Berger,
Alfred,
Freiherr von,
Ästhetiker, geb. in
Wien
[* 2] als Sohn des spätern österreichischen
MinistersJohannNepomuk
Berger, studierte in
Wien, machte große
Reisen
(Indien) und habilitierte sich 1885 an der
Wiener philosophischen
Fakultät für
Philosophie.
Nach dem Rücktritt
AdolfWilbrandts von der
Direktion des Burgtheaters 1887 wurde Berger dessen provisorischem
Leiter,
AdolfSonnenthal, als
Dramaturg mit dem
Titel
»Sekretär
[* 3] des Burgtheaters« zur Seite gegeben. In dieser
Stellung verblieb
Berger, still und nützlich wirkend, auch während des Direktorats von A.
Förster bis zu dessen
Tode (Dez. 1889), legte dieselbe
aber nieder, als man ihn, der sich inzwischen (Mai 1889) mit der Burgschauspielerin
StellaHohenfels vermählt
hatte, nicht zum Nachfolger
Försters erhob. In seiner akademischen Thätigkeit, der er sich seitdem allein widmete, erwarb
sich Berger durch seine glänzende Vortragsweise viele
Freunde; auch außerhalb des
Hörsaales hielt Berger
Vorträge über
Poeten und
Dramen, die seinen
Ruhm als geistvollen
Ästhetiker vermehrten.
[* 6] Die
Bevölkerung
[* 7] im
Stadtkreis Berlin betrug nach der
Volkszählung vom (endgültiges Ergebnis)
1,578,794
Seelen (gegen 1,315,287 im J. 1885), hat also seit der letzten
Volkszählung um 263,507 (20,03 Proz.)
Seelen zugenommen.
Die Zunahme der
Bevölkerung seit 1885 mit jährlich 3,64 Proz. ist stärker als
in den beiden vorhergehenden Zählungsperioden (1880-85: 3,17 Proz.,
1875-80: 2,93 Proz.), jedoch etwas schwächer als in denJahren 1871-75 (3,92 Proz.). Dabei zeigen jedoch
die einzelnen Stadtteile die größten Verschiedenheiten.
Während die
Bevölkerung in der innern Stadt nur wenig zunimmt und sich in den Geschäftsgegenden sogar vermindert, wächst
sie in den Vorstädten in ganz überraschender
Weise. Die Stadtteile Berlin,.
Alt Kölln, Friedrichswerder und Dorotheenstadt haben
in derPeriode 1885-90 um 6,66 Proz., die
Friedrichstadt um 1,29 Proz. abgenommen, dagegen die
Friedrich
Wilhelmstadt,
Tiergarten und
Moabit um 69,60 Proz., die östliche Luisenstadt jenseit des
Kanals um 62,87 und die nördliche
Rosenthaler Vorstadt (die beiden letztgenannten sind Arbeiterviertel) um 61,92 Proz.
zugenommen.
mit 5164 (+42,81 Proz.), im W. die Stadt
Charlottenburg
[* 9]
mit 76,859 (+81,45 Proz.). Weitere
Vororte, die mit Berlin seit der
Einführung des Zonentarifs in bequemster
Verbindung stehen und meist von
Berlinern bewohnt werden, sind Friedenau mit 4211 Einw.
(+97,05 Proz.),
Steglitz mit 12,530 (+47,39 Proz.),
Groß-Lichterfelde mit 8745 (+48,25 Proz.);
Zehlendorf mit 3788 (+39,32
Proz.); ferner stehen mit in Pferdebahnverbindung im S.
Tempelhof mit 5250 Einw. (+49,06 Proz.)
und im N.
Tegel mit 3094 Einw., dessen
Bevölkerung auffallenderweise um 1,56 Proz. abgenommen hat. Berlin mit
den
Vororten im einmeiligen Umkreis, deren Einverleibung größtenteils beabsichtigt wird, hat eine
Bevölkerung von 1,850,000
Seelen.
Der Flächeninhalt der Stadt beträgt 64,52 qkm, wovon 1,79 qkm auf
Wasserflächen entfallen. Während im J. 1880 noch über 57 qm auf einen Einwohner kamen, sind es 1890 noch
nicht 41. Am dichtesten ist die
Bevölkerung in der Luisenstadt jenseit des
Kanals zusammengedrängt, wo ein Einwohner sich
mit 16,5 qm
Raum begnügen muß. Am günstigsten ist das
Verhältnis auf dem Wedding (91,8 qm) und in der Königstadt (86
qm), in letzterer wegen der zahlreichen, überwiegend als Geschäftsräume dienenden Gebäude.
Nach dem
Geschlecht unterschied man 759,623 männliche und 819,171 weibliche
Personen, so daß auf 100 männliche 107,8 weibliche
entfallen. Die Zahl der bebauten
Grundstücke betrug 22,336 (gegen 19,615 im J. 1885), wovon 722 unbewohnt waren. Davon gehörten 552 dem
Reich oder
Staat, 312 der Stadt, 798
Gesellschaften oder
Stiftungen, der Rest
Privatpersonen. Im
Durchschnitt
wurde ein
Grundstück von fast 73
Personen bewohnt (gegen 67 im J. 1885). Es gab insgesamt 27,864 Wöhngebäude und 2553 sonstige
Baulichkeiten (darunter 1184
Schiffe),
[* 10] die zum Wohnen bestimmt waren. Die
Bevölkerung lebte in 369,027
Haushaltungen, von denen 23,068 nur aus einer
Person bestanden; außerdem
gab es 922 Anstalten für gemeinsamen Aufenthalt.
Die aktive Militärbevölkerung betrug 19,596
Köpfe. Dem
Zivilstand nach entfielen auf je 10,000
Personen der beiden
Geschlechter
Ledige
6093 männliche,
5603 weibliche
Verheiratete
3658
3387
Verwitwete
202
938
Geschiedene
30
62
Ohne Angabe
17
10
Die Zahl der gebornen
Berliner
[* 11] ist seit 1885 von 424 auf 407
pro Mille gesunken; insgesamt waren 642,633
Personen in Berlin, 936,161
außerhalb geboren. Man zählte 17,886 Reichsausländer, darunter 7295
Österreicher, 2416
Russen, 1462 aus
den
Vereinigten Staaten
[* 12] von
Nordamerika,
[* 13] 1173
Engländer 2c.
Ihrer Muttersprache nach waren nichtdeutsch 26,402
Personen, darunter
sprachen 18,245
slawische Sprachen (15,857 polnisch, 1064 tschechisch 2c.), 2251 englisch, 1084 französisch, 1067 dänisch
2c. Nach der
Konfession unterschied man 1,356,648
Evangelische, 135,031
Römisch- und 378 Griechisch-Katholische, 79,286
Juden, 4899
Dissidenten
2c. Im Zeitraum 1885-90 hat die Zunahme bei den
Evangelischen 18,4, bei den Katholiken 36,1 und bei den
Juden 23,2 Proz. betragen.
Gegenwärtig sind 85,9 Proz. evangelischer, 8,6
Proz. katholischer und 5 Proz. jüdischer
Konfession.
Bernhardt, Sarah, Schauspielerin. Ihr
GatteJacques d'Amala, von dem sie sich bald nach ihrer Verheiratung
wieder trennte, starb im
August 1889.
großes, teils direkt unter britischer Verwaltung, teils unter britischem Protektorat stehendes Gebiet
in Südafrika
[* 16] zwischen 22" südl. Br. im N., 20" östl. L. v. Gr. im W., der Kapkolonie im S. und der Südafrikanischen Republik
im O., 184,980 qkm (3359 QM.) groß. Das fast ganz ebene Land wird nur
von einigen niedrigen, von N. nach S. streichenden Hügelketten durchzogen. Der mitten durch Betschuanenland hindurchfließende
Molopo, später Hygap genannt, der in der Südwestecke in den einen Teil der Grenze bildenden Oranje fällt, führt wie die
übrigen Flüsse
[* 17] (außer dem Oranje) in den meist breiten Flußbetten nur im WinterWasser, das indes durch
Nachgraben überall leicht zu erlangen ist.
Auch Blei,
[* 25] Zinn, Silber, Kohle und Eisen
[* 26] kommen vor. Das unter direkter britischer Verwaltung stehende südliche Gebiet, Britisch-Betschuanenland,
wird begrenzt im O. von der Südafrikanischen Republik, im S. von der Kapkolonie, im W. und N. bildete früher der Fluß Hygap
oder Molopo die Grenze; wurde aber der Landstreifen zwischen dem Oranjesiuß im S., dem Hygap im O. und dem Nosovfluß
im N. sowie dem 20. Meridian (der deutschen Grenze) im W. in das Gebiet von Britisch-Betschuanenland einverleibt.
wird
nach Mafeking fortgesetzt, bis wohin bereits der Telegraph
[* 29] reicht, der mit eisernen Pfosten zur Missionsstation Toti
am Schascha weitergebaut wird. Die Einkünfte betrugen 1889/90: 19,548, 1890/91: 23,240 und 1891/92 nach Voranschlag 44,300
Pfd. Sterl., wovon 8000 auf Landverkäufe und 3100 auf den Beitrag
der Britisch-Südafrikanischen Gesellschaft fürAusgaben im Schutzgebiet entfallen. Der Zuschuß, den England zu den Verwaltungskosten
macht, ist bedeutend.
Der Fehlbetrag belief sich 1889/90 auf 78,857, 1880/91 auf 135,000 und ist 1891/92 voraussichtlich 120,497 Pfd. Sterl.
Damit sind aber nur die ordentlichen Ausgaben gemeint. Es kommen noch hinzu die bedeutenden Ausgaben der
Kronkolonie für die britischen Truppen, welche Mitte 1891 nach Südafrika und von Kapstadt
[* 30] nach Vrijburg und Mafeking entsandt
wurden, um Unruhen im Innern zu begegnen und die Polizeimannschaft gegen etwaige Ausschreitung der Treck-Buren verfügbar zu
machen.
Diese Polizeitruppe verschlang bisher den größten Teil der Ausgaben. Kleine Abteilungen derselben stehen
auch im Protektoratsgebiet in Schoschong, Kanya und Molopolole. Im Protektorat ist Khama, der Häuptling der Bamangwatos,
als Oberhaupt anerkannt, ein in seiner Residenz Schoschong stationierter Kommissar der englischen Regierung bereist das Land
unausgesetzt. Britisch-Betschuanenland ist administrativ eingeteilt in 5 Divisionen: Vrijbürg, Mafeking, Taungs, Kuruman und Gordonia.
Hauptort und Sitz der Verwaltung ist Vrijburg mit 300 Einw., Taungs (50 Eimv.) ist Sitz des Häuptlings
Mankoroane, der jetzt ebenso wie sein Leidensgefährte Montsioa von der britischen Regierung eine Jahrespension von 300 Pfd. Sterl.
bezieht. Das Schicksal dieser beiden war die mittelbare Ursache zur Annektierung von Betschuanenland durch England. Mankoroane, Häuptling
der Batlapin, war mit Hilfe der Buren von seinem Nebenbuhler Massouw verdrängt worden. Dasselbe Schicksal
hatte Montsioa gegenüber seinem in gleicher Weise unterstützten Rivalen Moschelle gehabt.
Die Buren waren durch umfangreiche Landbewilligungen belohnt worden und hatten daraus die kleinen FreistaatenStellaland und
Goosen gebildet. Als sich dann 1884 die Häuptlinge unter das Protektorat der Südafrikanischen Republik
stellten, erkannte England das Abkommen nicht an, und um das durch aufständische Eingeborne wie Buren in Kämpfe verwickelte
Land zu beunruhigen, wurde GeneralWarren mit 4000 Mann abgesandt. Nach längern Verhandlungen ward die jetzt in
Kraft
[* 31] bestehende politische Organisation des Gebietes vereinbart.
Anton, Literarhistoriker, geb. zu Wien, gab nach mehrjähriger Praxis bei
Gericht und als Advokat die juridische Laufbahn auf, um sich ganz der litterarischen Thätigkeit zu widmen, wurde 1880 Redakteur
des Feuilletons der »Presse«,
[* 32] trat aber aus politischen Gründen aus der Redaktion des Blattes aus, als es sich in
den Dienst des »Versöhnungs-Ministeriums« Taasse stellte. 1884-85 war
Bettelheim Redakteur der »Deutschen Wochenschrift« die H. Friedjung als deutschnationales Organ gegen die slawische Strömung gegründet
hatte; mit diesem trat er 1886 in die Leitung der »DeutschenZeitung« ein und verließ sie auch nach kurzer Mitarbeiterschaft
mit Friedjungs Rücktritt. In die Litteratur trat ein mit der umfangreichen Biographie: »Beaumarchais«
(Frankfurt
[* 33] a. M. 1886). Zum ersten Todestage oes großen Dramatikers brachte er in dem von
ihm seit 1890
¶
mehr
herausgegebenen biographischen Sammelwerk »Führende Geister« die Biographie: »LudwigAnzengruber. Der Mann, sein Werk, seine
Weltanschauung« (Dresd. 1881). Bettelheim war ein langjähriger vertrauter FreundAnzengrubers, nach dessen Tode ihm im Verein mit zwei
andern die Aufgabe zufiel, die Gesamtausgabe seiner Werke zu besorgen. Gegenwärtig arbeitet er an einer BiographieBertholdAuerbachs auf Grundlage des gesamten litterarischen Nachlasses. Bettelheim ist als Kritiker ein Anhänger der Sainte-Beuveschen
Richtung und mit der französischen Litteratur unsers Jahrhunderts nicht minder als mit der deutschen vertraut.
[* 36] Der Futtersaft der Bienenlarven zeigt, je nachdem es sich um die Larven einer Königin, von Arbeitern oder von
Drohnen handelt, einen sehr wesentlichen Unterschied in der Zusammensetzung, wie analytische Untersuchungen von A. v. Planta-Reichenau
ergeben. Die Königinlarve erhält während der ganzen Dauer ihres Larvenzustandes (sieben Tage) nur fertig
vorverdautes, aus den besten Nährstoffen bereitetes Material, bestehend durchschnittlich aus 45 Proz. stickstoffhaltigen Stoffen,
aus 13 Proz. Fett und aus 20 Proz. Zucker;
[* 37] es ist frei von jeder Pollenhülse und wird der Larve in verschwenderischer Menge in
die Wiege gelegt.
Honig wird dem Futterbrei nicht zugesetzt; an Trockensubstanz insgesamt enthält das Futter der Königinlarve
im Mittel 30,60 Proz. Auch bei der Fütterung derLarven, die zu Arbeiterbienen werden, wird wie bei der Königinlarve das Futter
während der ganzen Larvenzeit von den fütternden Bienen vollständig vorverdaut, allein in der Zusammensetzung des Futters
herrscht eine wesentliche Verschiedenheit, je nachdem die zu fütternde Larve unter oder über vier Tage alt ist.
In der ersten Periode enthält der Futterbrei der Arbeiterlarven 53 Proz. stickstoffhaltige Stoffe, 8 Proz. Fett und 18 Proz.
Zucker;
in der zweiten Periode dagegen sinkt der Gehalt an stickstoffhaltigen Stoffen auf ca. 27 Proz., das
Fett auf 3 Proz., während der Zucker auf 44 Proz. steigt;
das Steigen des Zuckers hat seinen Grund darin, daß im zweiten Larvenstadium
der Futterbrei starke Honigzusätze erhält;
der Gehalt an Trockensubstanz beläuft sich beim Arbeiterbrei auf 28,3 Proz.
Die Ernährung der Larven, aus welchen Drohnen entstehen, ähnelt der Ernährung der Arbeiterlarven, indem
auch hier mit dem Alter von vier Tagen die Ernährung eine andre wird;
der Unterschied in der Ernährungsweise zeigt sich aber
nicht nur in der andern Zusammensetzung des Futters, sondern ganz besonders darin, daß die Drohnenlarven vom vierten Tage an
nur noch einen Teil des Futters vorverdaut erhalten, während ihnen im übrigen unverdauter Vollen geliefert
wird. Im ersten Stadium enthält der Futterbrei der Drohnenlarven an stickstoffhaltigen Stoffen 56 Proz., an Fett 12 Proz.,
an Zucker 9 Proz., im zweiten 31 Proz. stickstoffhaltige Stoffe, 4 Proz. Fett und 38 Proz. Zucker;
auch hier ist die
Steigerung des Zuckergehalts eine Folge von Honigzusätzen zum Futterbrei;
an Trockensubstanz enthält der Drohnenfutterbrei
27,2 Proz. Die Ursache der
Verschiedenheit in der Ernährung der Arbeitersowie Drohnenlarven je
nach dem Lebensalter liegt jedenfalls darin, daß es zweckmäßig
ist, in der ersten Periode das Wachstum der Larven durch gut vorverdautes Futter rasch zu fördern, während
in der zweiten Periode der Selbsthilfe bei erstarktem Magen die
[* 38] Arbeit für die fütternden Bienen dadurch ganz bedeutend abgekürzt
und erleichtert wird, daß sie nur einen sehr geringen Teil Pollen zu verarbeiten und zu enthülsen brauchen und dafür massenhaft
mit Honig nachhelfen.
Daß die Bienen nicht auch bei den Arbeiterlarven, wie bei den Drohnenlarven, den Pollenin natura in die
Zelle
[* 39] stecken, hat seinen Grund wohl darin, daß die Zellen der Arveiterlarven eng und klein sind, sie gestatten nur sehr wenig
Futter um die Larve herum einzulegen, auch werden diese Larven am spärlichsten gefüttert, und so ist es
um so notwendiger, daß das bißchen Futterbrei ganz frei vonRaum einnehmenden Pollenkörnern sei. Daß eine Abkürzung der
Arbeit des Fütterns durch die erwähnte Methode für die Bienen von hohem Vorteil sein muß, ist sicher, wenn man erwägt, daß
in einem volkreichen Stock, der bis an 100,000 Einzelbienen enthalten kann, während der MonateMai und
Juni täglich 15-20,000 Maden zu füttern und noch ca. 3000 Zellen zuzudeckeln sind. Für die Praxis sind die Futlerbreiuntersuchungen
v. Plantas wichtig zur Entscheidung der Frage, ob man Königinnen ebenso kräftig und gut zu erziehen vermöge, wenn sie aus
sogen. Nachschaffungszellen herstammen, oder ob eineKönigin nur dann zu empfehlen fei, wenn sie aus einer
sogen. Schwarmzelle, d.h. einer von vornherein als Königinzelle erbauten Zelle, herstamme.
Da die Ernährung der Arbeiterlarven bis zum Alter von vier Tagen eine ebenso gute ist wie die der Königinlarve, so ist anzunehmen,
daß die aus Arbeiterlarven unter vier Tagen künstlich erzogenen Königinnen den in Schwarmzellen erbrüteten
vollständig ebenbürtig sein werden, eine Theorie, die mit den in der Praxis gemachten Erfahrungen übereinstimmt, nach welchen
die aus ältern Arbeiterlarven erzogenen Königinnen sehr häufig gegenüber solchen zurückblieben, die aus jüngern Arbeiterlarven
erzogen wurden.
Letztere erwiesen sich den in ursprünglichen Königinnenzellen aufgewachsenen ebenbürtig. Ferner ist
durch die erwähnten Untersuchungen unwiderlegbar bestätigt worden, daß die Werkstätte für Bildung des Futtersaftes der
Chylusmagen ist und nicht die Speicheldrüsen. Für die große Energie, mit welcher der Chylusmagen der Biene die Stoffe verändert
und umsetzt, geben Versuche, die v. Planta mit den Pollenkörnern der Haselnuß angestellt, Beweise. Pollenkörner,
[* 40] die mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure
[* 41] in starke Glasröhren eingeschmolzen und mehrere Tage einer Temperatur von
100° ausgesetzt wurden, blieben völlig intakt; das gleiche Resultat ergab sich bei Pollen, der zwei Monate hindurch täglich
am Rückflußkühler sowohl mit starkem Alkohol als auch mit Äther gekocht wurde, und ebensowenig war
ein Zerreißen der Hülle durch Verreiben zwischen zwei rotierenden gerippten Stahlplatten zu erzielen. Erst sechstägiges
Kochen mit einprozentiger Kalilauge ergab eine Zertrümmerung der Pollenkörner, die der Chylusmagen der in kurzer Zeit verdaut
und umwandelt. Eine ähnlich starke chemische Energie zeigt auch der Speichel der Biene; durch ihn bringt
die Biene beim Deckeln der Honigzellen den starken sechseckigen Rand der Zelle in Lösung und macht ihn flüssig, und v. Planta
war im stände, mit Bienenspeichel, den er durch Verreiben von 150
¶
Der Brutdeckel, mit welchem die Zelle der Larve geschlossen wird, wenn sich diese einspinnt, zeigt, unter dem Mikroskop
[* 44] gesehen,
ein körniges Gefüge mit Wachs als Bindesubstanz und enthält ganze und geplatzte Pollenkörner von verschiedenen
Pflanzen; eine chemische Analyse ergab auf 100 Gewichtsteile lufttrockner Brutdeckel 57,60 Proz.
Wachs, 40,27 Proz. in kochendem Äther unlösliche Teile und 2,12 Proz. Wasser. Das Schicksal der Brutdeckel nach dem Ausschlüpfen
der jungen Biene ist noch nicht ganz sicher festgestellt; vielleicht werden sie wieder von den
Arbeitern verwendet, die vom Wachs und den ganzen PollenGebrauch machen und die Pollenhüllen als Exkremente von sich geben.
Der Brutdeckel ist porös genug, um der für den Atmungsprozeß der Nymphe nötigen Luft den Durchtritt zu gestatten, während
der über die Honigzellen gezogene sehr feine Wachsdeckel absolut hermetisch schließt. Das Wachs ist
bei den Brutdeckeln und Honigzellendeckeln das gleiche. Was die Entstehung des Wachses betrifft, so ist der Hauptfaktor bei
Zubereitung der feinen Wachsblättchen seitens der Arbeitsbienen der Honig; es findet sich jedoch das Wachs nicht fertig in
demselben, sondern es entsteht durch Umsetzung des Zuckers; außer dem Honig kommt gleichzeitig zur Wabenbildung
Pflanzenpollen in Form von Bienenbrot zur Verwendung, und den verschieden gefärbten Pollen der verschiedenen Pflanzen verdankt
das Wachs seine verschiedene Färbung, während der Honig keine abscheidbaren Farbstoffe enthält. Je nach der Widerstandsfähigkeit
des Pollenfarbstoffes den Einwirkungen der Atmosphäre und dem Licht
[* 45] gegenüber wird das Wachs an der Luft
mehr oder weniger stark und rasch entfärbt.
Die Abscheidung des Wachses, welches bekanntlich an den vier letzten Bauchringen hervortritt, erfolgt nach Untersuchungen von
Carlet nicht durch die Kutikularschicht der Bauchringe, auch nicht, wie bisher angenommen, durch intraabdominale Drüsen, sondern
durch Zellen einer epithelialen Membran, welche Carlet die Wachshaut nennt. Diese Membran liegtzwischen zwei
Blättchen, deren äußeres eine Kutikularschicht ist, während das innere die innere Bekleidung des vorderseitigen Teiles
des Bauchringes darstellt. Die Wachssubstanz dringt, wie der Beobachter experimentell nachgewiesen hat, durch die Kutikularschicht,
um sich an der äußern Seite dieser Schicht anzuhäufen, wo sie eine durch den vorhergehenden Bauchring
bedeckte Lamelle bildet.
Bezüglich des Einsammelns der Biene ist die Frage, ob jede Biene beim Pollensammeln nur eine Blumenspezies besucht oder mehrere,
durch mikroskopische Untersuchung der sogen. Höschen dahin gelöst worden, daß die Bienen jeweilen nur an einer Blumenspezies
sammeln, indem sich die Höschen stets fast völlig aus Pollen einer und derselben Pflanze zusammengesetzt
zeigen. Wahrscheinlich verfährt die Biene ebenso bei der Sammlung des zur Honigbereitung dienenden Nektars, so daß man in der
Praxis mit Recht nach den verschiedenen Pflanzen verschiedenen Honig unterscheidet, z. B. Esparsette-, Akazien-, Buchweizenhonig
u. a. Die geringe Menge von Ameisensäure, die sich im Honig der Biene findet, wird von den Arbeitern jeder
Zelle vor dem Deckeln derselben aus der Giftdrüse zugesetzt und dient als Antiseptikum, indem sie eine Gärung des Honigs verhindert.
Im Gegensatze Zu den
Höschen stellt sich das
ebenfalls aus Pollen bestehende Bienenbrot als gemischte Pollenmasse dar. Da die Bienenbrotzellen in der Weise
durch die mit der Hausarbeit beschäftigten Bienen eingefüllt werden, daß sie das Material der mit Höschen beladenen Flugbienen
von neuem mit Honig und Speichel befeuchten und mit dem Kopfefest in die Zellen einstampfen, läßt sich der Polleninhalt oft
schon schichtenweise an der wechselnden Farbe erkennen.
[* 46] Bei der Schwärmbienenzucht handelt es sich vorzugsweise um Gewinnung von volkreichen
Schwärmen. Als Anhaltspunkt zur Beurteilung des Volksreichtums dient dem praktischen Bienenzüchter das Gewicht der Schwärme,
da 10,000 Bienen rund 1 kg wiegen. Mittlere Vorschwärme wiegen durchschnittlich 2 kg, die stärksten dagegen 3,4, die schwächsten
1,7 kg. Mittlere Nachschwärme haben ein Durchschnittsgewicht von 1,5 kg, die
stärksten von 2,5, die schwächsten von 1 kg. Schwärme, die nicht mindestens 1 kg haben, sind, besonders wenn sie spät
im Sommer erscheinen, nicht aufzustellen, sondern zweckmäßiger miteinander oder mit schwächern Völkern zu vereinigen.
Vgl. v. Berlepsch, Bienenzucht (3. Aufl., bearbeitet von W. Vogel, Berl. 1891).
Ein Beispiel des Nutzens rationeller Bienenzucht ist Frankreich zu liefern im stande. Die Zahl der im J. 1890 in Frankreich vorhandenen
Bienenkörbe wird auf etwa 165,000 angegeben, die etwas über 7 Mill. kg Honig und 2 Mill. kg Wachs lieferten im Gesamtwert
von 14,5 Mill. Frank. Die größte Zahl von Bienenkörben entfällt auf die DepartementsIlle-et-Vilaine
mit 80,000, Finistère mit 63,000, Côtes du Nord mit 75,000 und Eure mit 8000.
Über die Lebensdauer und die Todesursachen im Brauereigewerbe hat Sendtner eine Studie veröffentlicht, welche
die Verhältnisse in München
[* 47] behandelt. Der jährliche Bierverbrauch für den Kopf beträgt in Deutschland
[* 48] 86 Lit.,
in Bayern
[* 49] 285L. und in München565L. (1889). Die im Biergewerbe Beschäftigten trinken in München weitaus am meisten, und
ein an den Folgen der Trunksucht Erkrankter gab an, er habe täglich etwa 20L. getrunken. Der Alkohol verschont in seiner verderblichen
Wirkung fast kein Organ des Körpers, aber erst in neuester Zeit hat man dem Einfluß übermäßigen Biergenusses
auf die Entstehung von Herzkrankheiten größere Beachtung geschenkt.
Bollinger hat auch auf die auffallende Verbreitung der Herzkrankheiten in München hingewiesen und sie in unmittelbare Beziehung
zu dem übermäßigen Biergenuß gebracht. Wie nun Sendtner nachweist, kommt diese gegenseitige Abhängigkeit beider
Faktoren in den Sterblichkeitsverhältnissen derjenigen Gewerbe zum klarsten Ausdruck, welche dem übermäßigen Biergenuß
huldigen. Aus den Sterberegistern der letzten 30 Jahre ergab sich, daß die Sterblichkeit der Münchener Gesamtbevölkerung
ihr Maximum bei den Männern im Alter von 50-70 Jahren, bei den Frauen von 70-80 Jahren erreicht, dagegen bei den Bierwirten
zwischen 40 und 50 Jahren, bei den Brauern zwischen 30 und 40 und bei den Kellnerinnen zwischen 20 und 30 Jahren. Unter den
Todesursachen spielen in erster Reihe die Herzkrankheiten eine Rolle. Daneben aber fordern die akuten Infektionskrankheiten
unter den gewohnheitsmäßigen Trinkern weit mehr Opfer als unter der übrigen Bevölkerung. Am bekanntesten
ist der schlimme Ausgang der Lungenentzündung bei Säufern. Der unglückliche Ausgang der Infektionskrankheiten mit ihren schweren
allgemeinen Krankheitserscheinungen, die der Ausdruck¶
mehr
der starken Inangriffnahme des ganzen Körpers sind, ist bedingt durch die von dem Alkohol hervorgerufene Herzschwäche und
verminderte Widerstandsfähigkeit des Organismus. - Nach der Brauer- und Hopfenzeitung »Gambrinus« in Wien betrug die Bierproduktion
1890:
Alexander, ungar. Maler, geb. 1856 zu Großwardein,
[* 51] begann seine künstlerische Thätigkeit als Retoucheur bei
einem Photographen daselbst und ging später nach Wien, wo er sieben Jahre lang in gleicher Eigenschaft thätig war, bis er
sich so viel erspart hatte, um ein Jahr lang die Kunstakademie zu besuchen. Dann kehrte er in die Heimat
zurück, wo er Bildnisse zu malen begann. Die
[* 50]
Figur eines Bauern lenkte die Aufmerksamkeit eines Kunstfreundes in Budapest
[* 52] auf
ihn, der ihm die Mittel zu einem Studienaufenthalt in Paris gab, wo in das Atelier von J. P. Laurens trat.
Hier machte er so schnelle Fortschritte, daß er schon nach fünf Monaten sein erstes humoristisches Genrebild aus dein ungarischen
Volksleben: die Cylinderhutprobe, malen konnte. Nachdem er noch ein Jahr bei Laurens weitergearbeitet, machte er eine kurze
Studienreise nach Italien
[* 53] und ging dann nach Ungarn
[* 54] zurück, wo er sich immer tiefer in das Volksleben
versenkte. Sein bevorzugtes Studienfeld ist die Gegend von Szolnok, wo sein erstes Hauptwerk: die Zigeuner mit der zerbrochenen
Geige vor dem Dorfrichter (1886, im Besitz des Kaisers von Österreich),
[* 55] entstand. Die hier entfalteten Vorzüge einer
scharfen,
mannigfaltigen Charakteristik und eines unbefangenen Humors kommen auch in den Bildern: im Kreuzfeuer,
die Vergnügungsfahrt auf dem Zagyvafluß, der Brautwerber und der Dorflump zur Geltung. Von einer ernstern Seite zeigte er
sich in einer Abendmahlzeit von Bauern auf der Pußta und in einem rumänischen Leichenbegängnis.
Leon, Ritter von, österreich. Nationalökonom und Politiker (Bd. 18), seit 1878 Mitglied des galizischen Landtags,
seit 1883 des
österreichischen Abgeordnetenhauses, schloß sich dem Polenklub an, zu dessen Führern er bald gehörte. Während er eifrig
bedacht war, die herrschende Stellung des Polenklubs im Reichsrat für die materielle Bevorzugung Galiziens
zu verwerten, erkannte er wohl, daß die Polen der österreichischen Monarchie »die Möglichkeit ihrer nationalen Entfaltung
gemäß ihrer großen historischen Tradition zu verdanken hatten«. Anfang 1892 wurde er zum Generaldirektor der österreichischen
Staatsbahnen
[* 57] ernannt.
Unter dem gemeinsamen Namen Bimsstein versteht man an den nordeuropäischen Küsten angeschwemmtes
Material verschiedener Art, das seit langer Zeit beobachtet worden und bereits 1762 in einer Schrift des PfarrersHans Ström
erwähnt ist. Spätere Beobachter versuchten unter Berücksichtigung der von den Geographen und Reisenden ermittelten Meeresströmungen
[* 60] diese angeschwemmten Brocken aufbestimmte Ursprungsstätten zurückzuführen. Bäckström hat nun das Material einer vergleichenden
mikroskopischen Untersuchung und der chemischen Analyse unterworfen und ist zu beachtenswerten Resultaten
gelangt, indem er es mit derartigem Material aus Gebieten verglich, welche durch die Meeresströmungen mit den nordeuropäischen
Küsten in Verbindung stehen. Er konnte auf diese Weise die Ursprungsländer teils vollkommen sicherstellen, teils sehr wahrscheinlich
machen. So stammen, wie er zeigt, gewisse Schlacken unzweifelhaft von den Kokshochöfen von Clarence bei
Middlesborough an der Ostküste Englands her.
Für diesen Ursprung spricht die vollkommene Identität der angeschwemmten Schlacken mit denjenigen, welche bei Middlesborough
in das Meer geworfen werden, und welche sich von allen andern Hochofenerzeugnissen leicht unterscheiden lassen. Sie breiten
sich über die Küsten von Südengland, Holland, Deutschland, Dänemark,
[* 61] Schweden
[* 62] und Norwegen aus und erreichen
den nördlichen Teil der letztgenannten Küste. Sie sind nachweislich verhältnismäßig jüngern Datums, was wieder mit der
Thatsache übereinstimmt, daß in Middlesborough seit etwas über 50 Jahren ein und dasselbe Erz verhüttet wird, weshalb auch
die Schlacken konstante Beschaffenheit besitzen.
Von den schaumigen, porösen Erzeugnissen vulkanischer Thätigkeit, den echten Bimssteinen, konnten mehrere verschiedene Arten
durch die Untersuchung festgestellt werden, darunter solche, die mit Sicherheit auf Island
[* 63] als Ursprungsland hinweisen. Die
interessantesten sind aber diejenigen, welche sich auf keins der von der bekanntesten und gewaltigsten Meeresströmung berührten
Vulkangebiete zurückführen lassen, sondern entweder von der Azoreninsel San Miguel herrühren müssen
oder von einem bisher unbekannt gebliebenen polaren Vulkangebiet oder endlich von der Westküste Amerikas, in welch letzterm
Fall sie durch die Beringstraße westwärts nach Grönland, Spitzbergen und Norwegen getrieben werden müßten. Bekanntlich sind
an den genannten Küsten mehrfach aus Sibirien stammende Treibhölzer gesammelt worden; auch hat man seiner
Zeit bei Julianehaab an der südlichen Westküste Grönlands Gegenstände Der Jeanette drei Jahre nach
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deren Untergang aufgefunden. Es ist aber bekannt, daß dies Schiff
[* 65] bei Wrangelland einfror, vom Eis
[* 66] nach den Neusibirischen Inseln
getrieben wurde und dort sank. Diese und viele andre Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß als Ursprungsland für einige
an die Küsten Nordeuropas angeschwemmte, in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit den Produkten der
westamerikanischen Vulkane
[* 67] durchaus identische Bimssteine jenes gewaltige, vom höchsten Norden
[* 68] bis zum äußersten Süden sich
erstreckende Vulkangebiet der Neuen Welt zu betrachten sei. Auch Nansen ist zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt, indem er
annimmt, daß es eine von den Neusibirischen Inseln ausgehende, quer über die unbekannte Polargegend nach Grönland
führende Strömung gebe, welche er bei seiner nächsten Polarreise seinem Zweck dienstbar machen will.
LouisGustav, franz. Afrikareisender, geb. zu Straßburg, trat mit 18 Jahren in die Armee ein, machte
schon als junger Offizier wiederholte Reisen nach Senegambien und dem Sudan, auf denen er sich neben topographischen
Arbeiten besonders Sprachstudien widmete. Durch eine Arbeit über die Sprache
[* 69] der Bambara lenkte er die AufmerksamkeitFaidherbes
auf sich, der ihn zu seinem Ordonnanzoffizier ernannte. Im Frühjahr 1887 trat er, aufs beste vorbereitet, eine große Reise
vom Senegal bis zum Niger an, durch welche er eine bedeutende Lücke auf der KarteAfrikas ausfüllte. Von
Bakel am Senegal aus ging er über Bamako nach Sikaso, der Residenz des Häuptlings Tieba, von hier nach Überschreitung der
Wasserscheide zwischen Niger und Akba nach der bisher noch von keinem Europäer betretenen Stadt Kong, von wo aus er einen Abstecher
nach Mossi und Salaga machte. Von Kong aus kehrte er mit dem zu seiner Unterstützung ausgesandten Treich-Laplène
(gest. 1890) auf dem kürzesten Wege zur Küste zurück, welche er in Gran
[* 70] Bassam erreichte. Die Pariser geographische
Gesellschaft ehrte seine Verdienste durch Verleihung der goldenen Medaille. Sein Reisebericht erschien unter dem Titel: »DuNiger au golfe de Guinée par le pays deKong et le Mossi« (Par. 1892, 2 Bde.).
Gegenwärtig (Februar 1892) leitet Binger eine neue Expedition nach der Guineaküste zum Zweck der genauern Abgrenzung des französischen
und englischen Gebietes.
Otto, Fürst von, wurde im Frühjahr 1891 bei einer Nachwahl in einem hannöverschen Wahlkreis zum Reichstagsabgeordneten
gewählt, erschien aber im Reichstag nicht.
Obwohl bereits Stephenson das Blasrohr bei seiner Lokomotive
[* 72] anwandte und ihm wenigstens zum Teil zu verdanken hatte,
daß seine Lokomotive den Sieg errang, so ist noch jetzt die Frage, wie die Blasrohre am zweckmäßigsten
zu bemessen sind, offen geblieben. Man macht immer wieder die Beobachtung, welche hohe Wichtigkeit
die Verhältnisse des Blasrohres für die Anfachung des Kesselfeuers, also für die gute Verbrennung und Ausnutzung des Brennmaterials
haben. Viele Eisenbahnverwaltungen haben in den letzten Jahren den Auspuffverhältnissen ihre Aufmerksamkeit
zugewendet und eingehende Versuche darüber anstellen lassen, welchen Einfluß dieselben auf den Brennmaterialverbrauch ausüben.
Um nun die Wirkungen verschiedenartig bemessener Blasrohre direkt messen zu können, versuchte man mit verschiedenartigen
Meßapparaten die durch das in der Rauchkammer der Lokomotiven erzielte Luftverdünnung (das Vakuum) zu ermitteln.
Doch waren die Apparate meist zu ungenau und ihre Handhabung zu umständlich und zeitraubend. Ein neuer Apparat der Compagnie
des chemins de fer de l'Est, ein Registrierapparat zum Messen des Vakuums in der Rauchkammer der Lokomotiven, soll mit der größten
Genauigkeit das Vakuum aufzeichnen. Der Apparat
[* 64]
(Fig. 1 u. 2) besteht im wesentlichen
aus einem Metallmanometer, dessen Druckäußerungen auf einen Papierstreifen übertragen werden. Die durch eine Feder bewirkten
Aufzeichnungen stellen einen zusammenhängenden Linienzug dar, dessen Abscissen den Zeiten und dessen Ordinaten den in der Luftkammer
erzeugten Luftverdünnungen emsprechen. Das Manometer
[* 73] wird aus einer Kapsel von gewelltem Messingblech gebildet, deren Inneres
durch ein Rohr C mit der Rauchkammer R inVerbindung gesetzt werden kann.
Je stärker die Luftverdünnung in der Rauchkammer, bez. in A ist, desto mehr
werden die Wände der Kapsel von dem Druck der umgebenden Luft eingedrückt. Die Bewegung des Mittelpunktes
der einen Wand wird mittels einer kleinen Schubstange G auf einen ungleicharmigen Winkelhebel H übertragen und durch diesen,
entsprechend vergrößert, mittels einer Feder auf dem Papierstreifen J verzeichnet, dessen Abwickelung durch ein Uhrwerk
mit einer Geschwindigkeit von 25 mm in der Sekunde bewirkt wird. Das Papier läuft von einer Rolle D
[* 64]
(Fig.
2) über zwei Führungsrollen E und F über eine kleine, unterhalb des Schreibstiftes K angebrachte Tischplatte N und schließlich
durch zwei
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