Ebenso sind im Innern des Zollgebiets an weniger volkreichen
Orten den Hauptsteuerämtern unterstehende Untersteuerämter
(Steuerämter) unterstellt. Diese
Ämter sind mit verschiedenen Befugnissen zur Zollerhebung und
Zollabfertigung ausgestattet.
Die im
Grenzbezirk und bei Zollämtern angestellten Beamten werden schlechthin Zollbeamte, die der
Haupt- und
Untersteuerämter gewöhnlich Steuerbeamte genannt.
Längs der
Zolllinie (s. d.) und im
Grenzbezirk wird die
Aufsicht über den
Warenverkehr durch eine militärisch eingerichtete
Grenzwache (Grenzjäger, Douaniers) ausgeübt.
der Inbegriff der
Grundsätze und Maßregeln, welche der
Staat im Zollwesen im finanziellen oder im volkswirtschaftlichen
Interesse beobachtet. Vgl.
Zölle.
Inbegriff derjenigen Strafbestimmungen, welche Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze
(Zollvergehen) zum Gegenstand haben. Das deutsche Vereinszollgesetz
(Reichsgesetz) vom bezeichnet als die hauptsächlichsten
Zollvergehen die
Konterbande (s. d.), d. h. die Ein-, Aus- oder
Durchfuhr solcher Gegenstände, welche einem Ein-, Aus- oder Durchfuhrverbot unterliegen, und die
Zolldefraudation, d. h. die
Hinterziehung von
Zöllen (s.Defraudation).
Eine Eigentümlichkeit des Zollstrafrechts ist die Haftverbindlichkeit gewisser
Personen für Mitglieder ihrer
Familien und
für ihre
Gehilfen im Geschäftsbetrieb hinsichtlich der defraudierten Gegenstände und der verwirkten
Geldstrafen.
Eisenbahnverwaltungen
und Dampfschiffahrtsgesellschaften haften für ihre Angestellten und
Bevollmächtigten unbedingt;
Handels- und Gewerbtreibende
haften für ihreDiener,
Lehrlinge, Markthelfer,
Gewerbsgehilfen, Ehegatten und
Kinder; das Familienhaupt
haftet für die Familienglieder.
Wird der
Beweis geführt, daß ein
Zollvergehen nicht beabsichtigt war, so tritt nach dem deutschen Vereinszollgesetz nur eine
Ordnungsstrafe ein, wie sie die
Zollordnungswidrigkeiten nach sich ziehen. Die Erledigung der Zollstrafsachen erfolgt zunächst
im Weg des administrativenVerfahrens (Zollstrafverfahren) der
Zollbehörden (Hauptzoll- und
Hauptsteuerämter,
Provinzialsteuerdirektionen etc.). Der Angeschuldigte kann jedoch auf gerichtliches
Gehör
[* 2] und
Erkenntnis antragen.
Die
Verurteilung auf
Grund subsidiärer Haftbarkeit kann nur durch die
Gerichte erfolgen. In
Österreich
[* 3] urteilen über die
Zollvergehen
besondere, durch richterliche und politische Beamte gebildete Gefällsbezirksgerichte, Gefällsobergerichte und ein oberstes
Gefällsgericht. Dabei wird zwischen mindern und schweren Gefällsstrafsachen unterschieden, indem bei
den erstern ein abgekürztes
Verfahren eintritt.
Vgl.
Löbe, Das deutsche Zollstrafrecht (Berl. 1881);
Das alte
Deutsche Reich hatte als solches keine selbständige
Handelspolitik getrieben. Einzelne Bestimmungen,
insbesondere Verbote, zu denen es sich gelegentlich aufraffte, wurden nicht ausgeführt. Die
Ausbildung der
Landeshoheit, der
zunehmende
Verkehr und der wachsende Staatsbedarf veranlaßten seit dem 17. Jahrh.
die einzelnen größern
Staaten, ihr Zollwesen selbständig zu ordnen. Die Errichtung des
DeutschenBundes hatte hieran nichts
geändert, trotzdem
Handel und
Verkehr eine einheitliche Regelung dringend erheischten.
Eine solche wurde durch
Preußen
[* 6] angebahnt, nachdem dasselbe schon 1816 den erfolglos gebliebenen
Vorschlag gemacht hatte,
dieVerwaltung des Zollwesens dem
Bund zu überweisen. Durch das preußische Zollgesetz vom
welches die Grundlage für die spätere deutsche
Zollpolitik bildete, wurden die Zollstellen an die Landesgrenzen verlegt,
dabei aber, ohne daß jedoch irgend welche
Binnenzölle erhoben wurden, zwischen den westlichen und östlichen
Provinzen unterschieden.
Ein- und Ausfuhrverbote wurden aufgehoben und neben
Finanzzöllen mäßige
Abgaben auf
Getreide
[* 7] und
Fabrikate
(10 Proz. vom Wert) sowie
Ausfuhrzöllenur für wichtigere
Rohstoffe zum
Schutz der inländischen Gewerbsamkeit beibehalten.
Bei der
Durchfuhr wurde nur der allgemeine Eingangszoll sowie der betreffende Ausfuhrzoll erhoben. Sich auf preußische
Unterthanen beziehende Erleichterungen und
¶
Preußen verlieh diesem Streben zunächst dadurch praktischen Ausdruck, daß es mit benachbarten, von seinem Gebiet eingeschlossenen
Ländern (zuerst 1819 mit Schwarzburg-Sondershausen) Verträge abschloß, nach welchen die eingeschlossenen
Landesteile mit dem preußischen Zollgebiet vereinigt und jenen Ländern nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl Anteile am Reinertrag
der Zölle gewährt wurden. Hierauf folgte auf Grund des Vertrags vom eine Zolleinigung mit Hessen-Darmstadt, nach
welcher die einzelnen RegierungenErhebung und Verwaltung der Zölle in ihren Gebieten selbständig, jedoch
in gleichmäßigen Formen, besorgen und die Zollerträge nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer verteilt werden sollten, Bestimmungen,
die fortan beibehalten worden sind.
Bayern
[* 14] und Württemberg
[* 15] bildeten einen süddeutschen Zollverein, der 1829 mit dem preußisch-hessischen einen Handelsvertrag
abschloß. Ein dritter Verband,
[* 16] zwischen Sachsen,
[* 17] Hannover,
[* 18] Kurhessen, den meisten thüringischen Staaten,
Braunschweig,
[* 19] Oldenburg,
[* 20] Nassau und Frankfurt
[* 21] a. M., konstituierte sich als Mitteldeutscher Handelsverein, löste sich
aber mit dem Anschluß Kurhessens an den preußischen Zollverein wieder auf. Nach längern Verhandlungen kam eine
Vereinigung des bayrisch-württembergischen mit dem preußisch-hessischen Verband zu stande; erklärte
auch Sachsen seinen Anschluß, und im Mai folgte der inzwischen zu einem engern Bund vereinigte Handelsverein der acht kleinern
thüringischen Staaten. So trat der große preußisch-deutsche Zollverein zunächst auf die Dauer von acht Jahren ins Leben.
Er umfaßte 18 Staaten mit etwa 7719 QM. und 23 Mill. Einw.
In den folgenden Jahren traten ihm bei 1835 Homburg,
[* 22] Baden
[* 23] u. Nassau, 1836 Frankfurt a. M., 1838 Waldeck,
[* 24] 1841 und 1842 Lippe,
[* 25] Braunschweig
und Luxemburg,
[* 26] nachdem Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Lippe sich zu einem besondern Zollverein, dem sogen. Steuerverein,
vereinigt hatten. So war denn, abgesehen von den durch die Verschiedenheit der innern Verbrauchssteuern
noch bestehenden Beschränkungen, im allgemeinen Verkehrsfreiheit im Innern mit einem gleichmäßigen Tarif nach außen hergestellt.
Dagegen litt der Zollverein an dem Übelstand der Vielköpfigkeit. Die periodisch zusammentretende Generalzollkonferenz,
bestehend aus Bevollmächtigten der einzelnen Zollvereinsglieder, konnte nur solche Beschlüsse fassen, die einhellige
Zustimmung fanden. Schon nach Ablauf
[* 27] der ersten achtjährigen Vertragsdauer 1842 konnte eine Erneuerung der Verträge nur nach
langwierigen Verhandlungen durchgesetzt werden.
Die von der FrankfurterNationalversammlung beschlossene Reichsverfassung bestimmte in § 33: »Das Deutsche Reich soll Ein Zoll-
und Handelsgebiet bilden, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze, mit Aufhebung aller Binnengrenzzölle, und
es bleibt der
Reichsgewalt vorbehalten, auch nicht zum Reiche gehörige Länder und Landesteile mittels besonderer Verträge
dem deutschen Zollgebiet anzuschließen«. Blieb auch die Reichsverfassung unausgeführt, so verfolgte doch Österreich den
angeregten Gedanken weiter und stellte 1849 und 1850 wiederholt das von Preußen stets abgelehnte Verlangen, daß die Herstellung
einer Zolleinigung zwischen Österreich und Deutschland als Bundesangelegenheit betrieben werden solle.
Nachdem es 1850 seine sämtlichen Binnenzölle aufgehoben und einen neuen Zolltarif veröffentlicht hatte, welcher das österreichische
Zollsystem im wesentlichen dem des Zollvereins gleichstellte, lud es die Regierungen des Zollvereins zur Beratung eines Zoll-
und Handelsvertrags in Wien
[* 28] ein. Inzwischen aber hatte Preußen nach langen Verhandlungen mit dem Steuerverein einen
Vertrag über die Vereinigung des letztern mit dem Zollverein (sogen. Septembervertrag)
abgeschlossen, welcher ins Leben treten sollte, und in welchem Hannover besondere Vergütungen (in der amtlichen
Sprache
[* 29] Präzipuum genannt) zugestanden wurden, da der Verbrauch mehrerer der am höchsten besteuerten
Artikel im Steuerverein ein beträchtlich höherer als im Z. sei.
Der Austrag der Streitigkeiten wurde durch den Handels- und Zollvertrag zwischen Österreich und Preußen vom herbeigeführt,
welcher die gänzliche Zolleinigung zwischen Österreich und Deutschland vorbereiten sollte. Die wichtigsten
Bestimmungen desselben sind: Aufhebung aller Handelsverbote im gegenseitigen Verkehr, ausgenommen für Tabak,
[* 33] Salz
[* 34] und Schießpulver;
[* 35]
gegenseitige Zollfreiheit für rohe Naturerzeugnisse beider Gebiete und Zollermäßigung auf die gewerblichen Erzeugnisse
derselben nach einem vereinbarten Tarif (Zwischenzolltarif);
Ausgangsabgaben sind im wechselseitigen Verkehr nur
auf die im Vertrag bezeichneten wenigen Artikel zulässig;
der Zwischenverkehr wurde wesentlich erleichtert, Österreich sollte
das preußische Zollverfahren einführen, die Grenzzollämter beider Staaten sollten zusammengelegt werden.
Preußen begann auf Grund einer Ermächtigung sämtlicher übriger Staaten Unterhandlungen mit Frankreich, die dahin führten,
daß ein Vertrag paraphiert und 2. Aug. d. J. von den kontrahierenden Staaten vollzogen wurde.
Gegen den Inhalt desselben erhob sich sofort eine starke Agitation. Man tadelte, daß Frankreich nicht ebenso bedeutende Zollermäßigungen
bewilligt habe, als es für sich in Anspruch nahm. Den Hauptanstoß aber gab die Klausel der Meistbegünstigung, welche ein
Hindernis für die begehrte Zolleinigung mit Österreich bildete.
Eine neue Phase der Krisis trat mit dem Handels- und Schiffahrtsvertrag ein, den Preußen mit Belgien abschloß, sofern
die in demselben den Waren zollvereinsländischen Ursprungs zugestandenen Begünstigungen eine Schutzwehr
gegen den Zerfall des Zollvereins boten. Im November 1863 trat die Zollkonferenz in Berlin zusammen, auf welcher eine Verständigung
dadurch ermöglicht wurde, daß Österreich infolge der Wendung, die gleichzeitig in der schleswig-holsteinischen Frage eintrat,
seinen Einfluß auf die Mittelstaaten verlor.
Sachsen einigte sich mit Preußen auf der Grundlage des französischen Handelsvertrags;
Durch den Krieg von 1866 wurde der Zollverein hinfällig. Zwischen den Staaten des Norddeutschen Bundes wurde eine
besondere Einigung über das Zollwesen durch den Inhalt der Bundesverfassung überflüssig. Mit den vier süddeutschen Staaten
aber schloß der Norddeutsche BundVerträge, vermöge derer die bestehende Zolleinigung zunächst bis Ende 1877 verlängert
werden sollte. Die frühere Generalzollkonferenz mit dem liberum veto der Einzelstaaten wurde durch den
Zollbundesrat mit Majoritätsbeschluß ersetzt und
für die Gesetzgebung über Zollwesen und innere Verbrauchssteuern eine eigne
parlamentarische Vertretung (das Zollparlament, zusammengesetzt aus dem norddeutschen Reichstag und einer entsprechenden Anzahl
süddeutscher Abgeordneten) gebildet.
Inzwischen ist aber auch der Anschluß von Hamburg
[* 48] und Bremen mit Ausschluß entsprechender Freihafengebiete erfolgt. (Vgl.
den Situationsplan zum Artikel »Hamburg«.) Die Tarifpolitik des Zollvereins ruhte auf der Grundlage des preußischen Tarifs von 1818. In der
Zeit 1842 bis 1846 wurde derselbe mehr zu gunsten der protektionistischen Strömung umgestaltet. 1861 wurden
nach langen Kämpfen die Durchgangsabgaben beseitigt. 1865 traten auf Grund der mit Frankreich, Österreich, England, Belgien,
Italien abgeschlossenen Handelsverträge, deren Bestimmungen in den allgemeinen Tarif aufgenommen wurden, Reformen in freihändlerischem
Sinn ein, welche 1873 ihren Abschluß fanden, in welchem Jahr die noch vorhandenen Ausfuhrzölle fielen
und die Aufhebung der Eisenzölle (mit Ausnahme derjenigen auf feine Eisenwaren) teils erfolgte, teils unter stetiger Abminderung
der Zölle bis 1877 bestimmt wurde.
Inzwischen aber hatte sich die Lage der Eisenindustrie, wie überhaupt diejenige vieler Wirtschaftszweige, erheblich verschlechtert.
Infolgedessen fand ein auch vom Reichskanzler gestützter und geförderter Umschwung der öffentlichen
Meinung statt, welcher zu dem Tarif von 1879 führte. Derselbe charakterisiert sich dadurch, daß er die Idee des Schutzes verallgemeinerte,
die Zölle für eine Reihe von Produkten erhöhte, für andre, insbesondere auch verschiedene Rohstoffe und Lebensmittel, neu
einführte und, wenn er auch allgemein spezifische Zölle brachte, für Baumwollgarne Staffeltarife enthält.
Vgl. Nebenius, Der Deutsche Zollverein (Karlsr. 1835);
Junghanns, Der Fortschritt des Zollvereins (Leipz. 1848);
(Warenverschluß), die zur Verhütung von Zolldefraudationen vorgenommene amtliche Verschließung von
Warensendungen, auf denen ein Zollanspruch haftet, und welche nicht sofort verzollt, sondern in Niederlagen
oder mit Begleitschein nach Zollämtern im Innern des Landes verbracht werden, mittels Verschnürens, Plombierens, Versiegelns
oder Verschließens.
Der Warenverschluß ist ein Kolloverschluß, wenn die einzelne Ware, ein Wagenraumverschluß, wenn mehrere
Stücke zusammen in einem Wagen verschlossen werden.
Nur die Zollbehörde ist zur Abnahme des Verschlusses befugt.
¶
Johannes, byzantin. Schriftsteller gegen Ende des 11. Jahrh., aus Konstantinopel
[* 52] gebürtig, bekleidete daselbst
am Hof
[* 53] des Alexios und JohannesKomnenos mehrere Ämter, unter andern das eines kaiserlichen Geheimschreibers,
zog sich aber später alsMönch auf den BergAthos zurück, wo er in hohem Alter 1118 starb. Seine »Annales« (Chronicon) stellen
die Ereignisse von der frühsten Zeit an dar und enthalten wertvolle Auszüge aus Josephus, den jetzt verlornen Abschnitten
des Dio Cassius, aus Polybios, Appianos, Plutarch u. a. Ausgaben lieferten Binder (Bonn
[* 54] 1841-44, 2 Bde.) und
Dindorf (Leipz. 1868-75, 6 Bde.).
Zonaras gilt auch als Verfasser eines von Tittmann (Leipz. 1808, 2 Bde.)
herausgegebenen griechischen Lexikons.
Teil einer Kugelfläche, welcher von parallelen Kreisen begrenzt wird; schrumpft der eine
dieser Kreise
[* 56] in einen Punkt zusammen, so geht die Zone in eine Kalotte oder Kugelkappe über, worunter man
den innerhalb eines Kreises gelegenen Teil der Kugelfläche versteht. In der mathematischen Geographie sind Zonen (Erdgürtel,
Erdstriche) Teile der Erdoberfläche, die zwischen zwei Parallelkreisen liegen, und man unterscheidet insbesondere fünf Zonen:
die heiße Zone zwischen den beiden Wendekreisen (23½° südl. bis 23½° nördl. Br.);
zwei gemäßigte
Zonen, eine nördliche und eine südliche, von einem Wendekreis bis zum Polarkreis derselben Hemisphäre (23½-62½° Br.) reichend,
und zwei kalte Zonen, die arktische u. antarktische, innerhalb der Polarkreise.
Die heiße Zone umfaßt etwa 10/25 der ganzen
Erdoberfläche, die beiden gemäßigten zusammen betragen 13/25 und die kalten 2/25. An jedem Punkte der
heißen Zone steht die Sonne
[* 57] an zwei Tagen mittags im Zenith; am Äquator liegen diese beiden Tage(21. März und 23. Sept.) um ½ Jahr auseinander,
weiter nach dem Wendekreis hin rücken sie näher zusammen, unter dem Wendekreis fallen sie auf den längsten
Tag zusammen. Unter dem Äquator sind Tag undNacht das ganze Jahr hindurch gleich lang; überhaupt aber ist innerhalb der heißen
Zone die Änderung der Tageslänge nur unbedeutend, selbst unter dem Wendekreis beträgt der längste Tag nur 13½ Stunden. In der
gemäßigten Zone steht die Sonne niemals im Zenith; die Änderungen der Tageslänge im Lauf desJahrs werden
immer beträchtlicher, je näher man dem Polarkreis kommt; unter diesem beträgt der längste Tag 24 Stunden, und ½ Jahr später
beträgt die längste Nacht ebenfalls 24 Stunden. Weiter im Innern der kalten Zone wird die Dauer des längsten,
sogen. immerwährenden Tags, dem ½ Jahr später eine ebenso lange immerwährende Nacht gegenübersteht, immer länger, bis
sie am Pol ½ Jahr beträgt.
(Gürtellinsen), große Glaslinsen, welche nach einer 1750 von Buffon angegebenen und 1822 von Fresnel verbesserten
Idee aus mehreren Gürteln oder Zonen bestehen, deren Oberflächenkrümmungen gleichen Brennpunkt haben.
Zonenlinsen vertragen viel weitere Öffnungen als gewöhnliche Glaslinsen, sind daher viel wirksamer als letztere
und werden auf Leuchttürmen (s. d.) und im Signalwesen benutzt.
Alle genannten zoologischen Fächer
[* 73] können zusammen als eigentliche, theoretische oder reine Zoologie bezeichnet werden. Ihr gegenüber
steht die angewandte Zoologie, welche die Tiere nur mit Rücksicht auf ihre Nützlichkeit oder Schädlichkeit
für den Menschen betrachtet und daher meist nur gewisse Tiergruppen (z. B. die Haustiere) eingehend behandelt. Als Zweige der
angewandten Zoologie unterscheidet man: die medizinische oder pharmazeutische Zoologie, welche sich mit den Tieren beschäftigt, die medizinisch
verwandt werden oder als Arzneimittel benutzte Substanzen liefern;
die landwirtschaftliche Zoologie, welche sowohl
diejenigen Tiere, die für die Zwecke der Landwirtschaft gezüchtet werden, als auch die den landwirtschaftlichen Kulturen und
Haustieren schädlichen Tiere bespricht;
Die Geschichte der Zoologie weist die allmähliche Entwickelung der wissenschaftlichen Kenntnisse vom Tierreich nach.
Die einzelnen zoologischen Fächer sind keineswegs gleichzeitig begründet worden, auch ist die Erforschung
aller den Menschen betreffenden Verhältnisse ihren eignen Weg gegangen. Die Anfänge der Zoologie reichen weit in das Altertum,
bis zu Alkmäon von Kroton (um 520 v. Chr.), zurück; indessen ist als eigentlicher Begründer der Zoologie Aristoteles anzusehen,
der zuerst alle damals bekannten zoologischen Thatsachen sammelte und ordnete.
Von großer Bedeutung war Albertus Magnus (im 13. Jahrh.), obwohl auch er sich im wesentlichen an Aristoteles und Plinius hielt.
Erst KonradGesner (im 16. Jahrh.), dessen Leistungen in jeder Weise grundlegend für die neuere Zoologie genannt
werden müssen, schilderte zum erstenmal die bekannten Tierformen von einem wirklich naturhistorischen Standpunkt aus und
gab im Vergleich mit frühern Versuchen außerordentlich gute Abbildungen. Neben ihm glänzten Wotton und Aldrovandi, doch ließen
es auch diese Forscher noch bei der äußerlichen Kenntnis der Tierformen bewenden.
Zwar wurden um dieselbe Zeit auch Zergliederungen von Tieren vorgenommen und beschrieben, indessen entsprangen diese anatomischen
Studien lediglich dem ärztlichen Bedürfnis und blieben in solcher Abhängigkeit von der Medizin noch lange. In eine der fruchtbarsten
Perioden trat die Zoologie durch die Erfindung des Mikroskops, welches Malpighi und Leeuwenhoek in die Naturwissenschaft
einführten. Hatte Swammerdam mit bewunderungswürdigem Fleiß den Leib der Insekten u. Weichtiere zergliedert und ihre Metamorphosen
geschildert, so gaben jene Forscher genaue Untersuchungen der Gewebe
[* 78] und der kleinsten Organismen.
MalpighisArbeit über den Seidenschmetterling stellte die erste vollständige Anatomie eines Gliedertiers dar. Leeuwenhoek
entdeckte die Infusionstierchen und Blutkörperchen,
[* 79] ein unter ihm arbeitender Student, Hamm,
[* 80] die Samenfäden, welche damals
und noch lange nachher als »Samentierchen« angesehen wurden. Eine Reihe andrer Gelehrter bereicherte die Zootomie mit wichtigen
Entdeckungen, und diese rege wissenschaftliche Thätigkeit wurde nun auch wesentlich dadurch gefördert, daß sich bereits
einzelne Vereinigungspunkte teils für persönliche Berührung, teils zur Sammlung der litterarischen
Arbeiten darboten. 1652 gründete Bausch in Schweinfurt
[* 81] mit drei andern
¶
mehr
Ärzten die Academia naturae curiosorum, die zu bedeutendem Ansehen gelangte und sich sogar bis in die Gegenwart zu erhalten
gewußt hat. Um dieselbe Zeit wurden auch die Royal Society in London
[* 83] und die Académie des sciences in Paris
[* 84] gestiftet. Den
ersten Schritt zum Neubau der Zoologie als Wissenschaft in der Form, in welcher sie nun bald 200 Jahre bestanden
hat, that der EngländerJohnRay (1693). Er wurde ein direkter Vorgänger Linnés und trat durch die Aufstellung des naturhistorischen
Begriffs der Art, durch die vorwaltende Berücksichtigung der Anatomie der Tiere als Grundlage der Klassifikation und durch die
Einführung von schärfern Definitionen bahnbrechend auf.
Die zahlreichen Arbeiten der Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfolger Rays gaben der Zoologie ein wissenschaftlich gesichertes Ansehen,
doch zeigte sich bei der Fülle des von allen Seiten herbeiströmenden Stoffes sehr bald die Notwendigkeit zu einem vorläufigen
Abschluß, der zugleich als neuer Ausgangspunkt dienen konnte. Einen solchen bewirkte der SchwedeKarl v.
Linné (Linnaeus). Dieser wurde, ohne sich gerade weitgreifender Forschungen und hervorragender Entdeckungen rühmen zu können,
durch die scharfe Sichtung des Vorhandenen zum Begründer einer neuen Forschungsrichtung und so gewissermaßen zum Reformator
der Wissenschaft.
Linné brachte die schon von Ray angedeuteten Verbesserungen des AristotelischenSystems zur Durchführung und teilte die
Tiere nach der Bildung des Herzens, nach der Beschaffenheit des Bluts, nach der Art der Fortpflanzung und Respiration in sechs Klassen,
nämlich in die Säugetiere, Vögel, Amphibien, Fische, Insekten und Würmer;
[* 86] die letzte Klasse enthielt, wie es nicht anders sein
konnte, ein buntes Gemisch der verschiedensten Tierformen. Linnés »Systema naturae«, das übrigens in
seinen 13 Auflagen wesentliche Veränderungen erlebte, erlangte eine weite Verbreitung und einen so großen Einfluß, daß
leider sogar noch heutzutage viele Anhänger desselben die strenge Methode der formellen Systematik für die Zoologie selbst halten
und die Bestimmung und Beschreibung der für unveränderlich erklärten Spezies als das einzige Ziel und
die eigentliche Aufgabe der Zoologie betrachten.
Dem gegenüber erhielt aber die eingehendere wissenschaftliche Behandlung des Gegenstandes eine bedeutende Kräftigung durch
Buffon und namentlich durch Bonnet, indem beide den zoologischen Einzelerfahrungen durch allgemeine Ideen einen geistigen Zusammenhang
zu geben versuchten. Zugleich nahm durch die Arbeiten von Reaumur, Rösel v. Rosenhoff, de Geer, Schäffer
u. a. die Kenntnis der Lebensgeschichte der Tiere in außerordentlichem Maße zu, und gleichzeitig wurde die vergleichende
Anatomie gefördert, welche allerdings unter dem Einfluß v. Hallers, des Schöpfers der Experimentalphysiologie, zunächst
in den Dienst der Physiologie trat und in erster
Linie die Lebenderscheinungen zu erklären versuchte. In
dieser Richtung legte Spallanzani durch seine Arbeiten den thatsächlichen Grund zu einer Theorie der Befruchtung,
[* 87] während KasparFriedrichWolff (1759) die Haltlosigkeit der Evolutionstheorie, nach welcher die Entwickelung eine bloße Vergrößerung und
Entfaltung des im Ei als vorgebildet anzunehmenden Keims sei, nachwies und so denGrund zur heutigen Entwickelungsgeschichte legte.
WolffsArbeiten gerieten aber zunächst in Vergessenheit, Epoche machte hingegen gleich bei seinem Auftreten Georg Friedr. Cuvier,
welcher 1812 eine wesentlich veränderte Klassifikation aufstellte, die seit Aristoteles den bedeutendsten Fortschritt der
Wissenschaft bezeichnete. Im Gegensatz zu der damals gültigen Ansicht von der Einheit der tierischen Organisation suchte er zu
zeigen, daß es im Tierreich vier Hauptzweige gebe, deren Unterabteilungen nur leichte, auf die Entwickelung
oder das Hinzutreten einzelner Teile gegründete Modifikationen seien.
Dieser brachte die Embryologie zu Ehren und wurde hierin von einer großen Anzahl Forscher um so eifriger
unterstützt, je mehr sich die Bedeutung dieses Wissenschaftszweigs für die gesamte Zoologie herausstellte. Auch
die vergleichende Anatomie, welche auf Grund der von Schleiden und Schwann aufgestellten Zellenlehre die mikroskopischen Verhältnisse
berücksichtigen lernte, erlangte großen Einfluß namentlich auf die Anschauungen über die niedern Tierformen,
von denen die meisten bis dahin gar nicht oder nur unvollkommen bekannt gewesen waren.