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E.
Seite 19.218 Jahres-Supplement 1891-1892
E.
Nach einer Zusammenstellung des Münzdirektors der Vereinigten Staaten [* 2] beziffert sich die Goldproduktion der Welt auf Grund der aus den verschiedenen Ländern erhaltenen amtlichen Ausweise und mittels ergänzender Schätzungen wie folgt:
Jahr | Kilogramm | Wert in Dollars | |||
---|---|---|---|---|---|
1885 | 163162 | 108435600 | |||
1886 | 159741 | 106163877 | |||
1887 | 159155 | 105774955 | |||
1888 | 165880 | 110243950 | |||
1889 | 182308 | 121162009 | |||
Hiernach zeigte das jüngste Jahr eine beachtenswerte Zunahme der Goldproduktion, die in dem letzten Dezennium eine steigende Tendenz gehabt hat. Besonders beteiligt an dieser Produktionszunahme waren Australien [* 3] und Afrika. [* 4] Namentlich Afrika zeigt in der neuesten Zeit eine verhältnismäßig sehr bedeutende Zunahme der Goldproduktion. Diese betrug 1885: 2083 kg, 1888: 6771 u. 1889: 12,155 kg; Australiens Produktion stieg zwischen 1886 und 1889 von 40,000 auf 49,800 kg, so daß es jetzt die erste Stelle unter den Goldländern der Welt einnimmt. Afrika scheint berufen, in die bei der Goldbeschaffung für den Weltbedarf bestehende Lücke einzutreten. In den letzten nachgewiesenen Jahren war die Goldproduktion der Hauptgebiete (in Kilogrammen):
1887 | 1888 | 1889 | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 49654 | 49917 | 49353 | ||||
Australasien | 41119 | 42974 | 49784 | ||||
Rußland | 30232 | 32052 | 34867 | ||||
China | 14294 | 13542 | 13542 | ||||
Afrika | 2888 | 6771 | 12155 | ||||
Andre Länder | 20968 | 20624 | 22607 | ||||
Zusammen: | 159155 | 165860 | 182303 |
Jahr | Kilogramm | Wert in Dollars | ||
---|---|---|---|---|
1885 | 2849995 | 118702292 | ||
1886 | 2902471 | 120887917 | ||
1887 | 2990398 | 12420978 | ||
1888 | 3386969 | 140758873 | ||
1889 | 3880829 | 161231927 | ||
Hierbei ist aber zu bemerken, daß der Handelswert des Silbers beträchtlich unter dem Münzwert steht. So betrug 1889 der Handelswert der oben angegebenen 161,287,927 Doll. nur 110,674,000 Doll.
Die Silberproduktion hat demnach in den nachgewiesenen 5 Jahren bei stetig sinkendem Silberpreis verhältnismäßig noch viel bedeutender zugenommen als die Goldproduktion. Geht man zeitlich noch weiter zurück, so tritt das verschiedene Verhalten von Gold [* 5] und Silber in Bezug auf Produktionszunahme noch deutlicher hervor. Die Goldproduktion der Welt von 1673 ist zu 962 Mill. Doll. angegeben, die Mehrförderung von 1889 beträgt also nur ein Viertel der damaligen Produktion; bei Silber dagegen betrug die Produktion 1873: 633 Mill. Unzen (fein) und 1889: 1248 Mill. Unzen, also nahezu das Doppelte. Durch diese kolossale Mehrgewinnung entstanden dem Silber naturgemäß gewaltige Schwierigkeiten in seiner Eigenschaft als Münzmetall. Erklärlich werden die Strömungen der amerikanischen Silberpolitik, wenn man sieht, daß von der Gesamtproduktion des Jahres 1889 im Betrag von 3,880,839 kg auf die Vereinigten Staaten 1,555,486, auf Mexiko [* 6] 1,335,828 kg, also bei weitem der größte
Teil entfällt. In den letzten nachgewiesenen Jahren betrug die Silbergewinnung [* 7] der Hauptgebiete (in kg):
1887 | 1888 | 1889 | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 1283855 | 1424326 | 1555486 | ||||
Mexiko | 904000 | 995500 | 1335828 | ||||
Bolivia | 147468 | 230460 | 230460 | ||||
Chile | 199516 | 185851 | 185851 | ||||
Australasien | 6422 | 120308 | 144369 | ||||
Andre Länder | 449137 | 430424 | 428845 | ||||
Zusammen: | 2990398 | 3386869 | 3890839 |
In dem letzten nachgewiesenen Jahr war die Edelmetallproduktion der Welt folgende:
Gold | Silber | ||||||||||||
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Kilogr. | Dollars | Kilogr. | Dollars | ||||||||||
Vereinigte Staaten | 49353 | 32800000 | 1555486 | 64646000 | |||||||||
Australasien | 49784 | 33086700 | 144369 | 6000000 | |||||||||
Mexiko | 1362 | 905000 | 1335828 | 55517000 | |||||||||
Europäische Länder: | |||||||||||||
Rußland | 34867 | 23173000 | 14389 | 598000 | |||||||||
Deutschland | 1958 | 1301266 | 32040 | 1131576 | |||||||||
Österreich-Ungarn | 2198 | 1461000 | 52651 | 2188000 | |||||||||
Schweden | 74 | 48900 | 4267 | 177400 | |||||||||
Norwegen | 5147 | 214000 | |||||||||||
Italien | 148 | 98000 | 35 | 1454 | |||||||||
Spanien | 51502 | 2140400 | |||||||||||
Türkei | 10 | 7000 | 1323 | 55000 | |||||||||
Frankreich | 49396 | 2053000 | |||||||||||
Großbritannien | 97 | 64370 | 8734 | 363000 | |||||||||
Dominion of Canada 1919 | 1275045 | 9264 | 385000 | ||||||||||
Südamerikanische Länder: | |||||||||||||
Argentinien | 47 | 31000 | 10226 | 425000 | |||||||||
Columbia | 4514 | 3000000 | 24061 | 1000000 | |||||||||
Bolivia | 90 | 59800 | 230460 | 9578000 | |||||||||
Chile | 2953 | 1962430 | 185851 | 7723957 | |||||||||
Brasilien | 670 | 445300 | |||||||||||
Venezuela | 2130 | 1415598 | |||||||||||
Britisch-Guayana | 687 | 456580 | |||||||||||
Holland.-Guayana | 437 | 324000 | |||||||||||
Peru | 158 | 105000 | 75263 | 3128000 | |||||||||
Zentralamerika | 226 | 150000 | 48123 | 2000000 | |||||||||
Japan | 606 | 403000 | 42424 | 1763140 | |||||||||
Afrika | 12155 | 8078000 | |||||||||||
China | 13542 | 9000000 | |||||||||||
Britisch-Indien | 2273 | 1511000 | |||||||||||
Die Welt: | 182308 | 121162009 | 3880839 | 161287927 | |||||||||
(spr. -hond), Georges, belg. Schriftsteller, geb. zn Antwerpen, [* 8] erhielt, obwohl von vlämischer Abkunft, seine erste Erziehung in französischer Sprache [* 9] und nach dem frühzeitigen Tode seiner Eltern in Grenchen im Schweizer Kanton Solothurn, [* 10] trat 1870, nach Belgien [* 11] zurückgekehrt, in die Offiziersschule ein, verließ dieselbe aber nach 6 Monaten wieder, war darauf eine Zeitlang Korrektor, später Kritiker eines Antwerpener Blattes, erwarb dann ein Landgut im Kempenschen, wo er das Landvolk kennen lernte, dem er sich als Schriftsteller später widmete.
Materielle Verhältnisse nötigten ihn, 1881 nach Brüssel [* 12] überzusiedeln, wo er Kritiker eines dortigen Battes wurde. Inzwischen hatte er bei Jouaust in Paris [* 13] seine Erstlingsgedichte herausgegeben, worin er noch ganz als Romantiker erschien. 1883 veröffentlichte er in Brüssel seine erste größere Novelle »Kees Doorik«, der 1885 die Novellensammlung »Kermesses«, 1886 der Roman »Les milices de Saint-François«, 1888 »La Nouvelle Carthage« eine breite Schilderung des Antwerpener Lebens, und 1891 ein vaterländischer Roman zur Verherrlichung des Aufstandes der Kempischen Bauern gegen die französische Herrschaft im J. 1798: ¶
"Les fusillés de Malines«, folgten. Eekhouds Schriften zeichnen sich sowohl durch eine breite, realistische Auffassung und einen eigenartigen, reichen Stil, als durch den germanischen Grundgedanken aus, welcher ihn stets den gesunden, kräftigen Menschenschlag des flachen Landes den Städtern und französisch Thuenden vorteilhaft gegenüberstellen läßt. | Seine vom vlämischen Geist durchdrungenen Werke haben auch bei der Pariser Kritik Anerkennung gefunden. | Eekhoud gilt | als der | vornehmste | der | jüngern belgischen Schriftsteller französischer Sprache. Im Verein mit dem verstorbenen Max Waller (Maurice Warlomont) gründete er 1881 die noch erscheinende Zeitschrift: "La Jeune Belgique" |
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s. Maritime wissenschaftliche Expeditionen. ^[= Obgleich das Meer in seinen mannigfachen Erscheinungen und Wirkungen schon in den ältesten ...]
Hühnereier sind am gesuchtesten und werden am besten bezahlt, wenn sie nachweislich frisch gelegt, groß und wohlschmeckend sind, weshalb man sie mit dem Legtag, z. B. 12./1. bezeichnet und als, sogen. Datumeier oder Theeeier zu Markte bringt. Als frisch gelegt gilt das Ei [* 16] im Winter bis zu 6 Tagen und im Sommer bis zu 3 Tagen. In Großstädten finden besonders frische Winterdatumeier zu höhern Preisen Absatz. Der Großhandel, sowohl in Konsumeiern als auch für die Ausfuhr, wird von einzelnen Händlern oder auch von Gesellschaften (z. B. erste Gaudenzdorfer Eierexportgesellschaft bei Wien) [* 17] betrieben, welche durch Einkäufer oder Sublieferanten die erforderlichen Massen von Eiern zusammenlaufen lassen. Im Großhandel werden die Eier [* 18] meist nach dem Gewicht, im Kleinhandel nach Stück gehandelt.
Für letztern ist der Verkauf nach Pariser Art, bei welcher die Eier nach der Größe sortiert werden, vorzuziehen. Zu diesem Behufe werden in den Pariser Zentralhallen die Eier mit Hilfe gestempelter Metallringe im Durchmesser von 38 und 40 mm gemessen. Eier, die im ersten Ringe stecken bleiben, gelten als Sorte I, die den ersten Ring passieren, als Sorte II, und die durch den zweiten Ring gehen, als Sorte III. Im Preise sind zwischen diesen Sorten Unterschiede von 4-6 Mk. pro 100 Stück.
Für die Wertbestimmung der Hühnereier nach Gewicht dient als Maßstab, [* 19] daß ein mittelgroßes Ei bei einem Durchmesser von 41 mm an der stärksten Stelle 55 g wiegt. Bei dem Verkaufe von Bruteiern von Rassegeflügel haften solide Verkäufer bis zu 50 Proz. dafür, daß die Eier befruchtet sind. Die lautern (unbefruchteten) Eier halten sich nach der Bebrütung wochenlang, können daher leicht als Beweis dienen, während befruchtete Eier, wenn die Bebrütung schlecht eingeleitet oder mißlungen ist, sich nach der Brutdauer als verdorben erweisen. Die Versendung von Bruteiern soll bei frostfreiem Wetter [* 20] und in sorgfältiger Verpackung stattfinden.
Bekanntlich variieren die Vogeleier einer und derselben Art mehr oder weniger in Form, Farbe und Gewicht, und Gelege derselben Art wechseln auch hinsichtlich der Anzahl der darin befindlichen Eier. Eine Gesetzmäßigkeit konnte jedoch Bourcart hinsichtlich des Gesamtgewichts der Gelege nachweisen. Bourcart bestimmte zunächst das spezifische Gewicht der Eier, welches im Lauf der Bebrütung zwischen 1,09 und 0,80 schwankt; verursacht wird der Gewichtsverlust durch die Verdunstung des Wassers, indem in der ersten Woche 5 Proz., in der zweiten 9 Proz, in der dritten 3 Proz. Wasser verloren gehen.
Das normale spezifische Gewicht emes unbebrüteten Eies konnte Bourcart zu 1,05 bestimmen. Da auch bei den Gelegen infolge der Bebrütung das Gesamtgewicht ständig wechselt, so muß, um rechnerisch vorzugehen, bei dem Wägen der Gelege das gefundene Gewicht auf das normale spezifische Gewicht umgerechnet werden, indem das Produkt von gefundenem Gesamtgewicht eines Geleges und dem normalen spezifischen Gewicht 1,05 mit dem gefundenen spezifischen Gewicht des Eies des betreffenden Geleges dividiert wird.
Indem Bourcart auf diese Weise bei seinen Untersuchungen zahlreicher Gelege verschiedener Vogelarten Gesamtgewichte erhielt, welche sich alle auf dasselbe spezifische Gewicht bezogen (Normal-Gesamtgewichte), fand er die merkwürdige Thatsache, daß die Normal-Gesamtgewichteder Gelege der gleichen Art unter sich immer gleich sind, unabhängig von der Anzahl der darin befindlichen Eier, von der Größe und der Form derselben, daß also gewissermaßen jeder Vogel einer gleichen Art nur eine bestimmte Gewichtsquantität an Eiern legen kann und, wenn er nicht gestört wird, auch thatsächlich legt; daß aber die Eier unter sich in Form, Gewicht und Zahl variieren können, wie sie wollen, insofern diese Variation auf das Gesamtgewicht keinen Einfluß auszuüben vermag.
Die Normalgewichte der zweiten Brüten sind in der Regel geringer als diejenigen der ersten Brut. Würden für alle Vögel [* 21] die Normalgewichte der Gelege bekannt sein, so ließe sich die erkannte Gesetzmäßigkeit der Gewichtskonstanz zusammen mit der Art und Weise des Vorkommens auch zur raschen Bestimmung der Eier verwerten, was für die praktische Eierkunde von großer Bedeutung wäre. Zugleich ist auf diese Weise ein Mittel an die Hand [* 22] gegeben, zu konstatieren, ob ein gefundenes Gelege vollständig ist.
Die Verschiedenheit in der Farbe bei Eiern einer und derselben Art ist bekanntlich am größten beim Kuckuck, dessen Eier in der Regel eine große Ähnlichkeit [* 23] mit denen seiner Pflegeeltern haben. In der Erklärung dieser Thatsache werden nun Beweise für die Richtigkeit der Theorie gebracht, nach welcher ein und dasselbe Weibchen nur Eier von einer Farbe legt, die den Eiern derjenigen Vogelart am ähnlichsten sehen, bei welcher das betreffende Weibchen aufgezogen worden, und deren Nest es nun auch seinerseits wieder bei der Ablage seiner Eier bevorzugt. So kommt es, daß man in einer Gegend oft nur Kuckuckseier von sehr ähnlichem Färbungscharakter findet, daß die Färbung aber nach den Gegenden verschieden ist, indem die Kuckucke in den einzelnen Gegenden besondere Vogelarten bevorzugen.
Nach Hartert legt z. B. der Kuckuck bei Kassel [* 24] und Frankfurt [* 25] a. M. seine Eier besonders in Rotkehlchennester, an den Rheinufern bei Wesel [* 26] schmarotzt er stets bei den Rohrsängern, und in einer andern Gegend findet man die Kuckuckseier stets in Bachstelzennestern. Ausländische Kuckucke begnügen sich, soviel bis jetzt bekannt ist, mit einer oder nur wenigen Arten von Zieheltern, deren Eiern die sich gleich bleibenden Kuckuckseier täuschend ähnlich sehen; es legt z.B. der Häherkuckuck (Coccystes glandarius) nur in Elstern- und Krähennester.
Auch bei andern Vögeln kommt es als Seltenheit hier und da vor, daß ein Ei dem Ei einer andern Art ähnlich sieht und von dem gewöhnlichen Charakter in Form und Farbe zum Teil stark abweicht. Die wenigen sichern Beobachtungen, die hierüber gesammelt sind, daß z.B. anläßlich eines heftigen Kampfes zwischen Mauerseglern und Staren um den Besitz der Starenkasten ein Starenweibchen ein ganz weißes, durch Färbung, geringe Größe und gestreckte Gestalt an ein Seglerei ¶
erinnerndes Ei legte, erscheinen als eine Stütze der Theorie des »Versehens«, nach welcher plötzlich und sehr tief aufgenommene Eindrücke auf dem im Werden begriffenen Produkt des Mutterleibes sich irgendwie wiedergeben können.
Form, Farbe und Größe des Eies kommen mit dessen weitern Eigenschaften, speziell dem Geruch und der momentanen Temperatur, auch in Betracht bei dem Verhalten der Vögel gegen fremde Eier in ihrem Neste, worüber Leuerkühn Untersuchungen angestellt hat. Es kamen zur Beobachtung das Verhalten der Vögel gegen Eier derselben Art und gegen Eier einer andern Art, wobei jedesmal wieder unterschieden wurde, ob die Eier durch Menschen oder durch die Vögel selbst in das Nest der Adoptiveltern gelegt wnrden.
Bei einigen Vogel-Gruppen herrscht eine große Indifferenz gegen fremde Eier derselben Art im eignen Neste; besonders gilt dies von den kolonienweise brütenden Seevögeln; doch ist auch bei Einzelbrütern ein Zusammenlegen zweier Weibchen der gleichen Art in dasselbe Nest konstatiert, und zwar bei Rotschwanz, Neuntöter, Krähe, Amsel, Schleiereule, Fasan, Bachstelze, [* 28] Rebhuhn, Wasserhuhn. In allen diesen Fällen ist stets Wohnungsnot als Beweggrund dieses Verfahrens anzusehen; daß unser Hausgeflügel ohne Bedenken die Eier andrer Genossen der gleichen Art, die ihm vom Menschen untergelegt werden, übernimmt, ist bekannt.
Die Ablage der Eier in das Nest einer andern Art kommt, vom Kuckuck abgesehen, in der Natur selten vor; sie hat in den meisten Fällen ihren Grund entweder in momentaner Legenot, indem das Weibchen, vom Legetrieb überrascht, zufällig vom eignen Nest weit entfernt ist, oder im Wohnungsmangel, unter dem in unsrer Zeit besonders die Höhlenbrüter leiden. Durch den Menschen ausgeführte Experimente mit der Unterlage der Eier fremder Arten beziehen sich meist auf Stubenvögel, [* 29] zum Teil aber auch auf wild lebende Vögel. In großem Maßstab geschah es bei der Wiederbesetzung Schottlands mit dem ausgerottet gewesenen Auerwild, indem die Eier dieser Art wilden Birkhennen untergeschoben und von diesen ausgebrütet wurden.
Als Gesamtresultat der Leverkühnschen Untersuchungen ergab sich, daß in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle fremde Eier im Nest angenommen werden. Von 171 zu wiederholten Malen beobachteten Arten nahmen 117 fremde Eier an, während 54 dieselben zurückwiesen, resp. das Nest verließen. Von den dauernden Eigenschaften der Eier, Größe, Form und Farbe, scheint die Farbe die geringste Rolle bei dem Entscheid über Annahme oder Nichtannahme zu spielen; weit wichtiger sind überhaupt der Geruch und die Temperatur des Stiefeies, indem besonders, wenn dieses erkaltet ist, auch Vögel, die sonst fremde Eier annehmen, in diesem Fall das Nest verlassen.
Vgl. Bourcart, Erklärung der Variation der Vogeleier (Genf [* 30] 1889);
[* 31] (Anthropologisches). Nach Cuvier soll die Gesamtlänge des Darmes das Sechs- bis Siebenfache der Körperlänge, nach Sappey die Darmlänge bei Weißen von mittlerer Statur durchschnittlich 9600 mm betragen, wovon 8000 mm auf den Dünndarm, 1600 auf den Dickdarm kommen sollen. Dagegen betrug bei 9 von Chudzinsky untersuchten Negern die Gesamtdarmlänge durchschnittlich 8667 mm, also fast 1000 mm weniger als bei den von Sappey untersuchten Weißen. Daß die Gesamtlänge des Darmes beim Neger beträchtlich geringer ist als beim
Weißen, beruht auf der relativen Kürze des Dünndarmes der schwarzen Nasse, denn der Dickdarm ist beim Schwarzen sogar noch etwas länger als beim Weißen. Die angeblichen Beziehungen der Darmlänge zur Körperlänge werden von Chudzinsky in Abrede gestellt; derselbe konstatierte jedoch das Vorhandensein von individuellen Verschiedenheiten. Der Durchmesser der Leber in der Richtung von vorn nach hinten beträgt beim Weißen durchschnittlich 200 mm, beim Neger nur 165 mm; der Querdurchmesser der Leber beträgt beim Weißen durchschnittlich 280 mm, beim Neger 273 mm. Die beiden soeben erwähnten Leberdurchmesser sind beim Orang-Utan ein wenig geringer, nämlich 150, bez. 260 mm. Das mittlere Gewicht der Leber beläuft sich beim Weißen durchschnittlich auf 1451, beim Neger nur auf 1266 g. Die durchschnittliche Länge der Milz ist beim Weißen 123 mm, beim Neger 98 mm, die Dicke dieses Organs beim Weißen 82, beim Neger 60 mm. Das durchschnittliche Gewicht der Milz beim Weißen 195, beim Neger 171 g. Auch die Nieren zeigen ebenso wie Leber und Milz beim Weißen bedeutendere Dimensionen und ein höheres Gewicht als beim Neger; bei von Chudzinsky untersuchten Negern war die linke Niere regelmäßig etwas größer und schwerer als die rechte. Die Niere des Orang-Utan ist sehr viel kleiner und leichter als die des Menschen und mehr der Kugelform sich annähernd. Die Nebennieren besitzen allein Anschein nach beim Neger ein größeres Volumen als beim Weißen.
für Eisenbahnfahrzeuge, s. Eisenbahnbetrieb. ^[= Nach dem Unfall des kaiserlich-russischen Zuges auf der Kursk-Charkow-Asow-Bahn wurde von russischen ...]
In der 1890 stattgehabten Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen wurde (s. Bd. 18, S. 226 f.) auf Antrag der Verwaltung der ungarischen Staatsbahnen [* 32] beschlossen, eine einheitliche Zonenzeit (das sogen. Stundenzonensystem) mit Beginn der Sommerfahrplanperiode (1. Juni) des Jahres 1891 für den innern Eisenbahndienst einzuführen und die allgemeine Einführung gedachter Zonenzeit auch im bürgerlichen Leben als empfehlenswert zu bezeichnen. Nach diesem Beschluß waren die lediglich für die Eisenbahnbediensteten (nicht für das Publikum) bestimmten Fahrpläne dergestalt aufzustellen, daß der überwiegende Teil der Vereinsverwaltungen, nämlich alle deutschen und österreichisch-ungarischen Eisenbahnen, die Zeit des 15. Meridians östl. v. Gr. (2. Zone, von der europäischen Fahrplankonferenz mitteleuropäische Zeit genannt), die belgischen und niederländischen Eisenbahnen die Greenwicher Zeit (1. Zone) und die rumänische und Warschau-Wiener Eisenbahnverwaltung die Zeit des 30. Meridians östl. v. Gr. (3. Zone, osteuropäische Zeit) anzunehmen haben.
Die Zeiten dieser drei Zonen weichen unter sich um je 1, bez. 2 volle Stunden ab. Der Zeitunterschied der 2. Zone (mitteleuropäische Zeit) beträgt gegen die bisher für Preußen [* 33] gültige Berliner [* 34] Zeit 6 Minuten, gegen die Münchener Zeit 14, die Stuttgarter 23, die Ludwigshafener und Karlsruher Zeit rund 26 Minuten. Die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen, [* 35] die preußischen Staatsbahnen und die übrigen norddeutschen Eisenbahnen haben dem Vereinsbeschluß entsprechend mit die Mitteleuropäische Zeit (abgekürzt M. Einheitszeit Z.) für ihren innern Dienst eingeführt. In Süddeutschland, wo sowohl für den innern und äußern Eisenbahndienst als für den allgemeinen bürgerlichen Verkehr die Ortszeit von Karlsruhe [* 36] (für Baden), [* 37] von Stuttgart [* 38] (für Württemberg) [* 39] und von München [* 40] (für ¶
Bayern [* 42] östlich des Rheins), bez. Ludwigshafen [* 43] (für die bayrische Pfalz) Geltung hatte, wird die mitteleuropäische Zeit vom ab sowohl für den innern als für den äußern Eisenbahn- und Telegraphendienst statt der Ortszeit zur Anwendung gebracht. In Osterreich-Ungarn, wo die Prager, bez. Budapester Zeit als Einheitszeit für Eisenbahn, Telegraphie und das ganze bürgerliche Leben Geltung hatten, ist vom ab, mit Beginn des Winterfahrplans, die mitteleuropäische Zeit ebenfalls für den innern wie für den äußern Eisenbahndienst und auch für den Post- und Telegraphenverkehr eingeführt.
Desgleichen ist die mitteleuropäische Zeit mit diesem Tage für den innern Eisenbahndienst der luxemburgischen Prinz Heinrich-Bahn und der serbischen Staatsbahnen sowie die osteuropäische Zeit auf den rumänischen und bulgarischen Staatsbahnen zur Einführung gekommen. Die niederländischen Eisenbahnen, bei welchen für den innern und äußern Dienst die Amsterdamer Zeit Geltung hat, beabsichtigen dem Vernehmen nach die Einführung der mitteleuropäischen Zeit für den innern und äußern Dienst zum Die belgischen Bahnen haben den Vereinsbeschluß bisher nur teilweise durch Regelung ihrer Dienstfahrpläne für die auf deutschem Gebiet belegenen Strecken nach mitteleuropäischer Zeit ausgeführt.
Auch in Belgien wird die Einführung der mitteleuropäischen Zeit nicht nur für den innern und äußern Eisenbahndienst, sondern auch für das bürgerliche Leben erstrebt. In Preußen ist man über die theoretischen Bedenken hiergegen, deren Hauptvertreter der gegenwärtige Direktor der Berliner Sternwarte, [* 44] Förster, ist, noch nicht hinweggekommen, obwohl das Nebeneinanderbestehen verschiedener Zeitrechnungen für das Verkehrswesen (im Reichstelegraphenwesen Berliner Zeit, im innern Eisenbahndienst mitteleuropäische Zeit und im äußern Eisenbahndienst wie im bürgerlichen Leben Ortszeit) mit mannigfachen Nachteilen verknüpft ist, obwohl ferner hervorragende Praktiker, darunter in erster Linie der Feldmarschall Graf Moltke, in überzeugendster Weise für die Notwendigkeit und Durchführbarkeit einer einheitlichen Zeitrechnung für ganz Deutschland, [* 45] auch im bürgerlichen Leben, eingetreten sind, und obwohl endlich durchaus günstige Erfahrungen mit der gleichen Einrichtung aus Ländern vorliegen, in welchen dieselbe bereits seit geraumer Zeit besteht, nämlich Amerika, [* 46] England, Schweden, [* 47] Dänemark [* 48] und Schweiz. [* 49]
In der Steuerlehre standen von jeher zwei Forderungen einander gegenüber, nach welchen die Steuern für den Pflichtigen zu bemessen und somit die gesamte Steuerlast auf alle Staatsangehörigen zu verteilen seien. Nach der einen soll die Steuer dem Grundsatz entsprechen, daß Leistung und Gegenleistung einander gleich oder doch verhältnismäßig gleich seien, nach der andern wäre, ganz unabhängig davon, welche Vorteile dem Pflichtigen aus der Staatsverbindung erwachsen, die Steuer nach der Steuerfähigkeit zu bemessen.
Nun kann weder der einen noch der andern Forderimg in der Wirklichkeit ausschließlich genügt werden. Die Größe der Staatsleistungen festzustellen, ist meist schlechterdings unmöglich. Man hat sich deswegen gern mit einem Ausweg beholfen, welcher unmittelbar zum Ziel der zweiten Forderung hinführt, indem man einfach unterstellte, daß die Vorteile, welche man aus dem Staatsleben zieht, im Verhältnis zu den Mitteln stünden, welche man zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage und zur Erzielung persönlicher
Genüsse verwenden könne. Auf der andern Seite würde es in manchen Fällen unwirtschaftlich und unbillig sein, zu fordernde Vergütungen lediglich nach der Leistungsfähigkeit abzustufen. Wer dem Staate durch sein eignes Verhalten Veranlassung zu Aufwendungen gibt, soll auch hierfür nach Thunlichkeit aufkommen, und zwar um so mehr, je mehr ihm vornehmlich oder ausschließlich die Leistung des Staates zum Vorteil gereicht. Das Verlangen einer Gegenleistung bietet dann gleichzeitig einen Schutz gegen übermäßige und unwirtschaftliche Inanspruchnahme, wie sie eintreten würde, wenn sie kostenlos erfolgen könnte. Die Praxis und auch die Theorie haben deswegen jene beiden Forderungen in zweckmäßiger Weise miteinander zu verbinden gesucht, indem man die Gebühren den Steuern gegenübersetzte; letztere sollten nach der Steuerfähigkeit bemessen werden, bei den erstern Leistung und Gegenleistung einander entsprechen.
Nun ist allerdings der Begriff der Steuerfähigkeit kein feststehender. Im allgemeinen kann man wohl sagen, daß dieselbe sich durch das in Geld bezifferbare Einkommen ausdrücken lasse. Wenigstens gibt es keinen andern Maßstab, welcher als brauchbarer und zutreffender zu bezeichnen wäre. Doch würde dieser Satz nicht bedingungslos gelten. Denn es kann in der That bei gleichem Geldeinkommen die Leistungsfähigkeit eine sehr verschiedene sein. Derjenige, welcher eine zahlreiche Familie zu ernähren, mit kostspieligen Krankheiten 2c. zu kämpfen hat, ist weniger steuerkräftig als ein andrer, welcher eine kleinere oder gar keine Familie besitzt und welchem Widerwärtigkeiten der gedachten Art erspart bleiben. Besondere Umstände, welche bei gegebenem Einkommen die Steuerfähigkeit mindern, wären demnach, insoweit sie äußerlich genügend zu Tage treten, in billiger Weise zu berücksichtigen.
Hiermit wären aber noch nicht alle grundsätzlichen Schwierigkeiten beseitigt. Denn es bleibt noch die Frage zu beantworten, ob unter sonst gleichen Umständen mit steigendem Einkommen die Steuerfähigkeit in gleichem oder in einem andern Verhältnis zunehme als dieses. Meist nimmt man das erstere an. Nach dieser Anschauung würde die Steuer einen festen Prozentsatz von jedem Einkommen zu bilden haben, oder der Steuerfuß, d. h. das Verhältnis von Steuer zu Einkommen, wäre für alle gleich hoch.
Nach der andern Ansicht wächst die Steuerkraft in einem höhern Maß als das Einkommen. Gibt auch der Reichere für Nahrung, Kleidung und Wohnung mehr aus als der Ärmere, so bleibt ihm doch eine verhältnismäßig größere Summe für anderweite Genüsse oder zum Zweck der Kapitalisierung übrig, eine Summe, von welcher er, ohne daß der Druck dadurch ein empfindlicherer würde, auch einen größern Bruchteil für öffentliche Zwecke abgeben könnte. Auf der andern Seite ist es klar, daß derjenige, welcher unterstützungsbedürftig ist, ebenso derjenige, welcher gerade hat, was er notwendig zum Leben braucht, auch keine Steuern entrichten kann.
Wer aber nur wenig mehr hat als das Notwendige, dessen Gesamteinkommen kann nicht mit dem Prozentsatz getroffen werden, wie er für größere Einkommen angewandt wird. Allenfalls könnte er infolgedessen unterstützungsbedürftig werden, oder es wäre doch die Steuerlast für ihn eine empfindliche. Von einem Einkommen von 400 Mk. 40 Mk. abzugeben ist drückender als die Besteuerung von 1 Mill. Mk. mit 100,000 Mk. Zu alledem kommt noch der in Theorie und Praxis immer wieder in den Vordergrund tretende Gedanke, ¶
daß die Vorteile des öffentlichen Lebens dem Wohl-habenden und Reichen in erheblich höherm Maße zufließen, als dem Ärmern. Erwägungen der angedeuteten Art führten zum Verlangen nach einer progressiven Besteuerung, d. h. nach einer solchen Einrichtung, bei welcher mit wachsendem Einkommen nicht allein die Steuer, sondern auch der Steuerfuß sich erhöhe.
Nun kann aber der progressive Steuerfuß nicht in gleichem Maße Zunehmen wie das Einkommen. Man wäre alsdann bei 100 Proz. angelangt, d. h. bei einem Satz, bei welchem das gesamte Einkommen durch die Steuer verschluckt würde, und andern, welche so unglücklich wären, viel zu erwerben, würde nach der Steuerzahlung weniger verbleiben als manchen von denen, welche ein geringeres Einkommen beziehen.
90 Proz. Steuer lassen bei 9000 Mk. nur 900 Mk. übrig, während bei einem Einkommen von 4900 Mk., welches mit 49 Proz. belastet wird, noch 2499 Mk. verbleiben. Die höchste, überhaupt nur zulässige Grenze für den Steuerfuß wären 50 Proz. Praktisch wird man aber auch nicht bis zu dieser Höhe sich erheben können. Schon die notwendige Rücksicht auf den Steuerdruck andrer Länder würde dies verbieten. Dann würden bei dieser Grenze andre Nachteile, wie Minderung des Reizes zum Mehrerwerb, Zunahme des Bestrebens, solchen Mehrerwerb zu verheimlichen 2c., in so hohem Maße zu Tage treten, daß man schon deswegen gezwungen wäre, einen niedrigern Prozentsatz als unüberschreitbar zu bezeichnen und, wenn derselbe einmal erreicht ist, ihn auch für alle höhern Einkommen gelten zu lassen. In Preußen würden hierbei auch noch die Kommunalzuschläge eine Rolle spielen.
Erheben, wie dies thatsächlich vorkommt, Gemeinden 500 und 600 Proz. an solchen Zuschlägen, so könnte die Staatssteuer unmöglich über 7 oder 8 Proz. hinaus steigen, solange wenigstens das Steuerwesen der Gemeinden nicht geändert würde. Theoretisch könnte die Sache allerdings so eingerichtet werden, daß vom höchsten vorkommenden Einkommen jener höchste Prozentsatz entrichtet wird, und daß der Steuerfuß für jedes andre Einkommen niedriger ist, und zwar um so mehr, je kleiner das Einkommen ist.
Doch würde eine solche Unterschiedlichkeit in der Steuerbemessung in vielen Fällen unpraktisch werden. Die kleinern Einkommen sind überall in großer Masse vertreten, die sehr hohen und höchsten nur durch eine kleine Zahl. So sind in Preußen nach der Veranlagung für 1890/91 von der Einkommensteuer befreit, weil bei ihnen ein Einkommen von weniger als 900 Mk. unterstellt wird, 8,357,037 Personen, während nur 1,850,855 Personen, also nur 18 Proz. der Gesamtzahl, Klassen- und Einkommensteuer entrichten. Und diese Steuerpflichtigen verteilen sich in folgender Weise:
Einkommen von | Zahl der Personen | Steuerbetrag | |||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Mark | im ganzen | in Proz. | im ganzen Mk. | in Proz. | |||||||
900-1200 | 815177 | 44.04 | 6238154 | 8.32 | |||||||
1200-3000 | 793601 | 42.88 | 20338997 | 27.12 | |||||||
3000-6000 | 172042 | 9.30 | 17835276 | 23.78 | |||||||
6000-10800 | 42555 | 2.30 | 9281550 | 12.37 | |||||||
10800-32400 | 22624 | 1.22 | 10620180 | 14.16 | |||||||
32400-108000 | 4223 | 0.23 | 6236496 | 8.31 | |||||||
über 108000 | 633 | 0.03 | 4452480 | 5.94 | |||||||
Zusammen: | 1850855 | 100.00 | 75003139 | 100.00 | |||||||
Die kleinern und mittlern Einkommen bis zur Höhe von 6000 Mk. entrichten demnach 59 Proz. der gesamten Steuer. Durch Erhöhung des Steuerfußes bei den höhern Einkommen könnte zwar schon ein ansehnlicher Mehrbetrag erzielt werden, doch darf man sich über die Größe desselben keinen Täuschungen hingeben. Nach Soetbeer verteilen sich die Einkommen in folgender Weise:
Einkommen: | Zahl der Zensiten | Betrag der Einkommen | |||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Mark | ohne Angehörige | mit Angehörigen | im ganzen | im Durchschnitt Mk. auf den | |||||||||||||||
im ganzen | Proz. | im ganzen | Proz. | Mill. Mk. | Proz. | Zensiten | Kopf | ||||||||||||
Dürftige bis 525 | 4094428 | 40.11 | 8383359 | 28.62 | 1647 | 16.58 | 472 | 197 | |||||||||||
Kleine 526-2000 | 5517828 | 54.05 | 18562145 | 63.81 | 5120 | 51.53 | 928 | 276 | |||||||||||
Mäßige 2001-6000 | 490541 | 4.81 | 1778155 | 6.12 | 1593 | 16.08 | 3248 | 896 | |||||||||||
Mittlere 6001-20000 | 91512 | 4.90 | 317193 | 1.09 | 882 | 8.88 | 9639 | 2781 | |||||||||||
Große 20001-100000 | 12521 | 0.12 | 43400 | 0.15 | 474 | 4.77 | 37855 | 11027 | |||||||||||
Sehr große über 100000 | 1062 | 0.01 | 3681 | 0.01 | 220 | 2.21 | 276789 | 59666 | |||||||||||
Zusammen: | 10207892 | 100.00 | 29087933 | 100.00 | 9936 | 100.00 | 973 | 342 | |||||||||||
Sind diese Zahlen auch nicht ganz zutreffend, so geben sie doch ein Bild über die Verteilung, welches in dem Maß annähernd richtig ist, daß aus denselben der Schluß gezogen werden darf, die Hauptmasse der Steuer müsse aus den kleinern und mittlern Einkommen gezogen werden. Man wird also schon bei einem nicht allzu hohen Betrag bei der Steuer beginnen und mit Erhöhung der Einkommen schon frühzeitig mit dem Steuerfuß ziemlich start ansteigen müssen. Infolgedessen nähert man sich aber schon bald der unüberschreitbaren Grenze, und zwar derart, daß es später unpraktisch sein würde, den Prozentsatz innerhalb enger Grenzen [* 51] noch weiter steigen zu lassen.
Ob man von 10,000 Mk. 5,9 Proz., von 20,000 Mk. 5,99 Proz. und von 100,000 Mk. 6 Proz. oder von allen diesen Einkommen 6 Proz. erhebt, ist praktisch gleich. Demnach kann in der Wirklichkeit die progressive Steuer nur eine derartige sein, daß, wenn die kleinsten Einkommen frei bleiben, von irgend einer Einkommenshöhe ab mit einem Bruchteil eines Prozentsatzes begonnen wird, daß der Prozentsatz dann steigt, bis er einen bestimmten, von da ab gleich bleibenden Betrag erreicht.
Diese Steuer nennt man die degressive, indem unterstellt wird, der höchste Prozentsatz sei der normale, und von einer gewissen Einkommenshöhe ab werde er nach untenhin mehr und mehr vermindert, während man bei dem Gebrauch des Wortes Progression mehr an das Steigen von unten nach oben denkt. Sachlich liegt kein Unterschied vor, das Verhältnis ist vielmehr ein ähnliches wie bei dem lateinischen Worte altus, welches je nach dem Standpunkt des Beschauers sowohl »hoch« als »tief« bedeuten kann.
Hat man sich nun über die Frage des Steuerfußes schlüssig gemacht und auch einen solchen festgestellt, von dem man annehmen darf, daß er eine der wirklichen Steuerfähigkeit entsprechende Belastung bewirke, so wird doch die wirkliche Durchführung der Besteuerung hinter dem Ideal zurückbleiben. Die Bemessung des Einkommens ist nicht leicht, teils weil dasselbe oft unregelmäßigen Schwankungen unterliegt, teils weil manche Aufwendungen und Bezüge nur schwer zu verrechnen sind, wie z.B. bei der Eigengewinnung von Gütern, welche nicht marktgängig ¶
sind 2c. Dann ist der Staatsbedarf ein so hoher, daß es bei der gegebenen Lage der Dinge geradezu unmöglich wäre, denselben ausschließlich durch eine einzige Einkommensteuer zu decken. Bei den obern und obersten Klassen kann man nun einmal über einen gewissen Prozentsatz nicht hinausgehen, so daß hier bald eine Schranke für die Steigerung der Einnahme gesetzt ist; bei den untern aber ist die Erhebung praktisch mit einer Reihe von solchen Übelständen verbunden, daß hier auf die Einkommensteuer verzichtet werden muß und erst von gewisser Grenze an mit einem mäßigen Steuerfuß begonnen werden kann. Da nun aber doch einmal die Masse beisteuern muß, so bleibt nichts andres übrig, als dieselbe auf dem wenigst empfindlichen und technisch vorteilhaftesten Wege heranzuziehen. Hierfür bietet sich das Mittel der indirekten Besteuerung, welche in allen großen Staatshaushalten eine wichtige Rolle spielt und mit steigendem Staatsbedarf gerade in der neuern Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen hat.
Die indirekten Steuern belasten die Pflichtigen gerade nicht nach Maßgabe der Steuerfähigkeit. Eine große Zahl von Gegenständen zu erfassen, ist steuertechnisch nicht von Vorteil. Man begnügt sich deshalb auch in der Praxis mit einer kleinern Zahl von Gütern, und zwar solchen, welche in groben Massen verbraucht werden und dabei nicht gerade unentbehrlich sind. Infolgedessen trifft die Steuer individuell ungleich, indem der eine mehr von den versteuerten Gegenständen verbraucht als der andre. Dann ist der Verbrauch nicht gerade um so größer, je größer das Einkommen ist. Somit ist die Belastung im großen ganzen eine umgekehrt progressive. Was die Reichern an Steuern für Kaffee, Zucker, [* 53] Bier, Branntwein, Salz, [* 54] Tabak [* 55] 2c. bezahlen, macht einen geringern Prozentsatz von ihrem Einkommen aus als das, was die weniger Reichen und Ärmere entrichten von deren Einkommen.
Führt aber auf diese Weise die praktische Notwendigkeit zu einer Steuerverteilung, welche die Theorie und die Anschauungen des praktischen Lebens nicht für billig erachten, so muß auf einem andern Gebiet nach einer Ausgleichung gesucht werden. Dies Gebiet ist dasjenige der direkten Steuern, wenn wir hierzu noch einige Verkehrssteuern rechnen, insbesondere dasjenige der Einkommensteuer. Die Praxis hat denn auch in der neuern Zeit in einigen Ländern, als man sich zu einer Erhöhung der indirekten Steuern veranlaßt sah, die direkten Steuern zu reformieren gesucht.
Die direkten Steuern sind teils Ertrags- oder Real-, teils Personalsteuern. Dieselben in der Weise systematisch auszubauen und zu veranlagen, daß weder Doppelbesteuerungen noch einseitige Befreiungen vorkommen, und daß die Besteuerung eine vollständig gleichmäßige ist, ist bei der Mannigfaltigkeit und Beweglichkeit unsrer heutigen Wirtschafts-, Verkehrs- und Kreditverhältnisse sowie bei der Unvollkommenheit der zu Gebote stehenden Hilfsmittel der Besteuerung nicht allein schwierig, sondern geradezu unmöglich. Die bestehenden Steuersysteme sind in der That sämtlich unvollkommen und lückenhaft, insbesondere diejenigen, welche Ertrags- und Personalsteuern in unvollständiger Weise miteinander verbinden.
Die Ertragssteuern fassen die Erträge an ihren Quellen ohne Rücksicht auf deren Verteilung an verschiedene Personen, und zwar nach allgemeinen Durchschnittssätzen, also ohne Rücksicht auf die individuellen Verhältnisse, individuelle Leistungsfähigkeit, günstigere oder ungünstigere wirtschaftliche Stellung des Eigentümers 2c. Infolgedessen belasten die Ertragssteuern schon von Haus aus ungleichmäßig. Die Tüchtigern sowie diejenigen, welche die Konjunkturen besonders begünstigen, zahlen nicht mehr als diejenigen, welchen das Glück weniger hold ist.
Dazu kommt die Schwierigkeit, Roherträge und Kosten zu bemessen. Oft muß man sich an äußere Merkmale halten, welche nur sehr unsichere Schlüsse zulassen, wie bei der Gewerbesteuer. Oder es kann wegen der hohen Kosten die Steuer nicht alljährlich neu veranlagt werden; dieselbe wird alsdann im Laufe der Zeit, wenn die Grundlagen der Besteuerung sich geändert haben, mehr und mehr ungleich, wie z. B. die Grundsteuer; Schulden kommen bei der Ertragssteuer nicht in Abzug.
Die Zinsen, welche der Gläubiger zieht, werden demnach, wenn auch nicht genau nach ihrer wirklichen Höhe, bereits bei dem Schuldner besteuert. Nun werden aber bei unsern heutigen Kreditverhältnissen auch Zinsen bezogen, welche noch nicht besteuert worden sind, wie Zinsen aus Staats-, Gemeindeanleihen 2c. Dieselben müßten demnach besonders belastet werden, was bei den vorhandenen internationalen Kreditbeziehungen und der Mannigfaltigkeit der Steuersysteme und der Steuerveranlagung verschiedener Länder mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden ist, sofern Ungleichmäßigkeiten vermieden werden sollen. Die Bezahlung für fremde Arbeitsleistungen kommt bei den Ertragssteuern unter den Kosten in Anrechnung und in Abzug. Dafür ist die Arbeit als besondere Ertragsquelle durch eine eigne Steuer zu treffen, und zwar nicht nach den wirklichen Erträgen in jedem gegebenen Fall, sondern nach Durchschnitten je für eine Klasse von Fällen.
Ausschließlich durch Personalsteuern den gesamten öffentlichen Bedarf zu decken, ist heute nicht durchführbar. Die Realsteuern haben sich meist derart eingelebt, daß ihre Aufhebung oft einem Geschenk an den augenblicklichen Besitzer gleichkäme. Dann sind Wohnort des Besitzers und Lage seines Besitztums oft voneinander getrennt; dort würde die Personalsteuer entrichtet, während hier zu gunsten des Besitzers öffentliche Aufwendungen gemacht werden müssen.
Aus diesem Grunde würden insbesondere Gemeinden die Realertragssteuer nicht entbehren können. Durch Verbindung beider Arten von Steuern hat man wohl einige Lücken ausgefüllt und Unvollkommenheiten beseitigt, ist aber trotzdem überall von einer gleichmäßigen Belastung noch weit entfernt. Bayern hat drei Ertragssteuern (Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer), welche nach Durchschnitten und äußern Merkmalen bemessen und zum Teil (Grundsteuer) vor Jahren veranlagt sind.
Daneben besteht eine Kapitalrentensteuer, welche zum Teil eine Doppelbesteuerung bildet und nur deswegen wenig als solche empfunden wird, weil die Ertragssteuern, welche keine Rücksicht auf die Schulden nehmen, nur sehr roh veranlagt sind. Alle durch eine dieser direkten Steuern noch nicht getroffenen Einkommen werden durch eine sogen. Einkommensteuer getroffen, welche im Wesen eine Ertragssteuer ist, sich aber einer Personalsteuer insofern nähert, als sie der jeweiligen Einkommenshöhe angepaßt wird.
In Preußen besteht kein vollständiges Ertragssteuersystem. Es gibt nur eine Gebäude-, eine Grund- und eine Gewerbesteuer. Neben denselben wird der Ertrag der Arbeit nicht besonders getroffen. Dann besteht in Preußen keine Kapitalrentensteuer, durch welche wenigstens diejenigen Zinseinnahmen belastet werden müßten, welche noch nicht bereits durch die Ertragssteuern mitgetroffen worden sind. Dagegen ¶