Er gab auch eine deutsche Bearbeitung
von Berzelius' »Lehrbuch der Chemie« (Dresd. 1825, 4 Bde.; 5. Aufl.
1843-48, 5 Bde.) und seit 1838 mit Liebig die »Annalen der Chemie und Pharmazie« heraus.
(Comité de salut public), in der französischen RevolutionName der Regierungsbehörde
des Nationalkonvents, die, auf Antrag der Bergpartei eingesetzt, anfangs aus 25, seit 5. April aber nur aus 9 Mitgliedern
bestand, die jeden Monat neu gewählt wurden. Der Wohlfahrtsausschuß bildete die eigentliche Regierung. Unter ihm standen der Sicherheitsausschuß
und das Revolutionstribunal. Er übte unter Robespierre eine blutige Schreckensherrschaft aus u. verlor
nach dessen Sturz 1794 seine Macht. Die meisten Mitglieder wurden hingerichtet. Auch die Kommune in Paris
[* 12] 1871 setzte 1. Mai einen
ein.
im objektiven Sinn die Gesamtheit der zur Linderung des Elends und der Not unter den Menschen getroffenen
Veranstaltungen. Man unterscheidet zwischen Privatwohlthätigkeit, die von einzelnen Privaten oder Vereinigungen solcher ausgeht,
und öffentlicher Wohlthätigkeit, in die sich wieder der Staat und die Gemeinden (Provinzen) teilen. Der Armut gegenüber
stellten alle Religionen die Mildthätigkeit als eine Tugend hin, aber erst in der christlichen Religion finden wir das Gefühl
der Barmherzigkeit in der Brust des Menschen entwickelt und zur Handlung begeistert.
Zugleich ist aber durch eine richtigere Lehre
[* 13] von den Wirtschaftsgesetzen und von dem gesellschaftlichen Wohl
auch ein Bewußtsein der zu wählenden Mittel gegen die Armut erlangt worden. Über diejenigen Anstalten, welche direkt zur
Abwendung oder Linderung von Armut und Elend dienen, vgl. Armenwesen. Es fallen aber unter den Begriff der Wohlthätigkeitsanstalten
auch alle diejenigen Anstalten, welche der Besserung verwahrloster Personen, der Pflege Hilfloser, der unentgeltlichen
Fortbildung und der Verschaffung von Arbeitsgelegenheit gewidmet sind. Das englische Recht besitzt mit Rücksicht auf die
Interessen der wohlthätigen Stiftungen eine genaue, durch eine Parlamentsakte (43. Elisabeth c. 4). geschaffene Definition der
Wohlthätigkeit Unzweifelhaft hat der Staat das Recht und die Aufgabe, wohlthätige Stiftungen zu überwachen. In einigen Ländern, wie
in Massachusetts, besteht eine besondere Wohlthätigkeitsbehörde (Board of State Charities). Unter den vielen Schriften über
den Gegenstand
sind hervorzuheben: Degérando, De la bienfaisance publique (zuletzt, Par. 1849, 4 Bde.;
deutsch von Busch, Stuttg. 1843);
Orden
[* 14] der, 1) span. Orden, gestiftet von der KöniginIsabella zur Belohnung wohlthätiger
Handlungen jeglicher Art, hat drei Klassen und ist bei Bedürfnis mit Pension verbunden. Die Dekoration besteht
in einem sechsspitzigen, weiß emaillierten, schwarz geränderten Kreuz
[* 15] mit goldenen Kugeln, zwischen dessen Armen goldene Strahlen
hervorgehen, und in dessen Mittelschild vorn eine Matrone in Gold
[* 16] mit der Umschrift: »A la caridad« auf rotem Email, hinten der
Namenszug Isabellas und die Umschrift: »Beneficiencia publica« sich befinden.
Die erste Klasse trägt dies Kreuz auf einem großen, vielstrahligen Stern ruhend, die zweite das Kreuz um
den Hals, die dritte auf der Brust. Der Orden hängt an einem Lorbeerkranz. Das Band
[* 17] ist weiß und schwarz gerändert. - 2) Gestiftet 1874 von
Don Carlos zur Belohnung der Liebesdienste bei Verpflegung der Verwundeten und Unterstützung der
Armee. Die Dekoration ist ein achtspitziges Kreuz von Silber mit einer Königskrone, zwischen dessen roten Armen sich Astern befinden.
Der Mittelschild zeigt auf dem Avers auf weißem Grund ein rotes Herz mit Dornen und der Umschrift: »La Caridad 1874«, auf dem
Revers ein M. Das Band ist weiß und violett gerändert. - 3) Gestiftet vom SultanAbd ul Hamid 1878 für
Frauen, welche sich während des Kriegs bei der Pflege der Verwundeten und Kranken durch besondere Aufopferung hervorgethan
haben. Der Orden hat drei Klassen, deren erste mit Brillanten verliehen wird.
Bei dem indischen Wohnhaus wurde die Hausflur über die Straße erhöht, nach welcher sich Bogengänge mit dahinterliegenden Kaufläden
öffneten, während sich darüber reich und phantastisch bemalte Veranden, Erker und Galerien erhoben, deren Dachtraufen, von
Karyatiden
[* 21] getragen, weit ausluden. Dicht aneinander gebaut und bis zu neun Stockwerken erhöht, besaßen
sie alle gleiche Thür- und Fensterhöhe, während die nicht in der Mitte der Vorderseite angebrachte Hausthür seitlich zwei
erhöhte Sitze hatte.
Die Wohnhäuser
[* 22] der Ägypter waren, da sie von diesen nur als vorübergehende Aufenthaltsorte angesehen wurden, nur aus Holz
[* 23] und Ziegeln erbaut, standen dicht aneinander und erhielten nur in größern Städten, wie Theben und Memphis,
über zwei Stockwerke. Im untern waren die Magazine und Dienerzimmer, oben die Wohnung des Herrn und seiner Familie. Vor den erstern
zogen sich die Säulengänge hin, welche die Gänge des obern Stockwerkes trugen. KleineHäuser hatten nur
unten eine Reihe von Zimmern, darüber einen vom Hof
[* 24] oder der Straße aus
¶
mehr
mittels Rampe oder Treppe
[* 26] zugänglichen großen Saal. Vor diesem Wohnhaus befand sich ein Vorhof mit einem zum Empfang der Fremden bestimmten
Pavillon. Vor dessen Eingangsthür, in deren Sturz nächst dem Namen des Besitzers ein gastfreundlicher Wahlspruch eingehauen
war, befand sich ein Portikus, mindestens ein Vordach mit zwei Säulen,
[* 27] worüber Fahnen wehten und eine
Reihe mit Gittern umgebener Bäume. Statt des Daches hatten die Häuser eine mit Zinnen versehene Terrasse, welche bei den Reichern
mit einem auf kurzen Säulen ruhenden leichten Dach,
[* 28] bei den Ärmern nur mit einem das Regenwasser nach der Mitte des Gebäudes
oder dem Hof ableitenden Bretterdach versehen war.
Hier und da war ein Teil des Hauses turmartig erhöht, während Galerien, Brüstungen und Säulen bunt und phantastisch bemalt
waren. Auch die ägyptischen Landhäuser waren ähnlich eingerichtet, nur von größerm Gehege umgeben, welches die Wirtschaftsgebäude
und Gärten einschloß. Die letztern waren häufig mit Wasseranlagen, Gebüschen und Aussichtsterrassen geschmückt, während
Zelte, Lauben und Baldachine in Höfen und Gärten zum Genuß des Schattens einluden.
Aus Assyrien und Persien
[* 29] sind zur Zeit nur Herrscherpaläste bekannt, welche von einer großartigen Raumanordnung, vorgeschrittenen
Bauweise und einer reichen, mehr oder minder geschmackvollen Formenausstattung Zeugnis ablegen. Mehr ist aus den Berichten von
Schriftstellern und den Untersuchungen neuerer Forscher über das griechische Wohnhaus bekannt. Die Haupteingangsthür
desselben führte zu der schmalen Hausflur, an welcher zu beiden Seiten untergeordnete Räume, wie Ställe, Thürhüterraum
etc., lagen.
Durch eine zweite Thür gelangte man in den oft mit einem Peristyl umgebenen Hof, worin sich die Wohnung der Männer befand. Eine
Zwischenthür führte von da zu der innern zweiten Abteilung, der Frauenwohnung, in deren Hof, jener Thür
gegenüber, sich ein nach der Hofseite offenes, nur durch Vorhänge geschlossenes Gemach befand, woran sich zu beiden Seiten
je ein Schlafzimmer und hinten ein Arbeitszimmer anschlossen (s. den Grundriß eines griechischen Wohnhauses im Artikel »Griechenland«,
[* 30] S. 682). Dem griechischen verwandt war das etruskische Wohnhaus, welches ursprünglich sehr eng und mit steilem, weit
vorspringendem Strohdach versehen war, dessen Sparren gekreuzt und über die First hinaus verlängert waren.
Die spätere Erweiterung des Hauses führte zur Anlage eines von Gebäuden umschlossenen, von der Straße durch eine Hausflur
zugänglichen Hofs, des Atriums, von dessen ringsum laufendem breiten Dachvorsprung das Regenwasser nach
einem inmitten des Hofs angebrachten Bassin lief. Dieses Atrium bildete später den Mittelpunkt auch des römischen Wohnhauses,
welches wir teils aus den Schriftstellern, insbesondere Vitruvs Beschreibung, teils aus Ruinen kennen (vgl. Art. »Römisches Reich«,
S. 939, und Tafel »Baukunst
[* 31] VI«,
[* 32] Fig. 4-6). In denStädten nach der Straße hin mit einer Reihe von Werkstätten
und Läden versehen, führte die oft in der Mitte zwischen denselben befindliche Hausthür über einen Vorplatz durch eine
zweite Thür über einen zweiten Vorplatz nach jenem Hof, dessen drei hintere Seiten ebenfalls von Gebäuden
umschlossen waren.
Dem Haupteingang gegenüber lag das Empfangs- und Geschäftszimmer des Hausherrn, an welches sich das Empfangs- und Wohnzimmer
der Hausfrau anschloß, dessen Eingang jedoch in dem gewöhnlich mit einem Peristyl versehenen zweiten Hof lag. Dieser stand
mit dem Atrium durch einen
engen, an dem Herrnzimmer vorbeiführenden Gang
[* 33] in Verbindung, war von den Speise-,
Gesellschafts- und Schlafzimmern sowie von den nötigen Wirtschaftsräumen, als Küche und Speisekammer, umgeben und besaß
meist einen besondern Ausgang nach einer Seitenstraße. In kleinern Städten hatten die Wohnhäuser meist nur ein von dem Atrium
her beleuchtetes Obergeschoß, welches die Dienerschaft bewohnte. In größern Städten, wo man zur möglichsten
Verwertung teurer Bauplätze genötigt war, führte man mehrere mit Fenstern nach der Straße und dem Peristyl versehene Stockwerke
für Mieter auf, welche ein eignes Treppenhaus und einen besondern Brunnen
[* 34] erhielten.
Den römischen in der Anordnung der Räume sehr ähnlich sind die chinesischen Wohnhäuser, welche jedoch meist einstöckig
sind. Wo zwei Stockwerke vorkommen, tritt das obere gegen das untere zurück. Die Dächer sind meist aus
Bambusholz hergestellte, mit Glanzziegeln gedeckte Walmdächer, deren Gratsparren stark eingebogen und mit ebensolchen Dachtraufen
verbunden sind. Die untern Enden der Gratsparren sowie die Fenster sind mit phantastischem Schnitzwerk, als: Drachen, Blumen,
Glöckchen und Schnörkeln, verziert, die Höfe mit Ziegeln oder Marmor gepflastert, die Wände glatt geputzt
und gemalt oder mit Porzellanplatten bekleidet.
Während die Vorderseite oft reichverzierte Kaufläden enthält, schließen sich an die Rückseite Hallen und Lauben sowie
der mit Teichen, künstlich verkrüppelten Bäumen und Felsenpartien ausgestattete Garten
[* 35] an. Nach dem Sturz der Römerherrschaft
war das Wohnhaus anfangs nur geringfügigen Änderungen unterworfen, vielmehr zeigen die frühromanischen Häuser im wesentlichen
noch die Anordnung des römischen Wohnhauses. Nur die Frauengemächer nebst Zubehör reihen sich allmählich an das Atrium,
während das Peristyl nur von Prunkzimmern umschlossen wird.
Gibt sich schon hierin ein durch das Christentum bedingtes innigeres Familienleben kund, so wurde auch
die Teilnahme am öffentlichen Leben mehr Familiensache und führte zu einer Vergrößerung der Fenster nach der Straße, einer
Verbreiterung des Vorplatzes und selbst einer Anordnung von Wohnzimmern in dem untern Geschoß
[* 36] der Straßenfronte. Hierzu trug
auch die Disposition des byzantinischen Wohnhauses nicht unwesentlich bei, welche, anfangs auf reichere
innere und sparsame äußere Ausstattung bedacht, später auch nach außen größern Reichtum entfaltete. So öffnete sich
das Erdgeschoß des frühmittelalterlichen Wohnhauses nach der Straße in breiter Halle,
[* 37] worin die Klienten zusammenkamen, und
neben welcher sich Wirtschaftsräume, Werkstätten und Kaufläden befanden. Im Mittelpunkt des obern Geschosses lag ebenfalls
eine Halle, worin sich die Familie versammelte, und welche von Schlafzimmern und andern Familienräumen umgeben war.
Erst mit der Entwickelung des Städtewesens bildete sich in Deutschland
[* 38] das mittelalterliche Wohnhaus (s. Tafel I,
[* 25]
Fig.
1, 2, 4, 5), heraus. Eine seitlich mit Sitzen versehene Thür führte hierbei in eine geräumige Halle,
zu deren Seiten sich gewöhnlich Kaufläden, bisweilen mit darüber befindlichen niedrigen Zwischengeschossen, oder andre
Geschäftslokale, selten Wohnzimmer, etwa für den Hausmeister, befanden. Von ihnen führte sowohl eine Thür in den Hof, um
welchen sich Werkstätten, Waschräume, Stallungen und andre Wirtschaftsräume reihten, als auch eine meist gewundene Treppe
in das Obergeschoß, welches nach vorn eine meist schmale, aber tiefe Prunkhalle
¶
mehr
mit Erker und Nebenzimmern, nach hinten eine Galerie, bisweilen eine lange, meist tiefe Banketthalle, Küche und Zubehör enthielt.
Miethäuser und die in den Hintergassen liegenden Wohnhäuser erhielten kleine Hausfluren und in jedem Stockwerk die gemeinschaftliche
Halle, worin die Familie wohnte, arbeitete, speiste und Besuche empfing, inmitten der erforderlichen Schlaf- und
Wirtschaftsräume. Der Stil des mittelalterlichen Wohnhauses entwickelte sich aus den verschiedenen, besonders an Kirchenbauten
erkennbaren Stilrichtungen des Mittelalters und ging von den romanischen durch die Formen des Übergangsstils allmählich zu
den gotischen Formen über, welche sich nach den einzelnen Ländern und nach dem Baumaterial verschieden gestalteten.
Beispiele gotischer Wohnhäuser geben die Figuren 1, 2, 4 u. 5 der Tafel I, wovon die beiden erstern deutsch-gotische
Wohnhäuser, bez. einen Backstein- u. Hausteinbau,
[* 39]
Fig. 4 einen französisch-gotischen
Holzbau und
[* 39]
Fig. 5 einen italienisch-gotischen Palast in Steinbau darstellen. Die Haupteingangsthüren der steinernen Wohnhäuser
dieser Periode sind meist spitzbogig überwölbt
[* 39]
(Fig. 1, 2 u. 5),
während die Fenster teils spitzbogig
[* 39]
(Fig. 1 u. 5), teils gerade
[* 39]
(Fig.
2), überdeckt und im letztern Fall bei größern Fensteröffnungen mit steinernen Fensterkreuzen versehen sind. Die Thür-
und Fensteröffnungen der hölzernen Wohnhäuser der gotischen Zeit zeigen diesem Baumaterial am meisten entsprechende gerade
Überdeckung
[* 39]
(Fig. 4). Zur Erzielung schlanker Verhältnisse wird die Vertikalteilung
bevorzugt und bei Steinbauten durch hervortretende Lisenen
[* 39]
(Fig. 1), bei Holzbauten durch Hervorheben der Pfosten und Ständer
(Ständerhaus,
[* 39]
Fig. 4) erzielt.
Hierbei ist das Dach der gotischen Wohnhäuser in nordischen Ländern steil ansteigend und entweder nach vorn abgewalmt und
dann durch ein kräftiges, zeitweise mit Zinnen gekröntes Hauptgesims verdeckt
[* 39]
(Fig. 2), oder an der Straßenseite
meist durch einen Giebel abgeschlossen
[* 39]
(Fig. 1 u. 4), welcher in mehr oder minder
lebendiger Gliederung nicht selten das Dach weit überragt
[* 39]
(Fig. 1). In südlichen Ländern bleibt das Dach flach und wird durch
ein wagerechtes Gesims
[* 40] abgeschlossen, welches bei reicherer Ausstattung oft durch einen Spitzbogenfries
unterstützt und durch einen fortlaufenden verzierten Aufsatz bekrönt wird
[* 39]
(Fig. 5). Erker, Ecktürmchen sowie Figuren auf
Kragsteinen und unter zierlichen Verdachungen
[* 39]
(Fig. 2) dienten dem Wohnhaus zum Schmuck, während man den vordern Teil desselben
nicht selten auf überwölbte oder flach gedeckte, nach außen offene Bogenhallen, die sogen.
Lauben, stützte, wodurch in einzelnen Städten, z. B. in Braunschweig und Bern,
[* 41] ein ununterbrochener, längs der Straßen hinziehender
Bogengang entstand.
Die zuvor bezeichnete Anordnung des Wohnhauses erhielt sich in Deutschland fast durch das ganze Mittelalter mit nur geringer
Abänderung in den Städten, während sich auf den Dörfern die Wohnhäuser der Bauern nach den einzelnen
Provinzen und Stämmen sehr verschieden gestalteten. Als hervorragende Typen sind hier das westfälische oder sächsische, das
slawische, das schwäbische und schweizerische sowie das mitteldeutsche Bauernhaus,
[* 42] das bayrische Alpenhaus und der thüringische
Bauernhof hervorzuheben, unter welchen das erstere sämtliche Wohn- und Wirtschaftsräume unter einem Dach, das
letztere dieselben getrennt und um einen Hof gereiht enthielt; s. Bauernhaus. In Italien
[* 43] behielt man im Anfang des Mittelalters
die räumliche Anordnung teils des byzantinischen, teils des römischen Wohnhauses bei, bis im Lauf des 15.
Jahrh., besonders
in Oberitalien,
[* 44] viele deutsche Elemente eindrangen.
Hierzu gehören die in Bologna, Verona,
[* 45] Genua
[* 46] etc. erbauten Bogengänge, während der von Säulenhallen umgebene,
zugleich als Saal und Familienplatz dienende Hof in Unteritalien herrschend blieb. Als Mittelglied zwischen dem bürgerlichen
Wohnhaus und den Burgen
[* 47] sind die Paläste der Großen anzusehen. Während ähnliche Schwankungen in der Raumordnung auch das spanische
Wohnhaus berührten, nahm dasselbe in England einen bestimmten Entwickelungsgang. Bis zum 12. Jahrh. hatten
die ländlichen Wohnhäuser rechteckige Grundrisse und zwei Stockwerke, wovon das untere gewölbt, das obere durch eine Freitreppe
zugänglich und mit dem einzigen heizbaren Raum versehen war.
Die städtischen Wohnhäuser hatten in der Mitte eine durch alle Geschosse reichende, meist gewölbte, oft auch mit
Holzdecke versehene Halle und viereckige Fenster, in deren Nischen Sitze angebracht waren. Im Anfang des 13. Jahrh. wurden die
Wohnhäuser oft sehr unregelmäßig gruppiert, erhielten entweder zu beiden Seiten ummauerte Höfe mit Wall und Graben sowie
Freitreppen, welche zu dem mit 2-3 heizbaren Räumen versehenen Obergeschoß führten, oder unten den
Eingang in das nur teilweise gewölbte Untergeschoß, während die Haupträume oben und durch eine Turmtreppe zugänglich
waren.
Dieser Festungscharakter wurde im 14. Jahrh. wenigstens bei allen vor der Stadt liegenden Wohnhäusern durch den Zusatz eines
Turms noch gesteigert, während noch die in den Städten liegenden Gebäude oft mehrere Einen gemeinschaftlichen
Hof mit schmalem Eingang und vorgebautem Obergeschoß hatten. Im 15. Jahrh. verschwand
der Festungscharakter, die große Halle erhielt ein Einfahrtsthor;
oft waren die Untergeschosse hallenartig nach der Straße
geöffnet;
kleinere Besitzer begnügten sich mit einem turmartigen Bau;
Decken wurden zum Teil ganz aus Holz hergestellt, die
Wände vielfach mit Holz bekleidet oder bemalt. Im 16. Jahrh. wurde die Holzarchitektur des Innern vielfach
mit Stuckverzierung vereinigt, auch solche zu den Treppengeländern und Kamindekorationen verwendet.
Die Holzhäuser, welche
schon im 14. Jahrh. vereinzelt auftraten, vorspringende Obergeschosse und durchgehende Fensterreihen
hatten, erhielten jetzt nur noch an den Ecken Vorsprünge, während sie in der Mitte glatt blieben und
eine nicht mit Feuerstelle versehene offene Halle bildeten. Erst gegen das Ende des 16. Jahrh. wurden dieselben mit Galerien
versehen, bewahrten aber noch lange ihren mittelalterlichen Charakter. An den deutschen Wohnhäusern des 16. und 17. Jahrh.
gewahren wir vorzugsweise diejenigen äußerlichen Veränderungen, welche mit der Rückkehr von den gotischen
Formen zu den antiken verbunden waren (s. Tafel I,
[* 39]
Fig. 3, 6, 8 u.
9) und durch die Stilformen der Früh-, Hoch- und Spätrenaissance ihren Ausdruck fanden.
Während
[* 39]
Fig. 3 einen Holzbau aus der Übergangszeit darstellt, bei welchem die obern Geschosse, um bei beschränktem Bauplatz
deren Innenraum zu vergrößern, auf Balkenköpfen und Kraghölzern vorgebaut sind, stellen die Figuren
6-9 bereits entwickelte Wohnhausbauten der Frührenaissance in Italien und der Spätrenaissance in Deutschland dar. Der in
[* 39]
Fig. 7 wiedergegebene venezianische Palast zeigt in der Verbindung von Vertikal- und Horizontalgliederung und in der gleichzeitigen
Anwendung romanischer und römischer Bauformen die Verschmelzung mittelalterlicher und antiker Motive.
Auch die beiden in
[* 39]
Fig. 6, 8 u. 9 dargestellten deutschen, bez.
in Stein und Holzfachwerk ausgeführten Wohnhäuser lassen
¶
mehr
in der gleichzeitig durchgeführten lotrechten und wagerechten Gliederung noch den gemeinsamen Einfluß der norddeutsch-mittelalterlichen
und italienisch-antikisierenden Bauweise erkennen, während die Einzelformen vorwiegend der Spätrenaissance angehören.
Der obere Abschluß dieser Wohnhäuser ist entweder, wie in
[* 48]
Fig. 6, durch einen gegliederten, oben geschweiften Giebel oder,
wie in
[* 48]
Fig. 9, durch eine mit Standbildern geschmückte Brüstung bewirkt, welche das vorn abgewalmte
Dach verdeckt.
Die Neuzeit brachte indes nicht nur am Äußern des deutschen Wohnhauses Veränderungen hervor, indem sich nach dem Dreißigjährigen
Krieg der französische und italienische Einfluß wie auf andern Gebieten so auch auf die Anordnung der Grundrisse geltend machte.
Die nach der Straße geöffneten Bogengänge verschwanden, während an deren Stelle die Kaufläden traten
und die Gewerbthätigkeit sich mehr in das Innere zurückzog. Zugleich trat die Familie gegen ihre einzelnen Glieder
[* 49] zurück,
von welchen jedes allmählich sein eignes heizbares Arbeitszimmer verlangte, während die Halle vorwiegend zum Empfang diente
und so allmählich zum Salon wurde.
Das Wohnhaus der Gegenwart (s. Tafel II,
[* 48]
Fig. 1-9) nimmt nun, seiner
besondern Bestimmung entsprechend, verschiedene Gestalten und Einrichtungen an, worunter als Hauptgattungen hervorzuheben
sind:
1) das frei stehende Wohnhaus mit allseitigem Luft- und Lichtzutritt;
2) das eingebaute Wohnhaus mit beschränktem Luft- und Lichtzutritt;
3) das halb eingebaute Wohnhaus mit einseitig beschränktem Luft- und Lichtzutritt, wovon jedes wieder seine
besondere Form erhält, je nachdem es für Stadt oder Land (Villa), für eine oder mehrere Familien, für die Herstellung eines
Geschäftslokals bestimmt ist oder nicht. Ist das frei stehende Wohnhaus (Tafel II,
[* 48]
Fig. 1 u. 2) für eine
Familie bestimmt, so besteht dasselbe bei kleinerer Familie meist aus einem Geschoß mit ausgebautem Dach,
bei größerer Familie aus zwei Geschossen, wovon das Erdgeschoß die Wohnräume, das Obergeschoß die Schlafräume, das Kellergeschoß
die Wirtschaftsräume enthält.
Das freistehende Wohnhaus für mehrere Familien erfordert die Herstellung sämtlicher Wohn- und Wirtschaftsräume für je eine Familie
in jedem Geschoß, welche gegen die allen Geschossen gemeinschaftliche Treppe abzuschließen sind. Die Grundrisse können der
allseitigen Zugänglichkeit des Lichts wegen sehr tief, z. B. quadratisch und selbst von größerer Tiefe als Breite
[* 50] sein.
Zur Ausnutzung aller der Straße zugekehrten Räume ist, wenn nicht ein Geschäftslokal dies anders verlangt, der Eingang
an die Seite zu legen.
Ist das eingebaute Wohnhaus für eine Familie bestimmt, so erhält dasselbe auf beschränktem Grundriß von verhältnismäßig geringer
Tiefe zwei und mehr Geschosse, worin bei drei Geschossen in dem Erdgeschoß die gewöhnlichen Wohn- und Wirtschaftsräume,
in dem mittlern Geschoß die Gesellschaftsräume, in dem Obergeschoß die Schlafräume untergebracht werden
können. Das eingebaute Haus für mehrere Familien erfordert eine ähnliche Anordnung wie das entsprechende freigebaute Haus,
jedoch mit den durch das Fehlen des Seitenlichts bedingten Beschränkungen.
Das halb eingebaute Wohnhaus bildet mit dem angebauten Wohnhaus meist ein frei stehendes Doppelhaus, welches,
je nachdem es für eine oder mehrere Familien bestimmt ist, unter Berücksichtigung der abweichenden Verhältnisse,
mit ähnlichen Raumdispositionen versehen werden kann als die zuvor genannten. Beispiele von Erkern und erkerartigen Vorbauten
geben die Figuren (Tafel II) 10 u. 11, welche bez.
den
Eingang einer Villa in Hurley und einen Teil einer Vorstadtvilla in London
[* 51] darstellen.
Die Gegenwart neigt auch bei Wohnhäusern zu turmartigen Entwickelungen, wie dies die gotisierenden Villen
in
[* 48]
Fig. 12 u. 13 zeigen. Der Stil des Wohnhauses der neuern Zeit zeigt vorwiegend die Formen der Früh- und Hochrenaissance mit
denjenigen Eigentümlichkeiten, welche diese Stile in den einzelnen Ländern angenommen haben. So wurde bei dem deutschen
Wohnhaus wieder zu dem Stil der deutschen Renaissance zurückgegriffen. Neben diesen einfachern, gesetzmäßigen Formen des Wohnhauses
treten jedoch bereits Wohngebäude auf, welche zu den reichern, willkürlichern Formen des Barock- und Rokokostils zurückgreifen.
Vgl. im allgemeinen die bei ArtikelBaukunst angegebene geschichtliche Litteratur; außerdem Wohnhaus. Lange, Das antike griechisch-römische
Wohnhaus (Leipz. 1878);
(lat. Domicilium), derjenige Ort, an welchem eine Person den Aufenthalt nimmt in der Absicht, ständig dort
zu bleiben.
Die Ehefrau teilt den Wohnsitz des Ehemanns, das eheliche, unselbständige Kind denjenigen des Vaters
und das uneheliche den Wohnsitz der Mutter. Vgl. Domizil.
(residential town), in England Bezeichnung eines Ortes, der vorwiegend Privathäuser enthält, im Gegensatz
zur Handels- oder Fabrikstadt, namentlich auch Stadtteile und Vorstädte, die von Leuten bewohnt sind, welche im benachbarten
Hauptort (z. B. London) ihre tägliche Beschäftigung finden.
prähistorische. Die ältesten Spuren von Wohnungen des vorgeschichtlichen Menschen finden sich in Höhlen,
welche wohl hauptsächlich im Winter benutzt wurden, während aus Fellen hergestellte, leicht transportable Zelte auf sommerlichen
Jagdzügen als Wohnungen dienten. Einzelne Höhlen, wie z. B. diejenigen des nordwestlich von Krakau
[* 52] gelegenen Jurahöhenzugs
sowie diejenigen des fränkischen Jura (Bayern),
[* 53] waren während der jüngern Steinzeit
[* 54] bewohnt, und die
Viktoriahöhle bei Settle (in Yorkshire) hat von der Diluvialzeit bis zur OkkupationGroßbritanniens durch die RömerMenschen
zum Aufenthalt gedient. Wo es an Höhlen fehlte, traten häufig mit Baumzweigen überdeckte Erdgruben an deren Stelle.
Die Germanen gruben für ihre Wohnungen Vertiefungen in den Erdboden und deckten dieselben mit Mist. Vielfach
sind wohl auch aus einem Skelett
[* 55] von Pfählen oder Baumästen hergerichtete, außen mit Rasen oder gestampfter Erde bedeckte,
mit einer für den Rauchabzug bestimmten Öffnung im Dach versehene, fensterlose Hütten vom vorgeschichtlichen Menschen als
Wohnungen benutzt worden; solche Hütten haben nach Lartet und Ducrost die Bewohner der vorgeschichtlichen
Ansiedelung zu Solutré (Frankreich) errichtet. Gewisse Umstände machen es wahrscheinlich, daß die Winterwohnungen der Neolithischen
Bevölkerung
[* 56] in den höhlenarmen Gegenden Nordeuropas ähnlich den skandinavischen Ganggräbern aus einem niedrigen,
ovalen, auch runden oder viereckigen Hauptraum bestanden haben, zu welchem, wie bei den meisten Wohnungen arktischer
¶
Völker, von Süden oder Osten her ein noch niedrigerer, langer und schmaler Gang führte, durch welchen man nur kriechend gelangen
konnte. Die in Deutschland, in der Schweiz
[* 65] und in Frankreich nachgewiesenen Mardellen oder Trichtergruben sind nach Hartmann
als Unterbauten von prähistorischen Wohnungen oder als Aufbewahrungsräume für Vorräte aufzufassen. Zum Typus
der Grubenwohnungen gehören auch die Penpits (s. d.) oder Pitsteades sowie die zum Teil aus Steinen erbauten WeemsGroßbritanniens.
Dagegen stehen die künstlich hergestellten Höhlenwohnungen Nordschottlands, welche sich von den großen Grabhügeln äußerlich
kaum unterscheiden und im Innern eine Anzahl von um einen gemeinsamen Mittelraum gruppierten Kammern enthalten, auf der Oberfläche
des Erdbodens. Die Penpits wie die Weems und die schottischen Höhlenwohnungen waren nach Lubbock während der Bronzezeit bewohnt;
dagegen gehören die BienenkorbhäuserGroßbritanniens, die ihren Namen ihren dicken, bienenkorbartigen Erdmauern verdanken,
zum Teil noch der Steinzeit an. Wohl mehr als Befestigungen denn als Wohnungen sind die Brochs oder Türme der
Shetland- und Orkneyinseln sowie die Nurhagen der InselSardinien
[* 66] aufzufassen. Betreffs der auf dem Wasser oder in Sümpfen errichteten
vorgeschichtlichen Wohnungen vgl. Pfahlbauten
[* 67] und Terramaren.
die Frage, wie der besonders in großen Städten infolge starken und raschen Anwachsens der Bevölkerung
in Verbindung mit starker Erhöhung der Grundrente entstandenen Wohnungsnot abzuhelfen ist. Die Wohnungsfrage ist wegen
des großen Einflusses, welchen die Wohnung auf Gesundheit, Sittlichkeit und Familienleben ausübt, von hoher Bedeutung für
die Gesamtheit. Hieraus erwächst die Verpflichtung für die öffentliche Gewalt, regelnd einzugreifen, sobald die private
Spekulation sich als unzureichend erweist.
Eine solche Regelung ist schon von baupolizeilichen Gesichtspunkten aus nicht zu vermeiden, und es sind
allgemeine Vorschriften nötig, welche sich auf Sicherheit der Anlage, Abhaltung von Gefahren für die Gesundheit, dann auf
allgemeine im Interesse des Verkehrs liegende Ordnungsverhältnisse beziehen (vgl. Baurecht). Allenfalls ist auch bei vorhandenen
Wohnungen und Straßen ein Einschreiten erforderlich, indem eine im Gesamtinteresse liegende gleichmäßige
Regelung an wohlerworbenen mannigfaltigen Einzelinteressen scheitert.
Man hat deswegen auch gefordert, daß, wie dies in einzelnen Ländern schon der Fall, der Staatsgewalt oder auch den Gemeinden
die Befugnis zur Enteignung von Häusern zugestanden werde, wenn aus Gründen der Gesundheit, Reinlichkeit etc. eine Abtragung
erforderlich sei. Ferner kommen die Maßregeln in Betracht, durch welche Staat und Gemeinde mittelbar auf
angemessene und billige Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses und Erstellung brauchbarer Wohnungen für die mittlern und
untern Klassen hinwirken können, wie Förderung der Baugenossenschaften (vgl. Genossenschaften, S. 106), Gewährung billiger
Darlehen für Neubauten, welche bestimmten gestellten Anforderungen entsprechen, Sorge für billige Verkehrsmittel, welche
außerhalb der Zentren großer Städte zu wohnen gestatten, etc. Eine ausgedehntere Gesetzgebung, welche die Wohnungsfrage berührt, besitzt
England seit 1851, so über Einrichtung von Logierhäusern für Arbeiter, über Beseitigung einzelner ungesunder Wohnungen,
über Säuberung ganzer Flächen, welche mit ungesunden Wohnungen und Winkeln bedeckt sind, über Gewährung von
Darlehen zur
Erstellung von Wohnungen, Einstellung von sogen. Arbeiterzügen (Parlamentszügen) u.
dgl. Meistens wird es sich, wo es eine Wohnungsfrage zu lösen gilt, um
Wohnungen von Arbeitern, insbesondere von Arbeitern der Großindustrie, handeln (vgl. hierüber Arbeiterwohnungen).
Feld, Die Wohnungsnot der
ärmern Klassen (Hamb. 1889);
endlich die Schrift einer Lehrerin, welche sich in London durch praktische
und uneigennützige Wirksamkeit um die Wohnungsfrage hohe Verdienste erworben hat: Oktavia Hill, Homes of the London poor (neue Ausg., Lond.
1883; deutsch, Wiesb. 1878).
(Habitatio), persönliche Dienstbarkeit (Servitut), vermöge deren dem Berechtigten die Befugnis zusteht,
ein Gebäude oder einen Teil eines solchen unter Ausschluß des Eigentümers als Wohnung zu benutzen.
Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und Pflege erforderlichen Personen in die
Wohnung zum Mitwohnen aufzunehmen.
Die Woiwoden hatten anfangs keine zivilen, sondern nur militärische Funktionen, indem sie im Kriege gleich den Woiwoden der
Serben den Adel ihrer Landschaft aufbieten und ins Feld führen mußten. Später wurden ihnen auch die Verwaltungsgeschäfte übertragen,
und man pflegte nun den Titel Woiwod mit Palatinus zu übersetzen und als gleichbedeutend zu nehmen. Da sie zugleich Sitz und Stimme
im Senat hatten, wurden sie auch Senatoren genannt. Der Name Woiwodschaft wurde bis in die neuere Zeit auch
im
¶