Bacon,
Vgl. über ihn noch: Heusler, Francis und seine geschichtliche Stellung (Bresl. 1889);
Lovejoy, Lord F. a critical view of his life and character (Lond. 1888);
J. ^[Jules] Barthelemy Saint-Hilaire, Étude sur François Bacon (Par. 1890).
Seite 18.89 Jahres-Supplement 1890-1891
Vgl. über ihn noch: Heusler, Francis und seine geschichtliche Stellung (Bresl. 1889);
Lovejoy, Lord F. a critical view of his life and character (Lond. 1888);
J. ^[Jules] Barthelemy Saint-Hilaire, Étude sur François Bacon (Par. 1890).
[* 2] Eine größere Bedeutung haben in der neuesten Zeit die Volksbrausebäder erlangt, welche den unbemittelten Volksklassen die Wohlthat gesundheitsfördernder Reinigungsbäder gewähren sollen. Während das in England seit etwa 40, in Deutschland [* 3] seit ungefähr 35 Jahren in Aufnahme gekommene öffentliche Badewesen die Brausebäder früher nur in Verbindung mit andern Bäderarten, Wannen-, Schwimm- und sonstigen Bädern, kannte, haben sich dieselben als selbständige und ausschließliche Form für Volksbadeanstalten erst neuerdings, insbesondere seit der 1883 in Berlin [* 4] veranstalteten Hygieneausstellung, Eingang verschafft und sind seitdem mehr und mehr in Zunahme begriffen.
Die Bedingung, ein warmes Reinigungsbad für einen dem Einkommen der ärmern Bevölkerungsklassen entsprechenden Preis liefern zu können, wird durch das Brausebad erfüllt. Für 10 Pf. läßt sich zur Zeit ein Brausebad von 20 Lit. und 25-28° C., Lieferung von Handtuch und Seife eingeschlossen, verabfolgen. Die technische Einrichtung des Bades ist selbstverständlich so einfach und raumsparend wie möglich. Zellen von etwa 1,5 m Länge und 1,10 m Breite [* 5] werden mit einer festen Brause für warmes Wasser u. einer Schlauchbrause für kaltes (bei Frauenbädern auch für warmes) Wasser versehen.
Die festen Brausen haben eine schräge Stellung, um alle Körperteile dem Strahle bequem aussetzen zu können, ohne gezwungen zu sein, Kopf und Haupthaar zu benetzen. Wände und Decken werden in Ölfarbe gestrichen oder mit Fliesen [* 6] bekleidet, der Fußboden erhält einen Estrich oder Fliesenbelag mit entsprechendem Gefälle und wird unter der Brause mit einem Lattengitter bedeckt. Ein einfacher Ecksitz, darüber ein Kleiderrechen und kleiner Spiegel [* 7] sowie ein in der Nähe der Brause befestigter Seifenapf vervollständigen die Ausstattung der Zellen.
Diese Einfachheit, besonders aber das Fehlen jeden Badegefäßes und somit der Gelegenheit zur Ablagerung von Unreinlichkeiten und Ansteckungsträgern machen die Brausebäder namentlich vom hygienischen Standpunkt aus zu einer überaus geeigneten Form für Volksbäder. Durch Zusammenlegung einer größern Zahl von Zellen wird die Badeanstalt [* 8] gebildet, zu deren Vervollständigung dann noch eine Wäscherei, eine bei kleinen Anlagen wohl gleich mit Trockenvorkehrungen verbundene Heizeinrichtung, Kasse und Warteraum, Aborte und Gerätegelasse gehören.
Eine zweckmäßige Plananordnung mit Männer- und Frauenabteilung (die letztere etwas kleiner, weil die Frauen diese Badeanstalten erfahrungsmäßig weniger benutzen) gibt die Abbildung [* 1] (Fig. 1 u. 2). Einfacher noch war die Anlage, mit welcher D. Grove und Lassar in Berlin auf der Hygieneausstellung daselbst 1883 das Volksbrausebad einführten. Sie bestand aus je fünf in ein kleines rechteckiges Wellblechgebäude eingebauten Zellen für Männer und Frauen. Die Zellen lagen Rücken an Rücken, mündeten auf je einen Flurgang und wurden auf der einen Schmalseite des Häuschens durch den Heiz- und Trockenraum und die Kasse, auf der andern durch den Waschmaschinenraum und je einen Abort begrenzt.
Während der Ausstellungszeit vom 10. Mai bis 30. Juli haben dort 5730 Männer und 1570 Frauen, im ganzen 7300 Personen, zum Preise von je 10 Pf. gebadet. Wesentlich billiger noch stellt sich das Bad für den Einzelnen bei Anstalten, wo mehrere Personen gleichzeitig in einem größern, mit zahlreichen Brausen ausgestatteten Raume baden können, wie z. B. in Kasernen, Arbeiter-Barackenlagern, Fabriken, Bergwerken etc. Wie anderorts, so ist das Volksbrausebad neuerdings besonders in Berlin und Wien [* 9] in Aufnahme gekommen. In erstgenannter Stadt hat sich seine Pflege namentlich der seit 1872 bestehende Berliner [* 10] Verein für Volksbäder angelegen sein lassen. Er hat mit Unterstützung der Stadtgemeinde 1888 zwei Badeanstalten eröffnet, in
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Längenschnitt einer Badeanstalt (Brausebäder).
Fig. 2. Grundriß. A Warteraum für Frauen, B für Männer, C Kasse, D 1-5 Badezellen für Frauen, E 1-7 für Männer, F Wäscherei, a Waschmaschine, [* 11] b Waschkessel, c Badeofen, d Bottich mit Ringmaschine, G Trockenraum, e Rolle, f Tisch, H Utensilienkammer, J schmutzige, K reine Wäsche.] ¶
denen im ersten Betriebsjahr zusammen 175,998 Bäder verabfolgt worden sind, zum Teil allerdings auch Wannenbäder, die der Verein noch nicht ganz aufgeben will, weil sich die Bevölkerung [* 13] nur langsam an das Brausebad gewöhnt. Die größte Frequenz im Jahre zeigte der Ostersonnabend mit zusammen 2400 Bädern. Von den Badenden waren durchschnittlich ¾ Männer, ¼ Frauen. Das finanzielle Ergebnis ist nicht ungünstig gewesen und hat die Stadtverwaltung veranlaßt, nunmehr auch selbständig mit der Errichtung von Volksbrausebädern, deren zunächst zwei in Aussicht genommen sind, vorzugehen. In Wien wurde die erste öffentliche Brausebadeanstalt 1887 eröffnet. Eine zweite folgte bald, und es ist jetzt, da die Ergebnisse ermutigen, beschlossen worden, in der Leopoldvorstadt zwei und in jedem andern Stadtbezirk vorläufig je eine Anstalt zu errichten, so daß bis 1894 alle Bezirke mit Bädern versehen sein werden. Über Badeanstalten im allgemeinen vgl. Osthoff, Die Bäder und Badeanstalten der Neuzeit (Leipz. 1887,4 Hefte).
[* 14] Großherzogtum. Was die Bewegung der Bevölkerung anlangt, so war im Jahresdurchschnitt 1880/89 die Zahl der Gebornen 55,266, aus 1000 Einw. 34,6 (einschließlich 1627 Totgeborne), die Zahl der Gestorbenen (ohne Totgeborne) 38,089, auf 1000 Einw. 23,8, die der Eheschließungen 10,703, auf 1000 Einw. 6,7, dagegen die der durch den Tod des einen Eheteils aufgelösten Ehen 9479, der Ehescheidungen 94. Die überseeische Auswanderung wurde für 1889 auf 6000 geschätzt. - Für Bildung und Unterricht (1888/89) bestehen 1594 Volks- und 30 sonstige Elementarschulen mit 3454 Lehrern, 1961 Lehrerinnen und 276,905 Schulkindern, 217 Hoch-, Mittel- und Fachschulen mit 1753 Lehrern und Lehrerinnen, 29,813 Studenten und Schülern, insbesondere 2 Universitäten (Heidelberg, [* 15] 1127 Studenten; Freiburg, [* 16] 1161 Studenten), eine technische Hochschule (Karlsruhe, [* 17] 414 Studenten), 14 Gymnasien, 2 Progymnasien, 2 Realgymnasien, ein Realprogymnasium, 6 Real-, 23 höhere Bürgerschulen, 7 höhere Töchterschulen, 28 Privatschulen, eine Blinden- und 2 Taubstummenanstalten, eine Kunstschule (Karlsruhe), 2 Kunstgewerbeschulen, eine Baugewerkschule, 43 Gewerbeschulen, 49 sonstige Fachschulen, 4 Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar. - Die Kulturflächen waren 1889: Äcker und Gärten 566,490 Hektar, Wiesen 199,480, Rebberge 21,440, Kastanienpflanzungen 990, Weiden 32,580, Reutefeld 55,900, Wald 545,682 Hektar (davon 95,945 Staats-, 250,728 Gemeinde-, 18,710 Körperschafts- und 180,299 Hektar Privatwald). Mit Getreide [* 18] wurden im Durchschnitt des Jahrzehnts 1880-89 (bez. 1889) angebaut: 316,730 Hektar (313,550), mit Kartoffeln 86,640 (86,070), Futterpflanzen 89,360 (91,550), Futterhackfrüchten 28,150 (30,580), Tabak [* 19] 7280 (6410), andern Handelsgewächsen und Gemüse 16,900 (14,530) Hektar.
Die Ernteerträge waren im zehnjährigen Durchschnitt und 1889: Getreide 381,000 Ton. (325,000), Kartoffeln 754,000 (649,000), Wiesen- und Ackerheu 1,180,000 (1,307,000), Futterhackfrüchte 770,000 (848,000), Tabak 11,270 (11,350), Hopfen [* 20] 2470 (3430), Zichorie 43,000 (48,000) Ton., Obst 104,000 (15,100 hl), Wein 383,000 (130,000) hl. Der Wert der gesamten Ernte [* 21] wurde für die gleichen Zeiten auf 235,6 Mill. Mk. (213,6 Mill. Mk.), derjenige des Ertrags vom Hektar auf 309 Mk. (282 Mk.) geschätzt.
Nach der Zählung vom gab es 67,981 Pferde [* 22] (darunter 3637 Militärpferde), 593,696 Stück Rindvieh, 97,206 Schafe, [* 23] 300,597 Schweine, [* 24] 95,639 Ziegen, 1,847,258 Stück Federvieh (darunter 1,503,445 Hühner). [* 25] Die Staatswaldungen ergaben 1888 bei einem Holznaturalertrag von 486,573 Festmetern einen Reinertrag von 2,861,973 Mk. Die Gemeinde- und Körperschaftswaldungen lieferten 1,267,750 Festmeter Holzmasse, darunter 29,4 Proz. Nutzholz. An nutzbaren Mineralien [* 26] werden außer reichlichem Bau- und Straßenmaterial 4932 Ton. Steinkohlen und unerhebliche Mengen von Erzen und Erden gewonnen.
Die zwei Staatssalinen Dürrheim und Rappenau lieferten 1889: 28,814 T. Salz [* 27] im Werte von ⅔ Mill. Mk. Es bestanden 35 Eisengießereien mit 1697 Arbeitern, welche Produkte im Werte von 4¼ Mill. Mk. herstellten;
in 7 Schweißeisenwerken belief sich der Wert der Produkte auf ½ Mill. Mk. Im Betriebsjahr 1888/89 waren von 25,764 Brennereien 19,509 im Betrieb, von denen jedoch nur 844 mehlige Stoffe verarbeiteten;
die Produktion an reinem Alkohol betrug nur 46,056 hl. An Bier wurden 1888: 1,508,700 hl produziert.
Die Länge der Landstraßen betrug Ende 1889: 10,197 km, die der schiffbaren Flußstrecken 412 km, die der Eisenbahnen auf badischem Gebiet 1401 km (die badischen Staatsbahnen [* 28] sind 1305 km lang und haben 425 Mill. Mk. Anlagekapital erfordert);
hierzu traten 1890 die Strecken Leopoldshöhe-Lörrach 6,3 km, Schopfheim-Säckingen 19,7 km, Weizen-Immendingen 44,5 km. 1889 wurden auf den unter badischer Verwaltung stehenden Bahnen 18,7 Mill. Personen, 7,6 Mill. Ton. Güter befördert. In Mannheim [* 29] betrug der Güterverkehr zu Wasser 1,874,300 T. in Ankunft und 432,220 T. in Abgang, auf der Eisenbahn 576,000 T. in Ankunft, 1,326,000 T. in Abgang.
Postanstalten gab es 1515 (95 Mill. Postsendungen, davon 42 Mill. Briefe und Postkarten), Telegraphenstationen, einschließlich 340 Bahntelegraphenstationen, 945 (717,578 aufgegebene Telegramme). Vorschuß- und Kreditvereine bestanden zu Ende 1888: 108, ländliche Kreditvereine 114, öffentliche Sparkassen 127, letztere mit 257,675 Einlegern und einem Einlagebetrag von 219,4 Mill. Mk. Der Staatsvoranschlag für 1890 beträgt (ohne den Eisenbahnetat) 50,145,456 Mk. in Einnahme, 49,150,612 Mk. in Ausgabe, für 1891: 50,313,220 Mk., resp. 49,561,877 Mk. Die bedeutendsten Posten waren 1890:
Einnahmen: | |
---|---|
Direkte Steuern | 12250659 |
Grundsteuer etc. | 4322529 |
Gewerbesteuer | 1026657 |
Kapitalrentensteuer | 1189749 |
Einkommensteuer | 5578357 |
Indirekte Steuern | 8789750 |
Weinsteuer | 1524273 |
Biersteuer | 4260063 |
Schlachtviehaccise | 600415 |
Liegenschafts-, Erbschaftsaccise | 2404999 |
Domänen u. Forsten | 6612833 |
Justiz- und Verwaltungsgefälle | 3699712 |
Salinen | 655450 |
Aus den Reichseinnahmen | 10192000 |
Ausgaben: | |
Zivilliste u. Apanagen | 1897698 |
Matrikularbeiträge | 9672597 |
Justizverwaltung etc. | 4310908 |
Strafanstalten | 1149524 |
Unterrichtswesen | 3642838 |
Kultus | 778000 |
Bezirksverwaltung etc. | 3666278 |
Heilanstalten | 1477332 |
Wasser- u. Straßenb. | 240365 |
Domänen u. Forsten | 4506681 |
Salinen | 540033 |
Steuerverwaltung. | 3329604 |
Zollverwaltung | 1923973 |
Pensionen | 2666000 |
Zuschuß zur Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld | 2750000 |
Die Einnahmen der Staatseisenbahnen u. der Bodenseedampfschiffahrt wurden für 1890 auf 52,338,590, die Ausgaben auf 37,433,450, die Reineinnahme mithin auf 14,900,000 Mk. veranschlagt. Die Staatsschuld belief sich nach Abzug der Aktiva auf 7⅔ Mill. Mk.; die Eisenbahnschulden betrugen 330⅔ Mill. Mk., deren Verzinsung und Tilgung erfolgt durch die ¶
Reineinnahme der Bahnen und den obigen Zuschuß. - Zu den badischen Infanterie-Regimentern ist ein neues, 7., Nr. 145, hinzugetreten. Die Landwehr ist in 10 Bataillonen den Infanteriebrigaden 56-59 zugeteilt. Die Festung [* 31] Rastatt [* 32] ist seit 1890 aufgehoben.
Geschichte. Obwohl der Landtag in seiner Session von 1889 bis 1890 keine wichtigen Gesetzentwürfe zu beraten hatte, so zogen sich die Beratungen desselben doch sehr lange hin, da wegen der durch das neue Beamtengesetz eingetretenen, tief einschneidenden Veränderungen das Budget erst im Ausschuß eingehend geprüft werden mußte und darauf bei der Beratung in der Kammer die Ultramontanen besonders beim Etat des Kultusministeriums lange Reden hielten, um sich über Unterdrückung und Zurücksetzung der römischen Kirche zu beklagen und die katholische Bevölkerung gegen Regierung und Kammermehrheit aufzuhetzen.
Das Budget wurde daher auch nicht zur rechten Zeit erledigt, und es mußte die Forterhebung der Steuern bis Ende Mai 1890 durch besondere gesetzliche Bestimmungen genehmigt werden. Außer dem Budget wurde hauptsächlich nur ein Gesetz beschlossen, welches auch in den kleinern Stadt- und in den Landgemeinden über 500 Einw. das 1870 abgeschaffte indirekte Wahlrecht für die Bürgermeisterwahlen herstellte. Angesichts der unaufhörlichen Hetzereien besonders der ultramontanen Agitatoren und des infolge davon bewirkten ungünstigen Ausfalls der Reichstagswahlen vom 20. Febr., bei denen die Ultramontanen im Bunde mit den Deutschfreisinnigen, Demokraten und Sozialdemokraten die nationalen Parteien besiegten, richtete der Großherzog beim Landtagsschluß 17. Juni mahnende Worte an die Abgeordneten: »Nicht so freudig schaue ich auf das, was im Innern vor sich geht, da ist manche schwere Sorge darüber, daß viel Streit, ja viel unnötiger Streit stattfindet. Ich hoffe, daß die Zeit da mildernd wirke, und das ist die Mahnung, die ich an Sie richte. Tragen Sie die Worte des Friedens heim und verbreiten Sie den Geist des Friedens, durch den allein Bleibendes geschaffen wird, denn da, wo Streit ist, ist Unkraut und kann nichts gedeihen.« - Im Oktober 1890 wurde der Staatsminister Turban des Ministeriums des Innern enthoben, das dem Staatsrat Eisenlohr übertragen wurde, blieb aber Präsident des Staatsministeriums.
Adolf, Mediziner, geb. zu Ratibor, [* 33] studierte in Berlin und Wien, wurde Privatassistent Traubes, praktizierte als Arzt in Seehausen bei Magdeburg, [* 34] dann in Nordhausen [* 35] und seit 1871 in Berlin, habilitierte sich 1881 als Privatdozent für Kinderkrankheiten an der Universität und wurde 1890 Direktor des hauptsächlich für infektiöse Kinderkrankheiten bestimmten, durch seine und Virchows Bemühungen gegründeten Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhauses in Berlin. Baginsky genießt großen Ruf als Kinderarzt. Er schrieb: »Handbuch der Schulhygiene« (2. Aufl., Stuttg. 1883);
»Lehrbuch der Kinderkrankheiten« (3. Aufl., Berl. 1889; vielfach übersetzt);
»Praktische Beiträge zur Kinderheilkunde« (Tübing. 1880-84,3 Hefte);
»Pflege des gesunden und kranken Kindes« (3. Aufl., Stuttg. 1885);
»Das Leben des Weibes« (3. Aufl., das. 1885);
»Kost- und Haltekinderpflege in Berlin« (Braunschw. 1886).
Auch redigierte er die Festschrift zu Henochs 70. Geburtstag und begründete das »Archiv für Kinderheilkunde«, welches er mit Monti und Herz herausgibt (Stuttg., seit 1880).
[* 36] (hierzu Tafel »Neuere Bahnhöfe«),
die Örtlichkeiten für den öffentlichen Verkehr zwischen Eisenbahn und Publikum und zugleich für die Erledigung der Geschäfte des innern Betriebsdienstes. Die Bestandteile der oder die Bahnhofsanlagen lassen sich demnach gliedern in die beiden Hauptgruppen der Verkehrsanlagen und Betriebsanlagen. Die Verkehrsanlagen zerfallen weiter in die unten eingehend zu behandelnden Personenbahnhöfe, welche für alle mit Personenzügen beförderte Dinge (Reisende, Post, Eilgut, Kutschen und kleinere Viehtransporte) bestimmt sind, und Güterbahnhöfe, auf welchen alle mit Güterzügen beförderten Sachen abgefertigt werden.
Die Güterbahnhöfe gliedern sich weiter in Stückgut-, Rohgut-, Vieh- und Hafenbahnhöfe, je nachdem sie für die stückweise zu verwiegenden Güter, für den Wagenladungsverkehr (Rohgut oder Rohprodukte, als Feldfrüchte, Kohlen, Holz, [* 37] Steine, Erze etc.), für größere Viehtransporte mit besondern Zügen oder endlich für den Be- und Entladungsverkehr der Fluß- und Seeschiffe bestimmt sind. Auch kann man als eine fünfte Gruppe noch die Privatbahnhöfe für Hüttenwerke, Gruben, Fabrikanlagen etc. hier anreihen.
Die Stückgutbahnhöfe, welche im engern Sinne auch als Güterbahnhöfe bezeichnet werden, bestehen in der Hauptsache aus Güterschuppenanlagen von verschiedener Grundform nebst den zugehörigen Geleisanlagen; die Rohgutbahnhöfe werden in der Regel aus wiederholten stumpf endigenden Geleisgruppen (von je zwei Geleisen) mit zwischengelegten Ladestraßen gebildet nebst Zubehör an Brückenwagen (zur Bestimmung des Wagen- und Ladungsgewichts), an Rampen, Kränen etc. Die Viehbahnhöfe enthalten an und zwischen den Geleisen größere Rampenanlagen zur bequemen Verladung des Viehs in die Lang- und Querseiten der Bahnwagen und aus denselben, dazu auch Stallungen für längere Unterstellung des Viehs, namentlich bei Übernachtungen, nebst den Anlagen zum Füttern und Tränken der Tiere sowie zum Reinigen und Desinfizieren der Wagen mit kaltem und heißem Wasser.
Die Hafenbahnhöfe bilden, namentlich bei Seehäfen, weit ausgedehnte Geleisanlagen mit Schuppen, Speichern und sehr verschieden gestalteten Hebevorrichtungen, welche sich an den Schiffskais entlang ziehen. In neuerer Zeit wird bei Seehäfen besonderer Wert darauf gelegt, daß die Kräne beweglich sind und die den Schiffen enthobenen Waren sowohl auf das unmittelbar am Kairand liegende Eisenbahngeleis als auch darüber hinweg auf den Ladesteig der dahinter liegenden Schuppen niederlassen, bez. die Waren ebenso entnehmen können. Diese Kräne werden deshalb jetzt meist so angelegt, daß sie mit einer großen Spurweite das Eisenbahngeleis und den dazu nötigen freien Raum ganz überspannen.
Die Betriebsanlagen umfassen zunächst die Anlagen für den Maschinendienst (Lokomotivschuppen mit Zubehör an Drehscheiben, Kohlenbühnen, Wasserstationen);
ferner für den Rangierdienst: Rangierbahnhöfe zum Zerlegen und ordnungsmäßigen Zusammenstellen der Züge (zahlreiche Geleisgruppen nebst Stell- und Signalvorrichtungen);
weiter die Anlagen für den Werkstättendienst: Werkstättenbahnhöfe zum Instandhalten der Lokomotiven und Wagen sowie sonstigen Betriebsmaterials;
endlich Anlagen zur Gewinnung von Bau- und Bettungsmaterial: Materialstationen, als Kiesgruben, Kiesbaggereien etc.
Eine mehr oder weniger scharfe räumliche Trennung der voraufgeführten einzelnen Anlagen pflegt nur bei großen Verkehrsplätzen erkennbar zu werden, ¶
wo manche derselben, wie z. B. der Personen-, Güter-, Rohgut-, Rangierbahnhof etc., oft ganz selbständige Örtlichkeiten bilden, ja sogar der Rohgutbahnhof noch wieder in getrennte Spezialbahnhöfe (für Kohlen, Getreide etc.) zerfallen kann. Bei kleinern Orten pflegen dagegen die Bestandteile in mehr oder weniger enger Verbindung bis zu einer einzigen gemeinsamen Anlage vereinigt zu sein.
Die Personenbahnhöfe bestehen im wesentlichen aus Geleisanlagen mit seitlichen oder zwischenliegenden, offenen oder überdeckten Bahnsteigen und zugehörigen Empfangs- und Nebengebäuden, woran sich dann, oft in Anbauten oder selbständigen Gebäuden, Räume für den Postdienst und für Eilgut sowie Rampen für Kutschen, Pferde etc., endlich weiterhin die erforderlichen Geleise und Gebäude für den Maschinendienst der Personenzüge sowie unter Umständen auch Schuppen für Personenwagen anreihen.
Für die weitere Ausgestaltung der Personenbahnhöfe kommt sodann einmal deren Lage zu dem betreffenden Bahnnetz und weiter die Grundrißform der Hauptteile, d. h. die Anordnung der Bahnsteige und des Hauptgebäudes zu den Hauptgeleisen, auf welchen die Züge aus- und einlaufen, in Frage. In ersterer Hinsicht sind zu unterscheiden: End-, Zwischen-, Trennungs- (oder Anschluß-) und Kreuzungsstationen, zu denen noch Kombinationen, wie z. B. Verbindungen von End- mit Zwischen- oder Kreuzungsstationen, mehrfache Trennungsstationen etc., kommen, welche dann wohl als Knotenpunktstationen bezeichnet werden.
Bezüglich der Grundrißform sind die Kopf-, Durchgangs-, Keil- und die Inselform zu unterscheiden, je nachdem die Hauptgeleise stumpf endigen, durchgehen, von zwei Richtungen keilförmig zusammenlaufen oder die Bahnsteige nebst Gebäuden allseitig umschließen. Die Form der Kopfstation ist zu Anfang des Eisenbahnbaues in Deutschland vielfach auch bei kleinern Städten zur Anwendung gelangt, indem man eine Weiterführung über den als Endstation gedachten Bahnhof hinaus oder eine Verbindung mit andern ebenfalls endigenden Bahnlinien zur Zeit nicht voraussah.
Bei der zunehmenden Ausbreitung und Verdichtung des Eisenbahnnetzes wurden später solche Kopfstationen in sehr vielen Fällen wegen der damit verbundenen Betriebserschwerungen, da, wo die Bahnhöfe zu Zwischen- oder Trennungsstationen geworden waren, durch Um- oder Neubauten beseitigt. Nur an ausgesprochenen Endpunkten großer Bahnsysteme und in einzelnen Großstädten auch als Knotenpunkte vieler zusammenlaufender Bahnen hat man in neuerer Zeit die Kopfform beibehalten, wenn die örtlichen Verhältnisse andernfalls eine zu große Entfernung des Bahnhofs vom Innern der Stadt bedingt haben würden. So sind als Kopfstationen unter andern in Berlin noch seit Ende der 60er Jahre der Görlitzer und Lehrter Bahnhof neu entstanden, der Potsdamer, Stettiner und später der Anhalter durch große Neubauten ersetzt (ebenso der später eingegangene Ost- und der Schlesische Bahnhof, welcher mit Anlage der Stadtbahn zum Durchgangsbahnhof umgebaut wurde). Die Kopfbahnhöfe zu Braunschweig, [* 39] Kassel, [* 40] Stuttgart, [* 41] Heidelberg u. a. sind bisher in ihrer ursprünglichen Grundform beibehalten, obwohl sie heute einem lebhaften Durchgangs- und Knotenpunktverkehr zu
[* 38] ^[Abb.: Fig. 1. Personenbahnhof Frankfurt [* 42] a. M. 1887. G.-Stg. Gepäcksteig, P.-Stg. Personensteig, a Kasse, b Räume für hohe Herrschaften, c Damenzimmer, d Gepäckabgabe, e Polizei, f, g Aborte, h Waschzimmer für Herren, i Waschzimmer für Damen, k Treppe [* 43] zur Wohnung des Wirtes, I Handgepäck, m Vorstand und Telegraph, [* 44] n Kesselanlage für die Heizung.] [* 45] ¶
dienen haben. In Metz [* 47] (1879), in München [* 48] (1884) und neuestens in Frankfurt a. M. (1887, s. Textfig. 1 und [* 46] Fig. 1 der Tafel) sind sogar an Stelle älterer Anlagen großartige Kopfstationen neu errichtet worden, in Frankfurt für 7, in München für 8 einlaufende Bahnlinien (vgl. »Frankfurt und seine Bauten«, 1886, S. 455 ff., und »Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens«, 1887, S. 181 ff.). Das sind jedoch in Deutschland ziemlich vereinzelte Fälle; im allgemeinen geht vielmehr in der Neuzeit das Streben dahin, die Kopfstationen, zumal an größern Knotenpunkten, möglichst zu beseitigen (wie neuestens in Düsseldorf) [* 49] und die Linien in andrer Weise zusammenzuführen.
Die Durchgangsform mit Vorgebäude, d. h. einseitig neben den Geleisen (seltener beiderseits) gelegenem Empfangsgebäude mit einem Haupt- und einem Zwischenbahnsteig, seltener mit beiderseits gelegenen Außensteigen, ist zunächst die für Zwischenstationen gegebene und allgemein angewendete. Dieselbe Form, durch mehrfache Wiederholung des Zwischensteigs, auch wohl durch Hinzunahme eines Außen- oder Gegensteigs erweitert, findet jedoch auch Verwendung für den Zusammenlauf mehrerer Linien, namentlich wenn dieselben alle oder größtenteils weitergeführt sind.
Während man in solchen Fällen früher allgemein die Überschreitung der Schienen durch das Publikum von einem zum andern Bahnsteig zuließ und sogar zu deren Erleichterung die niedrigen Bahnsteige eingeführt hat, wird neuerdings überall, wo lebhafter Verkehr stattfindet, großer Wert gelegt auf die Anlage schienenfreier Verbindungen und Zugänge sowohl zwischen den Bahnsteigen und dem Gebäude, als auch zwischen letzterm und den Straßen der Stadt. In den meisten Fällen wird dies erleichtert durch Hochlegung der Bahn, welche zugleich auch außerhalb des Bahnhofs die schienenfreie Kreuzung mit den Straßenzügen durch Unterführung der letztern in der leichtern Weise gestattet, während dem gegenüber eine Überführung der Straßen wegen der erforderlichen größern Durchfahrthöhe der Eisenbahnfahrzeuge einen erheblich stärkern Höhenunterschied, mithin längere Steigungsrampen für die Straßen bedingt und namentlich weit höhere Treppenanlagen für die Fußgänger zwischen den Bahnsteigen verlangt, als dies für die verhältnismäßig niedrigen Fußgängertunnels unter den Geleisen der Fall ist. Als größere Beispiele dieser Form für Knotenpunktstationen aus neuerer Zeit mögen die folgenden genannt werden.
1) Hannover [* 50] (vollendet 1882; »Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1888): Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen;
7 hoch liegende Hauptgeleise (außer 2 in der Mitte durchgeführten Gütergeleisen);
3 breite Zwischenbahnsteige und ein Außensteig für den Personenverkehr (Geleisabstände 12 m, 13 m, 19,75 m und 8,25 m von der Außenwand);
2 Zwischen-, ein Außensteig für Gepäckverkehr (Abstände 6,75 m, bez. 7,5 m von der Wand);
Hallenweite zweimal 37 m, Hallenlänge 167,5 m;
3 Personentunnels von 4,7,4 m, 2 Gepäcktunnels von 5 m Weite.
Erstmalige Anwendung besonderer Gepäcksteige zur Befreiung der Personensteige von der Bewegung der Gepäckkarren. (Spezielles s. »Zeitschrift des Hannöverschen Architekten- und Ingenieurvereins«, 1886.)
2) Straßburg [* 51] (vollendet 1883; »Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1883, S. 294, und 1888): Vorgebäude wie in Hannover, jedoch Wartesäle in Bahnsteighöhe;
5 Hauptgeleise, ein vorderer Bahnsteig am Gebäude, 2 Zwischensteige;
Geleisabstände 12,4 m vom Gebäude, 16,5 m zwischen den Geleisen, keine Gepäcksteige;
2 Tunnels für Personen, einer desgleichen für Gepäck, einer für Post, einer für den Küchenverkehr zu kleinen auf den Zwischensteigen errichteten Restaurationsräumen.
Halle [* 52] zweimal 29 m weit, 128 m lang.
3) Mainz [* 53] (1884; »Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnwesens«, 1885): Vorgebäude mit Wartesälen in Bahnhöhe;
5 Hauptgeleise;
Bahnsteige ganz wie in Straßburg angeordnet, Geleisabstände etwas kleiner;
2 Personentunnels;
Halle 42,2 m weit (dazu über ein Geleis auskragend), 300 m lang.
4) Schlesischer Bahnhof in Berlin (1882; »Zeitschrift für Bauwesen«, 1885): Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen, 8 (der Anlage nach 10) Hauptgeleise mit 5 (6) Zwischensteigen von meist 13,5 m Geleisabstand, 2 Personentunnels, 2 Hallen, 38 und 55 m weit, 215 m lang.
Auch die Bahnhöfe zu Bremen [* 54] (eröffnet 1889) mit 5 Hauptgeleisen, 160 m langer, 59 m weiter und 30 m hoher Halle, sowie Münster [* 55] (eröffnet 1890) mit 6 Hauptgeleisen, 3 Zwischensteigen, davon einer mit 17 m Geleisabstand, gehören hierher, beide mit untenliegenden Warteräumen im Vorgebäude (»Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1888). Auch Bahnhof Charlottenburg [* 56] der Berliner Stadtbahn in seiner bisherigen Gestalt ist hierher zu rechnen.
Die Keilform bildet die gegebene Grundform für den Zusammenlauf zweier Bahnen, also für die einfache Trennungsstation, indem sie an der offenen Basis des Keils (gleichviel ob derselbe die ursprüngliche Dreiecksgestalt beibehält oder durch Verlängerung [* 57] zum oblongen, einerseits zugespitzten Rechteck umgestaltet ist) einen sehr geeigneten Platz für das Empfangsgebäude darbietet. Der Zugang zu demselben vom Orte her kann bei dessen Lage zwischen den auseinander laufenden Bahnarmen unmittelbar, andernfalls nach Kreuzung eines oder beider Bahnarme (am besten mittels Überbrückung, also schienenfrei) stattfinden.
Als Beispiele, bei welchen die Keilform des Grundrisses besonders deutlich hervortritt, können unter andern die Bahnhöfe von Hameln in [* 58] Hannover (für 4 Bahnarme), Dirschau [* 59] (ursprünglich 3, dann 4 Arme), Pasewalk [* 60] (4 Arme) und Neunkirchen [* 61] bei Saarbrücken [* 62] genannt werden (s. »Zeitschrift für Bauwesen«, 1873). Sehr viel häufiger, ja ganz allgemein verbreitet findet sich dagegen die zum langen Rechteck ausgedehnte Keilform, bei welcher die Zufahrt an einer Giebelseite des nun rechteckigen Gebäudes meistens mittels Unter-, seltener Überschreitung beider Bahnarme an der Wurzel [* 63] des Keils stattfindet.
Diese Form ist namentlich bei Zusammenführung mehrerer Linien und bei Kreuzungsstationen zur Anwendung gelangt, wobei dann die Kreuzung der Bahnen außerhalb der Station durch gegenseitige Überbrückung bewirkt werden soll, damit die Züge beider Bahnen ohne Gefahr zugleich ein- und auslaufen können. Solche Stationen werden in der Regel als Inselbahnhöfe bezeichnet, weil das Hauptgebäude nicht ohne Kreuzung von Geleisen zu erreichen ist. In der That wird durch solche Anlage die Möglichkeit geboten, auch am Wurzelnde des Keils Geleisverbindungen (Nebengeleise) zu Übergangsbewegungen etc. zwischen beiden Bahnarmen herzustellen, also die Bahnsteiganlage allseitig mit Geleisen zu umschließen. An der Betriebsart des ursprünglichen Keilbahnhofs wird dadurch jedoch nichts geändert, solche Anlagen werden deshalb folgerichtig als Inselbahnhöfe mit Keilbetrieb bezeichnet. Der letztere kennzeichnet sich dadurch, daß das Hauptgebäude mit dem ¶
Hauptbahnsteig die Bahnen voneinander scheidet, so daß jede der beiden Bahnen eine Seite ganz für sich hat, daher die Form besonders geeignet für getrennte Verwaltung erscheint. Jederseits des Gebäudes sind also beide Fahrrichtungen in der Regel durch je zwei Hauptgeleise mit Zwischensteig vertreten. Das Inselgebäude, wie es in solchem Falle genannt wird, kann die Abfertigungs- und Warteräume mit Zubehör entweder in Höhe der Bahnsteige oder auch in andrer, meist tieferer Höhenlage enthalten, wie sie dann der Straßenhöhe des Bahnhofsvorplatzes angepaßt wird. In letzterm Falle wird die Verbindung zwischen den genannten Räumen und den Bahnsteigen durch Treppen [* 65] und Tunnels (bez. Überbrückung) hergestellt. Ebenso wird das Gepäck, das Postgut und bisweilen auch das Eilgut durch Tunnels und Aufzüge [* 66] zu den Bahnsteigen, bez. Gepäcksteigen gefördert. Aber auch bei gleicher Höhenlage von Bahnsteig und Warteräumen wird ebenso wie bei der Durchgangsform neuerdings fast immer für schienenfreie Verbindung zwischen den Bahnsteigen gesorgt, namentlich dann, wenn durch wiederholte Zwischensteige noch mehrere Bahnzweige angeschlossen sind.
Als ältere Beispiele von Kreuzungs- und Knotenpunktstationen dieser Art mögen unter sehr vielen andern hier nur genannt werden: die Bahnhöfe von Guben, [* 67] Kottbus, Kohlfurt, Görlitz, [* 68] Saarbrücken, dann Wittenberg [* 69] (»Hannoversche Zeitschrift«, 1884). Ein sehr hervorragendes neueres Beispiel der Art bietet der im Oktober 1890 eröffnete Neubau des Bahnhofs Halle a. S. (für 3 durchgehende und eine endigende Bahnlinie, also 7 einlaufende Bahnzweige). Es befinden sich dort jederseits des (mit tief liegenden Warteräumen und Tunnelzugängen versehenen) 105 m langen, 35 m breiten Hauptgebäudes zwei Hauptgeleispaare in Abständen von je 11,5 und 13 m für die 4 Personenzwischensteige und noch je 8 m Zwischenweite für die beiden Gepäcksteige, welche zwischen den Geleispaaren liegen.
Die dem Gebäude benachbarten Hauptgeleise fassen einen Raum von 49 m zwischen sich. Sämtliche Bahnsteige sind durch Personen- und Posttunnel miteinander und mit dem Gebäude verbunden, die Gepäcksteige zudem durch einen besondern Gepäcktunnel nebst Aufzügen (s. Textfig. 2). Die Zufahrt von der Stadt geschieht mittels Unterschreitung der Geleise zur einen Giebelseite des Gebäudes in Höhe der Straßen. (Das alte Stationsgebäude wird für Post und andre, aber nicht öffentliche Dienstzwecke an der Seite der Geleisanlagen beibehalten und durch die dahin verlängerten Tunnels mit dem neuen Gebäude verbunden.)
Neuerdings hat man die Zweckmäßigkeit eines kürzern Zuganges zum Inselgebäude mehr und mehr erkannt und ihr durch Zufügung eines Personentunnels Rechnung getragen, welcher vom Vorplatz aus geradeswegs zu ersterem und zu allen Bahnsteigen führt (bei dem Bahnhof Görlitz schon in den 60er Jahren). Sehr nahe lag es alsdann, den Eingang dieses Tunnels mit einer Vorhalle zu überbauen und diese zu einem ordentlichen Vorgebäude auszugestalten, welches naturgemäß die Räume für die Fahrkartenausgabe, Gepäckabfertigung und sonstigen Zubehör in sich aufzunehmen hat, während dem Inselgebäude alsdann in Bahnsteighöhe die Warteräume nebst Restauration und sonstigem Zubehör sowie die Diensträume für Bahnhofsaufsicht und Bahntelegraph verbleiben.
Die Gepäckbeförderung zu den Bahn-, bez. Gepäcksteigen erfolgt, wie oben bei der Durchgangsform beschrieben, unmittelbar vom Vorgebäude aus mittels Gepäcktunnels und Aufzügen. Die Zufahrtstraßen zur Giebelseite des Gebäudes können dann wegfallen. Diese Form, welche sich als eine Verbindung der Durchgangs- und der Inselform darstellt und sich von beiden im Wesen nur durch die Zerlegung des Gebäudes in Vor- und Inselgebäude unterscheidet, ist bei den neuern Bahnhofsbauten der Preußischen Staatsbahn mehrfach zur Ausführung gelangt, so namentlich bei den (im »Zentralbl. d. Bauverwalt.«, 1888, besprochenen) Bahnhöfen zu Hildesheim [* 70] (1884), Düsseldorf (1891; 4 Hauptgeleise, jederseits ein Zwischensteig bei 10 m Geleisabstand, für den Hauptsteig 54,8 m) und Erfurt [* 71] (1890 im Bau) sowie auch bei dem mit andrer Betriebsart (s. unten) auszuführenden Neubau des Zentralbahnhofs Köln. [* 72] In solchen Fällen bietet der Raum an beiden Giebelseiten des Inselgebäudes geeignete Gelegenheit zur Einführung stumpf endigender Geleise an Zungensteigen, so daß eine Reihe weiterer Bahnlinien oder Züge in den Bahnhof eingeleitet werden kann. So zeigt der Bahnhof Düsseldorf jederseits 4 auf Drehscheiben endigende Hauptgeleise zwischen den Durchgangsgeleisen (s. Textfig. 3), der Bahnhof Köln einerseits 4, anderseits 3 solcher stumpf endigender Bahnsteiggeleise (s. Textfig. 4, S. 80). Eine hierher gehörige Form zeigt auch der Bahnhof Magdeburg in seiner jetzigen Gestalt, jedoch ist dieselbe erst durch Umbau aus einer ursprünglich ganz anders ausgeführten Anlage im Jahr 1885 unter Beibehaltung der Giebelzufuhr entstanden.
Eine von dem Keilbetrieb scharf unterschiedene Betriebsart entsteht dann, wenn die Hauptgeleise derart in den Bahnhof eingeführt werden, daß auf jeder Seite des Inselgebäudes auf allen Geleisen nur eine Fahrrichtung vertreten ist, so daß also der Hauptbahnsteig nicht die Bahnen, sondern die Fahrrichtungen scheidet, ebenso wie dies bei einer zweispurigen Bahn schon dann der Fall ist, wenn nur ein Bahnsteig angelegt und zwischen die zusammengehörigen Geleise eingeschoben wird, wie z. B. bei den Bahnhöfen der Berliner Stadtbahn. Man kann diese Betriebsart folgerichtig als Inselbetrieb bezeich-
[* 64] ^[Abb.: Fig. 2. Personenbahnhof Halle a. S. 1890. a Hauptpersonentunnel, b Küchentunnel, c Posttunnel, d d Gepäcksteige, e Gütergeleise, f Aufstellungsgeleise, g Maschinengeleise, h Gepäcktunnel.] ¶