Wolle (Streich- und Kammwolle, technische Behandlung)
mehr
der es an
Dehnbarkeit fehlt, heißt spröde. Die
Festigkeit
[* 2]
(Stärke,
[* 3]
Kraft,
[* 4]
Nerv, Haltbarkeit) ist unter Berücksichtigung der
Feinheit und der übrigen
Eigenschaften zu ermitteln. Ein einfaches Wollhaar erfordert zum Zerreißen je nach Feinheit und
Güte ein
Gewicht von 3-46 g. Die
Elastizität soll einen mittlern
Grad erreichen und eine Flocke Wolle nach
dem Zusammendrücken oder Ausdehnen ihre ursprüngliche Gestalt langsam und gleichmäßig (nicht plötzlich, gleichsam im
Sprung) wieder annehmen.
Die Wollgattungen sind ebenso zahlreich wie mannigfach; vom technischen
Gesichtspunkt aus unterscheidet
man aber nur zwei
Klassen:
Streich- und
Kammwolle. Die
Streichwolle (Kratzwolle, Tuchwolle), welche zur
Darstellung tuchartiger
Gewebe
[* 5] dient, die in der
Walke eine tuchartige
Decke
[* 6] erlangen, in der
Regel auch gerauht und geschoren werden, umfaßt alle entschieden
gekräuselten
Wollen von weniger als 100
mmLänge (im ausgestreckten Zustand).
Die natürliche
Kräuselung der Wolle befördert die Filzbildung, und je kürzer und feiner die einzelnen
Haare
[* 7] sind, um
so mehr
Haar-Enden und
-Spitzen kommen in einem gleichen
Gewicht des
Garns vor. Die
Kammwolle dient dagegen zur Verfertigung glatter
Wollzeuge, bei denen die
Fäden von keiner Filzdecke versteckt werden, und zu Strickgarnen. Sie muß eine bedeutende
Länge,
große
Festigkeit besitzen und womöglich schwach gekräuselt oder ganz schlicht sein.Große Feinheit
kommt hier weniger in Betracht und ist nur zur Herstellung besonders weicher
Stoffe erforderlich; wohl aber wird die Weichheit
sehr geschätzt, weil sie sanfteres Anfühlen und gefälligen
Faltenwurf bewirkt.
Die rohe Wolle ist sehr unrein; reine Merinowolle verlor z. B. durch
Trocknen 12-16 Proz., gab an
Äther 8-28 Proz., weiter
an
Alkohol 3-7, an
Wasser 8-11 Proz. ab, enthielt Schmutz 12-32 Proz. und reines Wollhaar
23-55 Proz.
Andre Untersuchungen roher Wolle ergaben:
Abgesehen von
Staub etc., besteht die wesentlichste Verunreinigung der Wolle aus der mehr oder
weniger eingetrockneten Hautausdünstung des
Tiers, dem
Wollschweiß. Dieser bildet eine zähe, fette
Schmiere und findet sich
am reichlichsten auf der feinen Wolle. Er gibt an
Wasser eine seifenartigeVerbindung des
Kalis mit
Fett ab und
enthält außerdem
Kali- und
Kalksalze,
Cholesterin und ähnliche
Körper. In
Deutschland
[* 8] wird die Wolle in der
Regel zunächst auf
dem
Rücken der
Tiere gewaschen (Pelzwäsche, Rückenwäsche), wobei man das Schwemmen
(Schwimmen der
Schafe
[* 9] in
Fluß oder
Teich),
die Handwäsche, Sturzwäsche
(Spülen der gewaschenenSchafe unter einem
Strahl) und Spritzwäsche
(Waschen
der eingepferchten
Schafe mittels einer
Feuerspritze) unterscheidet.
Sehr vorteilhaft wäscht man zuerst mit reinem
Wasser von 32-34°, dann mit Seifenwurzelabkochung von 37-44° und erzielt
dadurch ausgezeichnete
Weiße mit
Glanz und
Geschmeidigkeit. Rohe Wolle verliert durch die Pelzwäsche mit kaltem
Wasser 20-70,
meist 40-60 Proz. am
Gewicht. Ist die Wolle wieder vollständig getrocknet, so wird sie, etwa am dritten
Tag, mit den Schafscheren glatt vom
Körper abgeschnitten, wobei man das
Vlies möglichst zusammenzuhalten sucht. Die Wolle von
den
Füßen,
Backen und dem
Schwanz bleibt gesondert
und bildet die
Stücke; die groben, haarigen Teile heißenLocken.
In der
Regel werden die
Schafe jährlich einmal (Mitte Mai bis Anfang Juli) geschoren (einschürige Wolle, Einschur); in manchen
Gegenden aber schert man langwollige
Schafe im Frühjahr und
Herbst (zweischürige Wolle, Zweischur); noch nicht ein Jahr alte
Tiere geben die weiche, seidenartige Lammwolle. Über die
Ausbeute s.
Schaf,
[* 10] S. 381.
Alle von lebenden
Tieren gewonnene Wolle heißt Schurwolle im
Gegensatz zur Wolle gefallener
Tiere (Sterblingswolle), die weniger fest
und elastisch ist und sich schlecht färbt.
Gerberwolle
(Raufwolle) wird in den
Weißgerbereien und Saffianfabriken mittels
Kalks von den
Fellen abgenommen und ist zum
Spinnen,
[* 11] besonders wenn sie mit langer Wolle gemischt wird, ganz
brauchbar. Die Pelzwäsche ist für die Verarbeitung der Wolle noch nicht ausreichend, da sie noch sehr viel
Wollschweiß zurückläßt.
Diesen zu entfernen, dient die Fabrikwäsche
(Entschweißen, Entfetten), welche entweder mit
Wasser von 50-75°, oder besser
mit schwachem Seifenwasser (5-15 kg
Seife auf 100 kg
Wasser), schwacher
Lösung von
Pottasche,
Soda oder kohlensaurem
Ammoniak, oder verdünntem, gefaultem (daher kohlensaures
Ammoniak enthaltendem)
Harn durch
Hand- oder Maschinenarbeit ausgeführt
wird. Die gewaschene Wolle wird schließlich gespült und am besten im nicht erwärmten Luftstrom getrocknet.
Auch
Seifenwurzel und Quillajarinde wird zum
Waschen benutzt und in neuester Zeit
Schwefelkohlenstoff. Diese gründliche
Reinigung der Wolle geschieht in besondern
Anlagen, sogen. Wollwäschereien, oder in
Fabriken und zwar neuerdings wohl
ausschließlich mit
Maschinen, in welchen zunächst das
Fett verseift oder emulsioniert und dann ausgewaschen, zuletzt aber
die Wolle getrocknet wird. Dies muß in ununterbrochener
Weise und mit vollkommener
Schonung der Wolle, namentlich mit Vermeidung
jeglicher Verfilzung, ausgeführt werden.
Die erste
Maschine
[* 12] dieser Art, welche zugleich eine große quantitative Leistungsfähigkeit besaß und daher den
NamenLeviathan
erhielt, wurde 1863 von
Melen in
Verviers konstruiert und ist das Vorbild für alle spätern
Waschmaschinen geblieben. Sie bestand
aus einem langen Eisentrog, an dessen einem Ende die Wolle zugeführt wurde, um sodann von einer
Tauchertrommel gefaßt und unter die Waschflüssigkeit gedrückt zu werden.
DreiSysteme von Rechen ergriffen darauf die Wolle, schoben
sie langsam durch den
Trog und zuletzt am andern Ende desselben in eine
Walzenpresse zum Auspressen der Waschflüssigkeit.
Das vollständige
Trocknen erfolgte nachträglich auf besondern Trockenapparaten. Die von
Mehl
[* 13] wesentlich
verbesserte
Waschmaschine
[* 14] (s. nebenstehende Abbild.) besteht zunächst
aus der großen Waschkufe K mit der innern kleinern
Kufek, in welcher das
Waschen stattfindet. Der in der
Kufe k aus durchlochtem
Blech hergestellte
RostR ist von einer Anzahl durchlöcherter
Röhren
[* 15] r durchzogen, welche an dem einen Ende in
das Hauptrohr L münden und an ihrem andern Ende mit einer
Schraube verschlossen sind.
Mittels einer
Luftpumpe
[* 16] oder einer
Dampfstrahlpumpe
wird nun erwärmte
Luft durch das Hauptrohr
L und von da durch die kleinen
Röhren r von der Gesamtfläche des
Rostes aus in
das in der
Kufe k befindliche Waschwasser getrieben. Durch die
Löcher des
Rostes R und durch die Zwischenräume
des Speisetisches T findet für das Waschwasser der beiden
Kufen K und k eine
Verbindung statt.
Zum Untertauchen und Fortschieben der Wolle dienen die vier
Trommeln D E F G. Jede
Trommel besteht aus einem hohlen
Cylinder, dessen
Inneres in sechs
¶
mehr
Kammern abgeteilt ist, und an dessen Umfang sich sechs Wülste befinden. Die Wülste, die Seiten- und innern Scheidewände sind
aus glattem, geschlossenem Blech hergestellt; dagegen sind die Umfangsteile zwischen den Wülsten aus glattem, gelochtem Blech.
Die innern Scheidewände sind mit Rücksicht auf die Drehrichtung der Trommeln so angeordnet, daß beim
Eintritt eines Wulstes ins Wasser der Kufe an dieser Stelle ein wasserleerer Raum im Innern der Trommel entsteht.
Sobald nun der folgende gelochte Umfangsteil ins Wasser kommt, dringt das Wasser durch dasselbe und füllt den leeren Raum der
betreffenden Kammer allmählich aus. Die Zahl der kleinen, 2-3 mm weiten Löcher ist so groß, daß die
Kammer gefüllt ist, wenn ihr Wulst am tiefsten Punkt im Wasser eingetaucht ist. Von da an bis zum Austritt des Wulstes aus dem
Wasser entleert die entsprechende Kammer wiederum das beim Eintritt aufgenommene Wasser. Sämtliche Trommeln erhalten durch Kegelrädergetriebe
eine Drehgeschwindigkeit, welche am Umfang annähernd der Geschwindigkeit des Speisetisches T gleichkommt.
Behufs des Waschens werden die Kufen K und k mit Waschwasser gefüllt, worauf man die Maschine in Bewegung setzt; die eingetriebene
erwärmte Luft strömt dann aus sämtlichen Röhren des Rostes, steigt an die Oberfläche des Wassers und bringt dasselbe in
ein gelindes Wallen. Die zu waschende Wolle fällt hinter der Trommel D in die innere Kufe k, wird durch das
Eindringen des Wassers in die Trommel sanft an den gelochten Teil gezogen, mit Hilfe des nachfolgenden Wulstes in das Wasser eingetaucht
und über den tiefsten Punkt der Trommel fortbewegt.
Von diesem Punkt an beginnt das wieder austretende Wasser die Wolle von der Trommel loszudrängen; die aufsteigende
Luft treibt die Wolle in wallender Bewegung wieder an die Oberfläche des Wassers, wodurch sie rasch ausgelöst und von dem ihr
anhaftenden Schmutz befreit wird. An der Oberfläche sammelt sie sich und wächst bis zur zweiten Trommel E
an. Hier erfolgt wieder das Anziehen, Eintauchen, Loslassen, Aufsteigen, Waschen und Vorwärtsschieben der Wolle von der zweiten
bis zur dritten Trommel F. Dasselbe Spiel erfolgt ein drittes Mal, wonach sich die Wolle zwischen der TrommelF und der Trommel G
und mit Hilfe letzterer bis zum Speisetisch T sammelt, welcher sie sanft und regelmäßig in der Breite
[* 18] der Ausmündung der Kufe k aus dem Wasser schafft und zu den Druckwalzen der Presse
[* 19] befördert.
Als Vorteile dieser Maschine gegenüber den bisherigen gelten: rasche Reinigung mit bedeutender Seifenersparnis, durchaus offene
Wolle ohne verfilzte Teile, Warmhalten des Waschwassers durch die stets eingetriebene erwärmte
Luft. Letzterer Umstand ermöglicht einen stetigen Betrieb mit ständigem Zufluß des reinern Waschwassers an der Stelle des
Speisetisches T und mit ebenso ständigem Abfluß am entgegengesetzten Ende der Kufe K, ohne das Wasser durch unmittelbare
Dampfeinströmung zu erwärmen, was bekanntlich schädlich auf die Wolle wirkt. Da jedoch die eingetriebene Luft
nur mäßig über die Temperatur des Waschwassers erwärmt werden
darf, so reicht sie nicht völlig aus, um die Temperatur
des Waschwassers auf ihrer anfänglichen Höhe von etwa 40° zu erhalten. Zur Nachhilfe ist ein hufeisenförmiges Dampfrohr
U in der Kufe K angebracht, dessen Ende mit kleinen Löchern versehen ist. Ein geringes Öffnen des Ventils
V genügt, um das Waschwasser durch die Ausstrahlung des Rohrs U auf seiner Temperatur zu erhalten, ohne den Dampf
[* 20] unmittelbar
in das Wasser einlassen zu müssen.
Die europäische Wollzucht ist in neuerer Zeit durch diejenige der überseeischen Länder immer
mehr zurückgedrängt worden. In England, Frankreich, Österreich-Ungarn
[* 21] und Deutschland ist der Schafbestand
bedeutend zurückgegangen, und selbst da, wo dies nicht der Fall war, züchtet man jetzt mehr Fleischschafe als Wollschafe.
Dazu kommt, daß in den englischen Kolonien wie in Südamerika
[* 22] die Produktion feiner Wolle erheblich zugenommen hat, so daß auch
in dieser Hinsicht das frühere Übergewicht Europas schwindet. Die Wollproduktion betrug in
Man ist darauf bedacht gewesen, die Bestandteile des Wollschweißes zu verwerten, und hat die rohe Wolle (ohne
vorhergegangene Pelzwäsche) mit Wasser ausgezogen, um die Lauge auf kohlensaures Kali zu verarbeiten (s. Pottasche) oder als
Dünger zu benutzen. Die Schwefelkohlenstoffextraktion dagegen bezweckt die Gewinnung des Fettes und muß in der Weise ausgeführt
werden, daß der benutzte Schwefelkohlenstoff von der Wolle und dem Fett getrennt und ohne zu großen Verlust
wiedergewonnen werden kann.
Wollin, wahrscheinlich das alte Julin, seit 1125 Sitz eines Bistums, das 1170 nach Kammin verlegt wurde, ward 1183 von Knut
VI. von Dänemark
[* 40] zerstört, bald aber wiederhergestellt und erhielt vor 1264 Stadtrecht. Nach Safarik sind Fulin, Fumne, Fomsburg
und Vineta (»Wendenstadt«) nur verschiedene Namen desselben Ortes. Unter den Dörfern der Insel treten besonders hervor: Misdroy
(s. d.), mit besuchtem Seebad;
(Eriometer, Eirometer), Instrument zur Messung der Dicke eines Wollhaars. Von den zahlreichen Konstruktionen
ist die von Dollond jedenfalls die beste. Der Dollondsche Wollmesser besteht aus einem zusammengesetzten
Mikroskop,
[* 41] vor dessen Objekitvlinse ein Zerstreuungsglas angebracht ist. Dies ist mittels eines durch seinen Mittelpunkt gehenden
geraden Schnittes in zwei gleiche Hälften geteilt, welche sich nebeneinander in der Richtung des Schnittes verschieben lassen.
Diese Verschiebung geschieht durch eine feine Verzahnung und wird mittels eines Nonius
[* 42] bis auf 0,127 mm genau
gemessen. Das zu messende Wollhaar spannt man von dem Zerstreuungsglas so aus, daß es rechtwinkelig gegen den Schnitt steht.
Blickt man durch das Mikroskop, so erscheint das Bild des Haars 50fach vergrößert, und zwar ist dies Bild einfach, wenn die
Hälften des Zerstreuungsglases unverschoben sind. Verschiebt man aber die Teile des Glases, so erscheinen
zwei Bilder nebeneinander, und die Verschiebung beträgt genau so viel wie die Breite des einfachen Bildes (d. h. wie der 50fache
Durchmesser des Haars), wenn man die Hälften des Glases so stellt, daß die beiden Bilder ohne Zwischenraum, aber auch ohne
sich teilweise zu decken, nebeneinander erscheinen. In diesem Zustand wird die Größe der Verschiebung
auf dem Nonius abgelesen.
Friedrich II. lehnte ein Gesuch, Wöllner in den Adelstand zu erheben, schroff ab. 1770 ward
er vom PrinzenHeinrich vonPreußen
[* 49] zum Rat bei dessen Domänenkammer ernannt, erwarb sich auch die Gunst des Thronfolgers FriedrichWilhelm II. und ward bei dessen Thronbesteigung zum GeheimenFinanz-, Kriegs- und Domänenrat sowie zum Oberhofbau-Intendanten
ernannt und in den Adelstand erhoben. 1788 zum Staats- und Justizminister und Chef des geistlichen Departements
ernannt, wußte er sich durch seine Teilnahme an vielen geheimen Ordensverbindungen in der Gunst des Königs zu erhalten und
sich zugleich durch Nachgiebigkeit gegen des KönigsSchwächen, besonders seine Verschwendungssucht, einen großen Einfluß
auf denselben zu verschaffen, den er hauptsächlich dazu benutzte, die lutherische Orthodoxie zur Herrschaft
zu bringen und der Aufklärung durch Zwangsmaßregeln Einhalt zu thun, zu welchem Zweck das berüchtigte sogen. Wöllnersche
Religionsedikt vom wieder aufgehoben) jede Abweichung von den Lehren
[* 50] der symbolischen Bücher mit bürgerlichen
Strafen und Amtsentsetzung bedrohte. Nach dem TodFriedrichWilhelms II. 1797 erhielt Wöllner seine
Entlassung und lebte nun auf einem seiner Güter, Großriez bei Beeskow in Brandenburg, wo er starb.
(engl. Woolsack), im Oberhaus des engl. Parlaments seit der KöniginElisabeth Bezeichnung
für ein großes viereckiges, mit rotem Tuch bedecktes Kissen ohne Rück- und Seitenlehne, welches dem Lord-Kanzler als Sitz
dient. Auf dem Wollsack, der nach altem Brauch als außerhalb des Hauses befindlich gedacht wird, nehmen auch die bei der Entscheidung
gewisser Prozesse zur Abgabe ihres Gutachtens ins Oberhaus berufenen, aber nicht als Mitglieder desselben
fungierenden und deshalb nicht stimmberechtigten Richter Platz sowie diejenigen Peers, welche sich der Abstimmung enthalten
wollen.
diejenige mit Worten nicht zu beschreibende Art des Gemeingefühls, welche durch
Erregung der sensibeln Nerven
[* 53] des Geschlechtsapparats hervorgerufen wird.
Das Wollustgefühl stellt sich ein zur Zeit der Geschlechtsreife
und verschwindet im hohen Alter wieder vollständig;
der Zeit
und Intensität nach steht es in genauestem Zusammenhang mit
der Energie der in den Geschlechtsdrüsen stattfindenden Absonderung.
Kreisstadt im russ. GouvernementLivland,
[* 54] an der Aa und der 1889 eröffneten Livländischen
Bahn, hat eine sehr alte evangelische und eine griechisch-russ. Kirche, ein schönes Stadtkrankenhaus, nicht unbedeutenden
Handel mit Vieh, Flachs und Getreide
[* 55] und (1885) 2580 Einw. In der Nähe die Ruinen des 1283 vom Ordensmeister Wilhelm v. Schauenburg
gegründeten festen Schlosses Wolmar. Wolmar war einst stark befestigt und besonders im 14. und 15. Jahrh.
ein blühender Ort.
Negervolk in Senegambien, in den LandschaftenWalo, Cayor, Dscholof, Sine, Salum, einem Teil von Baol nebst der HalbinselDakar, wohl das bei der Wanderung
der Negervölker in diese Gegenden zuerst seßhaft gewordene Volk, von dunkelstem, glänzendem Schwarz, kräftig und wohlgebildet,
mit mäßig hervortretendem Prognathismus, vortrefflicher Büste, aber weniger guten untern Gliedmaßen und äußerst schwacher
Behaarung des Gesichts und Körpers. IhreSprache
[* 57] (grammatikalisch und lexikalisch dargestellt von Dard, Par. 1825-26; grammatikalisch
von Boilat, das. 1858) steht in der Reihe der westafrikanischen Sprachen isoliert da. In ganz Senegambien
ist sie die allgemeine Handelssprache; eigne Schriftzeichen hat sie nicht.
Durch Energie, kriegerischen Sinn und größere Gelehrigkeit zeichnen sich die Wolof vor andern Negern aus. Sie sind meist Mohammedaner,
viele bekennen sich schon zum Christentum, doch ist in beiden Fällen von den heidnischen Gebräuchen viel
zurückgeblieben. Sie führen ein seßhaftes Leben und unterscheiden sich dadurch von ihren nördlichen Nachbarn, den nomadisierenden
Arabern (den Trarza, Brakna und Duaisch). Sie haben auch feste Städte; der Handel ist wohlgeordnet, und nach allen Seiten gehen
regelmäßige Karawanenzüge.
Die dem europäischen Einfluß weniger ausgesetzten Wolof teilen sich in mehrere Kasten, darunter eine der
Sänger, welche sehr verachtet ist, sich aber durch Zauberkünste gefürchtet macht. Heiraten zwischen Mitgliedern verschiedener
Kasten finden nicht statt. Die Toten werden begraben, vorher hält man eine Art Totengericht. Die Wolof sind fleißige Ackerbauer
(Reis, Erdnüsse), auch treffliche Viehzüchter. Der Sklavenhandel an den Küsten hat aufgehört, statt dessen
findet eine lebhafte Ausfuhr von Landeserzeugnissen statt.
Wolof, dem die kleinen Könige untergeben waren; die Franzosen haben nur das KönigreichCayor bestehen lassen, dessen wählbares
Oberhaupt immer den Namen Damel annimmt. Dagegen wurde der Würde eines Brak von Walo (wo St.-Louis) 1858 ein Ende gemacht.
Vgl.
Höfer, Zur Kenntnis des Negerstammes der Wolof (Wien 1883).
russ. Gouvernement, wird von den GouvernementsArchangel, Olonez, Nowgorod, Jaroslaw, Kostroma,
Wjatka, Perm und Tobolsk umschlossen u. umfaßt 402,118,7 qkm (nach Strelbitsky
402,725 qkm = 7313,91 QM.). Der zu diesem Gouvernement gehörige nördliche Ural (s. d.) sendet in die östlichen Teile desselben
seine Ausläufer, welche Parmen genannt werden. Alles westlich gelegene Land bildet eine einförmige Ebene,
die nur an den Flußthälern durch geringe Erhebungen unterbrochen wird, welche eine Ansiedelung gestatten, während die ganze
übrige Oberfläche aus unzugänglichen, mit dichtem Wald bewachsenen Morästen und Sümpfen besteht. Wo das Gestein an die Oberfläche
tritt, erkennt man vorzugsweise die permische Formation; der Juraformation
[* 64] begegnet man in den östlichen
und südlichen Teilen des Nikolskischen Kreises, und an den Westabhängen des Urals dehnen sich ältere Formationen aus, wie
die devonische und silurische, während endlich der Ural selbst aus kristallinischem Schiefer besteht.
Das Klima
[* 69] ist rauh (mittlere Jahrestemperatur +2,7° C.). Die Bevölkerung
[* 70] beträgt (1885) 1,198,602 Einw., 3 pro QKilometer,
fast ausschließlich großrussischen Stammes und Syrjänen (16 Proz.). Die Zahl der Eheschließungen war
1885: 9025, der Gebornen 52,073, der Gestorbenen 47,595. Der Ackerbau kann nur in den südwestlichen Teilen betrieben werden,
liefert aber trotz aller darauf verwendeten Sorgfalt geringen Ertrag an Getreide, einen bedeutendern an Flachs und Hanf.
Die Hauptstadt Wologda liegt zu beiden Seiten des Flusses an der EisenbahnJaroslaw-Wologda, hat 47 griechisch-russ. Kirchen (darunter 2 Kathedralen),
ein Mönchs- und ein Nonnenkloster, ein Gymnasium, eine Realschule, ein geistliches Seminar, ein Mädchengymnasium,
ein Irrenhaus, eine Stadtbank und (1885) 17,391 Einw. Sie besitzt
mehrere Fabriken (besonders für Wachs, Talg, Leder). Berühmt sind die ziselierten und mit Schwarz ausgelegten Silberwaren. Wologda ist
Hauptstapelplatz für den Verkehr vom WeißenMeer nach dem Innern und Sitz eines Bischofs. 1273 überfiel der Fürst
von Twer, Swätoslaw Jaroslawitsch, in Verbindung mit den Tataren die Stadt und führte die Einwohner gefangen fort; um die
Mitte des 15. Jahrh. kam an das Großfürstentum Moskau. Nach der Entdeckung des Seewegs in das Weiße Meer durch die Engländer 1553 wurde
Wologda Hauptstation auf der belebten Handelsstraße zwischen Moskau und Archangel, verlor aber als Handelsplatz
seine Bedeutung infolge der GründungPetersburgs. Seit 1796 ist Wologda Gouvernementsstadt.
Kreisstadt im russ. GouvernementMoskau, hat 7 Kirchen, Mitkal- (Baumwollenzeug-) Fabrikation und (1885) 889 Einw.
In der Nähe ein reiches Kloster (1479 gestiftet).
Name der kleinen Verwaltungsbezirke in Rußland, welche eine oder mehrere
benachbarte Gemeinden mit zusammen 300-2000 Einw. umfassen und eine besondere, aus Beamten und gewählten
Bauern bestehende Versammlung mit dem Wolostältesten (Starschina) an der Spitze haben.
Schon im Mai 1879 ward er von hier wieder abberufen, zum Zivil- und Militärgouverneur von Natal und Transvaal ernannt und mit
der Beendigung des Zulukriegs an StelleLordChelmsfords beauftragt. Die Gefangennahme Cetewayos im August und des Häuptlings
Sekokuni im Dezember und die Reorganisation des unter mehrere Häuptlinge unter englischer Oberhoheit verteilten
Zululandes wurde durch ihn durchgeführt. Im März 1880 kehrte er, zum Generalquartiermeister der Armee ernannt, nach England
zurück; im April 1882 übernahm er das Amt des Generaladjutanten des Kriegsdepartements. Im Juli 1882 wurde er zum Kommandeur
der nach Ägypten
[* 88] gesandten Expedition ernannt,
siegte 13. Sept. bei Tell el Kebir und erhielt zur Belohnung
die Peerswürde mit dem TitelLord Wolseley of Cairo sowie eine Leibrente.
Dagegen gelangen ihm der Entsatz von Chartum und die Rettung von Gordon (1885) nicht. Dennoch ward er zum Viscount erhoben. Er
schrieb außer einer Reihe militärischer Aufsätze in verschiedenen Revuen (darunter neuerlich mehrere
sehr lebhaft gehaltene Artikel gegen den Bau eines Tunnels unter dem Kanal):
[* 89] »The soldier's pocketbook for field service« (1856, 5. Aufl.
1886),
»Narrative of the war with China in
[* 90] 1860« (1862),
»The system of field manœuvres« (1872) und
den Roman »Marley Castle« (1877, 2 Bde.).
Die Ausschlag gebende Stellung, welche König Heinrich VIII. in den Kämpfen zwischen KaiserKarl V. und Franz I. von Frankreich
einnahm, beutete Wolsey nicht minder zu seinem eignen Nutzen wie für des Königs Machtvergrößerung aus. Er ließ sich zuerst
von Franz I. gewinnen und gab demselben 1516 gegen ein Jahrgeld von 12,000 LivresTournai zurück. Der Papst
ernannte ihn 1518 zum Legaten a latere mit sehr ausgedehnten Vollmachten und einem Jahrgeld von 7500 Dukaten. Mit Wolseys Gewalt
stiegen aber auch sein Stolz, seine Anmaßung und seine Prachtliebe. Er errichtete als Legat seinen eignen
Gerichtshof, bedrückte den Klerus, vereinigte willkürlich die reichen BistümerDurham und Winchester mit dem Erzbistum York,
zog die Abtei St. Albans ein und riß viele andre Pfründenan sich. Seine Einkünfte wurden dadurch fast denen der Krone gleich,
und sein Aufwand überstieg den der meisten Könige.
Nachdem Wolsey lange Zeit zwischen Franz I. und Karl V. geschwankt hatte und von beiden Seiten mit Gunstbezeigungen
überhäuft war, entschied er sich endlich 1521 für den Kaiser, der ihm ein reiches Jahrgeld gewährte und auf die Papstwürde
Aussichten machte; er schloß 25. Aug. und 24. Nov. mit Karl ein Bündnis und erklärte Frankreich den Krieg. Da aberKarl weder Heinrichs VIII. französische Eroberungspolitik unterstützte, noch bei zweimaliger Vakanz des päpstlichen Stuhls
seinen Einfluß im Konklave für Wolsey geltend machte, schloß dieser 1525 Frieden mit Frankreich und erklärte sogar 1528 dem
Kaiser den Krieg, der jedoch schon 1529 durch den Frieden von Cambrai beendet wurde. Seine Feindschaft gegen
Karl V. entzweite ihn auch mit dessen Tante, Heinrichs VIII. Gemahlin Katharina von Aragonien, und um seinen König mit einer
französischen Prinzessin zu vermählen, suchte er dessen spanische Ehe zu trennen. Auch Heinrich wünschte die Ehescheidung,
aber um sich mit AnnaBoleyn, seiner Geliebten, zu vereinigen. Als nun der Papst der Scheidung Schwierigkeiten
entgegensetzte, glaubten der König und Anna den Grund hiervon in Ränken¶