ausschließlich der psychischen Thätigkeit eigen; in der
Außenwelt sind alle
Größen entweder raum-zeitlich getrennt, oder
untrennbar und ununterscheidbar zu einer
Einheit verschmolzen, physikalisch bilden also Verschiedenheit und
Einheit kontradiktorische
Gegensätze. Diese
Thatsache, daß innere Zuständlichkeiten unvermischt in die unteilbare
Handlung der Vergleichung eingehen,
bildet die Grundlage der
Kontinuität unsersBewußtseins; sie ermöglicht ferner, daß aus einer Anzahl
von Sinnesempfindungen die
Wahrnehmung eines dinglichen
Objekts entsteht; sie bringt es endlich zuwege, daß aus Einzelvorstellungen,
Einzelgefühlen, Einzeltrieben in ansteigendem und sich verjüngendem
Aufbau die immer voller und lebendiger werdenden höhern
Zuständlichkeiten des
Bewußtseins entstehen, ohne daß doch die genannten
Elemente alsElemente (etwa
wie die
Faktoren im
Produkt) verschwanden. Jedoch läßt sich aus der so festgestellten
Einheit des
Bewußtseins der
Schluß auf
einen substantialen
Träger
[* 2] derselben, d. h. auf eine unteilbare, immaterielle und damit auch unsterbliche
Seele, nicht ableiten.
Selbstbewußtsein bezeichnet das Innewerden der psychischen
Akte als einer zusammengehörigen
Kette und die Beziehung
dieser
Kette auf ein
Zentrum, das
Ich. Das erste Merkmal des
Selbstbewußtseins findet sich bereits bei dem Neugebornen, denn
es ist die Vorbedingung aller persönlichen
Erfahrung; das zweite Merkmal jedoch entwickelt sich erst allmählich im
Kinde,
bis es etwa im vierten Lebensjahr zum
Selbstbewußtsein wird. Hierbei sind folgende
Punkte von Wichtigkeit.
1) DaSinnes- und Bewegungsempfindungen vom Beginn des
Lebens an im
Menschen thätig sind, da insbesondere immer einzelne
Muskeln
[* 3] in
Spannung verharren, so fehlt niemals in unserm Bewußtsein eine bald unklare, bald klarere
Vorstellung von den
Stellungen oder
Bewegungen
unsers
Körpers, und es entsteht eine permanente Vorstellungsgruppe, die eine mit der Umgrenzung des
Körpers
gegebene
Neigung zur
Zentralisation besitzt und hierdurch wie durch den Umstand, daß
Bewegungen unmittelbar,
Empfindungen mittelbar
von dem Einen kontinuierlichen
Willen abhängig sind, zu dem
Selbstbewußtsein hinführt.
2) Die Abhängigkeit des
Individuums von
Reizen, die als
Fremdes empfunden werden, und der
Widerstand, auf den seine
Bewegungen häufig treffen, läßt das
Individuum die
Sphäre seiner Machtherrschaft von einer
Außenwelt scheiden. Je mehr nun
psychische
Inhalte verschmelzen und zu einer
Kontinuität sich zusammenschließen, desto mehr wird die
Identität des innern
Daseins erfaßt und im
Selbstbewußtsein dargestellt. Freilich ist zunächst das
Selbstbewußtsein weit von dem abstrakten
Ichbegriff entfernt und gleicht mehr einem Lebensgefühl, aber indem die
Sinne auch den eignen
Körper
und damit die
Grenzen
[* 4] der direkten Machtsphäre wahrnehmen, geben sie dem primitiven Selbstgefühl eine feste Vorstellungsgliederung,
welche die Einsicht eines einheitlichen
Ich unabweisbar nahe legt.
3) Die dargelegte Auffassung wird unterstützt durch die gewöhnlichen
Erfahrungen einer Beeinträchtigung
des
Selbstbewußtseins bei
Krankheit und
Schmerz sowie vornehmlich durch die pathologischen
Thatsachen, daß Empfindungslosigkeit
und Hirnkrankheiten das
Selbstbewußtsein trüben oder in zwei und mehr Persönlichkeiten auflösen.
Als
Physiker hatte Bezold viele Untersuchungen auf dem Gebiet der Elektrizitätslehre, besonders über
elektrische Staubfiguren
und Entladung, sowie über physiologische
Optik geliefert. Seine meteorologischen
Arbeiten betreffen die
Dämmerung, die
Lehre
[* 8] vom
Gewitter und besonders die Thermodynamik der
Atmosphäre, welche durch ihn auf eine neue und sichere
Grundlage gestellt wurde. Er schrieb: »Farbenlehre im Hinblick auf
Kunst und
Kunstgewerbe« (Braunschw. 1874, auch englisch und
russisch);
FürstGeorg, rumän. Schriftsteller, geb. zu
Bukarest,
[* 11] Sohn des
Georg Bibesco 2),
Hospodars der
Walachei
1843-48, wurde in
Frankreich erzogen, besuchte die
Schule von St.-Cyr, trat in die französische
Armee, machte
den
Krieg von
Mexiko
[* 12] mit, diente dann in
Algier und nahm 1868 als Eskadronschef seinen
Abschied. 1870 wieder eingetreten, ward
er bei
Sedan
[* 13] verwundet und gefangen genommen, trat 1871 in den
Ruhestand u. vermählte sich 1875 mit der
PrinzessinValentine
de Beauffremont, gebornen Gräfin Caraman-Chimay, welche
Ehe in
Frankreich nicht anerkannt wurde, da die
Scheidung der
Prinzessin vom
Fürsten Beauffremont rechtlich nicht gültig war. Bibesco lebt in
Bukarest. Er schrieb: »Le
[* 14] corps Lorencez
devant
Puebla, 5 mai 1862« (Par. 1872);
[* 17] Der
Hafen von Bilbao wurde 1889 von 4183
Schiffen (darunter 3556
Dampfern) besucht, wovon 2021
Schiffe
[* 18] britischer, 1507 spanischer, 322 französischer
und 111 deutscher
Nationalität waren. Der
Tonnengehalt dieser
Schiffe belief sich auf 2,3 Mill.
Ton. Bilbao steht
gegenwärtig mit seinem Schiffahrtsverkehr unter den spanischen Häfen in erster
Reihe. Die Haupteinfuhrartikel waren
Kohle
und
Koks (2,36, bez. 1,73
Mill. metr. Ztr.),
Stockfisch (102,700 metr. Ztr.),
Zement,
Steine und
Erden (74,350 metr. Ztr.),
Maschinen (41,690 metr. Ztr.),
Droguen (18,760 metr. Ztr.),
Speck und
Schmalz (17,390 metr. Ztr.),Alkohol (12,620 metr. Ztr.),
Holz
[* 19] (67,2
Mill.
cbm). Als Hauptausfuhrartikel figurierte wie immer
Eisenerz, wovon zusammen 3,885,612
Ton., darunter 2,770,125 nach britischen,
640,261 nach niederländischen Häfen (hauptsächlich für
Deutschland
[* 20] bestimmt), 378,347 nach französischen und 93,010 nach
belgischen
¶
mehr
Häfen, verschickt wurden. und der dazu gehörige Montan- und Industriebezirk hat in den letzten zehn Jahren einen außerordentlichen
Aufschwung genommen;
Hans, Pianist, geb. zu Berlin, bildete sich unter Th. Kullak und Wüerst zum Klavierspieler aus, studierte
1868-72 in BerlinPhilosophie und neuere Sprachen, erwarb 1873 mit der Dissertation über »Bernard von Ventadorn«
(Berl. 1874) die Doktorwürde und wurde gleichzeitig als Lehrer für Klavierspiel an KullaksAkademie angestellt, von welcher
er später an das Sternsche Konservatorium überging. Er starb in Niederschönhausen bei Berlin. Bischoff konzertierte
sehr erfolgreich als Kammermusikspieler (so mit Hellmich in den Montagskonzerten der Berliner
[* 31] Singakademie)
und schrieb noch: »Über die ältere französische Klavierschule«, »Über JohannKuhnausBiblische Geschichte« (Programm-Abhandlung),
bearbeiteteAd. Kullaks »Ästhetik des Klavierspiels« in 2. Aufl. (1876,3. Aufl.
1889) und redigierte eine große Zahl vortrefflicher Ausgaben klassischer und romantischer Werke (für Steingräbers
Verlag).
Otto, Fürst von, nahm an den Verhandlungen der letzten Session des sogen. Kartellreichstags 1889-90 gar keinen
Anteil, da er bis zum Schluß derselben von Berlin abwesend in Friedrichsruh weilte. Der Ausfall der Reichstagswahlen wurde
von den Siegern, Ultramontanen, Deutschfreisinnigen und Sozialdemokraten, als eine Niederlage seiner Politik
angesehen; dennoch
hieß es, daß Bismarck erklärt habe, den Kampf mit dem neuen Reichstag bereitwilligst auf sich nehmen zu wollen.
Auch Bismarcks Sohn, GrafHerbert Bismarck, erbat seine Entlassung aus dem Amt eines Staatssekretärs des AuswärtigenAmtes und erhielt
sie 26. März. Bismarck verließ 29. MärzBerlin und zog sich nach Friedrichsruh zurück; bei seiner Abfahrt vom Lehrter Bahnhof wurden ihm
von einer zahlreichen Menschenmenge großartige Ovationen dargebracht. Über die Ursachen von Bismarcks
Rücktritt war in dem kaiserlichen Schreiben, das allein veröffentlicht wurde, nichts gesagt; es hieß nur: »Die
von Ihnen für Ihren Entschluß angeführten Gründe überzeugen mich, daß weitere Versuche, Sie zur ZurücknahmeIhresAntrages
zu bestimmen, keine Aussicht auf Erfolg haben.« Erst später ließ Bismarck selbst in seinen
Gesprächen mit Zeitungskorrespondenten, die ihn in Friedrichsruh aufsuchten, verlauten, daß ein Meinungszwiespalt zwischen
dem Kaiser und ihm über die soziale Politik ihn zum Rücktritt veranlaßt habe.
Dieser Zwiespalt hatte sich schon beim Schluß der Reichstagssession geltend gemacht, als es sich darum handelte, ob man das
Sozialistengesetz in der vom Reichstagsausschuß beschlossenen Form (ohne Ausweisung) annehmen wolle oder
nicht. Der Kaiser und die Minister waren dafür, Bismarck dagegen. Damals fügte sich der Kaiser, berief aber dann den Freiherrn v.
Berlepsch an die Spitze des Handelsministeriums an StelleBismarcks. Hierbei kam es zu Erörterungen über die StellungBismarcks
als Ministerpräsidenten, wobei sich dieser auf eine Kabinettsorder FriedrichWilhelms IV. berief, die jeden
Ressortminister verpflichtete, vor dem Vortrag über einen Gegenstand beim König dem Präsidenten von demselben Mitteilung
zu machen, eine Einrichtung, welche wiederholt nicht beachtet worden und bei der regelmäßigen längeren AbwesenheitBismarcks
von Berlin auch nicht immer ausführbar war. Die Erlasse des Kaisers über den Arbeiterschutz und den Verzicht
auf ein Sozialistengesetz vermochte Bismarck nicht zu billigen, da er die optimistischen Ansichten des Kaisers über die Wirkungen
dieser Maßregeln nicht teilte. In seine wohlverdiente Muße fernab von den Staatsgeschäften fand er sich freilich nur schwer.
VonL.Hahns Werk »Fürst Bismarck« erschien der 5. Band:
[* 33] 1885-90 (fortgeführt von K. Wippermann, Berl. 1890). Von der Stuttgarter
Sammlung der Reden des Fürsten erschienen bis jetzt 11 Bände (die Jahre 1848-81 umfassend); eine Auswahl in 6 Bänden (bis 1887 reichend)
veranstaltete O. de Grahl; »FürstBismarcks gesammelte Werke, Briefe, Reden und Aktenstücke« in 4 Bänden
gab Br. Walden (Berl. 1890) heraus.
¶
Christoffel, holländ. Maler, geb. 1828 zu Leeuwarden in Friesland, bildete sich in Paris
[* 35] bei Gleyre und Comte
zum Genremaler aus, schloß sich aber in der koloristischen Behandlung an die holländischen Meister des 17. Jahrh. an, wobei
er in der Behandlung des Helldunkels und in der Beleuchtung
[* 36] der Innenräume besonders Rembrandt, Pieter
de Hooch und N. Maes zu Vorbildern wählte. Mit Ausnahme eines (Rembrandt in die anatomische Vorlesung gehend, 1867) hat er
seine Motive bis jetzt zumeist aus dem Volksleben seiner Zeit und seines Landes geschöpft und namentlich in der Darstellung derWirkungen des in einen geschlossenen Raum einfallenden Sonnenlichts eine große koloristische Virtuosität
bei reicher, energischer Färbung erreicht.
(spr. blangschkott), A. Malvine, franz. Schriftstellerin,
geb. 1830 zu Paris
als Tochter armer Handwerksleute. Sehr jung mit einem Schneider verheiratet, bildete sie sich ganz allein
aus, konnte zur Buchhalterin in einem Modewarengeschäft vorrücken und brachte es dazu, daß 1856 ihre ersten Gedichte:
»Rêves et réalités«, im Druck erschienen. Die französische Akademie zeichnete sie durch einen Montyonpreis
aus, u. Sainte-Beuve widmete der ouvrière-poëte in seinen »Lundis« aufmunternde Anerkennung. Außer zahlreichen Abhandlungen,
welche Frau Blanchecotte nun für verschiedene Zeitschriften schrieb, gab sie heraus: »Impressions d'une femme, pensées, sentiments
et portraits« (1867);
eine mutige That und ein den Verirrten
mildes Buch;
»Les Militantes« (Gedichte, 1876);
»Le long de la vie, nouvelles impressions d'une femme« (1876).
Was Frau Blanchecotte schreibt, zeugt von natürlichem Adel der Gesinnung und wahrer Gefühlstiefe; ihre Sprache ist rein, von peinlicher
Korrektheit; zahlreiche Sammlungen nehmen ihre Gedichte und Sinnsprüche jahraus jahrein auf. Die ehemalige
Schneiderin erteilt Töchtern der vornehmsten FamilienFrankreichsUnterricht in Geschichte und Litteratur.
Karl, österreich. Schauspieler und Theaterdirektor, geb. zu Wien, bildete sich ursprünglich zum
Chorsänger in Kirchen- und andern Konzerten aus, widmete sich aber seit 1849 dem Theater
[* 42] und fand 1850 sein
erstes Engagement in Laibach.
[* 43] Nachdem er eine Zeitlang Naturburschen und jugendliche Liebhaber gespielt, ging er zum komischen
Fach über, in welchem sich seine Begabung bald zu einer eigenartigen Spezialität entwickelte, besonders nachdem er 1863 an
das Theater an der Wien engagiert worden war.
(schädliches Auftreten in Getreidefeldern). Nachdem Blasenfüße schon länger als Schädlinge
in Gewächshäusern bekannt gewesen sind, vor einigen Jahren auch den Tabaksbau in Bessarabien schwer geschädigt haben, sind
zwei Arten derselben 1889 und 1890 als Schädlinge des Getreidebaues in Süddeutschland, besonders in
Württemberg, aufgetreten. Es sind dies der Ährenblasenfuß (Phloeothrips frumentaria) und der Halmblasenfuß (Thrips secalina).
In ausgebildetem Zustand sind die ca. 2 mm großen schwarzen Tierchen schwer zu unterscheiden, aber die Larve des Ährenblasenfußes
ist zinnoberrot, die des Halmblasenfußes weiß.
Der Ährenblasenfuß und seine Larve schädigt die Ähren des Getreides, indem die Tierchen in großer Zahl in die Hüllblätter
der jungen Getreidepflanze eindringen, zu der jungen Ähre gelangen und sich von dieser und dem die Ähre tragenden jungen
Stengel
[* 44] ernähren. Sie verhindern die volle Entwickelung der Ähre, so daß dieselbe beim Aufschießen an
ihrer Spitze und an der Basis mehr oder weniger verkümmert erscheint, ja die große Zahl der Thripse kann selbst das Abbrechen
der Ähre verursachen. Die Larve der zweiten Art, des Halmblasenfußes, schädigt den Halm, indem sie, in der Scheide sitzend,
denselben ansaugt. Der
¶
mehr
Halmblasenfuß lebt im Halme. Durch das Ansaugen desselben wird dieser an der betreffender Stelle geschwächt und wenig widerstandsfähig,
so daß er hier durch Schlagregen, Wind und ähnliche mechanische Angriffe leicht geknickt wird. Äußerlich fällt die Stelle,
an welcher die Blasenfüße sitzen, durch helle Flecken, »Thripsflecken«, auf. Zuerst pflegt der Roggen befallen
zu werden, nach 14 Tagen der Frühweizen, nach 3-4 Wochen der Dinkel; letzterer nimmt, wenn er von zahlreichen Blasenfüßen
heimgesucht ist, eine charakteristische blaurote bis schwarzviolette Farbe an. Die noch nicht in allen Phasen bez. der Zeitdauer
genügend verfolgte Verwandlung geht sehr rasch vor sich, so daß es oft unmöglich ist, den Schädling
noch an Ort und Stelle mit Sicherheit nachzuweisen.
Daher kam es, daß im ersten Jahr die Waldmäuse als die Schädlinge angesehen wurden, bis der Sachverhalt durch die
Untersuchungen vonKoch und Hofmann klargelegt wurde. Im J. 1889 war der Schade sehr bedeutend und betrug an einzelnen
Punkten der WürttembergerAlb bis 80 Proz.; 1890 traten die Schädlinge weniger zahlreich auf. Über Vorsichts- und
Vertilgungsmaßregeln ist noch nichts bekannt. Da sich die Mehrzahl der Larven im Herbst wohl in die Röhrchen der Stoppeln
verkriecht, dürfte sich bei stärkerm Überhandnehmen der Plage die Vernichtung und Verbrennung der Stoppeln
empfehlen.
[* 48] In Mechernich erfolgt das Rösten der durchschnittlich 60 Proz. Blei enthaltenden gattierten Erze in 18 doppelsöhligen
Fortschaufelungsöfen mit Arbeitsöffnungen an beiden Längsseiten; jeder Ofen ist 15 m lang und 4 m breit; die Produktion
eines Ofens an Röstgut beträgt in 24 Stunden 8000-10,000 kg. Das Erzschmelzen erfolgt in 9 als achtförmige
Tiegelöfen zugestellten Schachtöfen von 7 m Höhe und 4,8 m Länge. Von den 9 Öfen
[* 49] sind durchgängig nur 4 im Betrieb; dieselben
produzieren in 24 Stunden 73,000 kg Werkblei. Das Entsilbern des Werkbleies erfolgt durch Zink; bei der ersten Entsilberung werden
0,13, bei der zweiten 0,95 Proz.
Zink zugesetzt. Das Mechernicher Handelsblei enthält:
Die gewöhnlichen Bleichmethoden bestehen im wesentlichen darin, daß man die zu bleichenden Gegenstände
(Baumwolle,
[* 50] Papier) der Wirkung von unterchlorigsauren Salzen aussetzt; diese Salze, mit Wasser angerührt, besitzen eine dem Chlor
gleiche Bleichkraft und haben vor ihm den Vorteil eines nicht gasförmigen Aggregatzustandes voraus.
Man hat versucht, diese Salze auf elektrolytischem Wege in einem Bade kontinuierlich herzustellen, so daß der Bleichprozeß
ohne Unterbrechung (ohne Nachfüllung von Salzen) vor sich gehen kann. Zu dem Ende werden die Chloride des Calciums, Magnesiums,
Kaliums der Elektrolyse
[* 51] unterworfen, wodurch unterchlorigsaure Salze dieser Metalle gebildet werden. Sorgt
man dafür, daß die durch den Bleichprozeß in Chloride übergeführten unterchlorigsauren Salze durch den Strom wieder zu
unterchlorigsauren Verbindungen regeneriert werden, so haben wir einen ununterbrochenen Prozeß.
(Entstehung). Bei den wirbellosen Tieren hat man zweierlei Leibeshöhlen zu unterscheiden.
Im einfachsten Fall ist zwischen Darm
[* 55] und Haut
[* 56] ein System von Hohlräumen vorhanden, welches die im Innern gelegenen andern Organe
(Muskeln, Geschlechtsorgane etc.) umgibt, welches die physiologische Funktion eines Blut- oder Lymphraumes hat, und welches
entwickelungsgeschichtlich von dem Hohlraum der Blastula hergeleitet werden kann oder nach der Gastrulation
durch Auseinanderrücken des Ektoderms und des Entoderms als Spaltraum (s. Ei,
[* 57] Bd. 5) entstanden ist.
Dies ist die primäre Leibeshöhle, neben welcher sich bei andern Tieren noch geschlossene Hohlräume finden, die man als sekundäre
Leibeshöhle bezeichnet. Letztere ist in ihrer entwickelungsgeschichtlichen Entstehung ganz unabhängig von der primären Leibeshöhle
und tritt als Spaltraum in einer kompakten Masse von Mesodermzellen auf. Sie hat immer den physiologischen
Charakter eines Exkretionsorgans und steht durch ausführende flimmernde Kanäle mit der Außenwelt in Verbindung. Denkt man
sich die sekundäre Leibeshöhle so vergrößert, daß hauptsächlich durch diese der Raum zwischen Ektoderm und Entoderm eingenommen
und daß die primäre Leibeshöhle auf ein System enger Kanäle und Lücken zurückgedrängt wird, so ergibt
sich eine Organisation, wie sie bei den chätopoden Ringelwürmern und bei den Wirbeltieren thatsächlich vorhanden ist. Die
Leibeshöhle der letztern ist
¶
mehr
nach ihrem ursprünglichen physiologischen Charakter die sekundäre, das Blut- und Lymphgefäßsystem aber besteht aus den
Resten der primären Leibeshöhle. Hiermit erklärt sich dann auch, daß das Lymphgefäßsystem jederseits an einer (Säugetiere)
oder an mehreren (niedere Wirbeltiere) Stellen in das Blutgefäßsystem einmündet. Die angegebene phylogenetische Herleitung
des Blut- und Lymphgefäßsystems findet ihre Bestätigung durch die Beobachtungen auf ontogenetischem
Gebiet.
Der Embryo eines Wirbeltiers besteht nach der Ausbildung der Keimblätter aus folgenden Teilen. Er ist bedeckt von dem Ektoderm
(Hautblatt, spätere Epidermis),
[* 59] darunter liegt das Medullarrohr (Anlage des Gehirns und Rückenmarks), und diesem schmiegt sich
an der Unterseite die Chorda (die erste stabförmige Anlage der Wirbelsäule) an. Unter der Chorda liegt
das Entoderm (Darmdrüsenblatt, später Epithel des Darmkanals, der Lunge,
[* 60] Leber und des Pankreas). Das Medullarrohr, die Chorda
und die Anlage des Darmrohrs liegen in der Medianebene; seitlich schließt sich an dieselben das Mesoderm an, welches jederseits
einen vom Kopf bis zum Schwanzende reichenden, mehr oder weniger breiten Mesodermstreifen bildet. An dem
obern Teile dieses Streifens, welcher neben dem Medullarrohr und der Chorda liegt, grenzen sich zahlreiche aufeinander folgende
Abschnitte, die sogen. Ursegmente, gegeneinander ab, welche hauptsächlich zur Bildung der Muskulatur bestimmt sind.
In dem übrigen Teile des Mesodermstreifens tritt eine Höhle auf, welche sich durch die ganze Länge des
Rumpfteils des Embryos erstreckt. Diese Höhle, das Cölom oder die sekundäre Leibeshöhle, ist die noch einheitliche Anlage
der Herz-, Brust- und Bauchhöhle. Die Zwischenräume zwischen allen genannten Organanlagen bilden dagegen die primäre Leibeshöhle,
welche sich außerhalb der Mesodermstreifen, teils zwischen denselben und dem Ektoderm, teils zwischen
den Mesodermstreifen und dem Medullarrohr, der Chorda und dem Ektoderm, findet.
Von den Mesodermstreifen lösen sich Zellen einzeln oder gruppenweise ab, dringen in die primäre Leibeshöhle ein und füllen
dieselbe größtenteils aus. Diese Zellen, in ihrer Gesamtheit als Mesenchym oder Bildungsgewebe bezeichnet, erzeugen die mesenchymatischen
Gewebe:
[* 61] das Bindegewebe, die Wandung der Blut- und Lymphgefäße, alle lymphoiden Organe, Knochen,
[* 62] Zahnbein,
Knorpel
[* 63] und gewisse Teile der Muskulatur. Die Zellen des Mesenchyms sind meist locker gelagert und durch feine pseudopodienförmige
Ausläufer verbunden; mittels letzterer vermögen sie nach Art der Protozoen zu kriechen.
Was nun den Ursprung des Lymph- und Blutgefäßsystems von der primären Leibeshöhle betrifft, so ist
hinsichtlich des erstern noch nicht sicher ermittelt, ob es wirklich (wenigstens teilweise) aus Resten der primären Leibeshöhle
entsteht, welche bei der Einwucherung des Mesenchyms frei bleiben. Es ist dies aber sehr wahrscheinlich, und hinsichtlich
des Blutgefäßsystems ist nachgewiesen, daß in gewissen Fällen manche der ersten Gefäße auf die Weise
zu stande kommen, daß Teile der primären Leibeshöhle von den Zellen des Mesenchyms umschlossen werden.
Die angegebenen Thatsachen erklären die Entstehung der Hohlräume, in welchen und Lymphe fließen; es handelt sich nun noch
um die Abstammung der Zellen, der Blut- und Lymphkörperchen (Leukocyten, weiße Blutkörperchen),
[* 64] welche
jene Flüssigkeiten mit sich führen. Da ist festgestellt, daß die Blutflüssigkeit im Embryo anfangs frei von Blutkörperchen
ist, und es scheint,
daß auch die Lymphe zunächst und lange Zeit keine Zellen führt. Letztere werden von den Lymphdrüsen
geliefert, und diese entstehen erst in spätern Stadien der Entwickelung im Mesenchym; an den betreffenden
Stellen treten die Zellen desselben in lebhafte Teilung ein, und es bildet sich ein aus dicht gelagerten Zellen bestehendes Knötchen,
welches erst allmählich sich scharf gegen das umgebende Bildungsgewebe abgrenzt; während es heranwächst, bilden seine Zellen
einesteils das Netzwerk
[* 65] der Drüse, andernteils die Follikularsubstanz, von welcher bekanntlich die Lymphzellen
sich beständig ablösen.
Man kann also die Lymphdrüsen und überhaupt alle lymphoiden Organe auffassen als Teile des Mesenchyms, welche die Fähigkeit
lebhafter Zellteilung beibehalten haben und das ganze Leben hindurch Zellen vom Charakter jugendlicher Mesenchymzellen liefern,
während die andern Teile des Mesenchyms sich zu Bindegewebe und den andern mesenchymatischen Geweben differenzieren.
Zu den erwähnten lymphoiden Organen sind nicht allein alle Lymphfollikel und Lymphdrüsen zu rechnen, sondern auch die Milz,
das Knochenmark, das lymphoide Gewebe derUrniere und Kopfniere (bei Fischen), die Thymusdrüse etc. In allen diesen Organen entstehen
Lymphkörperchen.
Die roten Blutkörperchen (Erythrocyten), welche im Embryo sehr früh auftreten, entstehen in sogen. soliden
Gefäßanlagen; es differenziert sich im Mesenchym ein dichter Zellstrang, welcher mit Blutgefäßen in Verbindung tritt und
für das Serum durchlässig wird, worauf dann die im Innern liegenden Zellen als Blutkörperchen allmählich fortgeschwemmt
werden und eine periphere Lage von Zellen die Gefäßwand bildet. Insofern also auch hier aus einer kompakten
Masse von Mesenchym die Zellen abgelöst werden, stimmt der Bildungsmodus der beim Embryo auftretenden ersten Blutkörperchen
prinzipiell mit der Bildung der Lymphkörperchen überein.
Beim ausgebildeten Tier ist die Entstehung der roten Blutkörperchen an gewisse lymphoide Organe gebunden und zwar an das lymphoide
Gewebe derUrniere (bei Fischen), die Milz (bei Fischen, urodelen Amphibien, Vögeln und Säugetieren) und das
Knochenmark (bei anuren Amphibien, Vögeln und Säugetieren). Während man bisher glaubte, daß die roten Blutkörperchen in
diesen Organen durch Umbildung von weißen entstünden, ist jetzt erwiesen, daß sie auf eigenartige Weise sich bilden, nämlich
dadurch, daß sie aus kleinen Gefäßen sich ablösen und zwar ganz übereinstimmend mit der Bildung im
Embryo. Es handelt sich auch hier um solide Gefäßanlagen, aus welchen die innern Zellen allmählich als Blutkörperchen weggeschwemmt
werden. Dieser Vorgang findet in den lymphoiden Organen statt, weil sich hier noch ein Gewebe von embryonalem
Charakter, sozusagen ein Rest des embryonalen Mesenchyms findet.
Häckel hatte beobachtet, daß die farblosen Blutkörperchen (Leukocyten) bei Wirbellosen nach Art der Amöben
Fremdkörperpartikelchen aufzunehmen vermögen, und andre Forscher hatten diese Beobachtung bestätigt. Metschnikow fand dann,
daß bei der Umbildung der Larven von Holothurien,
[* 66] Seesternen und Seeigeln ganze Körperteile rückgebildet
werden, und daß die Trümmer dieses Vorganges, verschieden große Eiweißkügelchen, von den Leukocyten aufgenommen werden.
Metschnikow nannte letztere deshalb Freßzellen, Phagocyten. Kowalevsky und vanRees bestätigten die Beobachtung an Insektenlarven.
Letzterer betonte besonders die aggressive Rolle der Leukocyten beim Zerfall der
¶
mehr
Muskelfragmente. Es zeigte sich ferner, daß die Phagocyten auch in den Organismus gelangende Fremdkörper, Pilzsporen u. dgl.,
aufnehmen, welche in denselben der Verdauung anheimfallen. Hieraus schien sich zu ergeben, daß den Leukocyten eine überaus
wichtige prophylaktische Rolle im tierischen Organismus zukommt, insofern sie auch Krankheitserreger, Bakterien, aufnehmen und
zerstören (vgl. Phagocytose, Bd.
17). Metschnikow beobachtete dies bei Milzbrandbacillen, dem Streptococcus des Erysipels und den Spirillen des Rückfalltyphus.
Durch die Arbeiten von Heß wurde die Phagocytenlehre bestätigt, allein Baumgarten widerlegte alsbald die Hauptargumente Metschnikows,
Flügge zeigte, daß die Leukocyten keine lebensfähigen, sondern nur durch die Einwirkung der Körpersäfte getötete oder
abgeschwächte Bakterien aufnehmen, und Buchner konstatierte die bakterienlösende Wirkung des Blutserums.
Looß fand dann ferner, daß zur Verflüssigung der bei der Metamorphose von Wirbeltieren zerfallenden Gewebe die verdauende
Thätigkeit der Phagocyten nicht nötig sei, und daß dieselben nur gelegentlich Gewebsfragmente aufnehmen.
Die Gewebe des Batrachierschwanzes zerfallen selbständig und werden ohne Beihilfe der Leukocyten durch
die Leibesflüssigkeit allein verdaut; nur wenn letztere hierzu nicht völlig im stande ist, treten die Leukocyten als Reservemacht
zeitweise aushelfend ein, und namentlich scheinen sie einen schnellen und zweckmäßigen Transport der Zerfallsprodukte zu
vermitteln. Eine ganz eigenartige Rolle kommt den Phagocyten aber doch zu. Bei der Auflösung der Gewebe
wird stets Pigment in feinen Körnchen gebildet, und diese letztern, die in der Leibesflüssigkeit unlöslich sind, werden
mit Vorliebe von den Leukocyten aufgenommen.
Looß fand am Ende eines Rückbildungsprozesses kaum noch Leukocyten, welche keine Pigmentkörnchen enthielten, und diese nun
zu Pigmentzellen gewordenen Leukocyten wandern stets gegen die Oberfläche, dringen hier in die Epidermis
ein und geben, indem sie zerfallen, ihr Pigment an die Epithelzellen ab. Auf diese Weise werden die im Organismus als Fremdkörper
wirkenden Pigmentkörnchen nach außen geschafft, um mit der Regeneration der Epithelzellen aus dem Zellverbande gelöst zu
werden. So erscheinen die Leukocyten als ein noch auf embryonaler Stufe stehendes Exkretionsorgan, welches
in der Leibesflüssigkeit nicht lösbare Zerfallsprodukte der Gewebe aufnimmt und nach außen schafft. Je nach dem Bedürfnis
an irgend einer Stelle des Körpers sammeln sie sich daselbst an, um ihre Funktion zu erfüllen, und wirken in dieser Weise geradezu
regulierend auf den Stoffwechsel.
[* 68] Die Thatsache, daß in den wärmern Ländern auch die Vögel
[* 69] sich nicht unerheblich an der Bestäubung derBlumen beteiligen, ist seit langem bekannt und durch Belt, Delpino etc. bearbeitet worden, indessen beruhten die Angaben vielfach
auf unsichern Beobachtungen von Reisenden, die nicht eigentlich Botaniker waren. Die besten ältern Beobachtungen
sind die von Belt, der in Nicaragua
[* 70] nicht nur verschiedene Vögel beobachtete, welche aus dem unter den Blumen hängenden Kranze
von Honigbehältern von Marcgravia picta (Abbildung s. Bd. 11, S. 222) naschten und dabei mit dem
Kopfe den Blütenstaub abstreiften, um ihn zu andern Blumen zu tragen, sondern auch sah, wie die über und
über mit scharlachroten Blumen bedeckten und zur selben Zeit blattlosen Bäume
einer Erythrina-Art von zwei langschnäbeligen
Kolibris
[* 71] (Heliomaster pallidiceps und Phaethornis longirostris) besucht wurden, welche leicht im stande waren, die in
den außerordentlich verlängerten Schmetterlingsblüten gefangenen kleinen Insekten
[* 72] herauszuholen und dabei
den Pollen auf dem untern Teile des Kopfes ansammelten.
Später ist man besonders auf die ebenfalls langen und hängenden Trichterblüten der Bignonien, Tecoma- und Fuchsia-Arten aufmerksam
geworden, deren Honig nur von Vögeln und Insekten, die sich während des Saugens schwebend erhalten können, ausgebeutet zu
werden vermag. Auf der östlichen Halbkugel vertreten die Rolle der gänzlich auf Amerika
[* 73] beschränkten
Kolibris die namentlich in der australischen Region heimischen Honigsauger (Meliphagidae) und die Sonnenvogel (Nectariinidae)
Afrikas, und es ist merkwürdig, daß die gleiche Ernährungsweise bei Kolibris und Sonnenvögeln dieselben Körperveränderungen
hervorgebracht hat, obwohl die Kolibris sich den Seglern und die Sonnenvögel den Passenden zunächst anschließen.
Beide haben nicht nur den langen Schnabel, sondern auch die röhrenförmige Zunge, um damit Nektar zu saugen, erlangt. Wallace
hat es wahrscheinlich gemacht, daß diese röhrenförmige Zusammenfügung der Zungenränder erst eine jüngere Anpassung ist,
und daß die Kolibris ursprünglich nur den Insekten in den Blüten nachgegangen wären; er sah, daß junge,
eben ausgekommene Kolibris begierig Insekten verschlangen, die er ihnen reichte, Honig aber nicht hinunterwürgen konnten.
Über die ornithophilen, d. h. der Bestäubung durch Vögel angepaßten, Blumen Südafrikas hat Scott-Elliot kürzlich genauere
Beobachtungen mitgeteilt. Er fand, daß in Natal Sonnenvögel die gewöhnlichsten Bestäuber der Bananen (Musa) seien, obwohl
häufig auch Insekten (besonders Bienen) an den Blüten beschäftigt waren. Strelitzia regina wurde namentlich
von Nectarinia Afra und Ravenalia madagascarensis, der sogen. Quellenbaum oder »Baum der Reisenden« von Nectarinia sonimanga
bestäubt.
Außer den Sonnenvögeln beteiligten sich hier auch verschiedene Zosterops-Arten (Meliphagidae) am Blumenbesuch, und die Vögel
zeigen gleich den blumenbesuchenden Insekten die für die Pflanzen nützliche Gewohnheit, meist von einer Blume zur andern derselben
Art zu fliegen. Eine große Anzahl dieser Vogelblumen zeichnet sich, obwohl sie zu den verschiedensten
Familien gehören, außer durch die lange, röhrenförmige Gestalt der Krone durch eine eigentümlich glänzende orange oder
scharlachrote Färbung aus, wie man sie an Insektenblumen nur sehr ausnahmsweise findet, und es ist wahrscheinlich, daß
diese Färbung den betreffenden Vögeln als Kennzeichen dient, daß diese Blumen ihnen ihren Honig vorzugsweise
aufheben. Scott-Elliot glaubte nun auch zu bemerken, daß diese nämliche Scharlachfarbe ziemlich häufig auch auf der Brust
der Sonnenvögel (z. B.
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