Rombouts, der Sittenbilder im Stile Caravaggios schuf, oder der Bildnismaler Cornelis de Vos; doch nur einem gelang es, sich einem Rubens zur Seite stellen zu können: Jacob Jordaens (1593-1678). Er war ebenfalls ein Schüler van Noorts gewesen und hatte von diesem die Vorliebe für das Volkstümlich-Derbe überkommen; dadurch nun unterscheidet er sich wesentlich von Rubens, daß er die niedrigen und gemeinen Züge des Lebens heraushebt, wie jener die schönen und edlen. Er ist ebenso wenig eigentlicher Naturalist, wie Rubens; nicht wirklichkeitstreu im strengen Sinne des Wortes, bietet aber ebenfalls «Wahrheit», nur sieht er die Dinge von einem anderen Standpunkte aus an. Rubens ist der vornehme und feine Mann der «guten Gesellschaft», Jordaens der Mann aus dem Volke, der vor allem ein scharfes Auge für das Belustigende im alltäglichen Leben hat. In großzügiger Anordnung der Gruppen, in der Sicherheit der Formbehandlung, in der kraftvollen geistigen Farbengebung steht letzterer kaum dem Hauptmeister nach, namentlich in der Beleuchtung vermag er großartige Wirkung zu erzielen.
Seine besondere Eigenheit, welche Rubens ganz fehlt, ist jedoch der Humor, der Sinn für die lustigen Schwächen der Menschen, und dies versöhnt einigermaßen mit der unedlen Auffassung. Die religiösen Bilder des Jordaens erscheinen daher auch wenig ansprechend, man konnte beinahe oft sagen, des Gegenstandes unwürdig. Die Gestalten sind roh, dem alltäglichen Leben entnommen und entbehren jedes Ausdrucks einer höheren religiösen Stimmung, vorzüglich ist aber immer die Lichtwirkung, und wenn man die dargestellten Vorgänge nicht als religiöse, sondern als Volksscenen betrachten wollte, so könnte man an dem Malerischen der Bilder sich erfreuen.
Dieser Widerspruch zwischen dem Gegenstande und der Art der Auffassung macht sich weniger fühlbar bei den Darstellungen aus der antiken Sagenwelt, und bei den Allegorien, nur daß hier wieder oft die Neigung zum Unflätigen hervortritt. Rubens hat zwar auch die sinnlichen Reize stark betont, aber die Ausartung ins Lüsterne zu vermeiden gewußt, während Jordaens in dieser Beziehung ziemlich weit geht. Am besten gelingen ihm die Darstellungen von Satyren, die er mit unerreichter Meisterschaft schildert; da er dabei auch seinen Humor frei entfalten kann, so wirken diese Bilder mit ihren leuchtenden Farben und kraftvollen Zeichnung ungemein anziehend.
Aus gleicher Höhe stehen die Sittenbilder; die zwar unfeinen und wüsten Vorgänge bei den Gelagen werden mit einer Lebenswahrheit und einem Humor wiedergegeben, die, ganz abgesehen von der malerischen Kunstfertigkeit, zur Bewunderung zwingen (Fig. 685). Nach Rubens Tode war Jordaens der angesehenste vlämische Maler und seine Werke wurden gesucht, gerade wegen ihrer derbsinnlichen Art fanden sie in den Kreisen einer Gesellschaft mit lockeren Sitten Anklang, und in diesem Sinne ist auch er ein bezeichnender Vertreter der Geschmacksrichtung seiner Zeit.
Entgegen der Vielseitigkeit eines Rubens erscheint schon bei Jordaens das Darstellungsvermögen auf eine kleine Anzahl von überdies ziemlich verwandten Fächern beschränkt, und selbst da leistet er nach jeder Richtung hin Befriedigendes nur in einer besonderen Art mythologischer Bilder und Sittenbilder und in Ebenbildnissen, die jedoch wenig zahlreich sind. Noch mehr tritt diese bis zur Einseitigkeit gehende Beschränkung zu Tage bei einer
^[Abb.: Fig. 687. Honthorst: Ein Mahl.
Florenz, Uffizien.] ¶
weiteren Reihe von Meistern, die je ein bestimmtes Fach pflegten, dabei allerdings den Vorteil hatten, daß sie in demselben unter Wahrung ihrer vollen selbständigen Eigenart es zu einer bedeutenden Vollkommenheit bringen konnten.
Die Sittenbildmalerei. Wie van Noort ein «Vorläufer» oder Vorbereiter der neuen Richtung in der Figurenmalerei gewesen war, so spielt eine ähnliche Rolle Pieter Brueghel der Aeltere für die Sittenbild- und Landschaftsmalerei. Er wurzelte ganz im niederländischen Volkstum, wenn er das Dorfleben im Rahmen heimischer Landschaften schilderte, und seine Gefolgschaft hielt sich daher auch von allen fremden Einflüssen fern. Hier brachte es der Stoff mit sich, daß die volkliche Eigenart bewahrt blieb. Brueghels Schule oder richtiger gesagt Gefolgschaft war ziemlich zahlreich, leistete auch ganz Annehmbares, zeigte jedoch auch wenig Fortschritte und hielt an der hergebrachten Kunstweise fest, die auf Deutlichkeit ausgehend, in der Zeichnung hart und in der Farbengebung nur bunt war, weil auf den Einklang und die Tönung der Farbe zu wenig Gewicht gelegt wurde.
Teniers. Eine Wandlung in dieser Hinsicht und damit auch einen bemerkenswerten Aufschwung brachte auf dem Gebiete der Sittenbilder die Familie Teniers.
Schon David Teniers der Aeltere war auf Grund eines sorgfältigen Naturstudiums zu einer fleißigeren Zeichnung und einheitlicherer Farbengebung gelangt, zu einer völligen Befreiung von den Mängeln der älteren Richtung kam jedoch sein Sohn, David Teniers der Jüngere (1610 bis 1690), der Hauptmeister der vlämischen Sittenbildmalerei. Er schildert vorwiegend das Volksleben auf dem Lande, bisweilen auch biblische Vorgänge oder solche aus dem Leben von Heiligen, aber auch diese in der gleichen Auffassung, wie das Treiben der Bauern (Fig. 686). Diese Darstellungen zeichnen sich durch ihre Lebenswahrheit aus, er giebt die Leute, wie sie sind, mit all' ihrer Derbheit und Ursprünglichkeit; die einfachen, oft keineswegs «schönen» Vorgänge werden jedoch durch einen gesunden Humor anziehend gemacht, der ihnen alles Anstößige nimmt, was dem alltäglichen, niedrigen Leben anhaftet.
Bei der Zeichnung der Gestalten sieht er natürlich nicht auf Gefälligkeit der Formen, sondern sucht durch stärkeres Betonen der den Leuten aus dem Volke anhaftenden Züge von Schwerfälligkeit und Ungelenkigkeit deren Eigenart scharf zu kennzeichnen. In seinen früheren Werken ist die Farbe noch dunkel, später wird sie lichtvoller und die Zusammenstimmung daher noch besser, so daß diesen Arbeiten auch ein feiner malerischer Reiz innewohnt. Ungemein fleißig, hat Teniers eine Unzahl von Bildern geschaffen, die alle die gleiche sorgfältige Behandlung zeigen, wenn auch jene aus den letzten Jahren ein Nachlassen der Erfindungskraft erkennen lassen. Daß die einseitige Behandlung eines und desselben Stoffgebietes schließlich dahin führt, daß mehr die bloße Handfertigkeit, als die künstlerische Durcharbeitung zur Geltung kommt, kann nicht Wunder nehmen.
Die von Teniers eingeschlagene Richtung im Sittenbilde wurde nicht nur von seinen drei Brüdern, seinem Sohne und Enkel, sondern auch von zahlreichen Schülern verfolgt und bis zu Ende des 18. Jahrhunderts fand sie eifrige Nachahmer. Daneben gab es
^[Abb.: Fig. 688. Hals: Bildnis des Künstlers und seiner Frau.
Amsterdam, Reichsmuseum.] ¶
aber auch nicht Wenige, welche etwas mehr selbständig vorgingen und ihre Kunstweise durch Aufnahme von Zügen anderer Vorbilder zu erweitern suchten. Zu erwähnen wäre von diesen jedoch nur Gonzales Coques (1614-1684), weil er seine Vorwürfe dem Leben der höheren Stände entnahm und sich durch eine größere Feinheit in Zeichnung und Färbung auszeichnet.
Landschaftsmalerei. In der Landschaftsmalerei behielt zunächst die Oberhand ebenfalls Brueghels Richtung, welche jedoch vor allem die Naturwahrheit vermissen läßt, sowohl in der Anordnung, wie noch mehr in der Farbengebung, die tonlos und hart ist. «Stimmung» wird man in diesen Bildern vergeblich suchen, und die unvermittelte Nebeneinandersetzung greller Farben beleidigt oft das Auge. In dieser unerquicklichen Art sind die Landschaften Jan Brueghels - dessen Blumenstücke anziehender sind - Mompers u. s. w. gehalten.
Gegenüber dieser rein-vlämischen Richtung entwickelte sich eine andere, die einerseits durch sorgfältigere Naturbeobachtung, andrerseits - und zwar hauptsächlich - durch italienische Studien zwar zu gefälligeren Leistungen gelangte, aber auch ihre heimische Eigenart ziemlich einbüßte. Die Gruppe dieser Landschafter giebt die Natur auch nicht in voller Wahrheit, sondern «idealisiert» wieder; in einer akademischen Auffassung, welche das Wirkliche nach Gutdünken zu verschönern sucht, anstatt das Schöne im Wirklichen herauszufinden. Eine beachtenswerte Ausnahme macht Jan Siberechts (1627-1703), dessen Bilder eine überraschende Wirklichkeitstreue zeigen und die Landschaft in freier natürlicher Beleuchtung geben.
Sonst wurden noch das Tierstück - in welchem Frans Snyders das Beste leistete - und das Stillleben eifrig gepflegt, mit besonderer Vorliebe namentlich die Blumenmalerei, in welcher die niederländische Farbenfreudigkeit sich entfalten konnte. Die wirkungsvollsten Blumenstücke, durch prächtige Farbe und Naturwahrheit sich auszeichnend, lieferte Daniel Seghers, der auch zahlreiche Nachahmer fand.
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Eigenart der holländischen Malerei. In Holland zeigen die Verhältnisse eine große Aehnlichkeit mit jenen Deutschlands im vorigen Zeitraume, es bestehen in den einzelnen Städten örtliche Schulen von bestimmter Eigenart, und bei der großen Menge ausübender Künstler ist die große Mehrheit tüchtig, oder mit anderen Worten gesagt, das durchschnittliche Mittelmaß ist überall ein gutes, dagegen ragen nur wenige erheblich darüber hinaus. Eine weitere Verwandtschaft liegt darin, daß die holländische Kunst auch einen «kleinbürgerlichen Zug" besitzt, sie arbeitet für die Häuslichkeit, ihre Werke sind für den Zimmerschmuck bestimmt.
Der Protestantismus hatte das «Kirchenbild» beseitigt und Aufträge zu großen religiösen Gemälden, wie in den katholischen Niederlanden, waren ebenso ausgeschlossen, wie solche zu umfänglichem Palastschmuck. Die zwar reiche, aber auch sparsame Kaufmannschaft Hollands liebte die prunkvollen und festlichen Paläste nicht, sondern zog das trauliche, mit behaglich-schlichtem Reiz ausgestattete Familienhaus vor. In dieses paßten weder die Allegorien noch die mythologischen Darstellungen, der Holländer besaß für diese ihm fremde «ideale» Welt wenig Sinn, er wollte auch in der Kunst die «wirkliche» sehen, in welcher er sein tägliches Leben verbrachte.
Dieses erschien ihm so bedeutend, daß er gar nicht das Bedürfnis empfand, aus derselben oder über dasselbe hinaus gehoben zu werden. Die Aufgabe, welche der holländischen Malerei zufiel, bedingte auch eine andere Malweise, als jene der kirchlichen und Palastkunst der Niederländer war. Weder das Großzügige in Anordnung und Formensprache, noch die heitere Farbenpracht eignete sich für Bilder, welche in den dämmerigen Wohnstuben ihren Platz finden sollten, bei diesen kam es mehr auf Stimmungsgehalt, feine Tönung und sorgfältige Durchbildung der Einzelheiten an.
Wenn auch der Holländer nicht den Ehrgeiz besaß, durch Prachtliebe der Außenwelt gegenüber zu prunken, so war er dafür um so selbstbewußter und stolz auf seine Persönlichkeit, die ihm somit auch stets als ein der Kunst würdiger Gegenstand erschien. Nirgends eifriger wurde daher die Bildnismalerei gepflegt als in Holland, der hier auch denkmalmäßige Schmuckaufgaben zufielen. Wo man anderwärts Allegorien oder geschichtliche Darstellungen ¶
verwandte: nämlich bei Ausschmückung öffentlicher Gebäude, nahm man in Holland Gruppenbilder der leitenden Persönlichkeiten. Das Genossenschaftswesen war ja hier auch stark ausgebildet, neben den Gilden (Zünften) spielten Wohlthätigkeitsgenossenschaften, vor allem aber die Schützengesellschaften eine große Rolle; letztere als Träger der Wehrhaftigkeit des Volkes, das auf seine in schweren Kämpfen errungene Freiheit stolz war. Die Vorsteher («Regenten») der Gilden und Anstalten, bisweilen sogar ganze Schützengilden ließen sich abkonterfeien und mit solchen Gemälden wurden dann die Versammlungsräume geziert. Man bezeichnet derlei Bilder als «Regentenstücke», und wenn sie ganze Gilden darstellen, als Doelenstücke (sprich Duhlenstücke. Letzteres Wort kommt von Doele = Ziel.)
Der Umstand, daß die Bildniskunst eine so große Rolle spielte, trug am meisten dazu bei, daß die holländische Malerei wieder zu einer volklichen Eigenart gelangte, die sie seit Jan van Scorel nahezu ganz verloren hatte. Die «deutsche» Neigung, fremden Vorbildern mehr zu vertrauen als der eigenen Kraft, trat eben auch bei den Holländern ziemlich stark hervor. An allen Kunststätten, in Amsterdam, Delft, Haag, Haarlem, Leiden, Utrecht u. A. huldigten zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Maler der italienischen Richtung und zwar übte den meisten Einfluß auf sie Caravaggio, was leicht zu begreifen ist, da dieser ja auch das gemeine Leben wirklichkeitstreu schilderte.
Honthorst. Als einen bezeichnenden Vertreter dieser ganzen zahlreichen Gruppe hebe ich den Utrechter Gerard van Honthorst (1590-1654) hervor, der auch bei den Italienern in hohem Ansehen stand, welche ihm den Beinamen «Nachtmaler» (Gherardo dalle notti) gaben, weil er für seine Vorgänge meist Beleuchtung mit Kerzenlicht wählte, um dadurch den Gegensatz zwischen tiefen Schatten und grellen Lichtern schärfer hervortreten zu lassen und zugleich auch zu «begründen». Der Holländer fühlte eben, daß die Malweise Caravaggios hinsichtlich der Beleuchtung der Natur nicht entspreche, und seine Wahrheitsliebe suchte daher nach dem Ausweg, das Dargestellte auch durch das künstliche Licht der
^[Abb.: Fig. 689. Rembrandt: Anatomie des Prof. Tulp.
Haag.] ¶
Lampe zu rechtfertigen (Fig. 687). - Diese an Caravaggio sich anschließende Richtung hatte auch auf die Folgezeit insofern nachgewirkt, als auf sie die holländische Vorliebe für das Helldunkel zurückzuführen ist.
Bildnismalerei. Hals. Aus dem Banne der italienischen Vorbilder machten sich am ehesten die Bildnismaler frei, denn sie wurden schon durch die Art der Aufgabe auf den Weg des Naturstudiums gedrängt. Für Stoff und Form konnte man ja die Vorbilder nicht gebrauchen, höchstens nur für die Farbengebung, und auch da mußte der vorhandene Sinn für Wirklichkeitstreue zu einem Wandel führen. Wir sehen daher schon frühzeitig die Bildnismalerei auf einer erfreulichen Stufe der Entwicklung zur volklichen Selbständigkeit; die Arbeiten des Delfter Michiel Janszon Miereveldt (1567-1641) - seine Werkstatt soll angeblich 10000 Bildnisse geliefert haben - die Amsterdamer Meister Nicolas Eliasz, Thomas de Keyser und Bartholomäus van der Helft - ein Schüler des Erstgenannten - sind nicht nur tüchtig, sondern zum Teil sogar hervorragend durch die bestimmte Naturwahrheit und Klarheit, wenn auch meist in der Farbe etwas kalt und trocken.
Der bedeutendste Meister dieser Gruppe ist jedoch Frans Hals (1560-1666), der seine Fachgenossen an Begabung und künstlerischer Kraft weit überragt. Die lebensvolle, heitere Natürlichkeit der Gestalten mit ihren freien Bewegungen und den scharf gezeichneten, die ganze innere Eigenart der Persönlichkeit widerspiegelnden Köpfen, die ungekünstelte und bei aller Zwanglosigkeit künstlerisch wirkungsvolle Anordnung der Gruppen, und nicht zum wenigsten auch eine fein abgetönte, silberige Farbengebung verleihen seinen Werken den hohen Reiz vollendeter Schönheit (Fig. 688). Seine Einzelbildnisse sind in dieser Beziehung ebenso ausgezeichnet, wie die Regenten- und Doelenstücke, unter denen wohl jenes der Georgsgilde das bedeutendste ist und das Können des Meisters auf seiner Höhe zeigt. Auch
^[Abb.: Fig. 690. Rembrandt: Die Nachtwache.
Amsterdam. Reichsmuseum.] ¶
im Sittenbilde leistete er gleich Vorzügliches, hier kommt noch der lebensfrohe Humor dazu, mit dem der sonst vom Glück wenig begünstigte Künstler den Gegenstand auffaßt. Als bezeichnend für seine Malweise ist noch zu erwähnen die Feinheit der Ausarbeitung, die Pinselstriche erscheinen wie mit dem Zeichenstift oder der Radiernadel ausgeführt. Seine Zeit würdigte diese vornehme Kunst nicht in verdientem Maße und der obengenannte van der Helft fand mit seiner mehr nüchternen Wirklichkeitstreue mehr Anklang, als Hals mit seiner künstlerisch freien und daher malerischen Naturauffassung.
Rembrandt. An künstlerischem Vermögen wurde Hals nur von einem Zeitgenossen übertroffen, der an Vielseitigkeit einem Rubens nicht nachstehend, gleich diesem vor Allem «Farbenkünstler» ist: Rembrandt Harmensz van Ryn (1606-1669). Er ist der «größte» Kunstgeist, den Holland hervorbrachte, und einer der größten der Welt überhaupt. Er wurzelt mit seinem ganzen Wesen im heimatlichen Volkstum und seine künstlerische Eigenart ist eine völlig persönliche, von allen Schuleinflüssen freie. In Leiden geboren, hatte er dort, dann in Amsterdam kurzen Unterricht genossen, bei dem er aber kaum mehr als die Anfangsgründe der Handfertigkeit erlernte, denn schon als Knabe ging er seine eigenen Wege und bildete sich durch eifrige Studien nach der Natur selbst aus.
Mit 17 Jahren tritt er daheim schon als selbständiger Künstler auf, freilich ohne noch lohnende Aufträge zu finden. Um so mehr konnte er sich seinen Studien hingeben, welche vor allem das «Licht» betrafen; die Form beherrschte er bereits mit der vollen Sicherheit eines «Genies». Wie nun das Körperliche unter verschiedener Beleuchtung zur Erscheinung kommt, dieselbe sich auch in dem ganzen Raum, in dem der Gegenstand dargestellt ist, zur Geltung bringt, darauf richtete sich seine ganze Aufmerksamkeit.
Wohl keiner seiner Vorgänger hat sich so gründlich mit den Beobachtungen der Lichtwirkung, mit den vielfältigen Rätsel-Aufgaben der Beleuchtung beschäftigt, wie Rembrandt. Er studierte sie aber in der Arbeitsstube, nicht im Freien; nicht das volle freie Licht in der Natur, sondern dessen Spiel im geschlossenen Raum fesselte ihn. Rembrandt wurde daher der Meister des «Helldunkels», der gegensätzlichen Wirkung scharfer Lichtstrahlen im dämmerigen Raum. In dieser Hinsicht ist seine Kunstweise einseitig, er giebt auch Vorgänge, deren Schauplatz die freie Landschaft ist, in einer Beleuchtung, die nur in geschlossenem Raum denkbar oder natürlich ist. Seine Art hat für eine lange Zeit die ganze Kunst dahin beeinflußt, daß dieses «Werkstattlicht» das
^[Abb.: Fig. 691. Rembrandt: Die Vorsteher der Tuchhändler-Gilde.
Amsterdam. Reichsmuseum.] ¶