eintrocknet, die durch künstliche Wärme noch weiter, aber nicht völlig ausgetrocknet und dann zu Waren verarbeitet werden.
Für geringere Waren wird der Teig in Formen gegossen, dann werden die Stücke gebrannt. Der hierbei wieder entstehende Abfall
wird wiederholt zu neuer Masse geschlagen und man unterscheidet daher erst-, zwei-, drei-, vier- und
fünfmassige Ware. Um ächten M. von unechten zu unterscheiden, soll man den Gegenstand mit der Kante einer Silbermünze
streichen, unechter M. nimmt dadurch einen grauen Strich an, wie mit Bleistift, echter nicht. - Zollfrei. Meerschaumwaren
gem. Tarif im Anh. Nr. 20 b 1. Künstlicher M. wird wie natürlicher
behandelt.
(radix scillae oder squillae, bulbi scillae); ein Artikel des Droguenhandels, besteht aus den zerschnittenen
und getrockneten
Zwiebeln eines zu den lilienartigen Pflanzen gehörigen Zwiebelgewächses (Urginea maritima), das massenhaft
auf den sandigen Küsten des Mittelländischen Meeres wächst und dessen eirunde, große, bis zu 2 kg schwere, aus dicken
saftigen Schuppen zusammengesetzte und außen mit trocknen braunen
Häuten umgebene
Zwiebel zu medizinischem
Gebrauch dient.
Die nicht selten in Töpfen als Zierpflanzen gezognen Scillen sind, wenn sie blau blühen, andre Arten; die Urginea maritima
hat einen Schopf mit weißlichen Blüten. Im Handel findet sich die Drogue meist getrocknet, in die einzelnen Dickschuppen
zerlegt; doch kommen neuerdings auch ganz frische
Zwiebeln über Triest in den Verkehr, die im Keller in Sand sich konservieren
lassen, doch nicht sehr lange. Die getrockneten Stücke, die gut in Büchsen zu verwahren sind, da sie sehr leicht wieder
Feuchtigkeit anziehen und dann verderben, bilden zwei Sorten, eine weißliche und eine rötliche.
Die erstere stammt aus Griechenland, Malta, Kleinasien etc., die andre, welche besser sein soll,
aus Apulien und Kalabrien. Es sind flache gebogne, hornartig durchscheinende Stücke, die weiße Varietät weißem
Wachse
ziemlich ähnlich. Die frisch zerschnittene Wurzel riecht scharf zwiebelartig, schmeckt scharf, bitter und ekelhaft. Beim
Trocknen verliert sich der Geruch größtenteils, während der Geschmack bleibt. Ursache desselben und
das medizinisch wirkende Prinzip ist eine besondere, äußerst bitter schmeckende, unkristallisierbare Substanz der
Zwiebel,
Scillitin genannt, welche in größern Gaben als Gift wirkt. Medizinische Gaben wirken harntreibend und förden ^[richtig:
fördern] die Thätigkeit der Schleimhäute. Es werden aus getrockneten resp.
frischen
Zwiebeln wässerige und weingeistige
Extrakte, durch Macerieren mit
Essig der Meerzwiebelessig (acetum scilliticum),
durch Versetzen des letztern mit
Honig und Eindicken der Meerzwiebelsauerhonig etc. bereitet. -
Die Franzosen haben für die
Zwiebel, welche auf den Küsten Algeriens überall wuchert, eine neue Verwendung gefunden. Dieselbe
hat sich nämlich als das beste Vertilgungsmittel gegen Ratten und Mäuse bewährt. Diese
Tiere verzehren
dieselbe frisch zerschnitten und in Fett geschmort mit Begierde, nicht minder dann, wenn sie mit
Mehl in einen Teig verwandelt,
dieser
gebacken und gepulvert worden ist. Zollfrei.
(Getreidemehl; lat. farina; frz. farine; engl.
flour). Ein ansehnlicher Teil der Brotfrucht gelangt in neurer Zeit nicht mehr als Körner, sondern schon
vermahlen an den Markt und bildet in dieser Form einen sehr bedeutenden Handelsartikel, der natürlich dieselben, je nach
den Ernteerträgen verschiedner Länder, veränderlichen Wege geht wie das
Getreide selbst. Das M. ist als ein Halbfabrikat
zu betrachten und dieses setzt Fabriken voraus; solche Fabriken sind in der That die neuzeitigen Kunstmühlen,
die sich an Umfang und Leistungsfähigkeit zu den alten deutschen Mühlen ungefähr ebenso verhalten wie Fabriken überhaupt
zu den Werkstätten kleiner Handwerker.
Die Mühlen nach alter Art versorgen nur kleine Mahlkreise und ihr Geschäft ist die sog. Posten-
oder Lohnmüllerei, d. h. sie verarbeiten die ihnen zugebrachten größern und kleinern Posten
gegen Lohn. Die großen neuern Anstalten sind dagegen Handelsmühlen, die eingekauftes
Getreide vermahlen und die Mahlprodukte
an den Markt bringen, nicht mehr bloß an den großen von Land zu Land gehenden, sondern auch an den innern, denn auch
die Bäckerei hat sich wenigstens in größern Städten so eingerichtet, daß sie nicht mehr
Getreide anschafft und mahlen
läßt, sondern fertiges M. kauft.
Der Anstoß zur Umformung des Mühlwesens ging besonders von Nordamerika aus, das bei der Fülle seiner Weizenproduktion
darauf denken mußte, wie das Mehl massenhafter und für den Seehandel haltbarer herzustellen sei. Auch
die Engländer beschäftigten sich angelegentlich mit Verbesserung der Mühlen; sie modifizierten das System der Amerikaner
und man pflegt daher die verbesserten Mühlen überhaupt englisch-amerikanische zu nennen. Eine solche Mühle zeichnet sich
in vielen wesentlichen Punkten von den gewöhnlichen aus.
Erstlich sind die Mechanismen feiner und so viel als möglich in
Eisen konstruiert; sie gehen deshalb
leichter und es wird eine gegebene Kraft viel besser ausgenutzt. Durch verschiedne Einrichtungen bedient sich die Mühle
so zu sagen selbst und es werden viele Handreichungen durch Mechanismen ersetzt. Dann haben sie bessere und größere
Mühlsteine,
mit welchen dasGetreide trocken vermahlen werden kann, während es bei der alten Müllerei vorher gefeuchtet
werden muß. Es wird also, unter Vorkehrungen zur Kühlhaltung des Mahlgutes, ein M. erhalten, das nur den natürlichen Wassergehalt
des Korns hat, der zuweilen auch noch durch künstliche Wärme ausgetrieben wird, wo dann die Ware Darrmehl heißt und
besonders zu Schiffsproviant dient.
Das M. solcher Mühlen ist daher immer trockner und darum halt- und versendbarer und wird daher als Dauermehl oder auch Dampfmehl
bezeichnet. Die Dampfkraft ist allerdings nichts Wesentliches dabei und es stehen viele der immer zahlreicher werdenden Handelsmühlen
auch am Wasser und haben etwa nur eine Reservedampfmaschine für wasserarme Zeiten. Es haben die Kunstmühlen
ferner komplizierte Reinigungsapparate, welche die Körner vor dem Vermahlen viel gündlicher ^[richtig: gründlicher] als
gewöhnlich entspitzen und
¶
mehr
von allem, auch dem fest ansitzenden Schmutze befreien und so bewirken, daß ein weit weißeres, schön in die Augen fallendes
M. erhalten wird. In allen derartigen Mühlen geschieht die Beutelung mittels sog. Cylinder,
langer schräg liegender Hohlwalzen aus Lattenwerk und mit Beutelgaze von verschiedner Maschenweite überzogen, sodaß bei
einmaliger Durchpassierung des Mahlgutes gleich drei oder vier Feinheitssorten von M. erhalten werden
und die Kleie zu unterst herausfällt.
Die Methoden des Mahlens sind verschieden. Nach dem amerikanischen Verfahren, das auch in England, Belgien und sonst für
Proviantmehl geübt wird, passiert der Weizen nur einmal die Mühle und wird dabei gleich so vollständig
gepulvert, daß er den Beutelcylindern übergeben werden kann. Das so erhaltene M. ist gelblich, wie Staub anzufühlen, und
enthält die feinsten Partikel der Kleie mit. Um schöneres, reines M. zu erhalten, wie es für feines Gebäck erforderlich
ist, muß man umständlicher zu Werke gehen und sich der sog. Griesmahlerei
bedienen, der Methode, die jetzt gewöhnlich als die Wiener bezeichnet wird.
Hierbei wird beim ersten Durchgang der Weizen von den scharfen Steinen nur geschält, der Inhalt mehr oder weniger zerbrochen
und das Produkt besteht aus Hülsen, Gries und etwas M., die sich leicht trennen lassen, worauf dann der Gries für
sich weiter in M. verwandelt wird. Der Roggen ist wegen seiner fester ansitzenden Hülsen schwieriger als Weizen zu vermahlen
und erfordert dem entsprechend eine etwas modifizierte Behandlung. Weizen- und Roggenmehl aber sind die beiden Sorten, welche
als Großhandelsartikel allein in betracht kommen; nur in Nordamerika bildet auch Maismehl neben dem
des Weizens einen bedeutenden Ausfuhrartikel. -
Das M. für weitergehenden Handel erhält seine Verpackung in Fässern, in die es entweder lose eingeworfen oder fest eingestampft
wird. Die letztere Füllung paßt besser zum Versand in kältere, die erste in heißere Gegenden. Nordamerika versendet die
größten Massen seines Weizenmehls aus Newyork, dann aus Neuorleans, Baltimore, Philadelphia, Boston,
und hat seinen ständigen Absatz in Westindien, Brasilien etc. An die europäischen Hafenplätze
kommt solches M. seltner, seit hier die Handelsmüllerei selbst in Schwung gekommen ist.
Deutschland hat in den meisten Jahren ansehnliche Ausfuhr von M., neuerdings ist jedoch die Ausfuhr von M. infolge
der Zollverhältnisse stark zurückgegangen und die Handelsmühlen, welche für Export arbeiteten, sind
dadurch sehr gefährdet. Rußland und Polen geben ebenfalls starke Posten an den Westen ab, ebenso Ungarn. Ein Hauptplatz
für Mehlproduktion und Handel ist Wien; dort hat man den vorzüglichsten Weizen aus dem Banat zur Disposition und erzeugt
daraus vorzüglich gute und beliebte Mehlsorten.
Die österreichische Mehlausfuhr geht hauptsächlich über Triest nach den Mittelmeerländern. In Norddeutschland will die
Bezeichnung Wiener M. meistens nur sagen, daß die Ware nach Wiener Art gemahlen (Griesmüllerei) und sortiert ist. Verhandelt
wird das M. in der Regel nach
Gewicht, in Deutschland nach dem Zollzentner. Sorten sind von Weizen wie
Roggenmehl gewöhnlich drei, die beste mit Null bezeichnet, als 0, 1, 2 für beide, oder für Roggen 0, 1, durchgemahlen,
oder auch 0, 0 und 1, durchgemahlen. Die Sortimente der Wiener Kunstmühlen sind zahlreicher, aber nicht durchgängig gleich,
z. B. Kaiserauszug, Prima M. 00, Prima 0, Sekunda 0, M. I, ditto II.
- M. aus Getreide und Hülsenfrüchten Nr. 25 q 2. Kraft- und Stärkemehl Nr. 25 q 1.
(Radix Imperatoriae, rhizoma imperatoriae); ein Artikel des Droguenhandels, der getrocknete Wurzelstock
der Doldenpflanze Imperatoria Ostruthium, eines ausdauernden Gewächses, das in den höhern Gebirgen Deutschlands und in
den Voralpen heimisch ist, zuweilen in Gärten gezogen wird und mitunter verwildert vorkommt. Die Wurzelstöcke
ohne die langen fadenförmigen Fasern sind fingerdick, etwas plattgedrückt, geringelt, längsrunzlig, warzig höckerig und
von graubrauner Farbe, innen gelblich weiß mit großen braunen Harzpunkten.
Geruch und Geschmack sind ähnlich wie bei der Angelikawurzel, aromatisch, beißend gewürzhaft. Die im
Herbst von 2-3 jährigen Pflanzen zu sammelnden Wurzeln sollen nur von wildwachsenden Pflanzen genommen werden; sie kommen
aus der Schweiz, aus dem Riesengebirge etc. und dienen zu Tierarznei und als Zusatz bei der
Bereitung bittrer Liköre. Die M. enthält ätherisches Öl und Peucedanin; sie ist dem Insektenfraß sehr
unterworfen, man muß sie daher in gut verschlossnen Gefäßen und an trocknen Orten aufbewahren. Zollfrei. Das ätherische
Öl daraus gem. Nr. 5 a des Tarif im Anh.
unter diesem Namen kommt jetzt von Westindien aus ein stark eingedickter Zuckerrohrsaft in den Handel, der
unterwegs größtenteils kristallinisch erstarrt und in europäischen Raffinerien gereinigt und auf Hutzucker
verarbeitet wird.
Im allgemeinen dasselbe wie Sirup, der braune Rückstand von den auf Zucker versottenen Säften des Zuckerrohrs
und der Zuckerrübe (s. die Art. Sirup und Zucker). Die M. besteht aus in Wasser gelöstem, unkristallisierbarem
Zucker (Frucht- oder Schleimzucker) nebst wirklichem Zucker, der nur durch den Schleimzucker und die salzigen Bestandteile
am Auskristallisieren behindert ist. Von den andern fremden Bestandteilen enthält der Rohrzuckersirup (der früher gewöhnliche
braune Sirup) wenig, schmeckt daher angenehm süß und dient, wie bekannt, bei Backwaren und manchen andern Gelegenheiten
als versüßendes Mittel; in den zuckerbauenden Ländern brennt man daraus den echten Rum. Die schwarzbraune,
undurchsichtige Rübenmelasse dagegen ist ein weit unreinerer Stoff, da die Rübe aus dem Boden lösliche Salze, namentlich
Kalisalze, aufnimmt, die sich sämmtlich im Rückstande wiederfinden. Neben den Salzen enthält die M. auch organische, übel
schmeckende und riechende Stoffe und Produkte, schmeckt daher anfänglich süß, hintennach salzig, ekelhaft
und riecht widerwärtig. Man versteht indes diese Masse durch
¶
mehr
eingreifende Reinigungsarbeiten doch genießbar zu machen. Man hat in den Materialläden drei und mehr Sorten Rübensirup
von besserer bis zu geringerer, ganz wohlfeiler Qualität und es werden in der Regel nur diese Rübenprodukte geführt; der
indische Sirup ist wie der Zucker von dort bereits eine Seltenheit geworden. Es können aber die großen
Mengen von M., die die deutschen Zuckerfabriken erzeugen, auf diesem Wege nur zum kleinen Teil abgesetzt werden und das meiste
fällt der Spiritusbrennerei anheim.
Solcher Rübenspiritus ist aber ebenfalls sehr unrein, schlecht schmeckend und riechend, kann daher nicht zu Getränken,
sondern nur zu technischen Zwecken verwendet werden. Dasselbe gilt von dem Essig, der daraus statt des
Spiritus bereitet werden kann. Rübensprit nimmt auf Vermischung mit ein Drittel englischer Schwefelsäure eine bleibende rosenrote
Farbe an und kann dadurch leicht als solcher erkannt werden, selbst wenn er unter Spiritus von andrer Herkunft gemischt ist.
Die beim Spritbrennen aus Rübenmelasse verbleibende Schlempe, die zu Viehfutter untauglich ist, kann
unter passenden Umständen noch zur Gewinnung von Pottasche gebraucht werden, wie dies im Artikel Kali näher besprochen ist.
Wo auf diesen Ertrag verzichtet wird, dient ein Zusatz von Schwefelsäure zur Schlempe, bis sie sauer reagiert, zur Vermehrung
der Spiritusausbeute. Auf die Brennerei von Melassenspiritus sind besonders die Franzosen eingerichtet
und der größere Teil der in Deutschland abfallenden M. wird nicht im Inlande, sondern in Frankreich verarbeitet. Zoll s.
Tarif im Anh. Nr. 25 u. Zur Branntweinfabrikation unter
Kontrolle der Verwendung zollfrei.
(herba Meliloti) kommt von dem wohlriechenden gelben Steinklee (Melilotus officinalis, frz.
mélilot; engl. shop-melilot), einer zweijährigen, mit kleeartigen Blättern und gelben Schmetterlingsblumen,
die sich mehr oder weniger häufig, überall an Wegen, Rainen, auf trocknen Wiesen vorfindet. Der Geruch der frischen Pflanze,
die blühend eingesammelt wird, ist schwach honigartig; beim Trocknen aber tritt ein starker angenehmer Geruch auf, derselbe,
der sich beim Waldmeister, Wiesenruchgras, Weichselrohr und den Tonkabohnen wiederfindet und in allen diesen
Fällen auch die gleiche Ursache hat, indem er von der Anwesenheit einer isolierbaren, kristallinischen, weißen Substanz,
dem melilotsauren Cumarin herrührt, welche besonders in der Wärme sich stark duftend verflüchtigt. Das Kraut dient gepulvert
zu erweichenden Umschlägen und zur Darstellung des Melilotenpflasters. -
Melilotenblüten bilden ebenfalls einen Artikel des Droguenhandels, der in größern Mengen (in Zentnerballen gepreßt) in
Tabaksfabriken zur Parfümierung von Schnupftabak gebraucht wird, also die Stelle von Tonkabohnen vertritt. Eine besondere
Art, Melilotus coerulea, wird in der Schweiz zur Bereitung des Kräuterkäses verwendet. Zoll: M. auch gepulvert sowie
das M.pflaster sind zollfrei.
(herba Melissae). Die Melisse (Melissa officinalis, frz. mélisse oder
citronnelle; engl.
Balm-mint), wächst wild in den Gebirgen des mittlern und südlichen Europa.
Die bei uns in Gärten und für Handelszwecke besonders in Thüringen auf Feldern gezogene sog.
Zitronmelisse ist eine Spielart (var. citrata) derselben und zeichnet sich
von jener außer einigen äußern Merkmalen durch einen stärkern zitronenähnlichen Geruch aus. Die Pflanze ist ausdauernd,
durch Samen und Wurzelteilung zu vermehren, hat oberhalb dunkel-, unten hellgrüne, mit einzelnen steifen Haaren besetzte
eirunde, langgestielte, gekerbte Blätter und weiße Lippenblüten.
Das Kraut wird kurz vor der Blüte geschnitten, im Schatten rasch getrocknet und unter gutem Verschluß
aufbewahrt. Es werden im Laufe des Sommers mehrere Schnitte erhalten. Man benutzt das Kraut im Häuslichen öfter zu einem
wohlschmeckenden Thee, offizinell als aromatisches und nervenstärkendes Mittel. Die Pflanze hat einen geringen Gehalt eines
den Geruch verursachenden ätherischen Öls (Melissenöl, oleum melissae), das bei schwacher Destillation
des Krautes mit Wasser von diesem gelöst wird (Melissenwasser), während bei wiederholtem Destillieren über mehre Posten
Kraut das Öl frei auf dem Wasser schwimmend erhalten wird. Dasselbe ist gelblich, dünnflüssig, sehr stark riechend. Seine
Verwendung in der Parfümerie kann nur eine beschränkte sein, da das Kilo mit 168 Mk. notiert
wird. Durch Destillation des Krautes nebst andern würzhaften Stoffen mit Weingeist wird ferner der Melissen- oder Karmelitergeist
(s. d.) dargestellt, der sowohl als Parfüm wie zu medizinischem Gebrauch dient.
- M. ist zollfrei. Melissengeist und Melissenöl gem. Tarif Nr. 5 a.
Melissenwasser Nr. 31 d bezw. 31 e.
(Cucumis Melo L. Arbuse, engl. Melon, frz. melon
serpent, C. melon, holl. meloen, ital. melone und mellone),
aus Indien stammend, zu den Gurkengewächsen gehörende Pflanze, deren Früchte frisch und eingemacht in Deutschland zu den
feineren Dessertfrüchten gehören, schon den alten Phöniziern bekannt waren, und in Italien massenhaft vom Volke
verzehrt werden, besonders die Kantalupenmelonen „Zatte“, und die Wassermelone, C. Citrullus (engl.
Water melon, frz. le melon d'eau).
Die M. gedeiht nur im wärmern Klima oder mit Treibbeetkultur, sie erfordert bei uns zum Genuß viel Zucker und etwas Pfeffer,
weshalb sie nicht allgemeines Nahrungsmittel ist, wie die Wassermelonen in Italien, welche ohne Zuthaten
genossen werden. Den ausgezeichnet aromatischen Geruch haben besonders die Ananasmelonen, die M. von Athen, die türkische
grünfleischige, die griechische Königsmelone und die grüne Sarepta; die Sorten sind unterschieden durch das Fleisch (rot-,
gelb-, grün-, weißlich, und durch die Glätte oder Rippigkeit, Netzgeflechte auf der Oberfläche, und auch
die Größe; mittlere grünliche gepreßte sind bei uns die beliebtesten. Die M. werden nur von Handelsgärtnern, besonders
bei Berlin, oder von Privaten gezogen; in den Handel kommen sie besonders von Spanien, Algier, Frankreich und den Rheinländern
und zwar an Großhändler oder Delikatessengeschäfte; das Erzeugnis lokaler Zucht
¶
mehr
wird auf Wochenmärkten feil geboten. Der Kaufmann wird selten mit dem Melonenhandel und dann nur für bestimmte Aufträge
zu thun haben. In Paris verbraucht man die M. zu Millionen Stück und liefert das Dutzend zu 2 bis 5 Frcs. im Großhandel;
auf deutschen Märkten kommt das Stück selten unter 1 Mk. Wassermelonen verwendet
man auch zum Brodbacken. - Zollfrei. - Mit Zucker eingemachte, sowie in hermetisch verschlossenen Büchsen eingehende M. gem.
Tarif Nr. 25 p 1.
und Mengfrucht. Gemenge verschiedner Getreidearten oder Futterpflanzen, erstere meistens Roggen und Weizen,
absichtlich unter einander gebaut. Der Anbau von zusammen angebauten Getreidearten oder Hülsenfrüchten
ist sicherer und darum der Ertrag etwas höher, das Gemenge aber nicht so gut wie die Einzelfrüchte verkäuflich, weil das
Mehl nur zu Brot oder in der Küche verwendbar ist. Der Preis ist daher etwas geringer als der Preis der Einzelfrüchte. M. kommt
nur im Lokalhandel vor und ist nicht zu verwechseln mit den Gemischen aus mehreren Sorten gleicher Frucht,
wie sie besonders im Großhandel in den Ostseeländern gebräuchlich sind. Vergl. Getreide. -
Das Mengfutter, von welchem in der Landwirtschaft viel Gebrauch gemacht wird, setzt man je aus den einzelnen Sämereien zusammen,
besonders aus Wicken und Hafer oder aus Gräsern und Kleesämereien. (S. d.)
(Bleizinnober, Bleirot, rotes Bleioxyd, lat. Minium oder Plumbum oxydatum rubrum,
frz. Mine oder ronge de saturne ^[richtig: rouge de saturne]; engl.
red lead). Die M. ist eine Verbindung von Blei mit Sauerstoff, die jedoch mehr von letzterem enthält, als die Glätte oder
das Bleioxyd; man kann sie als eine Verbindung von Bleioxyd mit Bleihyperoxyd betrachten, denn beim Übergießen
von M. mit Salpetersäure färbt sich die rote M. dunkelbraun infolge der Ausscheidung von Bleihyperoxyd, von welchem das gleichzeitig
gebildete salpetersaure Bleioxyd durch Wasser getrennt werden kann. Man bereitet die M. durch wiederholtes Erhitzen (sogenanntes
Brennen) von feingemahlener Bleiglätte auf 450° C. bei Luftzutritt bis das gelbe Bleioxyd in ein lebhaft
rotes Pulver übergegangen ist, welcher Vorgang auf einer Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft beruht. Eine besonders feine
und feurige Sorte wird durch Erhitzen von Bleiweiß in ähnlicher Weise bereitet und Orangemennige (mine orange, saturnine
red) genannt.
M. ist in Wasser unlöslich und wie alle Bleiverbindungen giftig. Die M. wird als Malerfarbe in Wasser, Öl und auf Kalk benutzt,
ist jedoch wenig haltbar; ferner mit Firnis als Anstrichfarbe auf Eisen, mit Bleiweiß und Firnis zusammengeknetet als Kitt für
die Flanschen von Dampfleitungsröhren, kupfernen Destillierapparaten etc.;
in großer Menge benutzt man ferner die M. bei der Herstellung feiner Bleigläser (Kristallglas, optisches Glas etc.). Hauptlieferant
von M. ist England. - M. ist zollfrei; mit Öl oder Firnis gemischt, als Farbe gem. Tarif Nr. 5 a; als Kitt
Nr. 5 e.
(engl. merino, marrino), heißen leichte geköperte Zeuge aus
Kammwolle mit dreifädigem, auch
vierfädigem, auf beiden Seiten rechtem Körper. M. kommen in allen Farben und gemustert
vor und waren eine Zeit lang beliebt zu Frauenkleidern und Umschlagetüchern. Die Stoffe, durch Sengen, Scheeren und heißes
Pressen mit Glanz appretiert, kamen ursprünglich aus England und wurden dann auch in Deutschland und
Frankreich fabriziert. Gegenwärtig ist die Ware nicht mehr in Kurs, und an ihrer Stelle sind die in Deutschland zuerst gefertigten
Thibets getreten; vollere und weichere Stoffe ohne glänzende Appretur. Eine wohlfeilere hierher gehörige Ware ist halbwollner
M. mit baumwollner Kette und Kammgarneinschlag, dreifädig geköpert, und heißt Paramatta. - Verzollung:
Tarif Nr. 41 d 5 β.
(frz. lacton, engl. yellow brass, brass); ist
die gebräuchlichste Legierung des Kupfers mit Zink. Die beiden Metalle lassen sich unter jedem denkbaren Mengenverhältnis
zusammenschmelzen; jedoch ist M. aus mehr Zink als Kupfer ungebräuchlich, weil zur Verarbeitung wenig geeignet. Erst bei gleichen
Teilen Kupfer und Zink wird eine brauchbare Legierung erhalten; für gewöhnlich aber überwiegt ersteres
das letztere um das Zwei-, Drei- und Mehrfache; die gewöhnlichen Sorten des gelben Messings enthalten etwa 24 bis 36% Zink.
Bei weiterem Herabgehen des Zinkgehalts bis auf etwa 18 bis 8% erscheinen die Legierungen nicht mehr hell
messinggelb, sondern mehr oder weniger gold- oder rotgelb und führen die Bezeichnung Rotmessing, Rotguß, Tombak (frz. tombac,
engl. tombac, red brass). -
Auch gehören hierher alle solche Legierungen, bei denen es hauptsächlich auf Erzielung einer möglich goldähnlichen Farbe
abgesehen ist, wie Mannheimer Gold, Prinzmetall, Similor, Pinchbeak etc. Die Legierung zu dem unechten
Nürnberger Blattgold besteht aus 11 Teilen Kupfer und 2 Teilen Zink. -
Je kupferreicher, um so röter und dehnbarer fällt die Legierung aus. Indes bindet sich die Farbe nicht so konsequent an
das Mengenverhältnis, denn es erscheint z. B. M. mit 40% Zink viel dunkler und röter als solches von 80 Kupfer
mit 20 Zink. Die Dehnbarkeit dagegen wächst und nimmt ab wie der Kupfergehalt, denn diese Eigenschaft kommt speziell dem
Kupfer zu. Bei der Herstellung des M. werden je nach Bestimmung und Preis desselben die passenden Verhältnisse genommen;
zu Gußmessing werden häufig alte Kupfer- und Messing-Sachen und Abfälle eingeschmolzen, wodurch Farbe und
Zusammensetzung stark von Zufälligkeiten abhängig ist. Dabei gelangt in die Masse auch etwas Zinn und Blei von Lötstellen,
was für den Guß und die Bearbeitung der Gußstücke keinen Übelstand bildet, wohl aber in solchen Fällen, wo die volle
Dehnbarkeit beansprucht wird, nachteilig ist. -
Die Darstellung des M. geschah in frühern Zeiten in der Weise, daß Galmei mit zerkleinertem Kupfer und
Kohlenstaub im Gemenge eingeschmolzen wurde, sodaß ein Freimachen des Zinks und seine Verbindung mit dem Kupfer in eine Operation
zusammenfiel. Bequemer und rascher als nach diesem jetzt kaum noch eingeschlagenen Verfahren, welches ein
¶
mehr
zweimaliges Schmelzen erforderte, bereitet, oder brennt man jetzt das M. durch direktes Zusammenschmelzen der beiden Metalle.
Ein Messingbrennofen enthält eine Anzahl Tiegel, in welche Kupfer und Zink in Stücken abwechselnd mit Kohlenklein eingeschichtet
und mit einer dicken Schicht von Kohlenstaub überdeckt werden. Die flüssig gewordene Masse aller Tiegel wird in
einen großen zusammengegossen, gerührt und abgeschäumt. Nun erfolgt der Guß zu Stückmessing, oder zu Tafelmessing. Im
ersten Falle gießt man in Mulden, die im Boden der Hütte in Stand gemacht sind, hebt das Metall, sowie es erstarrt ist,
noch heiß heraus und zerschlägt es in Stücke, welche für Gelbgießereien u. a.
das Rohmaterial bilden. Die Messingtafeln von 6-20 mm Dicke werden entweder sofort oder nach nochmaligem Umschmelzen zwischen
zwei großen mit Lehm und Kuhmist überzogenen Granitplatten gegossen.
Die Tafeln finden zum Teil direkt Verwendung; die stärkeren bei Pumpen- und Spritzenfabrikanten, und Graveuren. Etwas dünneres
Tafelmessing gebrauchen Gürtler, Wagenbauer u. a. Die Tafeln kommen aus
dem Guß rauh und durch Oxyd geschwärzt und erhalten daher erst eine mehr oder weniger sorgfältige Zurichtung ihrer Oberfläche
durch Beizen, Schaben oder Behandlung auf der Hobelmaschine, meist auch durch Glätten zwischen stählernen Glättwalzen.
Ein andrer Teil des rohen Tafelmessings wird auf den Hütten durch Zerschneiden und mehrmaliges Strecken
auf Walzwerken zu den verschiednen Sorten von Messingblech (s. unter Blech) verarbeitet. Aus Blechen geht ferner der Messingdraht
in seinen verschiednen Stärken hervor, indem jene auf Maschinen in schmale vierkantige Leistchen, Drahtband, zerschnitten
werden, welche die Drahtzieher verarbeiten. -
Das M. tritt in seinen ungemein zahlreichen Anwendungen überall vor Augen. Es findet viel häufiger
als Kupfer und Zink allein Verwendung. In dem M. sind die guten Eigenschaften der beiden Metalle vereinigt und es wird dadurch
gleichsam ein drittes, höher gewertetes Metall geschaffen, das weniger kostet als Kupfer. Das M. ist härter als dieses,
weniger der Abnutzung und atmosphärischen Einflüssen unterworfen, besitzt eine gefälligere Farbe und
große Politurfähigkeit.
Vom Kupfer hat es die Eigenschaft, in kaltem Zustande in hohem Grade dehn- und hämmerbar zu sein; es läßt sich mit Leichtigkeit
strecken, treiben, zu dem dünnsten Blech auswalzen und dem feinsten Draht ausziehen, allerdings unter der Voraussetzung, daß
es bei diesen Bearbeitungen wiederholt ausgeglüht wird, um ihm die Härte zu nehmen, die es bei dem
Walzen etc. erhielt. Im glühenden Zustande sind viele Messingsorten brüchig, doch erweisen
sich Legierungen mit 35-40% Zink als sehr gut unter dem Hammer und Walzen streckbar (schmiedbares M.). -
Als Gußmaterial hat das M. hohen Wert; es ist dünnflüssig, füllt deshalb die Formen gut aus und gibt
dichte Güsse. - Der Rotguß wird in ganz gleicher Weise wie das M. hergestellt; für manche Zwecke wird ihm noch ein sehr
kleiner Anteil Zinn beigegeben. Er ist vermöge seines größern Kupfergehalts nicht nur
tiefer von Farbe, sondern auch
feiner im Korn, weicher und dehnbarer. Rotguß findet zu den verschiedensten Zwecken Anwendung, sowohl zu größeren Stücken,
Maschinenteilen u. dgl., als zu Kurzwaren. Der
tiefere Farbenton macht die kupferreicheren Legirungen besonders geeignet für zu vergoldende Artikel, und dienen solche
daher in großer Ausdehnung zu Bijouteriewaren (unechtem Goldschmuck). Hierher gehören auch die sog.
Leonischen Waren aus vergoldetem Draht und Lahn in Form von Tressen, Kantillen, Quasten u. dgl.
Bei solchen Drähten und dann auch bei dem Flitter- oder Rauschgold greift auch eine andre noch zu erwähnende Messing- oder
Tombakbildung Platz, die sich nur auf der Oberfläche vollzieht, die sog. Zementation. Man
bringt die kupfernen Drähte und dünnen Bleche in feuerfeste und luftdicht zu verschließende Kästen zugleich mit Zink, welches
zu unterst liegt. Durch die darauf einwirkende Hitze wird das Zink erst geschmolzen und dann in Dämpfe verwandelt, die sich
mit dem Kupfer zu M. verbinden. Derselbe Vorgang findet auch bei dem gewöhnlichen Schmelzen statt: das
zu unterst liegende Zink verdampft und die Dämpfe verbinden sich mit dem Kupfer zu leichtflüssigerem M., bis endlich der
ganze Einsatz in Fluß gekommen ist. -
Die Darstellung des M. geschieht teils in den Fabrikstädten, welche dasselbe stark verarbeiten, wie Nürnberg, Fürth, Iserlohn,
Berlin etc., teils gibt es in verschiednen Gegenden besondre Messinghütten,
die sich nur mit Darstellung von Platten und Blechen, resp. Draht beschäftigen. Sehr schönes Tafelmessing und Blech wird jetzt
in Berlin erzeugt, in Sachsen in Niederauerbach. In England ist der Hauptsitz der Messingindustrie Birmingham, in Belgien
Lüttich und Namur, in Frankreich Romilly und Givet. - Zoll: s. Tarif im Anh.
Nr. 19 a bis d. Vergoldete oder versilberte Messingwaren, ferner fein gearbeitete und
zugleich vernierte desgl. vernickelte Galanterie- und Quincailleriewaren werden gem.
Tarif Nr. 20 b 1, bzw. 2 des Tarifs verzollt.
es sind dies farbige Überdruck- oder Abziehbilder, welche im Wege des Buntsteindrucks
mit der nötigen Anzahl Farbplatten hergestellt werden, nur mit dem Unterschiede, daß der Druck nicht auf gewöhnliches,
sondern auf präpariertes Papier erfolgt das auf der Druckseite mit einem Grund von Stärkekleister und Gummi überzogen und
dann wieder getrocknet ist. Solche Bilderbogen sind jetzt in großer Mannigfaltigkeit im Handel. Um die
Bilder dahin zu versetzen, wo man sie haben will, überzieht man die betreffenden Gegenstände mit fettem Lack, legt die Bilder
auf und reibt sie an und entfernt nach dem Trocknen Papier und Grund mittels eines nassen Schwammes. Wasserfeste Gegenstände,
nämlich von Glas, Porzellan und Email, werden einfach in Wasser gelegt oder gestellt, bis die Papiere abfallen.
Die ersten solcher Bilder kamen von Paris und die ganze Sache erschien als eine französische Spielerei; sie hat sich aber
in wenigen Jahren ganz bedeutend entwickelt und über ein großes Gebiet ausgedehnt. Man druckt jetzt nicht nur
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mehr
Massen kleiner Bilder für hölzerne Spiel- und Galanteriewaren, Verse und Bilder für Dosen, Kästchen u.
dgl., sondern selbst die Verzierung großer Theebretter und andrer Lackierwaren,
selbst ganzer Tischplatten. Ebenso hat man das Verfahren mit Erfolg auf Einbrennbilder für Glas, Porzellan und Email anwendbar
gemacht. Die hierzu nötigen Schmelzfarben lassen sich in vielen Fällen, wenn sie mit Firnis angerieben
sind, nicht drucken. Man hilft sich daher so, daß man die
[* 6]
Figuren mit bloßem Firnis vordruckt und die Farben auf pudert.
Derartige Einbrennbilder kommen sehr schön von Paris, werden aber auch in Berlin und Leipzig gefertigt. Außerdem ist Nürnberg
der Sitz einer starken Fabrikation von Abziehbildern. - Zollfrei.
(Halbflorence, Halbtaffet) ist leichtes, taffetartig gewebtes, glänzendes Seidenzeug, dünner und glänzender
als Taffet oder Zeug mit seidener Kette und baumwollenem Schuß, welches ausschließlich zu Unterfutter von Mützenmachern
etc. verwendet wird.
Man hat den Stoff in verschiednen Breiten und den meisten Farben. - Zoll: gem.
Tarif Nr. 30 e und f.
frisch und kondensiert. Die Versorgung der städtischen Bevölkerungen mit guter, reiner
M. gehört zu den wichtigsten Gegenständen der Fürsorge für den Lokalverkehr, da die M. auf weitere Entfernungen nicht
versendet werden kann. Neuerdings hat man besondre Milchwirtschaften unter sanitätlicher Kontrolle in den Städten selbst
errichtet, um für Kinder und Kranke (Genuß der frischgemolkenen M. im Lokal selbst und Lieferung in
das Haus) eine zusagende M. zu erzeugen, wobei es hauptsächlich auf gleichbleibende (Trocken-) Fütterung ankommt.
Für den Hauptverbrauch sind die Landwirte vor den Thoren der Städte in bestimmt begrenztem Umkreis die Lieferanten und
dieser Umkreis kann kein großer sein, weil die M. früh zu rechter Zeit geliefert werden muß und bei
weitem Transport zu leicht säuert. Mit Hilfe der Eisenbahnen kann ein größerer Umkreis mit in Betracht kommen. Im Durchschnitt
beträgt, soweit genaue statistische Angaben bis jetzt vorliegen, der Verbrauch in Deutschland etwa 100 l pro Jahr und Kopf;
er sollte, im Interesse einer guten Volksernährung, 120 l pro Kopf sein, eine Ziffer, welche nur die
amerikanische Statistik angibt. In Hamburg wurden 104 l ermittelt, in Berlin unter 90 l. In Betracht kommen als Handelsware
die Milchpräparate, die reine frische und die abgerahmte M., der Rahm oder die Sahne; Sauermilch, Buttermilch und Molken
nur ausnahmsweise.
In der Regel besorgen den Milchhandel die kleinern Zwischenhändler und dadurch wird der Verschleiß
ungewöhnlich verteuert und dem Abnehmer leichter, als bei direktem Bezug von den Landwirten möglich ist, durch Verfälschungen
aber benachteiligt. Die Landwirte in der Nähe unsrer größern
Städte lösen selten über 18, meist nur 14-16 Pf. pro l
M., die Städter müssen in Handlungen über 22 und loco Küche bis 30 Pf. und mehr bezahlen, ein Preisunterschied,
welcher so ungebührlich hoch ist, daß allerwärts die Versorgung der Städter mit M. besser organisiert werden sollte.
In Stockholm besteht dafür eine besondre Gesellschaft, an welcher auch die Landwirte beteiligt sind und durch welche
zu allseitiger Zufriedenheit der Bezug und die Abgabe der M. an die Kunden geordnet ist. Manche Landwirte bei uns unterhalten
eigene Verkaufslokale für M. in den Städten, wodurch der Bezug unverfälschter Ware allerdings gesichert wird, aber meist
zu hohe Kosten entstehen; die direkte Lieferung in die Häuser kann nur in beschränktem Maße ermöglicht
werden. In der Regel nehmen besondre Händler die M. auf den Bahnhöfen oder von den Landwirten in Empfang und versorgen
einen bestimmten Kundenkreis damit. -
Der Milchhandel hat seine Schattenseite besonders dadurch, daß es bis jetzt noch kein sicheres und leicht ausführbares
Verfahren gibt, die M. auf ihre Güte zu prüfen und nach dieser zu verkaufen, andrerseits dadurch, daß
die Kühe keine sich gleichbleibende M. liefern, sondern daß diese je nach Jahreszeit und besonders je nach Fütterung verschieden
ist und ferner auch wechselt mit der Zeit nach dem Kalben. Die Güte der M. ist hauptsächlich bedingt durch
die Rasse, zum Teil individuell verschieden und beeinflußt durch Witterung und Futter. In manchen Städten wird von den
Sanitätsbehörden M. von bestimmter Beschaffenheit verlangt und jede M., welche dieser nicht entspricht, konfisziert; sind
die Vorschriften hierzu zu streng gezogen, dann kann der Landwirt ihnen nicht entsprechen, geben sie zu weiten
Spielraum, dann nützen sie nicht viel.
Der Wasserzusatz, die einfachste Art der Fälschung, ist nicht leicht zu ermitteln, wenn er nicht zu grob betrieben wird,
weil die M. ein Gemenge mehrerer Substanzen von je verschieden spezifischem Gewichte darstellt und zwar so, daß einzelne,
z. B. das Butterfett, leichter, andre, z. B. der
Milchzucker und der Käsestoff, spezifisch schwerer als Wasser sind. Die auf das spezifische Gewicht basierten Milchprüfer
(Milchwagen) arbeiten nicht zuverlässig genug, die optischen Instrumente (Prüfung der M. vor dem Licht) setzen geübtere
Personen voraus, und die zuverlässigste Probe, durch Analyse, kann nur von Chemikern vorgenommen werden.
Die M. enthält 1) Wasser, 80,32-87,41-91,5% in der Kuhmilch, 82,25 bis 89,76 in der Ziegen- und
76,7-87,02% in der Schafmilch;
für die Kuhmilch ist 87,25% ein gutes Mittelverhältnis;
je nach Rasse, Individuum, Fütterung,
Futtermittel etc. kann aber unter Umständen, ohne Zusatz, bis 91% Wasser in der M. enthalten
sein;
gute M. soll nicht mehr wie höchstens 90% haben.
2) Albumin (Eiweißstoff), normal 0,4% (Ziegenmilch bis 1,2, Schafmilch bis 1,7%). Schwankungen bis 0,6 und herunter bis
0,2%, höher unmittelbar nach dem Kalben, sog. Kollostralmilch, welche nicht verkauft werden
kann.