Verteilung der Gebäude.
Eng zusammengebaute Ortschaften vermindern die Blitzgefahr der Gesamtheit, daher die relativ geringere
Gefährdung städtischer Gebäude gegenüber ländlichen.
5) Durch die Bauart der Gebäude. Ein mit vielen Metallgegenständen versehenes
Haus ist unter sonst gleichen Umständen dem
Blitzschlag mehr ausgesetzt als ein solches ohne
Metall. Metälldächer, eiserne
Anker
[* 2] und
Träger,
[* 3] Wasserrinnen,
Gas- und
Wasserleitungen wirken aber gleichzeitig als teilweiser
Schutz gegen die zerstörende
Kraft
[* 4] des einschlagenden
Blitzes,
so daß es nicht geboten erscheint, diese Metallkonstruktionen aus
Furcht,
vor der Blitzgefatir einzuschränken.
6) Durch unmittelbare Nachbarschaft von blitzgefährllchen Gegenständen. Ein benachbarter
Turm
[* 5] ist gefährlich, solange er
selbst keinen guten Blitzableiter besitzt. Ein benachbarter
Baum gefährdet ein
Haus, wenn der leitenden
Verbindung
der Baumwurzeln mit der
Erde elektrisch noch bessere
Kommunikationen zwischen
Haus und
Erde gegenüberstehen. Dann erfolgt ein
Überschlag vom
Baum auf das
Haus. Andernfalls schützt ein
Baum. Ebenso ist der Einfluß von benachbarten
Telegraphen- und Telephonleitungen
teils ein schützender, teils ein gefährdender.
Ersterer überwiegt im allgemeinen bedeutend. Die dichten Telephondrahtnetze üoer den
Städten schützen alle darunter liegenden
Gebäude merklich; einzelne die
Drähte überragende Gebäude sind um so mehr gefährdet. Man hat mit Erfolg eine Koincidenz
zwischen der
Größe der Blitzgefahr einerseits und anderseits der Bewaldung oder der
Wärme
[* 6] oder dem Grundwasserstand
nachzuweisen gesucht, ein direkter Einfluß dieser Verhältnisse auf die Blitzgefahr ist aber keineswegs bewiesen.
Die Blitzgefahr ist überall weitaus am größten im Juli, auf welchen
Monat etwa ein Drittel der jährlichen Gesamtzahl einschlagender
Blitze entfällt. Die meisten Blitzschläge fallen in die
Stunden von 3-9
Uhr
[* 7] nachmittags, dann folgen die
Nachtstunden von 9-3
Uhr. hierauf mit beträchtlich geringerer Zahl die Mittagsstunden uon 9-3
Uhr und endlich die am wenigsten
gefährdeten Morgenstunden von 3-9
Uhr. Das
Maximum liegt zwischen 3-4
Uhr nachmittags.
Bei gehöriger Ausführung eines
Blitzableiters wird durch denselben ein vollständiger
Schutz der Gebäude erzielt. Aber auch
ein mangelhaft angelegter Blitzableiter vermindert fast immer die Gefährlichkeit des das Gebäude
treffenden Blitzschlags durch partielle Entladung, und es ist durchaus unberechtigt, auf den notorischen
Schutz des
Blitzableiters
verzichten zu wollen, werl etwa noch
Zweifel über die besten Konstruktionsdetails existieren. Der Blitzableiter schützt hauptsächlich
dadurch, daß
er den das Gebäude treffendenBlitz unschädlich zur
Erde führt; aber indem durch langsame
Ausströmung durch die
Spitze ein Teil der
Elektrizität
[* 8] schon vor dem
Schlag zur Ausgleichung gelangt, vermindert er auch die
Gewalt der Entladung.
Die Auffangstangen eines
Blitzableiters müssen die höchsten Teile des Gebäudes überragen und in der
Weise beherrschen,
daß der kürzeste Weg von den
WolkenMm Gebäude stets zuerst auf den Blitzableiter zuführt. Die Luftleitung soll
eine
Verbindung zwischen Auffangstangen und Erdleitung darstellen, welche an
Kürze und guter
Leitungsfähigkeit jedem andern
Weg durch das
Haus überlegen ist. Die Erdleitung muß mit den großen Leitermassen des Erdbodens in möglichst inniger, großflächiger
und überhaupt möglichst widerstandsloser leitender
Verbindung stehen.
Diesen Anforderungen sucht das
Gay-LussacscheSystem durch wenige, aber sehr hohe Auffangstangen und entsprechend wenige, aber starke Leitungen zu einer oder
wenigen
möglichst großflächigen Erdplatten zu entsprechen, während das Melsenssche
System möglichste
Vervielfältigung
der einzelnen Teile erstrebt. Die Auffangstangen werden durch kurze, besenförmige Spitzenbüschel ersetzt,
die Luftleitung führt in vielfachen dünnern
Strängen möglichst an allen Seiten des Gebäudes nach unten, und die
Verbindung
mit dem Erdreich wird durch Verästelung der Erdleitungen an allen Seiten des
Hauses oder durch mehrfachen Anschluß an das
Netz der
Gas- und Wasserröhren erreicht.
Das letztere
System ist besonders da empfehlenswert, wo die
Beschaffenheit des
Terrains eine vollkommene
Erreichung des
Grundwassers unmöglich macht. Von wesentlichstem Belang ist die Ermittelung der sogen.
Anziehungs- oder Entladungsstelle im Erdreich, d. h. derjenigen
Stelle, wohin voraussichtlich die Blitzentladung gehen wird.
In erster
Linie kommen in Betracht stehende oder fließende Gewässer,
Gas- und Wasserröhren, eiserne
Pumpen,
[* 9] soweit
sie nicht in zementierte
Bassins reichen,
Terrain mit reichlichem Jaucheabfluß.
Gewässer und Röhrensysteme sind unter allen Umständen mit der Hauptleitung zu verbinden. Der metallische Anschluß der
Gas- und Wasserröhren an die Blitzableiter ist unbedingt notwendig, da das im Erdboden weitverzweigte Röhrensystem
fast immer und gleichgültig, ob dasselbe mit dem Blitzableiter verbunden ist oder nicht, weit
energischer den
Blitzan sich zieht als ein noch so guter Blitzableiter. Auch das Röhrensystem selbst wird durch den Anschluß an den
Blitzableiter geschützt, während bei unterlassenem Anschluß der für Gebäude,
Personen und
Röhren
[* 10] gefährliche gewaltsame
Überschlag
vom Blitzableiter auf die
Röhren provoziert.
Eine einzige Erdleitung genügt in der
Regel nur dann, wenn dieselbe mit verschwindend kleinem
Widerstand
zu einer Entladungsstelle erster
Masse geführt werden kann, und wenn gleiche zeitig das Gebäude nicht übermäßig seitlich
ausgedehnt ist. Man sagt, daß ein
Punkt in dem ein-, zwei-, dreifachen Schutzkreis einer
Spitze liege, wenn sein seitlicher
Abstand von derselben kleiner als der ein-, zwei-, dreifache Höhenunterschied ist. Die höchsten
Ecken
eines Gebäudes sollen noch im ein- oder mindestens noch im einhalbfachen Schutzraum, die höchsten Dachkanten im zweifachen,
die
Punkte der höchstgelegenen Dachflächen noch im dreifachen Schutzkreis einer
Spitze liegen.
Für tiefer gelegene
Punkte, können diese Schutzkreise etwas erweitert werden. Mit den Luftleitungen
sind auch Regenrinnen, Metalldächer, eiserne
Treppen
[* 11] etc. in
Verbindung zu bringen. Ist das Gebäude früher schon einmal
vom
Blitz getroffen, so sind die damals getroffenen
Stellen vorzugsweise zu decken. Als
Material des
Blitzableiters wählt man
Kupfer
[* 12] oder
Eisen,
[* 13] die gleichzeitige Verwendung beider
Metalle ist möglichst zu vermeiden. Jedenfalls sind
die Vereinigungsstellen verschiedene;
Metalle vor dem Zutritt von
Feuchtigkeit zu schützen.
Die Eisenleitung muß doppelt so stark sein wie die Kupferleitung. Über den
Wert der gut leitenden
Phosphorbronze liegen genügende
Erfahrungen noch nicht vor. Die Erdleitung endet mit einer
Platte, für welche eine
Größe von 1 qm genügt,
wenn sie im
Wasser liegt. Die Auffangstange versieht man mit einer kupfernen vergoldeten
Spitze, welche auch wohl in eine feine
Platinnadel endet, damit die
Spitze nicht durch
Oxydation abgestumpft werde. Daß eine solche
Spitze güllstig wirkt, ist sicher,
aber ebenso sicher macht das Fehlen einer scharfen
Spitze den Blitzableiter nicht untauglich, die stärksten Blitzschläge
unschädlich zur
Erde abzuführen.
Eisen ist bei
Erd- und Luftleitungen gut zu verzinken.
AlleVerbindungen der
¶
mehr
Blitzableiterteile sollen außer durch feste mechanische Zusammenfügung auch durch Verlötung gesichert werden.
Vgl. " Die
Blitzgefahr, Mitteilungen und Ratschläge, betreffend die Anlage von Blitzableitern für Gebäude« (Berl. 1886);
und dessen »Correspondance inédite« (1887)
sie herausgab. Der Salon der Marquise de Blocqueville gilt für einen der wenigen noch fortbestehenden Sammelorte
der vornehmen und schöngeistigen Gesellschaft, besonders auch der Kandidaten für die französische Akademie und jüngere Talente.
Vielleicht ist die Bedeutung der Hausfrau als Beschützerin von Kunst und Litteratur größer denn als Schriftstellerin; doch
verdienen ihre Gedanken, die sie unterden Titeln: »Roses de Noël« (1881) und »Chrysanthèmes (1886)
herausgab, sowohl wegen ihres innern Gehalts als wegen der gewälten, sinnreichen, manchmal freilich etwas gezierten Form
Erwähnung. Einen ebenfalls vorwiegend psychologischen Charakter hat ihr Roman »Les Soirées de la villa des Jasmins« (1873-74,4
Bde.),
der als eine Blütenlese des salonfähigen Mystizismus häufig von der reaktionären Kritik und
Tagespresse citiert wird. Anonym veröffentlichte sie: »Perdita« (1859);
Das pommersche Husarenregiment Nr. 5, von jeher im Volksmund »Blücher-Husaren«
genannt, erhielt 1889 auch offiziell den Namen Husarenregiment Fürst Blücher von Wahlstadt.
6)
Ernest, franz. Bühnendichter und Journalist,
geb. 1836 zu Paris, seit 1869 ständiger Mitarbeiter des »Rappel«. Als der Sohn
eines Schauspielers widmete er sich früh der Theaterlitteratur, abwechselnd der ausgelassen lustigen und der rührseligen
oder schauerlichen, und bat seit 1854 bis auf den heutigen Tag allein und mit andern, so mit Lambert Thiboust (»La petit Pologne«,
1861),
Clairville und Siraudin (»Le revenue 5. ètage«, 1863),
eine erstaunliche Reihe von Bühnenarbeiten der verschiedensten Gattungen geliefert, darunter das fünfaktige Drama »RoseMichel«, das seinen Namen berühmt machte und 1875 mit Madame Fargueil in der Titelrolle einen Riesenerfolg hatte, sowie der
ebenfalls fünfaktige »Espion du roi«, 1876). Seit 1879 sind die Namen Ernest und Raoul Toché fast immer vereint auf den Theaterzetteln
zu lesen (»La revue des variètés«, 1878; »Belle Lurette«, 1880; »La noce D'Amboise«,
1881; »Le chàteau de Tivelarigot«, 1885; »Le
petit chapeau rouge«, 1885; »Adam et Eve«, 1886; »Le coup de foudre«, 1887; »Les femmes nerveuse«, »Le
Parfum«, 1888).
In neuerer Zeit hat man angefangen, lebende Blumen, besonders Rosen, zu färben, teils um Ersatz für kostbare Sorten
aus billigern Rosen zu schaffen, teils um die in Einklang mit der Toilette der Damen zu bringen. WeißeRosen werden durch Einhängen
in eine alaunhaltige Lösung von Pikrinsäure und etwas Anilinorange in Theerosen verwandelt. BlasseRosen
werden mit einer alaunhaltigen Lösung von Eosin und Safranin purpurrot gefärbt, und mit Jodviolett färbt man jede Rose blauviolett.
Nelken werden wir Safranin und Kurkuma Hellscharlach gefärbt, und mit einer heißen Lösung von Fuchsin oder Methylviolett erhalten
und Gräser
[* 29] Kupferbronze. Diese Fälschungen sind nicht schwer nachzuweisen. Die Teerfarben lassen sich
leicht an den Blumen abziehen und an ihren Reaktionen erkennen.
Künstliche Blumen werden meist in Hausindustrie hergestellt, und diese Betriebe, welche sich so leicht
der Beaufsichtigung entziehen, bergen mancherlei Gefahren, zu denen namentlich auch die Ansteckungsgefahr der Tuberkulose gehört.
Die kleinen Werkstätten sind oft überfüllt, schlecht gereinigt und ventiliert, und da das Arbeitspersonal
vorwiegend aus wenig widerstandsfähigen Mädchen, Frauen und Kindern besteht, denen bei ausgedehntester
¶
mehr
Arbeitszeit in der Regel kärglichster Lohn gezahlt wird, so ist strenge Überwachung doppelt geboten. Die Hauptschädlichkeit
bei der Blumenfabrikation besteht in der Verarbeitung arsen-, kupfer- und blei-, selbst quecksilberhaltiger Farben, welche
durch die kaiserliche Verordnung vom (s. Farbstoffe, Bd. 17) wesentlich eingeschränkt worden ist.
Aber auch manche Teerfarben, z.B. viele Eosinfarben, gelbe und braune Azokörper, wirken schädlich genug.
Diese Farben werden zum Teil in Staubform aus die mit Klebstoff überzogenen Gewebe
[* 31] etc. aufgetragen, und in gleicher Weise
benutzt man Bronzefarben von sehr reizender Beschaffenheit, Bleiglaspulver etc. Die Einfühung staudichter Entstäubeapparate,
gute Vetilation und große Sauberkeit würden die beste Abhilfe schaffen, deren übrigens in diesem Fall
der Magen
[* 32] mehr bedarf als die Lunge.
[* 33] Auch die Arbeitskleidung bedarf der Berücksichtigung, es sind Kappen und Hüllen auf dem
Kopf zu tragen, beim Verlassen der Werkstatt ist die Kleidung zu wechseln und der Körper gründlich zu waschen.
Bei Blumenarbeiterinnen häufige Entzündungen und Geschwüre an den Händen sind wohl auf die unvermeidlichen
kleinen Verwundungen mit Draht
[* 34] etc. zurückzuführen, da durch diese oft genug Infektionsstoffe in das Blut eindringen mögen.
Die schlechte Beleuchtung
[* 35] in den kleinen Betrieben erzeugt Kurzsichtigkeit und Herabsetzung der Sehkraft. Schließlich ist
auch die Feuersgefahr zu erwähnen, welche durch die massenhafte Verwendung von Kollodium entsteht.
Name einer nach dem Tod I. K. Bluntschlis 1882 gegründeten Stiftung, aus deren Zinsenertrag Preise
für die Bearbeitung völkerrechtlicher Fragen verteilt werden.
[* 41] (blütenbiologische Statistik). Eine der wichtigsten Fragen der Blütenbiologie, inwieweit
nämlich die durch den morphologischen Aufbau einer Blüte
[* 42] wahrscheinlich gemachte Bestäubungsart derselben durch die thatsächliche
Beobachtung bewiesen werden kann, hat auf Anregung von Darwin und Delpino zuerst HermannMüller in größerm Umfang zu lösen
versucht, indem er die auf den Blumenarten Westfalens und Thüringens sowie der Alpen
[* 43] von ihm angetroffenen
Insettenspezies numerich feststellte. Wenn auf diese Weise auch kein absolut vollständiges Verzeichnis der Blumenbestäuber
eines bestimmten Gebiets zu gewinnen ist, so konnte Müller doch, gestützt auf ein etwa 10,000 Einzelfälle umfassendes Material,
eine Reihe von allgemeinen Sätzen aus seinen Beobachtungen ableiten, welche die thatsächliche Grundlage der von ihm aufgestellten
Blumentheorie bilden. Es ordnet zu-
nächst
die Blumenarten in eine Reihe von Anpassungsstufen, nämlich: Windblüten, Pollenblumen, Blumen mit offenem, mit teilweise
verstecktem und mit völlig geborgenem Honig, Blumengesellschaften, Fliegen-, Schlupfwespen-, Bienen-, Hummel- und Falterblumen,
und untersucht nun, ob jede dieser Blumenklassen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch von solchen Insekten
[* 44] besucht und bestäubt wird, welche nach der Bildung ihrer Mundteile und ihren sonstigen körperlichen und biologischen Eigenschaften,
bei Bienen z. B. auch des Sammelapparats u. dgl.,
der Ausbeutung der betreffenden Blumenkategorie vorzugsweise angepaßt erscheinen; es müssen demnach auf einer Bienenblume
auch thatsächlich die Bienen, auf einer Falterblume die Schmetterlinge
[* 45] das Hauptkontingent der Bestäuber
bilden.
Fälle, in welchen ein Besucher die ihm mechanisch aufgezwungene Übertragung des Pollens von Blüte zu Blüte wegen ungeeigneten
Körperbaues nur unregelmäßig oder überhaupt nicht ausführt, oder in welchen er, wie dies die Hummeln an manchen Blüten
thun, auf gewaltsame Weise durch Einbeißen von Löchern in den Blütendecken sich Zugang zu den versteckten
Honigquellen zu verschaffen sucht (Blumeneinbrüche) oder ganze Blütenteile verzehrt, sind selbstverständlich als besondere
Gruppe zu behandeln. Da in der Länge des Saugorgans eines Blumenbesuchers und in der Tiefe, in welcher vom Blüteneingang
aus eine Blume den Honig birgt, ein ganz bestimmter, direkt meßbarer Grenzwert in den Dimensionen beider
gegeben ist, bei dessen Überschreitung entweder dem Insekt die Ausnutzung der Honigquelle versagt wird, oder für die Blume
der Bestäubungserfolg des Infektenbesuchs in Frage kommt, so erscheint es von vornherein auch ohne direkte Zählung der Besuche
wahrscheinlich, daß die langrüsseligen und auch im übrigen Körperbau auf Blumenbesuch eingerichteten
Insekten, wie Hummeln und Schwärmer, vorzugsweise die ihrer Rüssellänge entsprechenden und ihnen auch in anderweitigen Spezialeinrichtungen
entgegenkommenden Blumen mit tiefster Honigbergung aufsuchen werden, während die kurzrüsseligen Insekten, wie die Mehrzahl
der Fliegen,
[* 46] Grab- und Faltenwespen u. a., besonders auf Blumen mit flach liegenden Honigdrüsen am bequemsten und reichlichsten
Nahrung finden dürften.
Die bisweilen ausgesprochene Ansicht, daß stets gewisse Insektenarten auf bestimmte Blumenarten angewiesen und als Bestäuber
derselben thätig seien, wird durch die thatsächliche Beobachtung widerlegt; es können vielmehr (wenigstens in der ganz
überwiegenden Mehrzahl der Fälle) bestimmte Insekten- und Blumenarten durch verwandte Formen selbst aus verschiedenen Gattungen
und Familien ersetzt werden, ohne daß der Bestäubungserfolg Einbuße erleidet, so daß demnach von
einer spezifischen, d. h. Art an Art bindenden, Anpassung keine Rede sein kann.
Anderseits besuchen selbst hochorganisierte Blumenbesucher, wie die Hummeln, unter Umständen auch offene Honigblumen, wie
auch umgekehrt kurzrüsselige Fliegen und Hymenopteren an Blumen mit tief geborgenem Honig in oft nutzloser
Weise thätig sind. Die Auswahl der Blumen durch die Insekten sowie die Anlockung letzterer durch jene geschieht zwar im gangen
unter durchgreifender Gesetzmäßigkeit, aber trotzdem, wie bei allen derartigen biologischen Vorgängen, unter vollkommener
Freiheit und Zwanglosigkeit im einzelnen. Dieses Verhältnis macht die Aufgabe der Blumen- und Insektenbesuchsstatistik zu
einer ebenso anziehenden wie schwierigen. H. Müller¶
mehr
hat durch rastlosen Fleiß im Sammeln seiner statistischen Beobachtungen zunächst festzustellen vermocht, daß, je tiefer
eine Blumenklasse den Honig birgt, desto mehr sie auch von langrüsseligen Besuchern ausgebeutet wird, während die offenern
Honigblumen auch vorwiegend von kürzerrüsseligen Insekten aufgesucht werden. Umgekehrt führen die Blumenbesucher, je kurzrüsseliger
sie sind, desto mehr Besuche an Blumen mit flach liegendem Honig aus, während die langrüsseligen Gäste
die tief liegenden Honigquellen bevorzugen.
Die einer bestimmten Blumenform einseitig angepaßten Insekten, wie Hummeln und Schwärmer, suchen die ihnen im Gesamtbau bequemste
Blumenform auch in Wirklichkeit vorwiegend auf. Die kurzrüsseligen Besucher bevorzugen ferner die hellen (weißen und gelben)
Blumenfarben, die langrüsseligen ziehen die uns dunkler erscheinenden Farbennüancen (Rot, Blau und Violett) vor, was in unsrer
einheimischen Blumenwelt darin ein Gegenstück findet, daß die Mehrzahl der Bienen-, Hummel- und Falterblumen dunkle und die
der Blumen mit flach geborgenem Honig helle Farben tragen.
Diese Hauptergebnisse der Untersuchungen Müllers müssen, da sie nur an einer beschränkten Anzahl der
einheimischen Blumen- und Insektenarten und aus unvollständigen Beobachtungsreihen gewonnen sind, noch einer weitern Prüfung
unterworfen werden, ehe sie Anspruch auf Allgemeingültigkeit machen dürfen. Die zunächst liegende Frage ist die, ob die
Auswahl, welche unsre einheimischen Insektenarten an einer durchaus veränderten Blumenflora treffen, nach
andern Regeln erfolgt, als sie Müller für die einheimischen Blumen festgestellt hat.
Diese Frage wurde von E. Loew durch Feststellung der an Freilandpflanzen des Berliner
[* 48] botanischen Gartens beobachteten Insektenbesuche
beantwortet, indem auch unter so veränderten Umständen, wobei den Insekten nordamerikanische, südeuropäische, sibirische
und japanische Blumenarten dargeboten wurden, trotzdem die Auswahl im allgemeinen den von Müller aufgestellten
Regeln entsprechend erfolgte. Mac Leod zeigte dann ferner, daß man durch eine etwas abgeänderte statistische Zählmethode
zu noch einwandfreiern Ergebnissen gelangen kann, als dies Müller und Loew möglich war; auch ersann er eine graphische Darstellung der
Zahlenresultate mittels Koordinaten
[* 49] und Funktionslinien, durch welche die betreffenden Zahlenverhältnisse
leichter zu übersehen sind; er zeigte unter andern: auf diese Weise unter Benutzung des Beobachtungsmaterials von Müller
und Loew, daß auch die Falterblumen vorwiegend von Schmetterlingen besucht werden, was aus den bisherigen Beobachtungen nicht
unmittelbar zu ersehen war.
Loew hat dann schließlich auch die von zahlreichen andern Beobachtern aufgezeichneten und in der
Litteratur zerstreuten Notizen über Blumenbesuche von Insekten gesammelt und an denselben unter Benutzung der Zählmethode
von Mac Leod gezeigt, daß diese in den verschiedensten Gegenden, z. B. auf dem Dovrefjeld in Norwegen
[* 50] von Lindmann, in Tirol
[* 51] von Dalla Torre etc., aufgezeichneten Beobachtungen bei richtiger Abgrenzung der Anpassungsklassen durchaus
übereinstimmende und die Blumentheorie Müllers bestätigende Ergebnisse liefern; auch stellte er zahlreiche, neuerdings
von ihm im norddeutschen Tiefland, in den deutschen und österreichischen Mittelgebirgen sowie in den Alpen aufgezeichnete
Beobachtungen über Blumenbesuche zusammen, welche in drei voneinander unabhängigen Beobachtungsreihen durchaus übereinstimmende
Re-
sultate ergaben. Die gegenseitige Abgrenzung der Anpassungsgruppen hat Loew gegen Müller insofern geändert,
als er sowohl unter den Blumen als ihren Bestäubern nur drei Hauptkategorien, nämlich
die Gruppen der allotropen (ungleich
angepaßten), hemitropen (halb einseitig angepaßten) und eutropen (ganz einseitig angepaßten) Formen unterscheidet, welche
auf Grund ihrer morphologischen und biologischen Eigenschaften ohne Rücksicht auf etwanige Deszendenzbeziehungen abgegrenzt
werden.
Nach Feststellung der thatsächlichen Grundlage der Blumentheorie werden künftig auch mehrere Nebenfragen eine präzisere
Beantwortimg erfahren können als bisher, wenn auch die blütenbiologische Statistik nur einen einzelnen Zweig der Blütenbiologie
darstellt und das immer liefer eindringende Studium der Blumeneinrichtungen selbst zur Voraussetzung hat (s. Blütenvariationen,
Bd. 17).
Vgl. E. Loew, Beobachtungen über den Blumenbesuch von Insekten an Freilandpflanzen des botanischen
Gartens in Berlin (im »Lehrbuch des königl. botanischen
Gartens«, Bd. 3 u. 4,
1884-85);
Abänderungen in der Farbe, der Größe, dem Bau oder dem Geschlecht der Blüten bei Pflanzen der nämlichen
Art, ohne daß pathologische Ursachen oder teratologische Umbildungen (Füllung, Vergrünung u. dgl.) dabei ins Spiel kommen.
Dieselben stehen häufig mit der Bestäubungsart der Blütenin direkter Beziehung (s. Blütenbestäubung,
Bd. 17). Die verschiedenen Fälle der Blütenvariationen (abgesehen von den Abänderungen der Farbe und Größe) nebst deren etwas verwickelten
Bezeichnungen lassen sich am kürzesten durch folgende Übersicht erklären.
A. Die Blüten sind sämtlich zwitterig, die einen bleiben immer geschlossen, so daß Kreuzung unmöglich
ist, die andern öffnen sich: Chasmo-Kleistogamie, z.b. bei Arten von Viola, Oxalis, Helianthemum, Vicia, u. a.
1) Die Blüten desselben Stockes sind von doppelter Art:
a) zwitterig und männlich: Andromonözie, z. B. bei vielen Umbelliferen;
[* 54]
b) zwitterig und weiblich: Gynomonözie, z. B. Stellaria media;
c) zwitterig und geschlechtlos: Agamomonözie, z.B. bei Viburnum Opulus;
d) männlich und weiblich: echte Monözie, z. B. bei Cucurbita Pepo.
2) Die Blüten desselben Stockes sind von dreierlei Art, d. h. männlich, weiblich und zwitterig:
Trimonözie (monözische Polygamie), z. B. bei Saponaria ocymoides.
2) Die eine Gruppe von Exemplaren wird durch eine bestimmte Insektengruppe, die zweite von einer andern
Insektenabteilung bestäubt: Dientomophilie, z. B. bei Iris pseudacorus. (Hummeln und eine Fliegenart), Primula farinosa (Hummeln
und Schmetterlinge).
a) männliche Blüten auf dem einen Stock, zwitterige auf einem andern: Androdiözie. z. B. bei Veratrum
Lobelianum (mit Zwischenformen);
b) weibliche Blüten auf dem einen Stock, zwitterige auf einem andern: Gynodiözie. z. B. bei Stellaria memorum.
c) männliche Blüten auf dem einen Stock, weibliche auf dem andern: echte Diözie. z. B. bei Salix-Arten.
2) Die Individuen sind von dreierlei Art, nämlich zwitterig, weiblich und männlich: Triözie
(triözische Polygamie), z. B. bei Melandryum rubrum, nach Rathay auch Vitis vinifera (s. unten).
III. Die verschiedenen Blüten stehen teils auf demselben Stock, teils auf verschiedenen Exemplaren derselben Art.
A. Die Blüten unterscheiden sich durch das Geschlecht: Pleogamie, z. B. bei allen gleichzeitig gynomonözischen und gynodiözischen
Pflanzen. Hier tritt eine derartige Mannigfaltigkeit der Verteilung ein, daß man von einer weitern
Unterteilung am besten absieht und die Fälle nur nach der Zahl der verschiedenen Rassen unterscheidet.
II. Die Blüten unterscheiden sich außer durch verschiedenes Geschlecht auch durch die Reifezeit von Antheren und Narbe: Pleodichogamie.
z. B. bei Clinopodium vulgare.
SchonDarwin hat die in einem besondern Werk 1877 dargestellt. Seitdem hat sich die Kenntnis solcher Arten
bedeutend vermehrt, deren Blüten sowohl für Auto- als für Allogamie eingerichtet erscheinen. Auch ist eine größere Anzahl
von Pflanzen bekannt geworden, deren Blüten teils homogam, teils proterandrisch oder proterogyn sind, oder welche alle drei
Formen nebeneinander entweder auf verschiedenen Exemplaren oder auf demselben Stock erzeugen; bisweilen
kommen die Homo- oder dichogamen Rassen, z. B. bei Gentiana germanica. in getrennter geographischer Verbreitung vor.
Die Ursache, durch welche ein solchem Schwanken in der Blüteneinrichtung bedingt wird, liegt aller Wahrscheinlichkeit nach
in den Vestäubuugsverhältnissen, unter welchen die betreffende Art lebt. So hat Warming in Grönland
uud im arktischen Norwegen, also in Gebieten, welche sich durch große Insektenarmut von den mitteleuropäischen Ländern unterscheiden,
von Pflanzen, wie Bartsia alpina, Azalea procumbens, Saxitraga oppositifolia, Vaccinium vitis idea. deren Blüten in den Alpen
und in Deutschland
[* 58] nur durch Kreuzung befruchtet werden, Exemplare mit autogamer Blüteneinrichtung aufgefunden.
Er fand ferner von Menyanthes trfoliata., die bei uns immer heterostyl auftritt, in Grönland eine homostyle Rasse, in deren
Blüten die Narbe in der Höhe der Antheren lag, und welche somit für Selbstbestäubung eingerichtet erschien.
Auf Spitzbergen, wo die Hummeln fehlen, wachsen trotzdem zwei auf die Bestäubung durch Hummeln angewiesene
Pedienlaris-Arten, die sich daselbst also seit sehr langer Zeit selbst bestäubt haben müssen. Aber nicht bloß in den hocharktischen
Gegenden, sondern auch in Dänemark,
[* 59] Belgien,
[* 60] England und Deutschland sind Blüteneinrichtungen beobachtet worden, die darauf
hinzielen, teils im Fall ausbleibenden Insektenbesuchs Autogamie zu ermöglichen, teils auch ausschließlich autogame Rassen
entstehen zu lassen.
Noch variabler erscheint die Verteilung der Geschlechter in den Blüten, indem viele andro- uud gynomonözische Arten auch gleichzeitig
andro- oder gynodiözisch auftreten, wobei die zwitterblütigen Formen mehr oder weniger erhalten bleiben; bei manchen Pflanzen,
wie Thymus Chamacdrys, Silene
[* 61] inflata u. a., werden 4-5 verschiedene Arten von Individuen beobachtet, welche
sich in den sexuellen Merkmalen voneinander unterscheiden. Da sich die Variation des Geschlechts außerdem mit Abänderungen
in der Blütengröße und in dem Reifezustand von Narbe und Antheren verbindet, so entwickelt sich schließlich bei einzelnen
einheimischen Arten, wie Erodium cicutarium, Salvia pratensis u.a., eine Spaltung in 6-12 verschiedene Rassen, deren Blüten
sich nach den angegebenen Merkmalen unterscheiden.
Allerdings sind einzelne dieser Formenreihen auffallend selten, so daß ein Streben nach Vereinfachung der Blütenvariationen nicht zu verkennen
ist; die Rassenbildung scheint besonders darauf gerichtet zu sein, einerseits erhöhte Sicherung der Fremdbestäubung, z.B.
durch Abzweigung vollkommen eingeschlechtiger Formen, zu erreichen, anderseits aber auch rein autogame
Individuengruppen besonders unter Verhältnissen zu züchten, welche den Einfluß der blumenbesuchenden Insekten, wie z. B.
in arktischen Gegenden, mehr oder weniger ausschließen.
Die allmähliche Umbildung von zwitterblütigen Formen zu rein diözischen läßt sich bei einigen Sileneen (Melandryum album,
Silene Otites und iflata) sehr deutlich verfolgen, indem bei ihnen zwitterblütige Stöcke in verschiedenem
Grade der Häufigkeit neben rein weiblichen und rein männlichen Exemplaren vorkommen und in diesem Fall die Triözie als Durchgangsstadium
der reinen Diözie erscheint. Der Anfang der Geschlechterspaltung scheint damit eingeleitet zu werden, daß zunächst in
den zwitterigen Blüten entweder die Antheren oder die Narben ihre gewöhnliche Funktion einbüßen; so bleiben
z.B. in den sogen. Zwitterblüten von Acer platanoides die Antheren geschlossen, und die Blüten funktionieren daher als weiblich,
ein Fall, den man als Heterodynamie zu bezeichnen pflegt.
In praktischer Hinsicht wichtig ist es, daß auch der Weinstock zu den heterodynamen Pflanzen gehört, indem manche Rebensorten
anscheinend zwitterige Blüten tragen, deren Staubgefäße aber funktionslos geworden sind und welche daher
nur als weiblich funktionieren, während andre Sorten zwitterblütige Stöcke und die verwilderten Reben, z. B. in den Donauauen,
auch männliche Blüten entwickeln. In der önologischen Praxis hat sich nun herausgestellt, daß die weiblichen Rebsorten
(z. B. Damaszener, Malvasier, Muskateller, weißer Torlaner, Zimttraube u. a.) vielfach
durch mangelhaften Fruchtansatz (bei den Weinbauern als »Ausreißen« oder
¶
mehr
»Ausröhren bekannt) gekennzeichnet sind, der sich dadurch verbessern läßt,
daß man derartige Neben in gemischtem Satz abwechselnd mit zwitterigen Sorten von gleicher Blütezeit kultiviert, wodurch naturgemäß
eine reichlichere Bestäubung der weiblichen Blüten herbeigeführt wird, da nach Rathay die Weinrebe vorwiegend windblütig
ist. Genannte Kulturmethode wurde in Ungarn
[* 63] mit bestem Erfolg durchgeführt; am Rhein und in Frankreich,
wo vorzugsweise zwitterige Sorten (Burgunder, Gutedel, Honigler, Müllerrebe, Riesling u. a.) gezogen werden, hat sich dagegen
seit langer Zeit Kultur der einzelnen Sorten: besondern Weingärten als beste Methode eingebürgert.
Vgl. Darwin, Die verschiedenen
Blütenformen an Pflanzen der nämlichen Art (deutsch, Stuttg. 1877);
Derselbe, Om Bygningen og den formodene Bestövningsmoode af nogle
grönlandske Blomster (»K.D. Vidensk. Selsk. Forhandl.« (1886);
Lindmann, Bildrag till kännedomen om Skandinavska fjellväxternas blomning och befruktning (»Binang
till K. Svenska Vet. Akad. Handlingar«, Bd.
12, Stockh. 1887);
Mac Leod, Nouvelles recherches sur la fertilisation de quelque plantes phanérogames
(»Extr. des Arch. de Biologie«, Bd. 7, 1886);
Aug. Schulz, Beiträge zur Kenntnis der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechtsverteilung bei den Pflanzen
(»Bibliotheca botanica«, Heft 10, Kassel 1888);
Rathay, Die Geschlechtsverhältnisse der Reben und ihre
Bedeutung für den Weinbau (Wien 1888);
E. Loew, Die Veränderlichkeit der Bestäubungsetnrichtung bei Pflanzen derselben Art
(in Humboldt«, Bd. 8, 1889).
die Verwandtschaft, welche auf der Abstammung von gemeinsamen Eltern oder Großeltern (in weiterm
Sinn von denselben Urgroßeltern) beruht. Man schreibt derselben ziemlich allgemein eine erhebliche hygienische Bedeutung
für die Ehe zu, indem man annimmt, daß bei der Nachkommenschaft von Blutsverwandten Mißbildungen, Unfruchtbarkeit,
Gehirnkrankheiten, Taubstummheit, eine Augenkrankheit, Abort, Lebensschwäche der Neugebornen etc. häufig auftreten.
Thatsächlich waren im Altertum und noch jetzt bei vielen Naturvölkern Ehen zwischen den nächsten Blutsverwandten gebräuchlich,
während Religionsvorschriftenund Gesetze solche Ehen verboten. Es muß dahingestellt bleiben, ob solche
Verbote auf religiöse Vorstellungen, soziale Erwägungen oder auf die Beobachtung zurückzuführen sind, daß durch viele
Generationen fortgesetzte Paarung blutsverwandter Haustiere eine Einbuße an Größe, Kraft und Fruchtbarkeit nach sich ziehen.
Für die Nachteiligkeit der Blutsverwandtschaft bei der Ehe sind von verschiedenen Autoren mancherlei Beispiele angeführt worden, auch
hat man sich auf statistische Erhebungen berufen; indes sind alle diese Behauptungen keineswegs glaubhaft erhärtet. Es ist
nicht erwiesen, daß Blutsverwandtschaft gesunder Eltern Fehler oder Krankheiten der Nachkommen bedingt, aber nach den Gesetzen der Erblichkeit
ist allerdings zweifellos, daß üble körperliche oder geistige Anlagen, welche beiden Eltern gemeinsam sind, einen
höchst verderblichen Einfluß auf die Nachkommenschaft ausüben können, und die Gemeinsamkeit erblicher Anlagen dürfte
bei naher Blutsverwandtschaft der Eltern nicht selten sein. Über die Häufigkeit von Ehen unter Blutsverwandten liegen statistische Erhebungen
aus einigen
Ländernvor. Auf 1000 Ehen überhaupt kommen solche
unter Blutsverwandten:
Michael, poln. Geschichtschreiber, geb. 1840 zu Krakau,
[* 67] Professor an der Jagellonischen Universität daselbst,
schrieb zahlreiche rechtswissenschaftliche u. historische Schriften. Sein Hauptwerk, die »Geschichte Polens im
Umriß« (»Dzieje Polski«, 2. Aufl.,
Warsch. 1881, 2 Bde.), in welcher
er denGeist der polnischen Geschichte dogmatisch festzustellen versuchte, rief durch Kühnheit des Urteils und rücksichtslose
Bekämpfung mancher herkömmlichen Anschauungen eine lebhafte Polemik hervor. Seit einigen Jahren spielt Bobrzynski als einer der Führer
der konservativen Partei eine hervorragende Rolle im WienerReichsrat und im LembergerLandtag.
Otto, antisemit. Agitator, geb. zu Frankfurt
[* 69] a. M., studierte in Marburg,
[* 70] Leipzig, Heidelberg und Gießen
[* 71] erst die Rechte, dann die neuern Sprachen und erwarb die philosophische Doktorwürde. Er wurde darauf Bibliothetsassistent
zu Marburg in Hessen.
[* 72] Die unglückliche Lage der dortigen Bauern, welche in die Gewalt der jüdischen Wucherer auf dem Land geraten
sind, veranlaßte ihn zu einer antisemitischen Agitation, welche ihm 1887 ein Reichstagsmandat verschaffte. Er schloß sich
keiner Fraktion an, erzielte freilich auch durch sein Auftreten nur Mißerfolge. Er schrieb: »Deutsche
[* 73] Volkslieder aus Oberhessen« (Marb. 1885),
»Die europäische Iudengefahr« (Kassel 1886) und ähnliche Flugschriften und gibt die
antisemitische Wochenschrift »Der Reichsherold« heraus.
Bad
[* 75] im ungar. Komitat Neitzenburg, mit einem Teich, in dem sich reiche erdige kalkhaltige
Quellen (20° C.) bilden, die bei Gicht und skrofulösen Leiden
[* 76] gebraucht werden.
Für die physikalischen und hygienischen Eigenschaften des Bodens ist das Volumen der Poren, der Zwischenräume
zwischen den einzelnen Partikelchen, aus denen der Boden besteht, und der Hohlräume in diesen
Partikelchen von großer Bedeutung. Das Porenvolumen beträgt in mittlerm Sand 31,1, in grobem Sand 33,8, in feinem Sand 37,4,
in
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