neugebildeten nationalen Regierungskommission, um
Polen durch
Reform der
Schule und
Befreiung des Bauernstandes zu heben und
seine
Wiedergeburt vorzubereiten, stieß aber bei seinen Landsleuten auf so allgemeines Mißtrauen, ja
Haß und Feindseligkeit,
daß er im
Dezember wieder seine Entlassung nahm. Dennoch folgte er im Juni 1862 dem
StatthalterGroßfürstenKonstantin
als
Chef der Zivilverwaltung nach
Warschau,
[* 2] um die Unzufriedenheit in
Polen durch eine nationale
Regierung und gemäßigte
Reformen
zu beschwichtigen.
Als seine Thätigkeit wiederum erfolglos blieb und die rote
Partei die
Polen durch Gewaltakte, unter anderm zwei
Attentate auf
Wielopolski, zur
Revolution drängte, die auch Anfang 1863 ausbrach, zog er sich in demselben Jahr nach
Dresden
[* 3] zurück, wo er starb.
Vgl. Lisicki, Le
[* 4] marquis Wielopolski, sa vie et son temps
(Krak. 1878-80, 2 Bde.), eine von etwas
einseitiger Vorliebe für den
Helden beherrschte
Biographie, die von mehreren Seiten, besonders vom
Grafen H.
Tarnowski (das.
1878), angefochten wurde;
Spasowicz,
Leben und
Politik des
Marquis von Wielopolski (russ., Petersb. 1882).
Stadt im russisch-poln.
GouvernementKalisch,
[* 5] an der Liswarta, unweit der preußischen
Grenze, hat 5
Kirchen,
ein
Gymnasium, ehemaliges Piaristenkollegium und (1885) 5268 Einw.
11 km lange
Halbinsel an der
Küste von
Esthland,
[* 6] umschließt im O. die Revalsche
Reede und
enthält die großartigen
Ruinen des von den
Russen 1577 zerstörten Brigittenklosters.
An der
Spitze von Wiems liegt die bewaldete
Insel Wulff.
(lat.
Vindobona, Vienna, hierzu der Stadtplan), die Reichshaupt- und Residenzstadt des österreichischen Kaiserstaats
und dem
Rang nach die vierte GroßstadtEuropas (nach
London,
[* 8]
Paris
[* 9] und
Berlin),
[* 10] liegt unter 48° 13' nördl.
Br. und 16° 23' östl. L. v. Gr., am rechten
Ufer der regulierten
Donau, von einem
Arm derselben (dem sogen. Donaukanal) durchschnitten,
welcher hier das Flüßchen Wien aufnimmt, 170-205 m ü. M. (der
Nullpunkt des Donaupegels 152 m). Die Stadt ist durch ihre
Lage am Übergang des Alpenlandes zur Donauebene, an der Grenzscheide des deutschen, slawischen und ungarischen
Sprachgebiets, an den
Marken der alten Kulturländer von Zentraleuropa und der erst in den letzten
Jahrhunderten der
Bildung
und dem Weltverkehr erschlossenen
Länder Osteuropas seit jeher von hervorragender Wichtigkeit gewesen.
Nördlich der
Donau endet im Bisamberg das
Böhmisch-Mährische Hochplateau; östlich senken sich einerseits
die
Karpathen, anderseits das
Leithagebirge zur
Donau. Wien selbst steht auf den Abhängen der letzten nordöstlichen
Ausläufer
der
Alpen
[* 11] (des
WienerWaldes und des
Kahlengebirges) und ist von der
Niederung des
WienerBeckens umgeben. So ist die natürliche
Lage und Umgebung der Stadt aus bemerkenswerten
Kontrasten zusammengesetzt, welche sich denn auch in dem
Stadt- und Volksleben von Wien in eigentümlicher
Weise widerspiegeln. Das
Klima
[* 12] von Wien ist sehr unbeständig, die
Luft rauh und
mehr trocken als feucht, die
Atmosphäre nur selten in
Ruhe. Die mittlere Jahreswärme beträgt 9,2° C., der mittlere
Luftdruck 744
mm,
der durchschnittliche
Niederschlag 595
mm; auf ein Jahr entfallen 75
Nebel-, 111
Regen- und 33 Schneetage.
Stadtteile.
Die Metropole bestand früher
aus der innern Stadt, deren Festungswerke das mit
Alleen besetzte
Glacis umgab, und aus einem
Kranz von 36 Vorstädten, von denen 4 durch den erwähnten
Arm derDonau von den andern geschieden waren.
In diesen Verhältnissen ist durch die 1857 vom
Kaiser FranzJoseph angeordnete Stadterweiterung eine wesentliche Veränderung
vor sich gegangen. Die
Basteien,
Forts und
Gräben um die innere Stadt wurden beseitigt und die hierdurch sowie durch Auslassung
der
Glacis gewonnene
Fläche als
Baugrund verwertet.
Aus dem
Ertrag wurde der Stadterweiterungsfonds gebildet, welcher die
Kosten der Stadterweiterung und der
Herstellung einer
Reihe von Monumentalbauten (Opernhaus, Burgtheater, Hofmuseen) zu tragen hatte. Der Stadterweiterung wurden
die
Pläne der
ArchitektenF. Stache,L.Förster, van der
Nüll und
Siccardsburg zu
Grunde gelegt. Gegenwärtig besteht Wien aus
zehn
Bezirken:
1) die innere Stadt;
2) die
Leopoldstadt, welche die Donauinsel umfaßt;
10)
Favoriten, der im S. außerhalb der
Wiener Linienwälle gelegene, erst in neuester Zeit entstandene Stadtbezirk. Der zweite
Bezirk ist von den übrigen durch den Donauarm, der vierte und fünfte von dem sechsten durch den
Wienfluß geschieden, der auch zwischen dem ersten, dann dem dritten und vierten
Bezirk die
Grenze bildet. Der Alsbach und
der
WähringerBach durchfließen, durchaus überwölbt, den neunten
Bezirk. Die
Bezirke haben vielfach eine eigentümliche
Physiognomie
in Beziehung auf Bauart und Einwohner; so z. B. ist der erste
Bezirk hauptsächlich der Sitz der
Geburts-
und der Geldaristokratie, der
Ämter, des
Geschäfts- und Fremdenverkehrs, der zweite der Sitz des
Handels, daher auch der
Mittelpunkt
der jüdischen Bewohnerschaft, der dritte zu einem großen Teil Wohnort der Beamten, der fünfte Hauptsitz des
Kleingewerbes,
der sechste und siebente vorzugsweise der
Mittelpunkt der Fabrikthätigkeit, der neunte der Sitz der medizinisch-chirurgischen
Anstalten, der zehnte vorwiegend ein Arbeiterviertel.
Gegen die
Vororte ist Wien seit 1703 mit einem 4 m hohen
Wall und
Graben abgeschlossen von etwas mehr als 30 km
Länge (mit den
Krümmungen), dessen Beseitigung in Aussicht genommen ist, wegen der schwierigen
Lösung der damit zusammenhängenden
Verzehrungssteuerfrage aber noch nicht durchgeführt werden konnte. Die
Thore in demselben werden
»Linien« genannt und sind 15 an der
Zahl. Sie führen zu den
Vororten, welche sich teilweise unmittelbar an die Linienwälle anschmiegen, teilweise aber miteinander
in Zusammenhang stehen und eigne
Gemeinden bilden.
Vororte 9427 Hektar. Im Zusammenhang mit der Donauregulierung wurde auch auf die Anlage eines neuen Stadtteils längs des neuen
Donaudurchstichs Rücksicht genommen, welcher den Namen »Donaustadt« führen soll, gegenwärtig aber erst aus den Magazinen
der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft, Uferbahnhöfen, einigen Fabriketablissements etc. besteht.
Von den ehemaligen zwölf Thoren der innern Stadt sind gegenwärtig nur noch zwei, das Burg- und das Franz
Josephs-Thor, erhalten. An die Stelle des ehemaligen Festungsgrabens und des Glacis ist nun die Ringstraße getreten, welche
in Verbindung mit dem längs des Donaukanals führenden FranzJosephs-Kai die ganze innere Stadt umzieht, eine Breite
[* 19] von 57 m und
eine Längenausdehnung von 5 km hat.
Sie besteht aus einer Fahrstraße in der Mitte (mit zwei Geleisen der Pferdebahn), zu beiden Seiten Alleen, einem Reitsteg,
zwei kleinern Fahrbahnen, endlich den Trottoirs und zerfällt in den Stubenring, den Parkring, den Kolowratring, den Kärntner
Ring, den Opernring, den Burgring, den Franzensring, endlich den Schottenring, welcher am FranzJosephs-Kai
abschließt. Einen zweiten Gürtel
[* 20] bildet die Lastenstraße, welche die Grenze des ersten Bezirksbezeichner. Nach Auflassung
der Linienwälle wird die Gürtelstraße einen dritten Ring bilden, der den zehnten Bezirk und die Vororte ausscheiden wird.
Abgesehen von den an die Stelle des Glacis getretenen. Stadterweiterungsanlagen, sind die Plätze der innern
Stadt meist wenig umfangreich und die Straßen eng und nicht gerade. Die Pflasterung der Straßen wurde bisher ausschließlich
aus Granit (von der obern Donau) hergestellt; doch wird neuerdings in den frequentern Straßen der innern Stadt die Asphaltpflasterung
angewendet. GrößerePlätze sind: der Stephansplatz;
der Franzensplatz
(der Haupthof der kaiserlichen Hofburg);
der Josephsplatz;
der äußere Burgplatz zwischen der Burgund dem Burgthor;
dann in
den neuen Stadtteilen der Beethovenplatz, der Schwarzenbergplatz, der vor der neuen Akademie der Künste gelegene Schillerplatz,
der ausgedehnte, mit einem Park gezierte Rathausplatz, der weitläufige Platz vor der Votivkirche, der
Börsen- und der Morzinplatz.
Von den kleinern Plätzen sind zu nennen: der Minoriten-, Michaeler-, Universitäts- und Petersplatz.
Die Vorstädte haben nur wenige Plätze; zu erwähnen ist der Praterstern am Eingang des Praters. Als die schönsten Straßen
verdienen ausgezeichnet zu werden vor allen die Ringstraße (s. oben) mit den Straßenanlagen auf den
Stadterweiterungsgründen sowie der Franz Josephs-Kai; dann in der innern Stadt: die Herrengasse, der Kohlmarkt, die Kärntner
Straße, die Wollzeile, die Rotenturmstraße, die Wipplinger Straße;
in den Vorstädten: die Praterstraße, Taborstraße,
KaiserJoseph-Straße, WähringerStraße, NußdorferStraße, Alserstraße, MariahilferStraße, Wiedener Hauptstraße, Favoritenstraße,
Heugasse, Alleegasse, der Rennweg, Heumarkt, die Reisnerstraße, Ungargasse und Landstraßer Hauptstraße.
Die architektonische EntwickelungWiens läßt sich an vorhandenen Denkmälern nur bis in das 13. Jahrh. verfolgen, doch sind
aus dieser Zeit wenige Spuren erhalten. Mannigfaltiger sind die Zeugnisse von der reichen Bauthätigkeit des 14. Jahrh.,
der Zeit der Gotik, auf uns gekommen, wogegen die Renaissance wegen der damals herrschenden Kriegsnot
wenig Denkmäler geschaffen hat. Eine fruchtbare Epoche der Wiener Baugeschichte war die Regierungszeit der KaiserJoseph I. und
Karl VI. (Fischer von Erlach, Hildebrand, Martinelli).
Die Herrschaft dieser wesentlich von italienischen Vorbildern beeinflußten Richtung wurde mit Übergehung des eigentlichen
Rokokostils ziemlich unmittelbar von dem Klassizismus (Hauptvertreter Nobile) abgelöst, welcher aber
mehr und mehr verflachte und zu völliger Physiognomielosigkeit der bürgerlichen Bauten führte. Erst seit 1848 begann neues
Leben in der WienerArchitektur, in welcher seitdem der Eklektizismus, doch mit unverkennbarer Vorliebe für die Formen der italienischen
Renaissance, vorherrscht. In dieser jüngsten Epoche entstanden sechs Kirchen (sämtlich gotisch), die Mehrzahl
der im Stadterweiterungsprogramm bezeichneten öffentlichen Gebäude, zahlreiche Gebäude von Anstalten und Korporationen
und eine Reihe hervorragender Paläste.
Der letzte bedeutungsvolle Abschnitt der mit der Stadterweiterung beginnenden Bauperiode datiert aber seit etwa 1870. Fast
gleichzeitig wurde der Bau der beiden Museen und des neuen Hofburgtheaters (in neuester Zeit auch der Bau der
neuen Hofburg) von Semper und Hasenauer, das Parlamentshaus, die Börse und die Akademie der bildenden Künste von Hansen, die Universität
von Ferstel, das RathausvonSchmidt, der Justizpalast und andre Staatsbauten in Angriff genommen, Bauwerke, welche wie nie zuvor
die Bedeutung Wiens als Kapitale und als Stätte der Künste hervortreten lassen.
ÖffentlicheAnlagen besaß Wien vor der Verbauung des Raums zwischen der innern Stadt und den Vorstädten in den Glacis; an deren
Stelle ist als Ersatz hauptsächlich der Stadtpark getreten. Derselbe wurde 1861-67 angelegt und ist 145 Hektar
groß. Am linken Wienufer bildet er einen Ziergarten mit schönen Baumgruppen, Rasenplätzen, Blumenbeeten und einem Schwanenteich.
Der Park enthält die von H. Gasser ausgeführte Statue des Donauweibchens, dann die Denkmäler des KomponistenFr. Schubert und
des BürgermeistersFr. Zelinka.
Den Abschluß des Stadtparks bildet der geschmackvolle Kursalon. Durch die Karolinenbrücke stehen mit
dem Stadtpark die auf dem rechten Wienufer gelegenen Partien (mit dem Kinderpark) in Verbindung. Außerdem befinden sich öffentliche
Anlagen zwischen der Tegetthoff- und Elisabethbrücke, vor der technischen Hochschule, am Franz Josephs-Kai, um das neue Rathaus,
zwischen den neuen Museen; ferner vor der Votivkirche und dem Justizpalast, dann in Mariahilf der ehemalige
Esterházy- und in der Josephstadt der ehemalige Schönbornpark.
Ein neu angelegter öffentlicher Garten
[* 24] ist der Park auf der Türkenschanze nächst der Cottageanlage von Währing. Dem Publikum
offen stehende Gartenanlagen sind ferner: der Volksgarten (1824 vom Kaiser Franz I. angelegt), mit dem Theseustempel, dem Grillparzerdenkmal
und einem Brunnen
[* 25] mit Bronzegruppe von Tilgner;
der gleichfalls im französischen Stil gehaltene Augarten in der Leopoldstadt mit
¶
mehr
einem Flächeninhalt von 50 Hektar (von Joseph II. 1775 dem Publikum geöffnet). Der Prater ist ein umfangreicher, aus Laubholz
bestehender Lustwald (1712 Hektar groß) mit schönen Wiesengründen und alten Bäumen, auf der Insel zwischen dem Donaukanal
und der GroßenDonau liegend. Er bestand als Tierpark bereits im 16. Jahrh. und wurde 1766 von
KaiserJoseph II. dem Publikum geöffnet. Zwei große, vom Praterstern strahlenförmig ausgehende Alleen teilen den Prater fächerförmig
in drei Teile.
Die von einer Reitallee und Promenadenwegen eingefaßte Hauptallee ist der Sammelplatz der vornehmen Welt und Schauplatz der
Praterfahrten; sie führt eine Stunde weit zum sogen. Lusthaus und zur Freudenau (dem Wiener Pferderennplatz).
Der Prater enthält mehrere Vergnügungsetablissements, Kaffeehäuser und Restaurationen. Der sogen. Volks- oder Wurstelprater
ist mit seinen Wein- und Bierschenken, Schaubuden, Marionettentheatern, Karussellen etc. namentlich an Sonn- und Feiertagen der
Hauptsammelpunkt der untern Klassen, wo sich das Wiener Volksleben in seiner ganzen Eigentümlichkeit entwickelt.
Von der Weltausstellungshalle des Jahrs 1873 ist die aus Eisen konstruierte Rotunde von 100 m Durchmesser
nebst dem umgebenden Hallenviereck stehen geblieben, welche auch seither als Ausstellungsraum dient. Nördlich hiervon befindet
sich das Wiener städtische Lagerhaus, östlich der Trabrennplatz. Privatgärten, deren Besuch dem Publikum gestattet ist, sind
der fürstlich Schwarzenbergsche im 3. und der fürstlich Liechtensteinsche im 9. Bezirk. Auch der botanische
Garten am Rennweg ist ein nicht bloß von Studierenden besuchterPark. Beschränkt ist der Zutritt zu dem k. k. Hofgarten an der
Südseite des äußern Burgplatzes, mit der Reiterstatue Franz' I., Gemahls der KaiserinMaria Theresia, und schönem Blumensaal.
Von öffentlichen Denkmälern sind zu nennen: die Mariensäule am Hof (1667 zu Ehren der unbefleckten Empfängnis
Mariä errichtet);
die Dreifaltigkeitssäule am Graben (1679 im Auftrag KaiserLeopolds I. beim Erlöschen der Pest nach dem
Entwurf von Burnaccini ausgeführt), 21 m hoch;
das Votivdenkmal auf dem HohenMarkt, von Corradini im Auftrag Karls
VI. 1732 ausgeführt, die Vermählung Mariä unter einem korinthischen Tempel
[* 27] darstellend;
das Grillparzerdenkmal im Volksgarten, von Kundmann in Marmor ausgeführt, mit Reliefs von Weyr an der Innenseite
einer bogenförmigen, schön gegliederten Mauer;
der Albrechtsbrunnen an der Rampe unter dem Palast des
ErzherzogsAlbrecht (1869), mit Marmorgruppen von Meixner u. a. Zu den Monumenten sind auch zu rechnen: das äußere Burgthor
(unter Franz I. von Nobile im dorischen Stil erbaut), das schon erwähnte FranzJosephs-Thor (von 1848),
endlich der Theseustempel (1823 von Nobile nach dem Muster des gleichnamigen Tempels in Athen
[* 32] errichtet), Canovas schöne Gruppe:
die Besiegung des Minotaurus
[* 33] durch Theseus enthaltend.
Wien besitzt innerhalb der Linien 31 größtenteils eiserne Brücken über die Donau, den Donaukanal und den Wienfluß. Über
den Donaukanal führen: die Brigittenbrücke, die Augarten- oder MariaTheresia-Brücke (eiserne Hängebrücke
mit vier Granitpfeilern und Figuren, 1873), die Stephaniebrücke (eine an Stelle des Karlskettenstegs 1885 erbaute schöne
eiserne Brücke),
[* 34] die Ferdinandsbrücke (eiserne Brücke, 1819), die Aspernbrücke (Kettenbrücke zur Verbindung der Ringstraße
mit der Praterstraße, mit vier Löwen
[* 35] und vier Figuren: Ruhm, Krieg, Friede, Wohlfahrt, 1864), die Franzensbrücke
(Kettenbrücke, 1848), die Sophienbrücke (eiserne Brücke, 1872), endlich die KaiserJosephs-Brücke (eiserne Brücke, 1872).
Über die Wien führen die neue Schlachthausbrücke, die Nevillebrücke, die Reinprechtsdorfer Brücke, die Pilgrambrücke,
die neue Magdalenenbrücke, die Rudolfsbrücke (Kettenbrücke von 1828), die Leopoldsbrücke, der Schikaneder-Kettensteg, die
Elisabethbrücke (steinerne Brücke mit Marmorstatuen von HerzogHeinrich Jasomirgott, Leopold dem Glorreichen,
RudolfIV., dem Stifter, Rüdiger vonStarhemberg, Bischof Kollonits, NiklasSalm, Joseph von Sonnenfels und Fischer von Erlach, 1854),
die Schwarzenbergbrücke (steinerne Brücke, 1864), die Tegetthoffbrücke (eiserne Bogenbrücke, 1872), die Karolinenbrücke
(eiserne Brücke, 1857), die Stubenbrücke (bereits 1400 als steinerne Brücke erbaut in neuerer Zeit bedeutend
verbreitert), der Zollamtssteg und die Radetzkybrücke (steinerne Brücke am Einfluß der Wien in den Donaukanal, 1855). Über
die regulierte
¶
mehr
Donau führen zwei große Straßenbrücken: die FranzJosephs-Brücke in der Richtung von der Taborstraße gegen Floridsdorf (vollendet
1875) und die Rudolfsbrücke in der Verlängerung
[* 37] der Praterstraße und Schwimmschulallee mit der Richtung gegen Kagran (1028
m lang, 1876 vollendet). Außerdem führen über die Donau drei große Eisenbahnbrücken der Nordwestbahn, Nordbahn (auch
für Fußgänger) und der Staatseisenbahn (letztere bei Stadlau), ferner über den Donaukanal die Brücke der Donauuferbahn
(bei Nußdorf), die Brücke der Wiener Verbindungsbahn (Kettenbrücke) und der Staatseisenbahn (bei Simmering).
Kirchliche Bauwerke.
Wien hat über 50 katholische, eine griechisch-unierte, 3 griechisch-nichtunierte und 3 protestantische Kirchen, 3 öffentliche
und mehrere Privatsynagogen und zahlreiche Kapellen. Unter den 20 Kirchen der innern Stadt ist die Domkirche
zum heil. Stephan, obwohl ein Turm
[* 38] unvollendet ist, doch eins der ausgezeichnetsten Bauwerke dieser Art. Den ersten Grund zu
dieser Kirche legte Heinrich II. Jasomirgott 1144; ihre gegenwärtige Gestalt erhielt sie unter Rudolf IV. und Albrecht III.
Sie ist eine in Form eines lateinischen Kreuzes aufgeführte dreischiffige Hallenkirche, 108 m lang, im
Innern 27 m hoch, im Kreuzschiff 70 m breit, und umschließt einen Flächenraum von 3240 qm. Das Dach
[* 39] ist mit glasierten farbigen
Ziegeln gedeckt.
Von den vier Türmen des Doms sind die zwei zu beiden Seiten der Fassade stehenden, die sogen. Heidentürme, 64 m
hoch. Von den beiden andern, an den Enden des Kreuzschiffs befindlichen Türmen wurde der nördliche 1579 mit einem schließenden
Aufsatz versehen und hat im ganzen eine Höhe von 65 m. Der Bau des südlichen Turms wurde unter der Leitung Wenzels von Klosterneuburg
begonnen, von HansPrachatitz fortgesetzt und von AntonPilgram 1433 vollendet. 1859 wurde die Turmspitze abgetragen und 1864 durch
einen von Fr. Schmidt vollendeten Neubau ersetzt.
Gegenwärtig ist der Turm 139 m hoch. In demselben hängt eine 198 metr. Ztr. schwere
Glocke, welche 1711 aus eroberten türkischen Kanonen gegossen ward. Die Turmspitze ist mit einem vergoldeten
Kreuz
[* 40] und Adler
[* 41] geschmückt. Die Giebel an der Außenseite des Doms wurden 1853-56 von Ernst stilgemäß ausgebaut. Den Haupteingang
ins Innere bildet das sogen. Riesenthor, ein interessanter Rest des ältesten Baues, im romanischen Stil. An der Südfronte
befindet sich das Singerthor mit dem Grabmal von Otto Nithart Fuchs,
[* 42] dem durch Anastasius Grün bekannten
»Pfaffen vom Kahlenberg«, an der Nordseite das Bischofsthor.
Unter den Türmen sind zwei Kapellen angebaut, die Tauf- und Barbarakapelle; zu beiden Seiten des Riesenthors befinden sich
zwei mit schönen Rosenfenstern ausgestattete Kapellen, die Kreuz- und Eligiuskapelle. Unter den Altären zeichnen sich
der 1657 von JakobBock
[* 43] vollendete Hochaltar von schwarzem Marmor mit Altarblatt der Steinigung des heil. Stephanus von TobiasBock,
der alte deutsche Flügelaltar im rechten Seitenchor und die neuen gotischen Altäre im linken Seitenchor, in der Tauf- und
in der Barbarakapelle aus.
Ein Meisterwerk der Plastik ist die 1430 von A. Pilgram vollendete gotische Kanzel. Als ausgezeichnete Holzarbeiten
sind die Chorstühle zu erwähnen. Unter den zahlreichen Grabmonumenten verdienen hervorgehoben zu werden: der Sarkophag
[* 44] des
KaisersFriedrich III., von NikolausLerch aus rotem Marmor gearbeitet und mit Statuetten, Reliefs und Ornamenten aller Art reich
ausgestattet;
Auch ziehen sich unter der Kirche
und weiter unter dem Platz, welcher im vorigen Jahrhundert noch Friedhof war, umfangreiche Katakomben hin,
welche 34 große Gewölbe
[* 46] bilden. Der Stephansdom wird, nachdem die Wiederherstellung der Außenseite vollendet ist, seit 1881 auch
im Innern stilgemäß restauriert, zu welchem Behuf sich ein Dombauverein gebildet hat. Der alte hölzerne Dachstuhl
[* 47] soll
durch Eisenkonstruktion ersetzt werden. (Vgl. Tschischka, Der St. Stephansdom zu Wien, Wien 1832;
Perger, Der Dom zu St. Stephan, Triest
[* 48] 1854.
Die Hofpfarrkirche zu St. Michael (1220 begonnen, zu Anfang des 15. Jahrh. umgebaut), mit schlankem
gotischen Turm, enthält Gemälde von Bock, Unterberger, Schnorr u. a. und außen eine Sandsteingruppe: Christus am Ölberg, von 1494. Die
Minoritenkirche (italienische Nationalkirche, 1330 vollendet) hat ein gotisches Portal, ein MonumentMetastasios und Raffaellis
Mosaikkopie des Abendmahls von Leonardo da Vinci. Die KircheMariaStiegen (Maria am Gestade), welche aus dem 9. Jahrh.
herstammen soll, erhielt ihre gegenwärtige Gestalt zu Anfang des 15. Jahrh. und ist eins
der schönsten gotischen Baudenkmäler; sie besteht aus einem ältern, dreiseitig geschlossenen Chor, woran das einschiffige
Langhaus in stumpfem Winkel
[* 51] ansetzt, und hat einen 57 m hohen, in eine durchbrochene Steinkuppel ausgehenden
Turm und schöne Glasmalereien.
Von den 36 Kirchen in den Vorstadtbezirken sind folgende die ausgezeichnetsten: die Karlskirche auf der
Wieden (1716-37 unter Karl VI. nach Aufhören der Pest von Fischer von Erlach erbaut), mit imposanter ovaler
¶
mehr
Kuppel von 28 m Höhe und 19 m Durchmesser, schönem, auf sechs korinthischen Säulen
[* 55] ruhen dem, im Giebel mit einem Marmorrelief
geziertem Portal, Glockentürmen und zwei 47 m hohen Säulen mit Szenen aus dem Leben des heil. Karl Borromeus darstellenden Reliefs
von Mader, Fresken von Rothmayr, schönen Altarblättern und dem Grab des Dichters Collin (gest. 1811);
Eine der bedeutendsten
neuen Kirchenbauten Wiens ist die Pfarrkirche zu den sieben Zufluchten in der LerchenfelderStraße (1848 nach MüllersPlan begonnen, 1861 vollendet).
Sie ist dreischiffig, hat ein Querschiff, eine achteckige Kuppel, zwei vierseitige Türme, welche über dem Mittelschiff durch
eine offene Galerie miteinander verbunden sind. Über dem Hauptportal und in dessen vertieften Flächen
stehen Statuen von Preleuthner und Gasser. Das Innere ist mit einem von Führich angeordneten Cyklus von Bildern, ausgeführt
von Kupelwieser, Engerth, Blaas u. a., ausgestattet.
Unweit davon befindet sich die 1860-62 nach dem Entwurf von Fr. Schmidt im gotischen Stil ausgeführte Lazaristenkirche
mit einem über der Vierung aufsteigenden Turm, schönem, in durchbrochenes Pfeilerwerk aufgelöstem Hochaltar etc. Von den
Vorstadtkirchen sind weiter zu erwähnen: die Mechitaristenkirche in der Neustiftgasse (1684 vollendet), mit Schnorrs ausgezeichnetem
Wandgemälde, die Speisung der Fünftausend darstellend, im Refektorium;
die Pfarrkirche zu den heiligen
Schutzengeln auf der Wieden (1651 vollendet), mit einem verehrten Madonnenbild und guten Gemälden;
die
Salesianerinnenkirche am Rennweg (1719 vollendet), mit großer Kuppel, Gold- und Marmorschmuck, Kuppelfresken von Pellegrini,
Altarblättern von van Schuppen, Altomonte u. a. In die neueste Epoche der WienerBaukunst
[* 57] gehören endlich nachfolgende, durchweg
gotische Kirchen: die Votivkirche, vom ErzherzogFerdinandMaximilian, spätern Kaiser von Mexiko,
[* 58] zum Andenken
an die Rettung des Kaisers beim Attentat vom gegründet, wurde nach dem Plan von Ferstel 1856-79 gebaut und ist eins
der schönsten
modernen gotischen Bauwerke.
Sie ist ein dreischiffiger Längsbau mit Chorumgang und sieben Apsidialkapellen,
einem Kreuzschiff und vier an dasselbe anstoßenden Eckkapellen. An der Hauptfassade nach der Ringstraße
zu erheben sich zwei schlanke, durchbrochene, 99 m hohe Türme; über der Vierung des Kreuzes steigt ein eisernes Zentraltürmchen
empor. Über den Chorumgang zieht sich ein Oratorium herum; an der Hauptfassade befinden sich drei, an den Kreuzschifffassaden
zusammen zwei Portale.
Das Material des Gebäudes ist durchweg harter Sandstein. Die St. Othmarkirche in der Löwengasse wurde auf Kosten der Kommune
Wien und des KardinalsRauscher nach dem Entwurf von Fr. Schmidt 1866 bis 1873 im frühgotischen Stil in Ziegelrohbau
erbaut. Die Pfarrkirche in der Brigittenau (1867-73 gleichfalls nach dem EntwurfvonSchmidt ausgeführt) ist ein frühgotischer
Ziegelrohbau, im Innern polychrom bemalt, mit Fresken, figuralem Altarschmuck und Glasmalereien.
Die Kirche in Fünfhaus (1867-75 nach dem Entwurf von Fr. Schmidt erbaut) ist ein im gotischen Stil gehaltener
achtseitiger Kuppelbau mit Kapellenkranz und vorgelegten Ausbauten. Endlich sind noch die Elisabethkirche auf der Wieden (1860-66
nach dem EntwurfBergmanns im gotischen Stil in Ziegelrohbau ausgeführt) und die gleichfalls von Bergmann erbaute Pfarrkirche
im 10. Bezirk, eine dreischiffige Pfeilerbasilika von vorwiegend italienischem Renaissancecharakter, zu erwähnen.
die Synagoge in der Seitenstettengasse (1826 von Kornhäusel erbaut), im Innern reich im Barockstil ausgeschmückt;
der israelitische
Tempel in der Leopoldstadt (1853-58 von Förster im maurischen Stil in Ziegelrohbau ausgeführt), mit einer durch Mosaikornamente
effektvoll verzierten Vorhalle, einem durch zwei Säulenpaare in drei Schiffe
[* 60] geteilten Langhaus und dem
Raum für das Allerheiligste;
endlich der neue, 1888 im maurischen Stil ausgeführte Tempel der türkischen Juden, gleichfalls
in der Leopoldstadt.
Die Zahl der Wohnhäuser
[* 61] in Wien betrug Ende 1888: 12,883, während sie sich Ende 1857 erst auf 8806 belief.
Unter den einzelnen Gebäuden sind vor allen diejenigen für den kaiserlichen Hof und zwar zunächst die kaiserliche Hofburg
zu nennen, ein Komplex von Gebäuden, welche zu verschiedenen Zeiten im verschiedenartigsten Stil aufgeführt, um- und
¶
angebaut wurden. Der älteste Teil ist der sogen. Schweizerhof aus dem 13. Jahrh., gegen den Franzensplatz zu, im 16. Jahrh.
umgestaltet;
die südwestliche Seite dieses Platzes bildet der Leopoldinische Trakt, zu Ende des 17. Jahrh. vom KaiserLeopold
I. neu aufgebaut, 1804 mit einem Anbau, dem Rittersaal, versehen;
jedoch kamen nur einzelne Teile des Entwurfs zur Ausführung, so der
gegenwärtig den schönsten Teil der Hofburg bildende Reichskanzleipalast (die nordöstliche Seite des
Franzensplatzes, gegenwärtig mit der Wohnung des Kaisers FranzJoseph I.), mit zwei Durchfahrten und Herkulesgruppen aus Sandstein
von Mathielly, ferner die unvollendet gebliebene Rotunde gegen den Michaelerplatz mit mächtigem Kuppelbau, die prachtvolle
Winterreitschule und die Hofbibliothek am Josephsplatz. An letztere, welche von einer achteckigen Kuppel mit Skulpturengruppe
(Minerva, Atlas,
[* 64] Tellus) gekrönt wird und einen glänzend dekorierten, 78 m langen, 17 m breiten Büchersaal mit Marmorstatuen
österreichischer Regenten enthält, schließen sich zwei Seitenflügel an, von denen der eine (1767 erbaut) die Redoutensäle
enthält.
Hinzu kamen in späterer Zeit einige Zubauten, darunter das 1889 demolierte alte Burgtheater. Von der 1449 im
gotischen Stil erbauten Burgkapelle hat sich nur der Chorschluß erhalten. In neuester Zeit wird nach den von Semper und Hasenauer
entworfenen Plänen ein Neubau der Hofburg und zwar zunächst ein Flügel auf dem äußern Burgplatz vor dem Kaisergarten ausgeführt.
Zu den Gebäuden für den kaiserlichen Hof gehören außerdem: die kaiserlichen Stallungen in der Hofstallstraße,
der Hofburg gegenüber (1725 teilweise nach dem EntwurfFischers vonErlach gebaut, mit zwei Seitenflügeln von 1825), mit großer
Reitschule, sehenswertem Marstall, Jagd- und Sattelkammer;
dann das Lustschloß Belvedere auf der Landstraße, Rennweg (1693-1724
im Auftrag Eugens von Savoyen nach dem Entwurf von Hildebrand im Rokokostil erbaut), jetzt die Gemäldegalerie
enthaltend, mit terrassenförmig ansteigendem Garten, an dessen unterm Ende sich ein ähnlich ausgeführtes Gebäude, das
untere Belvedere, mit der Ambraser und der Antikensammlung, erhebt.
das Gebäude der niederösterreichischen
Statthalterei in der Herrengasse (1845-47 erbaut), im Innern einen mit Fresken von Kupelwieser ausgestatteten Festsaal enthaltend;
das niederösterreichische Landhaus in der Herrengasse (von 1838, mit älterm rückwärtigen Trakt von 1513, den großen,
mit Fresken geschmückten Saal umfassend);
das Gebäude der Finanzlandesdirektion und des Hauptzollamtes
auf der Landstraße (1841-47 erbaut);
das Gebäude des technisch-administrativen Militärkomitees am Getreidemarkt (1863
erbaut);
das neue große Generalkommandogebäude in der Alserstraße, gegenüber der Votivkirche (1875 vollendet), mit großem
Hof, am Portal mit Atlanten von Pilz;
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das neue Telegraphengebäude in der Wipplinger Straße (1873 vollendet);
das alte Rathaus
in der Wipplinger Straße (1455 umgebaut, wiederholt restauriert), im Innern mit vorzüglichen Stuckarbeiten,
im Hof mit schönem Reliefbrunnen von Donner, dann der Salvatorkapelle mit schönem Renaissanceportal und seit 1867 mit neuem
Turm;
Das hervorragendste öffentliche Gebäude ist gegenwärtig das neue Rathaus (s. Tafel), von Fr. Schmidt
auf dem Rathausplatz auf einer Fläche von 19,592 qm 1872-83 ausgeführt. Das fünfgeschossige Gebäude enthält im Innern
einen großen Haupthof und sechs Nebenhöfe. Die gegen die Ringstraße gewendete Vorderseite enthält im Hauptgeschoß den
großen Festsaal, welchem eine doppelte offene Loggia vorgelegt ist, im Erdgeschoß die sogen. Volkshalle.
Der 98 m hohe Turm tritt frei heraus und
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