meist durch Futtermangel oder Epidemien veranlaßt, in solchen Ländern vorgenommen, deren Ausfuhr sonst nicht belangreich
ist, so z. B. in den 60er Jahren in Marokko, später in Tunis und Algier, neuerdings in
China und Arabien. Nordamerika dagegen
hat stetig nachgelassen, Exporteur roher Häute zu sein und sich vermöge seiner außerordentlich rasch
und bedeutend entwickelten Lederindustrie zum Käufer erhoben, dergestalt, daß dieses Land auf die Preise in Europa einen
maßgebenden Einfluß übt.
Roßhäute finden nur zu Schuh- und Stiefeloberleder Verwendung. Nächst den bedeutenden Mengen, welche in Europa den Gerbereien
von den Abdeckereien und Roßschlächtern zufließen, werden deren hauptsächlich aus den La Plata-Staaten
eingeführt; etwas Weniges von Australien, auch von Rußland und Nordamerika. Büffelhäute werden in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika, wo die Büffel besonders heimisch sind, aber auch reichlich von den holländischen Kolonien und engl.
Ostindien zugeführt werden, besonders viel verarbeitet, weniger in England, noch weniger in Deutschland. Diese werden, wie
die Ochs- und Kuhhäute, gleichfalls zu Sohlenleder gegerbt, sind billiger, dicker und schwerer, von
lockerer Textur, und überhaupt geringerer Güte und Nutzbarkeit als die Rindhäute, erfordern auch mehr Material und Zeit
zu einer perfekten Gerbung. -
Ostindische Häute
(Kips - von Kip, eine kleine Rindhaut) sind von den besprochnen Wildhäuten wesentlich
verschieden. Dieselben werden, weil schwächer und geschmeidiger, fast nur zu Oberleder gegerbt und ersetzen sowohl das schwache
Kuhleder wie das starke Kalbleder, sind auch bei guter Gerbung von eher noch größerer Dauerhaftigkeit. Marktstiefeln und
Schuhe sind allermeist aus
Kips gefertigt. Diese Häute sind mit wenigen Ausnahmen von gefallenem Vieh. Bekanntlich
tödet der Hinduh kein Vieh, noch ißt er
Fleisch.
Das Schlachten beschränkt sich daher auf den Fleischbedarf der Fremden, der Muhamedaner und Engländer. Aber die wertvolle
Haut wird auch dem umgestandnen, ja dem von Aasgeiern schon halb aufgefressenen Vieh noch abgezogen, nach landesüblicher
Art mit
Salz,
Kalk oder einfach Kot präpariert und zu Markt gebracht. Kalkutta ist der Hauptsammelplatz
und die Ausfuhr von Häuten daselbst ist enorm, wie nachstehende Zahlen zeigen. Im Jahre 1881 wurden von Kalkutta
im ganzen exportiert: 4471370 Stück rohe Kuhhäute; hiervon ging die Hauptmenge, nämlich 3131221 Stück nach England, nächstdem
gingen 242236 Stück nach Triest, die übrigen nach Marseille, Genua, Livorno, Venedig, den Vereinigten
Staaten etc. 1880 belief sich diese Ausfuhr aus Kalkutta 6380497 Stück (die größte
in den letzten 10 Jahren).
Nächst Kalkutta ist auch Bombay bedeutend, ferner Madras, Kurrachee, Cochin. Die hauptsächlichsten Provenienzen, welche
in Kalkutta zur Verschiffung kommen, sind: Northwestern, Dacca, Hoogly, Kalkutta, Durbangah, Patna, Burdwan,
Cuttae, Ganjam, Gopaulpore, Bimlipatam. Neuerdings werden viele Häute der besten Sorten besonders Delhi und Lucknow und
andrer Northwestern-Provenienzen mit Arseniklösung präpariert,
um sie vor Wurmbeschädigung zu bewahren.
Dieses Verfahren ist jedoch von zweifelhafter Zukunft, da es ziemlich kostspielig ist, ohne die Würmer ganz von den Häuten
abzuhalten. Die ostindischen
Kips wiegen im Mittel 3-4½ kg, doch kommen viele bis 1 kg, mehr noch bis 6 ja
bis 10 kg vor. Die Versendung geschieht in Ballen von meist 150 Stück. Sonst kommen noch Kamel-, Gnu-, Wallroß-, Quagga-,
Aligatorhäute und sonstige Kuriositäten im Handel vor, doch selten in größern Mengen. Während für
La Platahäute die Hauptmärkte in Antwerpen, Hâvre, Liverpool, Hamburg sind, hat für ostindische
Kips London bei weitem
den größten Markt.
Von andern europäischen Häfen wären noch zu erwähnen als bedeutend für den Häutehandel: Marseille,
Bordeaux, Genua,
Triest, Amsterdam, Bremen. Im deutschen Binnenlande ist der Hauptverkehr besonders in Köln, Leipzig,
Berlin, Frankfurt a. M. Alle Häute werden pro Pfund gehandelt, nur trockne Roßhäute pro Stück.
Der Pfundwert der gesalznen und sonst präparierten Häute ist selbstverständlich ein niedrigerer als der trockner Häute,
aber man kann den Wert einer Buenos Ayres-Haut mit etwa 25-40 Mk., den einer ostindischen Kipshaut
mit 5-8 Mk. beziffern. - Die Einfuhr von Häuten und
Kips aller Art belief sich für Großbritannien im
Jahre 1880 auf 7821462 Stück, 1881 auf 5804151 Stück, hiervon waren gesalzne La Plata- und Rio Grande-Häute 1880: 498919
Stück, 1881: 343446 Stück. In Antwerpen war 1880 die Gesamteinfuhr von Häuten 1084533 Stück, 1881 dagegen 792324
Stück;
in Hâvre 1880: 675212, 1881: 715973 Stück. In Hamburg wurden im Jahre 1881 eingeführt: von außereuropäischen
Häfen 832000 Stück Häute und 12600 Ballen
Kipse und von europäischen Häfen 44000 Bunde.
Zollfrei sind: Rohe (grüne,
gesalzne, gekalkte und trockne) Häute und
Felle. Vergl. ferner Zolltarif im Anh. Anm. zu Nr. 21 b.
(Esox lucius, frz. brochet, engl. pike); bekannter
Raubfisch, der in allen süßen Gewässern Europas lebt und wegen seines wohlschmeckenden
Fleisches überall geschätzt ist,
bildet meistens eine frische Ware der Fischhändler und schmeckt so am besten. Die H. können eine Länge bis 1½ m erreichen
und 35 kg schwer werden, wie sie in den schottischen und irischen Seen zuweilen vorkommen. Für gewöhnlich
sind jedoch schon solche von 25 kg eine Seltenheit. Bei uns dürfen H. unter 25 cm Länge nicht gefangen und verkauft werden.
Eingesalzen oder mariniert in den Handel gebracht werden die H. nur wo sie besonders häufig vorkommen,
z. B. in der untern Oder und Havel, in der Donau. An den Ostseeküsten, z. B.
in Livland trocknet man den
Fisch öfter an der Luft und verhandelt ihn so. Aus dem
Roggen wird
Kaviar bereitet, der indes dem
echten im Geschmack nicht gleichkommt. - Frischer Hecht ist zollfrei, getrockneter oder eingesalzner
gem. Tarif im Anh. Nr. 25 g 2, marinierter oder sonst weiter
zubereiteter Nr. 25 p 1.
(Bärme,Gest, frz. levure, engl. yeast). - Man versteht
hierunter das bekannte Ferment, welches in zuckerhaltigen Flüssigkeiten die geistige
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Gärung hervorzubringen vermag, sich bei der Bier- und Weingärung bildet und zur Anstellung neuer Gärungsprozesse verwendet
wird. Die H. ist ein lebendiges Pflanzengebilde, ein Pilz der einfachsten Art, der sich da, wo er seine Nahrungsbedingungen
findet, mit großer Schnelligkeit aus sich selbst vermehrt. Der Hefenpilz kann nur fortvegetieren, wenn er
zugleich Zuckerlösung und eiweißartige, also stickstoffhaltige Materien, sowie kleine Mengen mineralischer Bestandteile
zur Verfügung hat.
Von reiner Zuckerlösung kann er nur ein ganz bestimmtes Quantum zersetzen, wobei er sich nicht vermehrt, sondern schließlich
abstirbt, weil in einer reinen Zuckerlösung die nötigen Nährstoffe fehlen. Der merkwürdigste, noch nicht völlig aufgeklärte
Vorgang bei dieser Pilzvegetation ist aber das, was wir die geistige Gärung nennen, die fortdauernde
Zersetzung des Zuckers in Weingeist und Kohlensäure infolge der Lebensthätigkeit der H. Bei der Anwendung von H. auf Backwerk
ist es eben die letztere, welche man zur Auflockerung des Teigs braucht. Es gibt Bierhefe und Weinhefe,
doch hat die letztere als Gärungserreger keine Bedeutung, wird aber häufig zur Darstellung von Weinbeeröl (Önantäther)
gebraucht.
Die erstere erscheint, je nachdem ober- oder untergärig gebraut wird, in zweierlei Modifikationen, als Ober- und Unterhefe,
von welchen nur die erstere in Bäckerei und Küche Anwendung findet, und zwar am meisten die von Weißbier,
weil Braunbierhefe den Hopfengeschmack an sich hat. Die Unterhefe verbleibt dem Brauer allein und ist ihm beim Brauen von
Lagerbier unentbehrlich. Die Oberhefe erscheint unter dem Mikroskope als lose zusammenhängender, perlschnurartige Zellen
von runder oder eiförmiger Gestalt und circa 1/100 mm Durchmesser.
Die Zellen der Unterhefe sind kleiner und bilden keine zusammenhängenden Reihen. Der botanische Name
der Bierhefe ist Saccharomyces cerevisiae, der der Weinhefe Saccharomyces apiculatus; doch soll es auch von dieser verschiedne
Varietäten geben. Da die H. nicht überall und zu jeder Zeit aus Brauereien zu erlangen und doch sehr wenig haltbar ist,
so hat man sich bemüht derselben mehr Dauer zu geben, indem man in leinenen Säcken die flüssigen Bestandteile
abpreßt, bis die zurückbleibende Masse einen brüchigen Teig bildet, der sich bei Aufbewahrung an einem kühlen Orte einige
Wochen wirksam erhält und unter Verpackung versendbar ist.
Dies ist die sog. Preßhefe oder Pfundhefe. Neuerdings stellt man aber diese
H. meistens direkt und unabhängig von Brauereien her, indem man dazu dienliche Stoffe nur der H. wegen in Gärung setzt.
Es wird dabei eben auch nur gewöhnliche H. erhalten, die aber ihrer Bereitung halber öfter doch Kunsthefe genannt wird.
Das Geschäft wird teils von Branntweinbrennereien, teils selbständig betrieben, indem man Getreideschrot
oder Mehl mit ein Zehntel Gerstenmalzschrot einmaischt, die Maische auf 16-20° R. abkühlt und durch starken Zusatz von H. eine
stürmische Gärung einleitet.
Die reichlich an der Oberfläche auftretende neue H. wird immerfort mit Schaumlöffeln abgenommen, durch ein Sieb
geschlagen,
damit anhängende Träber zurückbleiben, mit kaltem Wasser gewaschen und in Leinensäcken bis zur Teigkonsistenz
ausgepreßt. Die verbleibende Maische wird dann noch auf Branntwein oder zu Viehfutter benutzt. Gute Preßhefe hat einen eigentümlichen
obstartigen Geruch; wenn sie dumpfig riecht, ist sie verdorben. Die Preßhefe wird durchgängig durch Hinzufügung von Kartoffelstärke
in ihrer Masse vermehrt und dadurch trocken und haltbarer gemacht. Es kann dieser Zusatz nicht als Verfälschung
angesehen werden, wohl aber ein solcher aus Gyps oder Thon, der wenigstens nicht schwer zu entdecken wäre.
Verpackt wird die Preßhefe gewöhnlich in Säcken von 25-50 kg Gewicht; die Kleinhändler formen sie in Riegel zu viertel
oder halben Kilos, die in Papier geschlagen werden. Die Ware ist zuweilen auch ganz ausgetrocknet in Form
fester Kuchen und dann in Pulverform als Hefenpulver in den Handel gelangt. Die Sporen (Fortpflanzungsorgane) der Hefe finden
sich beständig in der Luft und fangen an, sich zu entwickeln, sowie sie einen geeigneten Boden finden. Die frische H. erscheint
als eine gelbliche, dickbreiige, durch kleine Bläschen gelockerte Masse; bei gelinder Wärme getrocknet ist sie graugelb,
hornartig aber leicht zerreiblich. - Zoll: Trockne oder teigartige Weinhefe ist zollfrei, flüssige gem.
Tarif im Anh. Nr. 25 e 1 oder 2; Bierhefe und Preßhefe Nr. 25 c;
Weinbeeröl Nr. 5 a.
(Blaubeeren, Schwarzbeeren, baccae Myrtillorum oder fructus Myrtilli, frz.
la myrtille, le raisin des bois; engl. Bilberry). Diese bekannte kleine Waldfrucht, von dem in
höher gelegenen Wäldern häufig wachsenden kleinen Strauch Vaccinium Myrtillus, bildet nicht nur im frischen Zustande einen
Gegenstand des Handels, sondern ist auch getrocknet ein Artikel des Drogenhandels, der seine Chancen
hat und bei nicht seltenen Mißernten, veranlaßt durch die Zerstörung der Blüte durch Spätfröste, teuer genug werden
kann.
Die Beere enthält neben Zucker und Gummi einen purpurroten Farbstoff, Äpfelsäure und Citronensäure und schmeckt bekanntlich
angenehm süßsäuerlich und etwas zusammenziehend. Getrocknet ist sie schwarz, runzlig, kleinen Rosinen
ähnlich, übrigens an Gehalt und Wirkung unverändert. Die Frucht hat sowohl medizinisch-diätetische wie technische Verwendung.
Die getrockneten Beeren bilden in Abkochung ein Volksheilmittel gegen Diarrhöen und im gleichen Sinne verwendet man sie
in Frankreich, Rußland, Rumänien und der Levante namentlich für den Armeebedarf.
Alle diese Länder beziehen die Beeren aus Deutschland. Namentlich das Erzgebirge, Fichtelgebirge, der
Thüringerwald und der Harz liefern jährlich bedeutende Mengen dieser Beeren, die in großen Körben versendet werden. Der
Saft oder Absud gibt mit Alaun eine gute violette Farbe, verhält sich überhaupt in der Färberei dem Blauholz ähnlich, hat
aber in dieser Richtung nicht viel Verwendung. Häufig dagegen soll er in Frankreich und anderwärts
gebraucht werden zum Nachfärben blaßroter Weine, zum Färben von Likören, nachgemachtem Burgunderessig u. dgl.
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mehr
Hierin mag er neuerdings durch die jetzt vielgebrauchten Blüten der schwarzen Malve großenteils verdrängt sein, wogegen
er als Zumischung zu Kirschsaft fortwährend dient. Der ausgepreßte Heidelbeersaft ist ebenfalls ein Handelsartikel, der
wohl in allen Gegenden bereitet wird, wo die Beere häufig vorkommt. Man rechnet im Durchschnitt im Walde 10-25 Pf.
pro 1. - Frische H. sind zollfrei, getrocknete und der ohne fremde Beimischung eingekochte Saft, gem.
Tarif im Anh. Nr. 25 p 2.
es ist dies ein pharmazeutisches Präparat, eine bläulich
weiße, nach Kampfer riechende Masse, die durch Zusammenschmelzen von gleichen Teilen Alaun, Salpeter und
Kupfervitriol oder statt dessen Kugelgrünspan unter Zusatz von etwas Kampfer erhalten wird.
Sie ist in Wasser bis auf einen
kleinen Rückstand von Kampfer löslich und die Lösung dient von alten Zeiten her als Augenheilmittel. - Zollfrei.
ein Schmuckstein aus der Quarzgattung von dunkel-, seladon- oder lauchgrüner Färbung,
in welche zinnoberrote, undurchsichtige Punkte eingestreut sind. Je zahlreicher und gleichmäßiger dieselben in der grünen
Grundmasse und je durchsichtiger letztere ist, desto höher wird der Stein geschätzt.
Man findet ihn in Tirol, Schottland,
Siebenbürgen, der Bucharei, China, Sibirien, Ostindien.
Seine Benutzung zu Ring- und Broschensteinen ist ziemlich häufig,
im Orient fertigt man daraus auch größere Gegenstände, wie Dolchgriffe, kleine Gefäße u.
dgl. -
ein feines, aus dem südlichen Frankreich zu uns kommendes Parfüm für das
Taschentuch, wird aus den Blüten von Heliotropium peruvianum durch die Methode der Maceration mit Fett und Behandlung des
Fettes mit feinem Weingeist erhalten.
Man bekommt jedoch dieses Parfüm selten ächt, häufig ist es aus Vanillon mit Zusatz
andrer Parfüme bereitet. - Gem. Zolltarif im Anh.
(amerikanisches Lohextrakt); der zur Syrupdicke eingedampfte Absud von der Rinde der nordamerikanischen
Hemlock- oder Schierlingstanne, Pinus canadensis, das in Amerika bereits in großem Umfange als Gerbmittel
dient, in Frankreich und England ebenfalls in Gebrauch gekommen ist und in Deutschland sich zu empfehlen sucht. Nach einem
englischen Patent wird das Extrakt außerdem mit Vorteil an Stelle des Sumachs beim Färben und Drucken der Baumwolle gebraucht
und dient namentlich mit Zinnsalz als Grundierbeize. Der Vertreter für Deutschland ist Moritz Nordheim
jun. in Hamburg, und kommt die Ware in Fässern à 180 kg netto, zum Preise von 21 Mk. 75 Pf.
per Ztr. ab dort. - Zollfrei.
(Kraut, herbae medicinales, Heilkräuter), im Droguenhandel natürlich getrocknete. Es gibt deren eine Menge
und manche davon sind stark im Handel vertreten, nicht nur in Einfuhr aus der Fremde, sondern
auch in Ausfuhr eigenen Gewächses, namentlich nach Nordamerika. Denn während bei uns die Heilkunde
sich von Kräuterarzneien
mehr und mehr abwendet, haben die amerikanischen Deutschen die frühere Vorliebe für dergleichen beibehalten und verschreiben
aus der alten Heimat noch Vielerlei, darunter manches, was bei uns längst veraltet ist.
getrocknete Gartengewächse zum
Genuß werden dagegen gem. Tarif im Anh.
Nr. 25 p. 2 verzollt. Nach dem amtlichen Warenverzeichnis sind von den genannten
Kräutern zu letzteren zu rechnen: Basilikum, Beifuß, Majoran, Salbei, Thymian und Waldmeister.
(Wiesensafran, Zeitlose, nackte Jungfer, Colchicum autumnale, frz.
le colchique, la dame nue; engl. Meadow-Saffron), das bekannte giftige Zwiebelgewächs, das auf
feuchten Wiesen überall vorkommt und ein schädliches, wegen der tiefen Lage der Zwiebeln schwer zu vertilgendes Unkraut
bildet, im Herbst seine blaßroten röhrigen Blüten treibt und erst im folgenden Jahre die Blätter
nebst Samenkapseln nachsendet, hat bei aller ökonomischen Nichtsnutzigkeit doch medizinische Verwendung und soll gute Heilkräfte
gegen gichtische und rheumatische Leiden besitzen. Man verwendet die Samen (semen colchici) und die Zwiebelknollen (radix
colchici, bulbotubera colchici); erstere werden in ihrer lederigen, dreifächrigen Kapsel im Juni reif,
sind dann dunkelbraun, innen
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weißlich, sehr hart, zähe und schwierig zu zerkleinern. Sie haben einen sehr bittern, kratzenden, Ekel erregenden Geschmack
und wirken giftig. Die wallnußgroßen, denen der gemeinen Tulpe ähnlichen Zwiebelknollen werden im Herbst, zur Blütezeit
der Pflanze, gegraben und meist nur frisch zu medizinischen Präparaten verbraucht. Geschmack und Wirkung derselben ist wie
bei den Samen, nur in schwächerm Grade. Der der Pflanze eigentümliche, heftig wirkende Giftstoff wird Colchicin genannt;
er bildet farblose und geruchlose Kristallnadeln, wird aber nur wenig verwendet. Man bereitet aus den Wurzeln und zerkleinerten
Samen zu medizinischem Gebrauche Auszüge mit Essig, Weingeist, spanischem Wein. - Zollfrei, einschließlich der Samen
und des Colchicin.
(lat. Clupea Harengus, frz. hareng, engl.
herring). Dieser allbekannte Fisch bildet unter allen Gaben, die die nordischen Meere zu bieten haben, die reichlichste; seine
Verbreitung als Ware ist die allgemeinste und in ihm erhält selbst der arme Mann tief im Binnen- und hoch im Berglande wenigstens
etwas von den reichen und mannigfaltigen Nährstoffen der See zu genießen. Der H. ist, was man ihm im Tode nicht ansieht,
in seinem Äußern ein schöner Fisch; zu dem Grünblau des Rückens und dem silbrigen Weiß der Seiten gesellt sich ein eigentümlich
reizendes Farbenspiel, aber alle Farbenschönheit erlischt sogleich mit dem Leben.
Über die Naturgeschichte des Fisches bleibt noch manches aufzuklären. Nach der frühern, auch jetzt noch in Schriften zuweilen
auftauchenden Ansicht wäre die eigentliche Heimat des H. in den eisigen Regionen des Polarkreises zu suchen, von wo derselbe
des Laichens halber in gewaltigen Schwärmen die europäischen Küsten aufsuche, um nachgehends wieder
heimzukehren. Nach der neuern, mehr plausiblen Ansicht kommen die Fische nicht aus dem so weit entlegenen Polarmeer, wo sie
gerade nur selten sein sollen, sondern leben in den Meerestiefen unserer eigenen Breiten, hauptsächlich in der Nordsee,
wo sie sich als echte Gründlinge von dem Getier des Meerbodens nähren und mästen, und kommen nur des
Laichens halber in die seichten Küstengewässer, um nachher rasch wieder zu verschwinden.
Ihr früheres oder späteres Erscheinen hängt von Wetter- und Temperaturverhältnissen und von der Wassertiefe ab, aus der
sie kommen. Zur Stütze dieser Ansicht wird auf die bedeutende Verschiedenheit in der Größe und Güte
hingewiesen, in der sich die Tiere an verschiednen, oft nicht weit von einander liegenden Küstenstrichen ein- wie allemal
vorfinden; es sind eben Bewohner verschiedener Wassergegenden mit mehr oder weniger ergiebigen Weideplätzen. Auch der Salzgehalt
einer Meeresgegend ist hierbei von Einfluß: die Fische werden im allgemeinen um so größer, je salzreicher
ihr Wasser ist, und als Grund für die Dürftigkeit der Ostseeheringe ist schon längst die Salzarmut dieses Gewässers angesehen
worden.
Die H. gehen nicht weiter südlich als bis zur holländischen Küste und den französischen Nordküsten und sind an dieser
Grenzlinie schon von geringer Qualität.
An den Küsten von Nordamerika gehen sie bis nach Carolina herunter
und kommen dort in ungeheuren Scharen vor. Dieser nordamerikanische Hering bildet jedoch eine besondre, von dem Nordseehering
etwas verschiedne Art. In der Chesapeakbay überschwemmen sie den Strand alljährlich in solchen Massen, dass sie ein öffentliches
Ungemach bilden.
Einen Wert scheinen sie dort kaum zu haben, da europäische H. in Nordamerika eingeführt werden. Unsere
Fische laichen im Jahre zweimal, im Frühjahr und Herbst oder im Sommer und Winter; da man aber nicht weiß, wie alt
der einzelne Fisch wird und wie viel Zeit er bis zur Geschlechtsreife braucht, so ist es auch ungewiß, ob die
Sommer- und Winterfische dieselben Generationen sind oder verschiedne. Wie man annehmen muß, ziehen die aufgetretenen Schwärme
doch erst einige Wochen auf dem hohen Meere und längs der Küsten umher und werden unterdes erst geschlechtsreif, denn die
ersten angetroffenen Züge bestehen größtenteils aus Matjes- oder Fettheringen, also solchen, denen Rogen und
Milch noch ganz oder fast ganz fehlen; Vollheringe sind dann erst vereinzelt darunter; ihre Zahl mehrt sich aber immerfort,
bis sie die große Majorität bilden.
Nach vollbrachtem Laichgeschäft sind sie zu Hohlheringen, Ihlen oder Schotten (vom engl. shotten,
entlaicht) geworden, die nur geringen Wert haben und sich wieder in die tiefe See verlieren. Die Eier
sind in 2-3 Wochen ausgebrütet; nach 6-7 Wochen hat die Brut die Länge von 7 cm, und verschwindet allmählich auch aus
den seichten Gewässern. Bei der Größe von 11-14 cm sollen ihrer nicht wenig gefangen werden, um sie unter Sardellen und
Sprotten zu mischen. Merkwürdig bleibt immerhin das regelmäßige Auftreten des H. nach Zeit und
Örtlichkeit.
Das erste Erscheinen des Fisches im jüngsten Zustande ist immer bei den Shetlandsinseln; Wochen und Monate später treten
sie dann successive an den schottischen, englischen, norwegischen Küsten etc. auf, sodaß das
Ganze doch den Eindruck einer großartigen Wanderung macht. Dagegen ist indes auch nicht außer Acht
zu lassen, daß H. in der Vereinzelung im ganzen Jahre angetroffen und gefangen werden. Die Vermehrungsfähigkeit des H. ist
großartig, denn die Eierzahl eines Rogenfisches mag wohl 50-70000 betragen. Da aber die meisten Tiere im trächtigen Zustande
gefangen und somit alljährlich furchtbare Lücken in den Gesamtbestand gerissen werden, so ist es in
der That wunderbar, daß eine größere Abnahme noch nicht bemerkt worden ist.
Zugestanden ist eine Verminderung insofern, als jetzt geklagt wird, man brauche weit mehr Netze als vor einem Menschenalter,
um eine bestimmte Quantität zu fangen, auch geben viele früher ergiebig gewesene Fischgründe jetzt
wenig oder nichts mehr; die Züge bleiben aus, am ehesten immer an stark befischten Küstengegenden. Der Fang ist so unsicher
wie eine Lotterie; während der Eine eine reiche Ernte hat, kann sein Nachbar leer ausgehen. Das Fischen geschieht meistens
in kleinen offenen Booten in der Nähe der Küsten; größere seetüchtige Fahrzeuge
¶
mehr
aber gehen dem Fisch in weitere Ferne vom Lande entgegen und erhalten ihn dadurch von besserer Qualität. Der Fang geschieht
in England mit großen Treibnetzen. Sie bestehen aus Hanf oder grober Seide und sind schwarz gefärbt. Man spannt und versenkt
sie so, daß sie wie eine Wand im Wasser stehen, und steht oder treibt damit in der Erwartung, daß die
Fische, indem sie das Netz durchkriechen wollen, mit ihren Kiemen in den Maschen hängen bleiben. An den schottischen
Küsten wird das Netz nach Sonnenuntergang geworfen, am andern Morgen langsam eingezogen und die gefangenen Fische ausgelöst.
Was von den Schwärmen die Laichplätze wirklich erreicht, bleibt dort natürlich unbehelligt; die Tiere
trüben durch das Laichen auf weite Strecken hin das Wasser und verursachen ein Geräusch, als ob ein starker Regen hineinfiele.
Durch immer neue Zuzüge verlängert sich die Scene gewöhnlich auf 14 Tage. - Der Hering bildet als sog.
grüner, d. h. frisch aus dem Wasser kommender, ein sehr zartes, schmackhaftes
Gericht, das in der Fangzeit im großartigsten Maßstabe verzehrt wird, aber bei uns dem Binnenländer meist unerreichbar
ist, obschon wir ebenso gut Eisenbahnen, nur aber keine so praktischen Einrichtungen wie die Engländer haben, bei denen
in der Saison auf allen Märkten des Landes ebenso gut frische H. wohlfeil zu haben sind, wie an den
Küstenplätzen.
London allein verzehrt jährlich etwa 900000 Fässer à 700 Stück frische Heringe. In Ermanglung frischer Heringseinfuhren
hat man sich an die gesalzne und geräucherte Ware zu halten, wie das seit vielen Jahrhunderten gewesen ist. In der That
bilden die H. eine Ware, so lange es einen Handel gibt; sie waren im Mittelalter ein eigentlicher und hauptsächlicher Meßartikel
und eine Hauptware des Hansabundes. Später machten die Holländer den Heringsfang und Handel zu ihrem Hauptgeschäft und
einer Art von Monopol; sie fischten die deutschen und britischen Gewässer aus und erweiterten die Sache
so ins Große, daß sie schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts jährlich für 90 Mill. Mark Ware absetzten und an 200000 Menschen
auf den Heringsfang ausführen.
Alljährlich am 24. Juni lief die Heringsflotte 12000 besegelte Schiffe stark von Texel aus nach Norden, um an den englischen
und schottischen Küsten der Nordsee, an den Shetlandsinseln etc. die holländischen
Heringe zu holen, während eigentliche Holländer, die Fische der eigenen Küste, als sehr geringe Sorte niemals eine Rolle
gespielt haben und meistens geräuchert, als Pöklinge abgesetzt werden. Heute, wo die Schotten und Engländer ihre Gewässer
längst selbst befischen, hat sich das holländische Heringsgeschäft in viel engere Grenzen zurückgezogen.
Ihr Renommee ist aber immer noch ein gutes; sie bringen noch immer die erste und wegen guter Zubereitung beliebteste und
teuerste Ware; aber der Beiname Holländer ist jetzt mehr ein Qualitätsbegriff geworden, da man alle ausgesuchte gute und
fette Fische so zu nennen pflegt. Der Betrieb der Holländer mit großen Schiffen befähigt dieselben
weiter in die tiefe See hinauszugehen, wo die Fische besser sind; ihre
sorgfältige Weise des Einpökelns und der Behandlung
überhaupt sowie das angewandte feine Salz tragen dann natürlich auch das Ihre zur Qualität der Ware bei.
Die andern Fischernationen dagegen betreiben den Fang nur in kleinen offnen Booten nahe den Küsten,
und suchen mit ihrer Beute die Hafenplätze oder Stationen auf, um sie hier erst auszuweiden und einsalzen zu lassen. Die
für Holland gesetzlich bestimmte Fangzeit läuft jetzt vom 12. Juni bis 24. Januar. Man macht oder machte in
Holland aus den Erträgnissen des Heringsfanges nicht weniger als 12 Sorten von der besten bis zur schlechtesten, den Stankheringen,
und es waren dafür ebenso viel Brandzeichen auf den Fässern zu unterscheiden. Amtliche Probiermeister hatten die Fässer
zu revidieren und zu stempeln. Es ist aber seit 1857 diese amtliche Kontrole nicht mehr geboten und die
alten Brandzeichen sind abgeschafft. Die amtliche Prüfung der Fässer wird nur auf Verlangen noch vorgenommen und besteht
dann die Marke aus der königlichen Krone und der Angabe des Orts, wo die Prüfung stattgefunden. - Die größte Menge H. wird
jetzt von den Schotten gefangen, gutenteils im frischen Zustande selbst verzehrt, andre Mengen in den
Handel gebracht. So betrug der Totalfang an der ganzen Ostküste Schottlands von Shetland bis Northumberland
1878:
567000 Krans,
1879:
456000 "
1880:
835000 "
1881:
600000 "
Die Selbstübernahme der Fischerei an den eigenen Küsten und das Ausstechen der Holländer hat den Briten
viel Mühe, Zeit und Opfer gekostet. Eine lange Reihe von Jahren hat die Regierung durch Erlaß der Salzsteuer, Prämien
für Boote und Schiffe sowie für jede Tonne exportierter Fische die Sache emporzubringen gesucht und zu Zeiten erreicht,
daß der Markt mit Ware weit überführt war. Seit 1830 haben diese staatlichen Beihilfen aufgehört
und die sich selbst überlassene Fischerei steht seitdem auf gesundrer Basis.
Regierungskommissare zur Prüfung und Stempelung der Ware bestehen aber noch. An den schottischen Küsten geben die nördlichsten
Gegenden im allgemeinen die beste Ware, doch herrscht selbst auf diesem engern Gebiet ein großer Unterschied in Geschmack
und Güte der Fische, je nachdem sie von einer oder der andern Bucht, Insel etc. kommen. Der Hauptfang
ist in Schottland von Mitte oder Ende Juli bis Ende September. Die beiden Inselorte Wick und Dunbar sind die Hauptheringshäfen
Schottlands.
Die große Bucht von Forth liefert viele und die größten, doch schon trocknere Fische. Weiter südlich,
an der englischen Küste bildet Yarmouth den Zentralpunkt. Der Fisch ist hier schon geringer und wohlfeiler als der schottische.
Die irischen H. sind meist besser als die englischen, aber in der Zubereitung nicht zu loben. An den schottisch-englischen
Küsten wird auch von Oktober bis Dezember neuerdings etwas gefischt und es geht dieses geringere Erträgnis
gewöhnlich unter dem Namen Yarmouthheringe. - Nächst der britischen Küste ist die
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mehr
gegenüberliegende norwegische an Heringen die ertragreichste und zwar der südliche Teil, zwischen Bergen und Stavanger,
während weiter im Norden der Kabliau vorherrscht. Der Heringsfang beschäftigt dort selbst mehr Hände als der des Kabliau;
man schätzt die dabei beschäftigten Personen auf 60000. Es gibt dort zwei Perioden des Fanges, erstlich im
August und dann von Mitte Januar bis Ende März. Die erste Ernte beträgt nach amtlichen Angaben durchschnittlich 200000,
die zweite 600000 Barrels.
Die Hauptabnehmer der Norweger sind Rußland und Schweden; ein andrer Teil geht über die deutschen Hafenplätze nach Polen
und Deutschland. Die größten Fische befinden sich unter den norwegischen. Man fängt dort die Fische
ebenfalls größtenteils mit Streichnetzen, zum Teil auch in Stellnetzen, welche man gegen diejenigen errichtet, welche schon
zwischen die vielen Klippen und Inselchen der Küste hineingedrungen sind. Doch ist diese Fangart unsicher und beansprucht
viel Netzwerk.
Sehr unterstützt wird der Fischfang dort durch eine Telegraphenlinie, welche längs der ganzen Küste,
oft durch unbewohnte Gegenden, bis zur russischen Grenze hinläuft und die Fischerbevölkerung rasch von allem in Kenntnis
setzt, was sie interessieren kann. Während der Fangzeit haben die Fischer ihre Außenpost auf den Inseln; kleine Dampfer
bugsieren die Flottillen der Fischerboote ins Meer hinaus und wieder zurück. In Schaluppen geht der
Fang nach den nächsten Städten, Bergen, Stavanger etc., wo sie, größtenteils von Weibern,
ausgenommen, gesalzen, dann in Fässer gepackt und diese zugeschlagen werden.
Man tadelt an der norwegischen Ware, daß sie in Fässer von Fichtenholz gepackt sind, wovon sie einen Beigeschmack annehmen.
Es kommen indes jetzt auch viel buchene Fässer vor. Die Ostsee ist nicht mehr so reich an Heringen wie
in frühern Zeiten und die Tiere sind hier wie gesagt klein und nicht sehr voll. Schweden hatte früher reichere Ernten; es
fischt noch an seinen Küsten von Gothenburg bis Strömstadt von Oktober bis Ende des Jahres und setzt
seine Ware gut ab, da dieselbe wohlfeil und haltbar gesalzen ist.
Der Fang an den preußischen Ostseeküsten ist nicht von Belang und dieselben beziehen ihren Bedarf hauptsächlich von England
und Norwegen. Zuweilen sind an den Küsten Rügens, zu Greifswald etc. wohl so große Mengen
gefangen worden, daß sie in den benachbarten Gegenden zu Spottpreisen weggegeben wurden; es ist dies
aber unsicher und soll der Fang überhaupt nur bei Nordwestwind thunlich sein, da Südwinde die Tiere von den Küsten wegtreiben.
Die von den deutschen Ostseeküsten stammende kleine, aber gut gesalzne Ware wird pommersche Küsten- oder Strandheringe
genannt.
Die Dänen fangen, besonders bei Aalborg und Rypen auch H., die jedoch nicht die Größe der gewöhnlichen
haben; sie fischen ferner um die Küsten Jütlands, die Faröer und Island herum. Die emdener und ostfriesischen H. sind
besser als die von der holländischen Küste und gehen viel nach Bremen, Hamburg und Altona und von da
ins Innere von Deutschland. Die hamburger eigene Fischerei in
der Nordsee ist auch nicht von Bedeutung, sondern der Platz
versendet hauptsächlich fremde Fische, nachdem dieselben dort geprüft, sortiert, mit neuem Salz umgepackt und mit dem hamburger
Zeichen markirt worden sind. Frankreich findet an seinen Küsten im Kanal und der Bretagne nur sehr geringwertige
Fische; der Ertrag ist auch nicht bedeutend und es muß noch viel hinzukaufen. - Da die Heringstonnen in den verschiednen
Ländern nicht gleich groß und die Tiere selbst in ihrer Größe so verschieden sind, so wechselt auch die Stückzahl in
einer Tonne in dem Umfange von 400-1200. Die Fische werden zum Teil gleich in der ersten Verpackung zum
Handel versandt und heißen dann Seepack; sie sind dann unsortiert, die Hohlheringe nicht ausgeschlossen; die meiste Ware
aber wird an den Handelsplätzen erst unter Beseitigung des Ausschusses wieder um- und vollgepackt und dies durch eine amtliche
Stempelung der Fässer bescheinigt. In dieser Verfassung heißt die Ware Brandhering, full brand.
Auf weiten Transporten rütteln sich die Fische immer noch zusammen und müssen aufs neue umgelegt, die Tonnen aufgefüllt
und mit frischer Lake versehen werden. Hierbei findet sich öfter schon eine gelbe thranige Materie ausgeschwitzt, welche
bei der Gelegenheit mit beseitigt wird. Für Norddeutschland wird dieses Umpacken in Hamburg, Bremen,
Magdeburg besorgt, für weiter landeinwärts gehende Ware in Breslau, Cottbus etc. Zur guten
Aufbewahrung der Fische ist erforderlich, daß die Fässer dicht sind und die Lake nicht fahren lassen, ferner daß sie im
Winter frostfrei, im Sommer in kühlen Kellerlokalitäten gehalten werden.
Neuer Hering zeigt auf dem Durchschnitt ein weißes Fleisch, alter ist gerötet. Die Ware ist überhaupt nur im ersten Jahre
eine frische, im zweiten schon schlecht und nur zu den wohlfeilsten Preisen noch anzubringen. Über die Gesamtmenge von H., welche
alljährlich an den europäischen Küsten gefangen werden, läßt sich schwer ein Urteil fällen, wahrscheinlich
aber greift man nicht zu weit, wenn man annimmt, daß im Durchschnitt jährlich über 10000 Millionen Heringe gefangen werden.
- Unter dem Namen Bücklinge oder Pöklinge erhalten wir denselben Fisch im geräucherten Zustande.
Derselbe wird zu dem Behuf, nachdem er ausgeweidet worden, einen Tag in Salzlake gelegt, dann an den
Köpfen auf Stäbe gereiht und in Rauchkammern oder Öfen, die mehrere tausend Stück fassen, einem stark rauchenden Feuer
ausgesetzt, wobei er in etwa 24 Stunden genügend durchräuchert und abgetrocknet ist. Die Holländer verpacken ihre geräucherte
Ware in Stroh, daher sie Strohbückling heißt. In England werden ebenfalls große Mengen geräuchert,
besonders zu Yarmouth. Der Fisch heißt dann bei den Engländern Rothering. Für Deutschland sind besonders, Kiel, Flensburg,
Eckernförde, Kappeln die Räucherungsanstalten. Das von dort Kommende heißt gewöhnlich durchweg Kappler Pöklinge und stammt
angeblich von den Heringszügen, die alljährlich in die Schlei einziehen. Matjesheringe, die als frische
Ware nicht mehr abgesetzt werden können, werden
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