Quellen und die
Chronologie behandelnde
Band
[* 2] 1888 erschien. Dagegen erhebt sich sein illustriertes
»Leben Jesu« (1890) nicht
über das
Niveau populärer Litteratur. Ähnlichen
Charakters sind
FrancescoBertolinis »Geschichte von
Rom«
[* 3] und »Geschichte des
Mittelalters«, während Domenico Giuriatis »Memorie di un vecchio avvocato«
(1888) sich auf dem äußersten Gebiet der Geschichte, wo sie schon an den
historischen
Roman grenzt, bewegen. Wichtige Hilfsmittel für das
Studium der Geschichte
Italiens
[* 4] bieten Carlo Lozzis »Biblioteca
istorica della antica e nuova
Italia« (1886-87), die
Publikationen des seit 1884 bestehenden Istituto storico italiano und
der provinzialen Deputazioni di storia patria.
Für die Geschichte andrer
Länder ist in
Italien
[* 5] nicht viel geleistet worden. Man findet wenig
Neues in
R.
Bonghis »Storia dell'
Europa
[* 6] durante la rivoluzione francese«, von welcher der erste, die
Vorläufer der
Revolution behandelnde
Band 1890 erschien, und noch weniger in Licurgo Cappellettis fleißiger »Storia
critica della rivoluzione francese« (1889,3 Bde.).
Letzterer gab auch 1890 eine verbesserte
Ausgabe seiner
»Donne della rivoluzione« heraus.
InteressanteDokumente
über die italienische
Legion im ungarischen
Revolutionskrieg von 1848 bis 1849 publizierte
Francesco Bettoni-Cazzago in »Gli
italiani nena guerra d'Ungheria«.
Der fleißige und gründliche
ForscherBaron Gaudenzio
Claretta schilderte die Beziehungen des savoyischen Herrscherhauses zu
dem von
Baden
[* 7] (1887),
und A. Courth schrieb
Erinnerungen an König
Ludwig II. von
Bayern
[* 8] (1886). Ein etwas
nachlässig gearbeitetes, aber doch manche aus
Archiven geschöpfte interessante
Details enthaltendes Werk ist Ettore
Natalis
»Il
Ghetto di
Roma«
[* 9] (1. Bd., 1887). P. Manfrins auf umfassenden
Studien beruhende, aber mit judenfeindlicher
Tendenz geschriebene »Geschichte derJuden unter römischer
Herrschaft« (1888-90, Bd. 1 u.
2) wimmelt von den sonderbarsten Einfällen. Unparteiischer und nüchterner ist D.
Castellis »Geschichte der
Juden in den ältesten
Zeiten« (»Storia degli Israeliti dalle origini fino alla monarchia«,
1888).
Interessante Beiträge zur Geschichte der orientalischen
Frage enthält der Riesenband, den
Vittorio Catualdi derBiographie
des türkischen Prätendenten
Sultan Jahja widmete (1889). Ein wertvolles gründliches Werk über die
Zigeuner schrieb Adriano
Colocci (1889).
Verschiedenes. Übersetzungen.
Aus der philosophischen Litteratur der neuesten Zeit können als wertvolle Leistungen genannt werden: Antonio Galassas
»Moralphilosophie«
(»Saggio di filosofia morale«, 1885),
die neue, stark vermehrte
Ausgabe von Domenico
Bertis
»GiordanoBruno« (1889) und Carlo Fallettis Charakterbild
Campanellas (1889). Luigi Sernagiottos Übersetzung von
Lockharts
»Biographie
Rosminis«
(»Vita di A. Rosmini«, 1888) erhielt durch die vielen Zusätze des Übersetzers einen größern Wert als sein
englisches
Original und ist auch für den Nichtphilosophen von großem
Interesse. Aus der mehr populären
philosophischen und naturwissenschaftlichen Litteratur
verdienen außer den bereits erwähnten
SchriftenMantegazzas besonders
hervorgehoben zu werden: A.
Mossos Werk über die
Furcht (»La paura«),
von C.
Lombroso (s. d.) »L'uomo delinquente«,
»L'uomo di genio« und (im
Verein mit R. Laschi) »Il delitto politico e le rivoluzioni«.
In unterhaltender populärer
Weise schrieb auch
ArthurGraf seinen auf ernsten
Studien beruhenden
»Diavolo«. Von der großartigen,
von
Antonio Favaro geleiteten
Ausgabe der Werke
Galileis ist der erste
Band unter
Protektion des
KönigsHumbert in prachtvoller
Ausstattung 1890 auf Staatskosten erschienen. Favaro hat man auch die
Ausgabe der
Korrespondenz von
Tycho Brahe,
Kepler und andern Astronomen des 16. und 17. Jahrh. zu verdanken (»Carteggio
inedito«, 1886).
Sehr reges
Leben herrschte auf dem Gebiete der geographischen Litteratur, und besonders war es, wie es jetzt auch anderswo
der
Fall ist,
Afrika,
[* 11] mit welchem man sich vorzugsweise beschäftigte. Ein vorzügliches, streng wissenschaftliches Werk
lieferten T. Taranelli und V. Bellio mit ihrer »Geografia e geologia dell' Africa«
(1890).
IhreReisen in
Afrika oder afrikanische Zustände beschrieben:L. Chiala (»La spedizione di
Massaua«),
[* 12]
Wenden wir uns zum
Schlusse zu dem litterarischen
Verkehr zwischen
Italien und
Deutschland,
[* 19] so sind unter den Italienern vor allen
Gius.
Chiarini, Enrico Nencioni und Bonav. Zumbini zu nennen, welche ihre Landsleute durch gehaltvolle
Essays und
Kritiken mit
bedeutenden Erzeugnissen der deutschen (die beiden letztern auch der englischen) schönen Litteratur bekannt machten. Auf
dem Gebiet der Übersetzungskunst und des Übersetzungshandwerks herrschte in beiden
Ländern rege Thätigkeit, doch mit dem
Unterschied, daß die
Italiener vorzugsweise wissenschaftliche deutsche Werke, die
Deutschen mit Vorliebe
belletristische italienische Werke übersetzten. So übersetzten Nicola
Zingarelliund Vitt.
Rossi Gasparys »Geschichte der
italienischen Litteratur«, D. Valbusa
Voigts »Wiederbelebung des klassischen
Altertums«, Ruggero den fünften
Band von
Mommsens
»Römischer Geschichte«,
Oskar Chilesotti
Schopenhauers »Die
Welt als
Wille und
Vorstellung« und
»Aphorismen
zur Lebensweisheit«.
TommasoPersico gab 1888 eine vollständige Übersetzung von
Lessings
»Laokoon«, nachdem schon
Vittorio Turri
zwei Jahre früher die schönsten
Stellen daraus übersetzt hatte. Von der Übersetzung von
Passavants
»Raphael«
¶
Die »ItalienischeReise« übersetzte G. Verdano in ungenügender Weise, und kaum besser ist Tretteneros Übersetzung der »Harzreise«.
Die »Nordseebilder« übersetzte G. Cassone. Recht gut übertrug Antonio Zardo Goethesche Gedichte. Eine
treuere Übersetzung als seine Vorgänger gabL. Virbio von »Hermann und Dorothea«, eine recht gute von Lenaus »Faust« Fabio
Nannarelli. In vortrefflicher Weise übertrug Emilio Teza den siebenten Gesang von »Hermann und Dorothea« und einige der römischen
Elegien; einzelnes von Uhland, Chamisso, Bürger u. a. übersetzte G. Marengo.
[* 23]
Durch die Verträge vom 2. Mai, bez. 29. Sept. und mit Abessinien ist
die italienische Kolonie Eritrea bis zum Tacazzé ausgedehnt worden (die genauere Grenze s. Abessinien, S. 2). Der König Menelik
räumte ferner der italienischen Regierung die Vertretung Abessiniens in allen auswärtigen Angelegenheiten ein, erkannte demnach
die Schutzherrschaft Italiens an. Auch Adoa, die Hauptstadt der LandschaftTigré, ist von den Italienern
besetzt worden.
Schon im Dezember 1888 hatte Italien mit dem Sultan von Aussa einen Schutzvertrag geschlossen, der am in Monza ratifiziert
wurde; zugleich kam die Danakilküste von
Hamfilah bis Ras Dumeira in den BesitzItaliens. An der Ostküste des Somallandes
hat dieses am das Protektorat über das Gebiet zwischen der Jubamündung und Warscheich erklärt,
wobei die zu Sansibar
[* 25] gehörigen Küstenplätze Kismaja, Barawa, Merka und Makdischu mit einem Umkreis von 10 Seemeilen ausgenommen
wurden. Mit Einschluß der schon früher zum italienischen Schutzgebiet erklärten Küste zwischen Warscheich und der Mündung
des Wadi Nogal hat das so gewonnene Küstengebiet eine Länge von 900 km. Die Abgrenzung der italienischen
und englischen Interessensphäre im Innern ist besondern Verhandlungen beider Mächte vorbehalten worden.
Sören, norweg. Politiker, geb. zu Holme im AmtMandal, seit 1837 Beisitzer des gleichnamigen Hofes in
Halsaa Herred, gehört seit 1845 ununterbrochen als Abgeordneter dem Storthing an, in dem er für radikale
Reformen und Ersparnisse im Staatshaushalt wirkte. Die gleichen Bestrebungen vertrat er auch in dem 1865 von ihm begründeten
Wochenblatt »Folketidende« (bis 1881). Er schrieb außerdem: »Englands Historie for det norske folk«, »Varme Piller« (1880),
Die Frage, ob ein neues J. oder Jahrzehnt beispielsweise mit dem oder 1891,1900 oder 1901 beginnt,
hat wiederholt die Geister lebhaft beschäftigt, ums Jahr 1700 sogar so stark, daß man mehrere Medaillen aus den Streit geprägt
hat mit satirischen Inschriften, wie z. B.: »Hört doch Wunder, im Jahre 1700 wußten die Leuthe nicht, wie alt sie waren« etc.
In denJahren 1800,1850 u. 1890 hat sich der Streit
wiederholt und wird ohne Zweifel 1900 von neuem entbrennen.
Die einen sagen, das J., resp. Jahrzehnt beginnt, wenn die betreffende Stelle der Jahreszahl geändert wird, das Jahr 9 oder 99 sei
das letzte des vorigen Jahrzehnts oder Jahrhunderts, die andern sagen, die Zählung jedes neuen Cyklus
beginne mit 1 und nicht mit 0. In der Praxis haben die Anhänger der erstern Auffassung stets recht behalten, denn man hat
allemal das neue J. am 1. Jan. 1600,1700,1800 begrüßt, chronologisch ist das aber ein Irrtum, und Mädler schrieb ganz richtig,
Piazzi in Palermo
[* 26] habe den ersten Planetoiden (Ceres) »gerade am Neujahrhundertstag« (d. h.
entdeckt.
Die Möglichkeit einer Meinungsverschiedenheit entspringt aus der Frage: »Hat unsre Zeitrechnung mit einem Jahre Null oder mit
dem Jahre Eins angefangen?« Die chronologische Untersuchung ergibt, daß man auf das Jahr 1 v. Chr. unmittelbar das Jahr 1 n. Chr.
hat folgen lassen, ohne ein Jahr Null, wie es der mathematische Standpunkt gefordert hätte, einzuschieben,
folglich wird vom chronologischen und mathematischen Standpunkt der und 1901 der Neujahrstag des neuen Jahrzehnts
und Jahrhunderts sein, obwohl ihn die Volksstimme allgemein nicht als solchen anerkennen wird.
¶
Die Janko-Klaviatur ordnet die zwölf Tasten einer Oktave in stetem Wechsel als Ober- und Untertasten (wie Vincentschromatische Klaviatur), gibt aber jeder Taste drei Angriffsstellen, stellt sich also äußerlich als eine Terrasse von sechs
Tastenreihen dar. Die Vorzüge der Janko-Klaviatur sind: geringere Spannweite der Oktave (5/7), daher Ermöglichung sehr weiter
Akkordgriffe und allerlei neuer Figuren, und zweitens eine Fülle überraschender (chromatischer) Glissando-Effekte. (Vgl. Jankos
Schrift »Eine neue Klaviatur«, 1886.) Obgleich mehrere Instrumentenbauer Versuche mit dem Janko-Klavier
gewagt haben, auch namhafte Lehrer und Schüler (z. B. HansSchmitt, der auch Schulwerke für die Janko-Klaviatur herausgab,
in Wien; K. Wendling in Leipzig)
[* 36] sich die neue Technik angeeignet haben, so ist doch eine Verdrängung der alten Klaviatur durch
die neue nicht wahrscheinlich, da der Bau jener nicht nur dem Aufbau unsers Tonsystems, sondern auch dem
Bau unsrer Hand
[* 37] besser entspricht. J. gibt seit 1889 »Mitteilungen über die Janko-Klaviatur«
heraus.
Die Wahlen für das Abgeordnetenhaus des Reichstags, von welchen infolge des hohen Zensus allerdings die
untern Klassen ganz und auch ein Teil der Mittelklassen ausgeschlossen waren, sanden statt und vollzogen sich ohne
erhebliche Störungen. Darauf wurde auch das Herrenhaus gebildet und Graf Ito zum Präsidenten desselben ernannt. Der
Kaiser eröffnete selbst 29. Nov. das erste japanische Parlament mit einer kurzen Thronrede, in der es hieß: »Ernstlich flehen
wir, daß wir mit Ihrer Mitwirkung die Vergangenheit einheitlich vollenden, die Zukunft hell und licht gestalten, die trefflichen
Früchte, welche die Verfassung zeitigen wird, treu bewahren und somit fortfahren mögen, den Ruhm unsers
Reiches zu wahren und zu Haus und in der fremde den bewunderungswürdigen und loyalen Charakter unsers Volkes zu bethätigen.«
Der vom Abgeordnetenhaus gewählte Präsident Nakashima, ein Christ, wurde vom Kaiser bestätigt. Beide Häuser beantworteten
die kaiserliche Thronrede mit Ergebenheitsadressen. Nicht lange nachher brannte das provisorische Gebäude des Parlaments
ab. - Zur Litteratur: Whitney, Concise dictionary of the principal roads, chief towns and villages of J. (Lond. 1889);
v. Matsudaira,
Die völkerrechtlichen Verträge des Kaisertums J. (Stuttg. 1890);
Malerei. Der Liebhaberei für japanische Kunstgegenstände ist die kunstgeschichtliche Forschung gefolgt.
Sie ist auf diesem Gebiet, auf dem man noch vor wenigen Jahren nicht über Vermutungen hinaus gekommen war, von dem glücklichsten
Erfolg begleitet gewesen. Durch die ArbeitenvonL. Gonse, W. Anderson, H. Gierke und Fenollosa ist es ermöglicht
worden, eine Übersicht zu gewinnen sowohl über die geschichtliche Entwickelung der Malerei in Japan als über die charakteristischen
Eigenschaften der einzelnen Malerschulen und der hervorragendsten Meister.
dargestellten Gegenständen die Wirkung des Runden, Plastischen zu geben. Da er in einem schwarzen Gegenstand, einem Gewand,
einem Vogel, nicht durch Abtönung des Schattens und Lichtes zu modellieren weiß, wird den Faltenlinien ein weißer Grund gegeben,
oder es werden die innern Umrisse weiß ausgespart. Die Unkenntnis der Gesetze der Linearperspektive hat
Gierke daraus zu erklären gesucht, daß der Japaner hockend über seine Bildfläche gebeugt arbeitet. In dieser Stellung, in der
man nur senkrecht auf das Bild herabsehe, scheine der Mangel an perspektivischer Raumvertiefung nicht so bemerkbar.
Das ist nicht der alleinige Grund, denn es wurde auch vielfach, namentlich früher, vor dem senkrecht
stehenden Bilde gemalt. Es ist hierfür, wie auch für die der Natur nicht entsprechende konventionelle Schattierung namentlich
der übermächtige Einfluß der altchinesischen Vorbilder maßgebend gewesen, deren Mangel mit übernommen wurden und bis
heute nachgewirkt haben. Durch die genannten beiden Hauptmängel ist die j. M. für das europäische Auge
[* 53] immer in die Grenzen
[* 54] der Skizze, der Dekoration, eingeschränkt geblieben. Innerhalb dieser Grenzen aber hat sie das Höchste
geleistet, das mit ihren Mitteln zu erreichen war.
Der japanische Künstler malt nur auf Seide
[* 55] und Papier und zwar mit Tusche oder mit Wasserfarben, die mit Leim versetzt sind. Nach
der Form teilt man die japanischen Bilder in Kakemonos (hängende Dinge), in Makimonos (gerollte Dinge) und
in Oribon (Klappbücher). Auch die faltbaren Wandschirme und seltener gerahmte Bilder (Gaku) haben in der Malerei eine Rolle
gespielt. Die häufigste Form für den Schmuck der Wohnung ist der Kakemono. Es ist ein schmaler und hoher
Papier- oder Seidenstreifen, der auf grobe Leinwand geklebt und mit farbigen Brokatstoffen umrahmt ist.
An den Schmalenden sind Holzstäbe eingefügt, damit das Bild beim Aufhängen gerade bleibt, oder über welche es gerollt
werden kann, wenn es aufbewahrt wird. Denn die Japaner hängen gewöhnlich nicht mehr als zwei Kakemonos in einem
Raume und zwar nur an einer Wand auf. Höchstens sind es drei Bilder, die jedoch nach dem Gegenstand des Dargestellten zusammengehören
müssen, wenn sie gleichzeitig aufgehängt werden. Die Makimonos sind niedrige Streifen von beliebiger Länge, die nur aufgerollt
bewahrt werden und nicht dauernden Zimmerschmuck bilden sollen.
Die größte Sorgfalt wird der Herstellung guter Pinsel gewidmet. Die Haare
[* 56] verschiedener Tiere werden in
runde Halter aus Bambus oder flache, breite Halter aus Holz
[* 57] gefaßt. Form und Anzahl der Pinsel sind bei den einzelnen Malerschulen
verschieden. So verwendet die Tosaschule, die auf feinste miniaturartige Durchführung Wert legt, nur runde, feine u. ganz
spitze Pinsel, die Kanoschule bevorzugt breite, flache Pinsel, deren sie zu den virtuosen Improvisationen
in Tusche bedarf.
Die Malerei ist durch Vermittelung von Korea vor mehr als einem Jahrtausend aus China nach Japan gelangt. Sie stand in den ersten
Jahrhunderten durchaus im Dienste
[* 58] der buddhistischen Religion und hatte sich bis gegen das 10. Jahrh. von der
Nachahmung der chinesischen Vorbilder aus der Tangdynastie (7.-10. Jahrh.) nicht frei
gemacht. Das Ideal der Chinesen und ihrer japanischen Nachahmer ist ein kalligraphischer Schwung der Linienführung und eine
kraftvolle Wirkung allein durch Schwarz- und Weißmalerei.
Dieser Art sind die noch erhaltenen Gemälde der ersten japanischen Künstler, Kose-no-kana-oka, die den
japanischen Kennern noch heute als die höchsten Leistungen ihrer Kunst gelten. In der Wahl
ihrer Gegenstände waren Kana-oka
und seine Nachfolger in der buddhistischen Stilrichtung, die sich fast unverändert bis in die Neuzeit erhielt, durch die
Überlieferung und Zwecke des Kultus beschränkt. Aus der Nachahmung der chinesisch-koreanischen Muster entwickelte
sich bereits im 11. und 12. Jahrh. die national-japanische Schule Yamato-riu, die seit dem 13. Jahrh., ihrer höchsten Blüte,
[* 59] den NamenTosa-riu annahm und behielt. An Stelle der religiösen Darstellungen traten Bilder des heimischen Lebens, Turniere und
Kämpfe, Szenen des Hoflebens und der Heldensage.
Der Tosastil ist der Geschmack der Aristokratie, des Hofes von Kioto. Er kennzeichnet sich durch äußerste
Sorgfalt und Feinheit der Ausführung, die an die persisch-indischen Miniaturen erinnert, denen er auch durch das reiche Kolorit
nahesteht. Die Einzelheiten, leblose Dinge, Blumen undVögel,
[* 60] werden minutiös ausgeführt; dagegen ist die Empfindung und Erfindung
konventionell und die Darstellung der menschlichen
[* 52]
Figur ungenau und wenig erfreulich. Das 14. und 15. Jahrh.
bringt eine Wiederholung des chinesischen Einflusses in Kunst und Wissenschaft und damit ein Wiederaufleben der kraftvollen
Skizzierkunst Kana-okas. Die Hauptmeister dieser Richtung sind Cho-Densu (1351-1427) und Josetsu, welche die Tuschmalerei vor
dem Farbenreichtum und der Feinheit der Tosa-riu bevorzugen. Cho-Densu ist als begabtester
[* 52]
Figurenmaler,
Josetsu dagegen als Landschafter bedeutend. Neben letzterm werden noch Soga-Shiubun und Sesshiu (1421-1507) als Landschafter
ersten Ranges genannt.
Die Erneuerung des chinesischen Einflusses führt im 15. Jahrh. zur Kanoschule, die von Kano-Masanobu und seinem Sohn Kano-Motonobu
den Namen trägt. Sie sind aus der Werkstatt des Shiub-un und Sesshiu hervorgegangen. Ohne die Darstellung der
nationalen Geschichte und des Genres ganz zu vermeiden, pflegen sie doch vorwiegend die chinesische Landschaft, Tiere und Pflanzen.
Anfänglich mehr der Schwarz- und Weißmalerei zugewandt, bilden sie später eine mehr dekorative Richtung aus, die in reicher
Verwendung von Gold
[* 61] und Farben mit der Tosa-riu wetteiferte. Charakteristisch aber bleibt, dem chinesischen
Ursprung gemäß, die virtuose, rasche Mache mit einfachen Mitteln. Die namhaftesten der spätern Meister der Kanoschule sind
Kano Utanosuke, der größte Vogel- und Blumenmaler, und Kano Yeitoku (gest. 1590), der das glänzendste, lebhafteste Kolorit
ausbildete. Im 17. Jahrh. ist der volkstümlichste Vertreter der Schule Tanyu oder Morinobu.
Während der Regierung der Tokugawa-Shogune, im 17. Jahrh., beginnt sich aus der Tosaschule eine neue
Richtung abzuzweigen, deren Vertreter ihre Motive mit Vorliebe dem Leben des gemeinen Volkes entnehmen. Diese volkstümliche
Schule, Ukio-yé, wird von den japanischen Kennern nicht geschätzt, sie ist aber diejenige, die
den Europäern zumeist bekannt wurde und bei diesen die größte Bewunderung erregte. Sie ist für die gesamte Kunstthätigkeit
von Japan von der höchsten Bedeutung, wenn ihre ästhetische Würdigung als Malerei auch bestritten bleibt, vornehmlich dadurch,
daß die Künstler der Ukio-yé den Holzschnitt zur Vervielfältigung ihrer Werke in reichstem Maße heranzogen.
Sie haben dadurch sowohl zur Blüte des Holzschnittes beigetragen als alle Gebiete des Kunsthandwerks mit einer Fülle von Vorbildern
versorgt. Unter den zahlreichen Anhängern der vulgären Schule ragen als bedeutendste hervor: Miyagawa Choshun, Torii Kiyonobu,
der zuerst die Bilder von Theatergrößen vervielfältigte, und als der
¶
mehr
weitaus berühmteste Hokusai. Im J. 1798 tritt er zuerst als Buchillustrator unter dem NamenHokusai auf. 1814 erschien sein
berühmtestes Werk, die Mangwa, das Skizzen und Vorlagen aller Art für das Kunsthandwerk enthält. Obwohl von den vornehmen
Kunstfreunden seiner Heimat nicht geschätzt, errang er sich durch die zahlreichen Bücher mit Skizzen,
die er bis in sein höchstes Alter herausgab, weitreichenden Ruhm und wurde das Haupt einer großen Schule. Er starb 90jährig
im J. 1849. Die Anhänger und Nachahmer Hokusais sind nicht die einzigen modernen Vertreter der japanischen Malerei.
Auch die Tosa- und die Kanoschule leben noch fort, aber im allgemeinen ist seit der sozialen und politischen
Neugestaltung des Landes, die unter europäischem Einfluß begonnen hat, das Interesse an der Kunst und diese selbst sehr zurückgegangen.
Die Blütezeiten gehören der Vergangenheit an.
HeinrichAugust, Missionar und Sprachforscher, geb. zu Herrnhut, wo er starb. Er wirkte
1856-68 als Missionar der Brüdergemeinde in Tibet und machte sich besonders um die Erforschung der tibetischen
Sprache verdient, besorgte die tibetische Bibelübersetzung und beteiligte sich an der Herausgabe und Übersetzung tibetischer
Texte.
Hauptwerke: »Handwörterbuch der tibetischen Sprache« (Gnadau 1871-75);
»Geschichte des deutschen Einheitstraums und seine Erfüllung« (das.
1884; 3. Aufl. 1890; preisgekrönt);
»Die Volkszahl deutscher Städte am Ende des Mittelalters und zu Beginn
der Neuzeit« (das. 1886);
»Über Welthandelsstraßen in der Geschichte des Abendlandes« (das. 1887);
»Kleines Urkundenbuch
zur neuern Verfassungsgeschichte« (das. 1886) u. a. Auch
leitet er die Herausgabe der »Jahresberichte der Geschichtswissenschaft«
und der »Historischen Untersuchungen« (Berl. 1886 ff.).
Während dieser Zeit bestieg er zweimal den CamerunsPik, besuchte den Rio
[* 75] del Rey und Croßfluß und machte Forschungen im
untern Nigerdelta. 1889 zum Konsul für das portugiesische Ostafrika ernannt, machte er eine Reise nach den Nyassa-, Rikwa- und
Tanganjikaseen und war auch politisch thätig. Nach seiner Rückkehr (1890) erhielt er denBathorden, 1891 begab
er sich wieder nach Ostafrika. Er schrieb: »The RiverCongo from its mouth to Bolobo« (Lond. 1884);
Friedrich, Schulmann und Schriftsteller, geb. zu Berlin, studierte, daselbst vorgebildet, 1866-70
in Zürich
[* 81] und Berlin, wo er den Doktorgrad erwarb, wurde 1875 dort am Gymnasium zum GrauenKloster angestellt und
trat 1882 als Schulinspektor bei der hauptstädtischen Schulverwaltung ein. Von seinen Veröffentlichungen sind hervorzuheben:
»Litterarische Korrespondenz des Pädagogen F. E. v. Rochow mit seinen Freunden« (Berl. 1884);
Die durch den Erlaß des preußischen Kultusministers v. Goßler vom (vgl. Spiel, Bd. 15) hervorgerufene
Bewegung hat immer festere Formen und nachhaltigere Kraft
[* 85] gewonnen. Namentlich im Gebiet des höhern Unterrichtswesens,
und hier wieder besonders in einigen größern Städten, ist der Versuch mit Glück angestellt worden, die J. zu einem einflußreichen,
ebenbürtigen Faktor in der Bildung der männlichen Jugend zu erheben, so in Berlin, Braunschweig
[* 86] und Görlitz.
[* 87]
Namentlich in Görlitz, wo ein regsamer »Verein für Knabenhandarbeit und J.« unter Leitung des Abgeordneten v. Schenckendorff
und des Gymnasialdirektors Eitner die Pflege der J. in die Hand genommen, sind diese zu hoher Blüte gediehen. Eitner schreibt
darüber in Dammers »Handwörterbuch der
öffentlichen und privaten Gesundheitspflege« (Stuttg. 1890): »Wenn
mit der fortschreitenden geistigen Entwickelung nicht leibliches Gedeihen Hand in Hand geht, wird die Schule
bald inne werden, daß sie sich vergeblich um die Erreichung ihrer letzten Ziele abmüht. Daher wurde das Turnen unter die Zahl
der Pflichtstunden jeder öffentlichen Schulanstalt aufgenommen. Allein die davon erwarteten Erfolge traten nicht ein, erstens,
weil die beiden wöchentlichen Stunden, welche den gymnastischen Übungen eingeräumt wurden, bei weitem nicht genügten,
und zweitens, weil es ein Gegenstand des Unterrichts war, bei welchem wie bei allen übrigen Lehrstunden straffe Disziplin
gehalten werden mußte, so daß der Eigenart des einzelnen nicht in genügendem Maße Rechnung getragen werden konnte.
Das frische, fröhliche und ungebundene Tummeln der Jugend, bei welchem die individuelle Selbstthätigkeit sich uneingeschränkt
von den hemmenden Fesseln der Schulzucht geltend zu machen genügenden Raum fand, konnte nur durch das Spiel gewährt werden.
So sprach der berühmte Erlaß des preußischen Unterrichtsministers v. Goßler vom das befreiende
Wort aus, welches die Anregung zur Wiederbelebung der J. gab.« In diesem Erlaß sagt der Minister: »Schwerlich gibt es ein Mittel,
welches wie das Spiel so sehr im stande ist, die geistige Ermüdung zu beheben, Leib und Seele zu erfrischen und zu neuer Arbeit
fähig und freudig zu machen. Es bewahrt vor unnatürlicher Frühreife und blasiertem Wesen, und wo diese
beklagenswerten Erscheinungen bereits Platz gegriffen, arbeitet es mit Erfolg an der Besserung eines ungesund gewordenen Jugendlebens.
Das Spiel wahrt der Jugend über das Jugendalter hinaus Unbefangenheit und Frohsinn, die ihr so wohl anstehen, lehrt und übt
den Gemeinsinn, weckt und stärkt die Freude am thatkräftigen Leben und die volle Hingabe an gemeinsam
gestellte Aufgaben und Ziele.« Nach EitnersBericht haben diese weitgehenden Erwartungen in Görlitz sich erfreulich erfüllt.
Mehr als 77 Proz. der Schüler des Gymnasiums, und zwar aller Klassenstufen, beteiligen sich freiwillig an den zweimal in der
Woche stattfindenden Jugendspielen, und der Einfluß dieser Übungen auf die Gesundheit und ganze Haltung
der Jugend ist unverkennbar. Unter den Bewegungsspielen, um die es der Hauptsache nach sich nur handeln kann, nehmen auf
dem Görlitzer Spielplatz die Ballspiele den ersten Rang ein, weil sie geistige und körperliche Kraft am allseitigsten in Anspruch
nehmen.
Stehball, Radball, Königsball, Sauball, Turmball, Schlagball, Freiball, Schleuder- und Grenzball werden mit Vorliebe gepflegt
und geübt. Auch der englische Thorball (Cricket) und der Fußball sind zugelassen, dürfen aber nicht in unjugendlichen Wettbetrieb
ausarten. Ganz besonders wird das zierliche, feine, gewandte Bewegungen und sicheres Augenmaß erfordernde englische Parkwiesen-
oder Netzballspiel (s. Tennis), das Tamburinspiel und nach andern stürmischen und aufregenden Spielen
das ruhige Boccia- und Crocketspiel empfohlen. Daneben kommen die alten deutschen Spiele (Fang schon; Schwarzer Mann; Katze
[* 88] und
Maus; Jakob, wo bist du; Gutenmorgen, HerrFischer; Urbär; Fuchs
[* 89] zum Loche; Foppen und Fangen; Schlaglaufen; Jägerspiel; Räuber
und Gendarmen etc.) zu ihrem Rechte. Für erwachsene junge Leute bewähren sich zumeist: Barlauf, Diskus-
und Gerwurf, Bogenschießen.
¶