so außerordentlich schwer, daß sie bei einigermaßen schneller
Arbeit, infolge der dann zur
Wirkung gelangenden lebendigen
Kraft,
[* 2] die heftigsten
Stöße verursachen und oft große Zerstörungen anrichten. Um diese
Wirkungen zu vermeiden und ein ruhiges,
schnelles
Arbeiten der Akkumulatoren ohne jede
Gefahr für irgend welche Konstruktionsteile herbeizuführen, hat
man in neuester
Zeit statt der schwerfälligen
Gewichte die
Preßluft in Anwendung gebracht und damit die
Luftdruck-Akkumulatoren geschaffen, welche sich
als äußerst zweckmäßig erwiesen haben.
Ein Luftdruckakkumulator, der seit 1890 als
Ersatz für einen Gewichtsakkumulator auf dem
BochumerVerein fürBergbau
[* 3] und Gußstahlfabrikation
in
Bochum
[* 4] in Betrieb sich befindet, und zwar mit einem Wasserdruck bis 500
Atmosphären, ist in nebenstehender
[* 1]
Figur im Längenschnitt dargestellt. Der Hauptsache nach besteht dieser
Akkumulator
[* 5] von Prött und Seelhoff aus dem Wassercylinder
O mit dein
Plungerkolben C und dem Luftcylinder A mit dem
Kolben B. Der Wassercylinder hängt in einer Vertiefung des
Fußbodens,
getragen von der runden Fußplatte E, die zugleich mittels der drei
Anker
[* 6] S einen dreieckigen
Holm F zum
Tragen des Luftcylinders A aufnimmt.
Durch das
Rohr a gelangt das Druckwasser von einer
Druckpumpe in den Wassercylinder D und bringt den
Kolben C und somit auch
den mit C fest verbundenen
Kolben B zum Steigen. Hierdurch erhält die in dem Luftcylinder eingeschlossene
Luft eine
Spannung, welche bei der Abwärtsbewegung der
Kolben wie eine Gewichtsbelastung zur
Wirkung kommt. Bei diesem Vorgang
wird, dem
MariotteschenGesetze zufolge, die Zunahme der Luftpressung um so größer, je kleiner der Luftbehälter ist, weil
hierbei eine schnelle Verminderung des Luftraums stattfindet.
Die dadurch entstehenden großen Ungleichmäßigkeiten können auf zweierlei
Weise vermieden werden, nämlich
durch Anwendung sehr großer Luftbehälter oder besonderer Luftdruckapparate, welche den
Druck im Luftcylinder derart regeln,
daß er möglichst gleich bleibt. Der Einfachheit halber verdient die erste
Anordnung den Vorzug und kommt allein hier in
Betracht. Zur Beschaffung großer Luftbehälter erhält nicht nur der Luftcylinder große
Dimensionen,
sondern eine
Verbindung mit einer Anzahl (gewöhnlich vier) großen Luftkesseln vermittelst des
Rohres r. Diese Luftkessel
bekommen einen
Inhalt von 7,5cbm, d. h. eine solche
Größe, daß bei dem vollen, 3 m betragenden
Hub des Akkumulators zwischen
dem Anfangs- und Enddruck nur ein Unterschied von 10 Proz. auftritt.
Für manche
Fälle ist es erwünscht, eine verhältnismäßig schnelle Zu-, bez. Abnahme
des
Druckes hervorbringen zu können, zu welchem
Zweck bei Gewichts-Akkumulatoren die schweren Belastungsstücke aufgelegt oder abgenommen
werden müssen. Bei den
Luftdruck-Akkumulatoren genügt dazu ein Absperren des
Rohres r von den Behältern, wodurch beim
Steigen des Wasserkolbens der Wasserdruck zunimmt, oder
man entläßt zum
Zweck der Druckverminderung etwas
Luft durch ein
Druckreduzierventil.
Um bei diesen hohen Pressungen ein Entweichen der
Luft und eine Betriebsstörung überhaupt zu verhindern, wird der untere
Teil des
Gefäßes A bis zur
Höhe ww mit einer
Flüssigkeit
(Öl oder
Glycerin) gefüllt, welche die
Stopfbüchse
[* 7] des hohlen
Kolbens
B bedeckt und zugleich in einen Hohlraum fließt, der in dem
Kolben B durch
Einsetzen eines Blechcylinders
gewonnen wird und infolge einer Ausfüllung mit
Öl vollkommen luftdicht wird, während ohne diese
FüllungLuft durch den
Kolben
entweichen würde. Zur
Beobachtung des Ölstandes dienen Schaugläser
bei n und zum Nachfüllen das
Gefäß
[* 8] G, das sowohl unten
bei n alsoben bei i mit dem Behälter
A inVerbindung gesetzt und abgeschlossen werden kann.
Um denAkkumulator
beim höchsten Kolbenstand selbstthätig auszurücken, ist derselbe mit einem schellenartig um den
Kolben C gelegten
Arm mversehen, der mittels der Zugstange p die Akkumulatorpumpe oder die Wasserzuleitung
durch einen Ventilschluß außer Betrieb setzt.
Im Fall diese Ausrückung versagen sollte, tritt das Druckwasser
in dem
Augenblick aus den Bohrungen bei oo aus, wo der
Kolben eine darunter angebrachte
Liderung überschreitet.
Beim Sinken
der
KolbenB und C, die durch einen
Keil zusammengehalten werden, setzt sich der
Kolben B zur Vermeidung heftiger
Stöße auf
hölzerne Pufferringe h auf, welche den
Kolben C umgeben. Statt der
Druckluft kann man auch flüssige
Kohlensäure
direkt in den
Cylinder oder ein
Gefäß mit flüssiger
Kohlensäure derart mit den
Cylinder in
Verbindung bringen, daß sich beim
Steigen der
Kolben die gasförmige
Kohlensäure verdichtet und beim Heruntergehen wieder entwickelt.
Dieser Luftdruckakkumulator besitzt den Gewichts-Akkumulatoren gegenüber in erster
Linie den Vorteil eines vollkommen
ruhigen und stoßfreien
Ganges und damit der Zulässigkeit großer
Geschwindigkeit ohne
Gefahr der
Beschädigung.
Ferner zeichnet
er sich durch geringes
Gewicht aus und gestattet demgemäß eine weitgehende Verwendung in allen
Fällen, in welchen bedeutende
Drucke notwendig sind (zum Vernieten von Brückenteilen, als
hydraulische Presse, als Durchstoßmaschine,
Schere
[* 9] u. dgl.).
Trotz vielfacher
Versuche, mittels andrer Metallplatten als
Blei
[* 10] Sekundärelemente für
¶
mehr
die Aufspeicherung elektrischer Energie zu erlangen und namentlich das Gewicht der Akkumulatoren für eine bestimmte Energieaufnahme zu
verringern, stehen zur Zeit die Blei-Akkumulatoren noch immer obenan. Die Leistungsfähigkeit ist zwar in hohem Grade ausgebildet (man
kann bis zu 85 Proz. der eingeleiteten Energie wiedererlangen, auch ist ihre Haltbarkeit eine angemessene),
die Fabriken übernehmen gegen einen mäßigen Prozentsatz (7 - 10 Proz.) die vollkommene Instandhaltung
und eventuelle Erneuerung, allein ihr Gewicht ist noch ein ganz erhebliches.
Die bekanntesten und verbreitetsten Akkumulatoren sind die nach TudorsSystem gebauten, bei denen eine Kombination des Plantéschen und
Faureschen Verfahrens zur Ausführung gelangt. Nach Faure werden die positiven Platten dadurch hergestellt,
daß man eine passende Bleiplatte mit Bleisuperoxyd überzieht, und durch geeignete Konstruktion der Bleiplatte (Rippen, Höhlungen
etc.) sucht man das Bleisuperoxyd möglichst fest und innig mit ihr zu verbinden und das Herausfallen des Superoxyds zu vermeiden.
Die Zahl der dahin zielenden Verfahren und Patente ist sehr groß. Immerhin ist es unter alleiniger Anwendung
dieses Verfahrens nicht ganz leicht, dauerhafte positive Platten herzustellen. Es bildet sich nämlich auf der Oberfläche
der Bleiplatte, also zwischen dem Blei und dem künstlich aufgetragenen Superoxyd, durch die Schwefelsäure
[* 12] verursacht, eine
Schicht von Bleisulfat, welches die Superoxydschicht allmählich vom Blei loslöst. Um dies zu vermeiden
und die Superoxydschicht mit der Bleiplatte innigst zu verbinden, werden die positiven Platten Tudorschen Systems zunächst
als reine Bleiplatten 3 Monate nach dem Plantéschen Verfahren behandelt, bis sich eine genügend starke und tiefe natürliche
Superoxydschicht gebildet hat. Auf diese wird dann das künstliche Bleisuperoxyd aufgetragen. Hierdurch
wird die Bildung von Bleisulfat auf der Bleioberfläche vereitelt und die Haltbarkeit ungemein vergrößert. Die in Deutschland
[* 13] neuerdings auftretenden Correnz-Akkumulatoren sind lediglich nach dem Faure-Verfahren hergestellt. Als besondere Eigentümlichkeit sehen
wir hier das Bleisuperoxyd durch Bleigitterrahmen zusammengehalten. Auch GottfriedHagen
[* 14] fertigt ähnliche Akkumulatoren.
Wenn einigermaßen sachgemäß gefertigt, ist der Nutzeffekt der Blei-Akkumulatoren bei sämtlichen Systemen so ziemlich
der gleiche, und sie unterscheiden sich im wesentlichen nur durch ihre Haltbarkeit. Wie bereits erwähnt, kann der Nutzeffekt
bis zu 85 Proz. betragen. Im großen praktischen Betrieb, wo die Akkumulatoren nicht so
sorgsam behandelt werden können wie etwa in einem wissenschaftlichen Laboratorium,
[* 15] werden im allgemeinen 75 Proz.
Nutzeffekt garantiert, jedoch je nach der Behandlung nicht immer erreicht, allerdings aber auch manchmal überschritten.
Das Gewicht der Akkumulatoren spielt eine Hauptrolle, wenn sie zu Transportzwecken (elektrische Eisenbahnen, Schiffe
[* 16] etc.) verwendet werden
sollen; man ist gezwungen, sie möglichst leicht zu machen. Anderseits werden an diese Akkumulatoren zeitweise
gerade die außerordentlichsten Anforderungen gestellt, so z. B. eine erhöhte Energieabgabe
beim Anfahren elektrischer Wagen. Nun sind aber um so leistungsfähiger und haltbarer, je weniger eine bestimmte Energie-Entnahme
pro Sekunde überschritten wird, da bei einer erhöhten Stromabgabe durch die starke Gasentwickelung zu leicht das Bleisuperoxyd
losgelöst wird, und so sehen wir die Forderung hoher Entladung und großer Energie-Aufnahmefähigkeit
mit der Forderung eines möglichst geringen Gewichts im geraden Gegensatz; kein Wunder daher,
daß die Konstruktion von Akkumulatoren zum
Betrieb elektrischer Bahnen, Boote etc. mit ganz erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.
In der That kann man bis heute noch nicht behaupten, daß sich die Akkumulatoren bei diesen Betrieben
in hervorragendem Maße bewährt hätten. Ein zweiter Mißstand bei Akkumulatoren für Transportzwecke liegt darin, daß die Elemente
sehr geschüttelt werden und die Säure leicht überschießt. Man hat dies durch sehr hohe Kasten zu vermeiden gesucht. Eine
bemerkenswerte Neuerung aber nach dieser Richtung hat sich die Firma Örlikon patentieren lassen. Es wird
die verdünnte Schwefelsäure durch Zusatz von Wasserglas in geringer Menge in einen gallertartigen Zustand übergeführt. Man
nennt die so hergestellten Akkumulatoren Gelatine-Akkumulatoren.
Eine Zählung der ortsanwesenden Bevölkerung
[* 19] 1890 nach 7 Zählbezirken ergab 30,329 Bewohner, darunter 4419 Weiße, 82 Neger, 1568 Mestizen,
22,135 Eingeborne und 2125 Chinesen. Die letzten sowie eine große Anzahl von Weißen und Negern sind indes nur vorübergehend
anwesend zur Zubereitung der Salme und zum Walfischfang. Die Eingebornen sind zu 62 Proz. Eskimo, zu 31 Proz.
Indianer, zu 7 Proz. Alëuten. Im südöstlichen Zählbezirk des Landes mit 1755 schulpflichtigen Personen bestanden 17 Schulen
mit 1049 Lernenden.
Seit 1880 ist die Zahl der Eingebornen um 5700 (20 Proz.) zurückgegangen. Seit der Besitzergreifung
des Territoriums durch die Vereinigten Staaten
[* 20] 1867 um den Preis von 7,2 Mill. Doll. sind von dort für 33 Mill.
Doll. Robbenfelle und für 16 Mill. Doll. andre kostbare Pelze verschifft worden. Der Wert der Lachsfischerei erreichte 7,5,
der des Stockfischfanges 3 Mill. Doll.; auch der Heringsfang ist schon sehr bedeutend. Die Jagd auf Walfische
und Walrosse an der Nordküste ergab 1890: 226,402 PfundFischbein, 3980 PfundElfenbein und 14,567 Faß
[* 21] Thran.
Ferner hat Alaska seit 1868 für 4 Mill. Doll. Edelmetalle geliefert, 1890 allein für 700,000 Doll. Bedeutende Braunkohlenlager
sind entdeckt worden, von denen die bisher allein in Angriff genommenen auf einer langen, schmalen Halbinsel
die Walfischfahrer und Zolldampfer versorgen. Den Wert sämtlicher seit 1868 geförderter Erzeugnisse schätzt man auf 100 Mill.
Doll. Und wenn auch bei der Massenabschlachtung der Pelztiere, besonders der Robben,
[* 22] die Quelle
[* 23] dieses Reichtums in nicht ferner
Zeit zurückgehen muß, so wird doch die Fischerei
[* 24] noch lange reiche Erträge liefern. So wurden allein
in Koruk, wo eine Fabrik 1100 Fischer und Einmacher beschäftigt, 200,000 Lachse, von denen einige bis 120 Pfund schwer waren,
eingemacht. Der augenscheinlich große Goldreichtum des Gebiets ist bisher noch kaum erforscht worden.
19) Alexander III., Kaiser von Rußland, feierte in Livadia im engsten Familienkreis
seine silberne Hochzeit. Vorher, im Sommer d. J., war er bei Gelegenheit des Besuchs eines französischen Geschwaders in Kronstadt
[* 33] aus seiner gewohnten Zurückhaltung herausgetreten, hatte an den den Franzosen dargebrachten Huldigungen teilgenommen und seinen
Sympathien für Frankreich so deutlichen Ausdruck gegeben, daß an seiner Zustimmung zu einem russisch-französischen
Bündnis nicht gezweifelt wurde.
Daß er mehr und mehr unter die Herrschaft der Panslawisten geriet, zeigte auch seine immer schroffere Haltung gegen die nicht
russisch-orthodoxe Bevölkerung seines Reiches. Seine früher so scharf ausgesprochene Abneigung gegen die republikanische
Regierungsform hatten seine Ratgeber erfolgreich mit der Vorstellung bekämpft, daß die konstitutionellen
Herrscher in Europa
[* 34] im Grunde genommen auch nur erbliche Präsidenten ihrer Staaten seien und der Präsident der französischen
Republik sich nicht erheblich von ihnen unterscheide.
Ja, unter dem Einfluß dieser Vorspiegelungen, die seinem Selbstgefühl schmeichelten, gab der Zar bei verschiedenen Gelegenheiten
seiner AnsichtAusdruck, daß nur die Autokratie und die Republik wahre Staatsformen, der Konstitutionalismus
aber Lug und Trug sei, und daß er wohl seiner Krone entsagen, nie aber ein konstitutioneller Monarch werden wolle. Gegen
die Nihilisten war sein starrer Absolutismus freilich ohnmächtig, zumal der Notstand in seinem Reiche einen höchst bedenklichen
Umfang annahm. Auch der Eisenbahnunfall, der die kaiserliche Familie bei Borki betraf (s. Bd.
17, S. 21), erwies sich nachträglich als die Wirkung eines nihilistischen Attentats.
der
Haupthafen des nördlichen Syrien, hatte 1889 eine Einfuhr von ca. 16,2 Mill. kg im Werte von 35,5
Mill. Mk., hauptsächlich Manufakturwaren, wovon Großbritannien
[* 37] den Hauptanteil (15,8 Mill. Mk.)
hat. Dann folgen Frankreich und Österreich,
[* 38] in dessen Einfuhr jedoch diejenige des DeutschenReiches, weil über Triest
[* 39] gehend,
inbegriffen ist. In der Ausfuhr steht dem Werte nach Wolle obenan (3,3 Mill. Mk.), dann folgen inländische Industrieerzeugnisse,
Rindvieh, Getreide,
[* 40] Galläpfel, Kreuzbeeren etc. Es liefen ein 467 Schiffe (287,758 Ton.), davon 65 französische
(88,733 T.), 208 türkische (55,332 T.), 33 russische (43,744 T.) und 71 britische (43,075 T.).
Kunst im Altertum. Alexandria in Ägypten
[* 41] war einst eine Weltstadt, ein Muster regelmäßiger Anlage, mit
breiten, schönen Straßen mit wimmelndem Leben, einem Gemisch afrikanischer und europäischer Kultur, Palästen voll
edler Kunst und Luxus. Infolge der fortdauernden Bewohnung des Platzes ist aber, wie gewöhnlich, von der alten Herrlichkeit
fast nichts übriggeblieben; nur die alte Hauptstraße, die Kanobische, hat ihre Spur dadurch hinterlassen, daß die Rue deRosette, eine Hauptader auch der modernen Stadt, genau ihre Richtung innegehalten hat.
Von dem außerordentlichen Einfluß, welchen alexandrinische Kunst ausgeübt hat, tauchen ganz allmählich,
aber immer reichlicher, die Spuren auf, namentlich in den Stadtanlagen Syriens, welche nach dem Muster der Prachtstadt gebaut
sind, und in zahlreichen Werken der Kleinkunst: in Statuetten aus Bronze
[* 42] und Terrakotte, namentlich aber in Prachtreliefs.
Um die Neuentdeckung dieser alexandrinischen Kunst hat sich besonders Th. Schreiber in Leipzig
[* 43] verdient gemacht,
dessen Ausführungen wir hier hauptsächlich folgen.
Der Stadtplan von Alexandria, welchen man dem ArchitektenAlexanders d. Gr., Deinokrates, zuschrieb, zeigt ein regelmäßiges
Netz paralleler und rechtwinkelig sich schneidender Straßenzüge, welches sich an die beiden sich kreuzenden, monumental
ausgestatteten Hauptstraßen anlehnte. Die eine dieser Hauptstraßen führte von dem im S. gelegenen
Sonnenthor zu dem Mondthor im N. am Kap Lochias und öffnete den Blick auf die Königspaläste. Die zweite, die Kanobische,
führte von der im W. liegenden vorstädtischen Nekropolis nach O. Die Hauptstrassen waren, wie die von Napoleon III. veranlaßten
AusgrabungenMahmudBeys erwiesen haben, 34 m, der mittlere, als eigentlicher Prozessionsweg dienende, unbedeckte
Teil 16 m breit, während die beiden Seitenwege schattige Säulengange bildeten.
In der Mitte jeder Straße lief die unterirdisch angelegte Wasserleitung,
[* 44] von welcher wiederum Abzweigungen in die einzelnen
Wohnungen führten. Die großen Prachtbauten kennen wir fast nur aus Beschreibungen, z. B. das Serapeum.
Ein Terrassenbau führte auf 100 Stufen hinauf zum Plateau des neuen Landesheiligtums. Durch ein Propyläum trat man in den
weiten Tempelhof, den Säulenhallen umgaben; inmitten stand die riesige, vermutlich mit dem Standbild Alexanders d. Gr. geschmückte
Säule, die noch heute als Wahrzeichen Alexandriens gilt. Die Gesamtanlage wurde später im Trajansforum
zu Rom
[* 45] nachgeahmt. Kuppelräume mit Lichtöffnungen in der Mitte (Vorbilder des römischen Pantheons) bildeten den imposanten
Unterbau. Dieser Unterbau sowohl als die Metallinkrustation des Tempels und der Hallen dürften nach Schreiber als die wichtigsten
und folgenreichsten Neuerungen
¶
mehr
der hellenistischen Baukunst
[* 47] gelten. Vorbildlich wird ferner der Etagenbau des Leuchtturms (Pharos). Diesen Stadtplan, namentlich
die säulenbegleiteten Hallenstraßen, mit reichlichem Wasser versorgt, finden wir in kleinasiatischen und syrischen Städteanlagen
aus der Folgezeit häufig nachgeahmt. Namentlich die Expedition des österreichischen Grafen Lanckoroński nach Südkleinasien
lieferte in dem Prachtwerke »StädtePamphyliens und Pisidiens« eine Reihe wohlerhaltener Stadtbilder, welche
in letzter Linie auf das Vorbild von Alexandria zurückgehen, wenn sie selbst auch erst in dem 1. Jahrh. n. Chr. erbaut sind.
Am Ausgang des 2. Jahrh., kurz vor dem nahenden Verfall, müssen diese südkleinasiatischen Städte den Eindruck von großen,
einheitlichen Kunstwerken, von Idealbildern gemacht haben, mit dem malerischen Mauerring, aus dem wohlgepflegte,
von Gräbern umsäumte Wege herausführten, ihren gerade gezogenen Straßen, den öffentlichen Anlagen, Tempeln, Bädern, Gymnasien,
Markthallen
[* 48] und vor allem den schattigen Säulenstraßen mit dem rauschenden Wasser. Die neue Kunstrichtung erklärt sich zum
Teil aus den herrschenden Einflüssen der hellenistischen Fürstenhöfe auf die bildende Kunst, besonders
ihrer Bauleidenschaft und ihren mit höchstem künstlerischen Verständnis einheitlich durchgeführten Städtegründungen.
In dieser Weise hellenistischer Musteranlagen waren die syrischen StädteAntiochia am Orontes, CäsareaAugusta, Gerasa, Philadelphia
[* 49] u. a. gebaut.
Die alexandrinische Kunst außerhalb der Architektur hat Schreiber in einem auf der Philologenversammlung zu München (1891)
gehaltenen Vortrag treffend als den Anfang des antiken Barockstils bezeichnet. Die neue Kunstrichtung
erklärt sich aus dem wachsenden Hervortreten des Privatlebens, welches zum Entstehen einer genrehaften, für das Wohnhaus
[* 50] arbeitenden Kunst führte, und aus der zunehmenden Freude an der Natur, einem unserm modernen Empfinden ganz verwandten sentimentalen
Interesse an der Schönheit der freien Natur, an dem Wald, an dem Hirten- und Schäferleben.
Der Hauptfaktor, welcher den Stilumschwung bewirkte, die immer stärker und allgemeiner werdende Naturfreude, führte in der
Dichtung zur Entstehung des Idylls und des Romans, in der bildenden Kunst zur Landschaftsmalerei und einer
besondern Gattung landschaftlicher Rundplastik, welche allerlei zur Gartenausschmückung geschaffen hat. Eine besonders schöne
Gattung von Prachtreliefs, welche in reicher Umrahmung die Wände schmückt, waren getriebene Bronzearbeiten mit reichem landschaftlichem
Hintergrund, welche wir allerdings nur in Marmornachbildungen besitzen; dazu gehören z. B.
die Brunnenreliefs des Palazzo Grimani in Venedig
[* 52] und die bekannten Reliefs in dem PalazzoSpada zu Rom: der schlafende Endymion
[* 53] mit seinem Hunde,
[* 54] der die herabschwebende Selene
[* 55] bemerkt, ist auch in modernen Nachbildungen viel verbreitet.
Die Terrakotten
[* 56] von Alexandria, von denen z. B. das Berliner
[* 57] Museum
eine ziemliche Anzahl besitzt, enthalten
ein reiches, noch nicht ausgenutztes Material zur Kenntnis der alexandrinschen Religion und Kunst. Namentlich sind es merkwürdige
Mischungen europäischer und afrikanischer Kultur. Als in Alexandria die Mischung griechischer und ägyptischer Gottheiten vor
sich ging, galt es, letztere in griechischen Formen und doch mit Charakterisierung ihrer fremden Heimat zu gestalten.
Der Forschung liegen hier noch große Aufgaben vor, auch der Ausgrabung. Schliemann hat 1888 während eines kurzen Aufenthalts
in Ägypten Versuchsgrabungen zu Ramleh bei Alexandria gemacht, wo er denPalast der Kleopatra zu finden hoffte. Doch machten
die verwickelten Besitzverhältnisse seinen Versuchen bald ein Ende.
[* 58] Gehen gewisse Algen mit Pilzen ein symbiotisches Verhältnis ein, welches die Bildung der Flechten
[* 59] zur Folge hat, so
sind andre Algen darauf angewiesen, in fremden Tier- und Pflanzengeweben zu hausen, wobei sie zuweilen auch
dem Wirt zu nützen scheinen, in den meisten Fällen aber in keinem eigentlichen symbiotischen Verhältnis zu ihm stehen. Solche
endophytische Lebensweise ist nach Möbius bei etwa 100 Algen nachgewiesen und zwar am häufigsten bei den grünen
den Chlorophyceen, weniger häufig bei Cyanophyceen, Rodophyceen, Phäophyceen.
Unter den Chlorophyceen sind am stärksten die Protokokkoideen vertreten, deren kleiner einzelliger Körper leicht in andern
Organismen Raum findet und besonders schutzbedürftig ist. Manche endophytische Algen sind sehr weit verbreitet, wie NostoeGunnerae
und AnabaenaAzollae, die sich regelmäßig in Gunnerae- und Azolla-Arten finden, wo immer dieselben auftreten,
anderseits sind zahlreiche Arten nur von einem Fundort bekannt. Die meisten endophytischen Algen leben im Meer, einige Gattungen
haben Vertreter im salzigen und süßen Wasser, manche leben in den Blättern von Landpflanzen, Trichophilus und Cyanoderma
in den Haaren von Faultieren, eine Anabaena in den Wurzeln von Cykadeen.
Manche endophytische Algen scheinen auf nur eine Wirtsspezies angewiesen zu sein, andre bewohnen wenigstens Pflanzen, die derselben
Gattung oder derselben Familie angehören; es sind aber auch Algen bekannt, die sich unter annähernd gleichen Existenzbedingungen
in sehr verschiedenen Wirten vorfinden. Unter diesen Wirten für Algen spielen die größern marinen
Rot-, Braun- und Grünalgen die erste Rolle. Unter den Pilzen ist, abgesehen von den flechtenbildenden, in einigen Pezizen und
andern Askomyceten eine Nostoc-Art gefunden worden.
erwähnen. Von höhern Tieren und Landtieren überhaupt sind wohl nur die Faultiere zu nennen, in deren Haaren gewisse, sonst
nicht vorkommende Algen sich ansiedeln. Einige Algen bohren sich in Muschelschalen ein, Dermatophyton radicans
bewohnt die Schale der europäischen Sumpfschildkröte (Emyseuropaea). In Membranen oder Hornfasern von Tieren kommen nur wenige
Algen vor.
Eine größere Zahl von Algen lebt in Zellwänden der Pflanzen, besonders bei den weichen, wasserreichen und leicht quellbaren
Algen Mycoidea parasitica ist die einzige Alge, die in der Membran einer Phanerogame außerhalb des Wassers lebt, nämlich zwischen
der äußern Epidermismembran und der Cuticula in Laubblättern tropischer Pflanzen. Intercellular lebende
Algen werden hauptsächlich in Intercellularräumen des Blattgewebes gefunden, wo sie schon vorhandene Räume benutzen oder die
Zellen erst auseinander drängen.
Ja, es sind Fälle bekannt, wo die Pflanze besondere Räume, Domatien, für die Algengäste entwickelt, wie die Höhlen auf der
Unterseite des Thallus von Anthoceroteen und die sogen. Blattohren von Blasia Pusilla, für Nostoclichenoides
sowie die Höhlungen des obern Blattlappens der Azolla-Arten für Anabaena. Die mit Tieren symbiotisch lebenden Algen drängen
gewöhnlich die Gewebeelemente des Tierkörpers auseinander und verändern dadurch dessen Gestalt wie bei den Schwämme
[* 63] bewohnenden
Algen Zoochlorellen und Zooxanthellen der Protozoen werden in das Plasma der tierischen Zelle
[* 64] aufgenommen,
andre Algen dringen in die Zellen von Pflanzen ein. Von einigen parasitischen Florideen wachsen die vegetativen Teile im Innern
anderer Algen, während die Fortpflanzungsorgane außerhalb gebildet werden.
Bezüglich der Frage, welche äußern Veränderungen die Endophyten hervorrufen können, und ob sie schädlich zu wirken vermögen,
ist zu bemerken, daß es sich bei den auffallenden Veränderungen, welche Nostochaceen an Anthoceros und
Blasia hervorrufen, um eine der Wirtspflanze nützliche Umgestaltung ihrer Organe, also um Symbiose handelt. Ähnlich verhält
es sich wohl bei Schwämmen, die von Algen durchsetzt werden und dabei Form oder Größe oder Farbe oder alles zugleich verändern.
Manche Deformationen an Pflanzen können geradezu als Algengallen bezeichnet werden, gefährden aber wohl
nicht das Leben der infizierten Pflanze. In andern Fällen ist ein geradezu schädigender Einfluß der Algen zu konstatieren. Wenn
Mycoidea parasitica ein Blatt
[* 65] befällt, so bildet sich unter den betreffenden Stellen im Mesophyll eine Art Wundkork aus, und
die angrenzenden Zellen sterben ab. Zuweilen dringen endophytische in die Reproduktionsorgane und hindern deren Entwickelung.
Phyllosiphon Arisari ruft unter den Arisarium-Pflanzen geradezu Epidemien hervor, indem die von ihm befallenen Blätter erst
gelbe Flecke bekommen und dann absterben. Dies ist aber auch der einzige Fall, in welchem eine Alge wie
ein parasitischer Pilz
[* 66] als Krankheitserreger auftritt.
[* 67] Unter der Bevölkerung befanden sich 1891 422,000 Europäer (1870 erst 210,800). Naturalisiert wurden seit
1865: 14,717 Fremde. Für Kolonisationszwecke stehen der Regierung verhältnismäßig geringe Mittel zur Verfügung; mit einer
Summe von 1 ½ Mill. Fr. konnten vom bis nur 7 neue Ansiedelungen mit einer Ausdehnung
[* 68] von 15,643 Hektar für 1335 Einw. gegründet werden. Von Ackerbau, Weinbau und Viehzucht
[* 69] lebten Ende 1889: 3,228,522 Personen;
der Wert der von ihnen verwendeten Gerätschaften betrug 25
Mill. Fr. Das Ergebnis der Getreideernte 1889 war:
Die Heuschreckenplage herrschte in allen Provinzen und verursachte einen Schaden von 4,135,716 Fr. Zwar wird diese Plage mit
großer Energie bekämpft, indes sind die verfügbaren Geldmittel ungenügend. Der Weinbau, welchem 106,351
Hektar gewidmet sind, von denen 2,578,038 hl geerntet wurden, wird durch die Reblaus
[* 70] infolge des energischen Vorgehens der Regierung
nur in geringem Maße geschädigt. Die Ausdehnung der von der Reblaus heimgesuchten Weinberge sank auf 37 Hektar herab.
Anfang 1890 hatten die Bahnen eine Länge von 3031 km, die Einnahmen für 1889 betrugen 20,943,320 Fr. Für die Saharabahnen
hat die Compagnie générale transatlantique einen neuen Plan vorgelegt, nachdem dieselben ohne Erdbewegung
unter Verwendung eigentümlich konstruierter Schienen breitspurig mit einem Kostenaufwand von nur 25,000 Fr. pro Kilometer erbaut
werden können. Eifrig wird an den Häfen von AlgierBona, La Calle, Argew, Dschidschelli, Oran und Philippeville gebaut.
Da aber die von Frankreich bewilligten Mittel zur Förderung der EntwickelungAlgeriens nicht ausreichen, so
hat der frühere Generalgouverneur Tirman an die französische Regierung das Ersuchen gerichtet, ein Sonderbudget für die
Kolonie aufzustellen, um allerlei notwendige Verbesserungen, wie Hafen-, Kanal- und Eisenbahnbauten, vorzunehmen, das Unterrichtswesen
zu fördern, die eingeborne Bevölkerung seßhaft zu machen und den Strom der französischen Auswanderung möglichst nach Algerien abzuleiten.
das durch die Niederlage der Römer
[* 77] berühmte Flüßchen nördlich von Rom, entspricht nach den Untersuchungen
von Hülsen und Lindner (»Die Alliaschlacht«, Rom 1890) dem heutigen Fosso della Bettina auf dem linken östlichen Tiberufer.
Das Schlachtfeld selbst aber suchen sie mit
¶
mehr
Wahrscheinlichkeit auf dem rechten Tiberufer, gegenüber der Alliamündung, in den Riserve Torracci und Mandraccio.
Diese römische Alpenbenennung hat sich seither jahrhundertelang fast bis in die Gegenwart hinein in der
Litteratur erhalten. Erst als man gegen Ende des vorigen Jahrhunderts durch topographische Kartierungen und geologische Aufnahmen
mit dem Bau des Gebirges näher bekannt wurde, brach sich die ErkenntnisBahn, daß die Begrenzung der Gebirgsgruppen den dieselben
trennenden Thälern und tiefsten Paßeinsenkungen folgen müsse. Von diesem Gesichtspunkt aus hat vor allem
Karl v. Sonklar versucht, das Gebirge nach dem Verlauf der tiefsten Flußläufe zu zergliedern.
Die Alpeneinteilung v. Sonklars wurde in neuerer Zeit mit mehr oder weniger bedeutenden Veränderungen von verschiedenen Seiten
angenommen und verbreitet. Neben der Aufstellung von
zahlreichen Gebirgsgruppen hat man aber auch die Alpen wie
in longitudinaler Beziehung auch in große transversale Hauptabschnitte zerlegt, deren man bald zwei, bald drei angesetzt
hat, und über deren gegenseitige Begrenzung man nicht minder uneinig ist, als über jene der einzelnen Gebirgsgruppen, aus
denen sie sich zusammensetzen.
Die Zweiteilung in östliche und westliche Alpen ist die ältere und überdies diejenige, welche
den geologischen Verhältnissen der am besten entspricht. Nach ihrer Entstehungsgeschichte, Struktur und Zusammensetzung zerfallen
die in zwei große Abschnitte, welche in der Gegend des Adulagebirges aneinander stoßen. Bei einer Dreiteilung sind die Ansichten
nicht bloß über die Abgrenzung der West- und Mittelalpen geteilt, sondern ebenso und noch mehr über
diejenige der Mittel- und Ostalpen.
Überdies gibt die Bezeichnung des mittlern transversalen Hauptabschnittes als Mittelalpen Anlaß zu Mißverständnissen,
indem von einer Seite auch die kristallinische Zentralzone mit demselben Namen belegt wird. Bei der Zweiteilung fällt diese
Zweideutigkeit des Ausdrucks zwar weg, doch ist es immerhin besser, für Zentralalpen die Bezeichnung Gneisalpen
zu setzen. Die bisherigen Einteilungsversuche der Alpen gingen fast ausschließlich von den plastischen Verhältnissen
des Gebirges aus, indem man den Verlauf des Flußnetzes zu Grunde legte und den geologischen Aufbau vollkommen vernachlässigte.
Bei einer naturgemäßen Einteilung müssen aber beide Momente, das oroplastische und geologische, gleichmäßig berücksichtigt
werden; beide zusammen bedingen die Physiognomie eines Gebirges, die den besten Anhaltspunkt zur Beurteilung von orographischer
Gleichartigkeit und Verschiedenheit liefert.
Kärtchen: Einteilung der Ostalpen, nach Alpen. Böhm. Von diesem Grundsatz ausgehend hat Alpen. Böhm eine neue »natürliche« Einteilung
für die Ostalpen durchgeführt (s. obige Kartenskizze). Das Alpensystem setzt sich aus
zwei gegen NW. gerichteten Bogenstücken zusammen; dort, wo der westliche Bogen
[* 81] auf den östlichen stößt, tritt eine auffallende
Unterbrechung in dem Höhenzug ein, in
¶