überspringen alle Spalten, weniger schwere fallen durch eine frühere Spalte ab. Schließlich folgt noch eine Sortierung
durch Rüttelsiebe und, um die Körner vor Oxydation zu schützen, ein Polieren in Lauftrommeln mit wenig gepulvertem Reißblei.
Die verschiednen Sorten des S. werden mit Nummern bezeichnet. Nr. 00 und 0 oder PP, P,
00, 0 geben die gröbsten, Nr. 10-12 oder 14-16 die feinsten Sorten an. - Rehposten, frz.
chrevotines, postes, engl. buck-shot, sind S. von 5-6 mm Korndurchmesser; doch versteht man darunter
auch cylindrische, durch Guß in Formen oder Pressen hergestellte Geschosse von gleichem Durchmesser. Die feinsten S. von
0,6-1,0 mm Durchmesser heißen Vogeldunst, frz. cendrée, engl.
dust shot. - Zoll: s. Tarif im Anh. Nr. 3 c.
Der Waschbär, die kleinste Bärenart von etwa Fuchsgröße, bewohnt ganz Nordamerika, weniger den
hohen Norden, als die Vereinigten Staaten und Kanada; er wird in größter Anzahl in den Staaten Michigan, Wiskonsin, Illinois,
Ohio, auch noch in Arkansas und Tennessee vorgefunden und von eigens dazu abgerichteten Hunden gefangen.
Die Behaarung der
Felle hat dunklere oder hellere graubraune Färbung mit hübschen Schattierungen; sie sind dichtwollig und
weich, die 16-21 cm langen Schweife gelbbraun mit schwarzen Ringeln. Es bilden diese
Felle einen der wichtigsten Artikel des
Rauchwarenhandels und es gehen jetzt über den Leipziger Markt im Jahre durchschnittlich 600000 Stück, um hauptsächlich
in Rußland zu verbleiben.
Denn wenn Schuppenpelze auch wohl anderwärts Liebhaber finden, so gehören sie in Rußland zur stehenden Volkstracht und
bilden das Pelzwerk derjenigen Mittelklasse, welcher Wolfspelze zu schlecht und Bären zu teuer sind.
Schwarz oder braun gefärbt bilden seit einigen Jahren auch Schuppen einen Modeartikel, der in Frankreich, England und Deutschland
sowohl als in den Vereinigten Staaten selbst stark konsumiert wird. Der Bezug Rußlands aus Amerika geschieht auf dem West-
und auf dem Ostwege, auf langer Landreise durch Sibirien. Der Wert der
Felle stuft sich nach Qualität
und Färbung bedeutend ab und geht von ½ bis 40 Mk. -
(NigellaTourn.), Familie der Hahnenfußgewächse, einjährige
Kräuter (engl. Fennel-Flower, Golden-Thread,
frz. Nielle und Nigelle, ital. Melantio, Nigella, Nepitella).
Samen in jeder Kapsel zahlreich, in einer Reihe, schwarz, dreieckig, scharf aromatisch. Angebaut wird:
der gebaute oder gemeine S., N. sativaL., auch römischer oder schwarzer
Koriander, Katharinenblume, Kapuziner- und Nardenkraut,
Nardensamen etc. genannt, 25-30 cm hoch, in Südeuropa, in Deutschland und im Orient (indischer
S. Nigella, indica Roxb).
Früchte mit fünf bis zehn Kapseln, Samen würzhaft riechend, stechend scharf schmeckend, verwendet
wie
Kümmel, besonders aber in der tierärztlichen Praxis, oft verfälscht mit dem Samen vom Ackerschwarzkümmel, N. arvensisL., oder vom türkischen S., N. damascenaL. (Braut in
Haaren, Jungfer im Busch, Gretchen
in der Hecke, Damaszener und Gartenschwarzkümmel,
Zierpflanze), beide unschädlich, aber auch unwirksam. Die Hauptverwendung des Samens der angebauten
Art geschieht zur Ölgewinnung. - Zoll gem. Tarif im Anh. Nr. 9 d.
(ScorzoneraL.), Familie der Korbblütler und zwar Gartenschwarzwurz, spanische S., Scorzonere, Schlangengras,
Schlangenwurz, spanische Haferwurz und spanische Vipernwurzel; Salsifi, S. hispanicaL. (engl.
Spanish Vipers Grase, frz. salsifis d'Espagne, holl.
speerwortel-speerkruid, ital. scorzonera). Eine sehr beliebte Gemüsepflanze,
deren Wurzel ähnlich wie
Spargel zubereitet, auch als gelindes Mittel bei Fieberkrankheiten gebraucht wird und geröstet
zu
Kaffeesurrogat dient; 0,6-1,3 m hoch, zwei- und mehrjährig, mit gelben, wie
Vanille riechenden Blüten und großen langen
Blättern, auf Kalkboden auch wild vorkommend.
Der Anbau verlangt tief gelockerten
Boden in offen zugiger Lage, dünne Saat im März oder April in Reihen
und gute Dungkraft, aber nicht frischen
Dünger. Oft erlangen die Wurzeln schon im ersten Jahre die zum Gebrauch dienliche
Größe und
Stärke, gute Fingerdicke, meist aber erst im zweiten Herbst. Zum Gebrauch werden sie in frostfreien Räumen eingeschlagen;
sie bleiben so lange zart und brauchbar, als beim Zerbrechen noch der Milchsaft ausfließt. Verkauft
werden die Wurzeln in Bündeln auf Wochenmärkten; in Deutschland zeichnet sich besonders Bamberg durch den Anbau aus. Der
Samen ist zwei Jahre lang keimfähig; 1 kg wird zu 5 Mk. verkauft. Der Preis der Wurzeln ist lokal
verschieden. - Zoll: S. samen und frische S. sind zollfrei; getrocknete S. gem.
Tarif im Anh. Nr. 25 p 2.
(lat. sulfur oder sulphur, frz. soufre, engl.
sulphur), ein hochwichtiges, in mannigfachster Weise zur Verwendung kommendes Element. Sein Vorkommen in unverbundenem Zustande
als sog. gediegner S. knüpft sich vorzugsweise an Gegenden, wo vulkanische
Kräfte thätig sind oder einst waren. Er liegt da gediegen als Ausfüllung von Klüften in Tuffstein,
Kalk,
Gips etc., oder
als Durchdringungsmittel von Erdreich, und wird bei noch wirkenden vulkanischen Kräften zum Teil noch fortwährend erzeugt.
Vorkommnisse solcher Art heißen Solfataren; es sind dies Erdlöcher, welche immerfort Schwefelwasserstoffgas
ausströmen lassen, das sich bei Berührung mit der Luft zersetzt und Krusten von Schwefel an den Mündungen hinterläßt.
Zum Teil dringen solche Dämpfe auch in lockeres Erdreich ein und hinterlassen den Schwefel im Gemisch mit diesem. Sehr wahrscheinlich
ist überhaupt aller irgend vorfindliche, in offnen Brüchen oder bergmännisch zu gewinnende S. auf
die nämliche Art gebildet worden. Eine der großartigsten Solfataren ist die von Puzzuoli bei Neapel; aus ihr bezieht Frankreich
fast seinen sämtlichen Schwefelbedarf im rohen Zustande. Große Mengen natürlichen S. finden sich ferner auf den Inseln
Sizilien, Lipari, Island und in Mexiko. Die Reinigung des italienischen S. durch Umdestillieren findet
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hauptsächlich in Marseille statt. In Verbindung mit Metallen ist der S. weit verbreitet und nicht an bestimmte Gegenden
gebunden. Solche geschwefelte Erze werden in der Mineralogie als Kiese, Glänze und Blenden unterschieden, wie z. B.
Kupferkies, Eisenkies, Bleiglanz, Molybdänglanz, Zinkblende etc. Bei Aufbereitung derjenigen
dieser Erze, welche einen größeren Überschuß an S. chemisch gebunden enthalten, wie z. B.
Eisenkies, kann der S. als ein gutes Nebenprodukt gewonnen werden und es geschieht dies auch jetzt mehr als früher und zunehmend
in Deutschland und anderwärts, jedoch ohne daß dadurch der Bedarf vollständig gedeckt werden könnte. (Die Produktion
von S. im Deutschen Reiche belief sich im Jahre 1881 auf 1239000 kg im Werte von 148550 Mk.)
Es bleibt daher immer noch Sizilien die Hauptschwefelkammer für Europa und selbst für Amerika, denn wenn dort auch in Mexiko
aus Vulkanen einige tausend Zentner des Stoffs entnommen werden, so ist dies nur von lokaler Bedeutung, und die mächtigen
Lager gediegenen S., welche bei den Vulkanen der Andenkette Südamerikas vorkommen sollen, scheinen ganz unerreichbar zu
sein. Auf Sizilien erstreckt sich die Schwefelgegend an der Südküste von Girgenti nordöstlich bis an den Fuß des Ätna
in einer Länge von beiläufig 20 Meilen bei 5-6 Meilen Breite.
Man gewinnt das schwefelhaltige Gestein und Erdreich (Thon, Mergel) teils in offenen Brüchen, teils bergmännisch
in Stollen. Die Gesteine enthalten durchschnittlich etwa 25% S., die reichsten gegen 50; ist der Gehalt nur 8%, so ist die
Bearbeitung unlohnend. Es gibt in jener Gegend etwa 700 Gruben und 50 Schmelzwerke, welche über 20000 Menschen beschäftigen,
und es werden mehrere Millionen Ztr. S. gewonnen; ganz Italien soll 6 Mill. Ztr.
jährlich erzeugen. Die jährliche Ausfuhr von S. aus Sizilien beläuft sich auf 200-230 Mill. kg.
Das meiste hiervon geht nach England, Frankreich, Amerika und Deutschland. Die Ausfuhrhäfen sind Girgenti, Catania
und Licata. Außer bei Neapel findet sich S. noch im Toskanischen, auf den Liparischen Inseln, in der
Romagna. In letzterer Gegend, wo eine Gesellschaft 8 Gruben besitzt, gewinnt man seit einigen Jahren viel S. Es wurden 1862 bereits 160000
Zentner geliefert, und seitdem ist die Produktion noch fortwährend gestiegen. Raffiniert wird dieser S. meist in Rimini
und von dort versandt. -
In neuerer Zeit sind auch Schwefelbrüche eröffnet worden an der Westküste des Roten Meeres. Die dortige Schwefelkompanie,
besitzt eine Küstenstrecke von 35 Meilen Länge, teils zu Ägypten, teils zu Nubien gehörig. Der S. bricht dort auf Gängen
in schroffen Gipsfelsen, welche den Küstensaum bilden. Es werden 300 Arbeiter und 40 Öfen beschäftigt.
Auch hat man in neuester Zeit auf die gewaltigen Schwefellager Islands, die noch gar nicht ausgebeutet werden, aufmerksam
gemacht; dort finden sich zwei große Lager, zu Tage liegend, bei Krisuvik und bei Myvatu (im Nordwesten). -
In Deutschland kommt gediegener S. nur auf unbedeutenden Lagerstätten vor; mehr findet sich in Galizien
und Kroatien, Steiermark,
Ungarn, sodaß die Schwefelgewinnung in den österreichischen Staaten nicht ganz unbedeutend ist
und 1875 946625 kg betrug. Die Gewinnung des S. aus Kiesen, wie sie in Böhmen, Schlesien, am Harz etc. betrieben wird, ist
eine Destillation der Erze aus thönernen oder eisernen Retorten, wie die Fabrikation des Leuchtgases.
Der flüchtig werdende S., von welchem aber immer nur ein Teil gewonnen werden kann, verdichtet sich in Niederschlagkammern
tropfbar oder in Form von Schwefelblumen. Bei der Bearbeitung von Eisenkiesen ist es nicht auf das Metall abgesehen, sondern
die Röstrückstände (Schwefelbrände) dienen zur Gewinnung von Eisenvitriol (s. d.).
Die Schwefelerzeugung aus Kiesen lohnt nur bei günstigen Umständen, namentlich wo das Brennmaterial wenig kostet, und es
ist solcher S. häufig arsenhaltig, daher für viele Zwecke unbrauchbar. Interessant ist eine neue Gewinnungsweise von S.,
die seit 1873 in Swoszowice bei Krakau eingeführt ist. Dort findet sich erdiger S. in Mergel eingelagert,
der durch Extraktion mit Schwefelkohlenstoff ausgebeutet wird. Mit sehr geringem Brennstoffaufwand gewinnt man den gesamten
Schwefelgehalt und der Verlust an Schwefelkohlenstoff soll sich auf kaum ½% belaufen, da dieser durch Abdestillieren immer
wieder gewonnen wird. Dieser Swoszowicer Extraktionsschwefel wird in Wien mit 10 fl. 90 kr. pro 100 kg
jetzt verkauft, ein mit Berücksichtigung seiner Reinheit sehr niedriger Preis. Öfter wird der S. der Erze in andrer Weise
nutzbar gemacht, indem man dieselben unter Luftzutritt ausbrennt und die entstandene schweflige Säure in Bleikammern zu Schwefelsäure
(s. d.) verarbeitet. Dies geschieht unter andern zu Freiberg. -
Eine nicht unbedeutende Menge von S. wird jetzt auch aus den bei der Sodafabrikation entstehenden Abfällen und Auslaugungsrückständen
wieder gewonnen; solcher S. führt den Namen Retourschwefel oder regenerierter S. -
Die Abscheidung des natürlichen gediegenen S. aus seinem Gestein und Erdreich ist eine sehr einfache Operation. Man sondert
die reichsten Stücke aus und schmilzt diese besonders in Kesseln bei möglichst geringer Hitze ein.
Nachdem die Masse einige Zeit in Fluß gestanden und die fremden Teile sich zu Boden gesetzt haben, schöpft man den S. in
naßgemachte hölzerne Kästen und läßt ihn zu Blöcken erstarren. Die ärmern Schwefelsteine erhalten eine eindringlichere
Behandlung mit Hitze.
Die auf Sizilien herkömmliche Weise ist die, daß man das Material in Ringgemäuern mit abschüssiger Sohle aufschichtet
und bei beschränktem Luftzutritt in Brand setzt. Es verbrennt dabei eine Partie S. und es entstehen lästige Dämpfe von
schwefliger Säure; aber die erzeugte Hitze schmilzt doch den größern Teil aus, welcher durch ein Zapfloch
an der tiefsten Stelle abfließt. Neuerlich hat man das Verfahren etwas vervollkommt, indem man die Schwefelsteine bloß
in großen Pyramiden aufschichtet, diese dick mit Erde bedeckt und unter dieser Decke in Brand setzt. Der S. liefert somit
noch immer sein eignes Brennmaterial, aber es wird
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viel weniger davon verbrannt als ausschmilzt, und die Methode ist daher immer noch vorteilhafter, als wenn man das dort teure
Brennmaterial dazu kaufen sollte. Das Ausschmelzen eines Meilers erfordert gegen 20 Tage. Aller durch Schmelzprozesse ausgebrachte
S. ist Rohschwefel, der für die meisten Zwecke noch raffiniert werden muß. Zum Behuf der Schwefelsäurefabrikation
bedarf es dessen nicht und es dient dazu die Rohmasse. Der meiste sizilische S. wird daher auch roh ausgeführt und der stärkste
Abnehmer ist England, das wegen seiner großartigen Produktion von Schwefelsäure die sizilische Ware durchaus nicht entbehren
kann, obschon es selbst auch Fabrikation aus Schwefelkiesen betreibt. -
Das Raffinieren des Rohschwefels ist dieselbe Destillation oder Sublimation, wie sie mit Schwefelmetallen direkt vorgenommen
wird. Mit dem Raffinieren des sizilischen Rohprodukts beschäftigen sich verschiedne Mittelmeerstädte, am stärksten Marseille.
Der S. wird bei einer Temperatur von 110 bis 112° C. flüssig, siedet unter Luftabschluß bei 440° und wird dabei in
dicken rotgelben Dämpfen flüchtig. An der Luft würden sich dieselben sofort entzünden, da der S., frei geschmolzen, schon
bei viel niedrigerer Temperatur Feuer fängt. In einen kühlen Raum geleitet, verdichten sich die Dämpfe wieder und bilden
das feine, sich niederschlagende Pulver, das unter dem Namen Schwefelblumen (flores sulphuris) bekannt ist.
Eine Raffinerie besteht also im wesentlichen aus einem von der Luft abschließbaren Schmelzkessel und einer gemauerten Kammer,
in welche ein Rohr die Schwefeldämpfe überleitet. Ist bei Beginn der Destillation die Kammer kalt, so entstehen immer Schwefelblumen;
nehmen aber im weitern Verlaufe die Kammerwände die Temperatur an, bei welcher der S. schmilzt, so können
sich keine Schwefelblumen mehr bilden, sondern aller S. sammelt sich im geschmolzenem Zustande im unterem Räume an. Den
flüssigen S. zapft man nach Erfordern ab und gießt ihn in Formen, größtenteils zu den bekannten Stangen oder auch Broten.
Dieser raffinierte S. ist frei von allen erdigen Teilen, da diese an der Verdampfung nicht teil nehmen
konnten.
Sollen nur Schwefelblumen erzeugt werden, so muß man entweder absatzweise oder mit einer sehr großen Niederschlagkammer
arbeiten, oder irgendwie für eine Kühlhaltung sorgen. Die Luft von den Dämpfen in der Kammer völlig abzuhalten, ist nicht
durchführbar; es finden daher immer kleine Verbrennungen statt und die hierbei entstehende schweflige Säure
wird zum Teil von den lockeren Schwefelblumen aufgenommen und haftet diesen oberflächlich an; bei Berührung mit der Luft
wird sie allmählich in Schwefelsäure übergeführt. Die käuflichen Schwefelblumen schmecken daher stets deutlich und manchmal
stark sauer und können nicht innerlich genommen werden. In den Apotheken führt man daher für innern
Gebrauch nur gewaschene (sulfur sublimatum lotum), aus welchen die Säure durch gründliches Behandeln mit destilliertem
Wasser entfernt ist. -
Für medizinische Zwecke hat man den S. noch in einer anderweiten Form,
als Schwefelmilch (lac sulphuris oder sulphur praecipitatum),
welche höchst fein zerteilter und deshalb fast weißer S. ist; er wird jetzt auch fabrikmäßig dargestellt.
Wird irgend eine Schwefelleber mit einer Säure zersetzt, so erfolgt stets ein Niederschlag von ausgeschiednem feinem S. In
der Praxis benutzt man die Kalkschwefelleber, die man durch Kochen von gelöschtem Kalk mit Schwefelblumen als eine rötlichgelbe
Lösung erhält. Diese wird kalt mit der passenden Menge verdünnter reiner Salzsäure gemischt und der
entstehende Niederschlag durch Auswaschen gereinigt. In dieser fein zerteilten Form hat der S. eine beinahe weiße Farbe.
Die Verwendung des S. ist außerordentlich vielseitig, die größten Mengen werden zur Bereitung von Schießpulver und von
Sprengpulver in der Feuerwerkerei, sowie zur Fabrikation von Schwefelsäure gebraucht. Die Schwefelblumen
haben in neurer Zeit eine früher nicht gekannte Bedeutung erhalten als bestes Mittel gegen die Traubenkrankheit. Es sollen
manchmal schon 20-25% der gesamten sizilischen Schwefelblumenproduktion in dieser Weise aufgegangen sein, teils auf der Insel
selbst, teils im übrigen Italien, in Frankreich, Spanien, Griechenland.
Allbekannt ist der Gebrauch des S. zu Streichhölzern und andern Zündwaren, der Schwefeldämpfe zum Bleichen von Seide und
Wollwaren, von Strohhüten und Korbwaren, zum Schwefeln des Hopfens, der Weinfässer. S. dient zum Vulkanisieren von Kautschuk
und Guttapercha, zur Darstellung von Zinnober, Ultramarin, Schwefelleber, Schwefelkohlenstoff und vieler sonstiger chemisch-technischer
Präparate. Kleinere Verwendungen des S. sind die zu Abgüssen, zu Hohlformen für Gipsgießerei, zu
Kitten. Als verkittendes Mittel benutzt man ihn auch in der Art, daß man ihn mit so viel feinem Quarz- oder Glaspulver,
als er aufnehmen kann, zusammenschmilzt und daraus Platten gießt, welche bei ihrer Widerstandskraft gegen viele starke
chemische Einwirkungen gute Dienste thun.
Als grauer S. und Roß Schwefel (sulfur caballinum, sulfur griseum) wird zuweilen noch ein Produkt verkauft, welches aus
den schwefelhaltigen Rückständen von der Sublimation des S. besteht. Er hat das Äußere einer dunkelgrauen klümperigen
und pulverigen Erde, die zuweilen noch etwas S. enthält und wurde früher von Tierärzten verordnet.
- S. Stangen kosten gegenwärtig in Hamburg 15 bis 17 Mk. pro 100 kg, Schwefelblumen 19-20 Mk. -
Lac sulfuris, rein nach Pharm. Germ, wird von den chemischen Fabriken mit 85 Mk. pro 100 kg notiert,
für technische Zwecke (weißlichgelb) mit 75 Mk. Die Einfuhr von S. in
das Deutsche Reich belief sich 1881 auf 8921600 kg, die Ausfuhr aus diesem auf 408900 kg. -
Ammonium sulfuratum); dieser Körper kommt nur in wässriger Lösung als höchst übelriechende Flüssigkeit in den Handel,
welche aus Salmiakgeist und Schwefelwasserstoff zusammengesetzt ist und die beiden Gerüche derselben, den stechenden des
erstem und den Fäulnisgeruch des letztern in sich vereint. Die Darstellung geschieht, am besten im Freien, durch Einleiten
von frisch aus Schwefeleisen mittels Schwefelsäure entwickeltem Schwefelwasserstoffgas in den Salmiakgeist,
bis eine Probe zeigt, daß die Sättigung eingetreten ist.
Die Flüssigkeit ist anfangs farblos, wird aber bald gelb; durch Zusatz von etwas Schwefelblumen, welche sich darin lösen,
kann die farblose Flüssigkeit sofort in die gelbe verwandelt werden. Sie ist an der Luft leicht zersetzbar
und läßt dann Schwefel fallen, muß daher stets in gut verschlossenen und möglichst vollgefüllten Flaschen aufbewahrt
werden. Ihre Verwendung hat sie besonders in der Chemie als Reagens zur Erkennung mehrerer Metalle und zu andern Arbeiten.
Man berechnet 100 kg mit 150 Mk. -
(Schwefelleinöl; balsamum sulphuris; oleum lini sulphuratum), ein pharmazeutisches
Präparat, welches durch Einwirkung von Schwefel auf heißes Leinöl bereitet wird. Heißes Leinöl löst etwa ⅙ seines Gewichts
an Schwefelblumen, welche ihm durch Rühren einverleibt werden, völlig auf und bildet damit eine dunkelrotbraune, dickflüssige
oder steife, zähe Masse von sehr üblem Geruch, wie auch die Bereitung schon Anlaß zur Entwickelung
einer Menge stinkender Öldämpfe gibt. Dies ist der in der Tierarznei innerlich und äußerlich gebrauchte S., der, in Terpentinöl
aufgelöst, ehedem unter dem Namen Harlemer Öl als eine Art Universalmittel galt. -
Technisch gebraucht man den Balsam zur Bereitung eines Goldpräparats, welches die sog. Glanzvergoldung
gibt (s. bei Porzellan), sowie für andre Porzellanlüsterfarben. - Zollfrei.
(Baryumsulfid, Baryumsulfuret, Baryum sulfuratum), eine Verbindung von Baryummetall und Schwefel, im
reinem Zustande weiß, in Wasser löslich, kommt gewöhnlich nur im rohen Zustande, für technische Zwecke bestimmt, in den
Handel und bildet dann eine poröse, von beigemengter Kohle mehr oder weniger grau bis schwärzlich aussehende
Masse. Man bereitet sie dadurch, daß man Schwerspatpulver mit Steinkohlenteer zu Ziegeln formt und diese in einem Schachtofen
zwischen Kohlen brennt. Verwendet wird das S. zur Herstellung von Chlorbaryum, salpetersaurem Baryt und andern Barytsalzen.
Das rohe S. wird mit circa 40 Mk. pro 100 kg verkauft. - Zollfrei.
ein unreines S. wird durch Glühen eines Gemenges von frischgebranntem Kalk mit Schwefel oder von Gips
mit Kohle erhalten als trocknes, gelblichweißes oder grauweißes Pulver, riecht befeuchtet nach Schwefelwasserstoff und
muß in gut verschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden.
(Ferrum sulfuratum). Das Eisen läßt sich in mehreren verschiednen Gewichtsverhältnissen mit dem Schwefel
zu chemischen Verbindungen vereinigen, von denen auch einige als Mineralien in der Natur fertig gebildet vorkommen. Von
den künstlich darstellbaren findet man im Handel nur das Einfachschwefeleisen (Eisenmonosulphid, Eisenmonosulfuret); es
wird durch Erhitzen einer Mischung von drei Teilen Eisenfeile mit zwei Teilen Schwefel in einem bedeckten Schmelztiegel bis
zur starken Glühhitze erhalten und bildet eine dunkelbronzefarbene bis grauschwarze, schwachmetallglänzende Masse, die
in Wasser unlöslich ist, sich aber unter Schwefelwasserstoffgasentwickelung in verdünnten Säuren löst.
Man benutzt dieses S. allgemein zur Darstellung dieses Gases und verkauft die 100 kg mit 40-45 Mk.
Vgl. ferner Schwefelkies. - Zollfrei.
(Eisenkies, Pyrit; lat. pyrites, frz. pyrite;
engl. pyrites). Dieses, im Handel und Hüttenwesen häufig abgekürzt auch bloß Kies genannte
wichtige Mineral besteht aus 46,7% Eisen und 53,3% Schwefel, ist demnach Zweifachschwefeleisen (Eisenbisulphid,
Doppelschwefeleisen, Eisendisulfuret). Nicht selten enthält dieses Mineral kleine Mengen von Kupfer und Arsen, sowie auch
Spuren von Gold, Silber, Thallium und Gallium beigemengt.
Der S. kommt teils derb und eingesprengt, teils auch in oft ziemlich großen Kristallen vor; er hat eine
messinggelbe bis goldgelbe Farbe und metallischen Glanz; er ist eines der am allgemeinsten verbreiteten Erze und wird hauptsächlich
zur Bereitung von Schwefel, Schwefelsäure und schwefliger Säure verwendet, wobei die Rückstände, gewöhnlich aus Eisenoxyd
bestehend, auch noch verwertet werden, indem man nicht allein die geringen Mengen von Gold, Kupfer etc.
aus ihnen extrahiert, sondern auch das Eisenoxyd noch benutzt. Auch Eisenvitriol wird vielfach aus S. gefertigt.
Die Förderung von S. im Deutschen Reiche belief sich 1877 auf 2122520 Ztr., 1878 auf 2007306
Ztr., 1881 dagegen schon auf 2501140 Ztr. im Werte von 1279366 Mk.
Die österreichische Produktion von S. ist geringer und belief sich beispielsweise 1874 nur auf 902345
kg im Werte von 87644 fl. England förderte 1877 17795 Tons (à 20 Ztr.) S.; dieses Land bezieht
aber jährlich noch sehr bedeutende Mengen von diesem Erze aus Spanien, Portugal und Chili. Auch Deutschland führt noch
viel S. ein, so im Jahre 1881 82967400 kg, während die Ausfuhr 21255000 kg betrug. - Zollfrei.
(Schwefelalkohol, Kohlenstoffbisulfid, Sulfokohlensäure, lat. alkohol
sulfuris, carboneum sulphuratum; frz. sulfure de carbone; engl.
sulfuret of carbon). Aus zwei festen Körpern, Schwefel und Kohle, entsteht, wenn sie durch Glühhitze zur Verbindung gezwungen
werden, der S., oder wie er von seinem ehemaligen Entdecker, Lampadius in Freiberg, genannt wurde, Schwefelalkohol.
Bei Bereitung desselben kommt es darauf an, Schwefel in
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Dampfform durch glühende Kohlen streichen zu lassen. Die Apparate hierfür haben eine, in einem Ofen stehende, von unten
zu beheizende Retorte von Thon oder Eisen, im letzteren Falle innen mit Thon ausgekleidet. Sie wird mit Holzkohle in haselnußgroßen
Stückchen gefüllt und angefeuert, bis die Kohlen hell glühen. Es wird nun nach Bedarf ganzer Schwefel
eingeworfen durch ein Rohr, das von außen in die Retorte und bis nahe an deren Boden führt und immer rasch wieder geschlossen
wird.
Der unter den Kohlen schmelzende und verdampfende Schwefel durchzieht dieselben, sättigt sich mit Kohlenstoff und die neue
Verbindung zieht oben dampfförmig durch ein Knierohr ab, das durch eine Kühlvorrichtung geht. In einem
zwischengelegten Gefäße schlägt sich erst der unverbunden mit fortgegangene Schwefel nieder; das übrige geht weiter, verdichtet
sich tropfbar und sammelt sich in einer Vorlage unter Wasser, denn der S. ist schwerer als dieses und mischt sich nicht mit
Wasser. - Auch durch Destillation eines Gemenges von Kohle mit gemahlenem Schwefelkies, Kupferkies oder
Antimonglanz gewinnt man S. Das zunächst erhaltene gelbe Destillat ist aber noch nicht rein, sondern mit Schwefel beladen,
den es in bloßer Lösung enthält.
Durch ein nochmaliges Destillieren in gelinder Wärme treibt man das Flüchtige von dem Schwefel ab und
hat nun eine farblose, stark lichtbrechende, daher im Glase buntes Farbenspiel zeigende Flüssigkeit, abstoßend durch einen
widrigen Geruch nach faulen Rüben u. dgl., der
jedoch nur dem nicht genügend gereinigten Präparate zukommt, während der Geruch des reinen S. viel weniger unangenehm
ist. Trotz seiner spezifischen Schwere (1,271 bei 15° C.) ist der S. äußerst leicht flüchtig und
höchst feuergefährlich, denn er entzündet sich schon bei Annäherung eines glimmenden Körpers, ohne daß dieser mit der
Flüssigkeit selbst in Berührung zu kommen braucht. Es ist daher die höchste Vorsicht beim Umgange mit diesem Körper zu
empfehlen.
Der Geschmack desselben ist scharf gewürzhaft und kühlend. Die medizinische Wirksamkeit in sehr kleinen
Gaben ist wohl noch nicht hinreichend festgestellt; mehr dient er zu reizenden Einreibungen auf die Haut. In etwas größern
Gaben wirkt der Stoff als entschiedenes Gift. Auch seine Dünste, denen jetzt schon eine Menge Arbeiter in verschiednen technischen
Zweigen ausgesetzt sind, werden häufig als gefährlich denunziert und sollen wenigstens Kopfschmerzen,
heftiges Erbrechen, Gedächtnisschwäche und bei langer Einwirkung auch schlimmere Zufälle und langes Siechtum veranlassen.
Nach andern Aussagen ist die Sache wieder nicht so schlimm; gute Ventilationsvorrichtungen können hier jedenfalls viel thun.
Die hauptsächlichen Verwendungen des S. sind technische; sie gründen sich auf seine ausgezeichnete
lösende Wirkung gegen allerlei Harze, Fette, Schwefel, Phosphor, Guttapercha, Kautschuk u. dgl. Die Verwendungen dieser Art
haben sich in letzter Zeit sehr vermehrt und Fabrikation und Verbrauch des Artikels sind so gestiegen, daß er als eine Großhandelsware
gelten kann, die nicht mehr nur in kleinen
Flaschen, sondern en gros in großen eisernen Trommeln versandt
wird.
Die Preise der Ware sind demzufolge auch sehr niedrig geworden. Der Stoff dient zum Lösen und Erweichen von Kautschuk, Guttapercha,
zum Ausziehen des Fettes aus Wolle, Knochen, Maschinenputzlappen, des Öls aus gepulverten Ölsaaten statt des Fressens, zur
Extraktion von Gewürzen, welche Gewürzöle nachgehends im Gemisch mit Zucker, Salz, Gummi die sog. „löslichen
Gewürze“ bilden. Große Mengen S. werden jetzt auch zur Herstellung der Rhodanverbindungen (s.
Rhodankalium) verbraucht, etwas auch zur Bereitung von xanthogensaurem Kali.
Bei den neuartigen chemischen Waschanstalten spielt der Stoff neben andern flüchtigen Mitteln, wie Benzin u. dgl., eine Rolle;
Drucker und Färber, welche sich mit Aufarbeiten getragener Sachen beschäftigen, gebrauchen ihn zur Enfernung des Fettes
und der Ölfarben, mit denen sie früher bedruckt waren. Alle extrahierten Öle und Fette lassen sich durch bloßes Erwärmen
vom S. wieder gründlich befreien; natürlich wird dieses Abtreiben in den meisten Fällen in Form einer
Destillation ausgeführt, um das Lösungsmittel für weitern Gebrauch zurückzugewinnen. In der Regel aber ergibt sich dabei
ein bedeutender Ausfall; der Stoff ist zu flüchtig, um sich immer wieder vollständig verdichten zu lassen. Die vertilgende
Wirkung des Stoffes auf allerhand kleines Ungeziefer ist auch erwähnenswert. Man reinigt damit z. B.
Herbarien, indem man sie ein paar Tage mit beigegebenem S. in Kästen dicht einschließt. Der Tod aller
Insekten, Larven und Eier erfolgt sicher. Reiner S. muß, ohne Rückstand zu hinterlassen, verdampfen und darf beim Zusammenschütteln
mit Bleiweiß dieses nicht braun oder schwarz färben. - Die Beförderung des S. auf Eisenbahnen erfolgt
ausschließlich in offenen Wagen ohne Deckung und nur mit den Feuerzügen: die Gefäße müssen cylindrisch sein und entweder
aus Zinkblech bestehen oder aus starkem gehörig vernietetem und in den Nähten gut verlötetem Eisenblech bis zu höchstens 500 kg
Inhalt. - Zollfrei.
(Hepar sulphuris, frz. foie de soufre alcalin; engl.
liver of sulphur). Diesen Namen führen im allgemeinen alle in Wasser löslichen Verbindungen des Schwefels mit Metallen.
Da die Schwefelverbindungen der gewöhnlichen schweren Metalle unlöslich sind, so fallen in diese Klasse nur die der Alkalimetalle
und der Metalle der erdigen Alkalien, also die des Kaliums, Natriums, Calciums etc. Im besondern bezeichnet
der Name jedoch nur die Kalischwefelleber (Schwefelkalium, Kaliumsulphid, Kaliumsulfuret, Kalium sulphuratum, Hepar sulfuris
kalinum), da diese die gewöhnlich gebräuchlichste ist. Sie wird erhalten durch Zusammenschmelzen von 2 Tln.
trockner gepulverter Pottasche und 1¾ Tln. Schwefelblumen, bis die Masse ruhig fließt. Diese wird
dann ausgegossen und nach dem Erkalten entweder sofort grob gepulvert und unter Verschluß gebracht,
da ihr der Lufteinfluß verderblich ist, oder auch in ganzen Stücken aufbewahrt. Sie ist nicht das reine Schwefelkalium
(das sich übrigens mit
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mehr
starkem Weingeist ausziehen läßt), sondern enthält neben diesem noch viel schwefligsaures, schwefelsaures und unterschwefligsaures
Kali. Das Schwefelkalium ist hier größtenteils als Fünffachschwefelkalium (Kaliumpentasulfid) vorhanden. Frisch bereitet,
sieht die Masse braun, lederfarben aus, ist geruchlos und von muscheligem Bruch; sie zieht aber rasch Kohlensäure, Sauerstoff
und Wasser aus der Luft an, zersetzt sich damit und riecht dann nach faulen Eiern, d. h. Schwefelwasserstoff.
Man kauft sie daher am besten in ganzen geschlossenen Büchsen. Diese Ware, die sich im Wasser zu einer grünlichgelben Flüssigkeit
auflöst, dient ausschließlich zu künstlichen Schwefelbädern gegen Hautübel, rheumatische und gichtische Zustände, und
hat die Bezeichnung „zu Bädern“ (pro balneis). In den Apotheken ist außerdem noch das gleiche Präparat
aus gereinigten Materialien hergestellt vorrätig. 100 kg kosten 60 Mk. -
(Vitriolöl, Schwefeltrioxid, lat. acidum sulphuricum, oleum vitrioli;
frz. acide sulphurique; engl. sulphuric acid.), die wichtigste,
unentbehrlichste und stärkste aller Säuren, wird massenhaft verbraucht und daher auch in sehr bedeutenden
Mengen erzeugt; der größte Teil alles gewonnenen Schwefels wird in S. verwandelt. Es gibt in der Natur ungeheure Mengen
fertiger S. in Form von schwefelsauren Salzen; schon die so häufigen und reichhaltigen Lager von Anhydrit und Gips (schwefelsaurem
Kalk) könnten die in ihnen steckende Säure zu Millionen von Zentnern hergeben, wenn man nur dieselbe
von der Basis in einer praktischen Weise abzutrennen wüßte.
Die schwefelsauren natürlichen Metallsalze, Eisen-, Kupfer-, Zinkvitriol, sind fügsamer und lassen sich durch Hitze, auf
dem Wege der trocknen Destillation, die Säure abtreiben. So hat namentlich der am ehesten disponible Eisenvitriol seit alten
Zeiten zur Gewinnung der Säure gedient und dient im beschränktem Maße noch dazu. Das Produkt, welches
auf diesem Wege erhalten wird, heißt rauchende oder Nordhäuser Schwefelsäure, Nordhäuser Vitriolöl (acidum sulfuricum
fumans).
Die Großfabrikation dagegen verfolgt ganz andre Wege und geht von der Verbrennung von Schwefel aus, dessen Dämpfe, die schweflige Säure,
höher oxydiert, d. h. mit noch mehr Sauerstoff verbunden und dadurch zu
S. werden. Dieses Kunstprodukt, das viel wohlfeiler und massenhafter geliefert werden kann, bildet die gewöhnliche oder
sog. englische S. (acidum sulfuricum anglicum). Während jene das Produkt der einfachsten Destillation
ist, kommt diese durch ein eigentümliches Zusammenspiel chemischer Thätigkeiten zustande.
Zur Darstellung der Nordhäuser Säure, die aber jetzt nicht mehr dort, sondern hauptsächlich in Böhmen
(Altsattel u. a. O.) betrieben wird, benutzt man auf den Vitriolhütten die von der Kristallisation
des Eisenvitriols überbleibenden Mutterlaugen, die man eindampft und kalciniert. Den so erhaltenen Vitriolstein destilliert
man dann aus Retorten von feuerfestem Thon unter Glühhitze. Die Vorlagen enthalten ein wenig Wasser oder
neuerdings statt dessen auch
englische S. Die dampfförmig übergehende wasserfreie S. kondensiert sich hier zur Flüssigkeit,
aber zu einer rauchenden; sie stößt an der Luft wasserfreie gasförmige Säure aus, welche sehr flüchtig und wasserbegierig
ist, daher aus der Luft sogleich Wasserdämpfe an sich reißt und mit diesen weiße Wolken bildet.
Ohne allen Wassergehalt bildet die Säure nämlich einen starren kristallinischen Körper, nach Umständen eine schneeige
oder wachsähnliche, sich an der Luft in Gas verwandelnde Masse, und nur mit einer gewissen Wassermenge eine Flüssigkeit.
In der Nordhäuser Säure ist die zur Sättigung nötige Wassermenge nicht vollständig vorhanden; sie
ist daher um so stärker und ätzender. Sie ist teurer als die englische und hat beschränkte Verwendung in Fällen, wo eine
ausnahmsweise starke Säure gebraucht wird. Besonders dient sie zum Auflösen des Indigo, wozu sie sich am besten eignet,
namentlich weil sie frei von Salpetersäure ist, mit der die englische häufig verunreinigt ist. Der Destillationsrückstand
ist Eisenoxyd (Colcothar, caput mortuum). - Als sogenannte wasserfreie S. (acidum sulfuricum anhydricum) kommt seit einigen
Jahren eine feste, weiße kristallinische Säure von England und Böhmen aus in den Handel, die zwar nicht ganz wasserfrei
ist, aber doch neben 60% Schwefelsäuremonohydrat 40% wirkliches Schwefelsäureanhydrit enthält.
Man versendet sie in eisernen Trommeln bis zu 1 Ztr. Inhalt. Verwendung findet diese Säure bei
der Fabrikation des künstlichen Alizarins. Doch hat man neuerdings im Handel auch wasserfreie Säure, die bis zu 99% Anhydrit
enthält. Bei der Bereitung der englischen S. findet folgender Vorgang statt. An der Luft und selbst
in reinem Sauerstoff verbrannter Schwefel gibt immer nur die durch ihren Geruch bekannte gasförmige schweflige Säure; sie
ist zwar begierig, mehr Sauerstoff aufzunehmen und dadurch zu S. zu werden, doch muß ihr, wenn das rasch geschehen soll,
der Sauerstoff in einem Zustande der Konzentration, wie z. B. im Platinschwamm,
oder in einer lockern Verbindung dargeboten werden, die er leicht aufzugeben geneigt ist.
Hierzu benutzt man die Salpetersäure, welche in dem hausgroßen Erzeugungsapparat in Wechselwirkung mit der schwefligen Säure,
atmosphärischer Luft und Wasserdampf eine eigentümliche Vermittlerrolle spielt. Der Apparat besteht aus einer Reihe, aus
Bleiplatten gefertigter Kammern, bodenlosen Kästen, die an Gerüsten aufgehangen, durch weite Bleiröhren
verbunden und unterhalb dadurch geschlossen sind, daß sie mit ihren Rändern in eine Schicht schwacher Säure eintauchen.
Am einen Ende wird in einem Ofen Rohschwefel verbrannt oder es werden Schwefelmetalle wie Eisenkiese, Zinkblende abgeröstet.
Die in die Kammern ziehende schweflige Säure, welche auch gleich die nötige Luft mitbringt, trifft bald
auf Salpetersäure, die in einem Strahle einrinnt und sich über Porzellanplatten ausbreitet. Dies ist die jetzige Praxis,
während man früher gleich Schwefel und Salpeter im Gemenge verbrannte. An verschiednen Stellen der Kammern treten nun noch
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