Unter-Tages vorgenommene Untersuchung zeigte, daß der
Leitungsdraht in einer
Länge von
ca. 600 m nicht mehr vorhanden war
und nur an den
Isolatoren etwa zentimeterlange
Stücke sowie der Bindedraht unversehrt waren. Da von dem fehlenden
Drahte gar
nichts gefunden wurde, so muß angenommen werden, daß derselbe verbrannt sei.
Bei weitern fünf
Stangen
war der
Draht
[* 2] ganz verkohlt und morsch. Im
Telegraphenbüreau zeigte die Blitzplatte ein 5
mm tiefes Loch,und von den sechs
Bitzableiterstangen auf dem Anemometerhäuschen auf dem Gipfel des
Berges waren zwei durch Abschmelzen der Platinspitzen untauglich
geworden.
Das moderne
Wohnhaus
[* 5] mit seinen großen
Fenstern sowie die kostspieligen Spiegelglasscheiben,
welche immer mehr für die Schaufenster der
Geschäfte in den größern
Städten Anwendung finden, haben viel dazu beigetragen,
daß die Glasversicherung von Jahr zu Jahr bedeutende Fortschritte macht. Der ganze
Umfang dieses Versicherungszweigs ist nicht festzustellen,
da eine Anzahl
Elementar-Versicherungsgesellschaften auch die Glasversicherung betreiben, in ihren
Berichten aber die
Ergebnisse nicht trennen. Doch sind dies regelmäßig Anstalten, die in diesem
Zweige keine besondern Erfolge aufzuweisen
haben. Soweit bekannt, erzielten in
Deutschland
[* 6] 1890 mehr als 100,0000Mark Jahresprämie:
Nach den bisherigen
Beobachtungen über die
Natur der Gletscherbewegung ging die allgemeine
Ansicht dahin,
daß ein Gletscher sich wie eine zähflüssige, plastische
Masse bewege. Daraus ergab sich der ganz natürliche
Schluß, daß
Eis
[* 14] plastisch sei. Da jedoch
ein einzelnes Eisstück keine
Spur von
Plastizität erkennen ließ, im Gegenteil einen
hohen
Grad von Starrheit zu besitzen schien, so gab man die
Annahme von
Plastizität auf und suchte nach einer andern
Erklärung
für die bei der Gletscherbewegung beobachteten
Erscheinungen.
Daß dieselben nicht auf die
Wirkungen der
Regelation zurückzuführen sind, haben die
Versuche von
Forel dargethan, nach denen
die
Wasser enthaltenden kapillaren
Spalten nur auf die Oberflächenschicht beschränkt sind (s. Gletscher, Bd.
18). Neuere Untersuchungen, welche MacConnel und
Dudley A. Kidd anstellten, haben jedoch auf das entschiedendste
dargethan, daß Gletschereis plastisch ist. Durch einen
Zufall wurde gleich beim ersten
Experiment der
Beweis geführt, daß
nicht bloß das
Maß, sondern überhaupt das Vorhandensein der
Ausdehnung
[* 15] durch die
Struktur des
Eises bedingt ist.
Zugleich wurde durch die Untersuchungen die
Ansicht widerlegt, daß
Regelation bei dem Bewegungsvorgang eine
wesentliche
Rolle spiele. Infolge der verwickelten
Struktur des Gletschereises ließ sich eine Beziehung zwischen der
Anordnung
der Eiskristalle und der
Geschwindigkeit der
Ausdehnung nicht nachweisen. Ganz anders als Gletschereis verhielt sich das
Eis,
welches sich auf stehendem
Wasser gebildet hatte. Die einzelnen
Stücke bestehen aus vertikalen
Säulen
[* 16] in einerLänge
von 30
cm bei einem
Durchmesser von 1
cm. Wurde solches Seeeis einer
Spannung ausgesetzt, und zwar parallel den
Säulen, so zeigte
es eine äußerst langsame und geringe
Ausdehnung.
Ein einzelner
Kristall dehnt sich also nicht in der
Richtung rechtwinkelig zur optischen
Achse aus. Dieselbe
Erscheinung zeigte
sich, wenn statt des
Zuges ein
Druck parallel den Eissäulen angewandt wurde. Wurden hingegen fast kubische
Eisstücke einem
Druck ausgesetzt, so schwankte zwar die
Plastizität bedeutend in den verschiedenen
Stücken, doch war das
Maß der Verzerrung von derselben Größenordnung, gleichviel ob die angewandte
Kraft ein Zug
oder
Stoß war.
Demnach ist heterogenesEis, d. h. solches, welches aus einem
Aggregat von unregelmäßigen
Kristallen besteht,
plastisch unter
Druck wie Zug
bei
Temperaturen, die weit unter dem
Nullpunkt liegen, während homogenes
Eis oder ein einzelner gleichförmig
gestalteter
Kristall den genannten
Kräften nicht nachgibt, sofern diese rechtwinkelig zur optischen
Achse angewandt werden.
Sehr lehrreich ist einVergleich zwischen den bei den
Versuchen gewonnenen
Resultaten und den in der
Natur
bei der^ Gletscherbewegung beobachteten Plastizitätsgraden.
Das größte
Maß der
Ausdehnung zeigt der Rhonegletscher, und doch besitzt nur eins von den bei den
Experimenten verwandten
Gletschereisstücken ein geringeres
Maß. Je größer das
Stück, desto größer die mittlere
Plastizität. Daraus
folgt, daß der Gletscher selber viel plastischer sein muß als ein
Stück seiner
Masse. Wenn also ein aus unregelmäßig gestalteten
Eiskristallen bestehendes
StückEis sich ausdehnt, dabei aber doch kompakt bleibt, so müssen notwendigerweise die
Kristalle
[* 17] ihre Gestalt ändern. Es ist demnach wahrscheinlich, daß die
Moleküle, welche die
Kristalle voneinander
trennen, sich auf den Zwischenräumen von einem zum andern bewegen. Dabei ist die
Frage, wie sich die für die
Bewegung der
Eismasse erforderliche
Plastizität aus der Kornstruktur des
Eises erklärt.
Über die Art der Entstehung und das Wachstum des Gletscherkornes standen sich bisher zwei
Anschauungen einander gegenüber.
Die vonForel vertretene thermische
Theorie, nach welcher das
Korn durch Gefrieren des eingesickerten
Wassers
wächst, ist
¶
forlaufend
398
als abgethan zu betrachten; nach der andern entnimmt der Eiskristall das Material zum Wachstum seinem Nachbar. Über die Art
und Weise, wie die Kristalle auf Kosten ihrer Nachbarn wachsen, hatte Heim die Theorie aufgestellt, daß bei gleicher Stellung
der optischen Achsen benachbarter Eiskristalle Totalregelation eintrete, d.h.ein Zusammenfrieren zu einem
einheitlichen Kristall; bei ungleicher Stellung der Achsen solle nur eine partielle Regelation statthaben.
Durch Versuche, welche Kagenbach teilweise mit Heim zusammen ausführte, ist auch diese Ansicht wider-! legt. Die Regelation
zweier Eisstücke ist nämlich eine vollkommene und von der gegenseitigen Richtung der Hauptachsen ganz unabhängige, d. h.
eine solche, daß die Festigkeit
[* 19] in der Verwachsungsfläche ebenso groß ist wie im Innern des Kristalls.
Diese Thatsache erklärt auch das Verhalten des in der Natur M
[* 18]
Fig. 1, Verwachsene (3iskr:stal!e :nit Thudallschen Sä) melzfigure
n. vorkommenden, aus größern zusammengewachsenen Kristallen bestehenden Eises, indem die natürliche Verwachsungsflüche
sich genau so verhält wie die Regelationsfläche zweier zusammengepreßter Kristalle.
Diese Bemerkung gilt ebensowohl für Seeeis wie für Gletschereis. Totalregelation zu einer Einheit bei Parallelstellung der
Kristallachsen ist aber schon aus theoretischen Gründen unmöglich, da zur Bildung eines einheitlichen Kristalls auch die Nebenachsen
parallel sein müßten. Daß zwei mit parallelen Hauptachsen verwachsene Kristalle nicht in einen einheitlichen
Kristall übergehen, sobald die Nebenachsen gegeneinander geneigt sind, läßt sich auch experimentell nachweisen.
Wenn man eine einige Millimeter dicke, planparallele Platte aus Seeeis, welche senkrecht zur Kristallachse herausgeschnitten
ist, im Nörrembergschen Polarisationsapparat
[* 20] für konvergentes Licht
[* 21] hindurchschiebt, so kann man die Verwachsungsflächen
nur dann erkennen, wenn die Hauptachsen der miteinander verwachsenen Kristalle gegeneinander geneigt sind,
weil dann, wenn die Verwachsungsfläche durch das Gesichtsfeld geht, die farbigen Ringe mit dem schwarzen Kreuze sich plötzlich
etwas verschieben.
Noch besser ergibt sich die Verschiedenheit der beiden Kristalle, wenn man die Tyndallschen Schmelzfiguren hervorruft, indem
man eine senkrecht zu den Hauptachsen geschliffene Eisplatte in die mit elektrischem Lichte versehene
Projektions lampe bringt und vermittelst einer vor das Eis gehaltenen Glaslinse ein vergrößertes Bild der Platte auf einen
Schirm wirft
[* 18]
(Fig. 1). Man sieht in dem Bilde einen Stern neben dem andern, deren jeder sechs Strahlen zeigt. Bei längerer Dauer
des Vorganges werden die Blätter tief eingekerbt und breiten sich farnkrautähnlich aus.
Geht man von der durch die Schmelzung hervorgerufenen Verwach: sungsfläche der beiden Kristalle aus, so erkennt man deutlich,
daß innerhalb ein und desselben Kristalls die den Nebenachsen parallelen Strahlen der Sternchen genau parallel sind, während
sie von
einem Kristall zum andern um einen Winkel
[* 22] von 25" abweichen. Die Wahrscheinlichkeit, daß beim Ubereinanderrollen
zwei nebeneinander liegende Kriüalle genau in solche Lage kommen, daß sie sowohl in Bezug auf die Haupt- als Nebenachsen
parallel sind, ist nun bei der verhältnismäßig langsamen Bewegung des Gletschers so gering, daß es unmöglich ist, auf
diese Weise die Entstehung der großen einheitlichen Kristalle zu erklären.
Die Kristallisation beruht vielmehr nach Pagenbach darauf, daß die Moleküle sich gegenseitig richten; das kann nur durch
die Kräftepaare bewirkt werden, mit denen die einzelnen Moleküle einander angreifen. Nun wird ein Molekül mitten in einer
Reihe beidseitig durch Kräftepaare gehalten, während ein solches am Ende einer Reihe nur einseitig angefaßt
wird. Das erstere befindet sich also in einer festern und stabilern Gleichgewichtslage als das letztere. An der Stelle, wo
auf der Oberfläche eines großen Kristalls zwei kleine aneinanderstoßen, wird ein Molekül des großen Kristalls durch die
umgebenden Moleküle fester gehalten sein als die Moleküle der kleinen Kristalle an den vorspringenden
Ecken.
Bei der Temperatur des Schmelzpunktes, wo die Beweglichkeit der Molekülegroß ist, wird der große Kristall das Bestreben haben,
die Moleküle aus den kleinen Kristallenin sich aufzunehmen und so auf deren Kosten zu wachsen. Diese Auffassung erhält noch
eine Stütze durch die Beobachtung, wie der große Kristall mit vorspringendem Winkel zwischen zwei kleine
anliegende sich eindrängt oder auch wie einzelne kleinere Kristalle die Ecken zwischen den großen ausfüllen, offenbar Reste,
die nach und nach ganz verschwinden.
Wenn diese Ansicht von der Bildung der großen Eiskristalle im Gletschereis richtig ist, so hängt die Entstehung
des Gletscherkorns gar nicht mit der Bewegung des Gletschers zusammen, und es muß ein solches Wachstum des Kornes durch Nberkristallisieren
übi.?all da sta.ttsi.nden, wo Eiskristalle bei der Temperatur von 0" fest aneinanderliegen. Die Bildung des Gletscherkorns
ist keine nur dem Gletscher eigentümliche, sondern eine Folge der ganz allgemeinen physikalischen Thatsache,
daß ein Aggregat von Giskristallen mit der Zeit stets grobkörniger wird, indem die Moleküle aus den kleinern Kristallen in
die größern überkristallisieren.
Dieser Prozeß geht auch in ganz unbeweglichem Eise vor sich. Der einzelne Eiskristall besitzt nun zwar, besonders nahe dem
Schmelzpunkt, eine gewisse Plastizität, dieselbe kann jedoch für die Deformation des Gletschers infolge
feiner Bewegung nicht in Betracht kommen, da eine optische Untersuchung der einzelnen Körner keine wesentliche Veränderung
in Bezug auf die optischen Achsen erkennen läßt. Die Hauptursache der für die Bewegung nötigen Plastizität muß also wohl
in Vorgängen liegen, die sich auf den Verwachsungsflächen der Kristalle abspielen. Versucht man nämlich
eine aus mehreren Kristallen bestehende Eisplatte unter Anwendung einer äußern Kraft zu
¶
forlaufend
399
krümmen, so entsteht auf der konkaven Seite Kom-, pression, anf der konvexen Dilatation zwischen den Kristallen. Befindet sich
überdies die Platte bei der ! Schmelztemperatur, so erniedrigt der Druck den I Schmelzpunkt an der konkaven Seite und veranlaßt
eine Verflüssigung an den Stellen der Verwachsungsflächen; auf der konvexen öffnet die Ausdehnung! die
Verwachsungsflächen in Spalten und Risse, in j welche das verflüssigte Wasser der konkaven Seite! eindringt. Dieses Wasser
gefriert sofort, sobald der Druck nachläßt: die Platte nimmt eine permanente Krümmung an. Die Körner verändern gleichzeitig
ihre Gestalt, indem sie sich auf der konvexen Seite vergrößern und auf der konkaven zusammenziehen.
Wenn nun auch infolge der unregelmäßigen Gestalt der Körner die Kräfte im G. ungleichmäßig verteilt sind, so wird doch
zufolge einer beständigen Kompensation Zwischen den Differenzen des Druckes und der Ausdehnung im Innern sich eine Veränderung
in z der allgemeinen Konfiguration der Masse vollziehen. ^ Die Nachrichten über Gletscherschwankungen!
in frühern Jahrhunderten bestehen entweder in di- z retten Angaben über den Gletschcrstand und durch l dessen Veränderung
veranlaßte Unglücksfälle, oder ^ in Mitteilungen über nicht mehr gangbare Pässe, ruinierte Alpen
[* 24] und Wälder u. dgl., aus
denen nur indirekt auf einen höhern oder geringern Eisstand geschlossen werden kann; die Ausbrüche der
Eisseen dienen dazu, die Zeit des Gletscherhochstandes genauer Zu fixieren. Alle diese mehr oder minder bestimmten Nachrichten
über Gletscherschwankungen sind von Professor E. Richter in Graz
[* 25] einer kritischen Sichtung unterzogen, als deren Resultat die
Behauptung aufgestellt werden kann, daß auch im 17. und z 18. Jahrh, die Gletscherschwankungen sich
in ganz j bestimmten Perioden, und zwar in den ganzen Alpen ^ gleichzeitig, vollzogen. Für die Zeit von: 16. bis 18. Jahrh,
ließen sich Vorstoßperioden feststellen um < das Jahr 1600, von 1630 bis 1640,1680,1715,1740
> und um 1770. Genauer sind wir über die Gletscherschwankungen des 19. Jahrh, unterrichtet. Sehen
[* 26] wir ab von dem Vorrücken der Gletscher, welches sich gegenwärtig besonders in den Westalpen vollzieht, so lassen sich in der
ersten Hälfte des laufenden Jahrhunderts deutlich zwei Vorstoßperioden unterscheiden, von denen die erstere um 1820 stattfand,
die zweite sich von 1840 bis 1850 vollzog.
Der Vor^ stoß von 1820 zeichnet sich unter den näher bekannten durch die Regelmäßigkeit seines Verlaufs
und seine Intensität aus. Von 1815 bis 1820 sind alle bekannten Gletscher im Vorrücken begriffen, nach 1820 beginnt bei den raschesten
der Rückzug. Nun ist aber aus den Tomveraturbeobachtungen und den Aufzeichnungen der Regenstationen festgestellt, daß der
Vorstoßperiode von 1820 eine Reihe kühler und regenreicher Jahre vorausging. Es kann demnach kein Zweifel
darüber bestehen, daß die Ursache des Vorstoßes in den veränderten, dem Wachstum der Gletscher günstigen meteorologischen Verhältnissen
im Anfang unsers Jahrhunderts zu suchen ist, ebensowenig aber auch darüber, daß bei dieser Periode von 1820 der Vorstoß der
Gletscher noch während der niederschlagsreichen und kühlen Periode begann und das Maximum der Entwickelung bei den attivern Gletschern
mit dem Ende derselben und dem Beginn der warmen und trocknen Periode zusammenfiel.
Diese bewirkte alsdann den Eintritt des Gletscherrückganges. Das Maximum der trägern Gletscher fällt bereits in die trockne Periode.
Der Beginn der neuen Aorrückuna,
sueriooe von 1840 bis 1650 füllt in die zweite Hälfte der 30er Jahre,
zwischen 1845 und 1850 erreichen sehr viele Gletscher ihren Maximalstand. Das Maximaljahr liegt also 12-15 Jahre vom
Beginn der Periode entfernt, während das Jahr 1820 nur 6-7 Jahre nach den ersten Anzeichen der Bewegung
liegt. Der Unterschied zwischen den beiden Vorstoßperioden des 19. Jahrh, besteht demnach darin, daß letztere viel langsamer
und träger verläuft: einzelne Gletscher waren noch 1865 im Vorrücken begriffen, ja der Unteraargletscher erreichte erst 1870 sein
Maximum.
Die Vorstoßperiode dauerte, wenn man die äußersten Grenzen
[* 27] in Rechnung setzt, 30-35 Jahre, um das Doppelte
länger als die von 1820. Eine fernere charakteristische Erscheinung der zweiten Periode ist das Auftreten von einem zweimaligen
Vorstoß um 1826 und 1833 mit dazwischen liegenden Ruhepausen. Auch in Bezug auf die Größe des Vorstoßes unterscheiden sich
die beiden Perioden von 1820 und 1850 wesentlich. Von einer großen Anzahl von Gletschern wird berichtet,
daß das Maximum von 1820 das bedeutendste gewesen ist, welches überhaupt nach dem Stande der Moränen jemals während der
Herrschaft des jetzigen Klimas erreicht worden ist. Daß die Gletscherschwankungen mit den periodischen Veränderungen des
Klimas in nächster Beziehung stehen und durch letztere bedingt werden, ist aus folgendem Diagramm
[* 23]
(Fig.
2, S. 400) ersichtlich. (Beider Kurve der Temperatur sind die positiven ^^^^ Abweichungen vom Mittel nach unten, die negativen
^^ nach oben salso entgegengesetzt der Kurve des Niederschlägst eingezeichnet.) In demselben sind die Angaben über die Regenverhältnisse
von 15 den Alpen nahegelegenen Stationen in eine Kurve vereinigt, welche die mittlere Abweichung der Regenmengen
dieser Stationen vom Mittel in Prozenten, und zwar nach Lustra, ausdrückt.
Ebenso sind die Temperaturkurven für Süddeutschland und die Schweiz eingetragen, und zwar im umgekehrten Sinne wie die Regenmengen,
d. h. die positiven Abweichungen vom Mittel nach unten und die negativen nach oben. Bei dieser Art der Zeichnung
finden die in gleichem Sinne auf die Gletscher einwirkenden Größen auch in parallel gehenden Kurven ihren Ausdruck. Was oberhalb der
Mittellinie liegt, sind Abweichungen, welche dem Gletscherwachstum günstig sind, die unterhalb verlaufenden ungünstig.
Diese beiden Kurven sind zu einer dritten vereinigt, welche den Gang
[* 28] der der Gletscherentwickelung günstigen
Elemente im allgemeinen ausdrückt. Diese Kurve ist auf graphischem Wege hergestellt, indem die mittlern Punkte zwischen den
beiden andern festgestellt wurden. Höchst auffallend ist nun sowohl bei den beiden Einzelkuruen für Niederschlag und Temperatur
als bei der Mittelkurve die Übereinstimmung mit dem Gange der Gletscherbewegung. In der Zeit zwischen 1810 und 1815 treffen
ein Maximum des Niederschlags mit einem ausgesprochenen Temperaturminimum zusammen.
Dieser Umstand hat den großen Gletschervorstoß zur Folge, der noch während jenes Lustrums beginnt. Von 1818 bis gegen 1835 folgt
eine warme und regenarme Periode, in welcher das Mittel für die Jahre 1816-20 einen für die Gletscher un! günstigen
Charakter trägt. Niederschlag und Wärme
[* 29] zeigen in dieser Periode einen ganz parallelen Gang, der sogar darin übereinstimmt,
daß das Lustrum von 1826 bis 1830 kühler und feuchter war als das vorhergegangene und das nachfolgende. Selbst diese kleine
Schwankung findet ihren Ausdruck in dem oben erwähnten Zweimaligen Vorstoß um 1826 und
¶
forlaufend
400
Is ZZ. Weiterhin nimmt der Parallelismus zwischen Regen und Temperatur ab. Das Lustrum von 1836 bis 1840 ist kühl und mäßig
feucht; die drei Lustra von 1840 bis 1855 sind sehr feucht, und zwar an: meisten das erste, das aber zugleich ziemlich warm
ist, während die beiden letzten auch kühl sind. Kühle und Feuchtigkeit treffen ali'o zusammen von 1835 bis 1840 und
abermals von 1845 bis 1855. Dem entsprechend ist der Charakter der Vorstoßperiode: Beginn mit End? der 30er Jahre, erstes
Maximum in der Mitte der 40er Jahre und zweites um 1855. Von 1855 und 1860 bls 1875 verlaufen beide
Kurven unter dem Mittel, o. h. die ganze Zeit ist trocken und Klimaschwankungen beträgt 35 Jahre;
dieselbe Zahl ergibt sich
für die mittlere Periodenlänge der Gletscherschwankunsien. Es liegen nämlich von 1592 bis 1875 acht Vorstoßperioden vor,
zu denen noch als neunte diejenige kommt, welche sich gegenwärtig in den Westalpen bemerkbar macht.
Die Länge der einzelnen Perioden schwankt dabei freilich zwischen 20 und 45 Jahren. Das frühere Eintreten des Vorstoßes in
einem Alpenteile gegenüber einem andern läßt sich aus den ältern Perioden vor 1880 nicht nachweisen; wenn trotzdem gegenwärtig
in den Westalpen ein solches zeitliches Vorauseilen beobachtet wird, so erklärt sich dieser Umstand
vielleicht dadurch, i ! ^882 i
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! ! ! l F?'g. 2. Verhältnis
der Glctschcrschwankuugen zu den Veränderungen dc 3 Klimas. (Nach E. Nichter
) seit 1860 auch warm. Man kann demnach mit vollem Recht behaupten, daß wir in den Gletschern nicht nur eine Art von integrierenden
Regen- und Schneemessern, sondern sogar von Klimamessern besitzen. Stellt man die Gletscher- und Klimaschwankungen der letzten
drei Jahrhunderte zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Beginn Danach ander ! gesetzte Gletscher- lnhlfeuchte vorstoße
j Periode 1592 1630 1675 1712 1735 1767 1814 1835 1590-1600 1625-1630 Zwischenzeit von je zwei PeriodenKalt
warm, ^arakter der d'e Vorstoßperiode Jahre 1591-1600 1611-1635 1765-1770 1310-1817 1835-1855! ! 45 38 20 32 47 21 Intensiv
und rasch Wenig Rückgang, ,ieucr Vorstoß! gering 1646-1665! Intensiv und in den ganzen Alpen gleichzeitig 1691-1715 Nicht
besonders charakterisiert 1730-1750 Schwach, aber langdaucrnd Ziemlich intensiv 1806-1820 Kurz und sehr intensiv 1831 oder
'' Langdauernd, nur 1836-55 ,, zmn Teil stark Die Übereinstimmung von Gletschcr- und Klimaschwankungen ist hiernach eine
fast vollkommene, sie fehlt nur «für eine von den acht Vorstoßperioden, nämlich für die von 1675 Die mittlere
Tauer der daß die Westalpen infolge ihrer größern Steilheit die aktivern" Glossy besitzen.
Vgl. E. Richter,
Geschichte der Schwankungen der Älpengletscher (»Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins« 1891, Bd.
22).
Auch an den Vorbereitungen zur großen historischen Musikausstellung 1892 ist er hervorragend beteiligt,
er ist ihr Zentralleiter. Das Iubiläumswerk »Wien 1848 - 68« hat er redigiert und darin die wichtige Abhandlung: > Die
Gemeinde; zur Entwickelungsgeschichte
[* 33] der Wiener Kommunalverwaltung" geschrieben. Glossy gab den Katalog der Wiener historischen Ausstellung«
(1883),
»Vier dramatische Spiele über die zweite Türkenbelagerung« (in den »Wiener Neudrucken«,1881),
»GrillparzersJugend , ein Vortrag (Wien 1890), heraus und besorgte im Verein mit A. Sauer eine Gesamtausgabe von F. Na i! munds
«Dramatischen Werken" nach den Oria ! nal- und Theatermanuskripten (2. Aufl., Wien 189^!,
¶
forlaufend
401
3 Vde.). Bei der Gründung der Grillpar^erGesell-schaft wurde Gorresio Redakteur ihres -Jahrbuchs", in dessen ersten zwei Jahraungen
(Wien 1891 u. 1892) er Briefe von und an Grillpar.^er sowie eine große Anzahl von Aktenstücken mit wichtigen Anmerkungen
veröffentlichte. Glykose.s.Kohlehydrate. Göbel, Karl, Botaniker, bisher Professor in Mar-burg, wurde 1891 als Nachfolger
Nägelis an die Uni-versitätMünchen
[* 35] berufen. Godet (spr.-dä), Philippe Ernest, schweizer. Dich-ter und Litterarhistoriker,
geb. zu Neuenburg,
[* 36] Sohn des protest. Theologen Fréderic Gorresio (Bd.
17), studierte die Rechte in Basel
[* 37] und Berlin,
[* 38] lag dann 1874-8o in seinerBaterstadt der Advokaten-praxis ob, leitete 1881-84 das
Organ derKonserva-tiven des Kantons Neuenburg:
»La Sulsse liberale«,
und nahm auch sonst thätigen Anteil .an den politi-schen Handeln des Kantons. Er ist Privatdozent der französischen Litteratur
an der Akademie von Neu-châtel und Professor an der höhern Mädchenschule dieser Stadt. Gorresio gab mehrere Bände Gedichte her-aus:
»Une polgnée de rlmes« (Neuenb.
1871),
»Le
[* 39] coeur et les yeux« (1882),
»Les Réalités« (Par. u.
Neuenb. 1887),
die sich durch Formvollendung und sittlichen Ernst auszeichnen;
ferner: »Scripta maneut; causerles sur les
auto-graphes de la collection Bovet« (Neuenb. 1887),
»Études et causerles« (Par. 1889),
»PierreViret, biographie du réformateur
vaudols« (Laus. 189...),
und ist in der Ausarbeitung eines Werkes über die Madame de Ctarrière, Verfasserin
der »Lettre neuchâtelolses« , begriffen.
Sein litterargeschicht-lich.es Hauptwerk, die »Histoire l1lté1a1re de la Sulsse
fr^ncalse«, erhielt von der französischen Ata-deniie 1890 den PreisGuérin. Gorresio erwarb sich ein un-bestreitbares Verdienst
um die Herausgabe der Werke zweier früh verstorbener poetischer Talente, des Frei-burgersEtienne Eggis
und derNeuenburgerinAlice de Chambrier (geb. 1861, gest. 1882), deren
unter dem Titel »Au-delá« veröffentlichte Gedichte mit schöner Form eine selteneGedankenfülle
und Gefühls^ tiefe verbinden und schon 5 Auflagen (1889) erlebten.
Gold.
[* 40] Über die Golbproduktion der Welt s. E d e l -metalle. Goldblech,s. Platin. Goldküste. Das Areal der
britischen Besitzung an dieser Küste wird offiziell auf 100, 190 qkm berech- net, doch ist die Ausdehnung derselben nach dem
In-nern zwischen dem französischen Besitz an der Elfen-beinküste, offiziell ebenfalls Gorresio genannt (s. unten), und dem deutschen
Togo an der Sklavenküfte nur auf eine, allerdings schon ziemlich bedeutende Strecke nach O. und W. vereinbart,
die Nordgrenze aber noch in keiner Weise bestimmt.
Die Bevölkerung
[* 41] wird für 1890 auf 1,500,000 Köpfe berechnet. Die Einfuhr betrug 1889:440,368, die Ausfuhr 415,926 Pfd. Sterl.
Von beiden beansprucht England den Löwenanteil; Deutschland war bei der Einfuhr mit 44,156, bei der Ausfuhr
mit 54,141 Pfd. Sterl. beteiligt. Von der Ausfuhr entfielen auf Goldstaub 103,200,
Elfenbein 4896, Palmkrne 62,542, Palmöl 137,283, Kautschuk 55,198, Affenfelle 34,818 Pfd. Sterl. Auch die Ausfuhr von Kolanüssen
ist von^ Wichtigkeit,.- und um den Reichtum an wertvollen Hölzern in den Distrikten von Denkera auszubeuten, hat sich eine
englische Gesellschaft gebildet. Der Gold-staub kommt zum großen Teil aus Aschanti, in der Kolonie selber
wird er in den DistriktenDenkera,Meyer.. Ko..iv. - Lexikon , ... Aufl., i
Bd. Wassau, Ahanta und Akini gewonnen.
In den letz-ten 5 Jahren hat sich auch englisches Kapital an der Gewinnung beteiligt, doch haben bereits sieben
Gesell.. schaffen, welche ein Kapital von 465,000 Pfd. Sterl. repräsentiert, die Arbeiten aufgegeben; die dieselben noch fortwährenden
(aber ohne eine Dividende zu zahlen) repräsentiert ein Kapital von 510,000 Pfd. Sterl. In Accra und Cape Coaft Castle befinden
sich zwei Elementarschulen der Regierung mit 5000 Schülern. In kirchlicher Hinsicht gehört die Kolonie zur
anglikanischen DiözeseSierra Leone, die aber nur einen englischen Geistlichen in Accra und einen eingebornen Hilfsprediger
in Cape Coast Castle hat.
Die BaselerMission hat. Stationen in Accra und in den Landschaften Aburi, Akwapim und Krobo mit zusammen 2200 Zöglingen, die
Wesleyaner haben 2500, die Katholiken dagegen nur eine kleine Zahl von Schülern. Die Hauptstadt steht
durch vier Kabel in telegraphischer Verbindung^ mit England über Sierra Leone, Bathurst und St. Vincent, mit Grand Bassam, Lagos,
Bonny, derNigerniündung, Kotonu, St. Thomas, Principe, S.ioPaolo de Loanda und Gabim. Die Telegraphenlinien der Kolonie haben
eine Länge von 275 km. Der früher als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannte
Goldstaub wurde zu 3 Pfd. Sterl. 10 Schilling pro Unze angenommen; da derselbe aber arg verfälscht wurde, so wurde dies aufgehoben.
Durch Handhabung einer bessern Gesundheit.-polizei haben lich seit 1885 die früher sehr schlechten Gesundheitsverhältnisse
erheb-lich gebessert; ein Sanatorium fürEuropäer ist 45 km von Accra in den Akwapimbergen errichtet
worden. Als Besatzung der Küstenforts
[* 42] von Apollonia, Axim, Dixcove, Elmina, Cape Coast Castle, Accra und Christiansborg steht hier
einDetachement eines west-indischen Reaiments. Die Einnahmen der Kolonie betrugen 1889: 111,388 (davon Zölle 95,371) Pfd. Sterl.,
die Ausgaben 125,003 Pfd. Sterl. Eine öffentliche Schuld gibt es nicht. 1890 wurde für den östlich vom
Volta gelegenen Teil der Gorresio eine Verord-nung erlassen, welche gegen unser angrenzendes Togogebiet gerichtet ist und versuchsweisv
bisI.Iuli 1891 in Kraft bleiben sollte.
Danach wurde, aus-genommen für Spirituosen, Tabak,
[* 43] Pulver und Ge-wehr.e, östlich vom Volta kein Zoll erhoben. DiefranzösischenBesitzungenandieserKüste,
welche mit denjenigen an derSklavenküste(Whydah, Porto Novo) ein einziges Verwaltungsgebiet aus-machten,
wurden 1.Ian. 1890 in zwei Verwaltungs-bezirke, Gorresio und Golf von Benin, geteilt., ein jeder unter einem Administrator. Trotz
derFeindseligkeiten mit Dahomé, welche 1891 einstweilen damit endigten, daß Frankreich dem König Bonazim jährlich 20,000
Frank zu zahlen versprach, nahm der Handelsverkehr sehr bedeutend zu. 1890 betrug die Einfuhr
in GrandPopo, Porto Novo und Kotonu 3,489,894, die Aus-fuhr 5,929,431 Fr., die Einnahmen aus Zöllen, Ge-werbesteuer etc. 325,214
Fr., die Ausgaben nur 127,251 Fr., so daß sich ein Überschuß von 197,96 Fr. ergibt.
Gorst, Sir Iohn Eldon, engl. Staatsmann, wurde im November 1891 an Stelle Iacksons zum Finanzsekretär des Schatzamtes ernannt.
Goßler, Gustav von, ehemaliger preuß. Unter-richtsminister, wurde im Iuli 1891 zum Oberpräsi-deuten
von Westpreußen
[* 47] ernannt. Gotoinseln, Gruppe an der Westküste der javan. InselKiusiu, zur Provinz Hizen gehörig, besteht aus 5 größern
felsigen Inseln (Fukaye-,Kuga-, Karu-, Wakamatsu- und Nakatsu-shima) und vielen kleinen, welche sich gegenüber Nagasaki zwischen
32° 50' und 33° 20' südl. Br. hinziehen.
Neben einer wegen ihrer Räubereien berüchtigten Fischerbevölkerung leben hier ganz für sich in 60 Häusern die Nachkommen
der in-folge der Shimabara- Revolution (1638) von Kiusiu gezüchteten Christen als Bauern und Iäger, welche
jeden Monat ein Geschenk von Reis an die katholische Mission in Nagasaki schicken. Gotâ Shojirâ, Graf, japan. Staatsmann, geb.
1838inTosa, nahm wie sein Landsmann Itagaki her-v orrugenden Anteil au der Niederwerfung der Shôc.n-natsherrschaft und an der
Wiederaufrichtung der kai-serlichen Gewalt, trat nach demRestaurationskrieg in die neue Regierung ein und
war eine Zeitlang Minister der öffentlichen Arbeiten. 1873 legte er dieses Amt wegen Meinungsdifferenzen mit seinen Kollegen
im Kabinett, die gegen den Krieg mit Korea stimmten, nieder und zoa sich ins Privatleben zurück. Er wid-niete sich außer verschiedenen
industriellen Unter-nehmungen, wie der Ausbeutung der Takashima-Kohlenmine, jetzt ganz der politischen
Agitation sur Einführung einer parlamentarischen Regierung, ar-beitete verschiedene Denkschriften über diesen Gegen-stand aus
und reiste 1882 mit Itagaki zum Zwecke politischer Studien nach Europa.
[* 48] 1884 wurde er vom Kaiser weaen seiner Verdienste um das
Zustande-kommen der Restauration in den Grasenstand erhoben. 1888 gründete er eine politische Partei,
die"Daidô..
Danketsu", die gegen dieVorherrschaft des Satsuma- und Chôshu- Clans zu Felde zog, trat aber schon im folgenden Jahre in das
soeben von ihm auss heftigste bekämpfte Ministerium selbst als Verkehrsminister ein, welchen Posten er noch (1892) bekleidet.
Götz, Georg, klassischer Philolog, geb. in Gompertshausen bei Heldburg in Sachsen-Meiningen, studierte
1870-73 in Leipzig.
[* 49] war dann Hauslehrer in Rußland und wurde 1875 Ad-jun an dem damals von der russischen Regierung an der
LeipzigerUniversität unterhaltenen Seminar, 1877 zugleich Privatdozent daselbst; 1879 wurde er außerordentlicher, 1880 ordentl.
des »Pseudolus« (1887) und
des »Miles glorlosus« (1891). Er ist Mitherausgeber des auf 9 Bände berechneten »Corpus glossarlorum latinorum«
(Leipz. 1888 ff.). Gräb, Paul, Maler, starb in Berlin. Granichstädten, Emil, dramatischer Schriftsteller und Journalist,
geb. 8. Iuli 1847 zu Wien, studierte Rechtswissenschaft, wurde Hof- und Gerichtsadvo-kat in Wien, trat aber dann in die Redaktion
der »Presse«
[* 50] ein, in der er noch gegenwärtig als Theater.
[* 51] referent und Feuilletonredakteur thätig ist.
Grassamenzucht. Mit der Aufnahme des kunst-lichen Fetdsutterbaues in den modernen Landwirt-schaftsbetrieb hat der Handel mit
Grassamen, wel-cher durch die Thätigkeit der Samenkontrollstationen geregelt und überwacht wird, eine große
Bedeutung erlangt. Demungeachtet kann es nur zu leicht ge-schehen, durch Kaufsamen, abgesehen von dessen nicht immer zuverlässiger
Keimfähigkeit, lästige unkräuter auf die Felder einzuschleppen. Bei ausgedehntem Feldfutter- und Kunftwiesenbau erscheint
es da-her geboten, wenn anders zusagende Verhältnisse vorliegen, den benötigten Grussamen selbst zu er. ^iehen.
Dergleichen erscheint die Zucht von Gras-vmen für den Verkauf bei den meist hohen Preisen derselben für
manche Gebiete sehr vorteilhaft. Bei geringem Samenbedarf begnügt man sich mit dem Absanimeln der .Gras^amen v.:)n Wiesen.
Größere Samenmengen können dagegen von den Kleegras-saaten gewonnen werden, wenn dieselben abteilungs-weise zu verschiedenen
Zeiten gemäht werden, um die nacheinander reifenden Samen
[* 53] verschiedener Grasarten zu erhalten. Ist z. B.
eine Grasmischung aus Knaulgras, englischem Raigras und Wiesen-lieschgras zusammengesetzt, so erhält man bei der Mahd zu Ende
Mai vorzugsweise die Samen vom Knaulgras, Mitte Juni die Samen vom englischen Raigras und Ende Iuni die Samen vom Liesch-gras.
Handelt es sich um die Gewinnung von Ver-kaufsware, so sind eigne Grassamenschulen anzu-legen, wozu man
geschützt gelegene, im guten Dün-gungs- und Kulturzustand befindliche Felder aus-zuwählen hat. Die einzelnen Abteilungen
dieser Samenschulen sind durch Feldstreifen zu trennen, welche mit Getreide
[* 54] oder andern hochwachsendenKul-turpflanzen zu bestellen
sind, um eine Vermengung der Samen durch Windverwehung zu verhüten. Die Aussaat der Grassamen erfolgt
entweder rein oder mit einer pafsenden Kleeart als Schutzfrucht.
Man wählt dazu am geeignetsten auf Wiesen gesammel-ten Samen, weil dieser wild wachsende Same er-. giebigere und dauerhaftere
Pflanzen hervorbringt als kultivierter Samen. Die reifen Grassamen wer-den entweder mit der ganzen Pflanze geerntet oder zweckmäßiger
nur die Rispen oder Ähren mit einem 50 cm langen Halmftück abgeschnitten, während das Stehenbleibende
zu Futter gemäht wird. Zu schnei-den ist, wenn die Mehrzahl der Samen zur vollen Reife gelangt ist, bei leichtausfallenden Grasarten
muß jedoch früher zur Ernte
[* 55] geschritten werden.
Das Nachreifen erfolgt am sichersten in Puppen, in wel-chen sich überdies das Samenftroh im besten Näl)r-wert
erhält. Das in die Scheune einaefahrene Sa^ mengras wird durchschichtet mit Schlagen einge-lagert, um eine trockne Aufbewahrung
zu erreichen. Die wertvollsten vollkörnigen Samen erhält man durch Ausschlaaen der Samenpflanzen oder .dnrch einen leichten
Vordrusch. Werden die Äbren für sich geerntet, so werden dieselben in einen Sack gethan, welchen der
Schnitter umhängen hat, und zu Hause auf der Tenne oder auf dem Kornboden getrocknet. Die Samenzucht von Grasarten kann mit
Vorteu nur in den für die betreffende Samenart günstigen
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