reckt sich das kleine Körperchen behaglich im warmen Bettchen, es strampeln seine runden Beinchen wie zwei zierliche Dreschflegelchen und kaum hat die ängstliche Mutter sie manchmal nur allzu fürsorglich versorgt, liegen sie schon wieder in schamloser Nacktheit da.
Dabei guckt es mit seinen blauen, glänzenden Aeuglein die liebe Mutter an, als sprächen sie jetzt schon eine beredte Sprache.
Das ganze rosige Gesichtchen atmet innern Frieden und eine seelische Harmonie, die noch nicht vereitelt wird durch die vielen Verdrießlichkeiten späterer Jahre.
Wir können Jean Paul nur Recht geben, wenn er sagt: «Verächtlich ist eine Frau, die Langeweile haben kann, wenn sie Kinder hat.» Schläft das kleine Wesen, so liegt es auf dem Rücken, der kleine Mund ist geschlossen, macht hie und da saugende Bewegungen, als träumte der schlafende Schelm von feinem Schoppen.
Die Aermchen sind im Ellbogen gebeugt, die Händchen emporgehoben, die Fingerspitzchen in der Höhe der Ohren.
(Schluß folgt.)
Für fleißige Hände.
Kleine Handarbeiten.
I.
Die heutige Zeit mit ihren weitverzweigten verwandtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen, denen wohl niemand ganz entgehen kann und mag, stellt oft große Anforderungen an die Werktätigkeit einer Frau, insofern da und dort kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten erwartet werden oder auch direkt angebracht sind und insofern man auch der eigenen Häuslichkeit gern das Gepräge eigenen Fleißes verleihen möchte, namentlich in Betreff aparter Ausschmückung. Zu großen Dingen hat man nicht immer Zeit, Geduld und Mittel und so heißt man nur zu oft jede Anregung willkommen, welche es gestattet, in wenig Zeit und mit wenig Kosten etwas gutes und originelles zu stande zu bringen.
Das sind dann eben die sogen. kleinen Handarbeiten, kleine Aufmerksamkeiten, deren Hauptwert darin besteht, daß sie nichts Gekauftes sind, sondern den Stempel eigener Schöpfung und damit eigener Mühe, sei sie auch noch so klein, an sich tragen. Im nachfolgenden möchten wir daher auch nach dieser Richtung hin einige Anregungen haben, von denen die und jene vielleicht schon einzelnen bekannt sein dürfte, jedenfalls aber gern wieder aufgenommen werden wird.
Da sind zunächst kleine originelle Blumenvasen;
man kann solche aus Eierschalen, Fleischextraktbüchsen, Lampenzylindern, Rotweinflaschen, zerbrochenen Weingläsern, sogar aus Kaffeetassen u. v. a. herstellen.
Die Eierschalen müssen möglichst groß sein, sie werden schon an der Oeffnung zackig abgebrochen, gut gereinigt und Zwecks größerer Haltbarkeit innen mit einem Zementbrei bestrichen, wonach sie ganz hart werden.
Hiernach bemalt man die Schalen außen mit Emailfarben, die ihnen einen porzellanartigen Glanz verleihen, rändert die Zacken mit einem Goldstreifen, malt wohl auch noch ein Bildchen auf oder klebt ein solches daran und setzt schließlich das Ganze auf 3 aus Ton geknetete Kugeln oder in ein Gestell, das man hübsch aus Draht oder Blechstreifen nach Art der Kleineisenarbeit zusammenbiegt.
Auch aus kleinerem Astwerk läßt sich ein niedliches Gestell zu Stande bringen. In gleicher Weise verwendet man Fleischextraktbüchsen, welche ebenso wie die Eierschalen auch zur Aufnahme von Zahnstochern, Haarnadeln und dergl. dienen können.
Lampenzylinder geben gleichfalls ganz reizende Blumenbehälter, namentlich für langstielige Blumen: Astern, Margueriten, Georginen, Chrysanthemum, Narzissen etc. Man verschließt die untere breite Oeffnung des Zylinders ganz fest mit einem größeren Korkspund und kann diesen auch noch mit Siegellack überstreichen, um jedwedes Durchdringen von Wasser zu verhüten.
Sodann verziert man das Glas mit Aetzarbeit oder leichter Malerei in Oel- oder Emailfarben oder windet auch wohl nur ein helles Seidenband geschmackvoll in schräger Richtung darum, welches oben und unten mit einer Schleife abgeschlossen wird.
Den Zylinder setzt man hiernach ebenfalls in ein Gestell aus Draht, Kleineisen-Arbeit, Laubsäge-Arbeit oder Astwerk und man kann sicher sein, mit der schönen Ausführung Beifall zu ernten. ¶
Rotweinflaschen, Weingläser, Kaffeetassen eignen sich für vorliegenden Zweck gleichfalls ganz ausgezeichnet, am vorteilhaftesten dann, wenn ihnen Hals, Fuß oder Henkel abgeschlagen sind.
Die Rotweinflaschen schneidet man bei Beginn des Halses hübsch gerade ab und hat nun eine ganz feststehende Zier- und Blumenvase, die zumeist noch mit Malerei verziert wird.
Wer in der Führung des Pinsels nicht bewandert ist, mag etwas Damarlack dünn aufstreichen, ein passendes Abziehbild als Schmuck benutzen und die übrige Fläche mit Bronzepulver bestreuen.
Fußlose Weingläser und henkellose Tassen setzt man wie die Zylinder in ein Gestell. Um die Sache nicht dürftig erscheinen zu lassen, verdeckt man auch hier das äußere durch irgend eine Malerei oder auch nur durch Ueberstreichen von weißer oder gelblicher Emailfarbe, wonach die Gegenstände stets apart und neuartig erscheinen und nur selten verraten, daß man in ihnen sonst gänzlich wertlose Dinge vor sich hat.
Das Aufmalen von Emailfarben muß möglichst wenig geschehen, jedoch streiche man die Farbe nicht sogleich dick auf, sondern mache 3-4 Anstriche, jedesmal nur ganz dünn und stets erst nach dem Trocknen des vorhergehenden Auftrages. In diesem Falle trocknet die Farbe viel schneller auf und der Ueberzug wird auch schöner.
Im nächsten Artikel sollen einige weitere Ratschläge folgen.
Sollen unsere Töchter das Schneidern erlernen.
In Familien, wo heranwachsende Töchter sind, hört man diese Frage viel erörtern und leider von sehr vielen Müttern rundweg verneinen.
«Ach, es wird ja doch nichts Rechtes! Wenn man nicht fortwährend schneidert, kommt man aus der Uebung und aus der Mode heraus. Fortwährend ändert sich die Mode und die Schnitte. Und dann wie lange quält man sich mit einem Kleide herum, ehe es fertig ist, es wird womöglich schon vorher unscheinbar, durch das lange daran - arbeiten! Und die Ersparnis ist gar keine so große!» So hört man die Widerreden von allen Seiten, und die lieben Töchterchen stimmen sehr lebhaft bei und bestärken die Mutter noch in dieser Ansicht.
Nun wollen wir aber doch einmal diese Einwände etwas kritischer beleuchten und widerlegen;
vielleicht erscheint dann vielen die Sache in einem ganz andern Lichte.
Also der Reihe nach: Es wird doch nichts Rechtes, wenn man das Schneidern nicht ernst nimmt, es als eine jener vielen, nur scheinbar nützlichen Handarbeiten betrachtet, die ein junges Mädchen nun einmal lernen soll, ganz gleich, ob sie dann später etwas darin leistet oder nicht. Es wird auch nichts Rechtes, wenn man wie gewöhnlich, so eine Art Schnellkursus besucht, wo gegen ein unvernünftig hohes Honorar, aber dafür in kürzester Zeit das Schnittezeichnen und Schneidern gelehrt wird.
Auf das Erlernen des Schnittezeichnens wird ein Wert gelegt, den die Sache an sich gar nicht verdient.
Gewiß ist es gut, wenn man das theoretische Schnittzeichnen nach bestimmten Körpermaßen lernt, doch heutzutage, wo jede bessere Modenzeitung für wenige Groschen streng modern und tadellos sitzende Schnitte nach Maßangabe liefert, ist der Wert des Selbstzeichnens der Schnitte ein illusorischer geworden, zumal eben auch die Taillen- und Rockschnitte gar sehr dem Wechsel der Mode unterliegen.
Meines Erachtens nach ist das Hauptaugenmerk bei Erlernung der Schneiderei darauf zu richten, daß die praktische Arbeit von gediegenen Kräften und in der einmal dazu nötigen Zeit gelehrt wird.
Von der Pike auf lernen! Das ist auch hier das einzig Richtige.
Der kleinste Handgriff falsch ausgeführt, kann den Sitz eines Kleides beeinträchtigen, das weiß jede Berufsschneiderin und schult ihre Arbeitskräfte demgemäß, während die ausschließliche Lehrerin auf diese Kleinigkeiten, wie überhaupt auf die Praxis weniger Wert legt.
Ein junges Mädchen, das bei einer tüchtigen Berufsschneiderin einige Monate - von Wochen darf gar nicht die Rede sein - in die Lehre geht, wird also naturgemäß mehr profitieren, als eine andere, die einen mehr theoretischen Lehrkursus besucht.
Da kommt aber meist das Standesgefühl oder besser gesagt, der Kastengeist, in erster Linie.
Man kann doch nicht seine Tochter zu einer Schneiderin schicken, wo sie mit gewöhnlichen Nähmädchen zusammen arbeitet! Warum denn nicht? Fürchtet man, daß der Verkehr mit solchen Mädchen abfärben, demoralisieren, könnte? Dann wäre es doch schlecht um den Charakter der betreffenden Tochter bestellt.
Die Furcht ist auch unbegründet.
Der Unterricht findet doch im Beisein der Schneiderin statt, die man natürlich kennen muß als anständige, einwandfreie Person, und diese wird schon dafür sorgen, daß der herrschende Ton unter den Mitarbeiterinnen derartig ist, daß auch eine Tochter aus höheren Kreisen darunter sein kann.
Und unsern lieben, verwöhnten Haustöchtern tut es einmal ganz gut, wenn sie einen Blick in das oft sehr schwere Dasein ihrer ärmeren Altersgenossinnen werfen, die ihr Brot mit der Nadel verdienen und oft noch Angehörige davon unterhalten müssen.
(Schluß folgt.)
Italienische Küche.
Welche Geheimnisse haben sich doch schon mancher Hausfrau enthüllt, wenn sie italienischen Boden betrat, und die hier heimische Kost auf den manchmal nicht gerade übersauberen Tischlinnen dampfen sah.
Wenn sie ihre ¶
Flitterwochen allerdings in den großen Hotels, in den Albergos, wo der Portier fast sämmtliche Sprachen des romanischen und germanischen Idioms beherrscht, verlebte, ist es natürlich ausgeschlossen, daß sie sich italienische Topfguckereien erlauben konnte.
Denn in den verschiedenen Grand-Hotels -- Bristol, Londres, Eden und wie sie alle benannt sind, diese Fremdenpaläste - kocht man ebenso wie bei uns eine internationale Küche, die den Chauvinismus des französischen Gourmands ebensowenig beleidigt, wie sie die Gewohnheiten des Deutschen, der im allgemeinen seine Hausmannskost über Alles schätzt, allzusehr zu stören vermag.
Hier sind keine Geheimnisse, keine Neuigkeiten zu erfahren. Um in die Mysterien der italienischen Kochkunst eingeweiht zu werden, steige man herab zu den Ristorantes, Trattorien und Osterien. In den letzteren, wo man am einfachsten, dafür aber am «echtesten» zu essen erhält, offenbaren sich der Hausfrau am meisten ungeahnte Gesichtspunkte.
Noch mehr aber, wenn es der Wißbegierigen erst einmal vergönnt wird, in das «Laboratorium» selbst einen Blick zu werfen, wenn sie, die an eine blitzblanke Küche mit Patentmaschinen und Gasöfen gewöhnt ist, in diese italienischen «Hexenküchen» für einige Minuten eintritt.
Wahrlich, richtige Hexenküchen, wie wir sie nur im Theater zu sehen bekommen! Ein Steinherd mit drei bis vier offenen Holzkohlenfeuern, über dem sich der verrußte, spitzzulaufende Kamin öffnet, ein grauer Lehmboden, der den Gebrauch des «Putzlumpens» in keiner Weise verrät.
Die Tische und Stühle, die alle mit einer feinen Kruste der Kohlenasche bedeckt sind, welche die Köchin oder der Koch mit ihrer «Ventola», einem primitiven Fächer aus Truthahnfedern, in feurigem Regen aus der glasklirrenden Glut emporwirbeln läßt, um das Feuer anzufachen und zu unterhalten, sind gerade keine besonderen Appetitreizer.
«Wie unappetitlich» höre ich manche von denen rufen, denen ihre Küche ihren Stolz bedeutet, und es sind deren - zu ihrer Ehre sei es gesagt - nicht wenige im Vaterland.
«Aber meine Damen, Sie müssen eben doch bedenken, daß ein offenes Holzkohlenfeuer die Hauptrolle spielt, daß es selbst Ihnen unmöglich wäre, die gewohnte Sauberkeit aufrecht zu erhalten, wenn es Ihrem Hauswirt einfallen würde, eine derartige primitive Kochvorrichtung an die Stelle ihres glänzend weißen Kachelofens mit den blinkenden Messingstangen und Beschlägen zu setzen und Ihnen statt Holz, Steinkohle und Gas nur Holzkohle zur Verfügung stände. Vielleicht würde Ihnen nur der verwendbare »Grill» und «Spieß» und nicht zuletzt die Billigkeit und Ausdauer dieses Brennmaterials einen kleinen günstigen Eindruck machen.
Und dann die Speisen selbst! Von den hunderterlei Nudeln, die man mit Butter und Parmesan, in Bouillon oder Tomaten als «Suppe» genießt und die nicht Jedermanns Geschmack sind, sehen wir ruhig ab.
Welch ein Grausen regt sich doch im Magen, wenn man nur daran denkt, mit Oel zu braten und zu schmoren.
Freilich ißt man manchmal in einem Hotel ein Beafsteak ^[richtig: Beefsteak] ohne zu merken, daß es mit Oel bereitet ist.
Man erwartet das hier eben nicht.
Und dieses Oel, das eben keinen Geschmack hinterläßt, das Oel, das in den herrlichen Olivenhainen der Riviera oder der tiburtinischen Fluren reift, steht der Butter wohl in keiner Weise nach.
(Schluß folgt.)
Die Absinthseuche.
Der Einfluß des Absinths auf den menschlichen Körper ist seit Langem als verderblich erkannt worden, aber man hat noch bis jetzt einige Zweifel darüber gehabt, welche Rolle bei der schädlichen Wirkung der Gehalt von Alkohol spielt, der die Basis der Flüssigkeit und ihrer Abarten, wie Wermuth, Angelika und Fenchel, bildet. In Frankreich, wo der Verkauf gefährlicher Essenzen gesetzlich verboten ist, sind neuerdings Studien über die Folgen des Genusses von Absinth und ähnlichen Getränken gemacht worden, und zwar am physiologischen Laboratorium der Sorbonne.
Dr. Lalou wählte für seine Experimente Hunde und andere Tiere, die Ergebnisse aber waren in allen Fällen dieselben.
Die ersten Erscheinungen nach Einführung der giftigen Flüssigkeit bestanden in Erregung und Ruhelosigkeit, indem das Tier unausgesetzt hin- und herwanderte und alles Mögliche fraß, was auf dem Boden lag, z. B. Papierstücke.
Dann stellten sich Krämpfe ein, die schließlich eine epileptische Eigenart annahmen, wobei das Tier auf seine Zunge biß und ans dem Munde schäumte.
Solche Anfälle wiederholten sich in Zwischenräumen und wurden begleitet von Erbrechen und Bewußtlosigkeit. In bewußtem Zustand ließ sich erkennen, daß das Tier an Sinnestäuschungen litt, indem es in einer ersichtlichen Verteidigungsstellung gegen einen vermeintlichen Angreifer sich selbst verwundete oder große Furcht zur Schau trug;
anderemale wurde es sehr angriffslustig und stürzte sich mit einer drohenden Geberde ^[richtig: Gebärde] auf einen eingebildeten Feind.
Wenn keine zu große Dosis verabreicht war, so trat nach einem Zustand der Starre wieder eine Besserung ein.
Diese Folgen wurden mit Absinthproben erzielt, die so wenig mit Alkohol versetzt waren, daß dieser nicht verantwortlich dafür gemacht werden konnte.
Wurde einem Hund das Absinth in kleinen Dosen während langer Zeit eingeführt, um eine chronische Vergiftung zu erzeugen, wie sie bei dem gewohnheitsmäßigen Absinthtrinker entstehen muß, so verlor das Tier an Gewicht, ward unlustig zum Fressen, litt an Zittern und ¶
Bei Leuten, welche nach einer großen Anstrengung sich kräftigen wollen, bei Rekonvaleszenten etc. sieht man nicht selten, daß sie ein rohes Ei genießen, indem sie an beiden Enden des Eies eine kleine Oeffnung machen und den ganzen Inhalt auf einmal austrinken.
Die Eimasse bildet nun im Magen einen festen Klumpen, der den Verdauungssäften, der Salzsäure und dem Pepsin schwere Angriffspunkte bietet und deshalb äußerst schwer verdaulich ist.
Gar mancher Mensch hat sich schon durch Austrinken von rohen Eiern hochgradige Verdauungsstörungen zugezogen.
Die beschriebene Art, Eier zu genießen, ist also vollkommen unrationell, dagegen ist rohes Ei gequirlt und geschlagen in Wasser oder anderen Getränken sehr zu empfehlen. In dieser Form wird es auch von einem schwachen Magen verdaut.
Hart gekochtes Ei, wenn dasselbe tüchtig und langsam gekaut und eingespeichelt wird, ist durchaus nicht schwer verdaulich.
Weiches Ei mit Brotschnitten genossen, ebenfalls tüchtig gekaut und eingespeichelt, ist leicht zu verdauen.
Weiches Ei ohne Brot, mit einem Kaffeelöffel ausgelöffelt und genossen, wodurch es gewöhnlich nicht richtig gekaut und durchgespeichelt wird, ist schwer zu verdauen, da dasselbe im Magen zu größeren Klumpen gerinnt. Je feiner verteilt die Nahrung in die Verdauungsorgane gelangt, um so leichter ist sie verdaulich.
Unverdaute Eisubstanz bildet Schwefelwasserstoffgas und Buttersäure, welches übelriechendes Aufstoßen, Magendrücken, Schwindel, Kopfschmerz, Mattigkeit, Flimmern vor den Augen etc. verursachen.
Kochrezepte. | |
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Gekochtes Fleisch pikant herzurichten.
Das gekochte Fleisch wird geschnitten oder im Ganzen auf folgende Weise überdünstet: Man läßt ein wenig Fett heiß werden, gibt etwas Kümmel, geriebenes Schwarzbrot und ein wenig Paprika hinein.
Darin läßt man nun das Fleisch eine Viertelstunde dünsten, wodurch es einen pikanten Geschmack erhält. W.
Braune Suppe. Eine braune Suppe, macht immer den Eindruck einer kräftigen Suppe während eine lichte Brühe viel unschmackhafter aussieht.
Wenn man viel Fleisch kocht und einige Knochen braun rösten läßt, auch ein Stückchen Rindsleber oder Milz und Suppengrünes braun anlaufen läßt und dann in die Suppe gibt, erhält man eine braune Suppe;
will man jedoch von wenig Knochen und Fleisch eine dunkle Brühe erhalten, dann gebe man außer geröstetem Suppengrün zwei Tropfen gebrannten Zucker hinein;
dies macht durchaus keinen süßen Geschmack, sondern ist überhaupt nicht zu bemerken. W.
Stockfisch. Der Stockfisch ist das sogenannte Fasten-Rindfleisch, das jedermann zugänglich ist, da sich der Preis dieses Fisches sehr billig stellt.
Jedem zuträglich ist der Stockfisch allerdings nicht, wie noch viele andere gesalzene Fische.
Stockfisch á la maitre-d'hotel.
Ein Stück gewässerter Stockfisch wird in Wasser, dem man etwas Milch beigibt, weich gekocht, angerichtet, mit Salzkartoffeln garniert und mit zerlassener Butter, der man Zitronensaft und gehackte Petersilie zusetzt, übergossen.
Stockfisch Lucernoise.
Ein Stück Stockfisch, wenn gut entwässert, wird mit Milch und einem Stück Butter beigesetzt, dem man noch ein Bouquet garni, aus Petersiliewürzen, etwas Lorbeer und Thymian, beigibt.
Wenn so weich gekocht, wird der Stockfisch angerichtet, der Fond vom Fisch ziemlich eingekocht, über den Stockfisch gegossen und mit Schnittlauch bestreut.
Stockfisch Lionaise.
Wenn weich gekocht, mit heißer Butter und gebackenen Zwiebeln überschütten.
Aus Illustrierte Monatsschrift «Hotel-Industrie und Kochkunst».
Schnelle Mayonnaise. 3 Eigelb, 2 ganze Eier, 3 Eßlöffel voll Oel, 2 Eßlöffel voll Essig, Saft einer halben Zitrone, Salz und Pfeffer gibt man in einen irdenen Topf, setzt ihn aufs Feuer und schlägt ununterbrochen bis zum Moment des Aufkochens.
Die Sauce, die so dick wie Creme sein muß, wird dann vom Feuer genommen und weiter geschlagen bis zum vollständigen Erkalten.
Aus «die Küche»
Briefwechsel der Abonnenten unter sich. (Unter Verantwortung der Einsender.)
Fragen.
Von Fr. Pfr. E. F.-H. in E. Knaben-Pensionat.
Wer könnte mir die Adresse eines vorzüglichen Knabenpensionates in gesunder Gegend des Welschlandes geben (Höhe von 800-1000 m bevorzugt)?
Von Br. F. in L. Petrolgasherd.
Könnte eine meiner Mitleserinnen vielleicht Auskunft ¶