schreine, Bischofsstühle und die Deckel der Diptychen - Tafeln mit den Verzeichnissen der toten und lebenden Christen, für welche gebetet wurde - geschmückt wurden. Sonst wurden nur noch Altarsäulen mit Flachbildnerei verziert. (Ob die zwei vorderen Säulen des Hochaltars von San Marco aus der altchristlichen Zeit stammen, ist freilich unsicher, wenn auch wahrscheinlich.)
Flachbildnerei. Was nun die Ausführung, die Kunstarbeit an diesen Flachbildwerken anbelangt, so bewegt sich diese natürlich in den Bahnen und Formen der Antike. Die älteren Werke sind meist besser, später wird die Arbeit immer handwerksmäßiger und plumper, das feine Formgefühl geht verloren, die Anordnung der Gestalten und Vorgänge wird verworren und mit allerlei Beiwerk, Säulchen, Bögen, Giebeln überladen. Eine Neubelebung der Kunstfertigkeit vermochte das Christentum nicht mehr zu bewirken, sein Einfluß giebt sich nur in dem gedanklichen Inhalt der Darstellungen kund.
Wandgemälde. Dies gilt ferner in gleichem Maße von der Malerei; auch hier schließt sich die Behandlungsweise ganz der antiken an, und je älter die Wandgemälde sind, desto feiner sind sie ausgeführt. Wir finden dieselbe Vorliebe für anmutige Verzierungen, gefällige Anordnung, sichere Zeichnung und feinabgestimmte Farbengebung, wie in den pompejanischen Wandgemälden auch in den Katakomben; immer hat man es aber nur mit Werken eines guten Kunsthandwerks zu thun, welches Vorbilder trefflich zu verwerten weiß, aber nichts neues mehr hervorbringt.
Mosaikkunst. Die Wandmalerei trat vom 4. Jahrhundert ab hinter der Mosaikkunst zurück. In der ersten Kaiserzeit hatte man die Mosaiken hauptsächlich nur für den Fußboden verwendet, auch in den Katakomben ist dies der Fall; jetzt begann man damit, die Innenwände und Nischen der Basiliken zu schmücken. Dazu waren sie in der That vorzüglich geeignet; abgesehen von der Dauerhaftigkeit liegt in der Natur dieser Werke ein
^[Abb.: Fig. 209. Grabmal Theodorichs in Ravenna.] ¶
Zug nach Großartigem und Erhabenem. Starke machtvolle Linienführung und kräftige Farben ergaben sich sozusagen von selbst, es kann nur das Herausarbeiten der kennzeichnenden Hauptzüge, nicht aber Feinheit in den Einzelheiten erzielt werden. Die durch die Herstellungsweise bedingte Beschränkung, welche eine volle künstlerische Gestaltung nicht zuläßt, die im Tafelbild oder Wandgemälde möglich ist, fiel nicht so sehr ins Gewicht bei dem Kirchenschmuck, der ja durch großzügige Einfachheit wirken sollte.
Miniaturmalerei. Im Gegensatze zu dieser Abart der Malerei stand eine andere, die sich gleichfalls in der altchristlichen Zeit zu entwickeln begann: die Miniaturmalerei, mit welcher die Handschriften verziert wurden. (Der Name stammt von der Farbe Minium, Zinnoberrot.) Wohl wurden schon im Altertum bisweilen die Bücher mit kleinen Bildern geschmückt, eine allgemeine Anwendung fand diese Malerei aber erst jetzt und zwar wurde sie zunächst hauptsächlich im Morgenlande gepflegt, später in den abendländischen Klöstern ausgebildet.
Die ältesten Denkmale stammen aus dem 5. Jahrhundert; sie zeigen noch ganz den Stil der altrömischen Malerei, deren Muster auch vielfach verwertet wurden; die Zeichnung ist im Allgemeinen sicher, die Ausführung allerdings oft flüchtig. Auch in der Auffassung ist noch der Einfluß der Antike zu bemerken, indem man leblose Gegenstände (Berge, Quellen) oder Begriffe in Menschenform darstellte, also auf die Nymphen und Halbgötter des Altertums zurückgriff. Immerhin ist bei den Miniaturmalereien noch mehr selbständige künstlerische Erfindungsgabe bemerkbar, als bei den Mosaiken.
Inhalt und Zweck der altchristlichen Kunst. Im Vorstehenden wurde gezeigt, daß die altchristliche Bildnerei und Malerei in der Kunstarbeit, also hinsichtlich der Form, keine selbständige und neue Richtung einschlug, sondern nur als eine Fortsetzung der antiken erscheint, wobei ein stetiges Sinken der Fertigkeit zu beobachten ist. Nur der gedankliche Inhalt ist ein neuer, und in diesem giebt sich der christliche Geist kund. Von einem Selbstzweck des Kunstwerkes ist jetzt keine Rede mehr, das heißt: man schafft nicht aus Freude an der Schönheit der Form, sondern alle Werke stehen im Dienste der Religion, die sie erläutern und verherrlichen sollen. Sie haben daher die Aufgabe, entweder deren Lehrinhalt zu verdeutlichen oder darauf bezügliche Vorgänge zu erzählen.
Symbolische Darstellungen. Ersteres geschah durch die «Sym-
^[Abb.: Fig. 210. Papstkrypta in den Katakomben von S. Callisto.] ¶
bole", Merk- und Wahrzeichen, welche eine große Rolle in der altchristlichen Kunst spielen. Die «Gleichnisse», in welchen die Lehren des Evangeliums ausgesprochen sind, wurden in der Formensprache wiedergegeben. Christus nannte sich den «guten Hirten», das «Opferlamm», welches die Sünden der Welt trägt, den «Säemann»; die Apostel bezeichnet er als «Menschenfischer» u. s. w.
Das alte und neue Testament - ersteres namentlich in den Psalmen, letzteres in den Parabeln - enthalten eine Fülle solcher Gleichnisse und Schlagworte, die sich gegenständlich darstellen ließen, und der christliche Geist erfand immer noch neue dazu. Tiere, Pflanzen, Geräte u. s. w. wurden zu solchen «Symbolen», die einen religiösen Gedanken ausdrückten.
Es würde zu weit führen, eine erschöpfende Aufzählung dieser «Symbole» zu geben, nur einige der wichtigsten seien erwähnt. Dazu gehören das Lamm und der Hirt, die Taube, der Fisch (- dessen griechische Bezeichnung Ichthys auch noch zu einer besonderen Deutung Anlaß gab: Jesus Christus, Theou Yios, Soter, d. h. Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser -), der Hahn, der Pfau, (wohl richtiger Phönix, der unsterbliche Vogel), der Weinstock, die Palme, die Lilie, der Kelch, das Schiff u. a. Dazu kamen noch das «A und O» (Alpha und Omega, der erste und letzte Buchstabe des griechischen Alphabets, Anfang und Ende) und das Handzeichen Christi (Monogramm), gebildet aus den griechischen Buchstaben Ch und R in der Form der Fig. 216.
Erzählende Darstellungen. Diesen Wahr- und Merkzeichen begegnen wir schon in den Katakomben, und auch in der späteren Zeit werden sie in ausgedehntem Maße verwendet, obwohl da - seit dem 5. Jahrhundert - die erzählenden Darstellungen in den Vordergrund treten. Anfänglich hatten auch diese die Aufgabe, nicht so sehr die wirklichen Ereignisse bildlich wiederzugeben, sondern die «Gleichnisse» in ausführlicherer Weise, durch eine Reihe von Bildern, zu verdeutlichen, waren also auch von «symbolischer» Art, und drückten nur «Gedanken» aus. - Erst später gab man die biblischen Erzählungen als wirkliche Geschehnisse inhaltsgetreu wieder, und zwar sowohl jene des alten wie des neuen Testamentes. Hierbei wählte man vor allem solche Vorgänge, welchen ein höherer Sinn, eine tiefere religiöse Bedeutung unterlegt werden konnte, insbesondere Beziehungen auf das ewige Leben und die Auferstehung der Menschen.
Darstellung des Heilands. Die Persönlichkeit des Heilands selbst darzustellen wurde in der ersten Zeit vermieden, um jeden Anklang an den «Götzendienst» zu ver-
^[Abb.: Fig. 211. Altchristlicher Sarkophag.
Rom, Museum des Lateran.] ¶
meiden; man begnügte sich mit «symbolischen» Andeutungen (als «guter Hirt»),
und auch in den erzählenden Bildwerken kommen bis zum 5. Jahrhundert Hauptvorgänge aus dem Leben Christi, wie die Kreuzigung, gar nicht zur Verwertung. - Am frühesten erscheinen Darstellungen aus der Kindheit des Erlösers; daneben auch Maria und die Apostel (und Propheten). Mit der festeren Begründung des Christentums verlor sich diese Scheu und man wagte sich an die bildliche Wiedergabe der Persönlichkeit des Heilands und der Leidensgeschichte. In den ältesten Bildern erscheint Christus in schöner Jünglingsgestalt, bartlos und mit gelocktem Haar, später wird er bärtig, mit langem Haar und männlich ernsten Gesichtszügen abgebildet. Es wirkte da noch der Schönheitssinn der Antike nach. Darum ging man auch nur zögernd an die Darstellung der Kreuzigung, zumal man sich vor der Wiedergabe des nackten Körpers noch scheute.
Weltliche Bilder. Die altchristliche Kunst war so ausschließlich auf das Religiöse und Uebersinnliche gerichtet, daß Bilder aus dem irdischen Leben fast gar nicht vorkommen, und selbst die wenigen dieser Art haben eine Beziehung zu der Religion. Die Wiedergabe von Märtyrerscenen unterblieb wohl aus den gleichen Gründen, aus welchen die Kreuzigung nicht beliebt war; wobei wohl stark der Umstand ins Gewicht fiel, daß man nicht die künstlerische Kraft besaß, solchen Vorgängen das Abstoßende zu benehmen und ihnen eine innere Schönheit zu verleihen. Es fehlten hierzu die Vorbilder aus der Antike, die für alle anderen Gestaltungen sich fanden.
Beibehaltung der antiken Formen. Darin liegt ja das entscheidende Merkmal der altchristlichen Kunst, daß sie auf dem Gebiete der Malerei und Bildnerei für den neuen Gedankenkreis keine neuen entsprechenden Formen finden konnte, sondern mit jenen der Antike sich behalf, was zu manchen seltsamen Erscheinungen und Widersprüchen führte. Nur in der Baukunst sehen wir auch eine selbständige, dem christlichen Geiste und dem neuen Zwecke angepaßte Form in der Basilika aufkommen.
In der Uebereinstimmung von Inhalt und Form liegt aber das Wesen der wahren Kunst und in diesem Sinne ist die altchristliche daher eine Uebergangsstufe und Vorläufer einer neuen Entwicklung, welche nach dem Verfall der Antike auf vielfach neuen Grundlagen zu selbständiger Eigenart gelangte.
Kleinkunst. Es soll noch in Kürze der Kleinkunst dieser Zeit gedacht werden. Die besten Leistungen derselben sind die Elfenbeinschnitzereien, von denen ich bereits gesprochen habe; sonst sind nur bemerkenswert die sogenannten «Goldgläser», deren Herstellungsweise von einer eigentümlichen Kunstfertigkeit zeugt. Bei diesen Gläsern wurde auf dem Grunde eine Zeichnung mit Goldblättchen ausgelegt und eine zweite flüssige Glasschicht darüber
^[Abb.: Fig. 242. Geschnitztes Elfenbeingefäß.
Berlin, Museum.] ¶
gegossen. Im Uebrigen behielt auch die Kleinkunst die alten Formen bei, nur daß zu Verzierungen christliche Vorwürfe genommen wurden. Der Verfall der Kunstfertigkeit und des Geschmackes tritt natürlich auch hier zu Tage.
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Besprechung der Abbildungen. Die meisten altchristlichen Basiliken Roms haben zwar im Laufe der Zeit vielfältige Veränderungen durch schmuckhafte Zuthaten erfahren, lassen jedoch immerhin die ursprünglichen Eigentümlichkeiten erkennen. Die Anlage einer größeren Basilika zeigt der Grundriß der alten Peterskirche, die unter Constantin errichtet wurde und im 16. Jahrhundert dem heutigen gewaltigen Bau von Sankt Peter weichen mußte. (Fig. 199.)
S. Paul vor den Mauern. Das Innere veranschaulichen die Abbildungen Fig. 200 und 202, die Basiliken Sankt Paul vor den Mauern und Sankt Clemente, die noch die ursprüngliche Anlage haben, nur die reiche Ausschmückung stammt aus späterer Zeit. Besonders treu hat S. Paul das alte Aussehen bewahrt. Der Bau stammt aus dem vierten Jahrhundert und wurde nach einem Brande (1823) ganz in der alten Art wieder errichtet. Die schöne und großartige Raumwirkung läßt selbst die kleine Abbildung erkennen. Im Hintergrunde sieht man durch den Triumphbogen, hinter dem sich ein kurzes Querschiff hinzieht, die runde Altar-Nische.
S. Clemente in Rom. Besser noch zeigt die innere Gestaltung die Kirche S. Clemente, die im Jahre 1125 auf den Trümmern der ursprünglichen Basilika (1084 zerstört) errichtet wurde, und in welche die Einrichtungsstücke des alten Baues übertragen wurden. Der durch kleine Marmorschranken in der Mitte abgegrenzte Raum war der Platz für die den Chorgesang ausführenden Priester.
Die Erhöhungen (Ambonen) rechts und links dieses Raumes dienten zum Verlesen der Evangelien und Epistel. Die Schranke hinter dem Sängerchor (besser auf dem Grundriß Fig. 201 zu erkennen) trennt das Kirchenschiff vom Allerheiligsten, das kein Laie betreten durfte. Hinter dieser Schranke steht der Altar unter einem von vier Säulen getragenen Schutzdach, in der Mitte zwischen Schranke und Nische, in welcher der Bischof und andere hohe Geistliche ihren Platz hatten. Das Querschiff fehlt.
Kirche von Turmanin. Für die Art der syrischen Basiliken (S. 192) ist Fig. 203, die Kirche zu Turmanin, ein Beispiel. Vor der eigentlichen Basilika erhebt sich ein thorartiger Hallenbau mit einer Säulenstellung in der Mitte und zwei kräftigen niederen Türmen.
S. Apollinare in Classe. Die altchristlichen Bauten Ravennas (S. 192) zeigen die Abbildungen Fig. 204, 206-209. Während in Rom das Aeußere der Basiliken fast immer das alte Aussehen verloren hat, blieb es an einzelnen Bauten in Ravenna sehr gut erhalten. Am besten giebt die ravennatische Eigenart die Basilika S. Apollinare in Classe wieder. Die Belebung der Außenseiten durch Mauerstreifen ist auf der Abbildung deutlich sichtbar. An Stelle der Vorhalle
^[Abb.: Fig. 213. Christus als Hirte.
Malerei aus den Katakomben von S. Callisto.] ¶
hat diese Basilika einen geschlossenen Thorbau, und als noch auffälligere Eigentümlichkeit einen freistehenden runden Turm.
S. Stefano rotondo in Rom. Als Beispiel römischer Rundbauten gebe ich in Fig. 205 eine Ansicht des Innern von S. Stefano rotondo aus der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts, das noch viel von dem ursprünglichen Aussehen zeigt. 22 Säulen mit jonischen Kapitälen, die durch ein gerades Gebälk verbunden sind, tragen den cylindrischen, flach gedeckten Oberbau. Um diesen Mittelraum zieht sich ein niedrigerer Umgang mit 36 Säulen, die durch 8 Pfeiler in Gruppen von 4 und 5 getrennt werden. Von dem Umgang gehen nach der Außenmauer zu vier Arme in Kreuzform aus, die mit kleinen Nischen abschließen.
S. Vitale in Ravenna. Der wichtigste Bau dieser Art in Ravenna ist die Kirche S. Vitale, deren Grundriß und äußere Ansicht die Abbildungen Fig. 206 und 207 zeigen.
Der Bau wurde 526 begonnen und 547 (unter byzantinischer Herrschaft) vollendet und geweiht. Dem Achteck der Außenmauern entsprechen im Innern acht mächtige Pfeiler, welche die innen gewölbte, außen achtseitige Kuppel tragen, die aus ineinander gesteckten Thontöpfen gefügt ist. Zwischen den Pfeilern (ausgenommen vor der Altarnische) sind je zwei Säulen derart eingeordnet, daß sie mit den Pfeilern eine Art Nische bilden und zwar in zwei Stockwerken übereinander, das Obergeschoß wird durch Halbkuppeln geschlossen. An der Vorderseite, jedoch nicht genau gegenüber der Altarnische, stand früher eine Vorhalle mit zwei Türmen an den Seiten. Die schiefe Anlage derselben ist wohl auf ungünstige Bodenbeschaffenheit zurückzuführen.
S. Giovanni in Fonte. Die Ausschmückung derartiger Rundbauten läßt sich sehr gut aus Fig. 208 erkennen, die das Innere eines der am besten erhaltenen ravennatischen Bauwerke darstellt. Es ist die Taufkapelle San Giovanni in Fonte, ein einfacher, achteckiger Bau mit runder Kuppel, der am Ende des 4. Jahrhunderts begonnen und im ersten Viertel des folgenden beendet wurde. Die Bogen unter und über den Fenstern werden von Säulen getragen, welche die auf S. 192 besprochene Form zeigen.
^[Abb.: Fig. 214. Malereien aus den Katakomben von S. Agnese und der Priscilla. Der gute Hirte. Madonna.] ¶