und hellbraunen
Flecken gezeichnet; die
Schwingen sind rot- und schwarzbraun gebändert, die Schwanzfedern fein schwarz gesprenkelt
und mit fünf schmalen Bogenbändern gezeichnet; die
Augen sind gelbbraun,
Schnabel und
Beine grüngelb. Der Wendehals bewohnt Mitteleuropa
und
Mittelasien, vorzüglich
Baumpflanzungen und Vorhölzer, weilt bei uns von Ende April bis Anfang
August und
im
Winter in
Griechenland,
[* 2]
Ägypten,
[* 3]
Nubien und im Ostsudân. Er sitzt meist träge auf einem
Baum, ist auf dem
Boden wenig geschickt,
klettert und fliegt ungern, macht aber in der Erregung und, um Feinde zu schrecken, eigne Gebärden, verdreht
Hals und
Kopf,
verbeugt sich, breitet den
Schwanz aus, verdreht die
Augen, sträubt die Kopffedern etc. Er sucht seine
Nahrung, welche vorzüglich aus
Ameisen besteht, auf der
Erde und erbeutet die
Tiere mit der
Zunge.
Gelegentlich frißt er auch
Raupen,
Larven und
Puppen. Er nistet jährlich nur einmal und legt Mitte
Mai in Baumhöhlen, auch
wohl in Starkasten 7-12 glänzend weiße
Eier
[* 4] (s. Tafel
»Eier I«,
[* 1]
Fig. 22), welche das Weibchen fast allein
ausbrütet. Das
Nest wird höchst unreinlich gehalten. In der Gefangenschaft wird er leicht zahm und ist durch sein eigentümliches
Benehmen sehr unterhaltend. Die Alten deuteten letzteres als Verliebtheit, schrieben ihm liebeweckende
Kraft
[* 5] zu und benutzten
ihn zu allerlei Zaubermitteln.
ein
Zweig der westslaw. Völkergruppe, welcher sich noch in der
Lausitz erhalten hat (s.
Deutschland,
[* 9] S. 817). Die
Veneter, die der ältere
Plinius und
Tacitus erwähnen, und die letzterer von den Sarmaten abtrennt
und irrtümlich den
Germanen zuweist, weil sie
Häuser bauten,
Schilde trügen und im
Kampf zu
Fuß erfahren seien, werden gemeinhin
mit den Wenden identifiziert.
IhreWohnsitze verlegt man an dieUfer des
Niemen und obern
Dnjepr; doch erhellt
sich das
Dunkel, das über jenem
Volk ruht, erst im 6. Jahrh., wo sich das Gebiet der Wenden bis zur Oder erstreckt.
Fortan wird der
Name Wenden Bezeichnung für alle Nordslawen. Diese sind im 6. Jahrh. in
Böhmen
[* 10] eingedrungen und haben nördlich
davon alle
Lande auf dem rechten Elbufer, ja sogar das Land zwischen
Elbe und
Saale besetzt. Sie teilen
sich in viele
Stämme, von denen die an der untern
Elbe wohnenden seit
Karl d. Gr., die an der obern
Elbe erst seit
Heinrich I.
mit den
Germanen in Berührung kamen. Vom 10. bis zum Ende des 12. Jahrh.
folgte eine Zeit blutiger
Kämpfe, welche mit der Unterwerfung und
Bekehrung der Wenden zum
Christentum endeten.
Obgleich sie innerhalb des deutschen Reichsverbandes eine Sonderstellung zum Teil unter eignen
Fürsten (in
Böhmen,
Mecklenburg,
[* 11] Pommern,
[* 12] den
Marken zwischen
Elbe und Oder,
Schlesien)
[* 13] behielten, vollzog sich doch die Germanisierung des
Slawenlandes allmählich infolge der massenhaften
Einwanderung der
Deutschen. Am frühsten verschwand das slawische
Element
in den Maingegenden, wohin es seit dem 8. Jahrh.
bei Gelegenheit der Grenzkriege Eingang gefunden
hatte. (S.
Slawen und Geschichte der einzelnen slawischen
Länder.) Der
Name Wenden bezieht sich später vornehmlich auf dieSorben
und Liutizen, deren Nachkommen in der
Lausitz noch
wendische Sprache oder, wie im Altenburgischen
(ca. 20,000
Köpfe), wenigstens
wendische
Sitte und
Tracht bewahrt haben.
Kreisstadt in der russ.
OstseeprovinzLivland,
[* 18] an der
Aa und der 1889 eröffneten
Riga-PskowschenBahn, mit den großartigen
Ruinen eines alten Ordensschlosses (1224 erbaut), der schönen Johanniskirche (mit Grabmälern mehrerer
Heermeister) und (1885) 4333 Einw. (meist Deutsche).
[* 19] Wenden war
einst Sitz des Land-, später
Heermeisters der mit dem
DeutschenOrden
[* 20] vereinigten
Schwertbrüder und vom 14. bis 16. Jahrh.
eine bedeutende Handelsstadt. Infolge der Belagerung und
Einnahme der Stadt durch
Iwan den
Grausamen (1557), bei welcher sich
die
Besatzung mit sämtlichen Bewohnern der
Burg in die
Luft sprengte, verlor Wenden seine Bedeutung.
Sprache,
[* 27] die Sprache derjenigen Wenden, auch Sorben oder Sorbenwenden genannt, welche in der Ober- und Niederlausitz
wohnen. Sie bildet den letzten Überrest des slawischen Sprachtums in Innerdeutschland und ist am nächsten mit dem in südlicher
Richtung nicht weit entfernten Tschechischen verwandt (vgl. Slawische Sprachen). Noch gegen Ende des 16. Jahrh.
war ihr Gebiet fast doppelt so groß als heutzutage, wo namentlich die Städte (Bautzen, Kottbus u. a.) ganz germanisiert sind;
auch die im 17. Jahrh. nicht ganz unbedeutende Litteratur ist ungeachtet einer 1847 gegründeten
Gesellschaft zur Pflege des Wendischen (Mácica serbska) in stetem Rückgang begriffen, ihr ältestes Denkmal ist ein
katholisches Gebetbuch von 1512. Man unterscheidet zwei Dialekte, den ober- und untersorbischen Grammatiken lieferten A. Seiler
(Bautzen 1830), Jordan (Prag
[* 28] 1841), F. Schneider (Bautzen 1853), Pfuhl (das. 1867) und Liebsch (»Syntax der wendischen Sprache«,
das. 1884),
wendisch-deutsche Wörterbücher K. Bose (Grimma
[* 29] 1840) und Zwahr (Spremb. 1847),
der auch »Volkslieder der Wenden« (Grimma 1843, 2 Bde.) herausgab. Den »Brief des Jakobus«
aus einer wendischen Übersetzung von 1548 gab R. Lotze heraus (Leipz. 1867).
Vgl. Pypin, Das sorbisch-wendische Schrifttum
in der Oberlausitz (deutsch von Pech, Leipz. 1884);
für H.L. Wendland, geb. 1791 zu Herrenhausen, gest. 1869 als
Nachfolger seines Vaters in Teplitz, und für H. Wendland, geb. 1825 zu Herrenhausen, Sohn des vorigen, ebenfalls königlicher
Garteninspektor (Palmen,
[* 32] Cykadeen).
des »Taschenbuchs
zum geselligen Vergnügen« (1821-25) und des neuen »Deutschen Musenalmanachs« sind zu erwähnen: »RossinisLeben und Arbeiten«
(Leipz. 1824),
»Über die Hauptperioden der schönen Kunst« (das. 1831) sowie seine Bearbeitung der 3. Auflage von Tennemanns
»Grundriß der Geschichte der Philosophie« (das. 1820, 5. Aufl. 1829).
Jurij, russ. Schriftsteller, geb. 1802 unter den karpathischen
Russen in Nordungarn, hieß ursprünglich Guza (Huza), nahm aber während seiner Studienzeit in Lemberg
[* 37] den Namen an. Er begab
sich 1823 nach Bessarabien, wo er mit den in Kischinew
[* 38] lebenden Bulgaren bekannt wurde, und faßte das lebhafteste
Interesse für die Schicksale dieses Volkes. Nachdem er in Moskau
[* 39] noch Medizin studiert und sich 1829 als praktischer Arzt daselbst
niedergelassen, machte er 1830 mit Unterstützung der PetersburgerAkademie der Wissenschaften eine Forschungsreise nach Bulgarien,
[* 40] deren Ergebnisse er nach seiner Rückkehr in einer Reihe von Schriften verwertete, und starb in
Moskau.
Sein Hauptwerk ist: »Die alten und jetzigen Bulgaren« (russ., Mosk. 1829-41, 2 Bde.),
womit er das damals fast vergessene Volk und seine alte Geschichte gleichsam neu entdeckte und bei den Bulgaren selbst den
ersten Anstoß zur Wiederbelebung
des Nationalgefühls gab. Weiter erschienen: »Über bulgarische Volkspoesie«
(1835);
Stadt im schwed. LänElfsborg (das oft auch nach Wenersborg benannt wird), liegt am Wasbotten, der südlichsten
Bucht des Wenersees, auf einer Landzunge zwischen dem Wasbotten und dem Götaelf, durch welche ein 3900 m
langer Kanal
[* 41] mit zwei Schleusen geleitet ist (zur Vermeidung des fast 6 m hohen Wasserfalls in dem Götaelf bei Ronnum), und
an der Eisenbahn Herrljunga-Uddevalla. Wenersborg hat eine höhere Lehranstalt, ein Taubstummeninstitut, Eisengießerei,
[* 42] Gerberei, Zündholzfabrikation,
lebhaften Getreidehandel und (1885) 5382 Einw.
(Wenern), größter Landsee Schwedens, im südwestlichen Teil des Landes zwischen den LänsWermland, Skaraborg
und Elfsborg, 44 m ü. M. liegend, bis 90 m tief, 180 km lang, bis 90 km breit
und 5975 qkm (108,5 QM.) groß, besteht aus zwei Teilen, dem
eigentlichen Wenersee, dem größern nordöstlichen, und dem Dalbosee, dem kleinern südwestlichen Teil, welche
durch WermlandsNäs, eine von N. sich in den See erstreckende Halbinsel, die Insel Källandsö im S. und zahlreiche kleinere Inseln
geschieden werden.
In demSee liegen außer den erwähnten noch mehrere Inseln, von welchen Hammarö im N., Torsö und Bromö im SO. die
bedeutendsten sind. Er bildet eine Menge von Buchten und nimmt über 30 Flüsse
[* 43] auf, von denen die bedeutendsten sind: im NW.
der Abfluß des dalslandschen Seesystems und der Byelf, der kanalisierte Abfluß einer Reihe von Seen, von denen der Glafsfjord
und Elgafjord (bei Arvika) die größten sind;
im N. der Norself, der Klarelf, der bedeutendste und längste
Zufluß, und der Let- oder Gullspangself;
berühmter Aussichtspunkt im Berner Oberland, dem Koloß der Jungfrau gegenüber, von
dem sie nur die tiefe Schlucht des Trümletenthals scheidet, 1882 m hoch, mit Hotel.
Hier schrieb Byron die Alpenszenen seines
»Manfred«.
Eigentlich bildet die Wengernalp nur eine Vorstufe der KleinenScheideck (s. d.).
weitern Umgebung Münchens, vorzugsweise aus den Isargegenden. Die wechselnde Tagesbeleuchtung, besonders im Frühjahr und
im Herbst, weiß er mit feinem Gefühl für die leisesten Regungen der Atmosphäre wiederzugeben und den grauen Luftton der bayrischen
Hochebene mit großer Virtuosität in allen Nüancen zu variieren. Seine Hauptwerke sind: Landschaft im Charakter der
Isarufer, Simmsee in Oberbayern, aus einem oberbayrischen Hochmoor, Anfang des Frühlings, vom Innfluß in Bayern,
[* 48] das Isarbett
zwischen Tölz und Lenggries, nach dem Hochwasser, die Kalksteinsammlerinnen im Isarbett bei Tölz (NeuePinakothek in München),
Herbstlandschaft mit Jägern und Ausblick über das Isarthal bei Tölz. Er ist königlicher Professor.
Wahl- und Munizipalbezirk in Shropshire (England), mit (1881) 19,474 Einw., umfaßt außer dem Städtchen
Much-Wenlock (2321 Einw.) noch Broseley (s. d.) und Madeley (s. d.).
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Hannover, Landkreis Linden, am Fuß des Deister und an der Linie Weetzen-Haste
der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, ein Damenstift, ein Amtsgericht, eine Steinkohlengrube u. (1885) 1809 Ew.
Obgleich unterrichtet, talentvoll und von seinem Vater schon im zwölften Jahr zur Teilnahme an den Staatsgeschäften zugezogen,
war Wenzel doch den Anforderungen seiner bewegten Zeit nicht gewachsen. Es fehlte ihm an Selbständigkeit
und Festigkeit
[* 57] des Willens, und der Staatsgeschäfte wurde er überdrüssig, sowie er die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen
erkannte. In Deutschland war er anfangs redlich bestrebt, den Fehden zwischen Fürsten, Rittern und Städten durch Verkündigung
des Landfriedens auf dem NürnbergerReichstag 1383 ein Ende zu machen; allein weder dieser Plan noch ein 1384 zu
Heidelberg
[* 58] gemachter und 1387 zu Mergentheim
[* 59] wiederholter Versuch einer Gesamteinigung aller Fürsten und Städte waren von Erfolg.
Wenzel zog daher fortan vor, seine Zeit in Böhmen bei Jagden und Trinkgelagen zu verbringen.
Doch mußte er einen Vertrag eingehen, durch welchen seine königliche Macht auf eine Schattenherrschaft herabgesetzt wurde.
Als Wenzel den Visconti das Herzogtum Mailand,
[* 63] ein Reichslehen, übertrug und Frankreich zuliebe in die Absetzung der beiden Gegenpäpste
Bonifacius IX. und Benedikt XIII. willigte, traten die vier Kurfürsten von Mainz,
[* 64] Köln,
[* 65] Trier
[* 66] und Pfalz 1400 zu
Rhens zusammen und sprachen 20. Aug. an der Marienkapelle bei Oberlahnstein seine Absetzung aus. Unterdessen war Wenzel mit seinen
böhmischen Unterthanen in neue Zwistigkeiten geraten, die Siegmund benutzte, seinen Bruder gefangen zu nehmen und 19 Monate
zu Wien
[* 67] in Haft zu halten. Da PapstBonifacius IX. 1403 Wenzels Absetzung förmlich aussprach, begünstigte
derselbe aus Haß gegen die katholische Geistlichkeit die Anhänger
¶
2) Wenzel (Wenceslaus) I., Sohn Ottokars I., folgte diesem 1230, fiel, obwohl mit einer Tochter Philipps vonSchwaben vermählt, 1240 von der staufischen Sache ab, mußte 1248 vor einer Empörung des Adels, an deren Spitze
sein Sohn Ottokar stand, aus Böhmen fliehen, eroberte es 1249 wieder und starb Deutschem Wesen hold, galt er auch
als Freund des Minnesangs; das ihm zugeschriebene böhmische Minnelied ist jedoch unecht.
4) Wenzel III., des vorigen Sohn, wurde 1302 in Stuhlweißenburg
[* 71] als König von Ungarn gekrönt, konnte sich aber gegen KarlRobert
von Neapel
[* 72] nicht behaupten, folgte seinem Vater 1305 in Böhmen, versank völlig in Schwelgerei und Sinnenlust, ward von
dem thüringischen RitterKonrad v. Bodenstein ermordet. Mit ihm erlosch der Mannesstamm der Premysliden.
- 5) Wenzel IV., s. Wenzel 1).
(Werpelrot), ein an seinen Ästen mit Früchten, Kuchen, Bändern, Flittergold und sonstigem Zierat wie ein kleiner
Christbaum behängter Baumzweig (meist von Wacholder oder Stechpalme), der sonst am Palmsonntag in der Kirche
geweiht wurde, jetzt aber in einigen Gegenden Deutschlands
[* 73] als eine Art von winterlichem Gegenstück des Maibaums (s. Maifest)
von den jungen Burschen den Mädchen am Neujahrsabend dargebracht wird. Man flicht auch wohl die Äste eines Weidenzweigs zu
einem Rad oder einer Krone zusammen und putzt sie ähnlich aus. Das damit ausgezeichnete Mädchen erwidert
gewöhnlich als Zeichen der Annahme die Gabe durch ein ähnliches Geschenk zum Dreikönigstag.
11 km langer, aber nur schmaler, romantisch zwischen bewaldeten Hügeln gelegener See im preuß. Regierungsbezirk
Potsdam,
[* 75] mit neuerdings entdeckten wendischen Pfahlbauresten, ist durch den 10 km langen Werbelliner Kanal
mit dem Finowkanal verbunden.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg,
[* 76] KreisOsterburg, im fruchtbarsten Teil der »Wische«, unweit der Elbe,
hat eine alte Tempelherrenkirche, Schiffahrt und (1885) 1734 evang. Einw.
(Anwerbung), die Ergänzung des Heers durch Rekruten, welche gegen Handgeld freiwillig in den Militärdienst
treten, im Gegensatz zur Konskription (s. d.) und zum Kantonsystem (s. d.).
Griechen und Römer
[* 77] verstärkten ihre Heereshaufen durch geworbene Söldner. Im Mittelalter kam die Werbung wieder in Aufnahme, um
der Ritterschaft eine nur dem Landesherrn verpflichtete Streitmacht entgegenzustellen. Eine Zeitlang war die Schweiz
[* 78] der vornehmste
Werbeplatz in Europa.
[* 79]
Unter Maximilian I. wurde bei Errichtung der Landsknechte
[* 80] (s. d.) die Werbung in Deutschland zum erstenmal im
großen angewendet. Nach dem WestfälischenFrieden schuf der GroßeKurfürst in Brandenburg durch freie ein stehendes Heer, welches
das vornehmste Werkzeug zur Vergrößerung der preußischen Monarchie wurde. Über die spätern Werbungen vgl. Werbung v.
Schultz, Die preußischen Werbungen unter FriedrichWilhelm I. und Friedrich d. Gr. (Schwerin 1887). Das Werbesystem
erhielt sich bis zum Anfang des 19. Jahrh. Jeder Staat schickte Werbeoffiziere aus, welche, mit Werbepatenten und mit Werbegeldern
versehen, auf gewisse Werbeplätze angewiesen wurden.
Sie betrieben die Werbung teils insgeheim, teils öffentlich. Im erstern Fall begaben sie sich gewöhnlich in bürgerlicher
Kleidung in die nächsten Grenzorte versuchten Rekruten durch Versprechungen oder durch List und Gewalt zur Dienstnahme zu bewegen.
Bei der öffentlichen Werbung begab sich der Werbeoffizier, von einem Tambour, Pfeifer oder Trompeter begleitet, in die Ortschaften
des ihm angewiesenen Distrikts, kündigte laut an, für wen und unter welchen Bedingungen er Soldaten zu
werben gekommen sei, und empfing dann die Anmeldung.
Issezk, Fabrikdorf im russ. GouvernementPerm, am Isset, mit 2 Kirchen, Eisen-, Blei- und Goldbergwerken, Gußeisenfabriken
und ca. 7030 Einw. Die seit 1726 ausgebeuteten Lager
[* 82] befinden sich in rotem, gelbem und weißem Thon bei einer Tiefe von 6-13
m.
Kreisstadt im sibir. Gebiet Transbaikalien, am Zusammenfluß der Uda und der Selinga, hat 4 Kirchen, 2 Gymnasien,
ist Sitz verschiedener Behörden, hat mehrere Fabriken, große Marktplätze, auf denen im Winter eine vielbesuchte Messe abgehalten
wird, und (1883) 4130 Einw.
(bei den Jakuten Boronuk oder Borunuk), Bezirksstadt in der russisch-sibir. ProvinzJakutsk, an der Jana,
unter 67° 34' nördl. Br., und einer der kältesten Punkte der Erde, mit einer mittlern Temperatur von -16,7° C. (Januar -49,
Juli 15,4° C.);
1885 maß man im Januar bis -68° C. Der Ort hatte 1881 nur 291 Einw., meist Jakuten.
Von
hier führt die von Jakutsk kommende Straße nach Ustjansk an der Janamündung.
Kreisstadt im russ. GouvernementPerm, am östlichen Abhang des Urals und an der Tura, hat 6 Kirchen, ein
Kloster, einen alten Kaufhof, Goldsandlager, Eisenhütten und (1885) 2841 Einw.
Der Kreis Werchoturje hat zahlreiche Hüttenwerke, darunter Bogoslawsk ^[richtig: Bogoslowsk], Sitz einer Berghauptmannschaft, und Nishne-Tagilsk.
[* 84] Stadt in der sächs. Kreis- und Amtshauptmannschaft Zwickau,
[* 85] an der Pleiße, Knotenpunkt der LinienLeipzig-Hof
und Werdau-Mehltheuer der Sächsischen Staatsbahn, 301 m ü. M., hat eine evang.
Kirche, eine Realschule, eine höhere Web- und Fabrikantenschule, ein Amtsgericht, Vigogne-, Streich- und Kammgarnspinnerei, bedeutende
Buckskinfabrikation, Spinnmaschinenbau, Woll- und Baumwollfärberei, Ziegelbrennerei, Eisengießerei und (1885) 14,665 meist
evang. Einwohner.
Vgl. Stichart, Chronik der Fabrikstadt Werdau (2. Aufl., Werd. 1865).
(Wärder, Wörth),
[* 92] eine Insel in einem Fluß, dann auch ein Landstrich zwischen Flüssen und
stehenden Gewässern oder eine aus einem Sumpf trocken gelegte und urbar gemachte Gegend. Werder in dieser Bedeutung sind in Westpreußen
[* 93] die Weichselwerder zwischen Danzig
[* 94] und Elbing
[* 95] (Danziger und Marienburger Werder), eine ausgezeichnete Marschgegend zwischen Weichsel
und Mottlau mit vortrefflicher Pferdezucht.
[* 96] Sie sind meist ganz eben und sehr fruchtbar. Ebensolche Werder sind
auch die in der Elbe bei Hamburg
[* 97] gelegenen und zum Gebiet der Stadt gehörenden Inseln und Marschländer, wie Billwärder, Ochsenwärder
etc.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, KreisZauch-Belzig, an der Havel (die alte Stadt auf einer Insel in
derselben) und der LinieMagdeburg-Berlin der Preußischen Staatsbahn, 35 m ü. M., hat eine evang.
Kirche, ein Amtsgericht, bedeutenden Obstbau, Ziegel- und Kalkbrennerei, Fischerei, Bierbrauerei und (1885) 5277 meist evang.
Einwohner. Werder wird zuerst 1317 als Stadt genannt und gehörte damals dem KlosterLehnin.
1) Karl, Philosoph und Dichter, geb. zu Berlin,
[* 98] machte daselbst unter Hegel, dessen
Ansichten er treu blieb, seine philosophischen Studien, habilitierte sich 1834 als Privatdozent der Philosophie und ward 1838 außerordentlicher
Professor. Von seinen philosophischen Werken sind hervorzuheben: »De Platonis Parmenide« (Berl. 1834) und die (streng dialektische)
»Logik« (das. 1841, nur die 1. Abteilung ist erschienen);
eine Maschine
[* 102] zur Prüfung der Teile eiserner Brücken
[* 103] auf Zugfestigkeit, und aus dieser Konstruktion ging die Materialprüfungsmaschine
hervor, welche seitdem allgemeinen Eingang gefunden hat und in den Anstalten zur Prüfung von Baumaterialien benutzt wird.
Werder erfand auch das vortreffliche bayrische Infanteriegewehr M/69, welches 1876 nur im Interesse einheitlicher Bewaffnung der
deutschen Armee aufgegeben wurde. Er starb in Nürnberg.
Noch glänzender zeigten sich die koloristischen und zeichnerischen Vorzüge Wereschtschagins auf den zahlreichen Bildern
großen und kleinen Umfanges, welche die Frucht einer 1874 nach Indien unternommenen Reise sind. Poetische,
stimmungsvolle Landschaften voll feinsten Farbenreizes wechseln mit phantastischen, mit wunderbarer Geduld wiedergegebenen
Architekturstücken ab. In einer großen, die Gipfel des Himalaja darstellenden Landschaft zeigte er bereits eine große Virtuosität
in der Behandlung der weißen Farbe, welche er in den Bildern aus dem russisch-türkischen Winterfeldzug
(1877) noch steigerte. Er wohnte unter anderm den furchtbaren Kämpfen am Schipkapaß bei.
Die Schrecken dieses Kriegs ergriffen ihn dergestalt, daß er beschloß, durch eine malerische Schilderung der entsetzlichsten
Greuel desselben eine allgemeine Friedenspropaganda zu eröffnen. Von Paris aus machten zu diesem Zweck seine Bilder, welche
nur Schlachtfelder mit Toten und Verwundeten, Plünderungen, Verbandplätze, ausgestorbene Lazarette, vom
Schnee
[* 119] begrabene Soldaten, verstümmelte Leichen in krassester Charakteristik und oft recht brutaler Ausführung darstellen,
1881-82 eine Rundreise nach Wien, Berlin und andern Städten. 1884 unternahm er eine zweite Reise nach Indien und besuchte auch
Syrien und die heiligen Stätten in Palästina,
[* 120] deren Studium ihn zu einer Reihe von Bildern aus dem LebenChristi in naturalistisch-ethnographischer Auffassung mit
¶