ist immun.
Experimente beweisen, daß diese
Immunität keineswegs auf besonderer Lebenstüchtigkeit
(Energie) der
Leukocyten
beruht, welche sie im ersten
Kampfe gegen den Krankheitsträger erworben haben, ebenso wenig auf einer Gewöhnung an das bakterielle
Gift, vielmehr wird die
Immunität herbeigeführt durch bestimmte
Materien, welche die
Bakterien selbst produzieren und welche
die Säfte des
Körpers auf eine mehr oder weniger dauerhafte
Weise modifizieren.
Diese
Theorie der erworbenen
Immunität ist nicht anwendbar auf die
Theorie der natürlichen
Immunität, denn sonderbarerweise
fehlt der baktericide Zustand bei den Tierarten, welche eine natürliche
Immunität besitzen, und umgekehrt besitzen
Tiere,
deren Säfte sich als baktericid erweisen, doch
Empfänglichkeit für das
Gift. Bei einem
Tiere von natürlicher
Immunität ruft dasselbe ganz ebenso wie bei dem vaccinierten den Phagocytismus hervor; aber dies ist nicht der
Fall, weil
es sich abschwächt wie im
Körper des vaccinierten
Tieres, sondern weil das
Nervensystem eines solchen von
Natur aus immunen
Tieres weniger reizbar ist als das eines nicht immunen
Tieres gegenüber demjenigen bakteriellen
Sekret,
welches das Austreten der
Phagocyten verhindert. Aber auch bei einem solchen
Tiere kann man die
Infektion hervorrufen, wenn
man nur eine genügend große
Dosis der bakteriellen
Produkte einspritzt, ein
Beweis, daß die natürliche
Immunität nicht etwas
Spezifisches
[* 2] darstellt, sondern von dem gewöhnlichen Verhalten nur graduell verschieden ist.
Den zweiten
Vortrag hielt
Key
(Stockholm)
[* 3] über die Pubertätsentwickelung und das
Verhältnis derselben zu den Krankheitserscheinungen
der Schuljugend. Nach den Untersuchungen in
Dänemark
[* 4] und
Schweden
[* 5] beobachtet man bei
Knaben ziemlich starke Zunahme nach
Länge
und
Gewicht im 7. und 8. Lebensjahr, eine schwächere vom 9.-14. und eine bedeutend schnellere bis zum
vollendeten 17. Jahre. Sie ist am stärksten im 15., am schwächsten im 10. Jahre. Die Zunahme bezieht sich zunächst auf
die
Länge, das
Gewicht nimmt später zu, am stärksten im 16. Jahre.
Die Gewichtszunahme dauert fort bis zum 19. Jahre, wo dann die körperliche
Entwickelung des
Jünglings
abgeschlossen erscheint. Bei den Mädchen sinkt das Wachstum nach dem 8. Jahre nicht so stark wie bei den
Knaben, und schon
im 12. Jahre ist wieder eine starke
Steigerung des Längenwachstums vorhanden. Die Gewichtszunahme folgt der Längenzunahme,
überholt sie aber schon im 14. Jahre. Im 17. und 18. Jahre ist die Längenzunahme nur noch schwach,
die Gewichtssteigerung aber sinkt erst im 20. Jahre auf
Null.
Bis zum 11. Jahre ist der
Knabe im Gesamtwachstum dem Mädchen überlegen, von da ab bis zum 16. wird er von diesem überholt,
dann wiederum übertrifft sein Wachstum das des Mädchens. Bei ärmern
Kindern sind
Länge und
Gewicht geringer
als bei
Kindern der Wohlhabenden. Das starke Wachstum tritt auch bei erstern später ein als bei letztern, vollzieht sich
aber um so schneller, so daß das Ende der
Entwickelung gleichzeitig erreicht wird. Nur wenn die hindernden Verhältnisse
zu stark sind und zu lange andauern, bleibt das arme
Kind überhaupt zurück.
Malling-Hansen fand, daß von
November, bez.
Dezember bis
März-April nur schwaches
Längen- und noch schwächeres Gewichtswachstum
stattfindet. Von
März-April bis
Juli-August folgt starkes Längenwachstum, während das
Gewicht zurückgeht, oft um ebensoviel,
wie es in der vorhergehenden
Periode zugenommen hatte.Endlich folgt von
August bis
November bei nur noch
geringer Längenzunahme
starke Zunahme des
Gewichts. Die tägliche Gewichtszunahme ist oft dreimal so groß als während der
Wintermonate. Es wiederholt sich also jährlich die für die Pubertätsentwickelung gefundene
Regel. Es wird eingehender Untersuchungen
bedürfen, um zu entscheiden, ob diese thatsächlichen Verhältnisse unmittelbar physiologisch begründet
oder ob sie nur die
Frucht äußerer Verhältnisse sind.
Einen Beitrag zur Beantwortung der
Frage liefert die Untersuchung der Schulkinder. Von 15,000
Knaben der
MittelschulenSchwedens
war mehr als ein Drittel krank oder mit chronischen
Leiden
[* 6] behaftet. An habituellem Kopfweh litten 13,5, an
Bleichsucht 13 Proz.
In den ersten und in den letzten Schuljahren liegt die
Sache am schlimmsten.
In den Vorbereitungsschulen
sind von den
Knaben der untersten
Klasse 17, der zweiten
Klasse 37, der obersten (4.)
Klasse 40 Proz. krank. Da die Anforderungen
der
Schule regelmäßig steigen, die mittlern
Klassen der
Mittelschulen aber weniger ungünstig gestellt sind,
so kann der Fehler nicht wohl in der
Organisation derSchule liegen. Es ist eben das Wachstumsverhältnis, welches sich hier
geltend macht.
In der Zeit des verzögerten Wachstums ist die Krankheitsziffer am größten, in der Zeit stärkster Zunahme des Wachstums
ist sie am kleinsten, und unmittelbar nach
Schluß der Pubertätsentwickelung, wenn die jährliche
Längen-
und Gewichtszunahme sich schnell vermindert, steigt die Krankheitsziffer wieder. Für die
Jünglinge ist das 17. Jahr das
gesündeste, widerstandsfähigste, vom 18. an verschlechtert sich der Gesundheitszustand wieder. Unter 3000 Schulmädchen
zeigte sich die Kränklichkeit erschreckend groß, 61 Proz. derselben sind krank oder mit ernstern
chronischenLeiden behaftet. 36 Proz. leiden an
Bleichsucht, ebenso viele an habituellem Kopfweh, mindestens 10 Proz.
an Rückgratsverkrümmungen. Im 13. Lebensjahr steigt die Krankheitsziffer auf 65 Proz., dann
sinkt sie etwas, um später auf 68 Proz. zu steigen. In
Dänemark sieht es besser aus, doch beträgt auch hier die Krankheitsziffer 49 Proz.
Die weitere Klärung dieser Verhältnisse erwartet Redner durch gleichartige internationale Untersuchungen.
Er bespricht dann noch die Anforderungen der
Schule und kommt zu dem
Resultat, daß namentlich die
Periode der schwächsten
Entwickelung der größten
Schonung bedarf.
Oft sistieren
Atmung und
Herzthätigkeit zu gleicher Zeit, zuweilen wurde beobachtet, daß die
Atmung noch eine Zeitlang fortdauerte,
während der
Puls nicht mehr zu fühlen war; in der
Regel stockt aber die
Atmung zuerst. Für die
Thatsache,
daß in verschiedenen
Ländern die klinischen
Erfahrungen und die
Resultate der Tierversuche mit
Chloroform so sehr verschieden
sind, daß namentlich in den
Tropen die lähmende
Wirkung auf das
Herz nicht beobachtet wird, sind zwei
Erklärungen möglich:
entweder besitzen
Menschen und Versuchstiere in
¶
Von großer Wichtigkeit ist ferner die Lage des Kranken. Wird der Kopf desselben gehoben, so sinkt der Druck im arteriellen
Gefäßsystem, steigt also die Gefahr. Günstig wirkt Druck auf die rechte Herzgegend. Die forcierte künstliche Atmung (Einführung
eines Kautschukrohrs in die Luftröhre und Benutzung eines Blasebalgs mit Hahnregulierung) mit rhythmischen
Kompressionen der Brust ist das mächtigste Wiederbelebungsmittel. Für die Äthernarkose zeigte Redner einen in Amerika
[* 12] viel
benutzten Apparat, welcher genaue Dosierung und Sicherung der Konzentration gestattet.
Cantani (Neapel)
[* 13] sprach über Antipyrese. Er definiert das Fieber als Beschleunigung des Stoffwechsels mit
Steigerung der Gewebsverbrennung und hiermit auch der Wärmeerzeugung. Nicht alle Fieber nehmen auf gleiche Art und in gleichem
Maße das Brennmaterial des Körpers in Anspruch, und darin liegt die Erklärung, daß die Folgen des Fieberprozesses bei den
verschiedenen Krankheiten so verschieden sind. Jedenfalls ist es Aufgabe der Therapie, den Stoffverbrauch
zu vermindern, und deshalb trachtet man danach, das Fieber herabzusetzen oder zu unterdrücken.
Die Entziehung von Wärme
[* 14] ist nur ein symptomatisches Verfahren, welches gegen die gesteigerte Verbrennung von Körperbestandteilen
nichts vermag. Die Antipyretika dagegen wirken der vermehrten Wärmebildung entgegen, vermindern den fieberhaften Stoffverbrauch.
Es fragt sich aber, ob die Antipyretika, auf diese Weise wirkend, nützlich für den fiebernden Kranken
sind. Die Krankheit ist der Ausdruck des notwendigen Kampfes des Organismus gegen den Krankheitserreger.
Wie nun die Entzündung die lokale Reaktion des angegriffenen Gewebes gegen den auf die Lokalität einwirkenden Krankheitserreger
darstellt, so ist das Fieber die allgemeine Reaktion des Gesamtkörpers gegen die von dem Krankheitserreger
im ganzen Stoffwechsel bewirkten Veränderungen. Diese Reaktion ist Bedingung der Genesung. Ein günstiger Einfluß des Fieberprozesses
auf die Infektionswirkung kann auf dreifache Weise zum Ausdruck kommen:
1) indem es die Lebensthätigkeit, die Vermehrung und auch die Virulenz der lebenden Krankheitserreger im Körper durch die
erhöhte Temperatur beeinträchtigt, 2) indem es die Widerstandsfähigkeit der Gewebselemente und ihre
phagocytäre Bedeutung erhöht, 3) indem es den Nährboden in den Geweben durch die Modifikationen des fieberhaften Stoffumsatzes
für die lebenden Krankheitserreger ungünstig gestaltet. Das Fieber kann also nützlich sein, wenn der Stoffumsatz nicht
bis zur Erschöpfung gesteigert wird, und daß das Fieber wirklich nicht die Hauptgefahr der Krankheit
bedingt, erhellt auch aus der täglichen praktischen Erfahrung. Es sind eben die akuten fieberhaften Krankheiten, welche im
allgemeinen einer spontanen Heilung fähig sind, während die fieberlosen chronischen Krankheiten sehr schwer oder gar nicht
heilen und die fieberlosen, mehr oder weniger akuten eine sehr große Mortalität geben.
Deshalb sollte man abstehen von der Ausbildung einer Fiebertherapie und
nach Mitteln suchen, welche das Fieber dem Kranken entbehrlich
machen, indem sie den Fiebererreger vernichten oder doch abschwächen. In dieser Art wirkt das Chinin bei Malaria, welches direkt
die Ursache der Malaria angreift. Alle andern Fiebermittel setzen neben gesteigerter Wärmeabgabe die Wärmeerzeugung
herab. Da nun aber die verschiedenen pathogenen Bakterien den verschiedenen bakterientötenden Mitteln gegenüber sich sehr
verschieden verhalten, so kann es kein allgemeines Fiebermittel geben. Es wird vielmehr Aufgabe der Wissenschaft sein, für
jede Bakterienart ein Spezifikum zu suchen.
Neben seiner Heilwirkung kann hohes Fieber auch schädlich wirken, die hohe Temperatur beeinträchtigt
die Herzkraft, bedroht die Nervenzentren, und man ist deshalb gezwungen, dieselbe herabzusetzen. Dies geschieht aber am besten
durch Wärmeentziehung, also ohne die Mehrbildung von Reaktionswärme zu vermindern. Hierzu eignen sich kalte Vollbäder,
kalte Einwickelungen, Übergießungen etc., dann reichliches Trinken von kaltem Wasser und die Enteroklyse.
Die Wärmeerzeugung wird durch diese Methode der Wärmeentziehung noch gesteigert, und somit tritt der fundamentale Unterschied
gegenüber den chemischen Antipyreticis mit ihrer Herabsetzung der Wärmebildung klar hervor.
Meynert (Wien)
[* 15] sprach über das Zusammenwirken der Gehirnteile. Das Gehirn
[* 16] ist nicht wie das Gerippe aus gleichartigen Einzelteilen
für eine Mechanik zusammengesetzt, sondern aus sehr ungleichartigen Formen, nur im Feinsten bestehen sie
alle aus gleichartigen Teilen; es ist keineswegs, wie das allgemein geschieht, im Verein mit dem Nervensystem einem elektrischen
Apparat zu vergleichen. Seine graue und weiße Substanz kann nur mit einer sozialen Gruppierung lebender beseelter Wesen zusammengehalten
werden.
Das Gehirn ist in den Halbkugeln einer Kolonie durch Fühlfäden und Fangarme sich des Weltbildes bemächtigender,
lebender, bewußtseinsfähiger Wesen vergleichbar, und dies ist mehr als ein bloßer Vergleich. Nur das Bewußtsein der Hirnrinde
fällt beim Menschen in die Aufmerksamkeit, und durch die allseitig protoplasmatischen und markhaltigen Verbindungen der Elementarwesen
der Rinde, durch ihre Associationsvorgänge erscheint sie sich als ein einziges Wesen.
Seinen geistvollen Vortrag schließt Meynert mit folgenden Worten: »Da wir von der Annahme spezifischer Energien der Gehirne ablassen
mußten, da wir nur eine angeborne Anatomie und einen angebornen Chemismus übrigbehalten, aber kein angebornes Wissen von der
Erscheinungswelt, so fällt ein Anhaltspunkt für die Deszendenzlehre, ein solches angebornes Wissen zuzulassen,
der Annahme irgend welcher angeborner Hirnfunktionen oder angeborner Gedanken Spielraum zu geben. Licht
[* 17] und Schall
[* 18] sowie das
Raumbild sind Gegenstände des Erlernens. Es gibt keine Instinkte, keine Triebe, kein Bewegen, welchen ein noch unerlebtes
Ziel im Bewußtsein zu Grunde läge. SchonEhrenberg hat für die einfachsten Wesen der Tierwelt den Instinkt
abgelehnt und in ihnen Äußerungen eines Bewußtseins gesehen, das solidarisch ist bis aufwärts zum Menschen. Die Orientierung
des Insekts über den Ort, wo es sein Ei
[* 19] absetzt, ist nicht angeboren sondern den Erfahrungen entnommen, welche die Larve gemacht
hat, deren Nervensystem dazu schon genug entwickelt, nicht die Umbildungen mehr durchmacht wie der übrige
Leib, und deren Bewußtsein in das Bewußtsein des fertigen Insekts sich fortsetzt. Auch für das Erlernen der Arbeit bei
¶
mehr
Bienen und Ameisen lassen sich Belege geben. Die genetische, zu höhern Formen gelangende Umbildung der Organismen ist außer
durch Zuchtwahl nur durch die Entwickelungsfähigkeit der organischen Keimanlage zu erklären. Wenn diese den einzelligen
Organismus in einen mehrzelligen verwandeln konnte, so war jede weitere Stufe der Organisation gleichfalls durch sie erreichbar.
Wir müssen dem Keime eine über alle unsre Einsicht und Ausdrucksfähigkeit hinausreichende Verwickeltheit zuschreiben, was
seinen latenten anatomischen und chemischen Inhalt betrifft. Ein Wissen von der Außenwelt aber und Motive der Bewegungen, welche
nur durch die äußern Reize reflektorisch angesponnen werden, kann er so wenig einschließen wie der Magnet auf
andre Körper als auf Eisen
[* 21] einzuwirken vermag. So wenig in dem Rohmaterial zu einer Maschine
[* 22] etwas von deren Leistung gelegen
ist, welche erst mit ihrer kunstvollen Vollendung und ihrer Beheizung hervortritt, so wenig sind im Keime der vielzelligen
Tierkörper und auch in dem bezüglich des Zusammenwirkens seiner Teile einen verständlichen Mechanismus
darstellenden Gehirn schon Funktionen wirksam, welche der Vollendung der Mechanismen und ihrer Auslösung durch Kraftübertragung
von außen bedürfen.« Den letzten Vortrag hielt Stokvis (Amsterdam)
[* 23] über Kolonialpathologie. Das Wesentliche seines Vortrags
s. Akklimatisation.
Unter den verschiedenen Erklärungen, welche für die Entstehung der großen Meeresströmungen
[* 24] aufgestellt sind,
haben nur zwei eine größere Bedeutung, die man als die Gravitationstheorie und die Windtheorie bezeichnen
kann. Die Gravitationstheorie führt die allgemeine ozeanische Zirkulation auf die starke Erwärmung des Meereswassers unter
dem Äquator zurück, wodurch das leichtere Oberflächenwasser polwärts abfließt und durch eine Rückströmung kalten und
dichten Polarwassers in der Tiefe ersetzt wird; die Windtheorie sieht als einziges Agens der Meeresströmungen
die Passatwinde und die vorherrschenden Winde
[* 25] an der Meeresfläche an. Wenn nun auch festgestellt ist, daß die Bewegungen der
Atmosphäre in erster Linie für die Entstehung der Meeresströmungen in Betracht kommen, so darf man gleichwohl die Temperaturschwankungen,
Dichteunterschiede, Verdunstung, Rotation der Erde und Druck der an der Oberfläche lagernden Wassermassen
als sekundäre Faktoren nicht außer acht lassen.
Die allgemeine Versetzung der Wassermassen läßt sich oft weniger durch direkte Beobachtungen nachweisen als durch Temperaturmessungen.
Letztere haben nun ergeben, daß in allen Meeren, die in der Tiefe frei mit den Eismeeren in Verbindung stehen, selbst
unter dem Äquator, eiskalte Wassermassen lagern, die nur an der Oberfläche von einer verhältnismäßig dünnen Schicht warmen
Wassers überlagert werden. Das Aufquellen des kalten Tiefenwassers am Äquator läßt sich unzweideutig durch die Lage der
Isothermenflächen nachweisen, die von den höhern Breiten nach den Tropen aus der Tiefe emporsteigen.
Die chemische Zusammensetzung des Polarwassers lehrt ferner, daß das ganze Becken des norwegischen Meeres
in seiner Tiefe mit salzreichem atlantischen Wasser von hohem Stickstoffgehalt angefüllt ist. In der Richtung der Meridiane
herrscht also eine dreifache Zirkulation des Wassers: ein Absteigen in hohen Breiten, in der Tiefe eine Bewegung äquatorwärts
und ein Aufsteigen unter dem Äquator. Auf die vorherrschende Windrichtung ist auch der Austausch des
Wassers in der Richtung der Parallelkreise zurückzuführen.
Ein anhaltend gegen das Ufer wehender Wind bewirkt hier
eine Aufstauung des Wassers; der Druck, der hierdurch in der Tiefe an der
Luvküste erzeugt wird, veranlaßt einen Unterstrom am Meeresboden in einer dem Winde entgegengesetzten
Richtung. So wird eine vertikale Zirkulation eingeleitet mit einer absteigenden Bewegung des Wassers an den Luvküsten und einer
aufsteigenden an den Leeküsten. Entschiedene Leeküsten sind in der Passatzone die Westküsten der Kontinente, die Ostküsten
dagegen Luvküsten. Im nordatlantischen Ozean trifft man an der Küste von Marokko,
[* 26] der Sahara und von Senegambien
bis zum Kap Verde kaltes Küstenwasser, im südlichen Atlantic erstreckt sich eine Zone kalten Küstenwassers vom Kap bis zur
Congomündung.
Dieselbe Erscheinung wiederholt sich an der Westküste von Nordamerika
[* 27] vom KapSan Lucas bis San Francisco und an der Westküste
von Südamerika
[* 28] vom KapBlanco bis über Valparaiso
[* 29] hinaus. Diese Kaltwassergebiete verdanken ihre Entstehung
den Passaten, die das Oberflächenwasser der Ozeane westwärts drängen; der Überdruck, der an den Luvküsten entsteht, veranlaßt
eine Kompensation an den Leeküsten durch Emporsteigen kalten Wassers aus der Tiefe. Entsprechend diesen Verhältnissen, liegen
im Westen der tropischen Ozeane die Isothermenflächen viel tiefer als in der Osthälfte.
In den Gebieten, welche außerhalb der Passatzone liegen, muß nun infolge der vorherrschenden Westwinde eine Zirkulation in
entgegengesetzter Richtung stattfinden. Für den nordatlantischen Ozean ist dieselbe nachgewiesen. Die Isothermen senken sich
gegen Osten; die »kalte Mauer«, jenes Kaltwassergebiet, das die amerikanische Küste von dem warmen Wasser
des Golfstroms trennt, rührt nur zum Teil von dem Labradorstrom her, zum Teil ist der Auftrieb
[* 30] an der Leeküste die Ursache.
Diese beiden großen Zirkulationssysteme stehen miteinander in einem Austauschverhältnis. Nur zum kleinen Teil sinken die
Wassermassen des Äquatorialstromes an der Luvküste zur Tiefe, die größte Masse biegt an den Antillen
um und lenkt als Golfstrom in den Oberflächenstrom der nördlichen Zirkulation ein. Von diesem letztern zweigt sich wieder
ein Arm an der spanisch-afrikanischen Küste südwärts zum Äquatorialstrom ab. Dieses ganze System verdankt seine Entstehung
der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation, welche durch den Temperaturunterschied zwischen Pol undÄquator einerseits, Kontinent
und Ozean anderseits bedingt ist.
Von den Strömungen ist nun die Verteilung der Oberflächentemperatur der Ozeane abhängig. In denTropen, wo die Strömungen
von O. nach W. setzen, verbreitert sich das Gebiet tropisch warmen Wassers (über 24°) ganz außerordentlich nach W. Entsprechend
den in gemäßigten Breiten herrschenden östlichen Strömungen, finden sich die Ansammlungen von Wasser
mit Temperaturen von 12-20° an den Ostseiten der Ozeane. Es beträgt die Breite
[* 31] der Fläche mit einer Oberflächentemperatur
von 12-24° im
Die Folge hiervon ist, daß die Wasserflächen mit einer Temperatur über 12° sehr viel breiter in den
Osthälften sind als in den Westhälften. Wie ausgedehnt die Flächen warmen Wassers sind, zeigt folgende Tabelle: Es beträgt
in Prozenten der bezüglichen Meeresfläche das Areal der Nordhemisphäre (NH.), bez. der Südhemisphäre (SH.) mit einer
Oberflächentemperatur
¶
Zwei Fünftel der gesamten Meeresoberfläche sind im Jahresdurchschnitt tropisch und mehr als die Hälfte
über 20° erwärmt. Zugleich lassen die Zahlen erkennen, in wie hohem Maße die nördliche Halbkugel in Bezug auf die ozeanische
Wärmeverteilung begünstigt ist. Die Flächen hoher Temperatur verschieben sich mit dem Sonnenstand, so daß im Sommer der
Nordhemisphäre der größere Teil der erstern nördlich, im Winter aber südlich vom Äquator liegt. Im
Jahresmittel tritt die thermische Begünstigung der nördlichen Halbkugel deutlich hervor, wie folgende Tabelle zeigt, welche
angibt, wieviel Prozent der gesamten über 24°, bez. über 20° erwärmten Meeresfläche
der nördlichen und wieviel der südlichen Hemisphäre zukommt.
über 24°
über 20°
Febr.
Aug.
Jahr
Febr.
Aug.
Jahr
NH.
42
68
55
43
59
51
SH.
58
32
45
57
41
49
Der größere Teil der tropisch warmen Meeresfläche gehört der Nordhemisphäre an.
Oskar, Freiherr von, preuß. General der Infanterie, geb. zu Berlin,
[* 33] trat 1843 beim 21. Infanterieregiment
in den Dienst, ward 1845 Offizier, focht 1848 gegen die aufständischen Polen, ward 1857 zum Premierleutnant, 1859 zum Hauptmann
befördert und in das 24., bei der Neugestaltung des Heeres im J. 1860 aber in das 64. Infanterieregiment
versetzt. Als Kompaniechef in letzterem machte er denKrieg von 1864 gegen Dänemark mit, in welchem er sich beim Sturme auf
Düppel
[* 34] auszeichnete; 1866 focht er als Major und Bataillonskommandeur im 4. ostpreußischen Grenadierregiment Nr. 5 mit dem 1. Armeekorps
in Böhmen.
[* 35]
Bei Ausbruch des Krieges von 1870/71 ward er mit der Führung des 5. ostpreußischen Infanterieregiments Nr. 41 beauftragt und zum
Obersten und Kommandeur desselben ernannt. An der Spitze desselben nahm er am Feldzug der ersten Armee vor Metz
[* 36] und im nördlichen
Frankreich teil. 1872 als Kommandeur des 3. Gardegrenadierregiments KöniginElisabeth in das Gardekorps
versetzt, erhielt er 1874 das Kommando der 11. Infanteriebrigade (Berlin), trat, inzwischen zum Generalmajor befördert, im
Oktober 1875 als Brigadekommandeur wiederum zur Garde über, war 1880 einige Zeit Kommandant von Berlin, ward noch in demselben
Jahre mit der Führung der 30. und 1882, nachdem er 1881 Generalleutnant geworden war, mit dem Kommando
der 28. Division betraut, 1886 an die Spitze des 5. Armeekorps gestellt, zum General der Infanterie und im nämlichen
Jahre zum kommandierenden General des Gardekorps ernannt. General Meerscheidt-Hüllessem war 1878 Mitglied einer mit Herstellung eines Entwurfs
für eine deutsche Militärstrafgerichtsordnung beauftragten und 1888 Vorsitzender der zur Bearbeitung des Exerzierreglements
für die Infanterie vom berufenen Kommission.
in Arkadien ist bisher niemals genauer in seinen Ruinen untersucht worden,
obwohl an mehreren Stellen antike
Gebäude sichtbar waren. Erst 1890 hat die englische archäologische Schule in Athen
[* 37] dort zu graben und
namentlich das südlich vom Helisson gelegene Theater
[* 38] freizulegen begonnen. Wider Erwarten sind nicht nur die untern Sitzreihen,
sondern auch die Untermauern des Bühnengebäudes recht gut erhalten, und obwohl der Grundriß bisher noch nicht ganz klar
ist, so nimmt der Bau doch jedenfalls eine hervorragende Stelle unter den in Griechenland
[* 39] erhaltenen Theatern
ein.
Über die Topographie und Geschichte der heiligen Stadt, deren nähere Kenntnis bisher noch immer wesentlich
auf BurckhardtsBericht aus dem Jahre 1815 zurückging, da sich die Angaben des Barons v. Maltzan als höchst
unzuverlässig erwiesen haben, gibt ein grundlegendes Werk (»Mekka«, Haag,
[* 41] 1888-89,2 Bde. u.
Bilderatlas) des niederländischen Orientalisten C. Snouck-Hurgronje (s. d.), der, als mohammedanischer Rechtsgelehrter verkleidet,
ein halbes Jahr lang in Mekka sich aufgehalten, geforscht und photographiert hat, neue Aufschlüsse. Mekka hat
sich danach seit Anfang des Jahrhunderts wenig verändert; nur südöstlich vom Haram hat sich der Stadtteil
el Dschijâd vergrößert. Dort liegt unter anderm das geschmackvolle neue Serai, die Hauptwache und die drei Kasernen, welche
das Haram vollständig beherrschen.
ein 1889 von J. ^[Jules] Carpentier erfundener Apparat, durch welchen mit Hilfe der ElektrizitätImprovisationen
auf dem Klavier festgehalten werden. Er besteht aus Geber, Papierführung und Empfänger. Der der gebräuchlichen
Form der Klaviere angepaßte Geber besteht im wesentlichen aus einer Art hölzernen Lineals, welches so viele bewegliche Metallzungen
trägt, wie das KlavierTasten hat. Unter jeder Taste befindet sich eine Zunge, mit jener so verbunden, daß sie jede Bewegung
der Taste mitmacht, beim Niederdrücken derselben sich senkt, so lange niedergedrückt bleibt, wie die
Taste selbst, und beim Loslassen derselben sich wieder hebt.
Die Papierführung wird auf elektrischem Wege mittels kleiner Akkumulatoren betrieben; durch sinnreiche Vorkehrungen ist die
unbedingte Gleichmäßigkeit des im Wege praktischer Versuche auf 3 m in der Minute bemessenen Vorrückens des Papierstreifens
sichergestellt. Der Empfänger ist ziemlich verwickelt. Oberhalb des Papierstreifens befindet sich ein
mit Einschnitten versehener Cylinder, der gewissermaßen eine Anzahl von kleinen Scheiben darstellt; letztere werden dauernd
mit Farbe benetzt gehalten und dienen als Schreibrädchen.
Unterhalb des Papierstreifens und genau gegenüber dem Schreibrädchen ist eine Anzahl senkrechter Stifte; zu jedem derselben
gehört ein Elektromagnet, dessen Umwindungen mit einer der vorerwähnten Zungen metallisch verbunden sind.
Es steht hiernach je ein Elektromagnetsystem in Zusammengehörigkeit mit einer bestimmten Taste der Klaviatur.
[* 44] Wird eine Taste
angeschlagen, so findet ein Stromschluß statt; der betreffende Elektromagnet wird erregt und wirkt auf den zugehörigen Stift;
der Papierstreifen wird nunmehr gegen das dem Stifte gegenüberstehende Farbrädchen gehoben und
¶
mehr
solchergestalt ein sichtbares Zeichen für den angeschlagenen Ton auf dem Streifen festgehalten.
(Alter desselben). Während die Existenz des Menschen in der Quartärzeit (Diluvium)
[* 49] von keiner
Seite bestritten wird, werden gegen die Annahme, daß derselbe bereits während der Tertiärzeit gelebt hat, von namhaften
Anthropologen Einwände erhoben. Die von Bourgeois in den Mitteltertiärschichten von Thenay (LandschaftBeauce in Frankreich)
aufgefundenen Feuersteine sollen nicht, wie derselbe behauptet, von Menschenhand bearbeitet sein, sondern
vielmehr der zufälligen Einwirkung von Naturkräften ihre Gestalt verdanken.
Auch die Spuren menschlicher Thätigkeit, welche an den aus den Sandgruben von St.-Prest (unweit Chartres) zu Tage geförderten
Tierknochen nachgewiesen wurden und die ebendaselbst aufgefundenen Feuersteingeräte, ferner die von Ribeiro in den mittel-
und spättertiären Ablagerungen des Tajothales (Portugal)
[* 50] gesammelten Feuersteine und Quarzite sowie jene
an den Rippen eines unweit Poggarione (Toscana) in spättertiären Mergeln aufgefundenen Walfischskelettes nachzuweisenden Einschnitte,
die von Capellini auf die Thätigkeit des Tertiärmenschen zurückgeführt werden - alle diese Thatsachen und Beobachtungen werden
als nicht beweiskräftig genug erachtet, um damit die Lehre,
[* 51] daß der Mensch bereits während der Tertiärperiode
in Europa
[* 52] existiert hat, mit Sicherheit zu begründen.
Anderseits kann die Thatsache, daß während der Tertiärzeit Amerika bereits von Menschen bewohnt war, kaum noch bestritten
werden. Durch genaue Feststellung und Untersuchung der Umstände und der Lokalität, wo vor mehreren Jahrzehnten in der Sierra NevadaKaliforniens der Calaverasschädel aufgefunden wurde, gelangt EmilSchmidt zu dem Schlusse, daß der Inhaber
dieses Schädels, wenn nicht schon früher, doch spätestens während des Pliocäns (Spättertiärzeit) gelebt hat.
Weiterhin wird die Existenz des Tertiärmenschen in Nordamerika bezeugt durch die von Menschenhand hergestellten Artefakte,
die auf dem Boden von Thälern aufgefunden wurden, deren Bildung außerordentlich weiten die Vergangenheit
zurück reicht. Auch die kürzlich in Butte-County (Kalifornien) bei der Bearbeitung der dortigen Minen in pliocänen Kiesablagerungen
entdeckten Steinmörser, die offenbar menschlicher Thätigkeit ihre Entstehung verdanken, liefern einen Beweis für die Existenz
des Menschen während der Tertiärzeit.
Die Beobachtungen haben nun ergeben, daß an zwei aufeinander folgenden Tagen zu derselben Tagesstunde auch dieselben hellen
oder dunkeln Flecke anscheinend auf derselben Stelle der Planetenscheibe sichtbar sind, und das findet
auch noch statt, wenn man in Zwischenzeiten von 2,3 oder 4 Tagen beobachtet, nur ändert sich dann die Lichtphase merklicher.
Daraus folgt, daß Merkur in 24 Stunden entweder eine oder mehrere ganze Rotationen vollendet, oder daß seine
Rotation so langsam erfolgt, daß sie sich in Zeit von wenigen Tagen nicht geltend macht. Es lassen sich aber auch keine Veränderungen
wahrnehmen, wenn man den an demselben Tageoder an zwei aufeinander folgenden Tagen zu verschiedenen Tagesstunden beobachtet;
die Rotationszeit kann daher kein Teil von 24 Stunden sein.
Erfolgen die Beobachtungen in verschiedenen synodischen Umlaufen bei ähnlichen Stellungen des Planeten gegen Sonne und Erde, so
ist der Anblick der Flecke im allgemeinen ebenfalls der gleiche, nur ihre Lage gegen die Schattengrenze ist meist etwas anders.
Aus der Gesamtheit dieser Beobachtungen schließt nun Schiaparelli, daß der Merkur in derselben Weise um die
Sonne läuft wie unser Mond
[* 61] um die Erde und der äußerste Saturnmond (Japetus) um den Saturn, daß er ihr also beständig wesentlich
dieselbe Seite zukehrt, und daß die Dauer einer Rotation um die Achse mit der Zeit eines siderischen Umlaufs um die Sonne, d. h.
87,9693 Tagen, zusammenfällt.
Doch ist es möglich, daß beide Perioden etwa um den tausendsten Teil verschieden sind, wiewohl Schiaparelli eine genaue Übereinstimmung
für wahrscheinlich hält. Die Lage der Drehungsachse hat sich zwar nicht ganz sicher feststellen lassen, den Beobachtungen
wird aber genügt durch die Annahme, daß dieselbe rechtwinkelig zur Bahnebene steht; sicher erreicht
der Winkel
[* 62] zwischen letzterer und dem Äquator des Merkur nicht 23 oder 25° wie bei Erde oder Mars. Die Beobachtungen deuten auf
eine ganz gleichförmige Rotation; da aber die Bewegung des Merkur um die Sonne infolge der bedeutenden Exzentrizität der Bahn sehr
ungleichförmig ist, so ergibt sich eine starke Libration (scheinbare Schwankung) des Merkur, d. h. der Punkt
seiner Oberfläche, welcher, von der Sonne aus gesehen, in der Mitte der Planetenscheibe erscheint, rückt während eines
siderischen Umlaufs um 47 ⅓° nach der einen und wieder nach der entgegengesetzten Richtung. In der
[* 45]
Figur sind A und B die
beiden äußersten Punkte, welche in der Mitte der Scheibe erscheinen können; die Bewegung des Mittelpunktes
von A bis B dauert 51,19 Tage, die von B nach A nur 36,78 Tage. Infolge davon wird auch nicht bloß die Hälfte der Merkuroberfläche
von der Sonne beleuchtet und dadurch für uns sichtbar,
¶
mehr
sondern der für uns nach und nach sichtbare Teil der Oberfläche beträgt ungefähr 0,63. Doch
sind die nur zeitweilig sichtbaren Randregionen zu schwach beleuchtet, als daß man aus ihnen mit Deutlichkeit Flecke wahrnehmen
könnte. Deshalb sind sie auch von Schiaparelli beim Entwurf seiner Karte der Merkuroberfläche, nach der die untenstehende
[* 63]
Figur hergestellt ist, nicht berücksichtigt worden. Die dunkeln Flecke, welche man dort angegeben findet, sind nur mit großer
Mühe und bei größter Aufmerksamkeit zu erkennen. Sie erscheinen in Gestalt ganz leichter Schattenstreifen, zeigen sich
unter günstigen Umständen bräunlichrot und heben sich nur wenig von der allgemeinen Farbe des Planeten ab,
die gewöhnlich rosenfarben, ins Kupferrote gehend, ist.
Die merkwürdige Erscheinung, daß Rotations- und Umlaufszeit übereinstimmen und infolgedessen ein großer Teil der Planetenoberfläche
niemals Strahlen von der Sonne empfängt, erklärt sich wahrscheinlich durch die geistreiche Hypothese, welche der englische
Kosmolog G. H. Darwin zur Erklärung der analogen Erscheinung beim Monde benutzt hat. Wenn nämlich der um
einen Zentralkörper laufende Weltkörper seine in der Richtung von W. nach O. vor sich gehende Rotation in kürzerer Zeit
als seinen Umlauf vollendet und wenn derselbe teilweise mit einer flüssigen Hülle bedeckt ist, so wird in dieser durch die
Anziehung des Zentralkörpers auf der diesem zugewendeten, wie auf der abgewendeten Seite eine Flutwelle
erregt, welche zweimal in Zeit einer Rotation um den Weltkörper läuft.
Indem sie hierbei gegen die Ostseiten der festen Teile seiner Hülle (der Festländer) stößt, setzt sie derRotation einen
Widerstand entgegen und verlangsamt dieselbe, bis endlich die Rotationszeit mit der Umlaufszeit zusammenfällt.
Ist dieser Zustand erreicht, so findet, wenn dann überhaupt noch eine flüssige Bedeckung vorhanden ist, kein Wechsel von
Ebbe und Flut mehr statt, sondern es besteht bloß auf der dem Zentralkörper zugekehrten und auf der entgegengesetzten Seite
eine Erhöhung und in 90° Abstand von diesen Punkten eine beständige Depression.
[* 64]
Vgl. Plaßmann, Die neuesten
Arbeiten über den Planeten Merkur (Freib. i. Br. 1890).
(Merzifun), Stadt des türkischen WilajetsSiwas in Kleinasien, schön auf einem Hügel am Nordrand einer reichen,
mit Dörfern übersäeten Ebene gelegen und rings von Weinbergen umgeben. Es hat nach Humann 15-20,000 Einw.,
zumeist nichtunierte Armenier, wenige Türken und einige hundert Griechen. Das Zurücktreten der Türken bedingt ein Vorwiegen
europäischer Kultur; die Straßen sind sauber und gut gepflastert, der Markt mit Lebensmitteln und Wein, der Bazar mit europäischen
Waren reichlich versehen. Auch ein Uhrturm und das Läuten der Glocken sind charakteristisch dafür. Unmittelbar
über der Stadt erhebt sich
der hohe bewaldete Tauschan-Dagh, welcher sie vor dem kalten Nordwind schützt. Obwohl Merziwan selbst
keine Altertümer aufzuweisen hat, ist es doch wohl mit dem antiken Phazemon identisch, aus dessen Namen der heutige entstanden
ist.
s. v. w. Photogrammetrie
[* 67] (s. d., ^[= (griech.), die Methode, aus Photographien auf mathematisch-konstruktivem Weg die Maße der dargestel ...] Bd. 13).
[* 68] Mit der zunehmenden Verwendung der als Triebfedern (in Uhrwerken), als Druck-, Spann- und Tragfedern
(an Maschinen, Eisenbahnwagen, Flinten, Schlössern), als Tonfedern (in Uhren,
[* 69] Spieldosen etc.) hat sich die Fabrikation derselben
bedeutend entwickelt und auch verzweigt, indem dieselbe je nach der Größe und Form der Federn verschieden
betrieben wird. Das Material zu den ist mit einigen bedeutungslosen Ausnahmen Stahl, und zwar, je nach der Bestimmung der Federn,
feiner Tiegelgußstahl (zu Uhrfedern), gewöhnlicher Stahl (zu gröbern Federn) und Bessemerstahl (zu den großen Tragfedern,
Waggonfedern, Pufferfedern etc).
Die Vorbereitung des Materials richtet sich nach der Form und Größe der Federn, indem diese entweder aus
langen, schmalen Bändern (Uhrwerksfedern), langen Stäben (Schraubenfedern) oder verhältnismäßig kurzen Schienen (Blattfedern)
bestehen und dem entsprechend als Vorformen Blech, Stäbe, Draht
[* 70] oder Schienen voraussetzen. Die Verarbeitung zu Federn kann auch
auf drei Formen zurückgeführt werden, auf die der Uhrfedern, der Schraubenfedern und der Schienen- oder
Blattfedern.
Die Uhrfedern sind sowohl in Länge, Breite als Dicke sehr verschieden, aber sämtlich dünne, lange, spiralförmig aufgerollte
Stahlbänder von bestimmter Härte (Federhärte). Zur Erzeugung derselben wird das Rohmaterial in heller Rotglut auf 1 mmDicke
ausgewalzt und dann kalt (unter wiederholtem Ausglühen) bis zu den üblichen Dicken (bis 0,1 mm abwärts)
gestreckt. Die etwa 250 mm breiten Streifen werden darauf sortiert, auf der Oberfläche zwischen rasch rotierenden Schmirgelscheiben
abgeschliffen und mittels eines Schneidewerkes aus Kreisscherblättern der ganzen Länge nach in Streifen zerschnitten, welche
durch einen Härte- und Anlaßprozeß die erforderliche Elastizität erhalten. Zu diesem Zwecke verwendet
man neuerdings Maschinen, deren Einrichtung zwar verschieden, aber im Wesen mit der in
[* 63]
Fig. 1 (S. 615) dargestellten Maschine
von Kugler in Paris übereinstimmt.
Das auf eine Rolle a gewickelte Stahlband passiert zunächst ein eisernes, mit feuerfestem Material bekleidetes etwa 1 m langes, 100 mm
breites und 12 mm hohes viereckiges Rohr b, welches in einem entsprechenden Ofen mit Koksfeuer c so stark
erhitzt wird, daß in demselben das Band
[* 71] glühend wird. Darauf gelangt das letztere noch glühend unter der Druckwalze e in
das Ölbad d, um die nötige Härte zu erlangen. BeimDurchgang durch die durch Gewichte gehörig belasteten
Ballen f vom Öl befreit, wird das Band zum Nachlassen unter Druck über die von einem Ofen h erwärmte gußeiserne Platte g
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