überhaupt schon wegen des
Schnees nicht anwendbar sein, sofern nicht die betreffenden Seilstrecken ganz unterirdisch angelegt
werden, wie dies bei den
Entwürfen zur
Jungfrau- und Matterhornbahn in der That gedacht wird. Der Seilbetrieb ist bei so großen
Höhen wegen der erforderlichen Steilheit nicht überall durch Zahnradbetrieb zu ersetzen, da das
tote
Gewicht der
Lokomotive
[* 2] vermieden werden muß. Es sind deshalb für die Jungfraubahn von Trautweiler vier getrennte Seilebenen,
darunter eine von über 1000 in
Hebung,
[* 3] im
Tunnel
[* 4] liegend, vorgeschlagen, wobei die
Kraftübertragung zu den Triebmaschinen
mittels
Preßluft oder
Elektrizität
[* 5] gedacht wird.
Dem gegenüber beabsichtigt
Locher, die ganze
Bahn von rund 3200 m
Hebung in Gestalt zweier kreisrunder,
geschlossener
Rohre von 3 m
Durchmesser pneumatisch zu betreiben. Das
Projekt zur Matterhornbahn mit rund 2900 m Gesamthebung
von
Zermatt (1600 m) bis in die
Nähe (4485 in
ü. M.) des 4505 in
ü. M. liegenden Gipfels von
Heer und Betrix in Viel
umfaßt eine
Reihe von wechselnden
Zahn- und Seilstrecken; den letzten
Abschnitt bildet eine im
Tunnel gedachte Seilstrecke von 1345 m
Hebung.
Die beabsichtigte
Linie von
Zermatt zum Gorner
Grat (3136 m) hat eine Gesamthebung von rund 1500 m zu überwinden und soll aus
einer
Strecke mit gemischtem Betrieb, einer zweiten mit Seilbetrieb und Umsteigen in der Mitte und einer
dritten mit reinem Zahnradbetrieb (von Riffelalp bis Gorner
Grat) nach
SystemAbt bestehen. Für die beiden letzten
Strecken
ist elektrische Triebkraft in Aussicht genommen, zu deren Erzeugung reichliche Wasserkräfte zur
Verfügung stehen.
[* 6] Daß die
Explosionen der
Schlagenden Wetter (s.Bd. 14, S.496), des
Schreckens der
Bergleute,
in Kohlenbergwerken durch die Gegenwart von trocknem Kohlenstaub leichter herbeigeführt und in ihren unheilvollen
Wirkungen
verstärkt werden, steht nach den
Erfahrungen in der
Praxis und nach den Ergebnissen umfassender wissenschaftlicher Untersuchungen
(namentlich von seiten der preußischen Schlagwetter-Kommission) unzweifelhaft fest. Man hat sich dieWirkung
des
Staubes dabei so zu denken, daß die Kohlenteilchen durch die
Hitze einer Zündflamme einer
Destillation
[* 7] unterzogen werden
und die Destillationsprodukte das explosible Gasgemisch anreichern.
Dieser Destillationsvorgang schreitet mit ungeheurer
Schnelligkeit von der Zündstelle aus nach allen
Richtungen hin vor. Es
war naheliegend, zu versuchen, ob sich die durch den
Staub gegebene
Gefahr nicht durch Anfeuchten mit
Wasser
beseitigen ließe, und derartige
Versuche haben denn auch ergeben, daß der angefeuchtete
Staub viel weniger gefährlich ist.
Die Schwierigkeit ist dabei nur die, wirklich allen
Staub mit der Brause zu treffen. Das fortwährende Besprengen der Betriebspunkte
und
-Strecken hat sich als nicht genügend erwiesen, es mußte vielmehr auch das Aufwirbeln des bei den
Hereingewinnungsarbeiten (beim
Schrämen,
Schlitzen und besonders beim Abkohlen, d.h. beim Niederbrechen der unterschrämten
Kohlenblöcke) erzeugten oder frei gewordenen trocknen Kohlenstaubes vermieden werden, weil sonst bei der fortschreitenden
Arbeit trotz alles Vesprengens der
Strecken immer wieder neue Staubmassen frei werden, die sich, durch
den Wetterstrom fortgetragen und an schwer oder ganz unzugänglichen
Orten abgesetzt, nachher nur mühsam oder gar nicht entfernen
lassen. Um diesen Übelständen und der damit verbundenen
Gefahr thunlichst zu begegnen, ist man bei dem Betrieb der königlichen
Steinkohlengruben
Camphausen und Steingräben auf
den
Gedanken gekommen, den Kohlenstaub schon vor seinem
Austritt aus der
Kohle, also solange er sich noch im Kohlenstoß befindet, durch Anfeuchtung unschädlich zu machen.
Die Kohlenstaubentwickelung ist um so stärker, unter je größerm Gebirgsdruck die
Kohle steht. Anderseits aber verringert
starker Gebirgsdruck die
Festigkeit
[* 8] der
Kohle und lockert den Zusammenhang der einzelnen
Schichten so weit,
daß es möglich ist, die
Kohle mit
Wasser zu durchtränken und
so denStaub an seinem Ursprungsort zu befeuchten, und dies geschah
auf den genannten
Gruben mittels
Bohrlöcher, in welche man Druckwasser hineinleitete. Hierzu wurden die
Bohrlöcher mit konischen,
längs gebohrten Holzpfropfen verschlossen, durch deren Bohrung ein Wasserrohr eingeführt wurde.
Während sich früher beim Hereinbrechen des Kohlenstoßes an den Versuchsstellen dichte
Wolken von
Staub ablösten, zeigte
sich nach der voraufgegangenen Durchtränkung gar kein
Staub mehr. Dieser saß, völlig mit
Wasser gesättigt, auf den herausgehauenen
Kohlenstücken, welche sich selbst überall feucht anfühlten. Die
Luft im Arbeitsraum blieb dabei vollständig klar.
Das sonst sehr starke Sprühen der
Lampe,
[* 9] welches durch die
Verbrennung des in der
Luft verteilten Kohlenstaubes verursacht
wird, war kaum zu bemerken.
Die Bergmittel waren durch das
Wasser aufgeweicht und ließen sich leichter herausschrämen. Mit der Abförderung der gewonnenen
Kohlen zu
Tage wurde zugleich der auf ihnen haftendeStaub aus der
Grube geschafft, also auf die einfachste
Weise entfernt. Die
Bergleute werden natürlich, wie bei allen Neuerungen, die Mehrarbeit erfordern, so auch an die Ausführung
dieses neuen Befeuchtungsverfahrens zuerst nur widerstrebend herangehen, aber mit der Zeit, wenn ihnen erst die Vorteile
des
Verfahrens für ihre eigne
Gesundheit und Sicherheit klar werden, sich daran gewöhnen. Es ist wohl
zu erwarten, daß das
Verfahren auch auf andern staubreichen Kohlengruben Anwendung finden wird.
Bei den Schachtförderungen der
Bergwerke sind durch das Übertreiben der Förderschalen, d. h. durch das Emporwinden der
Förderschalen bis gegen die
Seilscheiben, wie es bei zu spät vorgenommener Dampfabsperrung und Bremsung
an der
Fördermaschine vorkommt, häufig Unglücksfälle herbeigeführt worden. Um diese zu vermeiden, wendet man zum Aufhängen
der Förderschalen an den
SeilenSicherheitshaken an, welche sich selbstthätig auslösen, sobald die Förderschale bis in
die
Nähe der
Seilscheibe
[* 10] gehoben wird.
Damit die nunmehr vom
Seil abgelöste
Schale nicht in denSchacht hinabstürzt, wird sie von einer an ihr
angebrachten besondern
Fangvorrichtung oder von der Auslösevorrichtung selbst aufgefangen. Der in
England häufig verwendete
und sich durch Dauerhaftigkeit und leichte Handhabung auszeichnende
Sicherheitshaken von Ormerod
[* 1]
(Fig. 1-3) gehört zu denjenigen
Einrichtungen, welche zugleich zum Auslösen des
Seiles und Auffangen der Förderschale dienen. Er besteht
aus drei
Platten, von denen die mittlere gegen die beiden äußern um einen
Bolzen in gedreht und in schrägen Langlöchern
verschoben werden kann. Während des regelmäßigen Betriebes tragen nur die beiden äußern
Platten mittels der Hängebügel
A und B die
Last, und zwar liegt
A in einem hakenförmigen,oben offenen
Ausschnitt d der
Platten,
B in dem
wagerechten Teil eines rechtwinkelig nach unten umgeknickten geschlossenen
Ausschnitts d1 ^[d1]. An B hängt die Förderschale,
A ist mit dem Förderseil verbunden. Die Mittelplatte wird durch einen leichten Kupferstift p in der in
[* 1]
Fig. 1
¶
mehr
dargestellten Lage erhalten. Oben am Gerüst der Seilscheibe ist ein sich nach oben verengender Hohlkörper C angebracht, durch
welchen das Förderseil hindurchgeht. Sobald der Haken in diesen eintritt, wird der untere, seitlich vorstehende Teil der
Mittelplatte zwischen die Außenplatten hineingedrängt. Die Mittelplatte dreht sich dabei nach Abscherung des Kupferstiftes
p um m, drängt mit dem obern Teil den Hängebügel aus dem hakenförmigen Ausschnitt d heraus und trennt
dadurch die Schale vom Seil
[* 11]
(Fig. 2). Die herabfallende Schale wird an der Oberkante von C von Vorsprüngen v aufgefangen.
Daß die Platten sich zurückdrehen und dabei die Vorsprünge v zurückziehen, ist dadurch unmöglich
gemacht, daß bei der Drehung der Platten der untere Hängebügel nach rechts abgelenkt und in den senkrechten Teil des Schlitzes
d eingefallen ist. Um nun die Verbindung mit dem Seil wiederherzustellen und die Schale zu senken, wird zunächst der Hängebügel
A bei x mit der Mittelplatte verbunden und der Bolzen c, welcher eine Verschiebung der drei Platten gegeneinander
hindert, gelöst.
Dann wird das Seil etwas angezogen, wobei die Außenplatten in den schrägen Langlöchern n n1 der Mittelplatte gegen diese
schräg ababwärts gleiten
[* 11]
(Fig. 3), so daß zwischen den Vorsprüngen v und den Kanten von C genügend Zwischenraum bleibt
und somit die Platten beim Nachlassen des Seiles frei hindurchschlüpfen können. Ist dann die Förderschale
auf die Kaps an der Hängebank niedergelassen, so werden die Platten und die Bügel A und B in die erste Lage
[* 11]
(Fig. 1) zurückgebracht,
die Bolzen c wieder eingeschraubt und ein neuer Kupferstift p angebracht.
Sie besteht in einem über dem Schacht angebrachten eisernen Gehäuse a
[* 11]
(Fig. 4), in welchem eine Stange
b senkrecht geführt ist. An ihrem untern Ende ist ein Zugdraht s
angebracht, welcher bis zum Schachttiefsten reicht und
dort ein Gewicht trägt. Dieses Gewicht und das Gewicht des Seiles wird durch eine Feder f, welche sich gegen den Ring c der Stange
b stemmt, schwebend erhalten. Auf der Stange sind noch zwei Kontaktscheiben d1 ^[d1] und d2 ^[d2]
derart angebracht, daß die erstere bei einer geringen Bewegung der Stange b nach unten den Arm e1 ^[e1] einer Kontaktfeder
berührt, während eine geringe Aufwärtsbewegung der Stange eine Berührung zwischen d2 ^[d2] und dem Arm e2 ^[e2]
dieser Kontaktfeder herbeiführt. In beiden Fällen wird durch den Kontakt ein elektrischer Strom geschlossen, der einen Signalapparat
zum Ertönen bringt.
In der mittlern Schwebelage, welche die Stange unter der Einwirkung der Federf und des Gewichtes einnimmt, steht die Kontaktscheibe
d1 ^[d1] in kleiner Entfernung über e1 ^[e1], und d2 ^[d2] in geringem Abstand unter e2 ^[e2].
Berührt man nun bei der Einfahrt den Zugdraht nur ganz leicht, so wird dadurch, daß der Förderkorb in der Abfahrt begriffen
ist, auf den Zugdraht ein geringer Zug
nach unten ausgeübt, der genügt, um den Draht der Feder f entgegen mit der Stange
und den Kontaktscheiben so viel zu senken, daß zwischen e1 ^[e1] und d1 ^[d1] Berührung stattfindet, der Strom geschlossen
wird und das Signal ertönt.
Beim Ausfahren dagegen wird die leiseste Berührung des Zugdrahts hinreichen, die Feder f etwas zu entlasten, dadurch den Draht
und die Stange ein wenig zu heben und den Kontakt zwischen d2 ^[d2] und e2 ^[e2] herzustellen, so
daß wiederum das Signal ertönt. Sobald die Hand
[* 14] den Signalzug verläßt, geht die Federf in ihre Ruhelage zurück, und der
Kontakt ist aufgehoben. Die Berührung des Seiles geschieht zweckmäßig nicht direkt mit der Hand, sondern mit einer einfachen
Federklemme, die an der Förderschale angebracht ist. Sie ist für gewöhnlich geöffnet und läßt den Zugdraht zwischen
ihren Backen frei hindurchgehen. BeimSignalisieren wird sie geschlossen und legt sich dann mit leichtem Druck von zwei Seiten
gegen den Draht. Die Möglichkeit, Signale zu geben, ist von der Geschwindigkeit der Fahrt unabhängig. Der
Apparat wird von O. Winckler in Dresden-Neustadt ausgeführt.
5) Louis, deutscher Politiker, starb in Horchheim bei Koblenz;
[* 15] kurz zuvor hatte
er die Biographie seines Schwiegervaters veröffentlicht. Der alte Harkort, ein westfälisches Lebens- und Zeitbild (Leipz.
1890).
¶
mehr
Berger, Alfred, Freiherr von, Ästhetiker, geb. in Wien
[* 17] als Sohn des spätern österreichischen MinistersJohannNepomuk
Berger, studierte in Wien, machte große Reisen (Indien) und habilitierte sich 1885 an der Wiener philosophischen Fakultät für Philosophie.
Nach dem Rücktritt AdolfWilbrandts von der Direktion des Burgtheaters 1887 wurde Berger dessen provisorischem
Leiter, AdolfSonnenthal, als Dramaturg mit dem Titel »Sekretär
[* 18] des Burgtheaters« zur Seite gegeben. In dieser Stellung verblieb
Berger, still und nützlich wirkend, auch während des Direktorats von A. Förster bis zu dessen Tode (Dez. 1889), legte dieselbe
aber nieder, als man ihn, der sich inzwischen (Mai 1889) mit der Burgschauspielerin StellaHohenfels vermählt
hatte, nicht zum Nachfolger Försters erhob. In seiner akademischen Thätigkeit, der er sich seitdem allein widmete, erwarb
sich Berger durch seine glänzende Vortragsweise viele Freunde; auch außerhalb des Hörsaales hielt Berger Vorträge über Poeten und
Dramen, die seinen Ruhm als geistvollen Ästhetiker vermehrten.
[* 21] Die Bevölkerung
[* 22] im Stadtkreis Berlin betrug nach der Volkszählung vom (endgültiges Ergebnis)
1,578,794 Seelen (gegen 1,315,287 im J. 1885), hat also seit der letzten Volkszählung um 263,507 (20,03 Proz.) Seelen zugenommen.
Die Zunahme der Bevölkerung seit 1885 mit jährlich 3,64 Proz. ist stärker als
in den beiden vorhergehenden Zählungsperioden (1880-85: 3,17 Proz.,
1875-80: 2,93 Proz.), jedoch etwas schwächer als in den Jahren 1871-75 (3,92 Proz.). Dabei zeigen jedoch
die einzelnen Stadtteile die größten Verschiedenheiten.
Während die Bevölkerung in der innern Stadt nur wenig zunimmt und sich in den Geschäftsgegenden sogar vermindert, wächst
sie in den Vorstädten in ganz überraschender Weise. Die Stadtteile Berlin,. Alt Kölln, Friedrichswerder und Dorotheenstadt haben
in der Periode 1885-90 um 6,66 Proz., die Friedrichstadt um 1,29 Proz. abgenommen, dagegen die Friedrich
Wilhelmstadt, Tiergarten und Moabit um 69,60 Proz., die östliche Luisenstadt jenseit des Kanals um 62,87 und die nördliche
Rosenthaler Vorstadt (die beiden letztgenannten sind Arbeiterviertel) um 61,92 Proz.
zugenommen.
mit 5164 (+42,81 Proz.), im W. die Stadt Charlottenburg
[* 24]
mit 76,859 (+81,45 Proz.). Weitere Vororte, die mit Berlin seit der
Einführung des Zonentarifs in bequemster Verbindung stehen und meist von Berlinern bewohnt werden, sind Friedenau mit 4211 Einw.
(+97,05 Proz.), Steglitz mit 12,530 (+47,39 Proz.), Groß-Lichterfelde mit 8745 (+48,25 Proz.); Zehlendorf mit 3788 (+39,32
Proz.); ferner stehen mit in Pferdebahnverbindung im S. Tempelhof mit 5250 Einw. (+49,06 Proz.)
und im N. Tegel mit 3094 Einw., dessen Bevölkerung auffallenderweise um 1,56 Proz. abgenommen hat. Berlin mit
den Vororten im einmeiligen Umkreis, deren Einverleibung größtenteils beabsichtigt wird, hat eine Bevölkerung von 1,850,000
Seelen.
Der Flächeninhalt der Stadt beträgt 64,52 qkm, wovon 1,79 qkm auf
Wasserflächen entfallen. Während im J. 1880 noch über 57 qm auf einen Einwohner kamen, sind es 1890 noch
nicht 41. Am dichtesten ist die Bevölkerung in der Luisenstadt jenseit des Kanals zusammengedrängt, wo ein Einwohner sich
mit 16,5 qm Raum begnügen muß. Am günstigsten ist das Verhältnis auf dem Wedding (91,8 qm) und in der Königstadt (86
qm), in letzterer wegen der zahlreichen, überwiegend als Geschäftsräume dienenden Gebäude.
Nach dem Geschlecht unterschied man 759,623 männliche und 819,171 weibliche Personen, so daß auf 100 männliche 107,8 weibliche
entfallen. Die Zahl der bebauten Grundstücke betrug 22,336 (gegen 19,615 im J. 1885), wovon 722 unbewohnt waren. Davon gehörten 552 dem
Reich oder Staat, 312 der Stadt, 798 Gesellschaften oder Stiftungen, der Rest Privatpersonen. Im Durchschnitt
wurde ein Grundstück von fast 73 Personen bewohnt (gegen 67 im J. 1885). Es gab insgesamt 27,864 Wöhngebäude und 2553 sonstige
Baulichkeiten (darunter 1184 Schiffe),
[* 25] die zum Wohnen bestimmt waren. Die Bevölkerung lebte in 369,027
Haushaltungen, von denen 23,068 nur aus einer Person bestanden; außerdem gab es 922 Anstalten für gemeinsamen Aufenthalt.
Die aktive Militärbevölkerung betrug 19,596 Köpfe. Dem Zivilstand nach entfielen auf je 10,000 Personen der beiden Geschlechter
Ledige
6093 männliche,
5603 weibliche
Verheiratete
3658
3387
Verwitwete
202
938
Geschiedene
30
62
Ohne Angabe
17
10
Die Zahl der gebornen Berliner
[* 26] ist seit 1885 von 424 auf 407 pro Mille gesunken; insgesamt waren 642,633 Personen in Berlin, 936,161
außerhalb geboren. Man zählte 17,886 Reichsausländer, darunter 7295 Österreicher, 2416 Russen, 1462 aus
den Vereinigten Staaten
[* 27] von Nordamerika,
[* 28] 1173 Engländer 2c. Ihrer Muttersprache nach waren nichtdeutsch 26,402 Personen, darunter
sprachen 18,245 slawische Sprachen (15,857 polnisch, 1064 tschechisch 2c.), 2251 englisch, 1084 französisch, 1067 dänisch
2c. Nach der Konfession unterschied man 1,356,648 Evangelische, 135,031 Römisch- und 378 Griechisch-Katholische, 79,286 Juden, 4899 Dissidenten
2c. Im Zeitraum 1885-90 hat die Zunahme bei den Evangelischen 18,4, bei den Katholiken 36,1 und bei den Juden 23,2 Proz. betragen.
Gegenwärtig sind 85,9 Proz. evangelischer, 8,6
Proz. katholischer und 5 Proz. jüdischer Konfession.
Bernhardt, Sarah, Schauspielerin. Ihr GatteJacques d'Amala, von dem sie sich bald nach ihrer Verheiratung
wieder trennte, starb im August 1889.
großes, teils direkt unter britischer Verwaltung, teils unter britischem Protektorat stehendes Gebiet
in Südafrika
[* 31] zwischen 22" südl. Br. im N., 20" östl. L. v. Gr. im W., der Kapkolonie im S. und der Südafrikanischen Republik
im O., 184,980 qkm (3359 QM.) groß. Das fast ganz ebene Land wird nur
von einigen niedrigen, von N. nach S. streichenden Hügelketten durchzogen. Der mitten durch Betschuanenland hindurchfließende
Molopo, später Hygap genannt, der in der Südwestecke in den einen Teil der Grenze bildenden Oranje fällt, führt wie die
übrigen Flüsse
[* 32] (außer dem Oranje) in den meist breiten Flußbetten nur im WinterWasser, das indes durch
Nachgraben überall leicht zu erlangen ist.
Auch Blei,
[* 40] Zinn, Silber, Kohle und Eisen
[* 41] kommen vor. Das unter direkter britischer Verwaltung stehende südliche Gebiet, Britisch-Betschuanenland,
wird begrenzt im O. von der Südafrikanischen Republik, im S. von der Kapkolonie, im W. und N. bildete früher der Fluß Hygap
oder Molopo die Grenze; wurde aber der Landstreifen zwischen dem Oranjesiuß im S., dem Hygap im O. und dem Nosovfluß
im N. sowie dem 20. Meridian (der deutschen Grenze) im W. in das Gebiet von Britisch-Betschuanenland einverleibt.
wird
nach Mafeking fortgesetzt, bis wohin bereits der Telegraph
[* 44] reicht, der mit eisernen Pfosten zur Missionsstation Toti
am Schascha weitergebaut wird. Die Einkünfte betrugen 1889/90: 19,548, 1890/91: 23,240 und 1891/92 nach Voranschlag 44,300
Pfd. Sterl., wovon 8000 auf Landverkäufe und 3100 auf den Beitrag
der Britisch-Südafrikanischen Gesellschaft fürAusgaben im Schutzgebiet entfallen. Der Zuschuß, den England zu den Verwaltungskosten
macht, ist bedeutend.
Der Fehlbetrag belief sich 1889/90 auf 78,857, 1880/91 auf 135,000 und ist 1891/92 voraussichtlich 120,497 Pfd. Sterl.
Damit sind aber nur die ordentlichen Ausgaben gemeint. Es kommen noch hinzu die bedeutenden Ausgaben der
Kronkolonie für die britischen Truppen, welche Mitte 1891 nach Südafrika und von Kapstadt
[* 45] nach Vrijburg und Mafeking entsandt
wurden, um Unruhen im Innern zu begegnen und die Polizeimannschaft gegen etwaige Ausschreitung der Treck-Buren verfügbar zu
machen.
Diese Polizeitruppe verschlang bisher den größten Teil der Ausgaben. Kleine Abteilungen derselben stehen
auch im Protektoratsgebiet in Schoschong, Kanya und Molopolole. Im Protektorat ist Khama, der Häuptling der Bamangwatos,
als Oberhaupt anerkannt, ein in seiner Residenz Schoschong stationierter Kommissar der englischen Regierung bereist das Land
unausgesetzt. Britisch-Betschuanenland ist administrativ eingeteilt in 5 Divisionen: Vrijbürg, Mafeking, Taungs, Kuruman und Gordonia.
Hauptort und Sitz der Verwaltung ist Vrijburg mit 300 Einw., Taungs (50 Eimv.) ist Sitz des Häuptlings
Mankoroane, der jetzt ebenso wie sein Leidensgefährte Montsioa von der britischen Regierung eine Jahrespension von 300 Pfd. Sterl.
bezieht. Das Schicksal dieser beiden war die mittelbare Ursache zur Annektierung von Betschuanenland durch England. Mankoroane, Häuptling
der Batlapin, war mit Hilfe der Buren von seinem Nebenbuhler Massouw verdrängt worden. Dasselbe Schicksal
hatte Montsioa gegenüber seinem in gleicher Weise unterstützten Rivalen Moschelle gehabt.
Die Buren waren durch umfangreiche Landbewilligungen belohnt worden und hatten daraus die kleinen FreistaatenStellaland und
Goosen gebildet. Als sich dann 1884 die Häuptlinge unter das Protektorat der Südafrikanischen Republik
stellten, erkannte England das Abkommen nicht an, und um das durch aufständische Eingeborne wie Buren in Kämpfe verwickelte
Land zu beunruhigen, wurde GeneralWarren mit 4000 Mann abgesandt. Nach längern Verhandlungen ward die jetzt in
Kraft
[* 46] bestehende politische Organisation des Gebietes vereinbart.
Anton, Literarhistoriker, geb. zu Wien, gab nach mehrjähriger Praxis bei
Gericht und als Advokat die juridische Laufbahn auf, um sich ganz der litterarischen Thätigkeit zu widmen, wurde 1880 Redakteur
des Feuilletons der »Presse«,
[* 47] trat aber aus politischen Gründen aus der Redaktion des Blattes aus, als es sich in
den Dienst des »Versöhnungs-Ministeriums« Taasse stellte. 1884-85 war
Bettelheim Redakteur der »Deutschen Wochenschrift« die H. Friedjung als deutschnationales Organ gegen die slawische Strömung gegründet
hatte; mit diesem trat er 1886 in die Leitung der »DeutschenZeitung« ein und verließ sie auch nach kurzer Mitarbeiterschaft
mit Friedjungs Rücktritt. In die Litteratur trat ein mit der umfangreichen Biographie: »Beaumarchais«
(Frankfurt
[* 48] a. M. 1886). Zum ersten Todestage oes großen Dramatikers brachte er in dem von
ihm seit 1890
¶
mehr
herausgegebenen biographischen Sammelwerk »Führende Geister« die Biographie: »LudwigAnzengruber. Der Mann, sein Werk, seine
Weltanschauung« (Dresd. 1881). Bettelheim war ein langjähriger vertrauter FreundAnzengrubers, nach dessen Tode ihm im Verein mit zwei
andern die Aufgabe zufiel, die Gesamtausgabe seiner Werke zu besorgen. Gegenwärtig arbeitet er an einer BiographieBertholdAuerbachs auf Grundlage des gesamten litterarischen Nachlasses. Bettelheim ist als Kritiker ein Anhänger der Sainte-Beuveschen
Richtung und mit der französischen Litteratur unsers Jahrhunderts nicht minder als mit der deutschen vertraut.
[* 51] Der Futtersaft der Bienenlarven zeigt, je nachdem es sich um die Larven einer Königin, von Arbeitern oder von
Drohnen handelt, einen sehr wesentlichen Unterschied in der Zusammensetzung, wie analytische Untersuchungen von A. v. Planta-Reichenau
ergeben. Die Königinlarve erhält während der ganzen Dauer ihres Larvenzustandes (sieben Tage) nur fertig
vorverdautes, aus den besten Nährstoffen bereitetes Material, bestehend durchschnittlich aus 45 Proz. stickstoffhaltigen Stoffen,
aus 13 Proz. Fett und aus 20 Proz. Zucker;
[* 52] es ist frei von jeder Pollenhülse und wird der Larve in verschwenderischer Menge in
die Wiege gelegt.
Honig wird dem Futterbrei nicht zugesetzt; an Trockensubstanz insgesamt enthält das Futter der Königinlarve
im Mittel 30,60 Proz. Auch bei der Fütterung derLarven, die zu Arbeiterbienen werden, wird wie bei der Königinlarve das Futter
während der ganzen Larvenzeit von den fütternden Bienen vollständig vorverdaut, allein in der Zusammensetzung des Futters
herrscht eine wesentliche Verschiedenheit, je nachdem die zu fütternde Larve unter oder über vier Tage alt ist.
In der ersten Periode enthält der Futterbrei der Arbeiterlarven 53 Proz. stickstoffhaltige Stoffe, 8 Proz. Fett und 18 Proz.
Zucker;
in der zweiten Periode dagegen sinkt der Gehalt an stickstoffhaltigen Stoffen auf ca. 27 Proz., das
Fett auf 3 Proz., während der Zucker auf 44 Proz. steigt;
das Steigen des Zuckers hat seinen Grund darin, daß im zweiten Larvenstadium
der Futterbrei starke Honigzusätze erhält;
der Gehalt an Trockensubstanz beläuft sich beim Arbeiterbrei auf 28,3 Proz.
Die Ernährung der Larven, aus welchen Drohnen entstehen, ähnelt der Ernährung der Arbeiterlarven, indem
auch hier mit dem Alter von vier Tagen die Ernährung eine andre wird;
der Unterschied in der Ernährungsweise zeigt sich aber
nicht nur in der andern Zusammensetzung des Futters, sondern ganz besonders darin, daß die Drohnenlarven vom vierten Tage an
nur noch einen Teil des Futters vorverdaut erhalten, während ihnen im übrigen unverdauter Vollen geliefert
wird. Im ersten Stadium enthält der Futterbrei der Drohnenlarven an stickstoffhaltigen Stoffen 56 Proz., an Fett 12 Proz.,
an Zucker 9 Proz., im zweiten 31 Proz. stickstoffhaltige Stoffe, 4 Proz. Fett und 38 Proz. Zucker;
auch hier ist die
Steigerung des Zuckergehalts eine Folge von Honigzusätzen zum Futterbrei;
an Trockensubstanz enthält der Drohnenfutterbrei
27,2 Proz. Die Ursache der
Verschiedenheit in der Ernährung der Arbeitersowie Drohnenlarven je
nach dem Lebensalter liegt jedenfalls darin, daß es zweckmäßig
ist, in der ersten Periode das Wachstum der Larven durch gut vorverdautes Futter rasch zu fördern, während
in der zweiten Periode der Selbsthilfe bei erstarktem Magen die
[* 53] Arbeit für die fütternden Bienen dadurch ganz bedeutend abgekürzt
und erleichtert wird, daß sie nur einen sehr geringen Teil Pollen zu verarbeiten und zu enthülsen brauchen und dafür massenhaft
mit Honig nachhelfen.
Daß die Bienen nicht auch bei den Arbeiterlarven, wie bei den Drohnenlarven, den Pollenin natura in die
Zelle
[* 54] stecken, hat seinen Grund wohl darin, daß die Zellen der Arveiterlarven eng und klein sind, sie gestatten nur sehr wenig
Futter um die Larve herum einzulegen, auch werden diese Larven am spärlichsten gefüttert, und so ist es
um so notwendiger, daß das bißchen Futterbrei ganz frei vonRaum einnehmenden Pollenkörnern sei. Daß eine Abkürzung der
Arbeit des Fütterns durch die erwähnte Methode für die Bienen von hohem Vorteil sein muß, ist sicher, wenn man erwägt, daß
in einem volkreichen Stock, der bis an 100,000 Einzelbienen enthalten kann, während der MonateMai und
Juni täglich 15-20,000 Maden zu füttern und noch ca. 3000 Zellen zuzudeckeln sind. Für die Praxis sind die Futlerbreiuntersuchungen
v. Plantas wichtig zur Entscheidung der Frage, ob man Königinnen ebenso kräftig und gut zu erziehen vermöge, wenn sie aus
sogen. Nachschaffungszellen herstammen, oder ob eineKönigin nur dann zu empfehlen fei, wenn sie aus einer
sogen. Schwarmzelle, d.h. einer von vornherein als Königinzelle erbauten Zelle, herstamme.
Da die Ernährung der Arbeiterlarven bis zum Alter von vier Tagen eine ebenso gute ist wie die der Königinlarve, so ist anzunehmen,
daß die aus Arbeiterlarven unter vier Tagen künstlich erzogenen Königinnen den in Schwarmzellen erbrüteten
vollständig ebenbürtig sein werden, eine Theorie, die mit den in der Praxis gemachten Erfahrungen übereinstimmt, nach welchen
die aus ältern Arbeiterlarven erzogenen Königinnen sehr häufig gegenüber solchen zurückblieben, die aus jüngern Arbeiterlarven
erzogen wurden.
Letztere erwiesen sich den in ursprünglichen Königinnenzellen aufgewachsenen ebenbürtig. Ferner ist
durch die erwähnten Untersuchungen unwiderlegbar bestätigt worden, daß die Werkstätte für Bildung des Futtersaftes der
Chylusmagen ist und nicht die Speicheldrüsen. Für die große Energie, mit welcher der Chylusmagen der Biene die Stoffe verändert
und umsetzt, geben Versuche, die v. Planta mit den Pollenkörnern der Haselnuß angestellt, Beweise. Pollenkörner,
[* 55] die mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure
[* 56] in starke Glasröhren eingeschmolzen und mehrere Tage einer Temperatur von
100° ausgesetzt wurden, blieben völlig intakt; das gleiche Resultat ergab sich bei Pollen, der zwei Monate hindurch täglich
am Rückflußkühler sowohl mit starkem Alkohol als auch mit Äther gekocht wurde, und ebensowenig war
ein Zerreißen der Hülle durch Verreiben zwischen zwei rotierenden gerippten Stahlplatten zu erzielen. Erst sechstägiges
Kochen mit einprozentiger Kalilauge ergab eine Zertrümmerung der Pollenkörner, die der Chylusmagen der in kurzer Zeit verdaut
und umwandelt. Eine ähnlich starke chemische Energie zeigt auch der Speichel der Biene; durch ihn bringt
die Biene beim Deckeln der Honigzellen den starken sechseckigen Rand der Zelle in Lösung und macht ihn flüssig, und v. Planta
war im stände, mit Bienenspeichel, den er durch Verreiben von 150
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Der Brutdeckel, mit welchem die Zelle der Larve geschlossen wird, wenn sich diese einspinnt, zeigt, unter dem Mikroskop
[* 59] gesehen,
ein körniges Gefüge mit Wachs als Bindesubstanz und enthält ganze und geplatzte Pollenkörner von verschiedenen
Pflanzen; eine chemische Analyse ergab auf 100 Gewichtsteile lufttrockner Brutdeckel 57,60 Proz.
Wachs, 40,27 Proz. in kochendem Äther unlösliche Teile und 2,12 Proz. Wasser. Das Schicksal der Brutdeckel nach dem Ausschlüpfen
der jungen Biene ist noch nicht ganz sicher festgestellt; vielleicht werden sie wieder von den
Arbeitern verwendet, die vom Wachs und den ganzen PollenGebrauch machen und die Pollenhüllen als Exkremente von sich geben.
Der Brutdeckel ist porös genug, um der für den Atmungsprozeß der Nymphe nötigen Luft den Durchtritt zu gestatten, während
der über die Honigzellen gezogene sehr feine Wachsdeckel absolut hermetisch schließt. Das Wachs ist
bei den Brutdeckeln und Honigzellendeckeln das gleiche. Was die Entstehung des Wachses betrifft, so ist der Hauptfaktor bei
Zubereitung der feinen Wachsblättchen seitens der Arbeitsbienen der Honig; es findet sich jedoch das Wachs nicht fertig in
demselben, sondern es entsteht durch Umsetzung des Zuckers; außer dem Honig kommt gleichzeitig zur Wabenbildung
Pflanzenpollen in Form von Bienenbrot zur Verwendung, und den verschieden gefärbten Pollen der verschiedenen Pflanzen verdankt
das Wachs seine verschiedene Färbung, während der Honig keine abscheidbaren Farbstoffe enthält. Je nach der Widerstandsfähigkeit
des Pollenfarbstoffes den Einwirkungen der Atmosphäre und dem Licht
[* 60] gegenüber wird das Wachs an der Luft
mehr oder weniger stark und rasch entfärbt.
Die Abscheidung des Wachses, welches bekanntlich an den vier letzten Bauchringen hervortritt, erfolgt nach Untersuchungen von
Carlet nicht durch die Kutikularschicht der Bauchringe, auch nicht, wie bisher angenommen, durch intraabdominale Drüsen, sondern
durch Zellen einer epithelialen Membran, welche Carlet die Wachshaut nennt. Diese Membran liegtzwischen zwei
Blättchen, deren äußeres eine Kutikularschicht ist, während das innere die innere Bekleidung des vorderseitigen Teiles
des Bauchringes darstellt. Die Wachssubstanz dringt, wie der Beobachter experimentell nachgewiesen hat, durch die Kutikularschicht,
um sich an der äußern Seite dieser Schicht anzuhäufen, wo sie eine durch den vorhergehenden Bauchring
bedeckte Lamelle bildet.
Bezüglich des Einsammelns der Biene ist die Frage, ob jede Biene beim Pollensammeln nur eine Blumenspezies besucht oder mehrere,
durch mikroskopische Untersuchung der sogen. Höschen dahin gelöst worden, daß die Bienen jeweilen nur an einer Blumenspezies
sammeln, indem sich die Höschen stets fast völlig aus Pollen einer und derselben Pflanze zusammengesetzt
zeigen. Wahrscheinlich verfährt die Biene ebenso bei der Sammlung des zur Honigbereitung dienenden Nektars, so daß man in der
Praxis mit Recht nach den verschiedenen Pflanzen verschiedenen Honig unterscheidet, z. B. Esparsette-, Akazien-, Buchweizenhonig
u. a. Die geringe Menge von Ameisensäure, die sich im Honig der Biene findet, wird von den Arbeitern jeder
Zelle vor dem Deckeln derselben aus der Giftdrüse zugesetzt und dient als Antiseptikum, indem sie eine Gärung des Honigs verhindert.
Im Gegensatze Zu den
Höschen stellt sich das
ebenfalls aus Pollen bestehende Bienenbrot als gemischte Pollenmasse dar. Da die Bienenbrotzellen in der Weise
durch die mit der Hausarbeit beschäftigten Bienen eingefüllt werden, daß sie das Material der mit Höschen beladenen Flugbienen
von neuem mit Honig und Speichel befeuchten und mit dem Kopfefest in die Zellen einstampfen, läßt sich der Polleninhalt oft
schon schichtenweise an der wechselnden Farbe erkennen.
[* 61] Bei der Schwärmbienenzucht handelt es sich vorzugsweise um Gewinnung von volkreichen
Schwärmen. Als Anhaltspunkt zur Beurteilung des Volksreichtums dient dem praktischen Bienenzüchter das Gewicht der Schwärme,
da 10,000 Bienen rund 1 kg wiegen. Mittlere Vorschwärme wiegen durchschnittlich 2 kg, die stärksten dagegen 3,4, die schwächsten
1,7 kg. Mittlere Nachschwärme haben ein Durchschnittsgewicht von 1,5 kg, die
stärksten von 2,5, die schwächsten von 1 kg. Schwärme, die nicht mindestens 1 kg haben, sind, besonders wenn sie spät
im Sommer erscheinen, nicht aufzustellen, sondern zweckmäßiger miteinander oder mit schwächern Völkern zu vereinigen.
Vgl. v. Berlepsch, Bienenzucht (3. Aufl., bearbeitet von W. Vogel, Berl. 1891).
Ein Beispiel des Nutzens rationeller Bienenzucht ist Frankreich zu liefern im stande. Die Zahl der im J. 1890 in Frankreich vorhandenen
Bienenkörbe wird auf etwa 165,000 angegeben, die etwas über 7 Mill. kg Honig und 2 Mill. kg Wachs lieferten im Gesamtwert
von 14,5 Mill. Frank. Die größte Zahl von Bienenkörben entfällt auf die DepartementsIlle-et-Vilaine
mit 80,000, Finistère mit 63,000, Côtes du Nord mit 75,000 und Eure mit 8000.
Über die Lebensdauer und die Todesursachen im Brauereigewerbe hat Sendtner eine Studie veröffentlicht, welche
die Verhältnisse in München
[* 62] behandelt. Der jährliche Bierverbrauch für den Kopf beträgt in Deutschland
[* 63] 86 Lit.,
in Bayern
[* 64] 285L. und in München565L. (1889). Die im Biergewerbe Beschäftigten trinken in München weitaus am meisten, und
ein an den Folgen der Trunksucht Erkrankter gab an, er habe täglich etwa 20L. getrunken. Der Alkohol verschont in seiner verderblichen
Wirkung fast kein Organ des Körpers, aber erst in neuester Zeit hat man dem Einfluß übermäßigen Biergenusses
auf die Entstehung von Herzkrankheiten größere Beachtung geschenkt.
Bollinger hat auch auf die auffallende Verbreitung der Herzkrankheiten in München hingewiesen und sie in unmittelbare Beziehung
zu dem übermäßigen Biergenuß gebracht. Wie nun Sendtner nachweist, kommt diese gegenseitige Abhängigkeit beider
Faktoren in den Sterblichkeitsverhältnissen derjenigen Gewerbe zum klarsten Ausdruck, welche dem übermäßigen Biergenuß
huldigen. Aus den Sterberegistern der letzten 30 Jahre ergab sich, daß die Sterblichkeit der Münchener Gesamtbevölkerung
ihr Maximum bei den Männern im Alter von 50-70 Jahren, bei den Frauen von 70-80 Jahren erreicht, dagegen bei den Bierwirten
zwischen 40 und 50 Jahren, bei den Brauern zwischen 30 und 40 und bei den Kellnerinnen zwischen 20 und 30 Jahren. Unter den
Todesursachen spielen in erster Reihe die Herzkrankheiten eine Rolle. Daneben aber fordern die akuten Infektionskrankheiten
unter den gewohnheitsmäßigen Trinkern weit mehr Opfer als unter der übrigen Bevölkerung. Am bekanntesten
ist der schlimme Ausgang der Lungenentzündung bei Säufern. Der unglückliche Ausgang der Infektionskrankheiten mit ihren schweren
allgemeinen Krankheitserscheinungen, die der Ausdruck¶