Christoffel, holländ.
Maler, geb. 1828 zu
Leeuwarden in
Friesland, bildete sich in
Paris
[* 2] bei
Gleyre und
Comte
zum Genremaler aus, schloß sich aber in der koloristischen Behandlung an die holländischen
Meister des 17. Jahrh. an, wobei
er in der Behandlung des
Helldunkels und in der
Beleuchtung
[* 3] der Innenräume besonders
Rembrandt, Pieter
de
Hooch und N.
Maes zu Vorbildern wählte. Mit Ausnahme eines
(Rembrandt in die anatomische Vorlesung gehend, 1867) hat er
seine
Motive bis jetzt zumeist aus dem Volksleben seiner Zeit und seines
Landes geschöpft und namentlich in der
Darstellung derWirkungen des in einen geschlossenen
Raum einfallenden Sonnenlichts eine große koloristische Virtuosität
bei reicher, energischer Färbung erreicht.
(spr. blangschkott),A.Malvine, franz. Schriftstellerin,
geb. 1830 zu
Paris
als Tochter armer Handwerksleute. Sehr jung mit einem
Schneider verheiratet, bildete sie sich ganz allein
aus, konnte zur Buchhalterin in einem Modewarengeschäft vorrücken und brachte es dazu, daß 1856 ihre ersten Gedichte:
»Rêves et réalités«, im
Druck erschienen. Die französische
Akademie zeichnete sie durch einen Montyonpreis
aus, u.
Sainte-Beuve widmete der ouvrière-poëte in seinen
»Lundis« aufmunternde
Anerkennung. Außer zahlreichen Abhandlungen,
welche
Frau Blanchecotte nun für verschiedene
Zeitschriften schrieb, gab sie heraus: »Impressions d'une femme, pensées, sentiments
et portraits« (1867);
eine mutige That und ein den Verirrten
mildes
Buch;
»Les Militantes« (Gedichte, 1876);
»Le
[* 10] long de la vie, nouvelles impressions d'une femme« (1876).
Was
Frau Blanchecotte schreibt, zeugt von natürlichem
Adel der
Gesinnung und wahrer Gefühlstiefe; ihre
Sprache
[* 11] ist rein, von peinlicher
Korrektheit; zahlreiche Sammlungen nehmen ihre Gedichte und Sinnsprüche jahraus jahrein auf. Die ehemalige
Schneiderin erteilt Töchtern der vornehmsten
FamilienFrankreichsUnterricht in Geschichte und Litteratur.
Karl, österreich.
Schauspieler und Theaterdirektor, geb. zu
Wien,
[* 12] bildete sich ursprünglich zum
Chorsänger in
Kirchen- und andern
Konzerten aus, widmete sich aber seit 1849 demTheater
[* 13] und fand 1850 sein
erstes
Engagement in
Laibach.
[* 14] Nachdem er eine Zeitlang Naturburschen und jugendliche
Liebhaber gespielt, ging er zum komischen
Fach über, in welchem sich seine Begabung bald zu einer eigenartigen
Spezialität entwickelte, besonders nachdem er 1863 an
das
Theater an der
Wien engagiert worden war.
(schädliches Auftreten in Getreidefeldern). Nachdem Blasenfüße schon länger als Schädlinge
in
Gewächshäusern bekannt gewesen sind, vor einigen
Jahren auch den Tabaksbau in
Bessarabien schwer geschädigt haben, sind
zweiArten derselben 1889 und 1890 als Schädlinge des Getreidebaues in Süddeutschland, besonders in
Württemberg, aufgetreten. Es sind dies der Ährenblasenfuß (Phloeothrips frumentaria) und der Halmblasenfuß
(Thrips secalina).
In ausgebildetem Zustand sind die
ca. 2
mm großen schwarzen Tierchen schwer zu unterscheiden, aber die
Larve des Ährenblasenfußes
ist zinnoberrot, die des Halmblasenfußes weiß.
Der Ährenblasenfuß und seine
Larve schädigt die
Ähren des
Getreides, indem die Tierchen in großer Zahl in die Hüllblätter
der jungen Getreidepflanze eindringen, zu der jungen
Ähre gelangen und sich von dieser und dem die
Ähre tragenden jungen
Stengel
[* 15] ernähren. Sie verhindern die volle
Entwickelung der
Ähre, so daß dieselbe beim Aufschießen an
ihrer
Spitze und an der
Basis mehr oder weniger verkümmert erscheint, ja die große Zahl der
Thripse kann selbst das
Abbrechen
der
Ähre verursachen. Die
Larve der zweiten Art, des Halmblasenfußes, schädigt den
Halm, indem sie, in der
Scheide sitzend,
denselben ansaugt. Der
¶
mehr
Halmblasenfuß lebt im Halme. Durch das Ansaugen desselben wird dieser an der betreffender Stelle geschwächt und wenig widerstandsfähig,
so daß er hier durch Schlagregen, Wind und ähnliche mechanische Angriffe leicht geknickt wird. Äußerlich fällt die Stelle,
an welcher die Blasenfüße sitzen, durch helle Flecken, »Thripsflecken«, auf. Zuerst pflegt der Roggen befallen
zu werden, nach 14 Tagen der Frühweizen, nach 3-4 Wochen der Dinkel; letzterer nimmt, wenn er von zahlreichen Blasenfüßen
heimgesucht ist, eine charakteristische blaurote bis schwarzviolette Farbe an. Die noch nicht in allen Phasen bez. der Zeitdauer
genügend verfolgte Verwandlung geht sehr rasch vor sich, so daß es oft unmöglich ist, den Schädling
noch an Ort und Stelle mit Sicherheit nachzuweisen.
Daher kam es, daß im ersten Jahr die Waldmäuse als die Schädlinge angesehen wurden, bis der Sachverhalt durch die
Untersuchungen vonKoch und Hofmann klargelegt wurde. Im J. 1889 war der Schade sehr bedeutend und betrug an einzelnen
Punkten der WürttembergerAlb bis 80 Proz.; 1890 traten die Schädlinge weniger zahlreich auf. Über Vorsichts- und
Vertilgungsmaßregeln ist noch nichts bekannt. Da sich die Mehrzahl der Larven im Herbst wohl in die Röhrchen der Stoppeln
verkriecht, dürfte sich bei stärkerm Überhandnehmen der Plage die Vernichtung und Verbrennung der Stoppeln
empfehlen.
[* 19] In Mechernich erfolgt das Rösten der durchschnittlich 60 Proz. Blei enthaltenden gattierten Erze in 18 doppelsöhligen
Fortschaufelungsöfen mit Arbeitsöffnungen an beiden Längsseiten; jeder Ofen ist 15 m lang und 4 m breit; die Produktion
eines Ofens an Röstgut beträgt in 24 Stunden 8000-10,000 kg. Das Erzschmelzen erfolgt in 9 als achtförmige
Tiegelöfen zugestellten Schachtöfen von 7 m Höhe und 4,8 m Länge. Von den 9 Öfen
[* 20] sind durchgängig nur 4 im Betrieb; dieselben
produzieren in 24 Stunden 73,000 kg Werkblei. Das Entsilbern des Werkbleies erfolgt durch Zink; bei der ersten Entsilberung werden
0,13, bei der zweiten 0,95 Proz.
Zink zugesetzt. Das Mechernicher Handelsblei enthält:
Die gewöhnlichen Bleichmethoden bestehen im wesentlichen darin, daß man die zu bleichenden Gegenstände
(Baumwolle,
[* 21] Papier) der Wirkung von unterchlorigsauren Salzen aussetzt; diese Salze, mit Wasser angerührt, besitzen eine dem Chlor
gleiche Bleichkraft und haben vor ihm den Vorteil eines nicht gasförmigen Aggregatzustandes voraus.
Man hat versucht, diese Salze auf elektrolytischem Wege in einem Bade kontinuierlich herzustellen, so daß der Bleichprozeß
ohne Unterbrechung (ohne Nachfüllung von Salzen) vor sich gehen kann. Zu dem Ende werden die Chloride des Calciums, Magnesiums,
Kaliums der Elektrolyse
[* 22] unterworfen, wodurch unterchlorigsaure Salze dieser Metalle gebildet werden. Sorgt
man dafür, daß die durch den Bleichprozeß in Chloride übergeführten unterchlorigsauren Salze durch den Strom wieder zu
unterchlorigsauren Verbindungen regeneriert werden, so haben wir einen ununterbrochenen Prozeß.
(Entstehung). Bei den wirbellosen Tieren hat man zweierlei Leibeshöhlen zu unterscheiden.
Im einfachsten Fall ist zwischen Darm
[* 27] und Haut
[* 28] ein System von Hohlräumen vorhanden, welches die im Innern gelegenen andern Organe
(Muskeln,
[* 29] Geschlechtsorgane etc.) umgibt, welches die physiologische Funktion eines Blut- oder Lymphraumes hat, und welches
entwickelungsgeschichtlich von dem Hohlraum der Blastula hergeleitet werden kann oder nach der Gastrulation
durch Auseinanderrücken des Ektoderms und des Entoderms als Spaltraum (s. Ei,
[* 30] Bd. 5) entstanden ist.
Dies ist die primäre Leibeshöhle, neben welcher sich bei andern Tieren noch geschlossene Hohlräume finden, die man als sekundäre
Leibeshöhle bezeichnet. Letztere ist in ihrer entwickelungsgeschichtlichen Entstehung ganz unabhängig von der primären Leibeshöhle
und tritt als Spaltraum in einer kompakten Masse von Mesodermzellen auf. Sie hat immer den physiologischen
Charakter eines Exkretionsorgans und steht durch ausführende flimmernde Kanäle mit der Außenwelt in Verbindung. Denkt man
sich die sekundäre Leibeshöhle so vergrößert, daß hauptsächlich durch diese der Raum zwischen Ektoderm und Entoderm eingenommen
und daß die primäre Leibeshöhle auf ein System enger Kanäle und Lücken zurückgedrängt wird, so ergibt
sich eine Organisation, wie sie bei den chätopoden Ringelwürmern und bei den Wirbeltieren thatsächlich vorhanden ist. Die
Leibeshöhle der letztern ist
¶
mehr
nach ihrem ursprünglichen physiologischen Charakter die sekundäre, das Blut- und Lymphgefäßsystem aber besteht aus den
Resten der primären Leibeshöhle. Hiermit erklärt sich dann auch, daß das Lymphgefäßsystem jederseits an einer (Säugetiere)
oder an mehreren (niedere Wirbeltiere) Stellen in das Blutgefäßsystem einmündet. Die angegebene phylogenetische Herleitung
des Blut- und Lymphgefäßsystems findet ihre Bestätigung durch die Beobachtungen auf ontogenetischem
Gebiet.
Der Embryo eines Wirbeltiers besteht nach der Ausbildung der Keimblätter aus folgenden Teilen. Er ist bedeckt von dem Ektoderm
(Hautblatt, spätere Epidermis),
[* 32] darunter liegt das Medullarrohr (Anlage des Gehirns und Rückenmarks), und diesem schmiegt sich
an der Unterseite die Chorda (die erste stabförmige Anlage der Wirbelsäule) an. Unter der Chorda liegt
das Entoderm (Darmdrüsenblatt, später Epithel des Darmkanals, der Lunge,
[* 33] Leber und des Pankreas). Das Medullarrohr, die Chorda
und die Anlage des Darmrohrs liegen in der Medianebene; seitlich schließt sich an dieselben das Mesoderm an, welches jederseits
einen vom Kopf bis zum Schwanzende reichenden, mehr oder weniger breiten Mesodermstreifen bildet. An dem
obern Teile dieses Streifens, welcher neben dem Medullarrohr und der Chorda liegt, grenzen sich zahlreiche aufeinander folgende
Abschnitte, die sogen. Ursegmente, gegeneinander ab, welche hauptsächlich zur Bildung der Muskulatur bestimmt sind.
In dem übrigen Teile des Mesodermstreifens tritt eine Höhle auf, welche sich durch die ganze Länge des
Rumpfteils des Embryos erstreckt. Diese Höhle, das Cölom oder die sekundäre Leibeshöhle, ist die noch einheitliche Anlage
der Herz-, Brust- und Bauchhöhle. Die Zwischenräume zwischen allen genannten Organanlagen bilden dagegen die primäre Leibeshöhle,
welche sich außerhalb der Mesodermstreifen, teils zwischen denselben und dem Ektoderm, teils zwischen
den Mesodermstreifen und dem Medullarrohr, der Chorda und dem Ektoderm, findet.
Von den Mesodermstreifen lösen sich Zellen einzeln oder gruppenweise ab, dringen in die primäre Leibeshöhle ein und füllen
dieselbe größtenteils aus. Diese Zellen, in ihrer Gesamtheit als Mesenchym oder Bildungsgewebe bezeichnet, erzeugen die mesenchymatischen
Gewebe:
[* 34] das Bindegewebe, die Wandung der Blut- und Lymphgefäße, alle lymphoiden Organe, Knochen,
[* 35] Zahnbein,
Knorpel
[* 36] und gewisse Teile der Muskulatur. Die Zellen des Mesenchyms sind meist locker gelagert und durch feine pseudopodienförmige
Ausläufer verbunden; mittels letzterer vermögen sie nach Art der Protozoen zu kriechen.
Was nun den Ursprung des Lymph- und Blutgefäßsystems von der primären Leibeshöhle betrifft, so ist
hinsichtlich des erstern noch nicht sicher ermittelt, ob es wirklich (wenigstens teilweise) aus Resten der primären Leibeshöhle
entsteht, welche bei der Einwucherung des Mesenchyms frei bleiben. Es ist dies aber sehr wahrscheinlich, und hinsichtlich
des Blutgefäßsystems ist nachgewiesen, daß in gewissen Fällen manche der ersten Gefäße auf die Weise
zu stande kommen, daß Teile der primären Leibeshöhle von den Zellen des Mesenchyms umschlossen werden.
Die angegebenen Thatsachen erklären die Entstehung der Hohlräume, in welchen und Lymphe fließen; es handelt sich nun noch
um die Abstammung der Zellen, der Blut- und Lymphkörperchen (Leukocyten, weiße Blutkörperchen),
[* 37] welche
jene Flüssigkeiten mit sich führen. Da ist festgestellt, daß die Blutflüssigkeit im Embryo anfangs frei von Blutkörperchen
ist, und es scheint,
daß auch die Lymphe zunächst und lange Zeit keine Zellen führt. Letztere werden von den Lymphdrüsen
geliefert, und diese entstehen erst in spätern Stadien der Entwickelung im Mesenchym; an den betreffenden
Stellen treten die Zellen desselben in lebhafte Teilung ein, und es bildet sich ein aus dicht gelagerten Zellen bestehendes Knötchen,
welches erst allmählich sich scharf gegen das umgebende Bildungsgewebe abgrenzt; während es heranwächst, bilden seine Zellen
einesteils das Netzwerk
[* 38] der Drüse, andernteils die Follikularsubstanz, von welcher bekanntlich die Lymphzellen
sich beständig ablösen.
Man kann also die Lymphdrüsen und überhaupt alle lymphoiden Organe auffassen als Teile des Mesenchyms, welche die Fähigkeit
lebhafter Zellteilung beibehalten haben und das ganze Leben hindurch Zellen vom Charakter jugendlicher Mesenchymzellen liefern,
während die andern Teile des Mesenchyms sich zu Bindegewebe und den andern mesenchymatischen Geweben differenzieren.
Zu den erwähnten lymphoiden Organen sind nicht allein alle Lymphfollikel und Lymphdrüsen zu rechnen, sondern auch die Milz,
das Knochenmark, das lymphoide Gewebe derUrniere und Kopfniere (bei Fischen), die Thymusdrüse etc. In allen diesen Organen entstehen
Lymphkörperchen.
Die roten Blutkörperchen (Erythrocyten), welche im Embryo sehr früh auftreten, entstehen in sogen. soliden
Gefäßanlagen; es differenziert sich im Mesenchym ein dichter Zellstrang, welcher mit Blutgefäßen in Verbindung tritt und
für das Serum durchlässig wird, worauf dann die im Innern liegenden Zellen als Blutkörperchen allmählich fortgeschwemmt
werden und eine periphere Lage von Zellen die Gefäßwand bildet. Insofern also auch hier aus einer kompakten
Masse von Mesenchym die Zellen abgelöst werden, stimmt der Bildungsmodus der beim Embryo auftretenden ersten Blutkörperchen
prinzipiell mit der Bildung der Lymphkörperchen überein.
Beim ausgebildeten Tier ist die Entstehung der roten Blutkörperchen an gewisse lymphoide Organe gebunden und zwar an das lymphoide
Gewebe derUrniere (bei Fischen), die Milz (bei Fischen, urodelen Amphibien, Vögeln und Säugetieren) und das
Knochenmark (bei anuren Amphibien, Vögeln und Säugetieren). Während man bisher glaubte, daß die roten Blutkörperchen in
diesen Organen durch Umbildung von weißen entstünden, ist jetzt erwiesen, daß sie auf eigenartige Weise sich bilden, nämlich
dadurch, daß sie aus kleinen Gefäßen sich ablösen und zwar ganz übereinstimmend mit der Bildung im
Embryo. Es handelt sich auch hier um solide Gefäßanlagen, aus welchen die innern Zellen allmählich als Blutkörperchen weggeschwemmt
werden. Dieser Vorgang findet in den lymphoiden Organen statt, weil sich hier noch ein Gewebe von embryonalem
Charakter, sozusagen ein Rest des embryonalen Mesenchyms findet.
Häckel hatte beobachtet, daß die farblosen Blutkörperchen (Leukocyten) bei Wirbellosen nach Art der Amöben
Fremdkörperpartikelchen aufzunehmen vermögen, und andre Forscher hatten diese Beobachtung bestätigt. Metschnikow fand dann,
daß bei der Umbildung der Larven von Holothurien,
[* 39] Seesternen und Seeigeln ganze Körperteile rückgebildet
werden, und daß die Trümmer dieses Vorganges, verschieden große Eiweißkügelchen, von den Leukocyten aufgenommen werden.
Metschnikow nannte letztere deshalb Freßzellen, Phagocyten. Kowalevsky und vanRees bestätigten die Beobachtung an Insektenlarven.
Letzterer betonte besonders die aggressive Rolle der Leukocyten beim Zerfall der
¶
mehr
Muskelfragmente. Es zeigte sich ferner, daß die Phagocyten auch in den Organismus gelangende Fremdkörper, Pilzsporen u. dgl.,
aufnehmen, welche in denselben der Verdauung anheimfallen. Hieraus schien sich zu ergeben, daß den Leukocyten eine überaus
wichtige prophylaktische Rolle im tierischen Organismus zukommt, insofern sie auch Krankheitserreger, Bakterien, aufnehmen und
zerstören (vgl. Phagocytose, Bd.
17). Metschnikow beobachtete dies bei Milzbrandbacillen, dem Streptococcus des Erysipels und den Spirillen des Rückfalltyphus.
Durch die Arbeiten von Heß wurde die Phagocytenlehre bestätigt, allein Baumgarten widerlegte alsbald die Hauptargumente Metschnikows,
Flügge zeigte, daß die Leukocyten keine lebensfähigen, sondern nur durch die Einwirkung der Körpersäfte getötete oder
abgeschwächte Bakterien aufnehmen, und Buchner konstatierte die bakterienlösende Wirkung des Blutserums.
Looß fand dann ferner, daß zur Verflüssigung der bei der Metamorphose von Wirbeltieren zerfallenden Gewebe die verdauende
Thätigkeit der Phagocyten nicht nötig sei, und daß dieselben nur gelegentlich Gewebsfragmente aufnehmen.
Die Gewebe des Batrachierschwanzes zerfallen selbständig und werden ohne Beihilfe der Leukocyten durch
die Leibesflüssigkeit allein verdaut; nur wenn letztere hierzu nicht völlig im stande ist, treten die Leukocyten als Reservemacht
zeitweise aushelfend ein, und namentlich scheinen sie einen schnellen und zweckmäßigen Transport der Zerfallsprodukte zu
vermitteln. Eine ganz eigenartige Rolle kommt den Phagocyten aber doch zu. Bei der Auflösung der Gewebe
wird stets Pigment in feinen Körnchen gebildet, und diese letztern, die in der Leibesflüssigkeit unlöslich sind, werden
mit Vorliebe von den Leukocyten aufgenommen.
Looß fand am Ende eines Rückbildungsprozesses kaum noch Leukocyten, welche keine Pigmentkörnchen enthielten, und diese nun
zu Pigmentzellen gewordenen Leukocyten wandern stets gegen die Oberfläche, dringen hier in die Epidermis
ein und geben, indem sie zerfallen, ihr Pigment an die Epithelzellen ab. Auf diese Weise werden die im Organismus als Fremdkörper
wirkenden Pigmentkörnchen nach außen geschafft, um mit der Regeneration der Epithelzellen aus dem Zellverbande gelöst zu
werden. So erscheinen die Leukocyten als ein noch auf embryonaler Stufe stehendes Exkretionsorgan, welches
in der Leibesflüssigkeit nicht lösbare Zerfallsprodukte der Gewebe aufnimmt und nach außen schafft. Je nach dem Bedürfnis
an irgend einer Stelle des Körpers sammeln sie sich daselbst an, um ihre Funktion zu erfüllen, und wirken in dieser Weise geradezu
regulierend auf den Stoffwechsel.
[* 41] Die Thatsache, daß in den wärmern Ländern auch die Vögel
[* 42] sich nicht unerheblich an der Bestäubung derBlumen beteiligen, ist seit langem bekannt und durch Belt, Delpino etc. bearbeitet worden, indessen beruhten die Angaben vielfach
auf unsichern Beobachtungen von Reisenden, die nicht eigentlich Botaniker waren. Die besten ältern Beobachtungen
sind die von Belt, der in Nicaragua
[* 43] nicht nur verschiedene Vögel beobachtete, welche aus dem unter den Blumen hängenden Kranze
von Honigbehältern von Marcgravia picta (Abbildung s. Bd. 11, S. 222) naschten und dabei mit dem
Kopfe den Blütenstaub abstreiften, um ihn zu andern Blumen zu tragen, sondern auch sah, wie die über und
über mit scharlachroten Blumen bedeckten und zur selben Zeit blattlosen Bäume
einer Erythrina-Art von zwei langschnäbeligen
Kolibris
[* 44] (Heliomaster pallidiceps und Phaethornis longirostris) besucht wurden, welche leicht im stande waren, die in
den außerordentlich verlängerten Schmetterlingsblüten gefangenen kleinen Insekten
[* 45] herauszuholen und dabei
den Pollen auf dem untern Teile des Kopfes ansammelten.
Später ist man besonders auf die ebenfalls langen und hängenden Trichterblüten der Bignonien, Tecoma- und Fuchsia-Arten aufmerksam
geworden, deren Honig nur von Vögeln und Insekten, die sich während des Saugens schwebend erhalten können, ausgebeutet zu
werden vermag. Auf der östlichen Halbkugel vertreten die Rolle der gänzlich auf Amerika
[* 46] beschränkten
Kolibris die namentlich in der australischen Region heimischen Honigsauger (Meliphagidae) und die Sonnenvogel (Nectariinidae)
Afrikas, und es ist merkwürdig, daß die gleiche Ernährungsweise bei Kolibris und Sonnenvögeln dieselben Körperveränderungen
hervorgebracht hat, obwohl die Kolibris sich den Seglern und die Sonnenvögel den Passenden zunächst anschließen.
Beide haben nicht nur den langen Schnabel, sondern auch die röhrenförmige Zunge, um damit Nektar zu saugen, erlangt. Wallace
hat es wahrscheinlich gemacht, daß diese röhrenförmige Zusammenfügung der Zungenränder erst eine jüngere Anpassung ist,
und daß die Kolibris ursprünglich nur den Insekten in den Blüten nachgegangen wären; er sah, daß junge,
eben ausgekommene Kolibris begierig Insekten verschlangen, die er ihnen reichte, Honig aber nicht hinunterwürgen konnten.
Über die ornithophilen, d. h. der Bestäubung durch Vögel angepaßten, Blumen Südafrikas hat Scott-Elliot kürzlich genauere
Beobachtungen mitgeteilt. Er fand, daß in Natal Sonnenvögel die gewöhnlichsten Bestäuber der Bananen (Musa) seien, obwohl
häufig auch Insekten (besonders Bienen) an den Blüten beschäftigt waren. Strelitzia regina wurde namentlich
von Nectarinia Afra und Ravenalia madagascarensis, der sogen. Quellenbaum oder »Baum der Reisenden« von Nectarinia sonimanga
bestäubt.
Außer den Sonnenvögeln beteiligten sich hier auch verschiedene Zosterops-Arten (Meliphagidae) am Blumenbesuch, und die Vögel
zeigen gleich den blumenbesuchenden Insekten die für die Pflanzen nützliche Gewohnheit, meist von einer Blume zur andern derselben
Art zu fliegen. Eine große Anzahl dieser Vogelblumen zeichnet sich, obwohl sie zu den verschiedensten
Familien gehören, außer durch die lange, röhrenförmige Gestalt der Krone durch eine eigentümlich glänzende orange oder
scharlachrote Färbung aus, wie man sie an Insektenblumen nur sehr ausnahmsweise findet, und es ist wahrscheinlich, daß
diese Färbung den betreffenden Vögeln als Kennzeichen dient, daß diese Blumen ihnen ihren Honig vorzugsweise
aufheben. Scott-Elliot glaubte nun auch zu bemerken, daß diese nämliche Scharlachfarbe ziemlich häufig auch auf der Brust
der Sonnenvögel (z. B.
¶
mehr
bei Nectarinia chalybea, afra, famosa, sonimanga und bicollaris) wiederkehrt, und sucht sich dies mit GrantAllen dadurch zu
erklären, daß diese Vögel eine große Vorliebe für diese Blumenfarbe gewannen und sie durch geschlechtliche Zuchtwahl aus
ihrem eignen Gefieder zur Geltung brachten. Wallace hat aber dagegen geltend gemacht, daß in sehr vielen
Fällen keine Übereinstimmung zwischen der Farbe des Vogels und der von ihm besuchten Blumen besteht, und daß in andern Fällen,
wo eine sehr große Gleichheit vorhanden ist, wie bei einem Sonnenvogel, der die purpurroten blattlosen Blütengipfel von Erythrina
caffra besucht, die Übereinstimmung vielmehr eine Anpassung zum Zwecke der bessern Verbergung des Vogels
sein dürfte, also nicht in die Klasse der geschlechtlichen, sondern der schützenden Färbungen fällt.
Vgl. Scott-Elliot
in den »Annals of Botany«, 1890, S. 259 u.
265; Wallace, Darwinism, S. 201 und 319 (Lond. 1889).
Die Entstehung sowie das mikroskopische, chemische und optische Verhalten der Blütenfarbstoffe wie
der natürlich vorkommenden Pflanzenfarbstoffe überhaupt bilden eins der schwierigsten Gebiete der Forschung, auf welchem
trotz zahlreicher Untersuchengen ein befriedigender Abschluß noch nicht erreicht ist. Als eine neuere, wenigstens in morphologischer
Hinsicht grundlegende Arbeit sind die Untersuchungen Schimpers über die Chlorophyllkörper und die mit ihnen verwandten Gebilde
zu bezeichnen, da sie zum erstenmal den engen Zusammenhang zwischen grünen Chlorophyllkörnern (Chloroplasten),
farblosen Stärkebildnern (Leukoplasten) und Farbkörpern (Chromoplasten) auf das genaueste nachweisen.
Letztere, welche die hauptsächlichen Träger
[* 49] der Blütenfarbstoffe darstellen, bilden sich nur aus vorher vorhandenen Leuko- oder Chloroplasten.
Die Farbe der Blüten kommt überhaupt in dreifacher Weise zu stande: entweder sind die Farbstoffe im Zellsaft
gelöst (Zellsaftfarben) oder an eine feste, an sich farblose Grundlage gebunden (Plasmafarben), oder die Gesamtfarbe wird
durch eine Mischung, resp. Überdeckung beider genannter Farbenarten hervorgerufen (Mischfarben).
Scharlach- oder brennend rote Blütenfarbe (Potentilla coccinea, Chelone barbata, Euphorbia
[* 50] splendens) wird in der Regel durch
Nebeneinanderauftreten von rotem Zellsaft mit gelben Chromoplasten bewirkt, von welchen der erstere meist
seinen Sitz in der Epidermis, der letztere dagegen in tiefer liegenden Zellschichten des Blumenblatts hat; schwarz erscheinende
Flecken oder Streifen beruhen auf Anhäufung intensiv blauen oder violetten Zellsafts; die seltene braune Blütenfarbe wird
entweder durch Kombination verschiedener Pigmente, z. B. von Chlorophyll mit rotem Zellsaft, oder durch
braune Chromoplasten, z. B. bei Amsinckia und
Neottia, hervorgebracht.
Der Farbenwechsel mancher Blüten, z. B. von Myosotis versicolor aus Gelb inBlau und von Lantana multiflora aus Gelb inRot oder
Blau, beruht nach Dennert auf einer Mischung von gelben Chromoplasten mit blauem oder rotem Zellsaft, von
denen der erstere anfangs allein vorhanden ist, während der zweite erst später aus dem ursprünglich farblosen Zellsaft
entsteht. Der auffallende, spiegelnde Glanz mancher gelben Blumen, wie z. B. der von Ranunculus, wird durch eine unter der Epidermis
liegende, ganz mit kleinen Stärkekörnchen vollgepfropfte Zellschicht hervorgerufen, welche man nach dem
Abziehen der Epidermis als porzellanartig weißglänzende Oberfläche mit bloßem Auge
[* 51] wahrnehmen kann.
Die Farbkörper (Chromoplasten) enthalten entweder innerhalb einer farblosen Grundlage gefärbte Tröpfchen oder Körner (Grana),
welche die Hohlräume jener ausfüllen und deren Färbung bedingen (so in den Blüten von Ranunculus, Amsinckia, Adonis u. a.),
oder die Grundlage wird von einem Eiweißkristalloid gebildet, welchem der farbstoffführende Körper
in verschiedener, aber stets unkristallisierter Form aufgelagert ist (Blüte
[* 52] von Maxillaria triangularis, Chrysanthemum phoeniceum,
Ranunculus Steveni), oder die Chromoplasten enthalten gleichzeitig Eiweiß- und Farbstoffkristalle (Blüte und andre Teile von
Neottia Nidus avis), oder endlich führen sie ausschließlich Farbstoffkristalle, wie in den Blüten von Tropaeolum
majus, welche orangegelbe Farbkörper von eigentümlich spindel- oder lappenförmiger Gestalt enthalten; in denselben eingeschlossen
liegen die erst bei Untersuchung im polarisierten Licht
[* 53] auffindbaren Farbstoffkristalle, welche in optischer Beziehung mit
den genauer bekannten rhombischen und pleochroitischen Farbkörpern der Möhrenwurzeln verwandt sind. Das Vorkommen derartiger
Farbstoffkristalle, die außerdem namentlich aus farbigen Früchten (SolanumDulcamara, Tomaten) bekannt
sind, erscheint besonders wichtig, da hier offenbar der Farbstoff in reinster Form vorliegt; auch läßt sich an Blütenknospen
von Tropaeolum die Entstehung der kristallführenden Farbkörper aus Chlorophyllkörnern schrittweise verfolgen.
Eine kürzlich veröffentlichte, gleichfalls auf ein umfangreiches Thatsachenmaterial sich stützende Arbeit von Dennert,
versucht auf vergleichendem Wege die Entstehung der beiden Hauptformen der Blütenfarbstoffe, nämlich
der blauen, roten und violetten Anthocyangruppe (Zellsaftfarben) und der gelben oder orangegelben Anthoxanthinreihe (Plasmafarben),
zu ermitteln. Nach genanntem Autor sind die Farbstoffkörper der letztern Gruppe Modifikationen oder Metamorphosen des Chlorophylls,
richtiger wohl der Chloro- oder Leukoplasten, da nach den mehrfach bestätigten Untersuchungen Schimpers
Farbkörper auch aus farblosen Stärkebildnern hervorzugehen vermögen.
Der Zusammenhang zwischen Chlorophyll und Anthoxanthin zeigt sich unter anderm in dem Farbenwechsel vieler Blütenknospen, die
anfangs grün sind und ohne Zwischenstufen sofort die gelbe oder orangegelbe Farbe annehmen; in andern Fällen, z. B. bei Phaseolus
multiflorus, tritt Weiß als Zwischenfarbe und dann erst Rot auf, das bei genannter Blüte trotz der Scharlachfarbe
nur im Zellsaft gelöst ist. Auch die Färbungsreaktionen der Pigmente mit starken Säuren oder Basen (Kali) sowie das häufige
Auftreten des Chlorophylls und Anthoxanthins in tiefern, nicht an der Oberfläche liegenden Zellschichten des Blumenblatts
sprechen für den
¶
mehr
Zusammenhang beider Farbstoffe. Anderseits faßt Dennert die Anthocyanfarben, d. h. die im Zellsaft gelösten
Pigmente, als Abkömmlinge oder Metamorphosen des Gerbstoffs auf, wofür eine Reihe histologischer Gründe und auch einige Reaktionen,
z. B. bei Behandlung der betreffenden Blumenfarben mit Eisensalzen, sprechen.
Von außerordentlicher Wichtigkeit erscheint die Frage, ob jene beiden Hauptklassen der Blütenfarbstoffe, nämlich die
der Zellstoff- und der Plasmafarben, auch bei spektroskopischer Untersuchung durchgreifende Unterschiede zeigen. Aus einer
neuern Arbeit über Spektralanalyse
[* 55] der Blütenfarbstoffe von Müller, der 65 verschiedene Pflanzen in dieser Beziehung untersuchte und außer
dem Absorptionsspektrum auch die Fluoreszenz
[* 56] und die Absorptionsänderung der Farbstoffe durch Kali und Schwefelsäure
[* 57] in
Betracht zog, läßt sich wenigstens das Ergebnis entnehmen, daß in der Mehrzahl der Fälle bei den Farbstoffen der sogen.
Anthoxanthinreihe eine Absorption der Spektralfarben zwischen den Fraunhoferschen Linien D und E nicht stattfindet, während
die übrigen Spektralregionen, zumal die vor B, in der Regel starke Absorptionen erfahren.
Umgekehrt findet bei den roten und blauen Farbstoffen der Anthocyangruppe die Absorption vorzugsweise zwischen
D und E oder F, allerdings auch häufig noch anderweitig, statt. Im übrigen bildet jeder von Müller untersuchte Blumenfarbstoff
auch ein ihm allein eigentümliches Absorptions-, resp. Fluoreszenzspektrum, was für die Unterscheidung der betreffenden
Farbstoffe ja wertvoll, für die biologische Deutung der Thatsachen aber hinderlich ist. Als ein wichtiger
Fingerzeig ist es schließlich zu betrachten, daß in einzelnen Fällen, z. B. bei dem Farbstoff der Paeonia-Blüten, eine nicht
zu verkennende Analogie des Absorptions- und Fluoreszenzspektrums mit denen bekannter und genauer definierter Farbstoffe, in
diesem Falle dem Magdalarot, einem Naphthalinfarbstoff, hervortritt. -