Europas aus einem Land stammen, wo
Griechisch die herrschende
Sprache
[* 2] war; auch slawische und rumänische
Elemente zeigen sich
in allen Zigeuneridiomen. Mit
Hilfe dieser
Elemente kann beispielsweise nachgewiesen werden, daß die spanischen Zigeuner ehedem
unter Griechen,
Slawen (etwa
Bulgaren) und
Rumänen längere Zeit gelebt haben, während wir in derMundart
der englischen Zigeuner überdies deutsche und französische
Wörter finden. Das Fehlen arabischer
Elemente in den Zigeunermundarten
Europas macht die
Annahme, daß die europäischen Zigeuner aus
Ägypten
[* 3] eingewandert seien, ganz unwahrscheinlich. In Byzanz finden
wir die Zigeuner, wie erwähnt, zu Anfang des 9. Jahrh.; auf
Kreta sind sie 1322 nachgewiesen, vor 1346 auf
Korfu,
[* 4] um 1370 in der
Walachei, 1398 in
Nauplia, ohne daß bekannt wäre, wann sie an jedem der genannten
Orte zum erstenmal
erschienen.
Als das
Datum ihres ersten Auftretens in
Ungarn
[* 5] wird 1417 angegeben, während böhmische
Annalen schon 1416 von Zigeunern erzählen,
ohne dieses
Volk als etwas früher nicht Gesehenes zu bezeichnen. In
Polen wahrscheinlich unter
Wladislaw
Jagello eingewandert, werden sie zuerst 1501 erwähnt; um dieselbe Zeit mögen sie auch in Rußland aufgetreten sein. Nach
Schweden
[* 6] kamen sie 1512. Im
Lande der
Basken werden sie vor 1538 nicht erwähnt; 1447 erschienen sie vor
Barcelona.
[* 7] In
England
sind sie
vor der Mitte des 15. Jahrh. unbekannt; 1531 wurde dort die erste
Verordnung gegen sie erlassen.
- Was den
Charakter der Zigeuner anlangt, so sind dieselben leichtsinnig, treulos, furchtsam, der
Gewalt gegenüber kriechend, dabei
rachsüchtig, im höchsten
Grad cynisch und da, wo sie glauben es wagen zu können, anmaßend und unverschämt.
Alle sind dem Betteln ergeben, gestohlen wird besonders von Weibern und
Kindern; offener
Straßenraub ist fast ohne
Beispiel.
Daß sie
Kinder stehlen, ist ebenso falsch wie die Beschuldigung des Kannibalismus. Die
Frauen und Mädchen der Zigeuner sollen unter
den
Tataren der
Krim
[* 8] sowie in
Spanien
[* 9] ebenso sittsam sein, als sie in
Ungarn und
Rumänien
[* 10] zügellos sind.
In religiösen
Dingen völlig indifferent, huldigen die Zigeuner zum
Schein der
Religion des
Landes; wo sie
Christen sind, sind sie
bereit, ihre
Kinder öfters taufen zu lassen, um Patengeschenke zu erhalten.
Sie heiraten immer unter sich. Die Zigeuner binden sich nur ausnahmsweise an feste
Wohnsitze, ihre
Häuser stehen
dann am Ende des
Ortes; die wandernden beschränken ihre
Züge meist auf das Land ihrer
Geburt, und wenn sie es verlassen, geschieht
es immer mit dem
Gedanken an Rückkehr. Unter ihren Beschäftigungen nimmt die Kleinschmiederei von
Nägeln,
Hufeisen,
[* 11]
Maultrommeln
u. dgl. die erste
Stelle ein; sie flicken
Kessel,
Pfannen, Töpfe, verfertigen hölzernen Hausrat, geben
sich mit
Goldwäscherei ab, sind
Bärenführer. Der Pferdehandel, welcher der
List ein weites
Thor öffnet, ist eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen
in allen
Ländern;
die
Musik wird von den Zigeunern im
OstenEuropas mit Vorliebe und Erfolg gepflegt;
der
Tanz der Zigeunerinnen
ist lebendig und soll an den der indischen
Bajaderen erinnern;
Hinsichtlich der Körperbeschaffenheit der Zigeuner ist zu bemerken, daß die Zigeuner keineswegs schwarz von
Hautfarbe sind. Wenn man über schwarzen
Samt olivenfarbigen
Flor legte, so würde dies ungefähr den
Eindruck
wiedergeben, den die
Epidermis
[* 13] der Zigeuner auf das
Auge
[* 14] macht.
Ihre Gesichtsfarbe ist meist lichter als die
Hautfarbe des übrigen
Körpers, aber ohne eine
Spur des dem
Europäer eigentümlichen
Rot; die
Leidenschaft ruft nur eine größere
Blässe des
Gesichts
hervor. Im allgemeinen sind die Zigeuner von mittlerer
Statur, schlank, von schöner Muskulatur der
Schultern,
Arme und
Beine; sie haben kleine
Füße und
Hände und lange, zugespitzte
Finger.
Fettleibigkeit kommt nur bei alten Weibern vor. Die schönen
Formen der Zigeuner erinnern an bronzene Meisterwerke der
Plastik aus
dem
Altertum. Sie haben etwas schief gegen die
Schläfe aufsteigende und lang gewimperte, schwarze, höchst
lebendige
Augen, meist einen feinen
Mund mit schönen, gerade stehenden, weißen
Zähnen. Die
Nase
[* 15] ist gewöhnlich wohlgeformt
und etwas gebogen; das
Kinn ist rund, die
Stirn hoch, häufig aber durch das lange, straffe und starke
Haar
[* 16] bedeckt. Aus den
glühenden
Augen blitzt tierische Wildheit hervor; unstet schwankt der
Ausdruck zwischen Schlauheit,
Furcht
und
Haß; die wohlgeformte
Stirn drückt die Begabtheit des
Geistes aus. - Die Zahl der Zigeuner in
Europa
[* 17] beträgt wohl über 700,000,
von denen auf die Türkei
[* 18] 500,000, auf die österreichische
Monarchie 156,000 entfallen. Man hat die Gesamtzahl der Zigeuner in
den drei
Weltteilen zu 5 Mill. geschätzt, was jedenfalls eine arge Übertreibung ist.
Die Litteratur über die Zigeuner ist sehr reich. Hervorzuheben sind: Grellmann,
HistorischerVersuch über die Zigeuner
(Götting. 1787),
worin zuerst auf
Indien als die
Heimat der Zigeuner hingewiesen ist;
Románo czibákero sziklaribe
(Budap. 1888); Colocci, Gli Zingari
(Tur. 1889);
»Journal of the
Gipsy lore Society« (Edinb. 1888-89).
Vgl. ferner über die
Zigeuner einzelner
Länder: Paspati, Études sur les Tschinghianés ou Bohémiens de l'empire ottoman
(Konstant. 1870), ein für
die
Grammatik und das
Lexikon des am besten erhaltenen Zigeuneridioms grundlegendes Werk; Bornemisza, Über
die
Sprache der Zigeuner
(Pest 1853, ungar.);
der zwölfte
Monat des mohammedan.
Mondjahrs, der Pilgermonat, während dessen allein der Besuch der
Kaaba
und des
GrabesMohammeds gestattet ist. In diesen
Monat fällt auch das Kurbanfest (s.
Beiram).
von 1865 an mit Ballauf »Monatsblätter
für wissenschaftliche Pädagogik« (Leipz.) heraus. An Stelle der letztern trat seit 1868 das »Jahrbuch
des Vereins für wissenschaftliche Pädagogik«.
eins der Hauptthäler Tirols, vom Ziller, einem Nebenfluß des Inn, durchströmt, ist gegen 18 Stunden lang
und von den hohen Gletschern der Zillerthaler Gruppe begrenzt, gegen N. aber, wo es in das Innthal ausmündet, ziemlich fruchtbar.
Die Zillerthaler Alpen
[* 27] werden vom Wippthal, dem Inn, dem Ziller (bis Zell), dem Gerlosthal, dem Krimmler Achenthal
und dem Ahrenthal und im S. vom Pusterthal eingeschlossen und erstrecken sich somit vom Brenner bis zum KrimmlerTauern.
Die höchsten Gipfel des Hauptzugs sind: Hochfeiler (3506 m), Mösele (3480 m), Löffelspitz (3386 m) und
Schwarzenstein (3367 m);
eine besondere Gruppe bilden die westlichen, durch das Pfitscher Joch von den übrigen Zillerthaler
Alpen geschiedenen Tuxer Ferner (mit dem Olperer, 3489 m).
Die Bergtouren in den Zillerthaler Alpen sind durch Errichtung mehrerer
Alpenunterkunftshütten in den letzten Jahren zugänglicher gemacht worden. Die obern an Wasserfällen reichen
Seitenthäler drängen sich weit ins Hochgebirge, so schon das Gerlosthal bei Zell; bei Mairhofen aber zerteilt sich das Thal
[* 28] fächerförmig in vier »Gründe«: den Ziller- und den Stillupgrund, das Zemmthal und Tuxer Thal, welche beiden letztern dauernd
bewohnt sind. Die frequentesten Übergänge sind das Pfitscher und das Tuxer Joch, beide zur Brennerbahn.
Von Mairhofen abwärts ist das Thal weit und freundlich, und es folgt ununterbrochener blühender Anbau und außer den beiden
Hauptorten Zell und Fügen eine Reihe von Ortschaften, welche meist ein freundliches Ansehen haben und mit schönen Obst- und
andern Bäumen geziert sind. Das Zillerthal umfaßt eine Fläche von 940 qkm (17,11 QM.) mit 14,000
Einw. Es gehört zur Bezirkshauptmannschaft Schwaz und bildet zwei Gerichtsbezirke: FügenundZell. Die Zillerthaler sind selbst
in Tirol
[* 29] ihrer schönen, kräftigen Gestalt wegen gerühmt und ihre hübschen Alpenlieder überall beliebt.
Der Hauptreichtum des Zillerthals
ist Viehzucht;
[* 30] es gehört in dieser und in Bezug auf Käsebereitung
zu den fortgeschrittensten Gegenden Tirols. Der Ackerbau ist beträchtlich, aber das Getreide
[* 31] doch nicht für den Bedarf hinreichend.
Daher wandern viele ärmere Einwohner als Händler mit Handschuhen, Teppichen etc. ins Ausland. Die Industrie ist durch eine Nadelfabrik
in Fügen vertreten. Erwähnenswert ist auch die Gewinnung von Granaten
[* 32] in Tux und im Schwarzensteingrund.
In neuerer Zeit erregte das Zillerthal dadurch Aufmerksamkeit, daß sich etwa 400 Personen von der katholischen Kirche lossagten,
zum Protestantismus übergingen und, als man ihnen Schwierigkeiten in den Weg legte, 1837 nach Schlesien
[* 35] auswanderten, wo sie
bei Erdmannsdorf die Kolonie Zillerthal gründeten.
(Simbabye, Zimbaoé), Ruinenstätte in Südostafrika, unter 20° 14' südl. Br. und 31° 48' östl. L. v. Gr., 304 km
von Sofala an der Ostküste entfernt, im Lande der Makalaka, wird schon von den alten portugiesischen Schriftstellern de Barros
und dos Santos erwähnt und wurde 1871 von K. Mauch von neuem entdeckt und beschrieben. Die Ruinen bestehen
aus zwei gesonderten Teilen, deren einer auf einem 50 m hohen Granithügel, der andre am Fuß desselben liegt.
Auf dem Hügel verlaufen bis 100 m lange und 10 m hohe Mauern aus behauenen, quaderförmigen Granitsteinen,
welche ohne Mörtel zusammengefügt sind. Die Ruine im Thal, aus demselben Material erbaut, ist ein Rundbau mit zum Teil 8 m
hoher Einfassungsmauer von 70 m Durchmesser, in welcher labyrinthisch verschlungen andre 3 m hohe Mauern liegen und ein 10 m
hoher Rundturm sich erhebt. Sie dienten wahrscheinlich Befestigungszwecken. Da Gold
[* 37] in der Gegend von
Zimbabye gefunden wird, so haben Mauch u. a. hierher das OphirSalomos verlegt und in den Ruinen phönikische Arbeit erkennen wollen;
doch liegen hier wahrscheinlich sehr alte Bauten der Bantu (s. d.) vor, wie sie auch an andern Stellen Südafrikas gefunden
wurden.
Vgl. Mauch, Reisen im Innern von Südafrika
[* 38] 1865-72 (Gotha 1877).
(Cymbelstern), eine Spielerei an mancher ältern Orgel, ein am Prospekt sichtbarer Stern mit kleinen Glöckchen;
derselbe wird vermittelst eines durch einen besondern Registerzug regierten Luftstroms in Bewegung gesetzt und bringt dann
ein für die Kunst wertloses Klingeln hervor. Vgl. Cymbalum.
Die nach einheitlichen Stil- oder Geschmacksgrundsätzen geregelte Zimmerausstattung ist erst
seit der Reform des Kunstgewerbes zu Anfang der 70er Jahre ein selbständiges Gebiet künstlerischer Thätigkeit
¶
mehr
geworden. In Zeiten, in welchen ein festgeschlossenes Kunstleben alle Zweige des Handwerks beherrschte, ergab sich eine harmonische
Ausstattung der Zimmer aus der Gewöhnung und Überlieferung. Edelleute und Patrizier besaßen eigne Häuser, in welchen die FamilieGenerationen hindurch seßhaft blieb. Mit der Architektur des Hauses zugleich wurde der Schmuck der Wände
und Decken einheitlich hergestellt. Die guten Materialien, welche man anwendete, die sichere Handhabung traditioneller Muster
verliehen dem Ganzen einen harmonischen Gesamtcharakter.
Eine Verwirrung auf diesem Gebiet trat erst im 19. Jahrh. ein, als die Fabrik- und Maschinenthätigkeit dem geschlossenen
Handwerk Abbruch that und ohne Rücksicht auf die besondern Stellen, an welchen ein Stück angewendet werden
sollte, billige Massenartikel herzustellen anfing. Damit begann ein schneller Wechsel derMode, dessen Begünstigung im Interesse
der Fabrikanten und der von ihnen beschäftigten Arbeiter lag. Jeder einzelne Handwerker arbeitete für sich ohne Rücksicht
auf die andern mit der Absicht, seinem Erzeugnis zum möglichst großen Erfolg zu verhelfen, und zerstörte
hierdurch die Gesamtwirkung des mit solchen Stücken ausgestatteten Raumes.
Das schnelle Wachstum der großen Städte mit ihren Mietwohnungen, der Übelstand, daß nur ein verschwindender Bruchteil
der Bevölkerung
[* 40] jetzt noch auf eignem Grund und Boden wohnt, haben zu diesem Verfall der Zimmerausstattung das meiste beigetragen. In dem Miethaus
der großen Städte nimmt man als Maßstab
[* 41] für die Bedeutung der Zimmer die Zahl der Fenster an und legt mehr Wert darauf, viele
Zimmer als einige wirklich bewohnbare geschlossene Räume zu haben. Hierdurch entstehen kleine, von Thüren zerrissene, von
unruhigem Licht
[* 42] durchsetzte Gemächer. Da die Ausstattung der Wände bei jedem Wechsel der Mieter erneuert
werden muß, so treten an Stelle der alten Holzvertäfelungen, der Leder- und Stofftapeten billige Papiertapeten, bei welchen
eine möglichst kräftige Wirkung für weniges Geld erstrebt wird.
Die Verwahrlosung des Geschmacks in der Richtung eines groben Naturalismus verdarb die Tapeten noch mehr. Die Öfen
[* 43] wurden unter
dem Einfluß Schinkels und seiner Schule nur aus weißen Kacheln unter Hinzuziehung von grauen oder gelben Bekrönungen und
Zieraten von unglasiertem Thon angefertigt und sind bis jetzt noch in überwiegender Herrschaft geblieben. Ebenso wurden Thüren
und Decken meist weiß gehalten. In diese kalte Umgebung kamen Teppiche von schreienden Farben und unruhigen
Mustern und Möbel,
[* 44] welche durch glänzende Farben und stilwidrige Schnitzereien eine möglichst starke Wirkung hervorzubringen
suchten. Die vordringliche Vergoldung der Bilder und Spiegelrahmen, das Einfügen einzelner bunt bemalter Porzellane von harten,
hellen Farben vervollständigten diese Ausstattung.
Die Stilreform hat sich in erster Linie der Zimmerausstattung zugewendet. In Frankreich und England war eine Besserung
dadurch erzielt worden, daß einzelne geschickte Leute in Paris
[* 45] und London
[* 46] große Magazine begründeten, in welchen alles, was
zur Zimmerausstattung gehört, hergestellt oder wenigstens auf Lager
[* 47] gehalten wird, so daß die einheitliche Zusammenstellung von Tapeten,
Teppichen, Stoffen und Möbeln möglich war. Viele dieser Magazine haben sich in der Folge so weit entwickelt,
daß selbst Kunstwerke von Bronze,
[* 48] Majolika und andern edlen und künstlerisch bearbeiteten Materialien, persische, chinesische
und indische Schmuckgegenstände sowie Antiquitäten, wie alte Gobelins, Waffen
[* 49] u. dgl., zur Dekoration
von Zimmern genügend
vorhanden sind. In Deutschland
[* 50] und Österreich
[* 51] hat sich diese Art der Veranschaulichung von Zimmerausstattungen
durch private Unternehmer und kunstgewerbliche Vereinigungen ebenfalls sehr schnell eingebürgert und große Ausdehnung
[* 52] angenommen,
nachdem die Architekten die Ausstattung von Innenräumen in einheitlichem, dem gesamten Bau entsprechendem Stil übernommen und
zu einem Zweig ihrer künstlerischen Thätigkeit gemacht hatten. Die Wirkungen dieser Bemühungen sind zuerst auf den Ausstellungen
in Wien 1873, in München
[* 53] 1876 und in Berlin
[* 54] 1879 in einer ganzen Reihe vollständig ausgerüsteter Zimmer
zu Tage getreten, und danach haben alle lokalen und nationalen Kunstgewerbeausstellungen ein Hauptgewicht auf Vorführung
von Zimmereinrichtungen gelegt.
In demjenigen Zweig der modernen Zimmerausstattung, der an die Renaissance anknüpft, geht man darauf aus, vor allem eine
ruhige und harmonische Wirkung zu erzielen. Zu dem Holzwerk der Thüren und Fenster, welchem man seine natürliche Farbe läßt,
kommt, wenn die Mittel es gestatten, die Wandvertäfelung von mäßiger Höhe, welche dem untern Teil der Wand Schutz gegen
Beschädigungen gewährt und für die Sitzmöbel einen ruhigen Hintergrund abgibt. Die Tapeten sind fast
durchgehends durch die modernen Bestrebungen zu bessern Mustern gelangt.
Flach gehaltene Muster von wenig hervortretendem Relief in neutralen Tönen sind vorherrschend. Der kalkigweiße Ofen mit seinen
glatten Wänden weicht einem reichverzierten, mannigfach gegliederten Aufbau aus Kacheln und Architekturteilen von warmer, farbiger
Glasur. Für die Teppiche und Stoffe sind vor allem die orientalischen Muster mit ihren reichen und doch
harmonischen Färbungen maßgebend. Für die Möbel dringt man allseitig wieder auf echtes Material, eine solide, klare Konstruktion;
das Holz
[* 55] tritt mit dem schönen Glanz seiner natürlichen Erscheinung auf, mit Schnitzerei geschmückt;
Alles geht darauf hinaus, ein behagliches und ruhiges Gesamtbild zu geben, in welches sich der
Besitz an schönem verzierten Hausgerät harmonisch einordnet. Ein solches Zimmer mit dem großen Sofa und dem großen Familientisch
vor demselben als Mittelpunkt, mit seinen für das Familienleben und den langen deutschen Winter bestimmten Vorratsschränken,
seinem reichgeschmückten Ofen und dem für die Hausfrau gezierten Ehrensitz ist keine zufällige Liebhaberei,
sondern hat seine innere Bedeutung und bleibende Berechtigung darin, daß es ein treues Abbild des deutschen Familienlebens
gibt, in welchem die Wohnstube mit dem Familientisch den wirklichen Mittelpunkt des Lebens ausmacht.
Neben diesen Bestrebungen, dem deutschen Wohnzimmer einen nationalen Charakter zu geben, hat sich in den
neuesten Entwickelungsphasen des Kunstgewerbes, welche sich auch an den Barock- und Rokokostil angeschlossen haben, der Nachahmungstrieb
insofern geltend gemacht, als für gewisse Räume Stileinrichtungen gewählt werden, welche dem Charakter derselben angemessen
sind. So werden für Damenboudoirs und Tanzsäle Rokokoeinrichtung, für Herrenzimmer orientalische Ausstattung,
¶
mehr
für Jagdzimmer gotische Stilformen u. dgl. gewählt,
und selbst im japanischen, persischen und maurischen Geschmack werden Räume eingerichtet und dekoriert. Man begnügt sich
damit, innerhalb eines Raums eine gewisse Einheitlichkeit zu erreichen, und läßt im übrigen dem individuellen Geschmack
freien Spielraum.
der Betrieb von geregelten Leibesübungen, soweit sie in Wohnräumen ohne viel Gerätzurüstung ausgeführt
werden können, teils als reine Heilgymnastik (s. d.), teils in Ermangelung und als Ersatz anderweiter regelmäßiger Bewegung
vorgenommen; sie entnimmt den Stoff meist den Freiübungen (s. d.) im Stehen oder Liegen, den Hantel-, Stabübungen
u. dgl. Von den zur Zimmergymnastik verwendbaren
Geräten ist das vielseitigste der sogen. Baconsche Apparat, welcher teils als Schaukelringpaar zu Hang und Stütz, teils als
Reck dienen kann.
Chronik, deutsches Geschichtswerk des 16. Jahrh., welches, an die
Geschichte der schwäbischen Herren (später Grafen) von Zimmern anknüpfend, Sagen, Lieder, Gebräuche, Anekdoten u. dgl. in behaglicher
Breite
[* 59] mitteilt und daher für die Erforschung des damaligen Volkslebens wertvollen Stoff bietet; Verfasser sind GrafFrobenChristoph von Zimmern (gest. 1566) und sein Sekretär
[* 60] HansMüller (gestorben um 1600), welche für das 15. Jahrh.
nach guten mündlichen Überlieferungen, für das 16. Jahrh. meist nach eignen Erlebnissen berichten. Das Werk
wurde von Barack herausgegeben (2. Aufl., Freiburg
[* 61] 1881, 4 Bde.).
die den Grund zu seiner Berühmtheit
legte. Nach einer Reise durch Holland und Frankreich ward er Stadtphysikus zu Brugg und verfaßte hier unter
anderm seine berühmten Schriften: »Über die Einsamkeit« (Zürich
[* 64] 1755; gänzlich umgearbeitet, Leipz. 1784-85, 4 Bde.),
Seit 1872 pensioniert, starb er Aus seinem Nachlaß erschien: »Der Gustav-Adolf-Verein nach
seiner Geschichte, seiner Verfassung und seinen Werken« (Darmst. 1878).
FreundExner (s. d. 1) in der damaligen Studienhofkommission, später in dem k. k.
Unterrichtsministerium zu Wien für die Reform des österreichischen Gymnasialwesens im Josephinischen Sinn thätig, zog sich
1849, wegen Kränklichkeit in den Ruhestand versetzt, auf seine Besitzung bei Prag zurück, wo er, ausschließlich mit Philosophie,
seinem Lieblingsstudium, beschäftigt, starb. SeinenLehrerBolzano verteidigte Zimmermann gegen den
LeipzigerProfessorKrug in der Schrift »Krug und Bolzano« (Sulzb. 1839). Außer zahlreichen, meist philosophischen Aufsätzen hat
er auch dichterische Arbeiten geliefert.
5) Wilhelm, Dichter und Geschichtschreiber, geb. zu Stuttgart,
[* 77] studierte in Tübingen
[* 78] Theologie, lebte von 1830 bis 1840 als
Privatgelehrter in Stuttgart, wurde 1840 Diakonus zu Urach, 1847 Professor an der polytechnischen Schule zu Stuttgart, aber 1850 wegen
politischer Meinungen seiner Stelle enthoben. 1854 erhielt er die Pfarre in Leonbronn, 1872 die Stadtpfarrei inOwen und starb in
Mergentheim.
[* 79] Von ihm erschienen: »Gedichte« (Stuttg. 1832, 3. Aufl.
1854),
»Illustrierte Geschichte des deutschen Volks« (das. 1871-77, 3 Bde.).
Auch bearbeitete er die 4. Auflage von Wirths »Deutscher Geschichte« (Stuttg. 1865, 4 Bde.).
6) Johann von, Industrieller, geb. zu Papa inUngarn, arbeitete zuerst praktisch in der Werkstatt seines Vaters, dann
in der Fabrik eines Verwandten zu Großwardein
[* 81] im Bau von Turmuhren und landwirtschaftlichen Maschinen, war
darauf in verschiedenen Fabriken zu Wien, München und Chemnitz
[* 82] thätig, etablierte sich 1844 mit einem Arbeitsgenossen in Chemnitz
und fabrizierte feinere Maschinenteile, hauptsächlich Cylinder für Spinnmaschinen.
[* 83] 1848 trennte er sich von seinem Teilhaber,
und seit 1854 betrieb er speziell den Werkzeugmaschinenbau und brachte, trotz des herrschenden Vorurteils
für englisches Fabrikat, sein Unternehmen zu gedeihlichem Fortgang. 1858 lieferte die Fabrik mit 150 Arbeitern 4100 Maschinen, 1870 mit 1000 Arbeitern
60,200 Maschinen, welche nach allen LändernEuropas, nach Amerika,
[* 84] Afrika
[* 85] und Asien gingen.
Nach dem deutsch-französischen Krieg wurde die Fabrik durch Anlage eines Zweigetablissements (Eisengießerei
[* 86] und Werkzeugmaschinenbau
für Holzbearbeitung)
[* 87] erweitert, das allein 250 Arbeiter beschäftigt. Zimmermann hat den deutschen, speziell den
sächsischen, Werkzeugmaschinenbau eigentlich ins Leben gerufen und namentlich den Holzbearbeitungsmaschinenbau zu umfangreichem
Betrieb entwickelt. Wegen der von ihm eifrig angestrebten Förderung der IndustrieUngarns durch Unterstützung der Schulen und
gewerblichen Anstalten wurde er vom Kaiser von Österreich in den erblichen Adelstand erhoben. Am ging
seine Fabrik unter dem Namen der »Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik« an eine Aktiengesellschaft über, in welche Zimmermann als Generaldirektor
eintrat.
10) Max, Maler, Bruder des vorigen, geb. zu Zittau, wollte anfangs Musiker werden und widmete sich erst unter Anleitung
seines BrudersAlbert der Malerei. Seine Landschaften zeichnen sich durch kräftige Färbung und ernste Stimmung
aus; besonders geschätzt sind seine Eichenbilder. Er hat auch schöne Waldradierungen ausgeführt. Zimmermann starb in
München, seinem langjährigen Wohnort.
13) Ernst, Maler, Sohn von Zimmermann 11), geb. zu München, erhielt
1868 von seinem Vater den ersten
Kunstunterricht, besuchte dann die Akademie und wurde daselbst zuletzt Schüler von Wilh. Diez, bei welchem er bis 1874 arbeitete.
Nachdem er einige humoristische Genrebilder (alter, seine GeigeflickenderMönch, 1871; Seiltänzer in einer Dorfscheune, 1874;
junge Prinzessin, spazieren gehend, 1877) gemalt hatte, nahm er 1879 mit dem zwölfjährigen Christus im
Tempel
[* 107] einen Aufschwung zur Geschichtsmalerei mit besonderer Betonung
[* 108] des koloristischen Elements, das sich teils an die Venezianer,
teils an Correggio anschließt. Seine spätern, auch durch Feinheit und Liebenswürdigkeit der Charakteristik ausgezeichneten
Hauptwerke sind: die Anbetung der Hirten (1883),Christus und die Fischer (1886),Christus Konsolator (1888)
und die Genrebilder: Musikunterricht, die böse Gans, der Aufschneider, die Geschäftsfreunde. Er ist königlicher Professor.
Wie die Grundsteinlegung (s. d.) eines Gebäudes, so wird auch die Vollendung desselben
im ersten Umriß durch einen feierlichen Akt begangen, der sich gewöhnlich an die Aufrichtung des hölzernen Dachgerüstes
knüpft (daher im Volksmund das Richten des Hauses genannt), wobei eine Verzierung der höchsten Dachfirste
mit grünem Schmuck, sei es in Form einer Krone oder eines grünen, mit farbigen Bändern geschmückten Bäumchens oder mit
Kränzen, stattfindet und der Bauleiter, sei es der Zimmermann oder Maurerpolier, eine feierliche Rede (daher Kranzrede genannt)
zur Weihe des Hauses hält und eine festliche Bewirtung aller beim Bau beschäftigten Personen die Zeremonie
schließt.
Bei öffentlichen und namentlich kirchlichen Gebäuden werden auch wohl ebenso wie in den Grundstein Dokumente, Münzen,
[* 109] Denkzeichen
aller Art in den Turmknopf eingeschlossen. Die Sitte erinnert an den Schmuck der Dachfirste oder des Giebels mit schützenden
Emblemen, sei es der gekreuzten Pferdeköpfe in deutschen und wendischen Ländern, welche als seuchenabwehrend
galten, des Donnerbesens (s. d.) in den Vierlanden als Wetterbannung, des Hahns auf der Wetterfahne als Symbols der Wachsamkeit,
des an den Giebel oder auf die Schwelle genagelten Hufeisens als Schutzmittels. In Siam und Polynesien setzt man im
ähnlichen Sinn Firstmasten oder geschnitzte Figuren auf den Hausgiebel, und den Sinn aller dieser Maßregeln, die Beschützung
des Hauses und seiner Bewohner vor Blitz-, Feuer-, Seuchen- und andrer Gefahr, faßt der oft in gebundener Rede von oben herab gehaltene
Zimmermannsspruch in kurzer, kerniger Form zu einem Segensspruch für das neue Haus und alle seine Bewohner
zusammen.
Vgl. »Zimmermannssprüche und Kranzreden« (8. Aufl.,
Weim. 1887).
Helen, engl. Schriftstellerin, geb. zu Hamburg,
[* 110] kam schon als Kind nach England, wurde 1868 Mitarbeiterin
der Wochenschrift »Once a week« und gab gesammelte Erzählungen unter den Titeln: »Stories in precious stones« (1873),
»Told by the ways« (1874),
»Half-hours with French novelists« (1881, 2 Bde.)
und »Stories from foreign novelists« (2. Aufl.
1885) heraus. Ernstere Arbeiten von ihr sind: »Schopenhauer, his life and philosophy« (1876),