Stengelteile der ebengenannten
Sumpfpflanzen im
Wasseroder an der
Luft wachsen, entwickeln sie in ihrer Korkbildungsschicht
(Phellogen) entweder zartwandiges, unverkorktes Luftgewebe oder den gewöhnlichen Peridermmantel, indem im erstern
Falle der eingetretene Sauerstoffmangel des innern Stengelgewebes das
Plasma der Phellogenzellen zur
Bildung von Luftgewebe zu veranlassen
scheint. Die in diesemGewebe
[* 2] vorhandene
Luft erwies sich dem entsprechend sauerstoffreicher als die
Atmosphäre.
Das Luftgewebe hat demnach die Aufgabe, dem Atmungsbedürfnis unter
Wasser oder im Schlamme wachsender Pflanzenteile zu genügen.
Die mit dieser Gewebeform ausgestatteten Pflanzenteile, wie z. B. die untergetauchten ältern
Stengelteile und Nebenwurzeln von Jussiaea peruviana zeichnen sich äußerlich durch schwammige, weiche
Beschaffenheit und schneeweißes Aussehen aus. Beides wird durch einen dicken Luftgewebemantel hervorgerufen, der ganz
so wie der
Kork
[* 3] aus einer besondern Bildungsschicht
(Phellogen) der primären
Rinde hervorgeht und daher von braunen, abgestorbenen
und zersetzten Resten derselben bedeckt erscheint.
Bei der genannten Art kommt das Luftgewebe dadurch zu stande, daß von den
Zellen der Phellogenschicht etwa die
Hälfte in radialer
Richtung lange, rundum freie, cylindrische Zellbalken ausstreckt, zwischen denen ungestreckte
Zellen stehen
bleiben. Hierdurch kommt ein ganz regelmäßiger, schon mit bloßem
Auge
[* 4] sichtbarer, konzentrischer
Aufbau des Luftgewebemantels
zu stande, dessen Intercellularräume allein die
Luft führen, während die
Zellen mit klarem Safte gefüllt
sind. An
Exemplaren von
Epilobium hirsutum, die aus trocknem Standort in
Wasser versetzt wurden, entstand an allen untergetauchten
Teilen schon nach vier
Wochen eine ansehnliche Aërenchymschicht, die in diesem
Falle nicht aus regelmäßigen
Zonen, sondern
aus locker gefügtem
Gewebe besteht. An untergetauchten
Stengeln und
Wurzeln von Lythrum Salicaria tritt
dagegen eine der von Jussiaea sehr ähnliche Aërenchymschicht auf; dieselbe schrumpft zu einer braunen
Haut
[* 5] ein, wenn die
Pflanze auf trocknen
Boden gebracht wird, und wird durch Korkschichten abgeschieden.
Mit dem Luftgewebe verwandte
Bildungen treten an Sumpfstauden oder im
Wasser wachsenden
Holzgewächsen
(Salix viminalis,
Eupatorium cannabinum,
Bidens tripartita u. a.) in Form von Wasserlenticellen
(Rindenporen) auf, deren Füllzellen als weiße,
zarte
Masse aus der Öffnung der
Poren hervorquellen und eine dem
Aërenchym gleiche Gewebeform aufweisen; nur ist hier dasselbe
auf einzelne kleine
Stellen beschränkt. Ebenso gehören die sogen. aërotropischen (d. h.
luftwendigen)
Wurzeln hierher, d. h. senkrecht aufwärts wachsende Wurzelgebilde schlammbewohnender
Pflanzen, wie
besonders bei
Arten von Jussiaea und bei Mangrovebäumen (Sonneratia,
Avicennia, Laguncularia), welche ebenfalls aus
Aërenchym
bestehen; bei Jussiaea peruviana sind außer ihnen noch Schlammwurzeln vorhanden, welche
büschelartig mit haardünnen Seitenwürzelchen
besetzt sind und die
Aufnahme von Nährsalzen vermitteln.
Bei Neptunia oleracea, Sesbania aculeata und den schwammigen
Wurzeln von Jussiaea natans bedingt das auch
die Schwimmfähigkeit dieser
Pflanzen.
AërotropischeLuftwurzeln werden von
Palmen
[* 6] bei
Kultur auf nassem
Boden erzeugt, und zwar
entwickeln sich dann eigentümliche, den
Lenticellen entsprechende
Atmungsorgane
(Pneumathoden), die äußerlich als
Stellen
von mehliger
Beschaffenheit auf den
Luftwurzeln auffallen und anatomisch aus einer von engen
Spalten durchsetzten äußern
Hartschicht (Sklerenchymschicht) mit darunter liegendem,
Luft führenden Schwammgewebe bestehen.
[* 8] Die Quecksilberluftpumpen haben in neuerer Zeit mannigfache Verbesserungen erfahren, durch welche eine
viel weiter gehende Luftverdünnung als früher ermöglicht wird. Die
Geißlersche
[* 9] Quecksilberluftpumpe
[* 10] (Fig. 1) wurde dadurch
vervollkommt, daß in die
Röhre hr, welche sich über der Erweiterung
A derTorricellischenRöhre C erhebt, außer dem
Hahn
[* 11] h noch zwei
Hähneh' und h'' eingeschaltet wurden. Vom
Hahnh aus geht ein Seitenrohr, mit welchem das
Manometer
[* 12] M und der Trockenapparat T in
Verbindung stehen, nach dem
Rezipienten R, resp. nach den Schliffstücken, an welche die zu entleerenden
Glasgefäße angeschmolzen werden.
Das
Gefäß
[* 13] T wird mit konzentrierter
Schwefelsäure
[* 14] oder wasserfreier
Phosphorsäure gefüllt, die von ihm aufsteigenden
Röhren
[* 15] enthalten mit
Schwefelsäure befeuchtete Bimssteinstücke; durch die
Hähne t und t' kann der Trockenapparat
von dem Pumpenkörper und dem
Rezipienten abgesperrt werden. Durch das gekrümmte Glasrohr r, welches in das trichterförmige
Ende des
Rohres h h'' eingeschliffen ist und daselbst durch etwas in den Trichter gegossenes
Quecksilber vollkommen gedichtet
wird, können die aus demRezipienten ausgepumpten
Gase
[* 16] in die
pneumatische Wanne W übergeführt und daselbst
über
Quecksilber aufgefangen werden.
Das Auspumpen des
Rezipienten geschieht nun auf folgende
Weise. Während die
Hähne h', h'', t, t' offen, h geschlossen ist,
wird mittels der
Kurbel
[* 17] K das von dem starken
Gurte G getragene Quecksilberreservoir B so weit gehoben,
daß etwas
Quecksilber durch den
Schlauch D über den
Hahn h' steigt. Jetzt wird h' geschlossen, B gesenkt, h geöffnet; nun
strömt die
Luft aus
R in das sich entleerende
Gefäß A.
Hat man durch Wiederholung dieser
Operation die Verdünnung so weit
getrieben, daß die
Barometerprobe nahezu aufNull steht, so kann man sie noch vervollkommnen durch Benutzung
des bisher offenen
Hahnes h''. Man läßt nämlich bei dem nächsten
Hube das
Quecksilber bis über h'' steigen, schließt h'', senkt B, bis das Quecksilber unter h' gesunken ist, schließt nun h' und senkt
dann erst weiter, bis A entleert ist. Wird nun h geöffnet und dann wieder geschlossen, hierauf das Quecksilber wieder bis
h' gehoben, so wird die dort zusammengedrängte Spur von Luft beim Öffnen des Hahnes h' in den zwischen
h' und h'' vorhandenen luftverdünnten Raum entweichen. Der Raum zwischen h' und h'' wirkt also ähnlich wie der Babinetsche
Hahn bei einer gewöhnlichen Luftpumpe. Eine sinnreiche Abänderung der GeißlerschenPumpe
[* 19] ist die Quecksilberluftpumpe von Töpler,
mit Verbesserungen von Bessel-Hagen und Neesen, an welcher Hähne und Ventile ganz vermieden sind.
In der
[* 18]
Fig. 2, welche dieselbe darstellt, sind die analogen Teile wie bei der GeißlerschenPumpe bezeichnet. An das Gefäß
A schließt sich oben das Auslaßrohr b c, ein Rohr in Form eines Heberbarometers, dessen längerer und engerer Schenkel b 815 mm,
der kürzere, weitere und oben offene Schenkel c 250. mm lang ist. Zwischen dem obern und untern Ende des
Gefäßes A ist ein seitliches Verbindungsrohr d angeschmolzen zur Vermeidung der heftigen Stöße des Quecksilbers beim Eintritt
der Luft aus dem Rezipienten.
Die Verbindung zwischen A und dem bei R vor dem Hahn H anzusetzenden Rezipienten wird durch die Vorrichtung
pEG vermittelt. Von dem Punkte p aus erhebt sich nämlich bis E eine 110 cm lange, oben offene Steigröhre, welche durch den
Boden eines mit Quecksilber gefüllten, cylindrischen, oben offenen Gefäßes F hindurchgeht; über sie ist ein weiteres, unten
offenes Rohr FE gestülpt, welches unten in das Quecksilber in F taucht, oben aber mit der abwärts steigenden
Röhre G verschmolzen ist, die nach dem Trockengefäß T und nach dem Rezipienten bei R führt.
Der zur Einfüllung der Trockensubstanz in T eingeschliffene Stöpsel sowie der nach dem Rezipienten führende Hahn können
erforderlichen Falls auch vermieden werden, wenn T nach erfolgter Füllung zugeschmolzen und der Rezipient
bei R angeschmolzen wird. Hebt man das Quecksilbergefäß B, so wird, sobald das Quecksilber in C bis p gestiegen ist, die
Verbindung von A mit R durch die in pE emporsteigende Quecksilbersäule abgesperrt und die in A zusammengepreßte
Luft durch das im Auslaßrohr bc befindliche Quecksilber hindurch in Blasen ausgetrieben.
Wenn man, nachdem A bis oben mit Quecksilber gefüllt war, das Gefäß B wieder senkt, so wird, sobald die Einmündungsstelle
p frei geworden ist, die Luft durch GEp aus dem Rezipienten gesaugt, und gleichzeitig steigt im Auslaßrohr
b das Quecksilber aus c und in dem zwischen Steigrohr pE und Überstülprohr enthaltenen Zwischenraum das Quecksilber aus F
bis zu einer Höhe, welche dem Unterschied des Druckes zwischen dem äußern und der im Rezipienten noch vorhandenen Luft entspricht.
Dieses Verfahren wird so lange wiederholt, bis beim Heben des Gefäßes B bei c keine oder nur unbedeutende
Luftblasen entweichen. Um nun die Luft, die noch in b zurückgeblieben ist, deren Druck gleich ist demjenigen der Atmosphäre,
vermehrt um
die kleine Quecksilbersäule in c, auch noch fortzuschaffen, wird B langsam höher gehoben und zwar so weit,
daß Quecksilber aus A in b eintritt und die Luft vor sich her aus c hinaustreibt. Wird sodann B wieder
in die tiefste Lage gesenkt, so entsteht in A die Toricellische Leere, welche mit dem Rezipienten in Verbindung tritt, sobald
die Stelle p frei wird.
Die Töplersche Pumpe ist hiernach als eine Verbindung von drei Barometern anzusehen, von welchen eines
(AC) als Pumpe, die beiden andern (bc und FEG) als Ventile wirken. Da die Verdünnung, welche man mit der Töpler-Hagenschen
Quecksilberluftpumpe erreicht, bis 0,000009 mm geht, so kann dieselbe mit einer gewöhnlichen Barometerprobe nicht mehr gemessen
werden. Die Druckmessung geschieht vielmehr durch die Pumpe selbst. Zu diesem Zwecke befindet sich oben
an dem Rohre b eine Skala, welche einerseits eine Millimeter, anderseits eine Volumeneinteilung trägt.
Man liest den Stand des Quecksilbers in b ab, während das Quecksilber in AC so tief steht, daß eben noch die Verbindungsstelle
p frei ist, ferner, wenn das Quecksilber bis an das obere Ende von A gehoben ist. Ist jetzt V das in b
zurückgebliebene Luftvolumen, welches ebenfalls an der Skala abgelesen wird, ferner V das ein für allemal bestimmte Volumen
des Gefäßes A samt der Röhred, h die aus den beiden ersten Ablesungen sich ergebende Differenz der Quecksilbersäulen
und x der zu bestimmende kleine Druck der verdünnten Luft, so ist nach dem MariotteschenGesetz Vx = v(x+h), woraus sich ergibt
x = v/(V-v). h, oder genau genug, da V im Vergleich mit V sehr klein ist, x = (v/V) h. Auf demselben Prinzip der Messung kleiner
Drucke beruht das Manometer von Mac Leod, welches mit der Geißlerschen oder jeder andern Quecksilberluftpumpe
verbunden werden kann.
Nicht auf dem Prinzip der Toricellischen Leere, sondern auf demjenigen des Mitreißens der Luft durch eine fallende Flüssigkeitssäule
(wie bei der Bunsenschen Wasserluftpumpe) beruht die Sprengelsche Quecksilberluftpumpe, die von Gimingham verbessert, von
Weinhold vereinfacht wurde. In letzterer Form ist sie durch
[* 18]
Fig. 3 dargestellt.
Das Quecksilbergefäß. B auf der Konsole
[* 20] c wird mittels des Stiftes s anfangs so hoch an dem Stativ angebracht, daß das Niveau
in demselben etwas über der Einmündung des Zuführungsrohrs r in das Fallrohr f steht.
Indem das durch den Schlauch D und das Rohr r zugeführte Quecksilber durch die Röhref in das Sammelgefäß
g herabstürzt, reißt es die Luft in derselben mit und bewirkt in dem obern weitern Teile Luftverdünnung. Dieser mündet
in das Trockengefäß T, in welches die Barometerprobe M sowie die nach dem Rezipienten führende Röhre
R eingesetzt ist. Das Trockengefäß wird durch die Schlifföffnung des Manometers mit konzentrierter Schwefelsäure oder wasserfreier
Phosphorsäure beschickt; es ist durch den Kork k gestützt, der auf das Brettchen b geleimt ist; wird letzteres um die Schraubea zur Seite gedreht, so kann das Trockengefäß nach unten hin abgenommen werden. Am Sam-
melgefäß g sind seitlich zwei nach aufwärts gebogene Ausflußröhren angeschmolzen, durch deren obere die Luft austritt,
während die untere zum Ausfluß
[* 22] des Quecksilbers in eine untergestellte Flasche
[* 23] dient; die Fallröhre mündet selbstverständlich
unterhalb der letztern Ausflußöffnung. Mit dem Fortschreiten der Entleerung wird das Quecksilbergefäß B immer tiefer
gesenkt, solange durch den äußern Luftdruck noch Quecksilber in das Fallrohr hinübergetrieben wird,
bis zuletzt das Niveau in B um die Barometerhöhe tiefer steht als die Einmündungsstelle der Röhrer in die Röhre f.
[* 24] Die Renard-KrebsschenVersuche in Paris
[* 25] haben zwar den Beweis geliefert, daß das Problem
des lenkbaren Luftschiffs lösbar ist, technische Schwierigkeiten haben dieselbe indes noch nicht über die Verwendbarkeit
bei Windstille und sehr schwachem Winde
[* 26] hinaus gelangen lassen. H. de Graffigny stellt sich deshalb in seinem Buche »Die und
die lenkbaren Ballons« (deutsch von A. Schulze, Leipz. 1888) auf den Standpunkt der 1863 von Nadar in Paris
ausgesprochenen Idee, das Luftschiff müsse schwerer sein als die Luft und dürfe nicht von einem mit Gas gefüllten Ballon
[* 27] getragen
werden, weil dieser dem Winde eine so unverhältnismäßig große Fläche bietet, daß keine vom Ballon getragene Maschine
[* 28] im
stande sein werde, diesen dem Winde entgegenzutreiben. Graffigny will deshalb sein Luftschiff ohne Ballon,
nur durch Luftschrauben heben und fortbewegen und hat die Möglichkeit der Ausführung durch Rechnung, aber noch nicht durch
Versuch nachgewiesen. - Die meisten Heere besitzen jetzt Luftschifferabteilungen und Ballontrains, welche mit Fesselballons
ausgerüstet sind. In Frankreich wurde 1886 die Luftschifferschule in Chalais (Meudon) in eine Zentralanstalt
für Militärluftschiffahrt umgewandelt und bei jedem der vier Genieregimenter eine Luftschifferabteilung eingerichtet.
Inzwischen haben jedes Armeekorps und eine Anzahl Festungen einen Luftschifferpark nach Yons System erhalten, welcher aus fünf
Fahrzeugen besteht. Der erste Wagen trägt den Apparat zur Erzeugung des Wasserstoffgases aus Eisen
[* 29] und verdünnter Schwefelsäure,
der zweite eine Dampfmaschine
[* 30] von 5 Pferdekräften mit Windetrommel und Haltetau für den Ballon; der dritte
den Ballon von 550 cbmInhalt aus chinesischer Seide
[* 31] (Ponghee) und einem Netze aus neapolitanischem Hanf; die beiden andern Wagen
tragen die Materialien zur Gaserzeugung.
Letztere ist des großen Wasser- und Materialienbedarfs wegen sehr umständlich und zeitraubend. In Deutschland
[* 32] ist deshalb das
Verfahren von Majert-Richter eingeführt worden, nach welchem das Wasserstoffgas aus einem Gemisch von Zinkstaub
und trocknem Kalkhydrat in verlöteten Blechhülsen durch Erhitzung in einem Ofen, welcher 120 solcher 18 kg schweren Hülsen
aufnehmen kann, die in zwei Stunden etwa 250 cbmGas geben, erzeugt wird. Zur Gaskühlung sind 500-600 Lit.
Wasser erforderlich.
Wie die Engländer für den Sudân, so haben die Italiener für die Verwendung in Abessinien das zur Füllung des Ballons nötige
Wasserstoffgas nach der Gebrauchsstelle in 2,4 m langen Stahlcylindern von 13 cmDurchmesser und 3 mm Metallstärke, in welchen
das Gas auf etwa 120 Atmosphären verdichtet war, mitgeführt. Jeder Cylinder wiegt 30 kg. Das Verfahrenan sich hat sich bewährt, nur muß man für jede neue Ballonfüllung frisch gefüllte Rezipienten herbeischaffen.
Soviel bekannt, sollen Österreich
[* 33] und Italien
[* 34] das Majert-Richtersche Verfahren angenommen haben. Rußland, Belgien,
[* 35] Holland,
Dänemark
[* 36] haben Yonsche Apparate. Der Ballon wird an einem 500 m langen Tau gehalten, in welches Drähte für
telephonische Leitung eingeschlossen sind, so daß die Beobachter sich mit der Station auf dem Wagen und nach Anschluß auch
direkt mit dem Hauptquartier verständigen können. Kartenskizzen oder schriftliche Mitteilungen werden in Büchsen am Haltetau
heruntergeschickt.
MittelsFlaggen
[* 37] können am Tage, mittels Laternen und Glühlampen nachts Signale gegeben werden. Bruce hat im
Innern eines 4-5 m großen Ballons mehrere, auch verschiedenfarbige Glühlampen angebracht, die, von der Erde aus zum Glühen
gebracht, weithin sichtbare Zeichen geben oder durch kürzere oder längere Lichtblicke nach dem Morsealphabet Mitteilungen
machen können. Der Gebrauch des Fesselballons wird insofern durch Wind beschränkt, als derselbe um so
niedriger gehalten werden muß, je stärker der Wind ist; bei einer Windstärke von 7-8 m in der Sekunde kann er sich höchstens
in einer Höhe von 100 m halten, stärkerer Wind verbietet das Aufsteigen überhaupt, während bei stillem Wetter
[* 38] sich der Ballon bis zu 600 m so ruhig verhält, daß Beobachtungen möglich sind. Infolge Einführung des rauchlosen Pulvers
ist dem Fesselballon vermehrte Aufmerksamkeit zugewendet worden, weil er unter Umständen das einzige und weithin reichende
Mittel bietet, Stellungen des Feindes zu erkunden und seine Bewegungen zu verfolgen. Bei klarer Luft lassen
sich aus dem Ballon auf 15 km mit dem Fernrohr
[* 39] noch die Uniformen der Truppen unterscheiden. Man hat deshalb vielfach mit Erfolg
versucht, schwebende Ballons durch die
¶
Um die mittlere Temperatur zu bestimmen, welche während einer gewissen Zeit an
einem Orte geherrscht hat, kann man sich entweder häufiger Thermometerablesungen oder der Registrierungen eines Thermographen
bedienen. Zu dem gleichen Zwecke sind aber noch besondere Apparate, die man neuerdings Thermointegratoren benennt, konstruiert
worden. Bekannt als ältestes derartiges Instrument ist die von seinem Erfinder StanleyChronothermometer
genannte thermometrische Uhr;
[* 47] diese registriert ihre Pendelschläge wie jede andre Uhr auf dem Zifferblatt, besitzt aber gegen
andre Uhren
[* 48] die Eigentümlichkeit, daß bei ihr Fürsorge getroffen ist, den Einfluß der Temperatur auf den Gang
[* 49] der Uhr recht
groß zu machen. Zu dem Zwecke besteht das Pendel
[* 50] aus einer Art Luftthermometer, so eingerichtet, daß eine
Ausdehnung
[* 51] oder eine Zusammenziehung der Luft, entsprechend ihrer Erwärmung oder Erkaltung, eine Bewegung von Quecksilber aus
einem niedrigen Gefäß in ein höheres, resp. umgekehrt, zur Folge hat, und daß somit steigende TemperaturBeschleunigung,
sinkende Verlangsamung des Ganges der Uhr bewirkt.
Der Wasserthermointegrator besteht aus einem durch eingeschliffenen Glasstopfen gut verschließbaren cylindrischen Glasgefäß,
das zum Teil mit konzentrierter Schwefelsäure angefüllt ist, in deren Mitte ein kleines, zum Teil mit Wasser angefülltes
Glaskölbchen mit verengerter cylindrischer Öffnung schwimmt, resp. auf einem Glasfuß ruht.
Indem die Schwefelsäure die Dämpfe des verdunstenden Wassers verschluckt und die Dampfspannung innerhalb der Flasche stets
auf nahe demselben kleinen Betrag erhält, wird die Gewichtsabnahme des verdunstenden Wassers fast lediglich abhängig von
seiner Temperatur.
Ein ähnlicher Apparat, der Schwefelkohlenstoff-Thermointegrator, besteht einfach aus einem Schwefelkohlenstoff
enthaltenden Kölbchen mit langem, cylindrischem Halse, aus welchem der Dampf
[* 53] frei in die Luft entweicht. Behufs Berechnung
der Mitteltemperaturen aus den mittels einer guten
chemischen Wage
[* 54] bestimmten Gewichtsabnahmen der Flüssigkeiten ist es nur
nötig, durch vorherige Beobachtung die Gewichtsabnahme bei einigen Temperaturen experimentell genau festgestellt
zu haben; Korrektionen sind erforderlich für den Luftdruck und die Größe der Temperaturschwankung während der Versuchszeit,
sobald letztere eine gewisse Grenze überschreitet. Diese Apparate sind noch neu, werden aber voraussichtlich mannigfache Anwendung
finden, besonders dort, wo die Temperatur geringen Schwankungen unterworfen ist; so ist der Wasserthermointegrator beispielsweise
zur Bestimmung mittlerer Erdbodentemperaturen etc. besonders geeignet. -
Über die auf dem PariserEiffelturm
[* 55] angestellten Beobachtungen in den obern Luftschichten vgl. Eiffelturm.
Johann, Freiherr von, bayr. Staatsminister, erbat wegen andauernden körperlichen Leidens seine Entlassung
aus dem Amte eines Ministerpräsidenten, das er 10, und dem eines Kultusministers, das er 22 Jahre verwaltet
hatte. Er erhielt dieselbe an demselben Tage durch ein überaus gnädiges Handschreiben des Prinz-Regenten, in welchem seine
großen Verdienste anerkannt und ihm Rang und Titel eines Staatsministers verliehen wurden. Doch starb er schon in
Pöcking am StarnbergerSee, nachdem er die Sterbesakramente empfangen hatte.
Obwohl Lutz während seiner ganzen Amtsführung von der klerikalen Partei aufs heftigste und unversöhnlichste angefeindet wurde,
weil man ihn als das Haupthindernis der Erfüllung der ultramontanen Wünsche ansah, fand er doch bei den Liberalen nicht durchweg
Anerkennung, die ihm wieder eine inkonsequente Nachgiebigkeit gegen die kirchlichen Ansprüche zum
Vorwurf machten. Doch mußte zugestanden werden, daß er die Stellung des Staats und die Geltung seiner Verfassung gegenüber
der Kirche geschickt und energisch gewahrt und Bayern
[* 56] durch die Krisis von 1886 ohne jede Erschütterung geführt habe. Namentlich
aber war es ihm zu danken, daß Bayern seine richtige Stellung im DeutschenReiche fand und behauptete.
[* 35] Großherzogtum. Da der König Wilhelm III. im Oktober 1890 von neuem schwer erkrankte und zwar an einer Geisteskrankheit,
so daß an eine Wiedergenesung nicht zu denken war, übernahm, nachdem die Kammer4. Nov. die Notwendigkeit einer Regentschaft
ausgesprochen hatte, HerzogAdolf von Nassau dieselbe und leistete 6. Nov. den Eid. König Wilhelm III. starb
und damit wurde die VerbindungLuxemburgs mit den Niederlanden, welche schon lange als lästig empfunden worden war, gelöst.
Luxemburg erlangte seine volle Selbständigkeit als neutraler Staat. Daher wurde der neue GroßherzogAdolf bei seinem Einzug 8. Dez. in
die Hauptstadt mit lebhaftem Jubel begrüßt. Seine Thronbesteigung wurde von allen Mächten anerkannt. Er begnügte sich
mit der bisherigen bescheidenen Zivilliste von 200,000 Frank. Der Staatsminister Eyschen verblieb an der Spitze derRegierung.
Sein gründliches und gedankenreiches, den SchriftenSirThomasErskinMays sich anschließendes Werk: »Asiatic studies, religious
and social« (1882) wird mit Recht hochgeschätzt und wurde in der »Bibliothèque de
l'histoire du droit« ins Französische übersetzt (»Études sur les mœurs religieuses et sociales
de l'extrême Orient«, mit einer ausführlichen Einleitung des ungenannten Übersetzers, Par. 1885). Als Dichter zeigt sich
Lyall in den »Verses written in India« (1889), in denen ergreifende, mitunter erschreckende Bilder aus dem Leben der Eingebornen
wie der herrschenden Europäer uns entgegentreten, und die sich darin häufig mit den merkwürdigen Schöpfungen
Rudyard Kiplings (s. d.) ergänzen. Zuletzt veröffentlichte er ein »Life
of WarrenHastings« (1890).
Carthy (McCarthy), Justin, irischer Schriftsteller und Politiker, wurde an Stelle des
abgesetzten CharlesStewartParnell (s. d.) von der Mehrheit der irischen Homerulepartei im britischen
Parlament zum Parteiführer erwählt.
Carthy (McCarthy), JustinHuntly, engl. Schriftsteller und Politiker, Sohn des vorigen, geb. 1860, verlebte seine
Jugend in Amerika
[* 71] und bereiste einen großen Teil Europas; er lebt in London, seit 1884 Parlamentsmitglied für
einen irischen Wahlkreis. Als Schriftsteller trat er zuerst mit dem »Outline of
Irish history« (1883) auf. Es folgten mehrere Dichtungen, wie: »Serapion« (1883),
Von seinen dramatischen Dichtungen fand besonders »The candidate« in vielen
Aufführungen verdienten Beifall; andre Stücke sind: »Vanity«, »The
red rag«, »The wife of Socrates«, »The
will and the way«, »Vanity of vanities«, »Your
wife«. Eine größere Aufgabe stellte er sich in einem umfassenden Geschichtswerk: »The
French Revolution«, von dem 1890 die beiden ersten Bände erschienen sind. Besonders wurde er aber bekannt durch seine poetische
Übersetzung von Omar Khayyoms »Rubaiyat« (1889), eine Frucht seiner persischen Studien, die, vielfach an
Bodenstedt-Mirza Schaffy erinnernd, ihm freilich neben lebhaftem Beifall auch puritanischen Tadel eintrug.
Kinley (spr. kinnlĭ),William, nordamerikan. Politiker, geb. zu Niles im StaateOhio,
trat im Mai 1861 in ein Freiwilligenregiment ein und brachte es im Verlauf des Krieges bis zum Major. Nach abgeschlossenem
Frieden studierte er Rechtswissenschaft und ließ sich 1867 in Canton (Ohio) als Sachwalter nieder. Seitdem am öffentlichen Leben
sich eifrig beteiligend, wurde er von der republikanischen Partei 1877 in den Kongreß gewählt, wo er
sich als fanatischer Vorkämpfer des Schutzzolltarifs hervorthat (s. Mac Kinley-Bill).
¶
Kinley-Bill, das auf energisches Betreiben von Mac Kinley in den Vereinigten Staaten
[* 73] von Nordamerika
[* 74] seit eingeführte
Gesetz, durch welches die Zollsätze für ausländische, in Amerika eingeführte Waren im allgemeinen erhöht und an die Stelle
der frühern neue Vollzugsvorschriften »behufs Vereinfachung« der auf die
Zollerhebung bezüglichen Bestimmungen gesetzt wurden. In dem Jahresbericht vom entwickelt Mac Kinley
die Gründe, welche eine Erhöhung der damals zu Recht bestehenden Zollsätze nahelegen.
Die Erwartungen, welche man sich bei Festsetzung der Zölle auf einen möglichst günstigen Abschluß des Budgets der Vereinigten Staaten
von Nordamerika machte, wurden denn auch durch die enormen Einnahmen, welche Amerika aus der Zollerhebung der letzten Jahre
zu verzeichnen hat, nicht bloß erfüllt, sondern geradezu übertroffen. Der Wert der im Fiskaljahr 1888/89 (d. h. vom bis
nach Amerika importierten Waren betrug 745,131,652 Dollar.
Schon seit einer Reihe von Jahren ergebe sich ganz besonders wegen der hohen Zollerträge ein gewaltiger Überschuß der Staatseinnahmen,
so daß bereits die Ansichten darüber, wie der Überschuß am besten zu verwenden und wie einer die Erfordernisse der Regierung
übersteigenden, unnötigen Ansammlung von Geldern im Bundesschatz Einhalt zu thun sei, sehr weit auseinander
gingen. Das beste Mittel, um eine Verminderung der Regierungseinnahmen herbeizuführen, sei eine Verminderung der Zolleinkünfte.
Dies könnte geschehen:
1) durch Ermäßigung der Zollsätze auf gewisse Artikel, vorausgesetzt, daß die erstern mit den bestehenden Verhältnissen
nicht im richtigen Einklang stunden;
2) durch Erhöhung der Zollsätze auf Artikel, welche in Amerika um deswillen nicht vollkommen genug hergestellt
würden, weil ihre Produktion nicht genügend geschützt sei. Die heimische Produktion werde auf diese Weise angespornt werden,
und die Folge wäre eine Verminderung der Einfuhr und damit der Zolleinnahmen;
3) durch Erweiterung der Freiliste auf Artikel, welche aus verschiedenen Gründen in Amerika überhaupt
nicht oder doch nicht derartig hergestellt würden, um die Konkurrenz mit fremden Waren dieser Art aufnehmen zu können.
Für den schleunigen Erlaß der Bill fiel übrigens noch der Umstand entscheidend ins Gewicht, daß bei dem frühern Rechtszustand
die Zollbemessung nicht einmal unter Importeuren derselben Ware und an denselben Häfen, geschweige denn
in den verschiedenen Häfen eine einheitliche war. Zweifel hinsichtlich der Auslegung der verschiedenen Tarifbestimmungen führten
zu steten Berufungen an den Finanzminister. Während des Fiskaljahrs 1888/89 wurden 25,349 Berufungen seitens der Importeure
gegen Entscheidungen der Zollkollektoren eingelegt.
Die bei den untern Instanzen angebrachten Klagen häuften sich so sehr, daß ihre Erledigung von den Behörden
auf Jahre hinausgeschoben werden mußte, obwohl es sich teilweise um außerordentlich hohe Summen handelte. Schließlich haben
auch die innern politischen Verhältnisse Nordamerikas auf den Erlaß der Mac Kinley-Bill einen Einfluß geübt. In dem steten Zwiespalt
der beiden großen Parteien in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, der Republikaner und der Demokraten,
hatten die erstern, gestützt auf ihre Erfolge im Bürgerkrieg gegen den Süden (von 1860 bis 1864), bis zur Präsidentschaft
des DemokratenCleveland im J. 1884 das Zepter geführt.
Bei der WahlClevelands waren die Republikaner zum erstenmal seit 25 Jahren unterlegen. KeinWunder, wenn sie im
J. 1888 alles aufboten, um wieder in den Besitz der Präsidentschaft zu kommen. Die Führer der republikanischen Partei verschmähten
es nicht, mit den Großindustriellen des Ostens ein förmliches Geldgeschäft abzuschließen, in welchem sich die letztern
als Gegenleistung eine Revision des Zolltarifs, d. h. extreme Schutzzölle, versprechen ließen. Durch die großen, ihnen
somit zur Verfügung stehenden Geldmittel gelang es den Republikanern, bei der nächsten Präsidentenwahl im J. 1888 mittels
massenhaften Stimmenkaufs die Wahl des RepublikanersHarrison durchzusetzen. Die Gelddarleiher aber erhielten die vorgestreckten
Summen mit hohen Zinsen durch die Einführung der Mac Kinley-Bill zurück (vgl. die Ausführungen
Anton E. Schönbachs in Nr. 470 der »Münchener Neuesten Nachrichten«).