[* 1] Fig. 5. Filterpresse. [* 2]
Fig. 6. Gefülltes Filter, Durchschnitt.
[* 1] Fig. 4. Pfanne zur Schlammsaturation, Durchschnitt.
[* 1] Fig. 3. Scheidepfanne, Durchschnitt.
[* 1] Fig. 1. Diffusionsbatterie, Querschnitt.
[* 1] Fig. 2. Diffusionsbatterie, Längenansicht. ¶
[* 3] Fig. 12. Nutschbatterie.
[* 3] Fig. 10. Vakuumapparat.
[* 3] Fig. 7. Robertscher Verdampfapparat.
[* 3] Fig. 9. Vorrichtung zum Ablassen von Saftproben.
[* 3] Fig. 11. Fescasche Zentrifuge. [* 4] ¶
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reichlich Ammoniak. Die unlöslich gewordenen Stoffe bilden eine dicke, schmutzig graue Schlammdecke auf dem nunmehr klaren, goldgelben Safte, den man mit Hilfe des Heberrohrs von dem Schlamm trennen kann. Zur Abscheidung des bei der Scheidung überschüssig zugesetzten Kalks, welcher sich im Saft als Zuckerkalk gelöst findet, wird der Saft saturiert, d. h. man leitet mit Hilfe einer Pumpe [* 6] oder eines Dampfstrahlgebläses Kohlensäure ein, die durch Verbrennen von Koks (im Kindlerschen Ofen) oder durch Brennen von Kalk gewonnen wird, und erzeugt dadurch eine Ausscheidung von kohlensaurem Kalk, dem sich noch gewisse, in dem kalkärmern Saft unlösliche Stoffe zugesellen.
Vor der Saturation aber wird der geschiedene Saft gekocht, um das Gummi und den Farbstoff durch die Einwirkung des Kalks in einen Zustand überzuführen, in welchem beide durch Knochenkohle absorbiert werden. Diese ältere einfache Methode der Scheidung und Saturation ist in neuerer Zeit durch mannigfach modifizierte andre Verfahren verdrängt worden. Man erhitzt z. B. den Saft auf 80-85°, setzt 0,75 Proz. Kalk zu, saturiert schwach, klärt, setzt dem blanken Saft 0,5 Proz. Kalk zu, kocht lange und stark, saturiert fertig und klärt.
Eine Pfanne für die Schlammsaturation zeigt Tafel I, [* 5] Fig. 4. ab ist der Doppelboden, durch g tritt der Saft ein, und durch o wird der Kalk eingegossen. c führt den Dampf [* 7] zwischen a und b, worauf er aus d entweicht; f ist der Lufthahn, e das Abflußrohr. Durch hi strömt die Kohlensäure in die durchlöcherte Röhre und aus dieser in den Saft; die Gase [* 8] entweichen durch n. Das Ventil [* 9] k führt Dampf in das Rohr l, um durch dünne Dampfstrahlen den Schaum niederzuschlagen. Statt dieser Pfanne wendet man auch allgemein viereckige Kasten an.
Zur Entsaftung des Scheide- und Saturationsschlammes benutzt man Filterpressen (Tafel I, [* 5] Fig. 5), deren Einführung erst die Anwendung der neuen Methode ermöglicht hat. Sie bestehen aus Filterplatten a mit Saftrinnen, welche auf beiden Seiten mit gelochtem Blech bedeckt sind, und aus den mit diesen Platten und Leinwandtüchern alternierend in die Presse [* 10] eingesetzten Rahmen b zur Bildung des Schlammkuchenraums. Beide werden mittels Knaggen auf die eiserne Stange c gehängt und mittels der Holzgriffe d und in die Löcher e gesteckter Bolzen verschoben und herausgenommen. In einer Verbreiterung des obern Teils der Rahmen oder Platten befindet sich eine Öffnung zum Durchtritt des Schlammes und eine zweite für den Dampfdurchgang; von der ersten Öffnung führen in den Rahmen b kleine Kanäle zu dem Schlammraum, von der zweiten Öffnung in den Platten a ähnliche Kanäle zu den Saftrinnen.
Durch die Kappe f und die Schraube g werden sämtliche Platten fest gegeneinander gepreßt. Durch h leitet man den Schlamm und durch ein hinter h liegendes Ventil den Dampf ein, welche durch die von den entsprechenden Öffnungen der Rahmen und Platten (und Leinwandtücher) gebildeten Kanäle strömen. Der Schlamm gelangt durch die erwähnten Kanäle in den Schlammkuchenraum und gibt durch Filtration nach beiden Seiten seinen Saft ab, welcher die Saftrinnen hinabläuft und aus den Hähnen kk in die Rinne l gelangt, um bei m abzufließen. Kommt kein Saft mehr, so läßt man Dampf einströmen, der noch Saft herauspreßt und den Schlamm einigermaßen aussüßt, und nimmt schließlich die Presse auseinander. Die Schlammkuchen enthalten aber immer noch erhebliche Mengen Zucker, der auf die eine oder andre Weise daraus gewonnen werden kann.
Der geschiedene und saturierte Saft (Dünnsaft) mit 5-12, im Mittel etwa 10 Proz. Zucker wird zur Reinigung von Farbstoff, Kalk, Salzen etc. durch Knochenkohle filtriert. Die Filter (Tafel I, [* 5] Fig. 6) sind Cylinder aus Eisenblech a mit Mannlöchern b und c zum Einfüllen und Entleeren der gekörnten Knochenkohle und mit Doppelboden d aus gelochtem Blech, welcher meist mit einer Horde aus Flechtwerk und einem leinenen Tuch bedeckt ist. Das Standrohr e dient zum Einleiten von Dünnsaft, Dicksaft, Wasser oder Dampf, je nachdem man einen der Hähne f, g, h, i öffnet.
Ist der Saft von oben nach unten durch das Filter gegangen, so steigt er bei geschlossenem Hahn [* 11] o im Rohr k empor, um aus l in den Trichter m, der auf verschiedene Leitungen gesetzt werden kann, abzufließen oder durch ein bei n ansetzendes Übersteigrohr auf ein zweites Filter zu fließen und dieses, auch wohl noch ein drittes Filter zu passieren. Vor dem Einlassen des Safts in die Filter wird die Knochenkohle durch Dampf vorgewärmt, und nach der Erschöpfung der absorbierenden Kraft [* 12] der Kohle leitet man Wasser hinein, um den noch im Filter befindlichen Saft zu verdrängen, worauf die Kohle zur Wiederbelebung entleert wird. Die Höhe der Filter schwankt von 3,8 bis 6, der Durchmesser von 0,5-3 m, und sie stehen in Batterien von 3, 5, 10 und mehr Stück nebeneinander.
Der filtrierte Dünnsaft wird in geschlossenen Apparaten durch Dampf und unter vermindertem Luftdruck verdampft. Der hierzu dienende Robertsche Verdampfapparat (Tafel II, [* 5] Fig. 7) besteht aus drei stehenden Cylindern, welche im untern Teil ein System stehender Röhren [* 13] nach Art der Lokomotivkessel enthalten. Der Dampf umspült die mit Saft gefüllten Röhren, und der aus dem Safte des ersten Cylinders entweichende Dampf heizt den zweiten Körper, und in diesem entwickelt sich der Dampf zum Heizen des dritten Körpers. Zu jedem Körper gehört ein Übersteiger (Tafel II, [* 5] Fig. 7a), in welchem durch mannigfache Hindernisse, welche dem Dampfstrom entgegenstehen, die mitgerissenen Saftteilchen niedergeschlagen werden.
Unter dem Übersteiger befindet sich ein Filter (Tafel II, [* 5] Fig. 8), welches bei dem Übertreten des Safts aus einem Körper in den andern die während des Verdampfens unlöslich sich abscheidenden Körper zurückhält. Für die Erzeugung des luftverdünnten Raums in den Körpern sorgen die Kondensation durch Verdichtung des aus dem Saft sich entwickelnden Dampfes und eine Luftpumpe; [* 14] eine besondere Rohrleitung vermittelt den Übertritt des Safts aus dem ersten in den zweiten und aus diesem in den dritten Körper, aus welchem er als Dicksaft mit 50-55 Proz. Zucker kontinuierlich abfließt. [* 5] Fig. 9 (Tafel II) zeigt die Vorrichtung zum Ablassen von Saftproben, welche sich an der Wand des Verdampfapparats befindet und bei geeigneter Stellung der beiden Hähne den obern Körper mit dem Saftraum in Verbindung setzt, so daß er sich mit Saft füllt, worauf diese Verbindung unterbrochen wird und durch andre Stellung der Hähne der Saft in den untern Körper abfließt.
Der Dicksaft wird abermals über Knochenkohle filtriert und zwar über ganz frische Kohle, worauf dieselben Filter noch zum Filtrieren [* 15] von Dünnsaft benutzt werden. Der filtrierte Dicksaft (Klärsel, Kochkläre) wird im Vakuumapparat (Tafel II, [* 5] Fig. 10) durch Dampf und unter vermindertem Luftdruck eingekocht. Das Vakuum ist eine große kupferne Kugel mit cylindrischem Aufsatz, dessen innere Einrichtung das Überkochen des Safts verhindern soll. ¶
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Ein weites Rohr führt den Dampf aus diesem Aufsatz in den Übersteiger, in welchem sich mitgerissener Saft sammelt, während der Dampf weiter in die Kondensation strömt und durch einspritzendes kaltes Wasser verdichtet wird. Zum Erhitzen des Safts im Vakuum dient ein Schlangenrohr. Man kocht, bis eine Probe der Masse zwischen den Fingern einen Faden [* 17] von bestimmter Länge gibt, und läßt dann den noch vollständig klaren, aber sehr kristallisationsfähigen Sirup ab (Blankkochen), oder man kocht weiter, so daß die Kristallisation schon im Apparat beginnt, und regelt die Ausbildung der Kristalle, [* 18] je nachdem man grob- oder feinkörnigen Zucker erhalten will, durch rechtzeitiges Nachziehen bestimmter Quantitäten von Klärsel (auf Korn kochen). In beiden Fällen kommt es darauf an, daß nach vollendeter Kristallisation außerhalb des Apparats die Masse eine solche Beschaffenheit besitzt, daß der Sirup von den Kristallen gut abfließt.
Die blank abgekochte Füllmasse bringt man aus dem Vakuum in fünfeckige Blechkasten, in welchen sie bei einer Temperatur von 30-36° kristallisiert und ein Haufwerk lose aneinander haftender Kristalle gibt; eine etwas dichtere Masse gibt die bei 62° auf Korn abgekochte Füllmasse; kocht man aber bei 88-90° auf Korn ab, so ist der zwischen den Kristallen befindliche Sirup so konzentriert, daß er hinreichend neue Kristalle ausscheidet, um die schon vorhandenen zu einer festen Masse (Brotzucker, Hutzucker) zu verbinden.
Ist die Kristallisation in den fünfeckigen Kasten hinreichend weit vorgeschritten, so läßt man aus einer nahe dem Boden befindlichen Öffnung den Sirup möglichst vollständig abfließen und erhält auf diese Weise den Rohzucker (erstes Produkt). Dieser ist gelblich bis gelbbraun, die Kristalle kleben schwach aneinander und besitzen einen durch den anhaftenden Sirup bedingten eigentümlichen Geruch und Geschmack; kocht man den abgeflossenen Sirup weiter ein, so kristallisiert die hierbei erhaltene Füllmasse, weil das Verhältnis zwischen Zucker und Nichtzucker ungünstiger geworden ist, schwerer und langsamer, und man erhält eine lockerere Masse, das zweite Produkt, von welchem ein dunkler Sirup abfließt, der auf drittes Produkt verkocht wird. Von diesem erhält man einen dunkeln, schmierigen, stark salzigen Sirup, aus welchem das vierte Produkt gewonnen wird, und von letzterm fließt endlich die Melasse ab, die trotz ihres großen Zuckergehalts wegen zu hohen Gehalts an Nichtzucker nicht mehr kristallisiert.
Den Rohzucker und die Rohprodukte überhaupt kann man durch die Operation des Deckens reinigen, indem man in den Kasten den obern festen Teil des Zuckers einige Zoll tief aufhackt, das Aufgehackte mit Wasser zu einem dünnen Brei anrührt und diesen auf den oberflächlich geebneten Zucker gießt. Der aus den Kristallen gebildete reinere Sirup sickert dann durch die Zuckermasse und spült die Reste des ursprünglichen Sirups fort. Vollständiger und schneller gelangt man aber durch das Schleudern zum Ziel, und wenn man gut und scharf kristallisierte Füllmasse noch warm auf die Zentrifugen bringt, so erhält man sehr reinen, weißen und trocknen Zucker (Kristallzucker, Kornzucker). Der auszuschleudernde Zucker wird auf der Maischmaschine mit Sirup oder Wasser in einen möglichst gleichförmigen, halbflüssigen Brei verwandelt und dann auf die Zentrifuge (Tafel II, [* 16] Fig. 11) gebracht.
Diese gleicht vollständig der auch zur Saftgewinnung angewandten Maschine. [* 19] Die Achse der Trommel wird an ihrem untern Ende durch Riemenwerk in schnelle Rotation versetzt, und der Sirup dringt aus der rotierenden innern Trommel, an deren Wandung sich die von oben einfließende Zuckermasse gleichmäßig verteilt, in den Mantel. Die an der Trommelwand sitzende Kristallschicht kann man durch Decken weiter reinigen, indem man reinen Sirup in die Zentrifuge gießt, welcher sich über die ganze Zuckermasse verteilt und sie schnell durchdringt.
Man hat auch in der Schleudermaschine einen Cylinder oder eine Glocke angebracht, die mit der Trommelsiebwand einen ringförmigen Raum bildet, welcher bei ruhender Maschine mit dem Zuckerbrei gefüllt wird. Ist die Zuckermasse richtig gekocht, Konzentration und Körnung zweckentsprechend, so wird durch diese Einrichtung die Ausbeute an reinerm Zucker vergrößert. Dies ist besonders der Fall, wenn zur Reinigung des geschleuderten Zuckers trockner Dampf mit oder ohne Beimischung von Luft angewandt wird. Bei der russischen Dampfdecke leitet man zwischen Trommel und Mantel einen Dampfstrom, nachdem die Zentrifuge oben durch einen Deckel geschlossen ist, um die Zuckermasse zu erwärmen und den Sirup dünnflüssiger zu machen, und erreicht dadurch eine sehr vollständige Abscheidung des Sirups.
Während der Rohzucker aus Zuckerrohr von den ihm anhaftenden Verunreinigungen aromatisch angenehm schmeckt, besitzt der Runkelrübenrohzucker einen unangenehmen Geschmack, der aber bei sorgfältiger Reinigung so vollständig verschwindet, daß der reinste Zucker aus Runkelrüben von gleich reinem aus Zuckerrohr nicht zu unterscheiden ist. Diese reinste Ware erhält man durch die Raffineriearbeit, und sie heißt Raffinade. Man löst den Rohzucker, wenn nötig, nach vorherigem Schleudern in Wasser, filtriert die Lösung über Knochenkohle, wobei man möglichste Entfärbung zu erreichen sucht, verkocht im Vakuum auf Korn, setzt dem Vorurteil des Publikums zu Gefallen etwas Ultramarin zu und füllt die Masse in mit Ölfarbe gestrichene Blechformen, welche eine den Zuckerhüten (Broten) entsprechende Gestalt haben und Brote von 10-12 kg liefern.
Die abgekühlten Formen mit der erstarrten Füllmasse werden auf den Böden in Stellagen gebracht und an der nach unten gerichteten Spitze geöffnet, worauf bei 30-36° der Sirup allmählich abfließt. Die weitere Reinigung geschieht durch Aufgießen von dichtester kalter reiner Zuckerlösung (Deckklärsel), welche den Sirup völlig verdrängt, so daß das Brot [* 20] schließlich ganz weiß wird. Zur Entfernung des Decksirups bringt man dann die Formen auf die Nutschbatterie (Tafel II, [* 16] Fig. 12), ein horizontal liegendes Röhrensystem mit kleinen Stutzen, in welche die Spitzen der Formen luftdicht passen.
Das Röhrensystem steht mit einer Luftpumpe in Verbindung, und der Sirup wird mithin durch den Luftdruck aus dem Brot gedrängt. Ist dies erreicht, so nimmt man die Brote aus den Formen, dreht ihre Spitze auf einer Maschine etwas ab und bringt sie dann in die Trockenstube, wo sie in 6-8 Tagen bei 50° trocknen. Die so gewonnenen Brote zeichnen sich durch ein völlig geschlossenes Korn, große Farblosigkeit und reinen Geschmack aus. Aus den Sirupen der Raffinerie bereitet man eine geringere Ware (Melis) oder füllt sie nach dem Verkochen auf größere Formen (Bastern, Lumpen), die nach dem Decken zu Deckklärsel benutzt oder gemahlen werden und als Farin in den Handel kommen. Kandis wird aus sehr reinem Zucker hergestellt, der braune aus indischem Rohzucker oder aus reinem Rübenzucker, welcher aber mit braunem indischen gefärbt ist. Man kocht auf schwache Fadenproben, erhitzt auf 112-115° und füllt den Saft in ¶
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kupferne oder lackierte eiserne Potten, in welchen Zwirnfäden ausgespannt sind, die das Anschießen der Kristalle begünstigen. Die Potten läßt man 8-10 Tage in verschlossenen Räumen, welche anfangs auf 50-60° angeheizt wurden, stehen; dann gießt man den Sirup ab, spült die Kristalle mit etwas Kalkwasser und trocknet sie.
Anstatt Rohzucker darzustellen, welcher zunächst für die Raffinerien bestimmt ist, freilich auch bei Anwendung der Schleuder [* 22] in marktfertige Ware (Farin, Kochzucker) verwandelt werden kann, wird sehr häufig der Dicksaft direkt auf Brotzucker verarbeitet (Melisarbeit); doch bedarf man dazu sehr reiner, filtrierter Dicksäfte, die auf Korn verkocht werden. Man erhält dann Brote (Saftmelis), die recht weiß sein können (ein gelblicher Ton wird durch Ultramarin verdeckt), in der Regel aber porös sind, weil der immerhin bedeutende Gehalt an Nichtzucker die Bildung einer geschlossenen, dichten Masse verhindert, und von etwas an die Herkunft erinnerndem Geschmack Ein besseres Produkt bis zur Übereinstimmung mit Raffinade bildet der Einwurfmelts, den man aus Dicksaft erhält, in welchem durch Einwerfen von Rohzucker oder auf Zentrifugen gereinigten Nachprodukten das Verhältnis zwischen Zucker und Nichtzucker verbessert wurde. In neuerer Zeit stellt man immer häufiger gereinigte oder raffinierte Zucker in andrer als Brotform dar und bringt sie als Farin, Pilen oder Stückenzucker in den Handel.
Man bereitet durch Einwurf von Rohzucker oder gereinigten Nachprodukten eine gute Füllmasse und reinigt den aus dieser erhaltenen Rohzucker auf der Zentrifuge mit Dampf und gewinnt den Zucker in Form einer mehr oder minder dicken, zusammenhängenden, feuchten oder trocknen Schicht, welche in unregelmäßige Stücke zerbrochen oder vermahlen wird. Man bringt auch den auf der Zentrifuge erhaltenen Zucker oder feuchtes Zuckermehl in eine Streifenpresse, aus welcher er in Gestalt viereckiger Stäbe herausgeschoben wird, die man auf einer Maschine durch zwei gegeneinander bewegte Messerklingen in Täfelchen zerschneidet.
Das Zersägen der kegelförmigen Brote liefert sehr viel Abfall, und man benutzt daher bei der Arbeit auf Würfelzucker Formen mit quadratischem Querschnitt, so daß sich der fertige Zucker ohne Verlust in Scheiben und Streifen zersägen läßt. Man läßt auch die Raffinadenfüllmasse in Blechkapseln ab, stellt diese nach vollendeter Kristallisation in besonders eingerichtete Zentrifugen, schleudert den Sirup aus und tränkt den Zucker ein oder mehrere Male mit Deckklärsel, welches wieder ausgeschleudert wird. Schließlich werden die ausgedeckten Platten aus den Formen genommen, getrocknet und mit Kreissägen oder Knipsmaschinen zerkleinert.
Was die Ausbeute betrifft, so kann man annehmen, daß 1 Hektar etwa 500-700 Ztr. Rüben liefert. Zu 1 Ztr. Zucker brauchte man in den 30er Jahren 18 Ztr., 1846 noch 14 Ztr., bis 1870 etwas mehr als 12 Ztr. und im J. 1874/75 infolge der immer weitern Verbreitung des Diffusionsverfahrens nur noch 11,44 Ztr. Rüben. Man kann annehmen, daß im Durchschnitt 1 Hektar in Deutschland [* 23] 48, in Frankreich 55, in Rußland 33 Ztr. Zucker liefert. Auf die Melasse ist dabei keine Rücksicht genommen.
Die schwerflüssige, dunkelbraune, widerlich riechende und schmeckende Melasse enthält 16-19 Proz. Wasser und 46-53 Proz. Zucker, außerdem aber so viel fremde Stoffe, namentlich Salze, daß der Zucker nicht mehr kristallisiert. Sie ist völlig ungenießbar und kann daher nur als Viehfutter, zur Spiritusfabrikation [* 24] und zur Darstellung der Pottasche benutzt werden. Erst in neuerer Zeit wird mit Vorteil ein Teil des Zuckers in marktfertigem Zustand daraus abgeschieden.
Man kann etwa 12-15 Proz. Zucker aus der Melasse gewinnen, wenn man sie genügend verdünnt und unter starker Anwendung der gewöhnlichen in der Zuckerfabrikation gebräuchlichen Reinigungsmittel wie Rübensaft verarbeitet. Dies Verfahren lohnt aber nur unter ganz besondern Verhältnissen. Die neuere Zeit hat nun eine Reihe andrer Methoden zur Verarbeitung der Melasse gebracht, ohne daß eine derselben bisher allgemeine Verbreitung gefunden hätte. Am meisten ist mit Osmose [* 25] gearbeitet worden, nach welchem Verfahren man der Melasse durch Diffusion [* 26] einen Teil der Salze entzieht, indem man durch ein System von Kammern, welche von Scheidewänden aus Pergamentpapier durchzogen sind, auf der einen Seite der Wand die Melasse, auf der andern das Wasser, beide mit ziemlich hoher Temperatur, langsam abfließen läßt.
Hierbei vollzieht sich die dialytische Scheidung, die Melasse wird verdünnter, salzärmer und dadurch zuckerreicher, während das Wasser namentlich die leicht kristallisierbaren Salze der Melasse aufnimmt. Die osmosierte Melasse wird verkocht und liefert dann eine Kristallisation, von welcher abermals Melasse fällt, die demselben Prozeß unterworfen werden kann. Dies Verfahren ist namentlich auch zur Reinigung der Nachprodukte benutzt worden, der Erfolg desselben ist von der Beschaffenheit der Melasse und des Wassers abhängig.
Nach dem Elutionsverfahren wird aus konzentrierter Melasse und gepulvertem gebrannten Kalk eine harte, poröse Masse dargestellt, welche man zerkleinert und zuerst mit Spiritus [* 27] von 65, dann von 28 Proz. auszieht. Der Spiritus löst die fremden Stoffe und läßt reinen Zuckerkalk zurück, der zum Scheiden von frischem Rübensaft wie gewöhnlicher Kalk benutzt wird. Den Spiritus gewinnt man durch Destillation [* 28] wieder, und den Rückstand von der Destillation benutzt man als Dünger.
Die Ausbeute beträgt etwa 40-41 Teile Zucker in Form von Füllmasse auf 100 Teile Melasse mit 50 Proz. Zuckergehalt. Von diesem Elutionsverfahren, welches vielfach modifiziert worden ist, unterscheidet sich das Substitutionsverfahren dadurch, daß bei demselben eine Lösung von Zuckerkalk erzeugt wird. Man verdünnt die Melasse, setzt eine bestimmte Menge gebrannten Kalk zu und erhitzt zum Kochen. Etwa die Hälfte des gebildeten Zuckerkalks scheidet sich aus und kann von der Lösung getrennt werden. In diese bringt man von neuem Melasse und Kalk (substituiert das Ausgeschiedene) und erhält schließlich aus einer gegebenen Menge Melasse vier Fünftel des darin enthaltenen Zuckers in Form von Zuckerkalk. Dieser wird in eine Filterpresse gebracht, ausgewaschen und dann zum Scheiden von Rübensaft benutzt oder durch Kohlensäure zersetzt, wobei man unlöslichen kohlensauren Kalk und eine Zuckerlösung erhält, die man mit Nachprodukten verarbeitet. Bei diesem Verfahren gehen etwa 9-10 Teile Zucker auf 100 Teile Melasse verloren, der Rest wird in Form einer Füllmasse gewonnen, die an Reinheit derjenigen aus Rüben entspricht.
Die Darstellung des Zuckers aus dem Zuckerrohr entspricht ganz dem Verfahren, welches bei der Rübenzuckerfabrikation angewandt wird; sie bietet weniger Schwierigkeiten, weil der Saft reiner ist, erfordert aber große Vorsichtsmaßregeln, weil bei der hohen Temperatur der Tropen der Saft sehr leicht verdirbt. Das frisch geschnittene Rohr wird zwischen Walzen ausgepreßt (die Preßrückstände, Bagasse, dienen als Feuerungsmaterial) und der Saft ¶
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mittels Kalks geschieden etc. Der Rohzucker (Moskovade) kommt als solcher und gereinigt (Kassonade) in den Handel und wird in großen Mengen in Europa [* 30] raffiniert. Aus dem Zuckerahorn wird in Nordamerika [* 31] und aus der Zuckerpalme in Ostindien [* 32] Zucker bereitet, während die Zuckermoorhirse (Sorghum) besser auf Sirup verarbeitet wird.
[Produktion und Verbrauch. Geschichtliches.]
Über die Produktion von Rohrzucker liegen folgende Zahlen vor:
metr. Zentner | |||
---|---|---|---|
Cuba | Produkt | 1885: | 6300000 |
Java | Export | 1884: | 3587800 |
Brasilien | " | 1883/84: | 2353900 |
Britisch-Ostindien | Produkt | ca.: | 2180000 |
Britisch-Westindien | Export | 1884: | 2078230 |
Philippinen | " | 1885: | 2059750 |
Mauritius | " | 1884: | 1256540 |
Britisch-Guayana | " | 1884: | 1202540 |
Vereinigte Staaten | Prod. | 1884/85: | 1044200 |
China | Export | 1884: | 950200 |
Puerto Rico | " | 1883: | 797400 |
Hawaiinseln | " | 1885: | 776220 |
Guadeloupe | Produkt | 1882: | 567700 |
Formosa | Export | 1880: | 553406 |
Martinique | Produkt | 1882: | 536450 |
Ägypten | " | 1885: | 442470 |
Argentinien | - | 420590 | |
Peru | Prod. | 1884/85: | 331360 |
Mexiko | Export | 1884: | 300000 |
Réunion | " | 1884: | 290000 |
Queensland | " | 1884: | 151120 |
Japan | Produkt | 1883: | 132000 |
Natal | " | 1884: | 119740 |
San Domingo | Export | 1883: | 102170 |
Fidschiinseln | Produkt | 1884: | 88700 |
Niederländisch-Guayana | " | 1884: | 72300 |
Mayotte | " | 1882: | 32680 |
Neusüdwales | Export | 1884: | 27580 |
Britisch-Honduras | " | 1884: | 24300 |
Guatemala | " | 1884: | 19300 |
Siam | " | 1884: | 15000 |
Nossi-Bé | Produkt. | 1882: | 8000 |
Andre Gebiete | - | 10000 | |
Zusammen Produktion, resp. Export: | 28831640 |
Nimmt man für die in der Tabelle fehlende Nachweisung einen sehr mäßigen Durchschnittsbetrag an, so gelangt man zu einer Rohrzuckerproduktion von mindestens 30 Mill. metr. Ztr. Die Rübenzuckerproduktion läßt sich kaum genauer beziffern, weil die Erhebungen nur zur Steuerzwecken vorgenommen werden, und weil meist nur die verarbeitete Rübenmenge konstatiert, die daraus gewonnene Zuckermenge aber nach dem mittlern Zuckergehalt berechnet wird. Die Rübenzuckerproduktion betrug 1884/85 in
Deutschland | 11548170 | metr. Zentner |
Österreich-Ungarn | 5577660 | " " |
Frankreich | 3084100 | " " |
Russland | 3864330 | " " |
Belgien | 884620 | " " |
Holland etc. | 500000 | " " |
Zusammen: | 25458880 | metr. Zentner. |
Rechnet man zu diesen Quantitäten den produzierten Sorghum-, Palm- und Ahornzucker, so dürfte sich die gesamte Menge des im J. 1884/85 in den Verkehr gelangten Zuckers auf 53-54 Mill. metr. Ztr. beziffern, während man noch 1876 nur 31-32 Mill. metr. Ztr. berechnete. Der Zuckerverbrauch im Jahr und pro Kopf der Bevölkerung [* 33] beträgt etwa in Großbritannien [* 34] 30,46, Vereinigte Staaten 18,69, Dänemark [* 35] 12,18, Schweiz [* 36] 10,54, Frankreich 10,12, Niederlande [* 37] 8,47, Schweden [* 38] 7,25, Deutsches Reich 6,80, Österreich-Ungarn [* 39] 5,98, Norwegen 4,93, Belgien [* 40] 3,52, Rußland 3,48, Italien [* 41] 2,80 kg.
Das Zuckerrohr war ursprünglich Nahrungspflanze, [* 42] indem es gekaut, ausgesogen, auch wohl gegessen wurde, wie es noch jetzt in manchen Gegenden Asiens, auf den Philippinen und Südseeinseln geschieht. In Indien und China [* 43] wird es seit uralter Zeit kultiviert, und aus dem Sanskritnamen sarkura entstanden das arabische sukhar, das persische schakar und die europäischen Namen Zucker, sucre, sugar etc., welche fast in allen Sprachen ähnlich lauten. Theophrast und Dioskorides erwähnen den Zucker, der aber damals noch sehr selten war und nur medizinisch benutzt wurde.
Die Juden kannten den Zucker nicht, ebensowenig die alten Babylonier. Der Anbau des Zuckerrohrs rückte zuerst nach Südpersien und Arabien, dann nach Ägypten, [* 44] Sizilien [* 45] und Südspanien vor. 1420 gelangte es nach Madeira, [* 46] später nach den Kanaren. Im 9. Jahrh. raffinierten die Araber schon Zucker aus dem im ehemaligen Susiana herrlich gedeihenden Zuckerrohr. 996 kam aus Alexandria Zucker nach Venedig, [* 47] und dort soll derselbe zuerst in die noch jetzt gebräuchliche Brotform (welche nach andern freilich aus China stammt) gebracht worden sein.
Arabische Ärzte benutzten den Zucker als Arzneimittel, und er blieb selten bis zu den Kreuzzügen, durch welche er erst allgemeiner bekannt wurde. Die Mexikaner scheinen ursprünglich aus Mais Zucker dargestellt zu haben; das Zuckerrohr brachte Kolumbus 1490 von den Kanarischen Inseln nach Domingo, und hier wurde es auch zuerst im großen gebaut. Lange Zeit war Domingo Hauptzuckerlieferant für Europa, während Cuba 1760 noch unbedeutende Ausfuhr hatte. Nach Mexiko [* 48] kam das Zuckerrohr schon zu Cortez' Zeiten, und bereits 1553 wurde von dort Zucker nach Spanien [* 49] gebracht. 1531 erhielt Brasilien [* 50] das Zuckerrohr, und von hier gelangte es in die englischen und französischen Kolonien.
Das ergiebige Tahitirohr, durch Cook und Forster zuerst bekannt geworden, kam durch Bligh nach Antigua und Jamaica und verbreitete sich von dort nach Domingo, Cuba, Trinidad und Caracas. Gegenwärtig steht Cuba an der Spitze aller Zuckerrohr produzierenden Länder, dann folgen Java, Manila, Brasilien und Mauritius. In Nordamerika hat besonders Louisiana, in Südamerika [* 51] Brasilien und Peru, [* 52] in Asien [* 53] Java, China, Japan, Ostindien, in Australien [* 54] die Sandwichinseln, in Afrika [* 55] Ägypten und der Süden bedeutende Produktion. In Europa war die früher bedeutende Kultur völlig verschwunden, und erst in der Neuzeit ist sie in Spanien wieder aufgenommen worden.
Seit dem 16. Jahrh. entstanden in fast allen europäischen Staaten Raffinerien (1797 in Dresden) [* 56] zur Reinigung des Kolonialzuckers; aber noch im 17. Jahrh. war der Zucker in Deutschland so teuer, daß alle weniger Bemittelten nur Sirup und Honig gebrauchten. Eine vollständige Verschiebung der Verhältnisse des Zuckerhandels brachte die Runkelrübe hervor, in welcher Marggraf 1747 den bedeutenden Zuckergehalt entdeckte. Dessen Nachfolger Achard suchte diese Entdeckung praktisch zu verwerten und gründete 1801 auf dem Gut Kunern in Niederschlesien die erste Rübenzuckerfabrik, welcher bald andre folgten.
Die Ausbeute betrug damals nur 2-3 Proz., obschon bereits Nöldechen 1799 die Scheidung mittels Kalks eingeführt und Lampadius und Schaup den günstigen Einfluß der Holzkohle nachgewiesen hatten. In Frankreich erblühte die Zuckerfabrikation seit 1811 auf Anregung Napoleons und erhielt sich wenigstens in einigen Fabriken auch nach dem Aufhören der Kontinentalsperre infolge mannigfacher Verbesserungen, wie die Einführung der Reibmaschine und der hydraulischen Presse, der ¶
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Dampfheizung und der Benutzung wiederbelebungsfähiger Knochenkohle. In Deutschland waren hingegen nach Napoleons Sturz die Fabriken wieder eingegangen, und erst in den 20er Jahren begann die Industrie bei uns von neuem Fuß zu fassen und sich namentlich in der Provinz Sachsen, [* 58] wo durch den Zichorienbau der Boden für die Rübenkultur aufs beste vorbereitet war, dann auch in Anhalt, [* 59] Schlesien [* 60] und Braunschweig [* 61] glücklich zu entwickeln. Österreich, [* 62] Rußland und Belgien haben nächst Deutschland und Frankreich die am höchsten entwickelte Zuckerindustrie, und in neuerer Zeit hat man den Anbau der Rüben auch in Holland, Schweden, Italien, selbst in England und Nordamerika mit gutem Erfolg begonnen.
Vgl. Lippmann, Die Zuckerarten und ihre Derivate (Braunschw. 1882);
Walkhoff, Der praktische Rübenzuckerfabrikant (4. Aufl., das. 1872);
Stammer, Lehrbuch der Zuckerfabrikation (das. 1874, Ergänzungsband 1881);
Stohmann, Handbuch der Zuckerfabrikation (2. Aufl., Berl. 1885);
Schulz, Die Berechnungen der Abdampfapparate bei der Fabrikation des Zuckers (das. 1863);
Jicinsky, Das Saftgewinnungsverfahren der Diffusion (Leipz. 1874);
Hittorff, La question des sucres au point de vue international (Brüssel [* 63] 1875);
v. Kaufmann, Die Zuckerindustrie in ihrer wirtschaftlichen und steuerfiskalischen Bedeutung (Berl. 1878);
Scheibler, Aktenstücke zur Geschichte der Rübenzuckerfabrikation (das. 1875);
Zabel, Verzeichnis der Rübenzuckerfabriken etc. des Zollvereins, Österreichs und Hollands (20. Jahrg., Quedl. 1889);
Frühling u. Schulz, Anleitung zur Untersuchung der für die Zuckerindustrie in Betracht kommenden Rohmaterialien (3. Aufl., Braunschweig 1885);
Görz, [* 64] Handel u. Statistik des Zuckers (Berl. 1884-85);
Thielmann, Die Dampfkessel [* 65] für die Zuckerindustrie (das. 1889);
Stammer, Jahresberichte über die Fortschritte der Zuckerfabrikation (Braunschw., seit 1860);
Derselbe, Wegweiser in der Zuckerfabrikation (das. 1876) und Taschenkalender für Zuckerfabrikanten (12. Jahrg., Berl. 1888);
»Die deutsche Zuckerindustrie«, Wochenschrift (das. 1876 ff.).