hängepunkt des
Pendels, welcher höher liegt als die Drehachse des
Ankers, nach erfolgter
Auslösung durch das Heberad in entgegengesetzter
Richtung der Pendelschwingung bewegt wird. - Zur Litteratur: Schirek, Die Uhr
[* 2] in kulturgeschichtlicher und kunstgewerblicher
Beziehung
(Brünn
[* 3] 1890).
[* 4]elektrische, können eingeteilt werden in solche, in denen statt einer gespanntenFeder
oder eines sinkenden
Gewichts die
Elektrizität
[* 5] als bewegende
Kraft
[* 6] benutzt wird, und in solche, bei welchen die
Elektrizität
zum Aufziehen dient. Außer diesen eigentlichen elektrischen Uhren gibt es noch andre, welche durch eine Normaluhr mit
Hilfe
der
Elektrizität getrieben werden; auch gehören hierher die sogen. Signaluhren, welche zu
bestimmtenZeiten durch Stromschluß
Signale geben.
Von den neuern Uhren, in welchen die
Elektrizität unmittelbar als bewegende
Kraft auftritt, ist jene von Jos. Kirpal in
Wiesbaden
[* 7] zu nennen. Das mittels einer Pendelfeder bei d
[* 1]
(Fig. 1 und 1a) aufgehängte
Pendel
[* 8] P trägt nahe seinem obern Ende zwei
ArmeAA in Lyraform, welche an ihrem obern Ende mit aufgelegten Platinplättchen versehen sind und dazu
dienen, bei jeder
Schwingung
[* 9] des
Pendels einen Stromschluß zu bewirken. Das
Pendel schwingt vor den
Elektromagneten K K. Auf
einem
Träger
[* 10]
L ist ein Gewichtshebel B angebracht, der im
Punkte a drehbar ist und an seinen beiden
Enden die
Laufgewichte D und E trägt.
In der Mitte dieses
Hebels befindet sich die Stellschraube C und in entsprechender
Entfernung der Kontaktarm F; derselbe ist
winkelförmig nach vorn gebogen, so daß er während der Ruhelage des
Pendels nahe über dem obern Ende des
Arms A steht und
bei einer Pendelschwingung nach rechts von dem
Arm A getroffen wird. An der Berührungsstelle ist sowohl
F als A mit Platinplättchen belegt. Der Gewichtshebel B ist vermittelst der beiden
Laufgewichte so abgewogen, daß der längere
Arm mit dem
GewichteE den kürzern
Arm mit dem
Gewichte D überlastet und folglich die Stellschraube C mit
ihrem untern Ende stets auf dem
Anker
[* 11] G aufsteht.
Der
Druck von C auf G vermag jedoch nicht G aus seiner Ruhelage zu bringen, indem
der
Anker G durch das
Laufgewicht H in entsprechender
Weise ausbalanciert ist. Der elektrische
Strom geht von der
Batterie bei d durch die Pendelaufhängung nach
A. Findet bei d
Kontakt statt (was bei jeder Rechtsschwingung des
Pendels stattfindet), so fließt der
Strom weiter durch die
Elektromagnete K und zur
Batterie zurück; der
Anker G wird nunmehr angezogen, der
Hebel
[* 12] B drückt mit dem Übergewicht seines
längern
Arms a E bei b auf den
Arm A des
Pendels und erteilt diesem somit einen Antrieb nach links. Sobald
das
Pendel sich etwas nach links bewegt hat, wird der
Strom bei b unterbrochen, der
Anker kehrt in seine frühere
Lage zurück,
bis bei der Rechtsbewegung der
Strom bei b wieder geschlossen wird und in gleicher
Weise ein neuer Antrieb
erfolgt.
Von Uhren, bei welchen das Aufziehen auf elektrischem Wege vollzogen wird, ist jene von
Alois Winbauer in
Baden
[* 13] bei
Wien
[* 14] von
Interesse, namentlich, da sie sich bereits in der
Praxis bewährt hat. Die Einrichtung ist kurz die folgende. An der
Welle des
Minutenrades M
[* 1]
(Fig. 2) sitzt lose drehbar eine
Scheibe S, welche den
Hebel L nebst dem
Gewicht G trägt,
welches schwer genug ist, um die
Uhr im
Gange zu erhalten. An der
Scheibe S sitzt ein Sperrkegel s, welcher in die
Zähne
[* 15] des
lose aufgesetzten Sperrrades C eingreift und dadurch die durch das
Gewicht G eingeleitete Drehung auf
das Federgehäuse E überträgt.
Die
Feder des Gehäuses überträgt den Zug
auf die
Welle des Minutenrades und verursacht eine Drehung, welche durch eine
Hemmung
K gleichmäßig gemacht wird. Das
Gewicht ist nach einer gewissen Zeit so weit gesunken, daß es nahezu auf die in dem zweiarmigen
Hebel H eingesetzte
Rolle W zu liegen kommt; gleichzeitig hat ein an der Rückseite der
Scheibe S sitzender
Stift die
Feder F durch den
Druck auf deren rechten
Schenkel f so weit nach links bewegt, daß der
Stift t, welcher bisher auf
f¹ ruhte, nunmehr vermöge des
Eigengewichts des
Hebelsh und unterstützt durch die
Federkraft der
Spirale
i in den
Ausschnitt der
Feder F gleitet und mit q in leitende Berüh-
rung kommt. Ist nun der eine Pol einer Batterie mit dem Hebel H (bei X) verbunden und der andre durch die Elektromagnetwindungen
mit q, so ist im Augenblick, wo H auf q aufliegt, der Strom geschlossen, der Anker A wird angezogen, der Hebelarm W bewegt sich
kräftig nach oben und erteilt dem gesunkenen Gewicht G einen Anstoß, daß es nach oben geschnellt wird.
Der Sperrkegel s verhindert ein Zurückfallen. Es ist somit die Uhr wieder für einige Zeit (5-7 Minuten) aufgezogen. Das gleiche
Spiel wiederholt sich, sobald das Gewicht G wieder so weit gesunken ist, daß H den Kontakt q berührt.
Um für den Augenblick, wo das Gewicht nach aufwärts geschnellt wird, einen Rückstoß zu verhindern und einen gleichmäßigen
Gang
[* 17] der Uhr zu erzielen, ist an der Welle des Minutenrades innerhalb des Gehäuses E eine entgegenwirkende Sperrfeder angebracht.
Eine äußerst sinnreiche elektrische Signaluhr ist von Kont inBudapest
[* 18] hergestellt worden. Während die
meisten Signaluhren nur auf ein oder mitunter auf mehrere Zeichen für den Zeitraum von nur 12 Stunden eingestellt werden
können, lassen sich bei dieser neuen Signaluhr für sämtliche Viertelstunden der Tage undNächte einer ganzen Woche Alarmzeichen
im voraus festsetzen. Die Signalgebung für die einzelnen Zeiten geschieht durch Kontakte, welche die einzelnen
Räder (Wochen-, Tages-, Stundenräder etc.) geben, falls man in einem eigenartig konstruierten Stöpselsystem durch Einschieben
von Stöpseln leitende Verbindungen herstellt. Das Uhrsystem gestattet jedoch selbstverständlich auch eine Signalgebung für
größere Zeiträume (Monate) und ebenso eine solche innerhalb einer Viertelstunde, z. B. von 5 zu 5 Minuten. Zur
Litteratur: Fiedler, Die Zeittelegraphen und die elektrischen Uhren (Wien 1890).
[* 19] Spektrum. Weniger leicht der Erforschung zugänglich als die unsichtbaren Strahlen jenseit des brechbareren
Endes des Farbenspektrums, die ultravioletten Strahlen, welche sich ja sofort auf einer gewöhnlichen photographischen Platte
abbilden, sind die unsichtbaren ultraroten (infraroten) Strahlen jenseit des weniger brechbaren Endes des
Spektrums. WilliamHerschel entdeckte 1800 diese Strahlen, als er mittels eines geschwärzten Thermometers die Wärmewirkung der
verschiedenen Gebiete des Sonnenspektrums prüfte; er fand, daß die Wärmewirkung, im Blau nur schwach, gegen das rote Ende
hin zunahm, ja sich sogar darüber hinaus erstreckte, und
in diesem unsichtbaren Gebiet mehrere Maxima
und Minima der Erwärmung erkennen ließ.
JohnHerschel (1840) wandte ein originelles Mittel an, um diesen durch seine hohe Wärmewirkung ausgezeichneten unsichtbaren
Teil des Spektrums sichtbar abzubilden und wenigstens auf kurze Zeit zu fixieren. Er ließ das Sonnenspektrum auf berußtes
und mit Alkohol getränktes Papier fallen; an den am stärksten erwärmten Stellen verdunstete der Alkohol
rascher, es entstanden trockne Flecke mit dazwischenliegenden Stellen, wo die Erwärmung geringer gewesen und das Papier feucht
geblieben war; es gab somit kältere Lücken in diesem Gebiet unsichtbarer Wärmestrahlung,
[* 20] entsprechend den Fraunhoferschen Linien
im sichtbaren Spektrum.
Dieses Verfahren konnte offenbar nur ungenaue und verschwommene Resultate geben. Genauere Aufschlüsse
über das ultrarote Spektrum gab die zuerst von Fizeau und Foucault (1847), später von Desains, Lamansky, Mouton u. a. zu diesem
Zweck angewendete Thermosäule. In neuester Zeit hat Langley die Thermosäule durch das weit empfindlichere Bolometer ersetzt,
mit dessen Hilfe es ihm gelang, noch Wärmestrahlen bis zu einer Wellenlänge von 0,028
mm oder 28 Mikron (1 Mikron = μ = 0,001 mm) nachzuweisen.
Die
[* 16]
Fig. 1a zeigt die von Langley nach seinen Messungen entworfene Wärmekurve des normalen Sonnenspektrums
(Gitterspektrums) vom Ultraviolett bis zur Wellenlänge 5 μ im Ultrarot; um sie zu erhalten, wurden auf der Skala der
Wellenlängen die zugehörigen Galvanometerausschläge als Ordinaten senkrecht errichtet. Die Gipfel der Kurve entsprechen
den größten Werten der Wärmestrahlung, die Einsenkungen den kältern Lücken, welche den Fraunhoferschen Linien entsprechen.
Der unter die Wärmekurve gezeichnete Spektralstreifen
[* 16]
(Fig. 1 b) versinnlicht den Anblick, den
diese unsichtbare Wärmestrahlung einem Auge
[* 21] gewähren würde, welches sie sehen könnte. Die stärksten
Absorptionsstreifen im Ultrarot hat Langley mit Φ, Ψ, Ω bezeichnet. Wie man sieht, nimmt das sichtbare Spektrum nur eine
sehr geringe Strecke der ganzen Sonnenstrahlung ein, von 0,393 μ bis 0,760
μ. Da der Brückendraht des Bolometers mit Ruß geschwärzt ist, ein schwarzer Körper aber Strahlen jeder
Art gleich vollständig absorbiert, so entspricht der Galvanometerausschlag jedesmal der gesamten, jedem Strahl innewohnenden
Energie; die Kurve stellt daher die Verteilung der Energie im normalen Son-
[* 16]
^[Abb.: Fig. 1a. Wärmekurve des normalen Sonnenspektrums.]
[* 16]
^[Abb.: Fig. 1b. Spektrum mit dem ultraroten Teil.]
¶
mehr
nenspektrum dar. Das Maximum der Energie fällt im Normalspektrum ins Gelb in der Nähe der Linie D, also in den sichtbaren Teil,
im prismatischen Spektrum dagegen, wo durch die Wirkung des Prismas die Strahlen gegen das weniger brechbare Ende hin enger zusammengeschoben
werden, in das dunkle, ultrarote Gebiet. Die Energie der ultravioletten Strahlen ist äußerst gering,
und die des ganzen sichtbaren Spektrums beträgt kaum ein Viertel der gesamten Sonnenenergie.
Diese thermoskopischen Methoden (mit Thermosäule oder Bolometer) gestatten zwar, die Energie der Strahlung zu messen und sehr
weit in das ultrarote Gebiet hinein zu verfolgen; sie können jedoch nur mehr oder weniger breite Lücken
in der Strahlung anzeigen, wogegen schmälere Linien ihnen notwendig entgehen; solche könnten nur auf rein optischem oder
auf photographischem Wege nachgewiesen werden.
Schon 1843 hatte Draper gefunden, daß rote und ultrarote Strahlen auf Daguerrotypplatten bei hinreichend langdauernder Einwirkung,
oder wenn die Platten vorher dem violetten Lichte ausgesetzt waren, einen Eindruck hinterlassen derart,
daß Quecksilberdampf an den getroffenen Stellen sich nicht mehr niederschlägt. Er erhielt auf diese Weise das photographische
Bild dreier Linien im Ultrarot, welche er mit α, β, γ bezeichnete. Auf gewöhnliche photographische Platten wirken diese Strahlen
bekanntlich nicht. In neuerer Zeit (1880) aber gelang es Abney nach vielen
Bemühungen, eine Bromsilberemulsion herzustellen, welche auch für diese Strahlen empfindlich ist, und damit das ultrarote
Gebiet sowohl des prismatischen als des Gitterspektrums zu photographieren. Nach seinen Photographien entwarf er eine große
Zeichnung des ultraroten Teils des Normalspektrums der Sonne,
[* 23] welche mehr als 500 stärkere und feinere Linien
aufweist, von welchen Abney einige besonders hervorragende mit Z, XI, XII, XIII, XIV, Y bezeichnete.
Eine weitere Methode zur Erforschung der ultraroten Strahlung ist die Phosphorographie. Wird ein Spektrum auf der Oberfläche
einer vorher durch Tageslicht schwach leuchtend gemachten phosphoreszierenden Substanz entworfen, so wirken, wie E.
Becquerel
zuerst gezeigt hat, die verschiedenen Partien des Spektrums in sehr verschiedener Weise auf die Substanz
ein. Ein Teil der blauen und violetten sowie ein Teil der ultravioletten Strahlen regen die Substanz zu erhöhtem Selbstleuchten
an, die übrigen dagegen, und darunter insbesondere die roten und ultraroten, löschen das bereits vorhandene Phosphoreszenzlicht
aus, nachdem sie dasselbe zuerst kurze Zeit zu hellerm Aufleuchten angefacht hatten.
Nach der Einwirkung erblickt man daher auf der phosphoreszierenden Fläche ein Bild, eine Phosphorographie des Spektrums, welches
an den von den erregenden Strahlen getroffenen Stellen heller, an den Stellen aber, auf welche die auslöschenden Strahlen wirkten,
dunkler ist als der schwach leuchtende Grund. Sind in dem SpektrumLücken vorhanden, wie die Fraunhoferschen Linien
im Sonnenspektrum, so erscheinen sie in dem hellen Teile der Phosphorographie, nämlich im Gebiete der erregenden Strahlen,
dunkel auf hellem Grunde, in dem dunkel gewordenen Gebiete der auslöschenden Strahlen aber hell auf dunklem Grunde.
Besonders hell treten in letzterer Region die Linien hervor, wenn man während der Einwirkung des Spektrums
die phosphoreszierende Fläche noch mit diffusem, blauem Lichte beleuchtet, welches, ohne die auslöschende Wirkung der ultraroten
Strahlen wesentlich zu stören, das allmähliche Verlöschen der hell gebliebenen Stellen verhindert. H. Becquerel entwarf 1883 auf
diese Weise das ultrarote Spektrum auf einem mit hexagonaler Blende (künstlichem Wurtzit, Schwefelzink)
überzogenen phosphoreszierenden Schirm und bezeichnete auf demselben die Stellen der gesehenen Linien mit Bleistift,
[* 24] oder las
sie an einer dem Spektrum entlang angebrachten Skala ab; die von ihm nach diesen Beobachtungen angefertigte Zeichnung des ultraroten
Spektrums enthält zahlreiche Linien und breitere Bänder und reicht bis zur Wellenlänge 1,48 μ. Auch
die ultraroten Emissionsspektren einiger Metalle wurden auf diese Weise ermittelt.
Die Beobachtung und Ausmessung des lichtschwachen phosphorographischen Bildes ist mühsam und unsicher. Weit empfindlicher
und sicherer als das Auge
^[Abb.: Fig. 2. Ultrarotes Normalspektrum der Sonne.]
¶
mehr
ist eine photographische Platte. »Phosphorophotographien« des ultraroten sowohl prismatischen
als normalen Sonnenspektrums wurden in neuester Zeit von Lommel hergestellt. Auf die zunächst hergestellte Phosphorographie
wird eine photographische Gelatinetrockenplatte gelegt, auf der sich nun das Spektrum mit allen dem bloßen Auge kaum wahrnehmbaren
Einzelheiten deutlich abbildet. Als phosphoreszierende Substanz wurde die gewöhnliche Balmainsche Leuchtfarbe
verwendet, deren bläuliches Phosphoreszenzlicht photographisch stark wirkt, während das grünliche Licht
[* 26] der hexagonalen
Blende nur wenig wirksam ist. Die gewonnenen photographischen Platten konnten phototypisch vervielfältigt werden und geben
demnach ein ganz objektives und völlig naturgetreues Bild von dem unsichtbaren ultraroten Teil des Spektrums. Die ihnen nachgebildete
[* 25]
Figur 2 (S. 949) stellt in zwei Spektralstreifen einen Teil des ultraroten Normalspektrums
der Sonne dar, von der LinieA am äußersten roten Ende des sichtbaren Spektrums bis zur Wellenlänge 0,95 y. Das Normalspektrum
wurde mit Hilfe eines Rowlandschen konkaven Gitters entworfen. Die Skala am untern Rande des Spektrums gestattet die
Wellenlängen abzulesen, die Buchstaben entsprechen den Bezeichnungen Abneys, mit dessen photographischer Aufnahme diese phosphorophotographische
sehr nahe übereinstimmt.
Das deutsche Unfallversicherungsgesetz vom hat sich im allgemeinen in der Praxis als
segensreich bewährt. Einige bei der Durchführung zu Tage getretene Mängel haben neuerdings das Reichsversicherungsamt
zu einer bezüglichen Umfrage bei den Berufsgenossenschaften veranlaßt, deren Resultat die Grundlage für eine Reform dieser
Gesetzesmaterie bilden wird; letztere dürfte indessen in der Reichstagssession 1890/91 nicht zu erwarten sein. Die Ergebnisse
der Unfallversicherung während des Jahres 1889 sind aus folgenden Tabellen ersichtlich.
A. Betriebe, Versicherte und Verletzte in den Jahren 1886,1887,1888 und 1889.
Es kommen 1889 bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften auf 1000 Versicherte an Verletzten überhaupt (Tabelle A, Spalte 5 und
8): 29,42 (1888: 28,04), darunter solche, für welche Entschädigungen festgestellt wurden (Tabelle A, Spalte 5): 4,71 (1888:
4,4).
In den außerdeutschen Staaten hat die Unfallversicherung in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht; namentlich
sind es die LänderÖsterreich-Ungarn, Italien,
[* 33] die Schweiz
[* 34] und Frankreich, wo die Unfallversicherung neuerdings gesetzlich geregelt wurde oder
eine solche Regelung angestrebt wird.
Die Rente beträgt: a) im Falle gänzlicher Erwerbsunfähigkeit und für die Dauer derselben 60 Proz. des Jahresarbeitsverdienstes,
b) im Falle teilweiser Erwerbsunfähigkeit und für die Dauer derselben einen Bruchteil jener Rente, welche
nach dem Maße der verbliebenen Erwerbsfähigkeit zu bemessen ist, jedoch nicht über 50 Proz. des
Jahresarbeitsverdienstes betragen darf. Im Falle der Tod aus dem Betriebsunfall erfolgt ist, besteht der Schadenersatz außer
in den Leistungen, welche dem Verletzten für die Zeit vor dem Eintritt des Todes etwa gebühren, noch:
1) in den Beerdigungskosten, nach dem Gebrauch des Ortes, höchstens von 25 Gulden;
2) in einer den Hinterbliebenen des Getöteten, vom Todestag angefangen, zu gewährenden Rente, welche ähnlich wie die im
deutschen Unfallversicherungsgesetz festgestellte Rente berechnet wird. Zur Durchführung der ist in der
Regel für jedes Land in der Landeshauptstadt eine Versicherungsanstalt errichtet. Mitglieder dieser Anstalt sind die
Unternehmer der im Bezirk gelegenen versicherungspflichtigen Betriebe und die in denselben beschäftigten Arbeiter und Betriebsbeamten.
Der Vorstand der Anstalt besteht zu einem Drittel aus Vertretern der Betriebsunternehmer, zu einem Drittel
aus Vertretern der Versicherten und zu einem Drittel aus den mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bezirks vertrauten,
vom Minister des Innern berufenen Personen. Die Versicherungskosten werden durch Beiträge aufgebracht, welche von den Mitgliedern
nach Maßgabe des von den Versicherten bezogenen Arbeitsverdienstes und unter Zugrundelegung eines Gefahrenklassentarifs
zu entrichten sind.
Ein Arbeitsverdienst, welcher den Betrag von 1200 Guld. für ein Jahr übersteigt, kommt nur mit diesem
letztern in Anrechnung. Von den Versicherungsbeiträgen fallen dem Versicherten 10 Proz., dem Unternehmer
des versicherungspflichtigen Betriebs 90 Proz. zur Last; letzterer muß beide Quoten bezahlen, hat aber das Recht, die Quote
des Versicherten von dem Gehalt oder Lohne desselben einzubehalten. Außerhalb des Gesetzes stehende berufsgenossenschaftliche
Versicherungsanstalten können nach ministerieller Genehmigung die Funktionen der staatlichen
Anstalten übernehmen. Die übrigen
Einrichtungen sind in gleicher oder ähnlicher Weise wie in Deutschland
[* 36] getroffen.
In Italien existiert als Hauptversicherungsanstalt die auf Grund des Gesetzes vom gegründete Nationalbank
für Versicherung der Arbeiter gegen Unfälle. Die Bank ist nicht staatlich, sondern der Staat hat sie nur ins Leben gerufen und
führt eine gewisse Aufsicht über ihre Thätigkeit, namentlich über die Feststellung der Prämiensätze. Ursprünglich haben 10 Geldinstitute
einen Garantiefonds von 1,500,000 Lire zugesichert und sich auch zur Tragung der Verwaltungskosten verpflichtet.
Der Dienst der Postsparkassen ist von der Regierung der Bank kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Zweck der Nationalbank ist,
gegen die Schäden zu versichern, welche den Arbeitern im Gebiete des italienischen Staates durch Unglücksfälle bei der Arbeit
entstehen. Die Versicherung ist individuell oder kollektiv; die Kollektivversicherung kann von den Arbeitgebern
allein, oder von den Arbeitgebern und Arbeitern, oder nur von Arbeitern ausgehen. Die Versicherung findet Anwendung auf solche
Unglücksfälle, welche den Tod des Versicherten, eine vollständige dauernde Arbeitsunfähigkeit, eine teilweise dauernde
Arbeitsunfähigkeit, endlich eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben.
Überschüsse werden alle 5 Jahre zur Hälfte dem Garantiefonds zugewiesen, zur Hälfte an die Versicherten
verteilt, welche innerhalb dieses Zeitraums eine Entschädigung wegen vollständiger und dauernder Arbeitsunfähigkeit erhalten
haben. Am hatte die Nationalbank 70,222 Versicherungen abgeschlossen. Diese geringe Entwickelung liegt teils in verschiedenen
Einrichtungen der Bank selbst, teils in der geringen Selbständigkeit derselben begründet.
Die Unfallversicherung wird in Italien ferner noch durchgeführt von privaten und kommunalen Instituten; unter letztern
ist besonders das 1883 in Mailand
[* 37] begründete Patronat für Versicherung von Arbeitern bei Unglücksfällen zu nennen. Die Anstalten
dieser Art haben sich verhältnismäßig viel günstiger entwickelt als die Nationalbank. Für eine obligatorische Staatsversicherung
herrscht in Italien wenig Meinung. Die Zahl der in Italien gegen Unfall versicherten Arbeiter wurde auf
100,000 geschätzt.
Die Schweiz erstrebt seit mehreren Jahren eine Unfallversicherung nach deutschem Muster. Zu diesem Zwecke werden seit Ende 1887 auf die Dauer
von 3 Jahren alle Unfälle vermerkt, welche für Arbeiter im Alter von mehr als 14 Jahren den Tod oder eine
Erwerbsunfähigkeit von mehr als 6 Tagen zur Folge haben.
In Frankreich herrscht bezüglich der gesetzlichen Regelung der Unfallversicherung ein ähnliches Bestreben. Dort besteht nämlich auf Grund
des Gesetzes vom und unter Verwaltung der Depositenkasse eine Lebens- und Unfallversicherungskasse. Die
Versicherung bei derselben ist eine freiwillige und kann auf eine Summe bis zu 3000 Frank erfolgen. Die Kasse kennt keine Gefahrenklassen
und gewährt bei Erwerbsunfähigkeit, deren Grad durch ein aus Sachverständigen bestehendes Schiedsgericht bestimmt wird, dem
Verletzten den 320fachen Betrag der Prämie als Rente; letztere wird im Falle vollständiger Erwerbsunfähigkeit
aus Staatsmitteln um das Doppelte erhöht. Die Versicherungssumme wird bei der Altersrentenkasse in eine entsprechende Leibrente
umgewandelt. Die Hinterbliebenen erhalten eine Rente, welche die Höhe von zwei Jahresraten der dem Versicherten zugesprochenen
Leibrente erreichen kann.
¶
mehr
Im J. 1887 waren etwa 25,000 Personen bei jener Kasse versichert. Seit dem Jahre 1881 sind dem Senat verschiedene Gesetzentwürfe
unterbreitet worden, welche die Unfallversicherung fruchtbringender gestalten sollen und unter anderm sich für Versicherungszwang aussprechen.
Der neueste Entwurf, welcher vom Senat im J. 1889 an die Kommission zurückverwiesen wurde, stellt eigentlich
mehr ein Haftpflicht- als ein reines Unfallversicherungsgesetz vor. Er bezweckt, die Arbeitgeber durch Bestimmungen über
die Haftpflicht zu zwingen, ihre Arbeiter zu versichern, und zwar entweder bei der im Entwurf projektierten Staatsanstalt oder
bei territorialen oder genossenschaftlichen Anstalten, oder endlich bei Privatanstalten für umfangreichere Betriebe. Bei
allen diesen Instituten ist eine Finanzverwaltung durch die Staatskasse in Aussicht genommen.
Zur Litteratur: Von Platz, Die Unfallverhütungsvorschriften, herausgegeben vom Verband
[* 39] der deutschen Berufsgenossenschaften,
erschien der 2, Band:
[* 40] »Vorschriften für Arbeiter« (Berl. 1889).
(Sterilität), männliche. Während bisher bei kinderlosen Ehen fast ausnahmslos angenommen wurde, daß
die Unfruchtbarkeit auf eine krankhafte Veranlagung der Frau zurückzuführen sei, wurde neuerdings die Aufmerksamkeit mehr
darauf hingelenkt, daß auch beim Mann Zeugungsunvermögen bestehen könne. Selbst dann, wenn die Ausübung des Koitus unbehindert
möglich ist und anscheinend nichts auf eine Abnormität hindeutet, findet man in manchen Fällen bei mikroskopischer
Untersuchung des Spermas gar keine Spermatozoen (Azoospermie), oder es stellt sich überhaupt kein Samenerguß ein (Aspermatismus).
Der Aspermatismus kann dadurch bedingt sein, daß durch Verlegung oder narbige Verziehung der Samenleiter
der Same in die Blase gelangt; auch bei hochgradigen Strikturen der Harnröhre wird Aspermatismus beobachtet. Wohl zu unterscheiden
von diesen Formen der männlichen Unfruchtbarkeit, bei welchen die unbehinderte Kohabitationsfähigkeit das Charakteristische
ist, sind die Fälle eigentlicher Impotenz. Sie sind meistens Teilerscheinungen allgemeiner Neurasthenie und werden von
einer auf diese gerichteten Behandlung in den meisten Fällen sehr günstig beeinflußt. Am meisten leistet hier die Playfair-MitchellscheKur.
Vgl. Casper, Impotentia et sterilitas virilis (Münch. 1890).
[* 44] Die neueste Volkszählung wurde in Ungarn vorgenommen. Nach den Ergebnissen derselben beträgt die Gesamtbevölkerung
des Landes (samt Kroatien und Slawonien) 17,449,705 Seelen und hat sich seit der letzten, Ende 1880 vorgenommenen
Zählung um 1,7 Mill., d. h. um 10,8
Proz., vermehrt. Von obiger Bevölkerung
[* 45] kamen auf das Militär 113,776, auf die Zivilbevölkerung 17,335,929 Personen. Letztere
verteilt sich auf die einzelnen Gebiete folgendermaßen:
Die
Anzahl der Häuser betrug 1880: 2,577,423 und 1890: 2,889,482, hat also um 312,059 oder um 12,18 Proz.
zugenommen. Die Städte weisen meist eine Zunahme der Bevölkerung auf. Sie betrug in
Die volkswirtschaftlichen Ergebnisse des Jahres 1890 waren fast durchweg günstig; die Ernte
[* 46] übertraf
sogar jene des Jahres 1887 und war insbesondere reich an Weizen, dessen Durchschnittsertrag jährlich ca. 30 Mill. metr. Ztr.
beträgt. In der Periode 1885-90 wurden nämlich gewonnen auf bebauten Flächen:
Im innigen Zusammenhang mit diesen, den eignen Bedarf des Landes weit übersteigenden Ziffern stehen jene
über den nicht minder wichtigen Getreide- und Mehlexport. Im J. 1889 wurden 17,6 Mill. metr.
Ztr. Cerealien und Mehl
[* 47] (im Werte von 80,2 Mill. Guld.) ausgeführt, und zwar 5,5 Mill. metr. Ztr.
Weizen, 1,4 Roggen, 2,1 Gerste,
[* 48] 1,0 Hafer,
[* 49] 2,0 Mais. Was insbesondere den Mehlexport anbelangt, so ist derselbe
im Zeitraum 1882-89 von 2,8 auf 4,6 Mill. metr.
Ztr. gestiegen. Der Ertrag des Weinbaues war im verflossenen Jahrzehnt großen Schwankungen unterworfen. Während die Fläche
der Weinberge sich nur wenig veränderte, nämlich von 360,266 Hektar (1876) auf 352,794 Hektar (1887) sank,
ergab die Ernte (1878) 8 Mill. und (1879) 6,3
Mill. hl, 1876 und 1880 jedoch nur 1,8, resp. 2,4
Mill. hl. Mit Einschluß der zum Genuß verkauften Trauben, deren Menge zwischen 2,2 Mill. kg (1882) und 7,9
Mill. kg (1876) schwankte, ist der Ertrag des Weinbaues von 15,5 Mill. (1876)
auf 43,7 Mill. Guld. (1887) gestiegen.