in metallenen Trommeln, die über offenem Feuer langsam gedreht werden. Da die
Federn hierbei farbig anlaufen, werden sie
in Drehtonnen mit Sand erst wieder blankgescheuert. Dann gelangen sie in den Schleifsaal, wo jede Arbeiterin eine von Maschinenkraft
gedrehte Schleifscheibe vor sich hat. Hier erhalten die
Federn durch ein fast augenblickliches Anlegen
mittels einer Zange an die Scheibe den Anschliff, den jede
Feder auf der Oberseite des Schnabels zeigt, und welcher den Zweck
hat, diesen bis zur
Spitze mehr und mehr zu verdünnen, um ihn elastischer zu machen. Von dem
Schleifen soll die Güte der
Feder hauptsächlich abhängen. Die letzte Arbeit ist das Anbringen des Mittelspaltes im Schnabel.
Eine, den frühern im allgemeinen ähnliche, Handdruckmaschine, welcher die
Federn einzeln untergeschoben werden, besorgt
dies, indem sie eine scharfe Kante des Oberstempels an einer solchen des untern vorbeischiebt, durch eine Art Scherenschnitt.
Die somit fertigen
Federn können von Schärfen und Rauhheiten nicht frei sein und die geringen Sorten
haben solche in der That noch an sich. Man bringt sie daher in größern Mengen in blecherne Cylinder, die kürzere oder
längere Zeit gedreht werden, wobei die
Federn sich gegenseitig die scharfen Ränder abstumpfen und runden. Die bessere Ware
wird endlich nach der Beschaffenheit des Schnabels noch sortiert. Man prüft die
Federn einzeln durch
einen Druck auf einen Daumenring und sondert sie hiernach in erste, zweite und dritte Sorte.
Viele
Federn erhalten noch irgend eine Behandlung, die ihr äußeres Ansehen verändert. Manchen gibt man einen
Firnis von
Schellack oder
Guttapercha, andre werden bronziert, d. h. man läßt sie in einer
Blechtrommel über Feuer gelb, braun oder blau anlaufen. Manche werden mit sauren Beizen,
Cyankalium u. dgl. behandelt und
dadurch dunkel- oder hellgrau gemacht. Nur auf diese äußere Ausstattung gründen sich Benennungen wie Kupferfedern,
Amalgam-,
Zement-, Zinkkompositionsfedern und andre.
Die Masse ist immer Stahl. Durch die Berührung mit der
Tinte oxydiert der Stahl ziemlich rasch; es bleiben
daher die S. nicht lange brauchbar. Man kann diesem Übelstande dadurch abhelfen, daß man den
Federn eine starke Vergoldung
gibt. Um das Abschleifen der
Spitzen bei dem Schreiben und den dadurch eintretenden stärkern Verbrauch zu beseitigen, werden
Federn mit Diamantspitzen versehen. Diese sind natürlich sehr teuer, halten aber auch bei guter
Befestigung der
Spitzen und schonender Behandlung viele Jahre. -
Die S. kommen in unendlich vielen Sorten im Handel vor, die sich durch die Gestalt der
Spitze, des Schaftes, Härte etc. unterscheiden.
Für einzelne Schriftarten sind sogar besondere
Federn entstanden, z. B. für Rundschrift die Rundschriftfedern
von Soennecken in Bonn. -
Die S. ist nur als Massenartikel eine neuere Erscheinung, denn Metallfedern waren neben den Posen schon im Mittelalter im
Gebrauch und manche noch vorhandenen Bücher sind offenbar mit solchen geschrieben. Dieselben bestanden aus dünnem
Eisen-,
Kupfer- und Messingblech und wurden von
den Schreibern gewöhnlich selbst zurecht geschnitten. Später
gab es auch stählerne, von Mechanikern gefertigte, die etwa 1 Mk. das Stück kosteten, wofür man
jetzt allerdings ein ganzes
Gros recht gute oder vier
Gros schlechte S. kaufen kann. - Zoll: S. (zum Schreiben) auch mit vergoldeten
Spitzen gem. Tarif Nr. 6 e 3 γ.
(lat. amylum, frz. fécule oder amidon, engl.
starch). Das Stärkemehl, welches viele Pflanzen in ihren Samen, Wurzeln oder Knollen, oder, wie die Palmen, im Mark des
Stammes ansammeln, ist für dieselben ein Reservenahrungsstoff, der in folgenden Wachstumsperioden wieder in Auflösung geht
und, in
Zucker umgewandelt, zu Neubildungen verwendet wird. Im menschlichen und tierischen Magen verdaut,
unterliegt die S. derselben Verwandlung und sie hat demnach für die Ernährung des Organismus nur die Bedeutung wie
Zucker.
Je nach der Pflanze, von welcher man die S. gewinnt, hat man verschiedne Sorten, die sich zwar morphologisch, nicht aber
hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung unterscheiden; diese ist bei allen Sorten die gleiche.
Manche Stärkesorten, wie
Arrowroot,
Sago, Tapioka, werden aus weiter Ferne eingeführt. Es sind an dieser Stelle diejenigen
Stärkesorten zu besprechen, welche bei uns fabrikmäßig hergestellt und massenhaft verbraucht werden, hauptsächlich zu
technischen Zwecken. Es sind dies die
Weizen-, dieKartoffel- und die Reisstärke. -
Weizenstärke. Das Weizenkorn besteht aus Hülse,
Kleber und S., welche zum Behuf der Stärkgewinnung zu trennen sind. Weizenmehl
enthält nur noch die beiden letztern, und wenn der Stärbefabrikant ^[richtig: Stärkefabrikant] von diesem ausgeht, ist
die Trennungsarbeit einfacher. Es wird das
Mehl mit Wasser zu einem steifen Teig geknetet und dieser in
Portionen von 4-5 kg auf einem feinen Siebe, über welches eine Brause einen fortwährenden Regen ergießt, so lange durchgearbeitet,
bis das Wasser nicht mehr milchig abfließt.
Man behält dann auf dem Siebe den größten Teil des
Klebers zurück, der zu Nahrungszwecken brauchbar ist, wie in
dem betreffenden Artikel näher angegeben. Die durch das Sieb gegangenen Flüssigkeiten enthalten das Stärkemehl, aber noch
untermengt mit etwas fein verteiltem
Kleber, welcher nur so entfernt werden kann, daß man ihn durch einen Gärungsprozeß
löslich macht. Die Masse wird deshalb auf Bottichen mit einem sauren Ferment versetzt und in gelinder
Wärme, unter zeitweiligem Umrühren, so lange belassen (etwa 24 Stunden), bis die Gärung beendet ist. Man zieht dann die
Flüssigkeit von der abgesetzten S. ab, wäscht letztere mit vielem Wasser und trocknet sie.
Wo Mahlsteuer besteht, ist dieser Fabrikationsweg, weil zu kostspielig, nicht ausführbar. Es tritt dann die andre Methode
ein, welche von den ganzen Körnern ausgeht und den
Kleber als solchen nicht gewinnt, sondern sämtlich durch Gärung beseitigt.
Das Verfahren gestaltet sich hierbei wie folgt: Man verarbeitet in der Regel guten großkörnigen, dünnschaligen und reinen
Weizen, doch nimmt man gern auch den wohlfeilen, sog. blauspitzigen mit ein wenig Brand
an den
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mehr
Spitzen. Die Körner werden zunächst in Bottichen oder Bassins mit Wasser eingequellt; nach drei Tagen sind sie so erweicht,
daß sie sich zwischen den Fingern zerdrücken lassen. Sie kommen nun auf die Quetsche, wo sie durch zwei eiserne, gegen
einander laufende und dicht neben einander liegende Walzen zu Mus zerdrückt werden. Dieses kommt zusammen
mit Wasser wieder in Bassins. Hier tritt nach einigen Tagen die Gärung ein, die Masse steigt und muß, so oft dies geschieht,
wieder niedergerührt werden.
Die Gärung braucht im Sommer eine Zeit von etwa 14 Tagen, im Winter mehrere Wochen. Der Weizen bildet dann eine dickflüssige
saure Masse, in welcher gelbliche Massen von Kleber schwimmen, die man, so weit thunlich, durch Abschöpfen entfernt. Das
Ganze kommt nun in die Spülmaschine, eine Hohlwalze, deren Mantel aus eng neben einander stehenden Latten besteht und vermöge
der schmalen Zwischenräume wie ein Sieb wirkt. Indem die Walze sich dreht, fällt beständig Wasser
in Regenform auf, beziehentlich in dieselbe, und es werden dergestalt die S. und der Rest von Kleber ausgespült, indes die
Hülsen in der Trommel bleiben.
Die von der Spülmaschine ablaufende milchähnliche Flüssigkeit fließt in die Quirlbassins, um hier durch eine stehende
Flügelwelle bearbeitet zu werden. S. und Kleber werden also am Niederfallen gehindert, bis das Bassin
voll ist und man den Quirl abstellt. Dann sinkt erstere fast sofort nieder, indes der letztere langsamer nachfolgt und auf
dem Niederschlag der S. eine Oberschicht bildet, die nach Abheben des überstehenden Wassers sorgfältig abgenommen wird.
Die S. wird wieder mit Wasser angerührt und in die Setzwannen gepumpt, wobei sie durch ein feines Haarsieb
gehen muß. Hat sie sich hier gesetzt und ist das Wasser abgelassen, so wird sie durch eine Zentrifuge oder auch durch eine
sog. Nutsche entwässert, in Stücke geschnitten und auf den Trockenboden zum Trocknen gebracht.
Die im Quirlbassin abgehobene Oberschicht, das sog. Grobe, enthält noch
viele Stärkekörnchen, die der Fabrikant nicht verloren gehen lassen kann. Es wird daher diese Masse gewöhnlich wieder
mit Wasser gemischt und über breite hölzerne Rinnen geleitet, welche sehr geringen Fall haben, sodaß ein ganz langsames
Fließen statt hat, wobei der Rest der S. sich absetzt.
Die abgelaufene Flüssigkeit heißt nun Schlempe, ein Stoff, der nur als Schweinefutter verwendbar ist, daher die Stärkefabriken
gewöhnlich zum Schweinehalten veranlaßt sind. Einen besser zu verwertenden und gut verkäuflichen Abfall bilden die von
der Spülmaschine kommenden Hülsen, welche auch von anderm Vieh, Schafen, Rindern, Pferden, gefressen werden. Wenn
auf dem Trockenboden die großen Stärkestücke eine trockne Kruste von etwa 4 mm Dicke erhalten haben, so schabt man sie
ab, weil sie in der Regel schmutzig geworden ist. Dieser Abfall bildet die Schabestärke, welcher hauptsächlich zu Kleister
dient. Die großen Stücke werden nun in kleinere geschlagen und auf Horden weiter getrocknet, wobei
die Masse von selbst in noch kleinere Teile zerfällt. Dies ist dann die gewöhnliche Waschstärke.
Manche
Fabriken bereiten aus der gewöhnlichen S. noch feinere Produkte durch wiederholtes Schlemmen u.
dgl., z. B. Strahlenstärke, Patentstengelstärke,
Puderstärke, Spitzenstärke u. a. Ein Hauptsitz der Stärkefabrikation aus Weizen ist Halle, dann folgen Nürnberg,
Augsburg, Neuwied, Köln, Koblenz, Mannheim u. a. Schlesien produziert außer viel Kortoffelstärke
^[richtig: Kartoffelstärke] auch solche aus Weizen. -
Kartoffelstärke. Die Darstellung dieser Stärkesorte ist ganz einfach und geschieht fabrikmäßig im wesentlichen ebenso,
wie sie oft genug in häuslichen Wirtschaften zum Selbstgebrauch vorkommt. Die rohen gewaschenen Kartoffeln werden zerrieben,
in Fabriken natürlich durch Maschinen, und aus dem entstandenen feinen Brei wird die S. auf Sieben oder
in einer andern Weise mit vielem kalten Wasser ausgewaschen und mit diesem auf Kufen oder in Bassins gebracht, wo sich die
S. zu Boden setzt.
Nach Ablassen des überstehenden Wassers wird von der S. die oberste unreine Schicht entfernt, das übrige
ausgestochen, an der Luft und nachgehends in künstlicher Wärme getrocknet. Die trockne Masse wird mit Walzen zerdrückt
und gesiebt; sie bildet ein schneeweißes knirschendes Pulver. Der Stärkegehalt der Kartoffeln ist bekanntlich ziemlich verschieden
und man gewinnt nach Umständen 14-24%. Ein unausbringlicher Rest bleibt in der rückständigen Masse,
welche als Viehfutter verwendet wird. -
Reisstärke wird in England, Belgien und jetzt auch in Deutschland im großen bereitet, ist auch bei uns schon ein gewöhnlicher
Ladenartikel und wird als das feinste Stärk- und Appreturmittel verwendet. Die meisten und größten englischen Fabriken
für Reisstärke befinden sich in Norwich. Einige Reissorten geben 80-90% S., die Durchschnittsausbeute
ist aber nur 73%. Im Reiskorn liegen die sehr feinen Stärkekörnchen im innigen Gemenge mit den übrigen Mehlstoffen und
eine bloß mechanische Behandlung ist daher nicht hinreichend, die Trennung zu bewirken, welche vielmehr durch chemische
Mittel gefördert werden muß.
Es ist demnach der Gang der Fabrikation etwa folgender: Der ungeschälte Reis wird mit Wasser, in welchem
Ätznatron (man wendet eine Lauge von 1½ bis 2° Bé.
an) gelöst ist, so lange gequellt, bis er zwischen den Fingern zerreiblich ist;
dann wird der gequellte Reis zur Entfernung
der Lauge mit Wasser zweimal ausgewaschen und unter Zusatz schwächerer Lauge zwischen Steinen gemahlen.
Die milchige Flüssigkeit läuft in große tiefe Gefäße, wo sich Hülsen und Kleber am Boden absetzen. Zur rechten Zeit,
welche durch Beobachtungen an kleinen Fensterchen, die in der Kufenwand angebracht sind, erkannt wird, pumpt man die Stärkeflüssigkeit
ab auf andre Gefäße und versetzt sie mit noch mehr Wasser. Hier klärt sich die Flüssigkeit ab und
die S. sinkt zu Boden. Der Rückstand der ersten Kufe wird ausgepreßt, während die Preßkuchen nach sorgfältigem Auswaschen
mit Wasser als Viehfutter verkauft werden. Der Stärkebrei wird durch Siebe getrieben und so gereinigt, dann in leinene Tücher
geschlagen oder in der Zentrifuge entwässert.
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Das Trocknen geschieht in der Regel bei 40 bis 50° R. - In England wird in ähnlicher Weise wie aus Reis auch viel Maisstärke
bereitet. -
Erzeugung und Verbrauch von Kartoffel- und Weizenstärke sind großartig und der letztere ist sehr mannigfaltig. Die Kartoffelstärke
wird zum eigentlichen Stärken und Appretieren in der Regel nicht verwendet, schon deshalb, weil sie
einen gelblichen Kleister gibt; sie dient als Schlichte in der Zeugweberei und sonst zu Kleister, als Farbenverdickungsmittel
beim Zeugdruck, in Konditorei, Bäckerei und Küche, und in großen Mengen zur Darstellung von Dextrin, Stärkesirup und Stärkezucker.
Es besteht diese Stärkeart aus den größten Körnern, welche unter dem Mikroskop eiförmig erscheinen
mit einem Nabel am spitzen Ende und übrigens mit ringsum laufenden Streifen als Zeichen eines geschichteten Baues. Die S.
bildet mattweiße, leicht zerfallende Brocken; gepulvert ist sie schmutzig weiß und glänzend.
Die Weizenstärke, fester zusammenhängend, als Pulver bläulich weiß und nicht glänzend, besteht aus
linsenförmigen Körperchen, gemischt mit viel kleinern ganz runden. Die Reisstärke hat die kleinsten, würfelig oder sonst
eckig gestalteten Körnchen. Sie ist nicht ganz unlöslich in kaltem Wasser wie die übrigen Arten, sondern es verbleibt
in solchem, wenn beides zusammengerührt und dem Abklären überlassen wird, ein ziemlicher Anteil gelöst. Weizenstärke
verhält sich übrigens, nachdem sie feingerieben worden, ebenso. Sie ist die eigentliche Waschstärke und das Appreturmittel
für Zeuge, wird aber in diesem Dienste durch die neu aufgetretene Reisstärke für Fälle, wo eine feinere Appretur erwünscht
ist, wohl etwas beschränkt werden.
Es sind über das verhältnismäßige Steifungsvermögen von Weizen-, Kartoffel- und Maisstärke genaue
vergleichende Versuche angestellt worden und man hat gefunden, daß dieses Vermögen bei gleichen Mengen der Maisstärke
am meisten eigen, daß es bei der Weizenstärke geringer und am geringsten bei der Kartoffelstärke ist. Dabei hat sich aber
noch herausgestellt, daß Mais- und Kartoffelstärke viel gleichmäßiger steifen als Weizenstärke, vielleicht
weil diese letztere aus zwei verschiednen Arten von Körnern besteht. -
Die S. kann, abgesehen von Beimischungen ganz fremder Körper, besonders auch durch zu großen Wassergehalt dem Käufer Nachteil
bringen. Wenn die Ware einige Zeit in feuchter Luft belassen wird, so nimmt sie beträchtlich Wasser auf, ohne feucht zu
erscheinen. Es ist daher beim Einkauf der Wassergehalt zu prüfen; es darf eine gewogene Probe bei völligem
Austrocknen in einer Temperatur von 60-86° C. nicht mehr als 20% an Gewicht verlieren. Der Preis der Weizenstärke richtet
sich nach den Getreidepreisen. Kartoffelstärke ist immer beträchtlich wohlfeiler. -
Eine massenhafte Produktion von Kartoffelstärke findet sich, wie schon bemerkt, in Schlesien, von wo
die Ware in ganzen Schiffsladungen verführt wird; vieles erzeugen auch die Provinzen Sachsen und Pommern. Magdeburg ist
der hauptsächliche Umsatzplatz, und demnächst Berlin, für alle Stärkewaren, Zucker und
Sirupe. Der Absatz ist landwärts
nach Westfalen und den Rheinlanden, seewärts nach England und andern Ländern. Emballage in Fässern
von 6-8 Ztr. oder Säcken von 1-2 Ztr. Inhalt.
Außer der gewöhnlichen Sortierung in Prima-, Sekunda- und Tertiaware findet sich von Kartoffeln noch vor: Rohstärke, Bassinstärke
und Schlammstärke, das wohlfeilste Produkt. Primaware wird zum Teil als chemisch gereinigt angekündigt. Endlich kommt ein
guter Teil der S. klar gemahlen, als Kartoffelmehl, an den Markt, die Form, in welcher der Stoff meistens
zu Genußmitteln verwendet und in Viktualienhandlungen feilgehalten wird. Die ausländischen Arten von S. sind unter ihren
speziellen Namen beschrieben. - Zoll: Arrowrot ^[richtig: Arrowroot], Sago, Tapioka und alle Arten von S. gem. Tarif im
Anh. Nr. 25 q 1. Stärkezucker und Sirup Nr. 25 u. Bemerkt wird, daß Reis zur Stärkefabrikation unter Kontrolle der Verwendung
zum Zollsatze von 1,20 Mk. pro 100 kg abgelassen wird.
(Glanzstärke) ist eine Stärke, welche dadurch, daß ihr ein Anteil Stearin durch Verreiben zugesetzt
ist, die Eigenschaft erhält, der damit behandelten Wäsche mehr Weiße und einen höhern Glanz zu geben
und das Plätten zu erleichtern, welches bei Verwendung solcher Stärke glätter von statten geht. - Zoll: gem. Tarif Nr. 25 q 1.
(Traubenzucker, Dextrose, Glucose, Glykose, Rechtstraubenzucker, Krümelzucker). Diese, hinsichtlich
ihrer Zusammensetzung und Eigenschaften von dem gewöhnlichen Zucker verschiedne Zuckerart bildet einen
Bestandteil sehr vieler süßer Früchte, namentlich der Weintrauben (daher der Name Traubenzucker), Kirschen, Pflaumen, Feigen
etc. und findet sich auch im Honig. Nach dem Genusse zucker- und stärkemehlhaltiger Nahrungsmittel tritt diese Zuckerart
auch im Chylus, dem Darminhalte und der Leber auf, pathologisch findet sie sich im Harn bei der Harnruhr
oder sogen. Zuckerkrankheit.
Auch bei der Spaltung zahlreicher Glucoside (die daher diesen Namen erhalten haben) durch Kochen mit verdünnten Säuren
entsteht dieser Zucker. Er bildet sich ferner aus dem gewöhnlichen Rohrzucker (Saccharose) durch Inversion;
wird derselbe
nämlich längere Zeit bei Luftzutritt und hoher Temperatur gekocht, so bildet sich Invertzucker;
schneller
findet diese Umwandlung statt durch Kochen mit verdünnten Säuren;
dieser Invertzucker ist ein Gemenge von Dextrose, mit
welchem Namen man den S. jetzt in der Wissenschaft belegt, und von Levulose (Linksfruchtzucker).
Letztere Zuckerart hat dieselbe
chemische Zusammensetzung, wie der S., kristallisiert aber nicht, sondern bleibt immer flüssig, dreht
ferner die Ebene des polarisierten Lichtes nach links, während der S. rechtsdrehend ist, daher auch die Namen Rechtstraubenzucker
und Dextrose für S.
Diese Zuckerart läßt sich endlich auch aus Cellulose (Sägespänen), Gummi, Dextrin, Stärke, Maltose etc. durch Behandlung
mit Säuren erhalten. Zur Fabrikation von S. im großen benutzt man jedoch nur Kartoffelstärke und in
neurer Zeit da, wo viel Mais gebaut wird, auch diesen. Cellulose erfordert zu viel Säure und
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gibt zu wenig Ausbeute, wird daher bei der Fabrikation nicht verwendet. Früher wurde zuweilen anstatt der Säure zur Umwandlung
der Stärke in ZuckerMalz verwendet, von dem eine verhältnismäßig kleine Menge genügt, um eine große Menge Stärke zu verzuckern;
jetzt benutzt man jedoch wohl ausschließlich Schwefelsäure zu diesem Zweck. Übrigens erhält man bei
Anwendung von Malz auch keine Glukose, sondern eine, dieser sehr ähnliche, früher nicht bekannte Zuckerart, die Maltose.
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Behufs Fabrikation des S. kocht man Kartoffelstärkemehl mit Wasser und etwa 2% Schwefelsäure in hölzernen Bottichen mittels
Dampf so lange, bis alles Stärkemehl umgewandelt und die Flüssigkeit klar geworden ist. Durch die Säure
wird anfangs neben Zucker auch stets Dextrin gebildet, welches durch weiteres Kochen ebenfalls in Zucker übergeführt wird.
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Sobald eine Probe der Flüssigkeit Jodlösung nicht mehr blau färbt, ist alle Stärke umgewandelt: so lange noch Dextrin vorhanden
ist, wird eine Probe durch Jodlösung rot gefärbt, während in dextrinfreier Traubenzuckerlösung mit
Jodlösung keine Färbung mehr entsteht. Gewöhnlich setzt man aber das Kochen nicht so lange fort, sodaß sowohl der S.,
als auch der S.sirup des Handels noch variable Mengen von Dextrin enthalten. Die gekochte Flüssigkeit wird, um die Schwefelsäure
wieder zu entfernen, mit Kalk oder Kreide neutralisiert; hierbei entsteht schwefelsaurer Kalk (Gips), der
zu Boden fällt. Nach mehrstündiger Ruhe zieht man die Flüssigkeit von diesem Bodensatze ab, klärt sie mit Blutalbumin
und entfärbt sie mit Knochenkohle.
Hierauf wird die Flüssigkeit verdampft, bis sie ein spezif. Gewicht von 1,26 zeigt; beim Erkalten und längerem Stehen scheidet
sich dann noch ein anderweitiger Teil Gips ab, der in der Flüssigkeit im gelösten Zustande enthalten
war. Nach Absonderung dieses Gipses wird weiter eingedampft, bis die Flüssigkeit nach dem Erkalten erstarrt und eine feste
Masse bildet. Dies Erstarren geschieht gleich in den länglich viereckigen Holzkisten von circa 50 kg Inhalt, in welchen
dieser Zucker zur Versendung kommt.
Will man auf Stärkesirup arbeiten, so dampft man selbstverständlich nicht so weit ein, sondern nur bis zur Sirupkonsistenz.
In größern Fabriken geschieht das Eindampfen jetzt in Vakuumapparaten und die Umwandlung der Stärke in Zucker in geschlossenen
eisernen Apparaten bei einem Dampfdruck von sechs Atmosphären. Unter diesen Umständen geht die Zuckerbildung
wesentlich schneller und vollständiger vor sich. -
Der S. des Handels bildet eine nicht kristallinische, feste, gelblichweiße Masse, beim Zerschlagen muschligen Bruch zeigend;
an feuchter Luft zieht dieser Zucker leicht Feuchtigkeit an und wird dadurch schmierig; er hat einen etwas weniger süßen
Geschmack als der gewöhnliche Zucker. Man kann den S. auch in kristallinischer Form darstellen, doch
kommt er für gewöhnlich so nicht in den Handel. Ganz reiner S. besitzt, je nachdem er aus Wasser, verdünntem oder absolutem
Alkohol kristallisiert wurde, ein verschiednes Aussehen.
Aus Wasser kristallisiert dieser Zucker meist in blumenkohlähnlichen oder warzigen
Kristallaggregaten
von 1,386 spezif. Gewicht: aus verdünntem Alkohol erhält man ihn aber in durchsichtigen, tafelförmigen Kristallen;
beide
Arten enthalten verschiedne Mengen Kristallwasser.
Wasserfreie Kristalle, jedoch von mikroskopischer Kleinheit, erhält man
durch Auskristallisieren aus einer Lösung in absolutem Alkohol. Diese Kristalle schmelzen bei 146° C. zu einer farblosen,
durchsichtigen Masse, während die wasserhaltigen Kristalle schon zwischen 90 und 100° C. schmelzen,
bei fortgesetztem Erhitzen aber alles Wasser verlieren.
In Wasser ist der S. sehr leicht löslich, in Äther ist er unlöslich; an Alkohol von 0,837 braucht der S. bei 17½° C. 50 Teile
zur Lösung. Der S. ist direkt gärungsfähig; bei Gegenwart von Alkalien oder Kalk und sickstoffreichen
^[richtig: stickstoffreichen] Fermenten geht die Lösung des S. in die saure Gärung über und liefert zunächst Milchsäure,
später und bei gesteigerter Temperatur Buttersäure und Mannit. -
Der flüssige S. oder Stärkezuckersirup ist eine sehr dickflüssige, klebrige, blaßgelbliche, klare und durchsichtige Flüssigkeit,
die in Holzfässern von 8-10 Ztrn. Inhalt versendet wird. Eine fast farblose Sorte führt den besonderen
Namen Kapillarsirup. Sowohl dieser Sirup, als auch der feste S. finden Verwendung als Versüßungsmittel in der Likörfabrikation,
Konditorei etc., ferner zum Gallisieren des Weines und zur Bereitung von Zuckerkouleur; der früher sehr gebräuchliche Zusatz
zur Bierwürze dürfte wohl aufgehört haben, seitdem dieses Malzsurrogat ebenfalls versteuert werden
muß.
In dem Etatsjahre 1878/79 waren in dem Zollgebiete des deutschen Reichs 47 Stärkezuckerfabriken im Betriebe, welche 234756
Ztr. S., 323620 Ztr. Stärkesirup und 18250 Ztr.
Zuckerkouleur fabrizierten. Die Einfuhr von S. und Stärkesirup in das deutsche Reich belief sich im
Jahre 1881 auf nur 16200 kg, die Ausfuhr dagegen auf 16036800 kg. -
Diesen Namen führt in der Chemie das Triglycerid der Stearinsäure; im gewöhnlichen Leben versteht man
hierunter jedoch den aus Talg und andern Fetten abgeschiednen festen kristallisierbaren Kerzenstoff, der seinen chemischen
Eigenschaften nach eine schwache Säure ist, demnach die Stearinsäure selbst. Die Stearinkerzen sind
daher richtiger als Stearinsäurekerzen zu bezeichnen.
Dieselben bestehen jedoch niemals bloß aus Stearinsäure, sondern enthalten stets noch andre ähnliche Fettsäuren, namentlich
Palmitinsäure, die ebenfalls ein Bestandteil der meisten Fette ist. Palmitinsäure unterscheidet sich von jener unter anderm
durch niedrigern Schmelzpunkt; ein Gemisch beider schmilzt aber noch leichter als die einzelnen Stoffe.
Die Abscheidung des harten Kerzenstoffes aus den Fetten durch Zersetzung derselben ist ein Zweig der chemischen Industrie,
welcher durch das Auftreten neuer Methoden in fortwährender Umgestaltung und Weiterbildung begriffen ist.
Es kann hier nur das Hauptsächlichste daraus angeführt werden. Das ursprüngliche Verfahren, das bei
der Verarbeitung von Talg noch in Übung ist, besteht in einer Verseifung des Fettes durch Kalk, Zersetzung dieser Seife durch
eine
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mehr
Säure und Trennung der erhaltenen Fettsäuren durch Pressen. Zur Verseifung dient ein hölzerner, mit einer Rührvorrichtung
versehener Bottich, in welchem ein gewundenes Dampfrohr liegt. Hierin wird der Talg durch einströmenden Dampf geschmolzen,
darauf das Rührwerk in Gang gesetzt und eine Milch aus frischgebranntem und gelöschtem Kalk zugesetzt. Die anfangs flüssige
Masse wird während des Rührens und Kochens immer zäher und schließlich scheidet sich die unlösliche Kalkseife in Klumpen
aus. Sie ist eine Verbindung der Fettsäuren des Talges mit Kalk, während sich nebenbei Glycerin (s. d.) gebildet hat, das
in der Flüssigkeit gelöst bleibt. Die Verseifung dauert etwa einen halben Tag.
Die gebildete Kalkseife wird gewaschen und die Brocken werden irgendwie, z. B.
zwischen kanellierten Walzen, in ein grobes Pulver verwandelt. In einen Dampfbottich, der aber ohne Rührwerk und mit Blei
ausgeschlagen ist, bringt man verdünnte Schwefelsäure und das Seifenpulver und erwärmt durch Dampf. Die Säure zersetzt
die Seife wieder und bildet mit dem KalkGips, indes die freigewordenen Fettsäuren wie Öl oben aufschwimmen.
Salzsäure thut dieselben Dienste, und es bildet sich in diesem Falle kein Niederschlag. Man zieht das Fett ab, reinigt
es durch gründliches Waschen, und hat nun ein Gemisch von festen und flüssigen Fettsäuren, das auf mechanischem Wege zu
trennen ist. Man gießt dasselbe zu dem Zweck in blecherne Kisten, wo es zu viereckigen bräunlichen
Tafeln erstarrt. Diese werden in Wolltücher eingeschlagen und abwechselnd mit eisernen Platten in einer hydraulischen Presse
einem gewaltigen Druck ausgesetzt.
Die nicht festen Fettsäuren werden dabei als ölartige Masse größtenteils abgepreßt; der noch rückständige Rest
muß durch ein zweites, warmes Pressen aus den festen Fettsäuren entfernt werden. Nach genügender Pressung ist das Gemenge
von Stearinsäure und Palmitinsäure glänzend weiß und ganz trocken. Man treibt aber diese Arbeit nicht immer gleich weit
und unterscheidet danach gewöhnlich drei Warensorten, Prima, Sekunda und Tertia. Bei der letztern hat
man sich die heiße Presse erspart. Die abgepreßte Flüssigkeit nennt man Ölsäure (Oleinsäure, Elainsäure); es sind
aber auch noch andre verwandte Säuren dabei. -
Wenn der Verseifungsprozeß auf Palm- und Kokosnußöl angewandt wird, so sucht man diesen vor der Verseifung das viele Öl
(Olein) durch Pressen zu entziehen, indem man sie schmilzt, langsam abkühlen läßt und preßt. -
Eine andre, jetzt vielfach in Anwendung kommende Methode beruht auf der Entdeckung, daß sich die Fette nicht nur durch Alkalien,
sondern auch durch starke Schwefelsäure zersetzen lassen. Diese Säure verbindet sich sowohl mit dem Glycerin als mit den
Säuren der Fette; die erstere Verbindung ist löslich, die andre nicht, wird aber durch heißes Wasser
leicht wieder in freie Schwefelsäure und freie Fettsäuren zerlegt. Das hierauf gegründete neuere Verfahren führt schneller
und wohlfeiler zum Ziele und läßt sich auf alle möglichen Fette bis herab zu dem Seifenwasser der Wollspinnereien ausdehnen.
Man
bringt die Fette nebst der Säure in einen eisernen, mit Blei ausgelegten Apparat und läßt unter
fortwährendem Rühren Wasserdampf darauf wirken. Die zersetzte Masse wird in einem andern großen Gefäße gründlich gewaschen
und dann in große Destilliergefäße gebracht, die durch freies Feuer erhitzt sind, während im Innern überhitzter Dampf
durch die Masse strömt. Die Temperatur steigt bis zu 300° C. Unter diesen Umständen destillieren die
Fettsäuren mit den Wasserdämpfen über, werden in einem Kühler tropfbar und fließen als helle Flüssigkeit ab, die weiterhin
zu einer weißen Masse erstarrt von der nämlichen Beschaffenheit wie sie durch den Verseifungsprozeß erhalten werden, und
daher ebenso des Auspressens bedürftig ist.
Andre, seltener in Anwendung kommende Methoden der Bereitung von S. können hier übergangen werden. Nach manchen sog.
Stearinlichtern zu urteilen, scheint man sich übrigens mitunter die Sache viel leichter zu machen und nur den unzersetzten
Talg durch starkes Auspressen zu härten. Das S. ist in Tafeln und Täfelchen käuflich und findet
sich der Zentner mit etwa 90 Mk. notiert. Das meiste wird indes in den Fabriken gleich zu Lichtern
verarbeitet, worüber Näheres im Art. Kerzen. -
Das flüssige Fett, die Ölsäure, die in großen Mengen abfällt, findet ebenfalls Verwendung. Man benutzt dasselbe zum
Einfetten von Wolle und zur Fabrikation weicher Seifen (Schmierseifen, auch Schälseifen, weil zum Entschälen
von Seide dienlich). Zoll: S., Stearinsäure und Palmitinsäure gem. Tarif im Anh. Nr. 26
c 2. Ölsäure,
d. h. die beim Abpressen des S. gewonnene Flüssigkeit, Nr. 26 a 4. Stearinkerzen
Nr. 23.
(Datura Stramonium), das bekannte einjährige, widrig riechende Giftkraut mit seinen
weißen trichterförmigen Blüten und stacheligen Samenkapseln, das sich auf Schutthaufen, wüsten Plätzen, an Wegen, meist
in der Nähe von Dörfern aufhält und zu der Familie der Nachtschattenpflanzen (Solaneen) gehört, hat wie die meisten Giftpflanzen
medizinische Verwendung.
Man benutzt die getrockneten Blätter (folia daturae) gepulvert oder ein daraus bereitetes Extrakt (extractum
daturae) in kleinen Gaben, ebenso die Samen (semen daturae stramonii). Die ganze Pflanze ist sehr giftig; am reichlichsten
findet sich der Giftstoff in den Samen. Dieser Stoff, das AlkaloidDaturin, ist isolierbar und kristallisiert in weißen glänzenden
Prismen von scharfem, widrig bitterm Geschmack; nach einigen Chemikern soll das Daturin mit dem Atropin
identisch sein. Da die Stechapfelpflanze nicht in genügender Menge wild wächst, wird sie behufs medizinischer Zwecke angebaut,
so z. B. in Thüringen und am Harze. - Kraut, Blätter und Extrakt, der keinen Alkohol enthält, zollfrei.
seltner Fayence, wird bei uns diejenige Klasse von Thonwaren genannt, welche die Lücke
zwischen gemeiner Töpferware und Porzellan ausfüllt oder sich an letzteres unterhalb anschließt. Die Thone, welche zum S.
dienen sollen, müssen fett und plastisch sein und sich im Feuer weißbrennen, wenn sie auch
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von Natur durch organische Substanzen blau oder anders gefärbt wären. Selten wohl kommt eine Thonart vor, die für sich
allein allen Anforderungen entspräche, vielmehr sind die in den Fabriken verarbeiteten Massen in der Regel Gemische mehrerer
Thonsorten oder andrer Substanzen, wie Mergel oder Quarz, gemahlener Feuerstein u. dgl.,
um eine bildsame und doch das Brennen aushaltende Masse zu gewinnen, da zu fetter Thon beim Trocknen und
Brennen jedenfalls reißen würde.
Die Vorbereitung der Zuthaten durch Schlemmen, resp. Mahlen, Vereinigung derselben in Form
von Brühen, Kneten der Masse auf Thonmühlen, Durchziehen durch Filterpressen etc. und Ausarbeitung
derselben auf der Drehscheibe, durch Eindrücken in oder Überschlagen über Gipsformen etc.
kommt ganz mit der Fabrikation des Porzellans (s. d.) überein, geht aber beim S. leichter von statten, da dessen
Masse viel formbarer ist als Porzellanteig. Allerdings gibt es auch, weil dieser Artikel mit dem Porzellan konkurriert, sehr
schwer schmelzbare Massen, aus denen Gegenstände erzeugt werden von größter Festigkeit und dünneres
Knochensteingut, welche beinahe durchsichtig sind.
Die Steingutwaren sind ebenso wie Porzellan, in Kapseln eingesetzt, zweimal gebrannt, aber bei lange nicht so hoch gesteigerter
Goldschmelzhitze. Zwischen den ersten Brand, das Verglühen, und den Glasurbrand oder Glattbrand, auch Rauhbrand, fällt
die Dekoration derjenigen Ware, deren Verzierungen also unter der Glasur liegen, so weit sie nicht Vergoldungen
oder Metalllüster oder reichere Dekorationen sind, welche nach der Glasur aufgesetzt und besonders in Muffeln eingebrannt
werden. Sehr häufig ist die Rauhmalerei oder Unterglasurmalerei angewendet und da werden einfarbige Zeichnungen durch Überdruck
auf die Geschirre gebracht, die sehr wenig Kosten machen, aber doch sehr hübscher Effekte fähig sind.
Die Farbstoffe sind wie bei Porzellan und Glas: Chromoxyd zu grün, Kobaltoxyd zu blau, Gemische von Kobalt-, Mangan- und Kupferoxyd
zu schwarz etc. Violette Töne werden mittels Pink colour (s. d.) erzeugt. Diese feinst gepulverten Farbenkörper werden
mit Druckfirnis gemischt und hiermit die Ornamente, welche sehr tief in Kupferplatten ausgeführt sind,
von diesen auf dünnes präpariertes Papier gedruckt. Die Präparatur besteht aus einer aufgetrockneten und wieder aufweichbaren
Schicht einer schleimigen Masse, Flohsamenschleim u. dgl.,
auf welcher also, und nicht auf dem Papiere selbst, der Druck steht. Aus diesen gedruckten Blättern schneidet man die
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Figuren passend aus und klebt sie auf das matte Geschirr unter Andrücken und Anreiben fest. Nach dem
Antrocknen des Firnisses netzt man das Papier mit Wasser und reibt es ab, oder stellt gleich die Geschirre in Wasser, bis
die Papiere von selbst abfallen.
Da die Kupferplatten durch die mineralhaltigen Farben sehr rasch abgenutzt werden, so faßt man die Sache
auch noch anders an: man druckt - auf feuchte Gelatineblätter - mit bloßem Firnis, trägt diese Drucke auf die Geschirre
und überstäubt sie nun erst mit den feingepulverten
Farben, welche von den leeren Stellen durch Abblasen oder Wischen leicht
zu entfernen sind. Was mit dem Pinsel für die Dekorierung des S. geschieht, beschränkt sich auf Reifen
und einfache immer wiederkehrende Ornamente. Hervorragende Firmen verstehen es jedoch, sich eine Anzahl von Begußfarben
zu versetzen und erhalten auf dem rauhen Scherben einen einfarbigen Untergrund, der in der mannigfaltigsten Weise durch Aussparen,
Reservage, oder Aufmalen auf der Glasur zu künstlerischen Arbeiten verwendet wird.
Das Glasieren erfolgt in derselben Weise wie bei andern Thonwaren durch Eintauchen in eine Glasurbrühe (s. Porzellan), Trocknen
und Brennen. Dem eigentlichen Brennen zur Glasur geht aber bei dekorierten Sachen eine leichtere Erhitzung in kleinen Öfen
vorher zur Zerstörung des Firnisses, welcher die Glasur abstoßen würde. Die Glasuren des S. sind immer
stark bleihaltig und bestehen aus einem Glase, das vorher aus Kieselpulver, Soda, Borax und Bleiweiß oder Mennige erschmolzen,
gestampft und mit Wasser fein gemahlen wird. Es bildet sich also beim Einbrennen eine dünne durchsichtige Glashaut, welche
die Grundfarbe sehen läßt, und da diese in der Regel etwas gelblich ist, so versteckt man dies dadurch,
daß man die Glasur mit ein wenig Smalte anbläut. -
Die Steingutwaren sind je nach ihrer Masse und der angewandten Temperaturgrade mehr oder weniger hart und klingend, doch
niemals in dem Grade wie Porzellan, dessen Durchscheinbarkeit ihnen ebenfalls abgeht. Ein Fehler der Ware
ist, daß die weiche Glasur mit der Zeit gewöhnlich eine Menge feiner Risse und dadurch ein schlechtes Ansehen bekommt.
Die Steingutwaren werden in großer Menge erzeugt, sind sehr wohlfeil und müssen es sein, da ihnen das ordinäre Porzellan
viel Konkurrenz macht. Steinzeug (s. unten) bildet eine andre, mit dieser nicht zu verwechselnde Warengattung.
- Statistisches und Zoll s. Thonwaren.
(franz. houille oder charbon de terre; engl.
coal oder pitcoal), ein Brennmaterial, dessen eminente Wichtigkeit für Industrie und Verkehr der Gegenwart und somit für
die ganze Gestaltung der heutigen Zustände des Völkerlebens speziell darzulegen, überflüssig sein
würde. Sie ist vor allem der Hebel zur Gewinnung des Hauptelementes Eisen; im Bunde mit dem Wasser treibt sie die Kraftmaschinen,
welche unsre Eisenbahnzüge und Dampfschiffe bewegen und in zahllosen Fabriken verschiedenster Art mit Millionen von Pferdekräften
arbeiten; sie liefert die Schmelz-, Glüh- und Siedehitze zu den mannigfachsten technischen Zwecken,
und als Heizmaterial in den Wohnungen greift sie in dem Maße mehr Platz, wie das Holz seltner und teurer wird.
Aus der Kohle stellen wir endlich die Gase dar, die uns Häuser und Straßen mit dem schönsten Licht erhellen und aus dem
hierbei entstehenden Teer fabriziert man zahlreiche prachtvolle Farben, während das gleichzeitig auftretende
Gaswasser jetzt fast die alleinige Quelle für die Herstellung des Ammoniaks abgibt. In den Steinkohlenschätzen, die jetzt
meist sehr tief
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