2) Dorf im preuß. Regierungsbezirk
Liegnitz,
[* 4]
Kreis
[* 5] Kirschberg, hat eine Kaltwasserheilanstalt, eine
Eisengießerei
[* 6] und (1883) 681 Einw.
3)
Alexandre, franz. Archäolog, geb. 1820 zu
Paris,
[* 9] studierte an der
Normalschule, ging 1848 als Mitglied
der
École française nach
Athen,
[* 10] widmete sich aber nach seiner Rückkehr in
Frankreich vornehmlich prähistorischen
Studien
und wurde 1862
Direktor des gallo-römischen
Museums in
St.-Germain en Laye, zu dessen
Gründung er wesentlich
beigetragen hatte. 1881 wurde er zum Mitglied der
Akademie ernannt. Er schrieb: »Essai sur les dieux protecteurs des héros
del'Illiade« (1857),
»De fabulis Arcadie antiquissimis«, »Études de mythologie et d'archéologie
grecquies. D'Athènes à
Argos« (1858);
6)
Georges, franz.
Maler, geb. 1849 zu
Paris,
Schüler von
Yvon,
Barrias und
Bonnat, debütierte im
Salon von 1876 mit einem
Bilde:
der Geizhals, welchem 1877 der
Fall der
Blätter, 1878 der
Sprung vom leukadischen
Felsen, 1879 die Muße einer
Sklavin und 1880 zwei
Porträte
[* 14] folgten. Seine Begabung entfaltete sich aber erst im
Salon von 1881 auf einem
Patrie! (Vaterland!)
genannten
Bild, welches ihm nicht nur eine
Medaille zweiter
Klasse, sondern auch die größten Lobeserhebungen der
Kritik und
des
Publikums einbrachte, von welchen er als ein zweiter
Géricault gepriesen wurde.
Auf dem
Bild war der zum
Tod verwundete
Fahnenträger eines Kürassierregiments dargestellt, welcher von seinen
Kameraden bei
hereinbrechendem
Abend mit dem geretteten
Kleinod aus der
Schlacht geführt wird. Ein kolossales, sehr dekorativ behandeltes
Gemälde im
Salon von 1883: der vorüberziehende
Frühling, welcher durch ein
Heer nackter, durch einen vom grellsten
Sonnenlicht beschienenen
Wald emherreitender
Amazonen dargestellt war, that dieser schnell erworbenen
Popularität einigen Abbruch,
weil man unter anderm an den
Körpern die strenge
Zeichnung vermißte.
im allgemeinen die Lebensaufgabe, welcher man sich gewidmet hat. Man spricht demgemäß auch vom Beruf der
Hausfrau, der
BarmherzigenSchwester, des
Missionärs etc. und ihren Berufspflichten. Im engern
Sinn ist
Beruf so viel wie Erwerbsthätigkeit. So wird er auch aufgefaßt bei Berufszählungen, welche vorwiegend nach der
Art des
Erwerbs und der
Stellung der Beschäftigten unterscheiden. Als freie oder liberale Berufe gelten vornehmlich diejenigen,
welche auf einer künstlerischen oder wissenschaftlichen Vorbildung beruhen, und bei denen der Berufsthätige
sich nicht in abhängiger
Stellung als
Beamter oder Lohnarbeiter befindet. Je nachdem der
ErwerbHaupt- oder Nebenerwerb war,
hat man im
DeutschenReich 1882
Haupt- und Nebenberuf unterschieden. Hierbei wurden nur jene
Personen in die
Klasse der Erwerbsthätigen
aufgenommen, deren hauptsächliche Thätigkeit auf
Erwerb gerichtet war, währendman inFrankreich 1886,
ebenso in
Österreich
[* 15] 1880 auch die nur gelegentlich oder nebensächlich Erwerbenden mit zum erwerbsthätigen Teil der
Bevölkerung
[* 16] rechnete. Bei der deutschen Berufszählung wurden ermittelt als ausschließlich oder hauptsächlich dem Beruf zugehörend:
¶
öffentlicher Dienst und freier Beruf, Berufslose
127
99
81
Lohnarbeit unbestimmter Art
-
21
84
1000
1000
1000
Diese Zahlen geben allerdings nur ein ungefähr zutreffendes Bild. Die Klassenbildung, die Einreihung in die verschiedenen
Klassen, die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenbeschäftigung etc. sind nicht überall die gleichen.
Nach der Stellung im B. waren in Deutschland
[* 18] von je 1000 Erwerbsthätigen:
Auch diese Zahlen bieten, weil Aufnahme und Darstellung der Zählungsergebnisse nicht die gleichen waren,
ein nur im ganzen zutreffendes, nicht aber ein genaues Bild über die seit 1856 stattgehabten Änderungen in der Berufsgliederung.
Eine Zusammenstellung für verschiedene Länder gibt Band 2 der »Statistik des DeutschenReiches« (1884). Die Berufswahl ist
in
den Kulturländern im Allgemeinen gesetzlich frei; die vorkommenden Beschränkungen und
^[Spaltenweechsel]
Bedingungen werden durch die Gewerbegesetzgebung bestimmt. Bei der Berufswahl sind außer der Neigung mancherlei Zufälligkeiten,
unter andern auch Beruf des Vaters, äußere Verhältnisse, in denen man aufgezogen wird, dann insbesondere aber die Aussichten
entscheidend, welche der Beruf für das Fortkommen bietet. Oft fehlt es Eltern und jungen Leuten,
wenn eine Entscheidung getroffen werden soll, an genügenden Anhaltspunkten zur Beurteilung sowie an der erforderlichen Kenntnis
der Ansprüche, welche durch den Beruf selbst gestellt werden. Daher sind hierüber orientierende Werke willkommen, wie z. B.
A. Dreger. Die Berufswahl im Staatsdienst (2. Aufl., Leipz. 1886); Bünnecke. Der Reichs- und Staatsdienst (das. 1889, 8 Tle.);
Mentor, Was willst du werden? (Darmst., 4 Tle.); die Schriften von Armknecht (Berl. 1883), Fragstein (das. 1886), Franz (4. Aufl.,
Görl. 1883), Rudolph (Wittenb. 1885) u. a.
Krankheitsformen, welche ausschließlich oder vorwiegend bei Angehörigen bestimmter Berufszweige
sich zeigen und durch die besondere Art der Beschäftigung erzeugt werden. Ob es indes erlaubt ist, eine
Anzahl von Krankheitsformen zu einer besondern Kategorie als Berufskrankheiten zusammenzufassen, erscheint zweifelhaft. Eine Verständigung
über den Begriff des beruflichen Erkrankens ist jedenfalls nicht leicht, zumal viele Krankheiten, welche bei bestimmten Industriezweigen
auftreten (Vergiftungen in Zündhölzchensarbeiten, Spiegelbeleganstalten, Bleiweißfabriken), aber durch rationelle hygienische
Einrichtungen vermieden werden können, nur als Folge von Nachlässigkeit oder Unvorsichtigkeit zu betrachten
sind.
Ebenso sind gewisse Erkrankungen von Leuten, welche durch ihren Beruf zu anhaltendem lauten Sprechen gezwungen sind, oft auf
falsche Behandlung des Stimmorgans oder eine schon vor Ergreifung des Berufs vorhanden gewesene Schwäche desselben zurückzuführen,
aber nicht als Berufskrankheiten aufzufassen, da ja viele Angehörige desselben Berufs von der Erkrankung verschont bleiben.
Nur beim Betrieb eines Berufs unvermeidlich auftretende Krankheiten sollten als Berufskrankheiten aufgefaßt werden; zur Zeit aber ist noch
keineswegs festgestellt, was bei solcher Fassung des Begriffs als Berufskrankheit zu betrachten sei.
Die von verschiedenen Autoren zusammengetragenen Thatsachen sind nicht als allgemein zutreffend anerkannt,
oft sogar einander direkt widersprechend, weil viele Fehlerquellen, wie Einfluß der Konstitution, der Erblichkeit, der wirtschaftlichen
Verhältnisse etc., nicht berücksichtigt wurden, und da sehr große Zahlen, welche diese Fehlerquellen ausgleichen würden,
noch fehlen.
ist nach der deutschen Strafprozeßordnung nur gegen die Strafurteile der Schöffengerichte und
gegen diejenigen Urteile des Amtsrichters gegeben, welche ohne Zuziehung von Schöffen mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft
dann ergehen, wenn der Beschuldigte dem Amtsrichter wegen einer bloßen Übertretung vorgeführt wird und die ihm zur Last gelegte
strafbare That einräumt. Die Berufung, welche eine nochmalige Prüfung und Entscheidung der Sache, und zwar nicht
nur der Rechtsfrage, sondern auch der Thatfrage, herbeiführt, geht in jenen
¶
Vielfach ist jedoch die Unzulässigkeit der Berufung gegen die erstinstanzlichen Urteile der landgerichtlichen Strafkammern als ein
erheblicher Mangel bezeichnet worden, und für die Wiedereinführung der in diesen Strafsachen ist namentlich im deutschen
Anwaltstand eine Bewegung entstanden. Der deutsche Anwaltstag hat sich einstimmig für die Wiedereinführung
ausgesprochen. Man verlangt dieselbe namentlich im Interesse einer größern Gründlichkeit der Entscheidung zur thunlichsten
Verminderung der Gefahr ungerechter Verurteilung, während die Gegner der Berufung dieselbe als mit dem Grundsatz der Mündlichkeit
und Unmittelbarkeit des Verfahrens sowie der freien richterlichen Veweiswürdigung unverträglich bezeichnen.
Wiederholt ist im Reichstag über diesen wichtigen Gegenstand verhandelt worden, und zwar waren es zuletzt
zwei Anträge von Abgeordneten, welche die Grundlage der Beratungen bildeten. Ein Antrag des klerikalen Abgeordneten Reichensperger
will das Rechtsmittel der Berufung dem Staatsanwalt in gleicher Weise wie dem Beschuldigten geben, während der Antrag des freisinnigen
Abgeordneten Munckel die Staatsanwaltschaft im Recht zur Berufung beschränkt wissen will. Nur durch die Anführung
neuer Thatsachen oder Beweismittel soll nach Munckels Vorschlag die von der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Beschuldigten
eingelegte Berufung gerechtfertigt werden können.
Munckel will ferner die gegenwärtige Zahl von fünf Richtern bei der Besetzung der Strafkammern beibehalten wissen, während
Reichensperger die Zahl der erstinstanzlichen Richter auf drei reduzieren will. Die Berufung selbst will Reichensperger nicht an ein
höheres Gericht, sondern an Berufungskammern für Strafsachen gehen lassen, welche bei den Landgerichten gebildet und mit fünf
Richtern besetzt werden sollen. Munckel schlägt dagegen vor, die an den mit fünf Richtern besetzten Strafsenat
des Oberlandesgerichts gehen zu lassen. Zu einer Entscheidung ist es in dieser Frage jedoch bisher nicht gekommen.
(spr. besannt).Walter, hervorragender engl. Schriftsteller, geb. 1838 zu Portsmouth,
[* 23] bezog 1859 die UniversitätCambridge, wo er sich akademische Auszeichnungen erwarb, lebte darauf, während sechs Jahren eine Professur
bekleidend, auf der InselMauritius, ward späterhin Schriftführer des Palestine ExplorationFund sowie des archäologischen
Instituts der Freimaurer und erwarb sich schon früh eine große Mannigfaltigkeit der Lebenskenntnis, besonders auch
der untern Volksklassen. Er lebt zu Hampstead bei London.
[* 24] Sein Erstlingswerk waren die »Studies of early
French poetry« (1868),
dem außer seinen Beiträgen zu Zeitschriften »The French humorists« (1873),
folgten. Gemeinsam mit E.H. Palmer veröffentlichte er die »History of Jerusalem«
[* 25] (1871, neue
Ausg. 1890). Ganz
verschiedener Art war die
zuerst anonym und rasch in mehreren Auflagen erschienene Erzählung »The revolt of man« (1882), in
welcher er sich in phantastisch-humoristischer Weise mit der Frauenemanzipation befaßte. Schon vorher hatte sich Besant mit JamesRice (s. d., Bd.
17) zu einer an Erckmann-Chatrian erinnernden litterarischen Gemeinschaft verbunden, wie sie gegenwärtig
in England, ausgenommen für die Bühne, äußerst selten ist. Aus der Reihe dieser gemeinsamen »Besant-Rice novels« (seit 1871),
welche mit Recht zu den bessern Erzeugnissen der neuern englischen Romanlitteratur zählen, seien besonders »Ready
Money Mortiboy«, eine Geschichte aus der Handelswelt, und das humorvolle »The
golden butterfly« erwähnt. Auch zwei Dramen brachten die beiden Autoren gemeinsam auf die Bühne. In dem
noch mit Rice begonnenen, nach dessen Tod (1882) aber von Besant allein vollendeten sozialen Roman »All sorts and conditions of man,
an impossible story« (1882) und mit »The children
of Gibeon« (1886) erreichte dann Besant eine höhere Stufe seiner Wirksamkeit: mit dem erstgenannten Roman,
in welchem er ein ergreifendes Bild von dem Los der Armenbevölkerung im Ostende
[* 26] Londons entwirft, gab er den Anstoß zur Begründung
des People's palace, einer Wohlthätigkeitsanstalt in großartigem Stil, die 1887 eröffnet worden ist.
Von Besants übrigen Romanen erwähnen wir: »The captain's room« (1883);
und »The eulogy of Richard Jeffries« (1888). Besant ist Herausgeber des großen Werkes »The surveys
of Western Palestine«, ein thätiges Mitglied der Rabelais-Gesellschaft und Vorsitzender der 1887 begründeten Incorporated
Society of Authors.
Wladimir, russ. Nationalökonom, geb. 1828 zu Wladimir, war anfänglich im Finanzministerium beschäftigt,
studierte eifrig die westeuropäischen volkswirtschaftlichen Zustände und Litteratur, besonders die Englands, und wurde mehrfach
zu amtlichen Missionen in Rußland und nach dem Ausland verwendet und bald zum Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
in Petersburg
[* 27] sowie zum Senator gewählt. Er schrieb, abgesehen von zahlreichen Abhandlungen in russischen Zeitschriften: »Études
sur la physiologie sociale« (1857-59);
Emil, Nordpolfahrer, starb 30. März 1888 in Stuttgart. ^[= (hierzu der Stadtplan), Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Württemberg, des württembergisch ...]
[* 29]
*, Volksstamm auf der InselMadagaskar,
[* 34] in dem bergigen und rauhen Innern derselben, südlich vom 20." südl.
Br., zerfällt in zwei Gruppen: stämmige, kupferrote Leute, welche vornehmlich den nördlichen Teil bewohnen,
und eine schlankere Rasse mit gelblicher Hautfarbe und feinern, regelmäßigern Zügen im S. Ehemals von eignen Königen beherrscht,
sind die Betsileo seit Anfang dieses Jahrhunderts den Howa unterworfen, von denen sie arg bedrückt werden. Die Gesamtbevölkerung
wird von Mullens auf 300,000 Seelen geschätzt, während andre eine weit höhere Zahl angeben Die Howa
haben das Land in zwei Bezirke geteilt mit den Hauptorten Fianarantsoa mit 6000 und Ambositra mit 1500 Einw.
*, eine Landschaft von Madagaskar, an der Ostküste desselben zwischen dem Andemponafluß (14" 28' südl.
Br.) bis zur Mündung des Jesaka (21" südl. Br.), ein schmaler Küstenstreifen zwischen dem IndischenOzean
und der von Wohemar bis FortDauphin sich erstreckenden Kette, von welcher sich unzählige Flußläufe zum Meer hinabziehen,
wo ihre Mündungen, durch Alluvionen verstopft, große Sümpfe und Lagunen bilden. Die Küste verläuft von der Antongilbai im
N. ziemlich gleichförmig und hafenlos; von den ihr vorliegenden Inseln ist nur Ste.-Marie von Bedeutung.
Die Bevölkerung setzt sich aus einer Menge kleiner, den Howa ähnelnder Völkerschaften zusammen, welche gewöhnlich auch als
Betsimarka bezeichnet werden und in die beiden Abteilungen der Antewa und Worimo zerfallen, von welchen sich indes die hier
ebenfalls wohnenden Betanimena wesentlich unterscheiden. Die Howa haben, nachdem sie das Land in Besitz
genommen, dasselbe in elf Provinzen geteilt. Die wichtigsten Hafenplätze sind Tamatave, Foulpointe und Fenerivo, das erste
wichtigster Hafen und französischer Posten der Ostküste, während Ste.-Marie 1750 an Frankreich abgetreten, von diesem aber
erst 1821 besetzt wurde.
*, wichtigste Stadt des Distrikts Tschamparan der britisch-ind. ProvinzBengalen, am Harhafluß und an der Eisenbahn
nach Muzaffarpur, mit (1881) 21,263 Einw., hat einen großen Palast des Maharadscha von Bettia, eine römisch-kath. Kirche und Missionshaus
und jährlich eine große, von 30,000 Menschen besuchte Messe zu EhrenRamas.
* (Bitul), Distrikt der DivisionNarbada in den britisch-ind. Zentralprovinzen, 10,114 qkm (184 QM.) groß mit (1881)
304,905 Einw. Das von Bergzügen eingeschlossene Land wird von mehreren Flüssen durchzogen, ist stark bewaldet, zeigt Spuren
von Steinkohle, ist aber wenig angebaut;
4)
FriedrichFerdinand, Graf von, österreich. Staatsmann, starb auf SchloßAltenberg bei Wien,
[* 35] wohin
er sich nach seiner Pensionierung zurückgezogen hatte. Nach seinem Tod erst erschienen die von Beust selbst herausgegebenen
Denkwürdigkeiten: »Aus drei Vierteljahrhunderten. Erinnerungen und Aufzeichnungen« (Stuttg. 1887, 2 Bde.),
welche indessen nur einen geringen geschichtlichen und litterarischen Wert besitzen, da sie offenbar
nur dem BedürfnisBeusts dienen, sich vor der Mitwelt in besseres Licht
[* 36] zu stellen.
In vorstehenden Zahlen sind nur die Lebendgebornen berücksichtigt Über die Totgebornen liegen nicht aus allen Ländern statistische
Beobachtungen vor In der gleichen Zeit starben durchschnittlich jährlich von je 1000 Personen der mittlern
in
Der Unterschied zwischen der Geburts- und Sterblichkeitsziffer jedes Landes ergibt die jährliche natürliche Bevölkerungsvermehrung
für je 1000 Personen.
Mit der natürlichen Bewegung der Bevölkerung stimmen indessen nicht die thatsächlich stattgehabten Änderungen
der Volkszahl überein. Denn zu den Geburten und Sterbefällen treten noch Ein- und Auswanderungen. In den meisten europäischen
Ländern überwiegt die letztere, während die Vereinigten Staaten
[* 40] von Nordamerika
[* 41] alljährlich einen erheblichen Zuwachs durch
Einwanderung erhalten. So hat Deutschland 1881 durch Wanderung rund 0,47 Proz. seiner Bevölkerung verloren, 1877 dagegen
nur 0,05 Proz. Sehr groß ist dieser Verlust durch Wanderung seit 1841 besonders in Irland gewesen.
Zur Litteratur: Jastrow, Die VolkszM deutscher Städte zu Ende des Mittelalters :c. (Verl. 1886). Beloch,
Historische Beiträge zur Bevölkerungslehre, 1. Teil: »Die Bevölkerung der
griechisch-römischen Welt« (Leipz. 1886).
(Kraftbedarf) der Fahrzeuge. Eine genaue theoretische Vorherbestimmung der Widerstände zwischen
Fahrzeug und Bahn ist in den meisten Fällen nicht möglich, teils weil die physikalischen Gesetze, nach welchen die Widerstände
wirken, noch nicht genügend erforscht, teils weil sie von mancherlei Zufälligkeiten, die rechnerisch
gar nicht zu berücksichtigen sind, beeinflußt werden. Dennoch ist man im stande, mittels Erlahrungszahlen, die durch Versuche
mit ausgeführten Fahrzeugen ermittelt sind, wenigstens annähernd die Größe der genannten Widerslände, bez. der zu ihrer
Überwindung erforderlichen bewegenden Kraft
[* 44] für ein zu erbauendes Fahrzeug vorherzudestimmen.
Durch Steigen oder Fallen der
[* 45] Bahn wird der Bewegungswiderstand stark modifiziert, weil beim Steigen der Bahn auch noch das
Gewicht der Fahrzeuge (einschließlich der Last) entsprechend der Neigung der Bahn gehoben werden muß (also der Fortbewegung
entgegenwirkt), beim Fallen derBahn jedoch die Fortbewegung unterstützt. Endlich wird der Widerstand auch
durch die Trägheit der zu transportierenden Massen beeinflußt, wenn die Fahrgeschwindlgteit wechselt, und zwar derart, daß,
um ein Fahrzeug aus dem Zustand der Ruhe in eine gewisse Geschwinddigkeit zu versetzen oder die Geschwindigkeit zu vergrößern,
eine größere Kraft aufzuwenden ist als bei gleichmüßiger Bewegung, während behufs Verringerung der
Geschwindigleit, bez. zum Anhalten eine geringere bewegende Kraft als bei gleichmäßiger Bewegung, oder gar keine Kraft, oder
gar eine der Bewegung entgegengesetzte Kraft aufzuwenden ist (z.B. die Kraft, der Bremsen
[* 46] oder Gegendampf).
1. Landfahrzeuge. Die Straßenfahrzeuge (Fuhrwerke). a) Die Bewegungswiderstände der Schlitten oder Schleifen bestehen bei
horizontaler Bahn im wesentlichen aus der zwischen den Kufen derselben und der Bahn hervorgerufenen Reibung,
[* 47] welche nach dem Zustand der sich reibenden Flächen sehr verschieden ist. Die folgende Tabelle gibt an, der wievielte Teil
von dem Gewicht der Schlitten samt Ladung unter verschiedenen Umständen, jedoch stets unter der Voraussetzung einer horizontalen
Bahn als Bewegungswiderstand zu rechnen ist (Widerstandskoeffizient des Schlittens).
Will man z. B. auf guter Schneebahn einen Schlitten mit hölzernen Kufen fortbewegen, der mitsamt der Ladung 1600 kg wiegt, so
ist der Bewequngswiderstand = 0,035 1600 = 56 kg, zu dessen Überwindung nach Bd. 1. S. 747 (unter
Voraussetzung einer Geschwindigkeit von 1 m pro Sekunde) ein Pferd
[* 48] reichlich genügt, statt dessen könnten auch sechs Männer
verwendet werden (die jedoch andauernd nur mit 0,8 m
¶
mehr
Geschwindigkeit ziehen könnten). In bedeutendem Maß wird der Vewegungswiderstand der Schlitten durch Steigen oder Fallen derBahn beeinflußt. Steigt die Bahn an, so kommt zu dem Widerstand, welcher mit Hilfe der Widerstandskoeffizienten ermittelt ist
und Bahnwiderstand genannt werden möge, noch diejenige Kraft hinzu, mit welcher die Gesamtlast, vermehrt um das
Gewicht des Motors, vermöge ihrer Schwere der Aufwärtsbewegung in schräger Richtung entgegenwirkt (die vertikale Schwerkraftkomponente).
Letztere wird mit genügender Genauigkeit erhalten, wenn man die Last mit dem Steigungsverhältnis der Bahn (d. h. dem echten
Bruch, welcher angibt, auf wieviel Meter horizontaler Länge die Bahn um 1 m ansteigt) multipliziert. Der Gesamtwiderstand
bei ansteigender Bahn ist daher die Summe des Bahnwiderstandes und der vertikalen Schverkraftkomponente. Fällt dagegen die
Bahn, so wirkt die Schwerkraftkomponente dem Bahnwiderstand entgegen und ist daher von diesem zur Ermittelung des Gesamtwiderstandes
abzuziehen.
Bei stark abfallender Bahn kann nun der Fall eintreten, daß die Schwerkraftkomvonente größer als der Bahnwiderstand
ist. Dann wird der Gesamtwiderstand negativ, d. h. es ist kein Widerstand, sondern im Gegenteil eine bewegende Kraft vorhanden,
welche den Schlitten mit beschleunigter Geschwindigkeit abwärts treibt. Zur Vermeidung zu großer Geschwindigkeiten müssen
dann die vorgespannten Menschen oder Tiere sich der Bewegung entgegenstemmen. Steigt mit Bezug auf das vorige Beispiel die
Bahn auf 80 m Länge um 1 m an (Steigungsverhältnis = 1/80), so ist die Schwerkraftkomponente = 1/80. 1600 - 20 kg und somit
der Bewegungswiderstand 56 + 20 - 76 kg, wozu noch, wenn ein Pferd von 300 kg Gewicht davorgespannt wird, 1/80.300 = 4 kg hinzuzurechnen
sind, so daß im ganzen eine Zugkraft von 80 kg auszuüben ist.
Hat die Bahn jedoch ein Gefälle von 1/30, so bleibt ein auf Bewegung wirkender Überschuß von 56 - (1600 + 300) / 30 = 56 - 63 =
-7 kg, gegen welchen das Pferd sich eventuell anstemmen muß. b) Die Bewegungswiderstände der Karren
[* 50] (zweiräderige
Fuhrwerke) und Wagen (vierräderige Fuhrwerke) bestehen zum kleinern Teil aus der Achsenreibung, vorzüglich aber in den Hindernissen,
welche die Fahrbahn darbietet. Rollen
[* 51] die Räder über weichen Boden hin, so drücken sie »Geleise« in denselben oder vergrößern,
wenn solche schon vorhanden, deren Tiefe.
Bei sehr tiefem Sand oder Kot findet ferner ein Zusammenschlagen des Erdreichs über den Felgen der Räder
und bei aufgeweichten Wegen ein Festkleben der Räder am Boden statt. Aber auch bei festen Wegen tritt ein Zusammendrücken,
bez. eine Abnutzung der Fahrbahn ein. Alle diese Umstände machen sich als Bewegungshindernisse geltend, die von der Zugkraft
überwunden werden müssen. Hierzu kommen noch die Hindernisse, die durch Unebenheiten der Bahn (hervorstehende Steine etc.)
und durch Winddruck hervorgerufen werden. Die Summe aller dieser Widerstände hat man dadurch ermittelt, daß man beladene
Wagen mittels Zugtiere in Bewegung gesetzt und die dazu aufgewendete Kraft, welche als den Widerständen gleich anzunehmen
ist, mittels Kraftmesser (Dynamometer,
[* 52] s. Bd. 5, S. 264) gemessen hat. Dahin gehende Versuche sind von Edgeworth, Rumford, Bevan,
Macneill, Corrèze und Manès, Minard, Kossak, der bayrischen Artillerie und von Morin angestellt worden. Namentlich die Ergebnisse
er von letzterm vorgenommenen Versuche gelten als maß
gebend. Die Bewegungswiderstände der Räderfahrzeuge bei verschiedenem Zustand oer Fahrstraßen, verschiedenen
Raddurchmessern und verschiedenen Fahrgeschwindigkeiten sind nach den VersuchenMarins in folgender Tabelle zusammengestellt
und zwar wieder als Teile der Last, einschließlich der Fuhrwerke (Widerstandskoeffizienten). Hierbei ist eine horizontale
Fahrstraße, eine Radfelgenbreite von 100-200 mm und ein Achsendurchmesser von 65 mm vorausgesetzt.
Will
man z. B. einen mit Ladung 5000 kg wiegenden Frachtwagen auf einer wie bei I, 5) beschaffenen Chaussee fortschaffen, so
beträgt der Widerstand 5000 / 22 = 227 kg, die erforderliche Zugkraft kann nach Bd 1, S. 747, von vier Pferden bei 1 m
Geschwindigkeit dauernd geleistet werden.
¶