begnügt natürlich vorkommende Mineralquellen nachzubilden, sondern hat ausser zahlreichen Luxuswässern, für besondere Heilzwecke eigene Zusammensetzungen konstruirt. Wir erinnern an pyrophosphorsaures Eisenwasser, Dr. Ewichs
Hämorrhoidalwasser, Dr. Erlenmeiers Bromwasser u. a. m. Es liegt nicht im Rahmen unseres Werkes eine genaue Beschreibung der Mineralwasser-Fabrikation zu liefern, wir wollen dieselbe nur in kurzen Umrissen skizziren. Sie zerfällt in drei verschiedene Operationen, erstens die Entwickelung der Kohlensäure, zweitens die Imprägnirung des Wassers mit Kohlensäure und drittens das Abfüllen auf Flaschen oder Siphons.
1. Entwickelung der Kohlensäure. Diese geschieht durch Zersetzung kohlensaurer Alkalien oder Erdalkalien mittelst Schwefel- oder Salzsäure. Man verwendet hierzu jetzt fast allgemein die natürlich vorkommende kohlensaure Magnesia (sog. Magnesit, der namentlich in Schlesien in der Gegend von Frankenstein gebrochen und von dort in
^[Abb: Fig. 183. Kohlensäure-Entwickler. R Kohlensäure-Entwicklungs-Gefäss. r Kurbel der Rührwelle. a Verschraubung für die Ausleerung des Entwicklers. e Verschraubung für die Beschickung des Entwicklers mit Magnesit und Wasser. S Schwefelsäuregefäss. c Rohr zur Ausgleichung des Drucks im Entwickler und Säuregefäss. w Erstes Waschgefäss. g und n Ableitungsrohre für die Kohlensäure.] ¶
gemahlenem Zustände in den Handel gebracht wird) und zersetzt durch englische Schwefelsäure; hierbei fällt als Nebenprodukt Magnesiumsulfat ab. In früheren Zeiten wurde vielfach Kreide, als billigstes Material, zur Kohlensäurebereitung benutzt, doch traten hierbei noch zwei Uebelstände hervor; einmal die massenhafte Bildung von Gyps, da man Salzsäure aus praktischen Gründen nicht gut zur Zersetzung benutzen kann, und dann war zweitens die gewonnene Kohlensäure von so unangenehmem Geruch, dass die hiermit bereiteten Mineralwässer fast immer einen Beigeschmack hatten. In allen besseren Mineralwasser-Fabriken arbeitet man daher schon lange nur mit Magnesit und Schwefelsäure; die hierbei gewonnene Kohlensäure ist sehr rein und frei von Geruch.
Die Apparate, welche man zur Entwickelung der Kohlensäure benutzt, sind sehr verschiedener Natur, alle jedoch bestehen aus drei Theilen erstens dem Schwefelsäuregefäss, zweitens dem mit Rührvorrichtung versehenen Entwickler, in welchem durch den allmäligen Zufluss von Schwefelsäure, das mit heissem Wasser angerührte Magnesitmehl zersetzt wird, und drittens den Waschflaschen, gewöhnlich vier an der Zahl, in welchen, unter Zusatz geeigneter Chemikalien, die Kohlensäure vollständig gereinigt wird. S. Abbildung.
In der ersten Waschflasche fügt man dem Wasser etwas Natriumcarbonat zu, um etwa übergerissene Spuren von Schwefelsäure zu neutralisiren; in die zweite Waschflasche kommt eine dünne Lösung von Eisenvitriol zur Entfernung von atmosphärischer Luft; in die dritte eine Lösung von Kaliumpermanganat zur Entfernung etwa vorhandenen Geruches, und in die vierte reines Wasser. Aus der letzten Flasche gelangt die Kohlensäure, mittelst Rohrleitung entweder direkt in das Mischgefäss, oder, wie dies bei allen besseren und grösseren Fabriken der Fall ist, unter eine schwimmende Gasometerglocke, von wo sie mittelst besonderem Pumpwerk in das Mischgefäss gepresst wird.
Seit einigen Jahren, nachdem die Darstellung der flüssigen Kohlensäure im Grossen gelungen ist, hat der Mineralwasser-Fabrikant nicht mehr unbedingt nöthig sich die Kohlensäure selbst darzustellen, sondern er kann hierzu die zu sehr mäßigen Preisen in den Handel kommende, komprimirte, flüssige Kohlensäure benutzen. Hierdurch vereinfacht sich die Fabrikation ganz bedeutend, indem die theueren und der Abnutzung am meisten unterworfenen Entwickler, sowie die grossen Gasometerglocken und das Pumpwerk gänzlich fortfallen. Der Fabrikant hat nur nöthig die eisernen Cylinder, welche die flüssige Kohlensäure enthalten, mit dem Mischgefäss in Verbindung zu setzen; besondere, höchst sinnreich konstruirte Hähne ermöglichen es dann, das Wasser unter jedem beliebigen Druck mit Kohlensäure zu sättigen.
2. Imprägnirung des Wassers mit Kohlensäure. Hierzu benutzt man kupferne aus zwei Hälften bestehende und mittelst Flanschen zusammengeschrobene Hohlgefässe, entweder von Kugelform oder länglich ¶
oval. Diese Gefässe, welche vorher auf einen Druck von mindestens 15 Atmosphären geprüft sein müssen, sind mit einer Rührwelle mit durchlöcherten Rührschaufeln versehen. In diesem Mischcylinder, der innen stark verzinnt, wird das reine Wasser und die zur Zusammensetzung des Mineralwassers nöthigen Salzlösungen eingefüllt, dann die atmosphärische Luft bei geöffnetem Hahn durch zuströmende Kohlensäure verdrängt. Jetzt wird die Einfüllöffnung geschlossen, etwa 1/5 des Wassers durch den unteren Hahn abgelassen, dann dieser ebenfalls geschlossen und nun das Wasser durch fortwährendes, stossweises Drehen der Rührwelle mit Kohlensäure bis zu dem gewünschten Druck (2-10 Atmosphären) gesättigt.
Für Mineralwässer rechnet man gewöhnlich 2-3. für Luxuswässer 3-5 und nur zum Abfüllen der Siphons bedarf man einen höheren Druck von 8-10 Atmosphären. Jetzt ist das Wasser zum Abziehen auf Flaschen fertig. Eine Hauptbedingung für die Darstellung haltbarer Fabrikate, ist die gänzliche Entfernung aller atmosphärischen Luft aus dem Apparat und dem angewandten Wasser; dieses lernt der praktische Arbeiter nur durch Erfahrung. Für alle medizinischen Wässer ist stets reines destillirtes Wasser zu verwenden; für Luxuswässer dagegen steht der Benutzung von völlig klarem, gutem Quell- oder Brunnenwasser nichts entgegen.
3. Das Abfüllen auf Flaschen oder Siphons. Diese Arbeit ist keine so ganz einfache, wie es auf den ersten Blick scheinen möchte, doch hat die Technik eine ganze Reihe zum Theil höchst sinnreicher Apparate konstruirt, die das Abfüllen unter Druck und ohne Verlust von Kohlensäure und Wasser ermöglichen. Auch hier ist wieder die Aufgabe, aus den Gefässen die atmosphärische Luft nach Möglichkeit zu entfernen; es geschieht dies durch abwechselndes Einströmenlassen des mit Kohlensäure übersättigten Wassers und Abblasenlassen der atmosphärischen Luft aus den Gefässen; dies wird abwechselnd fortgesetzt, bis das Füllen der letzteren in gewünschter Weise erfolgt ist. Der Arbeiter drückt die Flasche mittelst Tritthebels gegen den Gummiring des Abflusshahnes, der nach oben durch die Korkvorrichtung verschlossen ist; sobald die Flasche in der oben angegebenen Weise genügend gefüllt, wird der Kork durch den Druck auf den Hebel an der Korkmaschine in den Flaschenhals hineingezwängt, die Flasche wird nun durch Lüften des Tritthebels entfernt, dann verdrahtet, etikettirt und ist endlich zum Verkauf fertig.
Sollen statt des Korkens andere Verschlussarten, wie Kugel- oder Patentverschluss angewandt werden, so muss die Füllvorrichtung selbstverständlich eine andere Einrichtung erhalten. Nach des Verfassers Erfahrungen, der lange Jahre Besitzer einer Mineralwasser-Fabrik war, ist aber der Korkverschluss, bestes Korkmaterial vorausgesetzt, der am meisten zu empfehlende und praktischste.
Bevor man anfing die Luxuswässer auf ganz kleine, nur ein Glas enthaltende Flaschen zu füllen, trat vielfach der Uebelstand hervor, dass der letzte Rest der angebrochenen Flache schaalschmeckend wurde, um ¶
dies zu vermeiden, erfand man die bekannten, höchst sinnreich konstruirten Siphons, bei welchen das Wasser bis zuletzt unter starkem Kohlensäuredruck bleibt und vermöge dieses Drucks beim Oeffnen des Ventils aus dem Hahn des Siphons abfliesst. Doch auch die Siphons leiden unter mancherlei Uebelständen, deren Erörterung hier zu weit führen würde. Das Füllen derselben ist ein ziemlich umständliches und schwer zu beschreibendes.
Die nebenstehende Abbildung wird den Vorgang am besten erklären.
Sowohl beim Füllen der Flaschen wie der Siphons kommt namentlich bei neuen Gefässen ein häufiges Zerspringen derselben vor; es ist deshalb nöthig, dass der Arbeiter durch besondere Schutzvorrichtungen vor den umhergeschleuderten Glassplittern geschützt wird. Gewöhnlich benutzt man dazu drehbare Körbe aus starkem Eisendraht, welche beim Füllen die. Flaschen oder Siphons umschliessen.
Mit der Fabrikation von Mineralwässern ist fast immer auch diejenige anderer Luxusgetränke, namentlich der sogen. Brauselimonaden verbunden. Hierbei wird zuerst im Mischgefäss reines Wasser mit Kohlensäure imprägnirt und mit diesem dann die Flaschen, in welche vorher eine bestimmte Menge Limonadensaft eingemessen ist, vollgefüllt. Ueber die Bereitung der Limonadensäfte siehe Buchheisters Praxis II. Vorschriftenbuch. Auch bei Bereitung der Brauselimonaden ist, wenn man ein tadel-
^[Abb: Fig. 184. Siphon-Füll-Apparat. S Siphon. M Mantel. A Abfüllhahn. T Tritthebel. w Kautschukschlauch. v Kautschukschlauch am Pistonhalter. s Stellring für die Trittvorrichtung.] ¶
freies Fabrikat erzielen will, die peinlichste Sorgfalt auf die Entfernung der atmosphärischen Luft zu verwenden.
Hydrogénium hyperoxydátum. Wasserstoffsuperoxyd.
H2O2 .
Das Wasserstoffsuperoxyd des Handels ist eine mehr oder minder starke Lösung desselben in Wasser. Sie stellt eine farb- und geruchlose Flüssigkeit von eigenthümlich herbem, etwas bitterlichem Geschmack dar. Lackmuspapier wird von ihr anfangs geröthet, dann gebleicht. Bringt man feste Körper in dasselbe, so entwickeln sich Bläschen von freiem Sauerstoff; derselbe Körper entweicht, wenn man eine Lösung von Kaliumpermanganat hinzufügt.
Es wird bereitet, indem man in verdünnte, stark abgekühlte Schwefelsäure so lange Baryumhyperoxyd (s. d.) einträgt, bis alle Schwefelsäure ausgefällt ist. Den entstandenen schwefelsauren Baryt lässt man absetzen und säuert die Flüssigkeit, der besseren Haltbarkeit wegen, schwach an.
Anwendung. Als ausgezeichnetes Bleichmittel für Schwämme, Haare. Elfenbein etc.; medizinisch zum Spülen des Mundes, ferner bei Diphtherie und neuerdings auch als blutstillendes Mittel.
Es muss an kühlem, dunklem Orte in nicht zu grossen Flaschen aufbewahrt werden. Dem Lichte ausgesetzt zerfällt das Wasserstoffsuperoxyd in Wasser und Sauerstoff, ein Umstand, der beim Aufbewahren wohl zu berücksichtigen ist, da andernfalls die Flaschen leicht zersprengt werden. Man thut gut, nicht zu grosse und nicht zu fest verschlossene Flaschen anzuwenden.
Stickstoff. Nitrogenium.
N. 14.
Von den fünf Verbindungen des Stickstoffs mit Sauerstoff (s. chemische Einleitung) hat für uns nur die Salpetersäure und indirekt die Untersalpetersäure, als ein Bestandtheil der rauchenden Salpetersäure, Bedeutung. Das Stickoxydul N2O , auch Lach- oder Luftgas genannt, welches eine Zeit lang bei kleinen chirurgischen Operationen als Betäubungsmittel empfohlen wurde, wird kaum mehr als solches benutzt und ist auch nie ein eigentliches Handelsobjekt gewesen.
Acidum nitricum, Aqua fortis. +
Salpetersäure, Scheidewasser.
HNO3 .
Das Salpetersäure-Anhydrit N2O5 hat man neuerdings krystallinisch dargestellt; es ist aber ein äusserst gefährlicher Körper, welcher nur in zugeschmolzenen Glasröhren einige Zeit aufbewahrt werden kann, meist aber auch hier sehr bald unter Explosion in seine Bestandtheile zerfällt. Die käuflichen Säuren bestehen übrigens, selbst in ihren stärksten Sorten, ¶
nicht aus reinem Salpetersäurehydrat, der obigen Formel entsprechend, sondern sie enthalten ausserdem noch verschiedene Mengen Wasser.
Acidum nitricum crudum. Rohe Salpetersäure, Scheidewasser. Farblose oder schwachgelbliche Flüssigkeit von eigenthümlichem, etwas stechendem Geruch und ätzend saurem Geschmack. Beim Verdunsten hinterlässt sie meist einen ganz geringen Rückstand. Ihr spez. Gew. schwankt zwischen 1,380-1,390 = 40° Bé., entsprechend einem Gehalt von 60-64 % Salpetersäurehydrat. Diese Säure heisst im Handel doppeltes Scheidewasser. Das sog. einfache Scheidewasser hat ein spez. Gew. von 1,210 = 25° Bé., entsprechend einem Gehalt von 34 % Salpetersäurehydrat. Es kommen jedoch im Handel zwischen diesen beiden Grenzen noch verschiedene andere Stärkegrade vor; namentlich eine Säure von 36° Bé. = 51-53 % Salpetersäurehydrat wird viel gehandelt; sie hat ein spez. Gew. von ca. 1,330.
Dies rohe Salpetersäure ist stets verunreinigt durch Spuren von Untersalpetersäure, Eisen, Schwefelsäure, zuweilen auch Salzsäure. Sie lässt sich von einzelnen dieser Beimengungen durch längeres Erwärmen auf- mäßige Temperatur befreien. Eine solche, theilweise gereinigte Säure, wie sie für viele Zwecke erforderlich ist, wird in einzelnen Fabriken bereitet und heisst gebleichte Säure.
Die rohe Salpetersäure wird fabrikmäßig in kolossalen Quantitäten dargestellt und zwar durch Erhitzen und Zersetzen von salpetersaurem Natron (Chili- oder Perusalpeter) mit Schwefelsäure. Die Operation geschieht in gusseisernen Retorten, welche, um sie den Einwirkungen der Säure zu entziehen, stets in Glühhitze erhalten werden müssen. Man wendet daher vielfach röhrenförmige, freiliegende Kessel an, welche rundumher von den Flammen bestrichen werden können.
Die sich entwickelnden Salpetersäuredämpfe werden in ein System von thönernen, mit zwei Oeffnungen versehenen Vorlagen geleitet, welche unter sich durch gebogene Thonröhren verbunden sind; die Salpetersäuredämpfe verdichten sich in diesen und die Säure wird von Zeit zu Zeit durch einen unteren Abflusshahn, welchen jede Vorlage besitzt, abgelassen. In der ersten Vorlage verdichtet sich die stärkste Säure; das Destillat wird um so schwächer, je weiter die Vorlage in dem System zurückliegt.
Will man nur schwache Säuren gewinnen, so wird noch etwas Wasser vorgeschlagen, oder die zur Zersetzung angewandte Schwefelsäure wird verdünnter genommen. Für die starken Säuren ist eine Schwefelsäure von mindestens 1,750 spez. Gew. nöthig. Rechnungsmäßig würde man zur Zersetzung von einem Atom salpetersauren Natrons auch nur ein Atom Schwefelsäurehydrat nöthig haben. In der Praxis werden aber zwei Atome der Letzteren angewandt, denn bei gleichen Atomen wird anfangs nur die Hälfte des Salpeters zersetzt und es entsteht Natriumbisulfat (doppeltschwefelsaures Natron). Bei noch höherer Temperatur setzt sich allerdings das Bisulfat mit dem Reste des Salpeters um in einfaches Natriumsulfat und freie Salpetersäure; diese ¶