eignen
Worten die »Wiederherstellung seiner
Seele in ihre natürliche
Lage« ankündigen oder geschehen zeigen. In Bern
[* 2] trat der Dichter
in sehr nahe Beziehungen zu der Freundin
Rousseaus,
JulieBondeli. 1760 nach
Biberach
[* 3] zurückgekehrt, erhielt er eine amtliche
Stellung in seiner Vaterstadt, deren kleinbürgerliche Verhältnisse ihm minder drückend wurden, nachdem er
auf dem
Schloß des
GrafenStadion, der sich nach dem
Biberach benachbarten Warthausen zurückgezogen, eine Stätte feinster
weltmännischer
Bildung, mannigfachste persönliche Anregung und eine vortreffliche
Bibliothek gefunden hatte. In Warthausen
traf Wieland auch seine ehemalige Geliebte, die mit ihrem
Gatten bei
Stadion lebte, wieder. Der
Verkehr mit den genannten und
andern
Personen, die sich in jenem hochgebildeten
Kreis
[* 4] bewegten, vollendete Wielands
Bekehrung ins »Weltliche«. Jetzt erst
trat seine schriftstellerische Thätigkeit in die
Epoche, die seinen
Ruhm und seine Bedeutung für die nationale Litteratur
umfaßt. Um 1761 wurde der
Roman
»Agathon« (Frankf. 1766) begonnen, 1764
»Don Silvio von Rosalva, oder der
Sieg derNatur über die
Schwärmerei«
(Ulm
[* 5] 1764) vollendet; daneben hatte seit 1762 die Ausführung einer der verdienstlichsten
Arbeiten Wielands, seine
Übertragung des
Shakespeare(Zürich
[* 6] 1762-66, 8 Bde.),
»Die
Grazien« (das. 1770) und »Der neue Amadis«
(das. 1771) betrat Wieland seinen neuen Weg und verkündete eine
Philosophie der heitern
Sinnlichkeit, der Weltfreude, der leichten
Anmut, welche im vollen
Gegensatz zu den
Anschauungen seiner
Jugend stand. Inzwischen hatte Wieland, der seit 1765 mit
einer Augsburgerin verheiratet war, einem durch
Riedel in
Erfurt
[* 7] vermittelten
Ruf an die dortige
Universität im
Sommer 1769
Folge
gegeben. Seine Lehrthätigkeit, die er mit
Eifer betrieb, that seiner dichterischen Produktivität wenig Abbruch. In
Erfurt
verfaßte er, außer einigen der
oben genannten
Schriften, noch das
Singspiel
»Aurora«, die
»Dialoge des
Diogenes«
und den lehrhaften
Roman »Der goldene
Spiegel,
[* 8] oder die
Könige von Scheschian« (Leipz. 1772), welcher ihm den Weg nach
Weimar
[* 9] bahnte. 1772 berief ihn die Herzogin
Anna Amalie von
Sachsen-Weimar zur litterarischen
Erziehung ihrer beiden
Söhne nach
Weimar.
Hier trat Wieland in den geistig bedeutendsten Lebenskreis des damaligen
Deutschland,
[* 10] der schon bei seiner
Ankunft
Männer wie
Musäus, v.
Knebel,
Einsiedel,
Bertuch u. a.
in sich schloß, aber bald darauf durch
Goethe und
Herder erst seine
höchste
Weihe und Belebung erhielt. Wieland bezog unter dem
Titel eines herzoglichen
Hofrats einen
Gehalt von 1000 Thlr., welcher
ihm auch nach
KarlAugusts Regierungsantritt als
Pension verblieb. In behaglichen, ihn beglückenden Lebensverhältnissen entfaltete
er eine frische und sich immer liebenswürdiger gestaltende poetische und allgemein litterarische Thätigkeit.
Mit dem
Singspiel »Die
Wahl des
Herkules« und dem lyrischen
Drama
»Alceste« (1773) errang er reiche
Anerkennung. In der
Zeitschrift
»Der teutsche
Merkur«,
[* 11] deren Redaktion er von 1773 bis 1789 führte, ließ er fortan die eignen dichterischen
Arbeiten zunächst erscheinen, neben denen er auch eine ausgebreitete kritische Thätigkeit übte, die lange Zeit hindurch
sich auf fast alles, was für die litterarische
Welt, vorzüglich die deutsche, von Bedeutung war, erstreckte (vgl.
Burkhardt,
Repertorium zu
Wielands deutschem
Merkur,
Jena
[* 12] 1873). Wielands im
»Merkur« abgedruckte
»Briefe über
Alceste«
(September 1773) gaben
Goethe und
Herder Ärgernis und riefen des erstern
Farce
»Götter,
Helden und Wieland« hervor, auf welchen
Angriff
Wieland mit der ihm in der zweiten Hälfte seines
Lebens fast unverbrüchlich eignen heitern
Milde antwortete.
Als
Goethe bald darauf nach
Weimar übersiedelte, bildete sich zwischen ihm und ein dauerndes Freundschaftsverhältnis,
dem der überlebende Altmeister nach Wielands
Tod in seiner schönen Denkrede auf ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat.
Goethe gewann auch den stärksten Einfluß auf Wielands Bestrebungen in der dritten
Periode, in deren Werken sich
die besten und rühmlichsten
Eigenschaften unsers Dichters gleichsam konzentrieren, während seine
Neigung zur ermüdenden
Breite
[* 13] und zur sinnlichen Lüsternheit bis auf einen gewissen
Punkt überwunden wurde.
Die »Geschichte der Abderiten« (Leipz. 1781;
besprochen von
Seuffert, Berl. 1878),
das romantische, farbenreiche Gedicht
»Oberon« (Weim. 1781),
die prächtigen poetischen
Erzählungen: »Das Wintermärchen«,
»Geron der Adelige«,
»Schach Lolo«, »Pervonte« u. a.,
gesammelt in den »Auserlesenen Gedichten«
(Jena 1784-87),
entstanden in den ersten Jahrzehnten zu
Weimar. Dazu gesellten sich
die treffliche Bearbeitung von »Lukians sämtlichen Werken« (Leipz. 1788 bis
1789) und zahlreiche kleinere
Schriften. Eine Gesamtausgabe seiner bis 1802 erschienenen Werke (1794-1802 in 36
Bänden und 6 Supplementbänden),
welche
Göschen in
Leipzig
[* 14] verlegte, hatte Wieland in den
Stand gesetzt, das
Gut Osmannstedt bei
Weimar anzukaufen.
Dort lebte der Dichter
seit 1798 im
Kreise
[* 15] seiner großen
Familie (seine
Gattin hatte ihm in 20
Jahren 14
Kinder geboren) glückliche
Tage, bis ihn der
Tod seiner
Gattin 1803 veranlaßte, seinen Landsitz zu veräußern und wieder in
Weimar zu wohnen, wo er
dem
Kreis der Herzogin
AnnaAmalia bis an deren
Tod angehörte.
Indem Wieland bei Beginn seiner zweiten
Periode zur Vorbildlichkeit der französischen Litteratur zurückkehrte und den
Ehrgeiz
hegte, die der deutschen Litteratur völlig gleichgültig gegenüberstehenden höhern
Stände durch eine
der französischen ähnliche graziöse Leichtigkeit und lebendige
Anmut für die
deutsche Litteratur zu gewinnen, leistete
er ebendieser Litteratur einen großen und entscheidenden, aber auch einen höchst bedenklichen
Dienst. Er nahm einen guten
Teil der Leichtfertigkeit, der Üppigkeit und Oberflächlichkeit jener Musterlitteratur in die
Produktionen seiner mittlern
Zeit herüber. Freilich verband sich diese herausfordernde Frivolität und spöttische Weltklugheit mit dem kräftigen Behagen
und dem unverwüstlichen
Kern in seiner
Natur, der selbst
Schiller in einem
Brief an
Körner Wielands »Deutschheit« trotz alledem
und alledem betonen ließ. Und die
¶
mehr
außerordentliche Entwickelungsfähigkeit seines reichen Talents, der eigentümliche Aufschwung, den seine Dichtung noch in der
zweiten Hälfte seines Lebens nahm, hätten die stutzig machen sollen, welche von Wieland immer und überall nur als von einem
guten Kopf, ohne eigenstes poetisches Verdienst und tiefere Bedeutung, sprachen. Die mittelbare Nachwirkung Wielands brachte
der deutschen Litteratur eine Fülle seither nicht gekannter Anmut und Heiterkeit, die lebendigste Beweglichkeit
und gesteigerte Fähigkeit für alle Arten der Darstellung.
Die unmittelbare Nachwirkung, die sich an Wielands schwache Seiten, an die Lüsternheit, die gelegentliche Oberflächlichkeit
und Schnellproduktion des großen Schriftstellers, heftete, ließ eine sehr unkünstlerische und zum Teil unsittliche
Belletristik entstehen, die sich mit Recht und Unrecht auf Wieland berief und ihm wesentlich schadete. Die sämtlichen Werke Wielands
wurden herausgegeben von Gruber (Leipz. 1818-28, 53 Bde.;
neue Aufl., das. 1839-40 u. Stuttg.
1853, 36 Bde.) und bei Hempel (Berl.
1879, 40 Bde.); »Ausgewählte
Werke« von H. Kurz (Hildburgh. 1870, 3 Bde.),
Eine Biographie
des Dichters schrieb Gruber (»Christ. Martin Wieland«, Altenb. 1815-16, 2 Bde.;
neue Bearbeitung u. d. T.: »Chr. M. Wielands Leben«, Leipz. 1827-28, 4 Bde.);
eine neue quellenmäßige bearbeitet B. Seuffert in Würzburg.
[* 18]
(spr. wjelitschka), Stadt in Galizien, in einem anmutigen Thal
[* 21] an einer Zweiglinie der
Galizischen Karl Ludwigs-Bahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Bergschule, ein Reformatenkloster
und (1880) 6289 Einw. Unterhalb der Stadt in der Richtung gegen Bochnia (s. d.) befindet sich das berühmte Steinsalzbergwerk,
das reichste der Monarchie, welches 1250, nach andern schon 965, von einem Hirten, Wielicz, entdeckt worden
sein soll.
Dasselbe bildet eine umfangreiche unterirdische Stadt, die mit ihren Straßen, Plätzen etc. einen weit größern Raum einnimmt
als das Wieliczka der Oberwelt. Die Salzbildungen gehören der Tertiärzeit an und füllen eine Bucht aus, deren Grenzen
[* 22] im S. und
O. durch eocäne Sandsteine, im N. durch den neogenen marinen Sandstein bestimmbar sind. Das reinste, das
sogen. Szybiker Salz
[* 23] (Schachtsalz), nimmt die relativ tiefste, das Spizasalz die nächst höhere und das sogen.
Grünsalz die höchste Lage ein.
Die Ausdehnung
[* 24] des Grubenbetriebs beträgt von O. nach Westen über 3000 m, von S. nach N. 1140 m, und der
Betrieb erstreckt sich in eine Tiefe von 386 m. Elf Tagschächte führen in die Gruben, davon zwei in der Stadt selbst; doch
sind nur drei Förderschächte und ein Fahrschacht in Verwendung; die übrigen Schächte werden nur als
Reserve- und Luftschächte erhalten. Die in Stücken vorkommenden Grünsalzkörper werden in Etagen firsten- oder solenmäßig
abgebaut; bei dem Abbau der Szybiker und Spizalager ist der schwebende Langpfeilerbau in Anwendung.
(spr. wje-),AlexanderIgnatiusJohannPeter Starikow, Marquis von MirowGonzaga Myszkowski, Graf von, poln. Staatsmann,
geb. NeffeDembinskis, studierte die Rechte und Philosophie, erlangte in Göttingen
[* 31] die Doktorwürde
und widmete sich der Bewirtschaftung seiner Güter. Nach der Revolution von 1830 übernahm er für die provisorische Regierung
eine diplomatische Mission nach England, die erfolglos blieb, riet nach seiner Rückkehr in die Heimat vergeblich zur Mäßigung
und zur Aussöhnung mit Rußland und zog sich, nach kurzem Aufenthalt in Krakau
[* 32] amnestiert, auf seine
Güter zurück, um sich der Hebung
[* 33] derselben und dem Wohl der Bauern zu widmen. Konservativ gesinnt, hoffte er immer noch vom
Anschluß an Rußland das Beste für Polen. Gegen Österreich schrieb er 1846: »Lettre d'un gentilhomme polonais sur les massacres
de Galicie, adressée au prince de Metternich«. Bei seinen Standesgenossen und beim Volk war er unbeliebt, da man ihn für einen
hochmütigen, geizigen Russophilen hielt. Im März 1861 übernahm er denPosten eines Direktors der
¶
mehr
neugebildeten nationalen Regierungskommission, um Polen durch Reform der Schule und Befreiung des Bauernstandes zu heben und
seine Wiedergeburt vorzubereiten, stieß aber bei seinen Landsleuten auf so allgemeines Mißtrauen, ja Haß und Feindseligkeit,
daß er im Dezember wieder seine Entlassung nahm. Dennoch folgte er im Juni 1862 dem StatthalterGroßfürstenKonstantin
als Chef der Zivilverwaltung nach Warschau, um die Unzufriedenheit in Polen durch eine nationale Regierung und gemäßigte Reformen
zu beschwichtigen.
Als seine Thätigkeit wiederum erfolglos blieb und die rote Partei die Polen durch Gewaltakte, unter anderm zwei Attentate auf
Wielopolski, zur Revolution drängte, die auch Anfang 1863 ausbrach, zog er sich in demselben Jahr nach Dresden
[* 35] zurück, wo er starb.
Vgl. Lisicki, Le
[* 36] marquis Wielopolski, sa vie et son temps (Krak. 1878-80, 2 Bde.), eine von etwas
einseitiger Vorliebe für den Helden beherrschte Biographie, die von mehreren Seiten, besonders vom Grafen H. Tarnowski (das.
1878), angefochten wurde; Spasowicz, Leben und Politik des Marquis von Wielopolski (russ., Petersb. 1882).
Stadt im russisch-poln. GouvernementKalisch,
[* 37] an der Liswarta, unweit der preußischen Grenze, hat 5 Kirchen,
ein Gymnasium, ehemaliges Piaristenkollegium und (1885) 5268 Einw.
11 km lange Halbinsel an der Küste von Esthland,
[* 38] umschließt im O. die Revalsche Reede und
enthält die großartigen Ruinen des von den Russen 1577 zerstörten Brigittenklosters.
An der Spitze von Wiems liegt die bewaldete
Insel Wulff.
(lat. Vindobona, Vienna, hierzu der Stadtplan), die Reichshaupt- und Residenzstadt des österreichischen Kaiserstaats
und dem Rang nach die vierte Großstadt Europas (nach London,
[* 39] Paris
[* 40] und Berlin),
[* 41] liegt unter 48° 13' nördl.
Br. und 16° 23' östl. L. v. Gr., am rechten Ufer der regulierten Donau, von einem Arm derselben (dem sogen. Donaukanal) durchschnitten,
welcher hier das Flüßchen Wien aufnimmt, 170-205 m ü. M. (der Nullpunkt des Donaupegels 152 m). Die Stadt ist durch ihre
Lage am Übergang des Alpenlandes zur Donauebene, an der Grenzscheide des deutschen, slawischen und ungarischen
Sprachgebiets, an den Marken der alten Kulturländer von Zentraleuropa und der erst in den letzten Jahrhunderten der Bildung
und dem Weltverkehr erschlossenen Länder Osteuropas seit jeher von hervorragender Wichtigkeit gewesen.
Nördlich der Donau endet im Bisamberg das Böhmisch-Mährische Hochplateau; östlich senken sich einerseits
die Karpathen, anderseits das Leithagebirge zur Donau. Wien selbst steht auf den Abhängen der letzten nordöstlichen Ausläufer
der Alpen
[* 42] (des WienerWaldes und des Kahlengebirges) und ist von der Niederung des WienerBeckens umgeben. So ist die natürliche
Lage und Umgebung der Stadt aus bemerkenswerten Kontrasten zusammengesetzt, welche sich denn auch in dem
Stadt- und Volksleben von Wien in eigentümlicher Weise widerspiegeln. Das Klima
[* 43] von Wien ist sehr unbeständig, die Luft rauh und
mehr trocken als feucht, die Atmosphäre nur selten in Ruhe. Die mittlere Jahreswärme beträgt 9,2° C., der mittlere Luftdruck 744 mm,
der durchschnittliche Niederschlag 595 mm; auf ein Jahr entfallen 75 Nebel-, 111 Regen- und 33 Schneetage.
Stadtteile.
Die Metropole bestand früher
aus der innern Stadt, deren Festungswerke das mit Alleen besetzte Glacis umgab, und aus einem
Kranz von 36 Vorstädten, von denen 4 durch den erwähnten Arm der Donau von den andern geschieden waren.
In diesen Verhältnissen ist durch die 1857 vom Kaiser FranzJoseph angeordnete Stadterweiterung eine wesentliche Veränderung
vor sich gegangen. Die Basteien, Forts und Gräben um die innere Stadt wurden beseitigt und die hierdurch sowie durch Auslassung
der Glacis gewonnene Fläche als Baugrund verwertet.
Aus dem Ertrag wurde der Stadterweiterungsfonds gebildet, welcher die Kosten der Stadterweiterung und der
Herstellung einer Reihe von Monumentalbauten (Opernhaus, Burgtheater, Hofmuseen) zu tragen hatte. Der Stadterweiterung wurden
die Pläne der ArchitektenF. Stache,L.Förster, van der Nüll und Siccardsburg zu Grunde gelegt. Gegenwärtig besteht Wien aus
zehn Bezirken:
1) die innere Stadt;
2) die Leopoldstadt, welche die Donauinsel umfaßt;
10) Favoriten, der im S. außerhalb der Wiener Linienwälle gelegene, erst in neuester Zeit entstandene Stadtbezirk. Der zweite
Bezirk ist von den übrigen durch den Donauarm, der vierte und fünfte von dem sechsten durch den
Wienfluß geschieden, der auch zwischen dem ersten, dann dem dritten und vierten Bezirk die Grenze bildet. Der Alsbach und
der WähringerBach durchfließen, durchaus überwölbt, den neunten Bezirk. Die Bezirke haben vielfach eine eigentümliche Physiognomie
in Beziehung auf Bauart und Einwohner; so z. B. ist der erste Bezirk hauptsächlich der Sitz der Geburts-
und der Geldaristokratie, der Ämter, des Geschäfts- und Fremdenverkehrs, der zweite der Sitz des Handels, daher auch der Mittelpunkt
der jüdischen Bewohnerschaft, der dritte zu einem großen Teil Wohnort der Beamten, der fünfte Hauptsitz des Kleingewerbes,
der sechste und siebente vorzugsweise der Mittelpunkt der Fabrikthätigkeit, der neunte der Sitz der medizinisch-chirurgischen
Anstalten, der zehnte vorwiegend ein Arbeiterviertel.
Gegen die Vororte ist Wien seit 1703 mit einem 4 m hohen Wall und Graben abgeschlossen von etwas mehr als 30 km Länge (mit den
Krümmungen), dessen Beseitigung in Aussicht genommen ist, wegen der schwierigen Lösung der damit zusammenhängenden
Verzehrungssteuerfrage aber noch nicht durchgeführt werden konnte. Die Thore in demselben werden »Linien« genannt und sind 15 an der
Zahl. Sie führen zu den Vororten, welche sich teilweise unmittelbar an die Linienwälle anschmiegen, teilweise aber miteinander
in Zusammenhang stehen und eigne Gemeinden bilden.
Vororte 9427 Hektar. Im Zusammenhang mit der Donauregulierung wurde auch auf die Anlage eines neuen Stadtteils längs des neuen
Donaudurchstichs Rücksicht genommen, welcher den Namen »Donaustadt« führen soll, gegenwärtig aber erst aus den Magazinen
der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft, Uferbahnhöfen, einigen Fabriketablissements etc. besteht.
Von den ehemaligen zwölf Thoren der innern Stadt sind gegenwärtig nur noch zwei, das Burg- und das Franz
Josephs-Thor, erhalten. An die Stelle des ehemaligen Festungsgrabens und des Glacis ist nun die Ringstraße getreten, welche
in Verbindung mit dem längs des Donaukanals führenden FranzJosephs-Kai die ganze innere Stadt umzieht, eine Breite von 57 m und
eine Längenausdehnung von 5 km hat.
Sie besteht aus einer Fahrstraße in der Mitte (mit zwei Geleisen der Pferdebahn), zu beiden Seiten Alleen, einem Reitsteg,
zwei kleinern Fahrbahnen, endlich den Trottoirs und zerfällt in den Stubenring, den Parkring, den Kolowratring, den Kärntner
Ring, den Opernring, den Burgring, den Franzensring, endlich den Schottenring, welcher am FranzJosephs-Kai
abschließt. Einen zweiten Gürtel
[* 50] bildet die Lastenstraße, welche die Grenze des ersten Bezirksbezeichner. Nach Auflassung
der Linienwälle wird die Gürtelstraße einen dritten Ring bilden, der den zehnten Bezirk und die Vororte ausscheiden wird.
Abgesehen von den an die Stelle des Glacis getretenen. Stadterweiterungsanlagen, sind die Plätze der innern
Stadt meist wenig umfangreich und die Straßen eng und nicht gerade. Die Pflasterung der Straßen wurde bisher ausschließlich
aus Granit (von der obern Donau) hergestellt; doch wird neuerdings in den frequentern Straßen der innern Stadt die Asphaltpflasterung
angewendet. GrößerePlätze sind: der Stephansplatz;
der Franzensplatz
(der Haupthof der kaiserlichen Hofburg);
der Josephsplatz;
der äußere Burgplatz zwischen der Burgund dem Burgthor;
dann in
den neuen Stadtteilen der Beethovenplatz, der Schwarzenbergplatz, der vor der neuen Akademie der Künste gelegene Schillerplatz,
der ausgedehnte, mit einem Park gezierte Rathausplatz, der weitläufige Platz vor der Votivkirche, der
Börsen- und der Morzinplatz.
Von den kleinern Plätzen sind zu nennen: der Minoriten-, Michaeler-, Universitäts- und Petersplatz.
Die Vorstädte haben nur wenige Plätze; zu erwähnen ist der Praterstern am Eingang des Praters. Als die schönsten Straßen
verdienen ausgezeichnet zu werden vor allen die Ringstraße (s. oben) mit den Straßenanlagen auf den
Stadterweiterungsgründen sowie der Franz Josephs-Kai; dann in der innern Stadt: die Herrengasse, der Kohlmarkt, die Kärntner
Straße, die Wollzeile, die Rotenturmstraße, die Wipplinger Straße;
in den Vorstädten: die Praterstraße, Taborstraße,
KaiserJoseph-Straße, WähringerStraße, NußdorferStraße, Alserstraße, MariahilferStraße, Wiedener Hauptstraße, Favoritenstraße,
Heugasse, Alleegasse, der Rennweg, Heumarkt, die Reisnerstraße, Ungargasse und Landstraßer Hauptstraße.
Die architektonische EntwickelungWiens läßt sich an vorhandenen Denkmälern nur bis in das 13. Jahrh. verfolgen, doch sind
aus dieser Zeit wenige Spuren erhalten. Mannigfaltiger sind die Zeugnisse von der reichen Bauthätigkeit des 14. Jahrh.,
der Zeit der Gotik, auf uns gekommen, wogegen die Renaissance wegen der damals herrschenden Kriegsnot
wenig Denkmäler geschaffen hat. Eine fruchtbare Epoche der Wiener Baugeschichte war die Regierungszeit der KaiserJoseph I. und
Karl VI. (Fischer von Erlach, Hildebrand, Martinelli).
Die Herrschaft dieser wesentlich von italienischen Vorbildern beeinflußten Richtung wurde mit Übergehung des eigentlichen
Rokokostils ziemlich unmittelbar von dem Klassizismus (Hauptvertreter Nobile) abgelöst, welcher aber
mehr und mehr verflachte und zu völliger Physiognomielosigkeit der bürgerlichen Bauten führte. Erst seit 1848 begann neues
Leben in der WienerArchitektur, in welcher seitdem der Eklektizismus, doch mit unverkennbarer Vorliebe für die Formen der italienischen
Renaissance, vorherrscht. In dieser jüngsten Epoche entstanden sechs Kirchen (sämtlich gotisch), die Mehrzahl
der im Stadterweiterungsprogramm bezeichneten öffentlichen Gebäude, zahlreiche Gebäude von Anstalten und Korporationen
und eine Reihe hervorragender Paläste.
Der letzte bedeutungsvolle Abschnitt der mit der Stadterweiterung beginnenden Bauperiode datiert aber seit etwa 1870. Fast
gleichzeitig wurde der Bau der beiden Museen und des neuen Hofburgtheaters (in neuester Zeit auch der Bau der
neuen Hofburg) von Semper und Hasenauer, das Parlamentshaus, die Börse und die Akademie der bildenden Künste von Hansen, die Universität
von Ferstel, das RathausvonSchmidt, der Justizpalast und andre Staatsbauten in Angriff genommen, Bauwerke, welche wie nie zuvor
die Bedeutung Wiens als Kapitale und als Stätte der Künste hervortreten lassen.
ÖffentlicheAnlagen besaß Wien vor der Verbauung des Raums zwischen der innern Stadt und den Vorstädten in den Glacis; an deren
Stelle ist als Ersatz hauptsächlich der Stadtpark getreten. Derselbe wurde 1861-67 angelegt und ist 145 Hektar
groß. Am linken Wienufer bildet er einen Ziergarten mit schönen Baumgruppen, Rasenplätzen, Blumenbeeten und einem Schwanenteich.
Der Park enthält die von H. Gasser ausgeführte Statue des Donauweibchens, dann die Denkmäler des KomponistenFr. Schubert und
des BürgermeistersFr. Zelinka.
Den Abschluß des Stadtparks bildet der geschmackvolle Kursalon. Durch die Karolinenbrücke stehen mit
dem Stadtpark die auf dem rechten Wienufer gelegenen Partien (mit dem Kinderpark) in Verbindung. Außerdem befinden sich öffentliche
Anlagen zwischen der Tegetthoff- und Elisabethbrücke, vor der technischen Hochschule, am Franz Josephs-Kai, um das neue Rathaus,
zwischen den neuen Museen; ferner vor der Votivkirche und dem Justizpalast, dann in Mariahilf der ehemalige
Esterházy- und in der Josephstadt der ehemalige Schönbornpark.
Ein neu angelegter öffentlicher Garten
[* 54] ist der Park auf der Türkenschanze nächst der Cottageanlage von Währing. Dem Publikum
offen stehende Gartenanlagen sind ferner: der Volksgarten (1824 vom Kaiser Franz I. angelegt), mit dem Theseustempel, dem Grillparzerdenkmal
und einem Brunnen
[* 55] mit Bronzegruppe von Tilgner;
der gleichfalls im französischen Stil gehaltene Augarten in der Leopoldstadt mit
¶
mehr
einem Flächeninhalt von 50 Hektar (von Joseph II. 1775 dem Publikum geöffnet). Der Prater ist ein umfangreicher, aus Laubholz
bestehender Lustwald (1712 Hektar groß) mit schönen Wiesengründen und alten Bäumen, auf der Insel zwischen dem Donaukanal
und der GroßenDonau liegend. Er bestand als Tierpark bereits im 16. Jahrh. und wurde 1766 von
KaiserJoseph II. dem Publikum geöffnet. Zwei große, vom Praterstern strahlenförmig ausgehende Alleen teilen den Prater fächerförmig
in drei Teile.
Die von einer Reitallee und Promenadenwegen eingefaßte Hauptallee ist der Sammelplatz der vornehmen Welt und Schauplatz der
Praterfahrten; sie führt eine Stunde weit zum sogen. Lusthaus und zur Freudenau (dem Wiener Pferderennplatz).
Der Prater enthält mehrere Vergnügungsetablissements, Kaffeehäuser und Restaurationen. Der sogen. Volks- oder Wurstelprater
ist mit seinen Wein- und Bierschenken, Schaubuden, Marionettentheatern, Karussellen etc. namentlich an Sonn- und Feiertagen der
Hauptsammelpunkt der untern Klassen, wo sich das Wiener Volksleben in seiner ganzen Eigentümlichkeit entwickelt.
Von der Weltausstellungshalle des Jahrs 1873 ist die aus Eisen konstruierte Rotunde von 100 m Durchmesser
nebst dem umgebenden Hallenviereck stehen geblieben, welche auch seither als Ausstellungsraum dient. Nördlich hiervon befindet
sich das Wiener städtische Lagerhaus, östlich der Trabrennplatz. Privatgärten, deren Besuch dem Publikum gestattet ist, sind
der fürstlich Schwarzenbergsche im 3. und der fürstlich Liechtensteinsche im 9. Bezirk. Auch der botanische
Garten am Rennweg ist ein nicht bloß von Studierenden besuchterPark. Beschränkt ist der Zutritt zu dem k. k. Hofgarten an der
Südseite des äußern Burgplatzes, mit der Reiterstatue Franz' I., Gemahls der KaiserinMaria Theresia, und schönem Blumensaal.
Von öffentlichen Denkmälern sind zu nennen: die Mariensäule am Hof (1667 zu Ehren der unbefleckten Empfängnis
Mariä errichtet);
die Dreifaltigkeitssäule am Graben (1679 im Auftrag KaiserLeopolds I. beim Erlöschen der Pest nach dem
Entwurf von Burnaccini ausgeführt), 21 m hoch;
das Votivdenkmal auf dem HohenMarkt, von Corradini im Auftrag Karls
VI. 1732 ausgeführt, die Vermählung Mariä unter einem korinthischen Tempel
[* 57] darstellend;
das Grillparzerdenkmal im Volksgarten, von Kundmann in Marmor ausgeführt, mit Reliefs von Weyr an der Innenseite
einer bogenförmigen, schön gegliederten Mauer;
der Albrechtsbrunnen an der Rampe unter dem Palast des
ErzherzogsAlbrecht (1869), mit Marmorgruppen von Meixner u. a. Zu den Monumenten sind auch zu rechnen: das äußere Burgthor
(unter Franz I. von Nobile im dorischen Stil erbaut), das schon erwähnte FranzJosephs-Thor (von 1848),
endlich der Theseustempel (1823 von Nobile nach dem Muster des gleichnamigen Tempels in Athen
[* 62] errichtet), Canovas schöne Gruppe:
die Besiegung des Minotaurus
[* 63] durch Theseus enthaltend.
Wien besitzt innerhalb der Linien 31 größtenteils eiserne Brücken über die Donau, den Donaukanal und den Wienfluß. Über
den Donaukanal führen: die Brigittenbrücke, die Augarten- oder MariaTheresia-Brücke (eiserne Hängebrücke
mit vier Granitpfeilern und Figuren, 1873), die Stephaniebrücke (eine an Stelle des Karlskettenstegs 1885 erbaute schöne
eiserne Brücke),
[* 64] die Ferdinandsbrücke (eiserne Brücke, 1819), die Aspernbrücke (Kettenbrücke zur Verbindung der Ringstraße
mit der Praterstraße, mit vier Löwen
[* 65] und vier Figuren: Ruhm, Krieg, Friede, Wohlfahrt, 1864), die Franzensbrücke
(Kettenbrücke, 1848), die Sophienbrücke (eiserne Brücke, 1872), endlich die KaiserJosephs-Brücke (eiserne Brücke, 1872).
Über die Wien führen die neue Schlachthausbrücke, die Nevillebrücke, die Reinprechtsdorfer Brücke, die Pilgrambrücke,
die neue Magdalenenbrücke, die Rudolfsbrücke (Kettenbrücke von 1828), die Leopoldsbrücke, der Schikaneder-Kettensteg, die
Elisabethbrücke (steinerne Brücke mit Marmorstatuen von HerzogHeinrich Jasomirgott, Leopold dem Glorreichen,
RudolfIV., dem Stifter, Rüdiger vonStarhemberg, Bischof Kollonits, NiklasSalm, Joseph von Sonnenfels und Fischer von Erlach, 1854),
die Schwarzenbergbrücke (steinerne Brücke, 1864), die Tegetthoffbrücke (eiserne Bogenbrücke, 1872), die Karolinenbrücke
(eiserne Brücke, 1857), die Stubenbrücke (bereits 1400 als steinerne Brücke erbaut in neuerer Zeit bedeutend
verbreitert), der Zollamtssteg und die Radetzkybrücke (steinerne Brücke am Einfluß der Wien in den Donaukanal, 1855). Über
die regulierte
¶
mehr
Donau führen zwei große Straßenbrücken: die FranzJosephs-Brücke in der Richtung von der Taborstraße gegen Floridsdorf (vollendet
1875) und die Rudolfsbrücke in der Verlängerung
[* 67] der Praterstraße und Schwimmschulallee mit der Richtung gegen Kagran (1028
m lang, 1876 vollendet). Außerdem führen über die Donau drei große Eisenbahnbrücken der Nordwestbahn, Nordbahn (auch
für Fußgänger) und der Staatseisenbahn (letztere bei Stadlau), ferner über den Donaukanal die Brücke der Donauuferbahn
(bei Nußdorf), die Brücke der Wiener Verbindungsbahn (Kettenbrücke) und der Staatseisenbahn (bei Simmering).
Kirchliche Bauwerke.
Wien hat über 50 katholische, eine griechisch-unierte, 3 griechisch-nichtunierte und 3 protestantische Kirchen, 3 öffentliche
und mehrere Privatsynagogen und zahlreiche Kapellen. Unter den 20 Kirchen der innern Stadt ist die Domkirche
zum heil. Stephan, obwohl ein Turm
[* 68] unvollendet ist, doch eins der ausgezeichnetsten Bauwerke dieser Art. Den ersten Grund zu
dieser Kirche legte Heinrich II. Jasomirgott 1144; ihre gegenwärtige Gestalt erhielt sie unter Rudolf IV. und Albrecht III.
Sie ist eine in Form eines lateinischen Kreuzes aufgeführte dreischiffige Hallenkirche, 108 m lang, im
Innern 27 m hoch, im Kreuzschiff 70 m breit, und umschließt einen Flächenraum von 3240 qm. Das Dach
[* 69] ist mit glasierten farbigen
Ziegeln gedeckt.
Von den vier Türmen des Doms sind die zwei zu beiden Seiten der Fassade stehenden, die sogen. Heidentürme, 64 m
hoch. Von den beiden andern, an den Enden des Kreuzschiffs befindlichen Türmen wurde der nördliche 1579 mit einem schließenden
Aufsatz versehen und hat im ganzen eine Höhe von 65 m. Der Bau des südlichen Turms wurde unter der Leitung Wenzels von Klosterneuburg
begonnen, von HansPrachatitz fortgesetzt und von AntonPilgram 1433 vollendet. 1859 wurde die Turmspitze abgetragen und 1864 durch
einen von Fr. Schmidt vollendeten Neubau ersetzt.
Gegenwärtig ist der Turm 139 m hoch. In demselben hängt eine 198 metr. Ztr. schwere
Glocke, welche 1711 aus eroberten türkischen Kanonen gegossen ward. Die Turmspitze ist mit einem vergoldeten
Kreuz
[* 70] und Adler
[* 71] geschmückt. Die Giebel an der Außenseite des Doms wurden 1853-56 von Ernst stilgemäß ausgebaut. Den Haupteingang
ins Innere bildet das sogen. Riesenthor, ein interessanter Rest des ältesten Baues, im romanischen Stil. An der Südfronte
befindet sich das Singerthor mit dem Grabmal von Otto Nithart Fuchs,
[* 72] dem durch Anastasius Grün bekannten
»Pfaffen vom Kahlenberg«, an der Nordseite das Bischofsthor.
Unter den Türmen sind zwei Kapellen angebaut, die Tauf- und Barbarakapelle; zu beiden Seiten des Riesenthors befinden sich
zwei mit schönen Rosenfenstern ausgestattete Kapellen, die Kreuz- und Eligiuskapelle. Unter den Altären zeichnen sich
der 1657 von JakobBock
[* 73] vollendete Hochaltar von schwarzem Marmor mit Altarblatt der Steinigung des heil. Stephanus von TobiasBock,
der alte deutsche Flügelaltar im rechten Seitenchor und die neuen gotischen Altäre im linken Seitenchor, in der Tauf- und
in der Barbarakapelle aus.
Ein Meisterwerk der Plastik ist die 1430 von A. Pilgram vollendete gotische Kanzel. Als ausgezeichnete Holzarbeiten
sind die Chorstühle zu erwähnen. Unter den zahlreichen Grabmonumenten verdienen hervorgehoben zu werden: der Sarkophag
[* 74] des
KaisersFriedrich III., von NikolausLerch aus rotem Marmor gearbeitet und mit Statuetten, Reliefs und Ornamenten aller Art reich
ausgestattet;
Auch ziehen sich unter der Kirche
und weiter unter dem Platz, welcher im vorigen Jahrhundert noch Friedhof war, umfangreiche Katakomben hin,
welche 34 große Gewölbe
[* 76] bilden. Der Stephansdom wird, nachdem die Wiederherstellung der Außenseite vollendet ist, seit 1881 auch
im Innern stilgemäß restauriert, zu welchem Behuf sich ein Dombauverein gebildet hat. Der alte hölzerne Dachstuhl
[* 77] soll
durch Eisenkonstruktion ersetzt werden. (Vgl. Tschischka, Der St. Stephansdom zu Wien, Wien 1832;
Perger, Der Dom zu St. Stephan, Triest
[* 78] 1854.
Die Hofpfarrkirche zu St. Michael (1220 begonnen, zu Anfang des 15. Jahrh. umgebaut), mit schlankem
gotischen Turm, enthält Gemälde von Bock, Unterberger, Schnorr u. a. und außen eine Sandsteingruppe: Christus am Ölberg, von 1494. Die
Minoritenkirche (italienische Nationalkirche, 1330 vollendet) hat ein gotisches Portal, ein MonumentMetastasios und Raffaellis
Mosaikkopie des Abendmahls von Leonardo da Vinci. Die KircheMariaStiegen (Maria am Gestade), welche aus dem 9. Jahrh.
herstammen soll, erhielt ihre gegenwärtige Gestalt zu Anfang des 15. Jahrh. und ist eins
der schönsten gotischen Baudenkmäler; sie besteht aus einem ältern, dreiseitig geschlossenen Chor, woran das einschiffige
Langhaus in stumpfem Winkel
[* 81] ansetzt, und hat einen 57 m hohen, in eine durchbrochene Steinkuppel ausgehenden
Turm und schöne Glasmalereien.
Von den 36 Kirchen in den Vorstadtbezirken sind folgende die ausgezeichnetsten: die Karlskirche auf der
Wieden (1716-37 unter Karl VI. nach Aufhören der Pest von Fischer von Erlach erbaut), mit imposanter ovaler
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