die elektrische Bogenlampe mit Scheinwerfer von 90
cm Öffnungsweite. Beide
Wagen sind durch ein 100 m langes Leitungskabel
verbunden. Man erzielt eine genügende
Erleuchtung bis auf etwa 4 km und wird hier ein
Streifen von 50-60 m belichtet. Durch
Einschieben eines Zerstreuers (konvexe Cylinderlinsen) kann eine 8-10malige Verbreiterung des erleuchteten
Gesichtsfeldes erzielt werden, wobei die
Intensität des
Lichtes entsprechend abnimmt. Der Scheinwerfer ist derart aufgehängt,
daß er nach allen Seiten gerichtet werden kann, wie es das Absuchen des Vorfeldes erfordert. Für die
Beobachtung ist ein
Standpunkt 300-400
m oder weiter seitwärts und vorwärts des Scheinwerfers zweckmäßig, beide Standpunkte werden zur
gegenseitigen Verständigung durch
Fernsprecher
[* 2] (Feldtelegraphenkabel) verbunden.
Die Einführung weittragender kleinkalibriger
Gewehre mit rauchschwachem
Pulver kann es unter Umständen schwierig oder unmöglich
machen, eine vom feindlichen
Feuer beherrschte
Fläche zu durchschreiten und dazu auffordern, die Dunkelheit zur
Annäherung
zu benutzen. Glaubt eine
Truppe solchen nächtlichen
Angriffen ausgesetzt zu sein, so ist sie genötigt,
ihre Sicherheitslinien zu verstärken und womöglich weiter hinaus zu schieben. Zur Entlastung und Unterstützung des aufreibenden
Sicherheitsdienstes hat
man in neuer Zeit auch die
Ausrüstung der
Feldarmeen mit fahrbaren elektrischen Scheinwerfern in Aussicht
genommen, wozu der vorbeschriebene von Schuckert mit Erfolg versucht wurde.
Man verspricht sich namentlich dann Nutzen von seiner Anwendung, wenn man den
Angriff des Feindes in einer
vorbereiteten
Stellung erwartet, zu welcher bestimmte Annäherungswege führen. In französischen Militärzeitschriften wird
sogar die
Ausrüstung von zur
Nacht ausgesendeten Erkundungsabteilungen der
Kavallerie mit kleinen fahrbaren Scheinwerfern besprochen.
Täuschungen, zu denen das
Orientieren nach dem elektrischen Scheinwerfer und das
Erkennen ferner feststehender
Gegenstände im elektrischen
Licht
[* 3] Veranlassung gibt, sucht man durch genaue Orientierung am
Tage vorher zu vermeiden. In Küstenwerken
und auf
Schiffen fallen diese Täuschungen zwar fort, aber auch hier erfordert das
Erkennen feindlicher, grauschwarz angestrichener
Schiffe
[* 4] ebenso große Übung wie die
Beobachtungen zu
Lande.
Auf derWeltausstellung in
Paris
[* 5] 1889 befanden sich fahrbare elektrische Festungsapparate von 35,000 Normalkerzen,
aus einem
Maschinen- und einem Projektorwagen (Sautter-Lemonnier) bestehend; ersterer trägt eine Parsensche
Dampfturbine mit
direkt gekuppelter Dynamomaschine (turbo-moteur électrique), die
Turbinen machen 9000-10,000
Touren in der
Minute. Jedes
Armeekorps
in
Frankreich soll mit einem solchen
Apparat M/88 ausgerüstet sein. Die
Schweiz
[* 6] führt gleiche
Apparate,
aber mit Brotherhoodmaschinen.
Ein Küstenapparat hatte einen aplanatischen Glasspiegel nach
Mangin von 1,50 m
Durchmesser mit einem Beleuchtungseffekt von
80-99,000 Normalkerzen. Auf
Schaffen sind die Scheinwerfer in der
Regel in den
Marsen aufgestellt, die Innenräume, namentlich
die Munitionskammern, sind durch
Glühlampen erhellt.
Kleinere fahrbare Scheinwerfer dienen auch zum Absuchen
der Schlachtfelder nach Verwundeten. Um das Absuchen von Gebüschen,
Gehöften etc. zu ermöglichen, hat
man inEngland tragbare
Glühlampen durch 50 m lange Lichtkabel mit der fahrbaren Dynamomaschine verbunden.
Noch zweckmäßiger sind die auf Anregung des
RotenKreuz
[* 7] von Trouvé konstruierten selbständigen elektrischen Handlampen von 6 Normalkerzen
und 3-4
Stunden Glühdauer, weil
sie denTräger
[* 8]
unabhängig vom Gelände machen und ihm das Absuchen von Wäldern gestatten.
Fein in
Stuttgart
[* 9] hat einen elektrischen Beleuchtungswagen in zwei
Größen, sowohl für Fernbeleuchtung wie Teilungslicht zur
Verwendung bei den
Eisenbahntruppen gebaut. Sie gestatten den Betrieb von 6-8 Bogenlampen von je 500-1000
Normalkerzen und einiger
Glühlampen, oder eines Einzellichts mit Scheinwerfer. Die Bogenlampen, durch Lichtkabel mit der
Dynamomaschine verbunden, werden an mitgeführten eisernen Tragestangen aufgehängt, um nächtliche
Arbeiten an
Eisenbahnen,
Straßen,
Brücken
[* 10] etc. zu beleuchten. Es ist außerordentlich schwer, auf unbekannte
Entfernungen aufgestellte Scheinwerfer
durch
Mitrailleusen- oder Gewehrfeuer zu treffen, weil selbst annähernd richtiges
Abschätzen der
Entfernung
kaum möglich ist.
[* 11]Ventil,
[* 12] Vorrichtung, welche, in eine Leitung eingeschaltet, die Entladung der (positiven)
Elektrizität
[* 13] nur in einer
Richtung durchgehen läßt. Stehen sich zwei
Elektroden von verschiedener
Größe und Gestalt gegenüber, so kann
man ihren
Abstand so regeln, daß die Entladung nur übergeht, wenn die eine positiv, nicht aber, wenn
sie negativ geladen ist. Das elektrische Ventil von Gangain ist im wesentlichen ein
elektrisches Ei, d. h. ein eiförmiges
Glasgefäß, in welchem die
Luft verdünnt werden kann. In demselben stehen sich zwei Metallkugeln gegenüber, von welchen
die eine bis auf eine kleine
Stelle gefirnißt, die andere dagegen blank ist.
Bei richtiger Regelung des
Luftdrucks in dem
Ei
[* 14] geht die Entladung von der gefirnißten zur blanken
Kugel, nicht aber umgekehrt.
Ähnlich wirkt eine
Geißlersche Röhre,
[* 15] deren eine
Elektrode in eine
Spitze ausläuft, während die andre eine kleine, zur
Längsachse der
Röhre senkrechte Metallscheibe trägt. Eine
Geißlersche Röhre mit unter sich gleichen
Elektroden, an deren Innenwand mehrere Glastrichter angeschmolzen sind, die ihre engen Öffnungen alle nach der einen
Seite kehren, bringt eine ähnliche
Wirkung hervor; die Entladung geht nämlich leichter von den engen Öffnungen der Trichter
zu den weiten, als in umgekehrter
Richtung.
[* 16]Versuchsstationen,Institute, welche unabhängig von den elektrotechnischen
Fabriken die Erzeugnisse derselben
eingehend prüfen. Für die Fabrikanten hat es einen großen Wert, wenn ihre
Apparate von unparteiischer Seite in ihrer Leistungsfähigkeit
geprüft und begutachtet werden können. Einerseits besitzen die
Fabriken oft nicht die Einrichtungen, um wissenschaftliche
und technische
Versuche mit ihren
Apparaten anzustellen, oder sie sind nicht in der
Lage, die für irgend
einen
Apparat notwendigen Vorversuche selbst zu machen, anderseits gereicht es ihren Erzeugnissen zu besonderer
Empfehlung,
wenn sie auch von uninteressierter Seite für gut befunden und als brauchbar öffentlich bekannt gegeben werden. Es bestehen
gegenwärtig in elektrische Versuchsstationen
München,
[* 18]
Wien,
[* 19]
Frankfurt
[* 20] a. M. und
Magdeburg.
[* 21]
Zur Untersuchung gelangen Leitungsmaterialien
(Bruch-, bez. Zugfestigkeit,
Leitungsfähigkeit), galvanische
Elemente,
Akkumulatoren,
Thermoelemente,
Glühlampen, Bogenlampen, Lampenkohlen,
Maschinen,
Meßinstrumente u. a. Außerdem wird die Begutachtung im
Betriebe befindlicher
Anlagen, Beurteilung von Kostenanschlägen, Überwachung der Ausführung von
Anlagen übernommen.
Endlich
werden noch neue
Erfindungen auf ihre Verwertbarkeit geprüft. Die Einrichtung einer solchen
Versuchsstation
ist wegen der großen Zahl der Hilfsmittel mit nicht geringen
Kosten¶
mehr
verknüpft. So wird z. B. die für London
[* 23] geplante elektrotechnische Versuchsstation, welche den weitestgehenden Anforderungen
genügen soll, zu 200,000 Mk. veranschlagt.
Fast alle bislang in die Praxis eingeführten Verteilungssysteme beruhen auf dem Prinzip der Parallelschaltung.
[* 39] AlleApparate,
seien es Lampen,
[* 40] Motoren oder Akkumulatoren, sind in Parallelschaltung völlig unabhängig voneinander. Die Parallelschaltung
bietet somit die größte Betriebssicherheit. Als Hauptforderung für ein solches System gilt: die Spannung
muß an allen Punkten des Leitungsnetzes trotz wechselnder Energieentnahme konstant bleiben, da alle angeschlossenen Apparate
nur bei einer ganz bestimmten Spannung ohne Störung arbeiten;
namentlich ist dies für ein ruhiges, gleichmäßiges Brennen
der elektrischen Lampen unbedingt notwendig.
Die verschiedenen Arten der Verteilung elektrischer Energie in großem Maßstab
unterscheiden sich im wesentlichen dadurch voneinander, daß sie auf verschiedenen Wegen die Verteilung
auf große Entfernungen ohne allzu großen Aufwand von Leitungsmaterial zu erreichen suchen; denn mit den Entfernungen hat
die Verteilung elektrischer Energie in großem Maßstab in erster Linie zu rechnen. Mit Rücksicht hierauf wird notwendigerweise
immer eine Energie von höherer Spannung gewählt werden müssen.
Die elektrischeEnergie pro Sekunde ist gleich dem Produkt aus Stromstärke und Spannung (Voltampère). Eine bestimmte Energiemenge
erfordert bei hoher Spannung geringere Leitungsquerschnitte als bei niederer Spannung; denn der Strom ist es, welcher geleitet
werden soll; er ist aber, gleiche Energiemenge vorausgesetzt, bei hoher Spannung geringer als bei niederer.
Sind z. B. auf eine Entfernung von 1000 m 10,000 Voltampère zu übertragen, so muß, gleichen Verlust in den Leitungen vorausgesetzt,
die Leitung bei 100 Volt zehnmal so stark sein, wie bei 1000 VoltSpannung; denn im ersten Fall sind 100, im zweiten Fall nur
noch 10 Ampère zu leiten.
Immerhin kann man die Spannung nicht ins Unbegrenzte erhöhen, da schließlich eine dauerhafte Isolation der Leitungen nicht
mehr möglich ist; 5000 Volt dürfte zur Zeit die äußerste Grenze sein. Da nun hingegen die Spannung an den Lampen höchstens 150 Volt
sein darf (für höhere Spannungen sind Glühlampen kaum herzustellen), so muß die erzeugte hohe Spannung
auf irgend welche Weise so modifiziert werden, daß die eingeschalteten Apparate nur mit niederer Spannung gespeist werden.
Dies geschieht entweder auf direktem Wege ohne Umwandlung der hohen Spannung in
niedere, oder auf indirektem Wege dadurch,
daß man vermittelst sogen. TransformatorenEnergie hoher Spannung in solche von niederer Spannung umsetzt.
Der direkte Weg wird hauptsächlich von den Systemen der Verteilung elektrischer Energie mittels Gleichstrom eingeschlagen,
während der indirekte Weg augenblicklich noch vorwiegend durch das Wechselstromsystem bethätigt wird.
Die Verteilung elektrischer Energie auf direktem Wege geschieht mittels der sogen. Leitersysteme. Das Dreileitersystem,
[* 41] zuerst
von Edison und Hopkinson angegeben, besteht darin, daß man zwei Gleichstrommaschinen R1 R2
[* 22]
(Fig.
1) hintereinander schaltet, so daß bei a der positive, bei c der negative Pol ist. Da beide Maschinen hintereinander geschaltet
sind, so herrscht zwischen a und c, also auch zwischen den Leitungen F+ und F- die Summe der Spannungen
beider Maschinen; liefern z. B. beide je 100 Volt, so herrscht zwischen F+ und F- 200 VoltSpannung.
Legt man jetzt eine dritte Leitung F0 bei h an, so herrscht zwischen F+ und F0 sowie zwischen F0 und F- nur eine Spannung
von 100 Volt. Das System ist also derart eingerichtet, daß wir eine höhere Spannung (etwa 200 Volt) erzeugen,
jedoch für die einzuschaltenden Apparate (Lampen etc.) die halbe Spannung (100 Volt) verfügbar haben, wir schalten sie in die
beiden Zweige F+, F0 und F0, F- ein. Der wesentliche Vorteil des Dreileitersystems besteht somit in dem Umstand, daß
man die doppelte Spannung eines gewöhnlichen Zweileitersystems anwenden kann, ohne daß die Betriebsspannung
erhöht wird; die Betriebsspannung aber muß eine niedere sein, da Glühlampen höchstens bis zu 150 Volt hergestellt werden
können. Der mittlere Leiter F0 ist sozusagen stromlos; er wird daher nur drei Viertel so stark gewählt, wie die LeiterF+ und F-. Mittels des Dreileitersystems spart man gegenüber einem Zweileitersystem infolge der höhern
Spannung 35 Proz. an Kupfer
[* 42] für die Leitungen; oder man kann bei gleicher Kupfermenge auf eine viel weitere Entfernung elektrische
Energie verteilen, ehe derselbe Leitungsverlust auftritt.
Das Fünfleitersystem ist eine einfache Weiterbildung des Dreileitersystems.
[* 22]
Fig. 2 zeigt ein Schema desselben.
Es besitzt 4 Maschinen R und 5 Leitungen. Mittels dieses Systems kann man die Spannung vervierfachen und erhält trotzdem in
den einzelnen Zweigen nur die einfache Spannung, wie sie die Glühlampen erfordern. Der Kupferaufwand für die Leitungen verringert
sich im Vergleich zu einem Zweileitersystem um 66 Proz., d. h.
man kann mittels dieses Systems schon auf ganz gewaltige Entfernungen hin elektrische Energie verteilen, ohne übermäßigen
Leitungskosten zu begegnen.
Drei- und Fünfleitersysteme werden namentlich in neuester Zeit viel zur Ausführung gebracht, hauptsächlich mit Akkumulatorenbatterien,
welche in die einzelnen Zweige eingeschaltet sind, und es fehlt nicht an Stimmen, welche diese Leitersysteme
namentlich in Verbindung mit Akkumulatoren als die leistungsfähigsten Anordnungen für elektrische Zentralstationen ansehen.
Auf indirektem Wege kann man endlich elektrische Energie mittels Akkumulatoren oder Gleichstromtransformatoren bei Gleichstrom,
oder mittels
Wechselstromtransformatoren bei Wechselstrom verteilen. Die Verteilung mittels Akkumulatoren geschieht in der Weise, daß man
eine Anzahl Akkumulatorenbatterien A
[* 43]
(Fig. 3) von etwa 100-120 Volt hintereinander schaltet und durch eine Dynamomaschine
R von hoher Spannung speist. An den einzelnen Batterien werden Speiseleitungen F für die einzuschaltenden Apparate (Lampen)
abgezweigt. Jede Akkumulatorbatterie wird nahezu in den Mittelpunkt ihres Verteilungskreises gelegt. Dieses
System ist sehr wirtschaftlich, indem die Akkumulatoren die jeweils überschüssige Energie aufspeichern und je nach Bedarf wieder
abgeben und bei Störungen an der Dynamomaschine längere Zeit den Betrieb allein aufrecht erhalten können. Immerhin sind
augenblicklich die Akkumulatoren jedoch noch so kostspielig, daß man sie kaum in diesem großen Maßstab
wird anwenden können, ohne das Unternehmen unwirtschaftlich zu machen.
Die Verteilung elektrischer Energie in großem Maßstab mittels sogen. Gleichstromtransformatoren besteht im wesentlichen darin,
daß man in der Zentralstation elektrische Energie von hoher Spannung erzeugt, welche eine Anzahl in den verschiedenen Bezirken
aufgestellter Elektromotoren treibt. Diese Elektromotoren sind mit Strommaschinen gekuppelt, welche elektrische
Energie von niederer Spannung, wie sie für die Lampen etc. nötig ist, liefern. Es wird also auf diese Weise für die langen
Hauptleitungen der Vorteil der hohen Spannung wahrgenommen, während erst an der Verwendungsstelle selbst diese hohe Spannung
in die betriebsmäßige niedere Spannung umgesetzt wird, so daß nur auf kleine Strecken von den einzelnen
Bezirken (Unterstationen) bis zu den Lampen etc. dickere Leitungen notwendig sind. Diese Art der Verteilung wird meist in Verbindung
mit den Leitersystemen vorgeschlagen, indem man für den größten Teil der Betriebssphäre das direkte System und nur für
die allerentferntesten Punkte noch höhere Spannungen anwendet und diese dann an Ort und Stelle mittels Gleichstromtransformatoren
in betriebsmäßige niedere Spannung umsetzt.
Das Wechselstromsystem besteht im wesentlichen aus einer Wechselstrommaschine R
[* 43]
(Fig. 4), welche
elektrische Energie von hoher Spannung liefert (meist 2000 Volt). An den einzelnen Verwendungsstellen werden Transformatoren
T aufgestellt, welche diese Energie von hoher Spannung in solche von niederer Spannung (etwa 100 Volt) umsetzen
und damit die Lampen etc. speisen. Ein sehr schwerwiegender Vorteil dieses Systems ist, daß die Wechselstromtransformatoren
einfache, selbstthätige, keiner Wartung bedürfende Apparate sind, welche ihre Spannung fast vollkommen konstant erhalten,
solange die Spannung der Wechselstrommaschine die gleiche bleibt, und daß sie einen ausgezeichneten Wirkungsgrad
haben (bis zu 96 Proz.). Nachteilig ist allerdings, daß Bogenlampen mit Wechselstrom betrieben
beträchtlich mehr Energie verzehren als solche mit Gleichstrom betriebene, daß 100 Volt Wechselstrom für den menschlichen
Körper weit schädlicher sind als 100 Volt Gleichstrom, daß ferner
die Leistung motorischer Arbeit mittels
Wechselstroms augenblicklich noch sehr große Schwierigkeiten bietet.
Während Europa
[* 44] zum größten Teil mehr den Gleichstromzentralen zuneigt, finden wir in Amerika
[* 45] eine große Zahl von Wechselstromzentralen.
Als bemerkenswerteste Gleichstromzentrale dürften wohl die Berliner
[* 46] Elektrizitätswerke gelten. Fünf große Stationen liefern
elektrische Energie auf ein gemeinsames Netz, welches auf dem Dreileitersystem beruht. Es sind dies die
Zentralen: Mauerstraße mit 3040, Markgrafenstraße mit 2280, Friedrichstraße mit 300, SpandauerStraße mit 2000, Schiffbauerdamm
mit 1000, in Summa also rund 8600 Pferdekräften.
Für die Stationen Mauerstraße, SpandauerStraße und Schiffbauerdamm sind jedoch noch weitere Dampfmaschinen
[* 47] von ca. 12,000
Pferdekräften vorgesehen. Die neu aufgestellten Dampfmaschinen besitzen je ca. 1400 Pferdestärken, welche
je zwei unmittelbar mit der Maschine
[* 48] gekuppelte Dynamomaschinen (Innenpolmaschinen von Siemens u. Halske) treiben. Diese Dynamos
besitzen eine Höhe von ca. 3 m und liefern Strom für beiläufig 5-6000 Glühlampen à 16 Normalkerzen. Diese großen Dampf- und
Dynamomaschinen arbeiten äußerst ruhig und wirtschaftlich, so daß man geneigt ist, noch weit mächtigere
Maschinen (bis zu 3000 Pferdekräften) aufzustellen.
Die von der Electric Supply Co. in Deptford in Angriff genommene Wechselstromzentrale versorgt ganz London von einer Station aus
mit Licht. Die elektrischen Maschinen liefern eine Energie von 10,000 Volt; die Hauptleitungen gehen an die
einzelnen Verteilungspunkte, woselbst mittels Haupttransformatoren die Energie in solche von 2400 VoltSpannung umgewandelt
wird. Von hier aus gehen Leitungen nach den einzelnen Haustransformatoren, wo die Energie, in solche von 100 VoltSpannung umgesetzt,
zur Speisung der Lampen verwendet wird.
Vorläufig werden 2 Wechselstrommaschinen von je 1500 Pferdekräften gebaut, es sollen jedoch noch 4 Maschinen
von je 10,000 Pferdekräften aufgestellt werden. Diese letzten Wechselstrommaschinen sind 13,7 m hoch und wiegen ca. 500,000
kg. Selbst wenn das Unternehmen daran scheitern sollte, daß man eine so riesige Spannung wie 10,000 Volt kaum mehr betriebssicher
isolieren kann, so ist ihm ohne Zweifel ein Ehrenplatz in der Geschichte der Elektrotechnik offen. Es geht
eben mit den elektrischen Spannungen genau so wie mit den Dampfspannungen; es gibt eine Grenze, über welche hinaus kein Material
den hohen Spannungen auf die Dauer gewachsen ist.
[* 50] Instrumente, welche die innerhalb eines gewissen Zeitraums verbrauchte Menge elektrischer Energie
angeben. Sie sind überall da unentbehrlich, wo mehrere Konsumenten aus derselben Zentralstation Strom entnehmen, und
eine Kostenberechnung nach Maßgabe des Stromverbrauchs
¶
mehr
stattfinden soll. Die elektrischeEnergie wird gemessen durch das Produkt aus Strom und Spannung. Da jedoch bei den heutigen Verteilungssystemen
eine konstante Spannung zu Grunde gelegt ist, so können wir den Energieverbrauch, wenigstens bei Gleichstrombetrieb, schon
allein aus der Größe der Elektrizitätsmenge erkennen, welche jeweilig durch die Hauptleitungen geht. Diese
Art von Zählern, welche die passierende Elektrizitätsmenge aufschreiben, nennt man Coulombzähler (Coulomb, Einheit der Elektrizitätsmenge).
Bei Wechselstrombetrieb muß man jedoch, wenngleich auch hier die Spannung immer die gleiche bleibt, das Produkt aus Strom und
Spannung zählen, um ein genaues Bild des Energieverbrauchs zu erhalten, da bei Wechselstrom die Phasen von
Strom und Spannung ganz verschiedenartig gegeneinander verschoben sein können, so daß nur das Produkt aus der gleichzeitig
herrschenden Größe von Spannung und Strom dem thatsächlichen Energieverbrauch gleich ist, nicht aber das Produkt der mittlern
Größe von Spannung und Strom. Hat z. B. in einem bestimmten Augenblick die Spannung ihren größten Wert,
während der Strom gerade dann gleich Null ist, so ist der wirkliche Energieverbrauch gleich Null, während das Produkt aus der
mittlern Größe von Strom und Spannung ein ganz andres Resultat ergäbe. Zähler, welche das Produkt aus der gleichzeitig herrschenden
Größe von Strom und Spannung zahlen, nennt man Wattzähler (Watt, praktische Einheit der elektrischen Energie).
Die verbreitetsten Elektrizitätszähler sind augenblicklich noch jene von Aron. Der Coulombzähler von Aron (s. Figur) besteht in einer Pendeluhr,
deren Pendel
[* 52] einen über der vom Hauptstrom durchflossenen Spule schwingenden Stahlmagnet trägt. Auf das Pendel wirkt also
bei der Bewegung nicht nur die Schwerkraft, sondern auch noch die magnetische Anziehung zwischen Spule und
Magnet, und wenn letztere im Verhältnis zur erstern klein ist, so ist die Beschleunigung der Uhr
[* 53] proportional dem durch die
Spule fließenden Strome.
Die Voreilung dieses Pendels gegen ein zweites, welches nur der Schwerkraft ausgesetzt ist, gibt daher ein Maß für den Stromverbrauch.
Eine jedem Instrument beigegebene Tabelle gibt an, wieviel Lampenbrennstunden einer Minute Voreilung entsprechen.
In jüngster Zeit sind die beiden Uhrwerke derart miteinander verbunden worden, daß das Zählwerk
[* 54] unmittelbar die Größe
der Voreilung anzeigt. Der Wattzähler von Aron ist analog konstruiert wie der Coulombzähler, nur tritt an Stelle des Stahlmagnets
eine
Spule mit vielen Windungen dünnen Drahtes, welche einen Zweigstrom (Spannungsstrom) führt. Auf diese
Weise wird durch die Wirkung der gleichzeitig herrschenden Größe von Spannung und Strom (in den beiden Spulen) ein Maß des Energieverbrauchs
erhalten.
Neuerdings ist ein Elektrizitätszähler von Werner v. Siemens konstruiert worden, welcher an Genauigkeit den Aronschen Zähler
noch übertrifft und den Vorteil hat, daß ein und dasselbe Instrument sowohl für Wechselstrom wie für Gleichstrom Verwendung
finden kann. Er besteht im wesentlichen aus einem nach Art der Elektrodynamometer konstruierten Energiemesser, dessen Zeigerausschläge
in bestimmten Zeitzwischenräumen (jede Minute) durch eine Zählvorrichtung ihrem Wert nach auf ein Zählwerkübertragen werden
und hier sofort die Zahl der Lampenbrennstunden angeben.
Bei dem von Bellati und Giltay angegebenen Elektrodynamometer ist ein Bündel weicher Eisendrähte
an zwei Fäden (bifilar) so aufgehängt, daß seine Achse senkrecht zum magnetischen Meridian steht, und ist umgeben von einem
Multiplikatorrahmen, dessen Windungsebene mit dem magnetischen Meridian und sonach auch mit dem Eisenbündel
einen Winkel
[* 55] von 45° bildet. GehenWechselströme durch die Drahtwindungen, so magnetisieren sie das Eisenbündel mit wechselnden
Polen und lenken dasselbe daher stets nach derselben Richtung ab. Die Ablenkung, welche, falls sie nur klein bleibt, dem Quadrat
der Stromstärke proportional ist, wird mit Spiegel
[* 56] und Skalenfernrohr (vgl. Magnetometer,
[* 57] Bd. 11) gemessen.
Das Instrument ist so empfindlich, daß die schwachen Ströme eines Telephons schon starke Ablenkungen hervorbringen.
Abstoßung. Wird vor dem einen Pol eines Elektromagnets ein Ring oder eine Scheibe aus Kupfer oder einem
andern nichtmagnetischen Metall leicht beweglich aufgehängt und der Magnet durch Schließen des Stromes
in der den Eisenkern umgebenden Drahtspule plötzlich erregt, so wird der Kupferring von dem Pol abgestoßen. Die in der Spule
und im Eisenkern plötzlich entstehenden primären Ströme induzieren nämlich in dem Ring entgegengesetzt gerichtete sekundäre
Ströme (s. Induktion,
[* 58] Bd. 8, und Magnetelektrizität,
[* 59] Bd. 11), welche
von jenen gemäß den Prinzipien der Elektrodynamik
[* 60] (s. d., Bd.
5) abgestoßen werden. Wird jetzt der Elektromagnet durch Öffnen des Stromes wieder entmagnetisiert, so sind die im Ring induzierten
Ströme mit den verschwindenden primären Strömen¶
mehr
gleichgerichtet, und es tritt Anziehung ein. Werden die Stromunterbrechungen in der Spule in rascher Aufeinanderfolge bewirkt,
oder schickt man durch dieselbe Wechselströme, die von einem Induktionsapparat oder einer Wechselstrom-Dynamomaschine geliefert
werden, so müßte der Ring, da er rasch hintereinander in gleichen Zeitintervallen schwache Anziehungen und Abstoßungen erfährt,
in Ruhe bleiben. Dies könnte aber nur dann der Fall sein, wenn die sekundären Ströme genau gleichzeitig
mit den primären verlaufen, wenn z. B. in demselben Zeitintervall, in welchem der primäre
Strom von Null bis zu seiner Maximalstärke ansteigt, der entgegengesetzt gerichtete sekundäre Strom von seinem Maximum bis
Null herabsinkt. Dieser genaue Synchronismus der induzierten Ströme mit den induzierenden findet aber thatsächlich
nicht statt, weil in dem Ring Selbstinduktion auftritt, indem die in seiner Masse entstehenden Extraströme (s. Induktion, Bd.
8) das Anwachsen des Induktionsstroms auf seinen Maximalwert und ebenso seine Abnahme auf Null verzögern.
Wächst z. B. die Stärke
[* 62] des induzierenden Stromes von Null bis zu ihrem Maximum, so fällt das Maximum des
induzierten Stromes mit jenem Nullwert nicht zusammen, sondern tritt etwas später ein und rückt daher dem Maximum des primären
Stromes zeitlich näher. Hierdurch wird die Zeitdauer, während welcher die Ströme entgegengesetzt gerichtet sind und sich
daher abstoßen, verlängert auf Kosten derjenigen, während welcher die gleiche Richtung der StrömeAnziehung
zu bewirken strebt; zugleich wird das Übergewicht der abstoßenden Wirkung noch dadurch begünstigt, daß während der Periode
der Abstoßung beide Ströme ihre Maximalwerte erreichen, wogegen sie in der Periode der Anziehung nur geringere Werte besitzen.
Da sonach abwechselnd während längerer Zeitabschnitte Abstoßung stattfindet, bewirkt durch stärkere
entgegengesetzte Ströme, innerhalb kürzerer Zeitintervalle aber Anziehung infolge schwächerer gleichgerichteter Ströme,
so muß die resultierende Wirkung Abstoßung sein.
Diese e. A. hat Elihu Thomson durch eine Reihe bemerkenswerter Versuche veranschaulicht. Legt man einen Kupferring auf den aus
einem Bündel weicher Eisendrähte bestehenden Kern eines aufrecht stehenden Elektromagnets und erregt
letztern durch einen starken Wechselstrom, so springt der Ring nach oben von seiner Unterlage ab. Hängt man eine Kupferplatte,
an einem Wagebalken ins Gleichgewicht
[* 63] gebracht, horizontal über dem Magnetpol auf, so steigt dieselbe bei Erregung durch
Wechselstrom beträchtlich in die Höhe.
Diese Abstoßung ist so kräftig, daß ein Kupferring, der durch Fäden in vier Punkten an die Tischplatte
geheftet ist, entgegen der Wirkung der Schwerkraft frei schwebend in der Luft erhalten wird. Zwei oder mehrere geschlossene
Stromkreise, der Einwirkung des wechselnden Magnetpols ausgesetzt, ziehen sich gegenseitig an, weil die in ihnen induzierten
Ströme die gleiche Richtung haben, und werden gemeinsam von dem Magnetpol zurückgestoßen. Eines der schönsten
Experimente von Elektro-induktive Thomson ist das folgende: Eine elektrische Glühlampe ist an die Enden einer horizontalen Drahtspule angeschlossen,
und Lampe
[* 64] und Spule schweben in einem mit Wasser gefüllten Glasgefäß über dem Kern des Elektromagnets.
Wird dieser durch Wechselströme kräftig erregt, so bringen die in der Spule induzierten Ströme die Lampe
zum Glühen, während gleichzeitig die abstoßende elektrodynamische Wirkung sich durch Emporsteigen der Lampe samt Spule
offenbart.
Die induzierende und elektrodynamische Wirkung geht durch das Glas
[* 65] und das Wasser ungehindert hindurch. Bringt man aber eine
Kupferplatte zwischen den Magnetpol und die mit der Lampe verbundene Spule, so erlischt die Lampe; die Kupferplatte
(und ebenso überhaupt jeder Leiter der Elektrizität) wirkt nämlich wie ein Schirm, welcher die Spulevor der induzierenden
Wirkung des Poles schützt, indem er dieselbe zu seiner eignen Induktion gleichsam absorbiert.
Bringt man ferner eine Kupferplatte über den einen Pol des von Wechselströmen erregten Elektromagnets
und nähert eine zweite, um eine Achse drehbare Kupferplatte, so gerät diese in rasche Drehung. Die feststehende Platte schützt
nämlich einen Teil der drehbaren Plattevor der Induktionswirkung; die in jener induzierten Ströme ziehen die in der drehbaren
Scheibe unsymmetrisch verteilten induzierten Ströme an und erzeugen eine Kraft,
[* 66] welche nicht durch die
Drehungsachse geht und daher Drehung bewirkt. Zwei drehbare Scheiben, von welchen jede einen Teil des Poles überdeckt, ziehen
einander an und rotieren in entgegengesetzten Richtungen.
umfaßt das Gebiet der in der Technik verwerteten Eigenschaften des elektrischen Stroms. Sie hat es zunächst
zu thun mit der Erzeugung des elektrischen Stromes. Neben der Herstellung von galvanischen Elementen befaßt sich dieser Zweig
vor allem mit der Herstellung elektrischer Maschinen, denn nur die maschinelle Erzeugung des elektrischen Stromes machte dessen
Eigenschaften allererst praktisch nutzbar. Für die elektrischen Maschinen, wie überhaupt für die eigentliche Elektrotechnik kann
das Jahr 1867, das Jahr der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips von Werner v. Siemens (s. Magnetelektrische Maschinen,
[* 67] Bd. 11), als Geburtsjahr gelten.
Von da ab erst sehen wir eine fabrikmäßige Herstellung elektrischer Maschinen beginnen. Allein die ersten Maschinen waren
weit davon entfernt, ihrer Grundbedingung, der Umsetzung mechanischer Energie in elektrische ohne nennenswerte
Verluste, zu genügen. Erst als gegen Ende der 70er Jahre die berühmten Abhandlungen der Gebrüder Hopkinson und Kapp Aufschluß
über die günstigsten Eisen- und Kupferverhältnisse bei elektrischen Maschinen gegeben hatten, war es möglich, nicht nur
Maschinen herzustellen, welche über 90 Proz. der mechanischen Energie in nutzbare elektrische Energie umsetzten,
nein, man hatte sogar die Mittel, Maschinen voraus zu berechnen.
Und so konnte denn der Bau der Dynamomaschinen jenen Aufschwung nehmen, welcher uns heute noch mit Staunen erfüllt. Wurden
früher Maschinen von 10 Pferdekräften als sehr groß angesehen, so sieht man heute schon eine ganze Anzahl Maschinen von 500 Pferdekräften
laufen, Maschinen also, von welchen jede 5-6000 Glühlampen von 16 Normalkerzen speisen kann. Dies gilt zunächst für die
Gleichstrommaschinen. Aber auch die Wechselstrommaschinen, welche mit der Verbesserung der Gleichstrommaschinen mehr und mehr
in den Hintergrund getreten waren, erfuhren mannigfache Ausbildungen, namentlich von jenem Zeitpunkt ab, wo die ersten brauchbaren
Wechselstromtransformatoren hergestellt wurden. Die Gleichstrommotoren waren gleichzeitig mit der Vervollkommnung der Gleichstrommaschinen
ausgebildet, da ja bei Gleichstrom eine und dieselbe Maschine als Strommaschine und als Motor verwendet wird. Es nimmt daher
kein wunder, wenn auch die Gleichstrommotoren einen Wirkungsgrad von über 90 Proz. besitzen. Die Wechselstrommotoren
¶
mehr
dagegen bieten heutzutage noch ziemliche Schwierigkeiten in der Herstellung. Es sind zwar verschiedene Arten solcher Motoren
vorhanden, allein bis heute kranken sie alle noch an einer Reihe von Übelständen. Teilweise laufen sie nur mit einer einzigen,
ganz bestimmten Geschwindigkeit, gehen nur leer an, vertragen eine plötzliche Belastung nicht und müssen
für gleiche Leistung viel größer gewählt werden als Gleichstrommotoren; teilweise benötigen sie drei und mehr Leitungen
von der Strommaschine aus; dagegen ist die Behauptung, daß der Wirkungsgrad ein schlechter sei, völlig unbegründet, man
hat bereits Motoren, die über 80 Proz. Nutzeffekt haben. Der Wirkungsgrad ist aber allein nicht maßgebend.
Die elektrischeBeleuchtung war wohl das erste, was die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hier waren
die Vorteile gegenüber der alten Beleuchtungsart zu packend, als daß man lange auf eine weitverbreitete Anwendung verzichten
konnte. Die Erfindung der Glühlampen, die Herstellung selbstregulierender Bogenlampen mußte einen gewaltigen Aufschwung bedingen;
die Lösung des Problems der Teilung des Lichtes, d. h. die Lösung des Problems, jede einzelne Lampe unabhängig
von der andern brennen zu können, durch das System der Parallelschaltung, sicherte der jungen Technik die praktische Durchführbarkeit,
deren schönste Beweise die allerorts entstehenden elektrischen Zentralen sind (s. Elektrische Zentralstationen).
Ein andres, für die Zukunft noch weit bedeutenderes Feld ist die elektrische Kraftübertragung. Obwohl
schon jetzt, namentlich in Amerika, zur praktischen Durchführung gelangt, so liegt sie immer noch in den ersten Anfängen,
da ihre Vorzüge noch nicht so völlig in Fleisch und Blut übergegangen sind wie jene des elektrischen Lichtes. Bedenkt man
aber, daß die elektrische Kraftmaschine die zugeführte Energie ohne Zwischenapparate unmittelbar in drehende
Bewegung umsetzt, daß also alle diejenigen Teile fortfallen, welche zur Umsetzung der hin- und hergehenden in drehende
Bewegung bei andern Betriebsmaschinen (Dampf-, Gaskraftmaschinen)
[* 69] nötig sind, Teile, welche bekanntlich sehr kostspielig und,
da in fortwährender Bewegung, auch am meisten der Erneuerung bedürftig sind, bedenkt man ferner, daß
die Zuleitung der Energie durch dünne Kupferdrähte die denkbar einfachste ist, daß keine toten Punkte vorhanden sind, daß
Schmutz und Belästigung irgend welcher Art gänzlich ausgeschlossen sind, so müssen wir den Elektromotor, der überdies
bei gleicher Kraftleistung das geringste Gewicht besitzt, den kleinsten Raum einnimmt und in der Anlage
weitaus am billigsten ist, als das Ideal einer Betriebsmaschine ansehen. Dazu aber kommt, daß die elektrische Energie auf
die weitesten Entfernungen ohne nennenswerten Verlust zu leiten ist (s. Elektrische Kraftübertragung).
Endlich aber sind es auch noch die chemischen Wirkungen des elektrischen Stromes, welche in der Technik Anwendung
gefunden haben. Teilweise werden diese Wirkungen dazu benutzt, um elektrische Energie aufzuspeichern, teilweise um Substanzen
in bestimmte Bestandteile zu zerlegen. Die Aufspeicherung elektrischer Energie in den sogen. Akkumulatoren ermöglicht es, die
Maschinen nicht während der ganzen Zeit des Lichtbedürfnisses in Betrieb zu halten. Brennen z. B. in einer Anlage in den
Abendstunden 100 Lampen gleichzeitig, während ca. 10-20 LampenTag undNacht brennen sollen, so wäre es im höchsten Grade unwirtschaftlich,
wollte man wegen dieser
wenigen Lampen die MaschineTag undNacht in Betrieb halten. Da empfiehlt es sich vielmehr, die Maschine
einige Stunden vor Beginn des Hauptlichtbedürfnisses anzulassen, teilweise die 10-20 Lampen zu speisen,
den überschüssigen Strom aber in die Akkumulatoren zu schicken. Während vorher die MaschineTag undNacht hätte arbeiten müssen,
genügt jetzt ein Maschinenbetrieb von nur 6-8 Stunden, indem die Akkumulatoren die übrige Zeit die Speisung der Lampen übernehmen.
Neuerdings finden außerdem die Akkumulatoren eine großartige Anwendung bei Zentralstationen (s. Elektrische Zentralstationen).
Die Zerlegung chemischer Substanzen in bestimmte Bestandteile, die sogen. technische Elektrolyse,
[* 70] hat seit der Herstellung von
Maschinen ganz gewaltige Fortschritte gemacht. Man unterscheidet bereits vier weite Gebiete, auf welchen sie sich bethätigt.
Die Elektrometallurgie
[* 71] hat es mit der Reingewinnung von Metallen zu thun. Teilweise handelt es sich darum,
die Metalle vollkommen rein zu erhalten, wie z. B. bei Kupfer, teilweise sind Metalle auf keinem andern Wege und in größerm
Maße gleich vorteilhaft herstellbar, wie z. B. Aluminium. Ein andrer Zweig beschäftigt sich mit der Herstellung von chemisch-technischen
Stoffen, z. B. Soda, die Galvanoplastik
[* 72] mit der Herstellung plastischer Abdrücke, die Galvanostegie
[* 73] endlich
mit der Herstellung metallischer Überzüge (Verkupferung, Versilberung etc.).
[Hygienisches.]
Seit der Einführung des elektrischen Lichtes, der elektrischen Kraftübertragung und der Benutzung des von
Dynamomaschinen erzeugten Stromes zu medizinischen Zwecken sind elektrische Leitungen vielfach in bewohnte Räume geführt worden,
und es entsteht die Frage, welche Gefahren für Leben und Gesundheit hiermit verbunden sein können und wie
sich dieselben vermeiden lassen. Die elektrischeBeleuchtung, welche so viele, auch hygienische Vorzüge vor der ältern Beleuchtung
besitzt, zeichnet sich auch durch Vermeidung der Feuersgefahr so sehr aus, daß sie selbst dort angewandt werden kann, wo
bisher die Benutzung offener Flammen ausgeschlossen war.
Eine gewisse Gefahr ist freilich mit dem elektrischen Licht insofern verbunden, als unter Umständen Leitungsteile sich stark
erhitzen und die Entzündung umgebender Teile bewirken können. Zur Vermeidung dieser Gefahr hat man hinreichend große Leitungsquerschnitte
anzuwenden, damit die Drähte, auch wenn ein stärkerer Strom als der der gewöhnlichen Beanspruchung entsprechende
hindurchgeht, sich nicht erhitzen, innerhalb der Gebäude sind alle Teile der Leitung, welche irgendwie mit brennbarem Material
in Berührung kommen können, sorgfältig zu isolieren und zwar mit einem die Wärme
[* 74] schlecht leitenden Material, welches höhern
Temperaturen, der Feuchtigkeit, dem Mäuse- und Rattenfraß und sonstigen äußern Einflüssen gut widersteht. Sehr empfehlenswert
sind auch Einschaltungen von Bleisicherungen, die bei Erhitzungen leicht schmelzen und dadurch den Strom vollständig unterbrechen.
Viel bedeutsamer als die durch elektrische Leitungen herbeigeführte Feuersgefahr ist die zufällige unvermutete Einwirkung
des elektrischen Stromes auf den Menschen. Wenn eine Berührung mit der nicht isolierten Stromleitung in der Weise stattfindet,
daß der Körper des Betroffenen von dem Strom durchflossen wird, d. h. wenn der Körper die positive und
die negative Leitung gleichzeitig berührt und so einen Schluß zwischen beiden bildet, oder wenn eine Leitung infolge
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