Guld.). Der Vermögensstand der Stadtgemeinde belief sich Ende 1887 auf 47,7 Mill., darunter
43,9 Mill.
Guld. privatrechtliches, unbewegliches
Vermögen, der Passivstand auf 53,7 Mill.
Guld. Der Wert des Gemeindeguts
(öffentliche
Straßen,
Brücken,
[* 2]
Wasserleitungen etc.) beträgt 58,2 Mill.
Guld. Die Stadt ist
Residenz des kaiserlichen
Hofs,
Sitz des Hofstaats, der beiden
Häuser des
Reichsrats und (abwechselnd mit
Budapest)
[* 3] der
Delegationen für
die gemeinsamen Angelegenheiten, der auswärtigen Gesandtschaften und
Konsuln (darunter auch eines deutschen), der gemeinsamen
und der k. k. Ministerien sowie der beiden obersten
Rechnungshöfe, des obersten
Gerichts- und
Kassationshofs und der übrigen
Zentralbehörden, des ungarischen
Ministeriums am Allerhöchsten
Hoflager, des niederösterreichischen
Landtags
sowie zahlreicher
Provinzial- und Lokalbehörden, wie der niederösterreichischen Statthalterei, des Oberlandes-,
Landes- und
Handelsgerichts, der Finanzlandesdirektion und Finanzprokuratur, der Polizeidirektion, der
Post- und Telegraphendirektion,
einer
Handels- undGewerbekammer, der
Forst- und Domänendirektion, der Berghauptmannschaft, des 2. Korpskommandos, des Platzkommandos,
des Landesgendarmeriekommandos etc., endlich eines
Erzbischofs, unter welchem dieBischöfe von St. Pölten
und
Linz
[* 4] stehen, eines Metropolitandomkapitels, erzbischöflichen
Konsistoriums, apostolischen Feldvikariats, des evangelischen
Oberkirchenrats, einer Superintendentur Augsburgischer und einer solchen Helvetischer
Konfession sowie des Synodalrats der
altkatholischen
Kirche. Das
Wappen
[* 5] von Wien
[* 6] (S. 600) bildet ein doppelköpfiger schwarzer
Adler
[* 7] im goldenen
Feld mit einer
Krone,
auf der
Brust ein weißes
Kreuz
[* 8] im roten
Feld.
Gegen
NO., O. und SO. entbehrt die Umgebung der
Reize des wohlkultivierten Hügellandes und des
Waldes,
dort herrscht das baumlose Ackerland vor (namentlich im
Marchfeld, mit den berühmten Schlachtfeldern von
Aspern,
[* 13]
Eßling und
Wagram).
[* 14] In dieser
Region liegen
Schwechat
mit dem kolossalen Brauhaus
Drehers,
Kaiser-Ebersdorf (einst k. k. Jagdschloß), über
der
Donau Jedlersee, der weinreiche Bisamberg und das Städtchen
Korneuburg.
Vgl.
Förster, Touristenführer
in
Wiens Umgebungen (6. Aufl., Wien 1889).
Geschichte.
Wien
war in vorrömischer Zeit ein keltischer
Ort, zuerst Vianomina, dann
Vindobona genannt, welchen die
Römer
[* 15] zur Beherrschung
der
Donau befestigten. Die 13. und später die 10.
Legion hatten ihr Standquartier in diesem
Castrum stativum,
welches etwa ein
Viertel der mittelalterlichen »innern« Stadt zwischen den heutigen
Straßen Tiefer
Graben,
Graben und Rotenturmstraße umfaßte. Hier starb 180
KaiserMarcus Aurelius. In der Zeit der
Völkerwanderung
wird Vindomina die Grenzstadt der
Rugier und Ostgoten genannt.
Auf die slawische
Epoche weist sein slawischer
NameBeč, dem der magyarische
Bécs nachgebildet erscheint.
Die jetzige Namensform Wien erscheint zuerst in den
»Neuen Altaicher
Annalen« unter 1030. Unter den ersten
Babenbergern tritt
Wien in politischer Bedeutung hinter Tuln,
Mautern und
Klosterneuburg zurück. Doch seit der Mitte des 12. Jahrh. entwickelt
sich rasch die Geltung dieses durch seine
Lage so begünstigtenOrtes. Der
»Hof«,
[* 16] das einstige römische
Prätorium, ward
Residenz der
Babenberger.
Heinrich II. Jasomirgott legte 1144 den Grundstein zur Stephanskirche, baute sich 1160 eine
Burg am
Hof und stiftete 1158 das
Schottenkloster.
HerzogLeopold VII. verlieh 1208 den flandrischen Altbürgern (Burgenses) einen Freiheitsbrief und 1221 der
Stadt selbst eine Rechtsurkunde, die älteste bekannte Grundlage des
WienerStadtrechts, und baute um 1200 eine
neue
Burg auf der
Stelle, wo jetzt die
Hofburg steht, und 1221 die Michaelskirche. Gegen
HerzogFriedrich den Streitbaren empörten
sich die
Wiener und fanden beim
KaiserFriedrich II.
Hilfe.
Dieser kam selbst nach Wien, erklärte es 1237 zu einer freien Reichsstadt und gab ihm unter anderm
eine lateinische
Schule, dieser
Grund zur
Universität wurde. Zwar nahm schon 1240 der
Herzog Wien durch
Hunger und verlieh ihr 1244 ein
neues
Stadtrecht, das 1247
KaiserFriedrich bestätigte, 1246 aber starben die
Babenberger aus, und Wien ward wieder Reichsstadt.
Ottokar vonBöhmen
[* 17] gewann indessen die Stadt durch Überredung und Privilegien und erweiterte ihren
Umfang
ansehnlich, indem er auch den Schottenhof und die
Burg zur Stadt zog.
Sein Gegner
Rudolf vonHabsburg belagerte Wien 1276, und
es kam
vor der Stadt zu einem
Vergleich, worin
Ottokar mit den deutschen
Provinzen Wien abtrat, welches nun
Hauptresidenz der
Habsburger wurde. 1278 verlieh König
Rudolf I. der Stadt wichtige
Rechte. Unter
HerzogAlbrecht I. 1281-96
mußte die Stadt ihren
Widerstand gegen seine landesfürstliche
Gewalt aufgeben.
HerzogRudolf IV. (gest. 1365) gab der Stephanskirche
ihre gegenwärtige Gestalt, gründete 1365 die
Universität und rief die wichtigsten städtischen Einrichtungen
ins
Leben. Am schloß
KaiserFriedrich III. mit dem
Papste das
WienerKonkordat ab, welches den Reformbestrebungen der
Konzile ein Ende machte. Gegen
Friedrich empörte sich die Stadt, und als er 1462 Wien belagerte, überlisteten ihn die
Wiener
und belagerten ihn zwei
Monate lang, bis ihn
GeorgPodiebrad, König von
Böhmen, befreite. 1480 ward Wien Sitz
eines
Bistums; 1484 eroberte es
MatthiasCorvinus, welcher daselbst seine
Residenz aufschlug. Unter
Ferdinand I. und seinen Nachfolgern
wurde Wien die beständige
Residenz der
¶
deutschen Kaiser. In den Türkenkriegen wurde die Stadt zum erstenmal vom 22. Sept. bis vom SultanSoliman mit 120,000
Mann belagert, aber von 16,000 Mann Soldaten und 5000 Bürgern unter Nikolaus vonSalm tapfer verteidigt, bis Soliman abzog. GrafMatthias von Thurn, von den Protestanten zu Hilfe gerufen, belagerte 1619 den ErzherzogFerdinand in Wien, sah
sich aber genötigt, die Belagerung aufzuheben. 1640 erschienen die Schweden
[* 21] vor Wien, um es durch Handstreich zu nehmen, zogen
aber unverrichteter Sache wieder ab. 1679 sowie früher schon 1370, 1381, 1541 und 1564 ward die Stadt von der Pest heimgesucht.
In dem von den ungarischen GrafenTököly veranlaßten neuen Türkenkrieg wurde Wien vom 14. Juli bis von
200,000 Türken unter Kara Mustafa belagert, aber von 13,000 Mann Soldaten und 7000 Bürgern unter Rüdiger vonStarhemberg verteidigt,
bis der Herzog von Lothringen mit der Reichsarmee und JohannSobieski von Polen die Stadt entsetzten. 1704 wurden
die bei der Belagerung niedergebrannten, seitdem aber wieder aufgebauten Vorstädte gegen die bis nahe an Wien streifenden
ungarischen Insurgenten unter Rákóczy mit den noch erhaltenen Linien umgeben, welche im März und Juni d. J. die Vorstädte
wirklich vor der Zerstörung schützten. 1718 wütete wiederum die Pest, doch milder als früher. 1722 erhob
der Papst das Bistum Wien zu einem Erzbistum. Am ward Wien von französischen Truppen besetzt, die aber infolge
des PreßburgerFriedens wieder abzogen.
In dem neuen Krieg mit Frankreich langten die französischen Vortruppen vor an und bombardierten
in der Nacht des 12. von den Vorstädten aus die innere Stadt, worauf diese 13. Mai kapitulierte. Wien war nun der Mittelpunkt
der französischen Kriegsmacht bis zum zweiten WienerFrieden (s. d.) Bei ihrem Abzug nahmen die Franzosen die vorzüglichsten
Kunstgegenstände mit sich u. sprengten die Wälle vom Kärntner Thor bis zur Elendbastei. Zwar wurden
dieselben wiederhergestellt; dessen ungeachtet hörte jedoch später Wien auf, Festung
[* 22] zu sein, und die Werke wurden in Spaziergänge
verwandelt. 1815 fand in den MauernWiens der berühmte Wiener Kongreß (s. d.) und 1819 ein Ministerkongreß statt. 1831 wütete
zum erstenmal die Cholera auf verheerende Weise in der Kaiserstadt. Im März 1848 brachen Unruhen in Wien aus,
die den SturzMetternichs(13. Mai) und den Erlaß einer Verfassung sowie die Berufung volkstümlicher Minister zur Folge hatten. Doch
kam es im Mai zu einer neuen Erhebung derStudenten (Aula) und 6. Okt. zu einer förmlichen Revolution, so daß
Wien von den Truppen unter Windischgrätz förmlich erobert werden mußte (vgl. Österreich-Ungarn,
[* 23] S. 517-518). Am wurde
hier die für den größten Teil von Deutschland
[* 24] gültige Münzkonvention geschlossen. 1858 wurde mit der Beseitigung der alten
innern Befestigung der Anfang gemacht und auf dem durch die Niederlegung derselben gewonnenen Boden die
großartige Ringstraße angelegt, welche die innere Stadt umgibt, und an der sich eine bedeutende Zahl neuer öffentlicher
und privater Prachtgebäude erheben. Nach dem am von den Preußen
[* 25] bei Königgrätz
[* 26] erfochtenen Sieg rückte die Avantgarde
derselben bis in die Nähe von Wien vor. 1873 fand in Wien eine Weltausstellung statt.
die »Führer durch Wien« von Förster (20. Aufl., das. 1888), Seis (1880),
Bermann (5. Aufl. 1889), Maurer (1889) und Winkler, Technischer Führer durch Wien (Wien 1874);
Schon vorher nicht eigentlich produktiv, vermochte sich Wienbarg in den letzten Jahrzehnten
seines Lebens immer weniger zur Thätigkeit aufzuraffen und starb ziemlich verschollen in seiner Vaterstadt. Unter
den jungdeutschen Autoren hatte er durch die starke Prätension seines Naturells und eine gewisse Reinheit des Stils eine Zeitlang
Aufsehen und große Hoffnungen erregt. Doch behielt seine ganze litterarische Thätigkeit einen durchaus
fragmentarischen und gleichsam zufälligen Charakter. Seine »Ästhetischen Feldzüge« (Hamb. 1834) vertraten die jungdeutschen
Litteraturanschauungen, welche der spätere Entwickelungsgang der neuen deutschen Litteratur widerlegte. Als seine besten
Leistungen gelten die aus persönlichen Erlebnissen erwachsenen Schriften: »Holland in den Jahren 1831 und 1832« (Hamb. 1833, 2 Bde.);
Auch die übrigen deutschen Höfe, die vormals souveränen Städte, die Schweiz,
[* 49] viele mediatisierte Häuser
hatten ihre Abgesandten geschickt, so daß sich die Zahl der diplomatischen Personen auf 450 belief. Glänzende Feste, dramatische
und militärische Schauspiele u. dgl. trugen dazu bei, die große
Zahl von Personen der höchsten Gesellschaft zu unterhalten, und drohten mehr und mehr, die eigentliche
Aufgabe der Versammlung in den Hintergrund zu drängen.
Zwei Hauptaufgaben lagen dem wiener Kongreß ob, 1) der Wiederaufbau eines europäischen Staatensystems
mit Herstellung des politischen Gleichgewichts und 2) die Neuordnung der innern Verhältnisse Deutschlands.
[* 50] Am 22. Sept. eröffneten
daher die Bevollmächtigten der vier verbündeten Großmächte, Österreich, Rußland, Preußen und England,
den Kongreß mit dem Beschluß, daß für die Kongreßarbeiten zwei Ausschüsse, der eine für die Konstituierung des DeutschenBundes, der andre für die europäischen Angelegenheiten, errichtet werden sollten und kraft des PariserFriedens, welcher Frankreich
ausschloß, letzterer nur aus den Bevollmächtigten der vier Verbündeten bestehen sollte; Talleyrand setzte
jedoch die Berufung des sogen. Generalausschusses der Acht durch, in welchen außer den vier Mächten auch Spanien,
[* 51] Portugal,
Schweden und Frankreich eintraten.
Jedes Ausschußmitglied sollte gleiches Recht und eine Stimme haben; an die Stelle der Rangordnung sollte das französische
Alphabet treten und demnach Österreich (Autriche) in der PersonMetternichs den Vorsitz führen. Am 8. Okt. erließ
der so organisierte Ausschuß die Erklärung, daß er alle Fragen insoweit ordnen werde, bis dieselben zur Verhandlung mit den
einzelnen Beteiligten reif wären. Die neue Länderverteilung und Grenzbestimmung in Europa
[* 52] war zum größten Teil bereits
durch den PariserFrieden geregelt.
Schwierigkeiten bereitete besonders die polnische Frage, mit welcher, da Preußen sein früheres Gebiet
in Polen nur gegen die Erwerbung ganz Sachsens aufgeben wollte, auch die sächsische und damit die deutsche Frage verbunden
war. Der KaiserAlexander I.
forderte das Herzogtum Warschau,
[* 53] um daraus ein KönigreichPolen unter russischem Protektorat zu
gründen, wogegen England und Österreich sich erklärten. Die Hartnäckigkeit, womit die Parteien sich
in der polnischen und sächsischen Frage entgegentraten, schien im Dezember 1814 Europa mit einem neuen Krieg zu bedrohen.
Talleyrand hetzte nach Kräften, um die Allianz der Mächte zu sprengen, und brachte ein geheimes Bündnis zwischen
England, Österreich und Frankreich zu stande, um die polnisch-sächsischen PlänePreußens
[* 54] und Rußlands
zu bekämpfen. Schon entwarf man die militärischen Operationen. Metternich arbeitete aber unermüdet an einer friedlichen Lösung
der Verwickelung, und Preußen ließ sich endlich zu der Zustimmung bereit finden, daß Sachsen geteilt werden und Preußen
den nördlichen, dünner bevölkerten Teil (850,000 Einw.) mit den Elbfestungen
Torgau
[* 55] und Wittenberg
[* 56] erhalten, der Rest aber als Königreich unter den Wettinern fortbestehen sollte.
Was nun den politischen Wert dessen anlangt, was der wiener Kongreß zu stande brachte, so ist das Resultat in anbetracht
der ungeheuern Schwierigkeiten, der zahllosen sich widersprechenden und bekämpfenden Ansprüche und der kurzen Zeit ein
bedeutendes. Nur fehlte demselben, der Charaktereigentümlichkeit der leitenden Persönlichkeiten, Alexanders I. und Metternichs,
entsprechend, ein festes Prinzip und daher die Bürgschaft längerer Dauer. Vor allem haben die Teilnehmer des Kongresses ihr
Werk mehr im Interesse der großen Dynastien als in dem der Völker vollzogen und die Hauptaufgaben, die
sie sich gestellt, nicht genügend gelöst, weder die Gründung eines politischen Gleichgewichts unter den Mächten (denn England
ward durch den Kongreß übermächtig zur See wie Rußland zu Land), noch die Neuordnung der Verhältnisse in Italien,
besonders aber in Deutschland, mit der niemand zufrieden war, und durch die namentlich das deutsche und preußische Volk um
den Preis seiner Aufopferung betrogen wurde. Die Bestimmungen und Verheißungen dieser Verträge wurden in der Folge von den
verschiedenen Mächten so oft unerfüllt gelassen und einseitig aufgehoben, als es ihre Sonderinteressen
verlangten und die Verhältnisse gestatteten. Klüber gab die »Akten des WienerKongresses« (Frankf. 1815-35, 9 Bde.) und eine
»Übersicht der diplomatischen Verhandlungen des WienerKongresses« (das. 1816) heraus. Flassan schrieb eine lobhudelnde »Histoire
du congrès de Vienne« (Par. 1829; deutsch, Leipz. 1830, 2 Bde.).
Vgl. außerdem Lagarde, Fêtes et souvenirs du congrès de Vienne, etc. (Par. 1843, 2 Bde.;
deutsch, Leipz. 1845, 3 Bde.);
Lack, s. v. w. Florentiner Lack, ^[= Lackfarbe, welche aus einer mit Alaunlösung bereiteten Abkochung von Kochenille durch kohlensaures ...]
[* 76] s. Rotholzlacke.
Stadt mit eignem Statut in Niederösterreich, Sitz eines Kreisgerichts sowie einer
Bezirkshauptmannschaft (für die Umgebung), in dem fruchtbaren Steinfeld am Rohr- und Fischabach, an dem Neustädter Schiffahrtskanal,
der Südbahn (WienTriest,
[* 77] mit Abzweigung nach Ödenburg)
[* 78] und den Eisenbahnen von Wien über Pottendorf nach Wiener-Neustadt und von Wien über
Wiener-Neustadt nach Aspang, nahe der ungarischen Grenze gelegen, ist, nach dem Brand vom neu aufgebaut, eine
der schönsten StädteNiederösterreichs. Unter den Gebäuden steht obenan die 1168 erbaute, in neuerer Zeit mit Zubauten
versehene Burg der Babenberger, in welcher seit 1752 die von Maria Theresia gestiftete Militärakademie (400 Zöglinge) untergebracht
ist, mit der gotischen St. Georgskapelle, worin KaiserMaximilian I. ruht, der StatueKaiserFriedrichs III.
und dessen
¶
mehr
Wappentafel im Burghof, physikalisch-kriegswissenschaftlichem Museum, Bibliothek, großem Park mit Exerzierplätzen und den
Standbildern der KaiserinMaria Theresia und des GrafenKinsky (Direktors der Akademie), Reit- und Schwimmschule. Die Stadt hat
mehrere Kirchen (darunter die alte Pfarrkirche von 1230, welche gegenwärtig restauriert wird), eine Cistercienserabtei (Neukloster, 1444 gestiftet)
mit spätgotischer Kirche und wertvollen Sammlungen, ein Rathaus mit Archiv und Antiquitätensammlung, mehrere
Kasernen und ein Theater.
[* 80] An Unterrichtsanstalten bestehen hier außer der genannten Militär-Akademie: ein Obergymnasium, eine
Landesoberrealschule, ein Landeslehrerseminar, eine Handelsschule, eine gewerbliche Fortbildungsschule und eine Landesschule
für Maschinenwesen;
an Wohlthätigkeitsanstalten: ein allgemeines Krankenhaus,
[* 81] ein Armen- und ein Bürgerversorgungshaus;
Währung, eine ältere österreich. Papiervaluta, von 1811 bis 1858 vertreten
durch ein Staatspapiergeld (sogen. Scheingeld), das zwar Zwangsumlauf hatte, aber bald so im Preis verlor, daß 5 Gulden wiener Währung auf 2 Guld.
Konventionsgeld festgesetzt wurden.
Seit 1858 müssen bei Umrechnung von auf wiener Währung lautenden Verbindlichkeiten 100 Guld. wiener Währung = 42 Guld.
jetziger österreich. Währung gerechnet werden.
Der Wienerwald bildet ein freundliches, auf seinen langgestreckten, niedrigen und fast felsenlosen Bergwellen vielfach
mit Laubwald bedecktes Bergland, das jedoch nirgends 1000 m Höhe erreicht. Der
Schöpfelberg bei St. Corona
[* 88] ist 893 m, der Hermannskogel 542 m und der Eckpfeiler, der steil zur Donau abfallende Leopoldsberg, 449 m hoch. GrößereHöhen
im S. erreichen der Aninger (674 m), der Hohe Lindkogel (das Eiserne Thor, 831 m). Mehrere Hauptverkehrswege überschreiten
das Gebirge: die TullnerStraße am Schutzengelberg (500 m), die Westbahn den Sattel bei Reckawinkel (368
m), die Linzer Reichsstraße am RiederBerg (315 m). Der Wienerwald enthält zahlreiche Sommerfrischen und beliebte Ausflugsorte der
Wiener.
Vgl. »Der Wienerwald« (hrsg. vom
Österreichischen Touristenklub, Wien 1887).
1) Henri, Violinspieler und Komponist, geb. zu Lublin in Polen, erhielt seine Ausbildung
am PariserKonservatorium durch Massart und errang bereits 1846 den ersten Violinpreis. Nachdem er später an derselben Anstalt
unter Colets Leitung noch die Komposition studiert, unternahm er längere erfolgreiche Kunstreisen, bis er 1860 als Soloviolinist
des Kaisers von Rußland angestellt wurde. Als solcher wirkte er zwölf Jahre in Petersburg,
[* 89] dann ging
er wiederum auf Kunstreisen (unter anderm mit AntonRubinstein nach Amerika),
[* 90] folgte jedoch 1875 einem Ruf als Lehrer am Konservatorium
zu Brüssel
[* 91] an Stelle des plötzlich erkrankten Vieuxtemps. Als dieser zwei Jahre später seine Lehrthätigkeit wieder beginnen
konnte, begab sich Wieniawski abermals auf Konzertreisen, auf deren einer ihn in Moskau
[* 92] der Tod überraschte.
Als Komponist hat er sich durch eine Anzahl gediegener Arbeiten für sein Instrument vorteilhaft ausgezeichnet.
2) Joseph, Klavierspieler und Komponist, Bruder des vorigen, geb. zu Lublin, erhielt ebenfalls seine Ausbildung am
PariserKonservatorium, wo er von Zimmermann und V. Alkan im Klavierspiel und von Bazin in der Komposition
unterrichtet wurde, unternahm dann, meist in Gesellschaft seines Bruders, längere erfolgreiche Konzertreisen, machte noch 1856 in
Berlin unter Leitung von A. B. Marx gründliche Kontrapunktstudien und ließ sich um 1860 in Paris
[* 93] nieder. 1866 folgte er einem
Ruf nach Moskau als Lehrer am dortigen Konservatorium, vertauschte jedoch diese Stellung zu Anfang der 70er
Jahre mit der eines Dirigenten der Musikgesellschaft in Warschau, die er bis 1877 bekleidete, wo ihn Gesundheitsrücksichten
veranlaßten, von derselben zurückzutreten. Seitdem wieder ausschließlich seinem Instrument lebend, hat er sowohl als ausübender
wie auch als schaffender Künstler in den weitesten Kreisen (unter anderm 1879-80 in Berlin) Anerkennung
gefunden; von seinen zum Teil vielverbreiteten und mit Recht geschätzten Klavierkompositionen sind bereits über 36 im Druck
erschienen.
Insel im Eingang des Zuidersees, zur niederländ. ProvinzNordholland gehörig, durch einen schmalen Meeresarm
vom Festland getrennt, hat 18 km im Umkreis, besteht aus diluvialem Sand und alluvialem Klai.
Erwerbszweige
der 2475 Einw. sind Ackerbau, Schafzucht, Wollhandel und Fischerei.
[* 101]
AntonJoseph, belg. Maler, geb. zu Dinant, zeigte schon frühzeitig ein hervorragendes Zeichen- und
Nachbildungstalent, kam 1820 nach Antwerpen,
[* 102] wo er Herreyns und van Bree zu Lehrern hatte, und gewann 1832 den aus
einem Reisestipendium auf fünf Jahre bestehenden römischen Preis. In Rom
[* 103] widmete er sich besonders dem StudiumMichelangelos.
Ihm schwebte als künstlerisches Ideal die Verbindung von Michelangelo und Rubens vor, und dieses Ideal suchte er schon in seinem
ersten kolossalen Bilde, dem Kampf der Griechen und Trojaner um den Leichnam des Patroklos (1836), zu verwirklichen. 1836 in
die Heimat zurückgekehrt, nahm er seinen Wohnsitz in Lüttich,
[* 104] wo er sich mit Porträtmalen ernährte und daneben ein noch
größeres Gemälde als sein erstes ausführte: die Empörung der abtrünnigen Engel (1842), neben welchem der Tod des heil.
Dionys (1842), ein Triptychon mit Christus im Grab, Eva und Satan (1839) und die Flucht nach Ägypten
[* 105] (1848)
entstanden. 1840 erhielt er infolge eines Preisausschreibens der Stadt Antwerpen den ersten Preis für eine Abhandlung: »Eloge
de Rubens«, und 1848 ließ er sich in Brüssel nieder, wo er in demselben Jahr sein Hauptwerk, den TriumphChristi in seinen
Folgen für die Kulturentwickelung der Menschheit, vollendete.
SeinLeben fristete er nach wie vor mit der Porträtmalerei, da er sich nicht entschließen konnte, eins seiner Bilder zu verkaufen. 1850 wurde
ihm auf Staatskosten ein großes Atelier erbaut, welches Staatseigentum blieb und nach seinem Tod in das Musée Wiertz umgewandelt
wurde. Nach 1848 verwandte Wiertz mehrere Jahre auf Erfindung und Vervollkommnung eines neuen technischen
Verfahrens, der sogen. Peinture mate auf Leinwand, und hiermit begann eine neue Periode seines Schaffens.
Von der Religion, Mythologie, Heroengeschichte sich abwendend, suchte er einerseits philosophische Gedanken spekulativer, mystischer,
humanistischer und transzendentaler Natur künstlerisch zu gestalten, anderseits Ausgeburten einer überreizten
und krankhaften Phantasie, Träume und Visionen zu versinnlichen, wobei er sehr oft die Grenzen
[* 106] der Darstellungskunst überschritt
und sich auch von Roheiten und Geschmacklosigkeiten nicht fern hielt. Seine Hauptwerke dieser Gattung sind: der lebendig Begrabene,
Hunger, Wahnsinn und Verbrechen, der Selbstmörder, Gedanken und Visionen des Kopfes eines Hingerichteten, der
Leuchtturm von Golgatha, Christus und der Kampf der Parteien, die letzte Kanone, die Dinge der Gegenwart vor den Menschen der Zukunft,
eine Sekunde nachdem Tod. Wiertz hat auch zahlreiche Genrebilder gemalt,
in welchen er zum Teil ähnlich bizarre Stoffe behandelt
(das verbrannte Kind, Quasimodo, die Romanleserin und der Teufel, die junge Hexe), zum Teil aber auch Proben
von höchster Anmut der Formenbildung und von liebenswürdigem Humor abgelegt hat (ein junges Mädchen bei der Toilette, die
Erwartung, das Geständnis, die Rosenknospe). In seinen letzten Jahren hatte sich Wiertz auch wieder der Skulptur zugewendet, die
er schon in früher Jugend gepflegt. Er starb in Brüssel. Seine Werke sind im Musée Wiertz vereinigt
(vgl. »Catalogue du Musée Wiertz«, Brüss. 1873). Seine Schriften (»Peinture flamande«, »Peinture mate«, »Revue de salon« etc.)
sind gesammelt in den »Œuvres littéraires de A. Wiertz« (Brüssel 1869).
Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau,
[* 107] Amtshauptmannschaft Annaberg,
[* 108] an der Zschopau, hat eine evang.
Kirche, Baumwoll- und Flachsspinnerei, Papierfabrikation,
[* 109] Garnbleicherei, Holzschleiferei, eine Ziegelei, Bierbrauerei,
[* 110] Spiritusbrennerei,
Posamentenfabrikation und (1885) 2222 meist evang. Einwohner.
Dabei das Rittergut Wiesa mit dem Wiesenbad (s. d.).
[* 98] (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks der preuß.
ProvinzHessen-Nassau,
[* 113] bis 1866 Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Nassau, in einer an Naturschönheiten
und historischen Merkwürdigkeiten reichen sowie durch mildes Klima
[* 114] ausgezeichneten Gegend, am Südfuß des Taunus, 4 km vom
Rhein entfernt, Knotenpunkt der LinienWiesbaden-Mosbach und Wiesbaden-Biebrich der Preußischen Staatsbahn und Wiesbaden-Niedernhausen der Hessischen
Ludwigsbahn, 117 m ü. M., ist namentlich in ihren neuern Teilen sehr regelmäßig
gebaut und besitzt eine große Anzahl prächtiger Gebäude, eleganter Landhäuser und großartiger Hotels.
Die hervorragendsten Bauten sind: die neue evangelische Kirche (im romanisch-gotischen Stil, 1853-62 von Boos erbaut), mit drei
mächtigen Schiffen, schönen Altargemälden, trefflicher Orgel und Glockenspiel;
die neue Bergkirche (1877-79 nach Plänen des
Baumeisters Otzen errichtet);