jedenfalls kaum noch in
Gußeisen ausgeführt werden. Bei den Eisenhochbauten, bei denen der reine Nutzzweck nicht in gleichem
Maße im
Vordergrund steht, bei denen die schmückende Zuthat mehr
Bedürfnis ist und überdies die
Bildung größerer, d. h.
geschlossener
Massen im
Programm liegt, wird auf den reinen Eisenbau mehr oder weniger verzichtet und unter Hinzunahme
andrer Materialien gemischter Eisenbau angewandt werden müssen.
Bezüglich der verschiedenen Eisenbrückengattungen und ihrer
Konstruktionen wird auf den
Artikel
»Brücken«
[* 2] (Bd. 3, S. 491 ff.)
verwiesen. Was die ästhetischen
Momente betrifft, so kommen diese bei
Brücken mit vollwandigen
Trägern kaum in Betracht.
Ihr Eisenoberbau hat aber doch immer noch eine gewisse
Masse und bietet dadurch bei der Einzelbildung
Gelegenheit zur Anbringung schmückender Zuthat, mit welcher freilich, da sie sich auf
Belegen oder Bemalen der Trägerwandungen
mit passendem, bescheidenem
Ornament beschränkt, nur geringe
Wirkung zu erzielen ist (s. Taf. I,
[* 1]
Fig. 2). Die Fachwerkbrücken
bieten auch sehr wenigAnhalt
[* 3] für die stilistische Bethätigung.
Bei ihnen wird es im wesentlichen auf eine den allgemeinen Schönheitsgesetzen thunlichst entsprechende
Anordnung der Gesamtbaumasse
sowie der Trägerbegrenzungslinien und des füllenden Gitterstabwerks ankommen. Leider aber stehen selbst mit dieser ersten
Anforderung die für den
Ingenieur vor allem maßgebenden Nützlichkeitsrücksichten oft im stärksten
Widerspruch. Die größten
Brückenbauten der Neuzeit, welche gerade dieser
Gattung angehören, die
Brücken aus
Trägern mit schwebenden
Stützen, sogen.
Cantilever- oder Auslegerbrücken, sind zum Teil wahre Urbilder von
Geschmack- und Stillosigkeit (vgl. z. B. die Coloradobrücke,
Taf. I,
[* 1]
Fig. 3).
Eins der berühmtesten
Beispiele der neuesten Zeit, die
Fowlersche Forthbrücke in
Schottland (Taf. II,
[* 1]
Fig. 7), befriedigt das Schönheitsgefühl wenigstens in ihrer Gesamtanordnung einigermaßen.
Schöner im allgemeinen sind die
Hänge- und Bogenbrücken. Die
Hängebrücken namentlich dann, wenn ihre Hängekurve der natürlichen
Kettenlinie folgt, wie dies bei den frühern und kleinern Ausführungen der
Fall zu sein pflegt; weniger, wenn bei großen
Brücken zum
Zwecke der Versteifung diese
Linie aufgegeben und die Tragkette durch anders begrenzte Trägerformen
ersetzt wird, oder wenn Bündel von Hilfsseilen den harmonischen
Eindruck der Aufhängevorrichtung stören.
Mit einer Bogenbrücke wird den ästhetischen Anforderungen immer entsprochen werden können, wie die Ausführungen allerorten
beweisen. In kleinerm
Maßstab,
[* 4] für den sie sich besonders eignen, ausgeführt, wird bei diesen
Brücken
sogar bis zu gewissem
Grade ornamentale Zuthat am Platze sein (vgl. z. B. Taf.
I,.
[* 1]
Fig. 1, 4, 5 u. 6). Wie aber auch bei bedeutenden Verhältnissen
lediglich durch
Schönheit der
Linien und der Gesamtanordnung das
Ziel erreicht werden kann, beweisen
Beispiele, wie die auf
Taf. II,
[* 1]
Fig. 6, abgebildete wundervolle Sichelträger-Bogenbrücke
über den
Nordostseekanal
[* 5] bei Grünenthal.
Der Unterbau der
Brücken, d. h. die Gesamtheit der den Oberbau derselben stützenden Teile, wird selbst
bei Eisenbrücken
[* 6] meist in
Stein ausgeführt. Genau genommen sind diese dann keine reinen Eisenbauten. Jedoch treten für
den Anblick der
Brücken jene Teile der Eisenkonstruktion gegenüber meist stark zurück. Kommen Eisenpfeiler
vor, so erhalten sie bei großen Abmessungen gewöhnlich röhrenförmige Gestalt oder die Form großer
Böcke aus Stabwerk
und bieten
wenig
Anhalt für das
Einsetzen architektonischer Behandlung.
Anders bei kleinern Verhältnissen, wo die
Stützen auf Säulenform
gebracht werden können. Hier sind künstlerische
Bildungen von Eigenart schon vielfach gelungen, besonders
bei der dem Eisenbau ureigen angehörten Pendelsäule, für welche z.B. die
Berliner
[* 7] Stadteisenbahn gute
Lösungen aufweist (s. Taf.
II,
[* 1]
Fig. 8 u. 9).
Im
Hochbau gelangt der reine Eisenbau fast
nur für untergeordnete
Zwecke, so z. B. für Bahnwärterhäuser,
Schuppen u. dgl., zur
Anwendung. Die
Wände solcher Gebäude werden aus einem schlichten Guß- oder Walzeisengerippe hergestellt,
dessen Gefache man mit Wellblechtafeln, Gußeisenplatten, gepreßtem Flußeisenblech 2c. schließt. Das
Dach
[* 8] pflegt aus Trägerwellblech
gebildet zu werden, manchmal sogar das ganze Gebäude, dem dann das Eisengerippe fehlen kann.
Taugen solche Bauten der guten Wärmeleitungsfähigkeit und Luftundurchlässigkeit des
Eisens wegen zum
Wohnen wenig, so macht sie die Möglichkeit, sie leicht von einem Platze zum andern zu schaffen, für gewisse
Zwecke, z. B.
zur Verwendung in
Kolonien, geeignet. Gegen die architektonische Formgebung verhalten sie sich spröde. Auch aus diesen
Gründen
bringt mannn
Hochbau meist gemischten Eisenbau zur Anwendung und zwar derart, daß bei den
Wänden sowohl wie
bei den
Decken und Dächern das
Eisen
[* 9] nur das konstruktive
Gerüst bildet, während zur Herstellung der raumabschließenden
Teile andre Materialien herangezogen werden.
Die
Bildung der
Wände kann dabei auf zweierlei
Weise geschehen. Entweder das Eisengerüst wird außen sichtbar gemacht und
erhält in seinen Gefachen eine innig mit ihm verbundene, den eigentlichen Wandschluß bildende Ausfüllung,
allenfalls auch noch eine Umhüllung mit anderm
Material; oder das Eisengerüst wird eingestellt, d. h. es ist mit der raumschließenden
Wand, die dann in der
Regel aus
Stein besteht, nicht überall innig verbunden, sondern im Innern des Gebäudes, um
Decken und
Dach zu tragen, vor jene gestellt und mit ihr nur entsprechend verankert.
Die erste
Weise bildet eine vollständige
Analogie zum Holzfachwerk und wird daher auch, besonders wenn der Wandschluß durch
Steine erfolgt, als Eisenfachwerk bezeichnet. Seine formale Behandlung war anfänglich wenig charakteristisch und lehnte
sich unmittelbar an die des Holzfachwerts an. Die
Wirkung war unbefriedigend, mager, trocken, namentlich
wenn einfache
Walzeisen zur Verwendung tamen. Für die
Erscheinung dankbarere, wenn auch nur wenig eigenartigere
Bildungen waren
schon früher durch Anwendung gußeiserner
Gerippe gewonnen worden. Wesentlich bezeichnender wurde später das Eisenfachwerk
gestaltet, indem einerseits das Eisengerippe mehr gemäß seiner konstruktiven Wirkungsweise angeordnet, anderseits auch
das Steinwerk, seinem ausfüllenden, raumschließenden
Wesen entsprechend, nach Art von
Teppichen reich musivisch behandelt
wurde. Die Meniersche Schokoladenfabrik in Noisiel (Taf. I,
[* 1]
Fig. 8) und
die Mannschaftsgebäude der
KaserneLouviers in
Paris
[* 10] (Taf. I,
[* 1]
Fig. 9) geben dafür bekannte gute
Beispiele. Auch der
Bau derBerlinerStadtbahn und diePariserWeltausstellungen von 1878 und 1889 brachten bemerkenswerte einschlägige
Versuche, welche namentlich darauf hinauslaufen, der
Magerkeit des Eisengerippes durch die verschiedensten
Anordnungen abzuhelfen.
Stilistisch besondere Beachtung verdienen diese
Versuche, wenn sie das Schönheitsgefühl befriedigende
Wirkungen ergeben haden,
ohne zu massegebenden
¶
mehr
Umhüllungen der Eisenteile mit allerhand getriebenem, verziertem Blech ihre Zuflucht zu nehmen. Ein sehr schönes Beispiel
bildet unter anderm das Palais du Champ de Mars
[* 12] von der 1878er Ausstellung in Paris, bei welchem die in Eisengitterwerk hergestellten
Wandpfeiler nach außen farbige Fayencefüllunqen erhalten hatten (Taf. II,
[* 11]
Fig.
4). Auch das Hauptgebäude der PariserAusstellung von 1889 (Taf. II,
[* 11]
Fig. 2) darf hier als bedeutendes
Beispiel angeführt werden, obwohl es keinen wesentlichen Fortschritt darstellt. An Stelle der raumabschließenden Steinwände
sind hierbei übrigens vielfach Glaswände getreten, was ja auch bei dem gesamten in dieses Kapitel gehörigen, für die stilistische
Entwickelung aber kaum in Betracht kommenden Gewächshausbau der Fall ist. Die zweite Art der Wandbildung
im E., diejenige mit eingestellter Eisenkonstruktion, hat namentlich in Frankreich Anwendung gesunden, wie denn überhaupt
die Entwickelung des Eisenbaues vornehmlich in diesem Lande stattgefunden hat. Hervorragende Beispiele sind unter anderm die
Lesesäle der BibliothekenSte.-Geneviève und Nationale, der Lichthof in der École des beaux-arts (Taf.
II,
[* 11]
Fig. 5) und die Kirche St. Augustin (Taf. I,
[* 11]
Fig. 7) in Paris.
Besonders konsequent ist das in Rede stehende Konstruktionsprinzip bei dem letztgenannten Bauwerk zur Durchführung gebracht.
Allerdings läßt es dort auch die Grenzen,
[* 13] die ihm gesteckt sind, recht erkennen. Eisen und Stein treten
als Rivalen auf. Ihr Nebeneinander führt bald zu doppeltem Ausdruck ähnlicher oder gleicher Konstruktionsgedanken und dabei
naturgemäß zur Verkümmerung der Steinformen, bald zu Konflikten beider Bauweisen, deren Bewältigung die größten Schwierigkeiten
bereitet.
Doch sind auch glücklichere Lösungen zu verzeichnen; so Labroustes Lesesäle der genannten beiden PariserBibliotheken,
bei denen die Rolle, die der Eisenbau spielt, allerdings eine wesentlich untergeordnetere ist. Bei der Bildung der Decken des gemischten
Eisenbaues bildet die Eisenkonstruktion fast immer das allein tragende konstruktive Gerüst und tritt dabei mit bald mehr,
bald weniger Selbständigkeit in die Erscheinung. Die ästhetischen Schwierigkeiten sind nicht so groß
wie bei den Wänden, weil größere Leichtigkeit, Kühnheit und Masselosigkeit mehr im Wesen der Decke
[* 14] liegen als in dem der
Wand.
Überdies wird ein gewisser Schönheitsüberfluß sich hier leichter geben lassen, welcher übrigens stilistisch richtiger
in schmückender Zuthat als in einhüllender Verkleidung zu bestehen haben wird. Die großen Bauten der
letzten PariserWeltausstellung zeigten hierfür bemerkenswerte Beispiele. Durch Anordnung von Gefachausfüllung mit Terrakotten
[* 15] und allerhand Steinplattenwerk, durch Aufheften von Kartuschen,
[* 16] Schilden sowie von naturalistisch-pflanzlichem Schmuck auf das
frei gezeigte Gitterwerk der Binder, Gurte 2c., durch geeignete Anbringung selbständiger Malereien und in barocker Weise aus
ihren Rahmen ungezwungen heraustretender Skulpturen sind Ergebnisse gewonnen, welche mehr als dekorative
Bedeutung beanspruchen können. Das eben von den Decken Gesagte gilt übrigens auch für die Wandbildungen, wenn, wie z. B.
bei den großen Hallenbauten, Decke und Wand nahezu vollständig zu einer Einheit zusammenschmelzen, wie dies, um eins der
bedeutendsten neuern Beispiele anzuführen, bei der Empfangshalle des Hauptbahnhofs in Frankfurt
[* 17] a. M.
(Taf. II,
[* 11]
Fig. 1) der Fall ist. Bei diesen Hallenbauten pflegen auch Decke und Dach eins zu sein; letzteres wird also von innen
sichtbar
und kommt stilistisch auch nur in solchem Fall als Teil des Eisenbaues in Betracht. Als besondere Gattung von Eisenhochbauteu
der Neuzeit sind schließlich noch die eisernen Turmbauten zu erwähnen. Sie zeigen bald gemischten,
bald reinen Eisenbau. Oft dienen sie (als Leuchttürme, Wassertürme u. dgl.) so ausschließlich
Nutzzwecken, daß das formale Moment sehr stark zurücktritt; sie können aber auch eine ästhetisch und damit stilistisch
bedeutsame Rolle spielen. Hervorragendster Vertreter der letztern Art ist der bei Gelegenheit der mehrerwähnten
1889er PariserWeltausstellung der Hauptsache nach als Schau- und Repräsentationsstück errichtete Eiffelturm
[* 18] (Taf. II,
[* 11]
Fig.
3), ein Meisterwerk der Ingenieurkunst auch in architektonischer Beziehung und ein schlagender Beweis dafür, wie ein Eisenbauwerk
lediglich durch seine Gesamtanordnung und Linienschönheit zum Kunstwerk werden kann.
Was geschichtlich über die stilistische Entwickelung des Eisenbaues zu sagen ist, erhellt in der Hauptsache
aus dem vorstehenden von selbst. Vorangegangen ist im allgemeinen Frankreich. Dort sind zumeist die ersten sowohl als bedeutsamsten
charakteristischen Lösungen der schwierigen Probleme entstanden. England und Amerika,
[* 19] auch Italien
[* 20] haben wenig zur Sache gethan.
Deutschland
[* 21] hat sich besonders um die tektonische Durchbildung der Einzelheiten bemüht (vgl.
z. V. Taf. I,
[* 11]
Fig. 1, 2, 5, 6; Taf. II.
[* 11]
Fig.
8, 9,10), hat dabei jedoch oft die großen Gesichtspunkte aus dem Auge
[* 22] verloren. Immerhin sind aber auch auf deutschem Boden
Werke entstanden, die von dem erfolgreichen Bestreben Zeugnis ablegen, diese Bauweise auch im großen
künstlerisch fortzuentwickeln.
[* 28] Die Frage nach der Entstehung der Eishöhlen kann nunmehr als endgültig gelöst angesehen werden, und zwar im
Sinne der alten Deluc-ThuryschenErklärung der Eisbildungen durch die eindringende Winterluft, seitdem Eishöhlen Fugger seine 1876 begonnenen
und seither ununterbrochen fortgesetzten Beobachtungen an den drei Eishöhlen des
¶
mehr
Untersbergs bei Salzburg
[* 30] veröffentlicht hat. Die wichtigste und größte unter den Eishöhlen ist die sogen.
Kolowrats höhle, welche 1391 m ü. M. am Ostabhang des Untersbergs gelegen ist. Der Höhlenraum ist etwa 92,000 cbm groß.
Der Boden ist mit einer oben horizontalen Eismasse bedeckt, aus der sich gelegentlich Eisstalagmiten von verschiedener Größe
erheben. Am bedeutendsten ist die Eismasse stets im Frühling; mit zunehmender Temperatur beginnt die Zerstörung der Eisdecke
durch das einströmende Tropfwasser, bisweilen verschwindet im Sommer der Eisboden ganz.
Mit dem Eintritt der kalten Jahreszeit werden die Eisflächen wieder trocken, die Neubildung von Eis geht hauptsächlich im Anfang
des Frühlings vor sich, da im Winter die Zufuhr von Tropfwasser zu gering ist. Diese Veränderungen in
den Eisbildungen finden durch den Temperaturgang ihre Erklärung. In der Kolowratshöhle ist nie eine höhere Temperatur als 0 und
+0,5° beobachtet worden, die Höhlentemperatur ist überhaupt von derjenigen der Außenluft
durchaus abhängig: in den Wintermonaten sind auch in der Höhle die Temperaturen negativ, doch hebt sie
sich selbst im Sommer nie wesentlich über 0°. Alle bisher bekannten Eishöhlen besitzen nur einen Eingang, der höher liegt als der
eigentliche Höhlenraum, d. h. sie sind Sackhöhlen, in denen keine Ventilation stattfindet. Sobald die Außenluft kälter
wird als die in der Höhle, strömt die kalte Luft vermöge ihrer größern Schwere in die Höhle ein und
verdrängt die wärmere Luft. Herrscht hingegen in der Höhle eine niedrigere Temperatur als vor derselben, so kann keine Luftströmung
entstehen, und die Höhlenluft erwärmt sich ganz langsam durch die Bodenwärme.
Infolge der bedeutenden Höhenlage der meisten Höhlen wird mehrere Monate hindurch im Jahre in denselben eine Temperatur unter
0° herrschen und das in die Höhle dringende Wasser gefrieren; solange aber noch Eis in der Höhle ist,
kann sich deren Temperatur nicht wesentlich über 0° erheben, da alle zugeführte Wärme
[* 31] für Schmelzung verbraucht wird.
Diese Ansicht von der Bildung des Eises in den Eishöhlen durch die eindringende kalte Winterluft findet ihre gewünschte Bestätigung
durch die Aufzeichnungen, die vermittelst zweier Thermographen in der Höhle von Chaux les Passavant bei
Besancon während des Winters 1885/86 gewonnen wurden. Infolge der geringen Meereshöhe von 570 m und der hohen Bodentemperatur
von 12° verschwinden die Eisbildungen meist gänzlich bis zum Herbst. Das obenstehende Diagramm, welches den Temperaturgang
vom 4. bis darstellt, läßt die Abhängigkeit der
Höhlentemperatur von der Außenluft aufs deutlichste erkennen. Solange die Außentemperatur über 0° liegt, bleibt die
Höhlenluft unveränderlich auf +2° stehen; sobald jedoch erstere unter 0° fällt, folgt letztere, bleibt aber sowohl zeitlich
als graduell etwas hinter der Außenluft zurück. Auch dem Steigen der Außentemperatur folgt diejenige in der Höhle
so lange, bis eine neue Differenz zu ungunsten der
Innenluft entstanden ist und ein neues Einströmen kalter Luft erfolgt. Eine solche Füllung der Höhle mit kalter Luft trat
während des Winters zu wieder holten Malen ein, während der ganzen Beobachtungszeit mehr als 70mal. Hiermit ist auch ein
Einwand widerlegt, den Schwalbe gegen die Deluc-ThuryscheErklärung erhoben hatte (s. Bd. 17, S. 281),
daß nämlich die Abkühlung der Höhlenluft allein nicht genügt, um dem Wasser so viel Wärme zu entziehen, wie bei der Eisbildung
frei werde.
Die eben angeführten Beobachtungen beweisen, daß nicht nur eine einmalige Füllung der Höhle mit kalter
Luft stattfindet, sondern daß dieser Vorgang sich oft wiederholt und die während des Winters und Frühlings durch Eisbildung
und Bodenwärme auf höhere Temperatur gebrachte Höhlenluft durch Einströmen neuer Eisluft ersetzt wird. Auch die zweite
Behauptung, welche Schwalbe zur Stütze seiner Ansicht aufgestellt hatte, daß nämlich die Kältequelle in den Höhlenwänden
liege, ist hinfällig geworden, da die Versuche von Jungk, daß Wasser zwischen 0 und +4° beim Durchsickern durch poröse
Massen eine Abkühlung erfahre, sich als ververfehlt herausgestellt haben.
Überdies ist die Vorstellung, daß das Tropfwasser in Haarröhren das Gestein durchlaufe und so in die Höhle gelange, eine
irrige, da das Wasser nur auf den Klüften des Kalkes zirkuliert, während die große Masse des Gesteins
trocken bleibt. Endlich müßten alle Höhlen, in welche Wasser eindringt, Eishöhlen sein, während thatsächlich sich nur in Sackhöhlen
mit hohem Eingang Eis bildet. Nach allem wird man die Kaltlufttheorie als die einzig richtige ansehen müssen.
Die Frage, weshalb manche BakterienEntzündung und Eiterung erregen, ist trotz der Darstellung der Toxine und Proteine
und selbst trotz der neuerdings gefundenen Toxalbumine nicht befriedigend beantwortet worden, weil die genannten Bestandteile
der BakterienNervengifte sind; freilich besitzen Putrescin und Kadaverin auch eitererregende Kraft,
[* 32] aber diese ist eben nur
Nebenwirkung. Buchner, welcher diese Verhältnisse genauer untersuchte, konnte nachweisen, daß die Zersetzungsstoffe
der Bakterien keine oder keine erhebliche Anlockung für weiße
¶
mehr
Blutkörperchen
[* 34] (Leukocyten), welche bekanntlich den Eiter bilden, aufweisen; und doch muß in den Bakterien, z. B. in sStaphylococcus
aureus und S. akbus, eine Substanz enthalten sein, welche die Ansammlung der weißen Blutkörperchen bewirkt. Es gelang nun
Buchner, nachzuweisen, daß der Inhalt der Bakterienzelle selbst, d. h. die Bakterienproteine, eine außerordentlich starke
Anziehungskraft für die Leukocyten besitzt. Er erhielt diese Proteine, welche alle Reaktionen der Eiweißkörper
zeigen und sich am meisten den Pflanzenkaseinen nähern, durch Züchtung der Bakterien auf festem Nährboden, Abstreifen und
Digerieren derselben mit schwacher Kalilauge, Filtrieren
[* 35] und Fällen des Proteinkörpers durch Salz- und Essigsäure.
SubkutaneEinspritzung
[* 36] von einigen Milligramm des Proteins von Basillus pyocyaneus bewirkt eine erysipelatöse,
mit Lymphangitis 2c. verbundene Entzündung auf rein chemischem Wege ohne Bakterien. Koch hat angegeben, daß auch das Tuberkelbacillenprotein
ausgesprochen eitererregende Wirkung besitzt. Die Ähnlichkeit
[* 37] der Bakterienproteine mit den Pflanzenkaseinen veranlaßte Büchner,
letztere näher zu untersuchen, und er fand, daß dieselben, namentlich das Glutenkasein von Weizenkleber
nicht nur starke Anziehungskraft auf die Leukocyten, sondern auch Entzündung erregende Eigenschaften besitzt.
Die Überlegung, daß im menschlichen Körper das Protein nur beim Absterben der Bakterien zur Wirkung kommen könne, daß also
das Absterben der Eiterung vorhergehen müsse, läßt Buchner vermuten, daß die Entzündung eins der wirksamsten Schutzmittel
gegen die Bakterienwucherung sei. Die Herbeiführung einer starken entzündeten Reaktion würde demnach die Heilung eines bakteriellen
Prozesses einleiten, und so scheint auch die Heilung nach Anwendung des Kochschen Mittels aufzufassen zu sein. Über Immunität
gegen die Bakterien desselben s. Chirurgenkongreß, S. 152.
Auf Anregung der elektrotechnischen Gesellschaft in Frankfurt a. M. tagte vom 8. bis daselbst
ein internationaler Elektrikerkongreß, zu welchem über 200 Ausländer erschienen waren. Nach einer Begrüßung durch den Geheimen Postrat
Goldberg hielt der Staatssekretär v. Stephan die Eröffnungsrede. Nach einigen einleitenden Worten des Dankes an das Komitee,
welches den Kongreß vorbereitete, führte der Redner aus, daß die Regierung des Kaisers an den Beratungen
das lebhafteste Interesse nehme.
Bei der Bedeutung, welche denselben in wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Beziehung innewohne, würden
dieselben von den betreffenden Behörden mit eingehendster Teilnahme verfolgt werden. Der erste Elektrotechnikerkongreß zu
Paris habe die große Frage des einheitlichen elektrischen Maßsystems gelöst, dem jetzigen Kongreß aber seien noch umfassendere
Aufgaben gestellt. Die Anwendung der Elektrizität
[* 39] auf den Gebieten des Nachrichtenwesens, der Beleuchtung,
[* 40] der Elektrochemie und Metallurgie, im Eisenbahnwesen, in der Marine, im Bergbau,
[* 41] in der Heilkunde sowie für motorische und sonstige
Betriebszwecke hat in den letzten Jahren ganz erstaunliche Ausdehnung
[* 42] gefunden. In allen Teilen der Welt erheben sich elektrische
Anlagen, und es ist ein
erhebendes Gefühl, daß das 19. Jahrh., welches uns so viele bedeutende Entdeckungen
und Fortschritte auf dem Gebiete der exakten Wissenschaften und der Lebenspraxis gebracht hat, vielleicht zum Teil mit Beeinträchtigung
des idealen und metaphysischen Gebiets, einer Beeinträchtigung, die aber wohl nur als eine vorübergehende anzusehen ist,
mit der gewaltigen Thatsache der Dienstbarmachung der Elektrizität für die kulturellen Zwecke der Menschheit seinem Schlüsse
entgegengeht.
Der Funke, den Voltas erfinderischer Geist dem zögernden Metall entriß, hat sich in einen Lichtbogen verwandelt, der nicht
nur in das Dunkel der Vergangenheit aufhellend zurückstrahlt, sondern auch in das uferlose Meer der Zukunft,
eine Leuchte der Wissenschaft, uns die Pfade weist. Dankbar gedenken wir der großen Männer aller Nationen, welche seit anderthalb
Jahrhunderten zur Entdeckung dieser wunderbaren Naturkraft, zur Erforschung ihrer Gesetze und Wirkungen und zur Verwertung der
letztern im Leben beigetragen haben.
Aber diese glänzenden Ergebnisse müssen uns doch vor einer Überschätzung des bisher Erreichten bewahren,
denn es bleiben noch wichtige Fragen zu lösen, wie z. B. diejenige der Herstellung eines richtigern Verhältnisses
der erreichten nutzbaren Wirkung zum stattgehabten Kraftverbrauch. Bei den gewaltigen und wachsenden Angriffen auf unsre Kohlenbestände
sieht man sich ernstlich vor die Frage gestellt, ob denn nicht bei Umsetzung der Verbrennungswärme in
Elektrizität ein größerer Nutzeffekt erzielt, mit andern Worten der Kohlenverbrauch verringert werden kann.
Denn bis wir dahin gelangen, an Stelle der in frühern geologischen Epochen aufgespeicherten Sonnenwärme vielleicht die Sonnenwärme
unsrer Tage direkt oder eine andre Kraft als Energiequelle verwenden zu können, wird wohl noch geraume Zeit
vergehen, wenngleich die Schlagweite des Geistesfunkens der Menschheit eine ganz unberechenbare ist. Und noch eine andre Frage
bietet sich dar, nämlich diejenige, ob alle die elektrischen Anlagen, wie sie vorhanden oder geplant sind, auch dringenden
Bedürfnissen entsprechen.
Wie es Menschen gibt, deren Wesen sich nicht einheitlich äußert, und bei denen man immer das Gefühl hat,
es stecke noch ein andrer dahinter, so scheint es mitunter, als ob hinter dem bewundernswerten Erfindungsgeist unsrer Zeit
auch zum Teil deren Erwerbsdrang steht. Gewiß ist die Spekulation eine mächtige Triebfeder des Fortschritts, und die Konkurrenz
hat sich äußerst fruchtbringend auch auf diesem Gebiet erwiesen, aber bei dem freien Spiel der wirtschaftlichen
Kräfte sollte doch nie vergessen werden, daß dasselbe auch Pflichten auferlegt.
Wie das Völkerrecht gewisse Regeln aufgestellt hat, nach denen die Kämpfe zwischen den Nationen durchgefochten werden, so sollten
auch auf diesem Gebiete die allgemeinen Regeln und Gesetze nicht außer acht gelassen werden, ohne welche
ein einträchtiges Zusammenwirken der Menschheit, ein Hinführen auf die göttlichen Zwecke überhaupt nicht möglich ist.
AlleRegierungen haben ein lebhaftes Interesse für die freie Entwickelung der wichtigen elektrotechnischen Industrie bekundet,
keine derselben strebt danach, für einzelne Zweige der Industrie ein Monopol oder Regal (abgesehen von dem Herkömmlichen und
Notwendigen des öffentlichen Nachrichtenwesens) durchzuführen. Auf der andern Seite aber liegt den Regierungen die Wahrnehmung
der höher stehenden Interessen der Allgemeinheit ob, und es ist gewiß zu wünschen, daß sie bei der Erfüllung dieser Pflicht
Unterstützung, und keine
¶
mehr
Gegenwirkung finden. Wo eine neue Idee oder eine neue Form der Kraft im Kulturleben der Menschen umgestaltend und tief eingreifend
auftrat, ist es kaum jemals ohne Zuckungen und Geburtswehen abgegangen, aber sie sind auch noch immer bei gegenseitig versöhnlichem
Geist ohne dauernde Schädigung des gesamten Organismus überwunden worden. Wir wissen ja, daß man Ströme
wechselnder Richtung durch den Kommutator in gleichgerichtete Ströme verwandeln kann. Kämpfe entstehen und vergehen in der
Zeit, aber die Ideen bleiben und werden zum dauernden Gemeingut der Menschheit.
Der Redner besprach dann die Arbeiten, welche den Kongreß beschäftigen werden, und mahnte, alles, was in das metaphysische
Gebiet übergreife, zu vermeiden. »Freuen wir uns«, schloß er, »daß wir in einem Zeitalter geläuterter Ansichten leben und
wirken können, aber vergessen wir nicht, wieviel wir der Nachwelt schuldig bleiben, wieviel und wie Großes noch zu erreichen
ist. Lassen Sie uns nicht müde werden in der Arbeit und setzen wir dem demütigenden ignorabimus, mit
welchem Vorkämpfer der modernen Naturwissenschaft vor den höchsten Fragen des Daseins resigniert Halt gemacht haben, das
aufrichtende laboremus tapfer entgegen.« Nachdem hierauf OberbürgermeisterAdickes von Frankfurt namens der Stadt den Kongreß
willkommen geheißen, wurde v. Siemens (Berlin)
[* 44] zum Vorsitzenden gewählt.
1) für Theorie und Meßkunde, 2) für Starkstromtechnik, 3) für Telegraphie, Signale und Fernsprechwesen und 4) für Elektrochemie
und besondere Anwendungen des elektrischen Stromes. Rathenau (Berlin) beantragte jedoch die Bildung einer fünften Sektion zur
Beratung der Grundsätze für eine elektrotechnische Gesetzgebung, besonders für das Verhältnis zwischen Starkstrom- und
Schwachstromanlagen. Er erinnerte an die beiden Gesetzentwürfe über das Telegraphenwesen und über elektrische Anlagen und
bezeichnete es als dringende Aufgabe des Kongresses, die Grundsätze aufzustellen, nach welchen elektrische Anlagen gebaut werden
können, ohne jemand zu schaden, während sie doch der Allgemeinheit nützen. Die Bildung einer solchen Sektion wurde darauf
beschlossen.
Den ersten Vortrag hielt Kohlrausch (Hannover)
[* 45] über den geeignetsten Bildungsgang des Elektrotechnikers. Seine Absicht sei nur,
zur Erörterung dieser Frage Anregung zu bieten. Nach einer Schilderung der verschiedenen Gruppen von Studierenden, welche sich
auf den Hochschulen mit Elektrotechnik befassen, und des Wissensstoffes, welchen sie zu bewältigenhaben, empfiehlt er größere
Berücksichtigung der Physik und Chemie, dagegen eine Einschränkung bei der Maschinenbaukunde. Es sei
nicht nötig, daß der Elektrotechniker auch vollständiger Maschinenbauer werde, die Hochschule solle ihm nur die Fähigkeit
gewähren, sich nachher auch in der Praxis auszubilden.
Slaby (Berlin) ist dem gegenüber der Ansicht, daß der elektrotechnische Unterricht demjenigen für Maschinenbau
angegliedert werden müsse. Erst im letzten Studienjahr solle ein einsemestriger Unterricht im Laboratorium
[* 46] erfolgen, vorher
aber solle der junge Mann ein Jahr praktisch in einer Maschinenfabrik arbeiten. Siemens (Berlin) will die Elektrotechnik als
eine Hilfswissenschaft betrachtet sehen und betont, daß derjenige, welcher sich ihr widmen solle, zuerst irgend ein bestimmtes
Fach, sei es Maschinenbau, sei es Chemie 2c., ergreifen und dann die Anwendung der Elektrizität auf dieses Fach verstehen lernen
müsse. Die Elektrotechnik solle Gemeingut der gesamten
In der zweiten Sitzung empfahl Löwenherz (Berlin) die Einführung einheitlicher Schraubengewinde in die Elektrotechnik und
Feinmechanik. Hospitalier (Paris) behandelte die Frage der Benennungen und Zeichen in der Elektrotechnik. Wie für die Mathematik,
so wünscht er auch für die Elektrotechnik einheitliche und in allen Ländern gleich verständliche Bezeichnungen.
»Drehstrom« erscheint ihm z. B. als ein recht unglücklicher Name, ebenso führten die Worte »Arbeit«, »Leistung«, »Kraft« den
Ausländer irre. Im Anschluß daran kam auch die Berechnung der Leistung einer Maschine
[* 48] nach Pferdekräften zur Sprache,
[* 49] und
Engländer, Franzosen und Deutsche
[* 50] vereinigten sich in dem Wunsch, daß die Pferdekraft (HP) wie die Pferdestärke
(PS) bald verschwinden, und das »Kilowatt« als Einheit eingeführt werden möge.
Zur Beratung der verschiedenen hierbei gemachten Vorschläge wurde ein besonderer Ausschuß gebildet. Zum Schluß sprach May
(Frankfurt) über diejenigen Vorschriften, welche vom Standpunkte der Feuersicherheit für elektrische Leitungen zu erlassen
wären. Er verlangt für diese jetzt vielfach auseinandergehenden Vorschriften Einheitlichkeit und strenge
Durchführung, dagegen sollten sie vermeiden, zu sehr ins einzelne zu gehen. Die Aufstellung allgemeiner Grundsätze hierüber
erwartet er von den Beratungen der fünften Sektion.
In der dritten Sitzung berichtete Kittler (Darmstadt)
[* 51] über die Beratung der Sektion für elektrotechnische Gesetzgebung. Die
Sektion hat es nicht für ihre Aufgabe erachtet, die beiden einschlägigen Gesetzentwürfe einer Kritik zu unterwerfen oder
etwa einen neuen Entwurf aufzustellen, sondern wollte sich darauf beschränken, nach gegenseitigem Meinungsaustausch in einer
allgemein gehaltenen ErklärungMaterial für eine künftige Gesetzgebung zu beschaffen.
Diese Erklärung wurde in der Sektion und auch in der Hauptversammlung einstimmig angenommen. Sie lautet:
»Der internationale Elektrotechnikerkongreß zu Frankfurt a. M. im J. 1891 erklärt: 1) öffentliche Vorschriften, welche
die Errichtung und den Betrieb elektrischer Anlagen betreffen, haben den Grundsatz zu beachten, daß jede solche Anlage gegen
den Einfluß andrer Anlagen geschützt sein soll. Einer grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Schwachstrom-
und Starkstromanlagen bedarf es hierbei nicht. 2) Die gegenseitige Beeinflussung elektrischer Leitungen ist praktisch
nicht gänzlich zu vermeiden. Es muß deshalb als genügend betrachtet werden, diese Einwirkungen so herabzumindern, daß
sie den nutzbaren Betrieb nicht hindern,
¶
mehr
3) Der heutige Stand der Elektrotechnik ermöglicht es, elektrische Anlagen so herzustellen, daß sie gegen störende Induktionseinwirkungen
genügend gesichert sind.
4) Die Benutzung der Erde als Rückleitung oder die Verbindung einer Leitung mit der Erde kann von elektrischen Anlagen zur Zeit
nicht gänzlich entbehrt werden. Es darf deshalb eine solche Benutzung der Erde nicht einzelnen Anlagen
oder einzelnen Arten von Anlagen ausschließlich zustehen.
5) Das Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegenüber elektrischen Anlagen und Betrieben sowie die Regelung ihrer
technischen Beziehungen untereinander und zu andern öffentlichen Anlagen, ist von Behörden wahrzunehmen, welche an solchen
Betrieben nicht beteiligt sind. Es erscheint erforderlich, daß derartigen Behörden auch technische
Sachverständige als Mitglieder angehören. Im übrigen erheischt jenes Interesse eine Ausnahmestellung für elektrisch? Anlagen
und Betriebe nicht.
Namens des Ausschusses zur Beratung der Vorschläge für einheitliche Bezeichnungen in der ElektrotechnikerstatteteWeber(Zürich)
[* 53] Bericht.
Hospitalier (Paris) hat ein ganzes System von Bezeichnungsweisen ausgearbeitet, welches nach seiner Ansicht
die Bezeichnung der gebräuchlichen physikalischen Größen ohne Verwechselung ermöglicht. Der Ausschuß betrachtet dies System
als sehr empfehlenswert, hält aber eine endgültige Beschlußfassung darüber zur Zeit noch nicht für möglich, sondern
will dies dem nächsten Kongreß vorbehalten, welcher über zwei Jahre in Chicago zusammentritt.
Inzwischen sollen die Bezeichnungen zusammengestellt und veröffentlicht werden. Die amerikanischen Vertreter
hatten beantragt, da Henry der Entdecker der Selbstinduktion sei, die Einheit für die Selbstinduktion mit dem NamenHenry und
die Einheit für die Ausmessung magnetischer Felder mit dem NamenGauß zu bezeichnen. Der Antrag wurde jedoch zurückgezogen,
weil darüber keine Verständigung erzielt worden konnte. Die bestimmten Vorschläge, welche der Ausschuß
macht, gehen dahin: Es sollen physikalische Konstanten und Winkel
[* 54] durch griechische Buchstaben bezeichnet werden, physikalische
Größen durch italienische (liegende, Kursivschrift) und die Einheit durch römische Schrift (aufrechte, Antiqua), also A Ampère,
C Coulomb, F Farad, J Joule, O Ohm, V Volt und W Watt.
Rühlmann (Hannover) wünschte auch noch die Ersetzung der Pferdekraft durch das Kilowatt und Heister (Iglau)
[* 55] schlug statt des
vielfach angefeindeten Namens »Drehstrom« die Bezeichnung »Wellenstrom« vor. Die Versammlung
lehnte jedoch eine Beschlußfassung hierüber ab und genehmigte nur die Ausschußanträge. Dagegen wurde im weitern Verlauf
der Sitzung noch ein Antrag von Uppenborn (Berlin) angenommen, als Bezeichnung für die metrische Pferdekraft
(736 Voltampere) nicht das für die englische Pferdekraft (746 Voltampere) gebräuchliche Zeichen HP anzunehmen.
Hierauf sprach Zipernowski (Pest) über den von Ganz u. Komp. in Pest entworfenen und bis ins einzelne ausgearbeiteten Plan
einer elektrischen Eisenbahn zwischen Wien
[* 56] und Pest. Dieselbe soll dem Schnellverkehr für Personen und Poststücke
dienen und zweigeleisig angelegt werden. In kurzen Zwischenräumen würde je ein 4,5 m langer, 40 Personen fassender Wagen
abgelassen, welcher die ganze Strecke Zwischen Wien und Pest ohne Aufenthalt mit einer Durchschnitssgeschwindgkeit von 200 km
in einer Stunde zurücklegt. Die Baukosten einer solchen Bahn stellen sich allerdings auf das 2,5fache
einer gewöhnlichen
Eisenbahn.
Der Vortragende hofft aber trotzdem, daß sie ertragsfähig wird, wenn die Fahrpreise niedrig gestellt, die
Reisenden also nicht nur schnell, sondern auch billig befördert werden. Diese Studie, wie der Redner seinen durch Pläne und
Zeichnungen unterstützten Vortrag nannte, fand lebhaften Beifall, und Thompson (London) sprach den Wunsch
aus, die Bahn bald ausgeführt zu sehen, da er den ganzen Plan für äußerst zweckmäßig halte. Hierauf sprach Epstein (Frankfurt)
über Stellung und Aufgabe der elektrischen Untersuchungsanstalten.
Der Vortragende ist selbst Leiter einer solchen Anstalt, deren erste 1882 in München ins Leben gerufen
wurde, und hält es nicht für nötig, ihre Notwendigkeit zu begründen. Wohl aber sei es wünschenswert, auszusprechen, was
diese Untersuchungsanstalten nicht thun sollen. Sie sollen nämlich wissenschaftlichen und nicht geschäftlichen Zwecken dienen
und sich deshalb von allen Untersuchungen, Gutachtens, fern halten, welche etwa von Erfindern behufs geschäftlicher Ausbeutung
gewünscht werden, sonst sei es der Anstalt unmöglich, nötigen Falls auch einmal als Schiedsrichter
aufzutreten. Der Vortrag rief eine ziemlich umfangreiche Erörterung hervor, weil Heine (Hannover) meinte, der Gegenstand eigne
sich nicht zur Besprechung auf einem internationalen Kongreß, da noch zu wenig Material vorliege, indem erst drei solcher
Anstalten in Deutschland bestehen. Kohlrausch (Hannover) hob namentlich das überaus verdienstliche Wirken
der Reichsanstalt und den Nutzen hervor, den dieselbe der Praxis gewähre.
Boote, Fahrzeuge, bei welchen die Triebvorrichtung (Schiffsschraube, Schaufelräder) mittels eines Elektromotors
bewegt wird, der von einer mitgeführten Stromquelle Energie erhält. Die elektrischen Boote bilden das
Ideal eines durch Maschinenkraft bewegten Fahrzeugs, und sie würden längst alle andern Gattungen überflügelt haben, wenn
sie nicht genötigt wären, auf eine direkte Stromzuführung von außen zu verzichten. Sie sind auf die Benutzung der Akkumulatoren
angewiesen, und diese haben noch nicht denjenigen Grad von Vollkommenheit erreicht, welcher die elektrischen
Boote konkurrenzfähig machen würde.
Sind ohnehin elektrische Boote mit Akkumulatorbetrieb beständig auf Elektrizitätswerke angewiesen und mithin
nur unter besondern Verhältnissen anwendbar, so bilden das große Gewicht der Akkumulatoren und ihre geringe Aufnahmefähigkeit,
welche zur Folge hat, daß der Stromvorrat eines elektrischen Bootes im besten Fall nur zu einer zehnstündigen
Fahrt ausreicht, weitere Übelstände. Auch die bisher erzielte Geschwindigkeit von 10-12 km in der Stunde ist zu gering, und
schließlich ist der Akkumulatorbetrieb noch sehr teuer.
Von diesen Übelständen abgesehen, bieten die elektrischen Boote große Vorzüge. Der maschinelle Teil
besteht in der Batterie, dem damit in leitender Verbindung stehenden, ganz hinten angeordneten Elektromotor, dessen Achse direkt
mit der Schraubenwelle verkuppelt ist, und der Schraube. Da der Motor bis 900 Umdrehungen in 1 Minute macht, so genügt eine
kleine zweiflügelige Schraube, welche bei etwaigem Segeln nur sehr wenig hindert. Der bedeutende Ballast,
den die Akkumulatoren repräsentieren, macht die Boote zum Segeln sehr geeignet. Die einzelnen Zellen der Akkumulatorenbatterie
werden je nach der
¶