Die Luftröhre macht vielfach vor dem
Eintritt in die Brust mehrere lange Windungen, die direkt unter der Haut
[* 5] oder tiefer, am Brustbeinkamm,
verlaufen. Die Watvögel sind in ihrer Existenz auf das Wasser angewiesen und leben an den Ufern der Flüsse,
[* 6] den Küsten der Meere, in
oder anSümpfen; nur einige wenige Gattungen nähern sich in ihren Gewohnheiten den Hühnern und leben daher auf freiem Felde
(Trappe). Die meisten schwimmen nicht, sondern durchwaten mit ihren langen Stelzbeinen das seichte Wasser,
um von seinem Grund ihre Beute aufzulesen; fast alle fliegen gut und ausdauernd.
Sie sind Zug- oder Strichvögel und leben paarweise zusammen. Die Nester werden nur selten auf Wasserpflanzen,
[* 7] meist auf Bäumen
am Ufer oder auf Häusern angelegt. Die Zahl der Eier
[* 8] beträgt in einer Brut bis zu 10. Die Watvögel sind im allgemeinen
Kosmopoliten, doch haben auch einige kleinere Familien einen sehr engen Verbreitungsbezirk. In Australien
[* 9] fehlen die Flamingos,
die sonst in den Tropen überall vorkommen. Fossil finden sich die Watvögel vom Eocän an. Man unterscheidet etwa 100 Gattungen
mit 600 Arten und bringt sie in einer Anzahl Familien unter, deren Verwandtschaftsbeziehungen jedoch noch sehr ungenügend
bekannt sind. Auch werden die Reiher, Störche (und Kraniche) und Ibisse als Storch- oder Reihervögel zu einer besondern Gruppe
vereinigt und die Flamingos zu den Schwimmvögeln gestellt.
15. Familie: Ibisse (Ibidae oder Hemiglottides). Schnabel lang, in der Form sehr verschieden (entweder stumpf zugespitzt oder
vorn breit, eiförmig und flach), Zunge verkümmert, Hals, Flügel, Beine und Zehen lang. Kosmopolitisch.
Bei der 1850 erfolgten Neugestaltung des Ministeriums erhielt Watzdorf den Vorsitz in demselben und daneben die Verwaltung der Abteilungen
für das Äußere, das großherzogliche Haus und das Innere. In demselben Jahr wurde er vom Landtag zum Mitglied des Ständehauses
im ErfurterParlament und von diesem zum ersten Vizepräsidenten erwählt; auch hatte er teil an den DresdenerKonferenzen. Watzdorf leitete die Verwaltung in gemäßigt liberalem Sinn ohne jeden Reaktionsversuch auch in den 50er Jahren und gestaltete
die innern Verhältnisse des Großherzogtums zur völligen Zufriedenheit der Bevölkerung,
[* 25] die sich 1868 bei seinem 25jährigen
Ministerjubiläum deutlich kundgab. Er starb in Weimar.
[* 26]
Seine Geschichtsbilder zeichnen sich durch wohl abgerundete Komposition, feine Charakteristik und glänzende
Färbung aus. Noch hervorragender ist er im Bildnis, wobei er sich bisweilen, aber in durchaus modern-selbständiger
Auffassung, an Velazquez anschließt. Mit feinem Geschmack im Arrangement verbindet er eine Kunst der Charakterisierung, welche
das Wesen der Dargestellten völlig zu erschöpfen weiß. Wauters ist Mitglied der Akademien zu Berlin
[* 35] und München
[* 36] und besitzt
die große goldene Medaille der Berliner
[* 37] Ausstellung.
(Lasionit), Mineral aus der Ordnung der Phosphate, dessen kleine, rhombische Kristallnadeln meist in halbkugeligen
oder nierenförmigen Zusammenhäufungen in Gesteinsklüften auftreten oder, dieselben ganz erfüllend, Platten mit sternförmig-strahliger
Anordnung der Kristalle
[* 38] bilden. Es ist selten rein weiß, meist grau, gelblich bis strohgelb, grünlichgrau
bis lichtgrün, selten blau, durchscheinend und glasglänzend. Härte 3,5-4, spez. Gew. 2,3-2,5.
Wavellit ist wasserhaltiges Aluminiumphosphat der Formel 2 Al2P2O8 + H6Al2O6 + 9 H2O. Wavellit kommt nur auf Klüften,
insbesondere von Sandstein, Thon- und Kieselschiefer, aber auch von Eisensteinen, Granit, Glimmerschiefer, vor. Ausgezeichnete
Fundorte sind: Langenstriegis bei Frankenberg in Sachsen, Cerhovic in Böhmen,
[* 39] Jordansmühl in Schlesien,
[* 40] Amberg
[* 41] in Bayern,
[* 42] Barnstaple in Derbyshire, Steamboat in Pennsylvanien etc.
(Wawer), Dorf im russisch-poln. GouvernementWarschau,
[* 47] an der Weichsel, nördlich von Warschau,
historisch merkwürdig durch die Schlacht zwischen den
Polen und Russen 19. und in welcher namentlich Chlopicki für
den Sieg die größten Anstrengungen machte, dem am wieder ein Gefecht bei Wawre folgte, das günstig für die Polen
verlief.
(Weald, spr. ŭihld,Wälderformation), Zwischenbildung zwischen Jura- und Kreideformation,
[* 51] bald der
erstern, bald der letztern zugerechnet, bald in zwei Abteilungen, eine untere jurassische (untere Wealdenformation, Purbeck) und eine obere
kretaceïsche (obere, eigentliche Wealdenformation), zerspalten. Die Bezeichnung stammt von dem
»Weald« genannten, früher aus Wald bestehenden, jetzt angebauten Teil der englischen GrafschaftenKent, Surrey und Sussex. Die
Wealdenformation ist auf Südostengland, Nordfrankreich und Nordwestdeutschland beschränkt und besteht in ihrer untern
Abteilung in England aus wenig mächtigen Kalken und Mergeln, meist Brackwasser- und Süßwassergebilden mit Gastropoden (Paludina,
Planorbis), Pelekypoden (Cyrena, Unio) und Schalenkrebsen (Cypris, vgl. Tafel »Juraformation
[* 52] I«).
Eine dünne Zwischenschicht ergab reiche Funde an Beuteltieren; andre Lagen (dirt beds) stellen vorweltliche Dammerde dar, voll
von Cykadeen und Koniferen,
[* 53] deren Wurzelstöcke oft noch in dem ursprünglichen Boden eingewurzelt gefunden werden. Mächtiger
(bis 500 m) ist der Purbeck in Deutschland, wesentlich eine Brackwasserbildung, aus Mergeln und Kalken bestehend,
unter letztern der sogen. Serpulit, der von Röhren
[* 54] der Serpula coacervata ganz erfüllt ist. Gelegentlich kommen Gips- und Steinsalzeinlagerungen
vor.
die Herstellung von Geweben (s. d.), erfolgt auf dem Webstuhl dadurch, daß
man diejenigen Fäden, welche die Länge des Gewebes bilden (Kettenfäden), in einer der Breite
[* 71] des Zeugs entsprechenden
Zahl als Kette (Zettel, Werft, Schweif, Anschweif) auf eine Länge von etwa 1,5-2,5 m horizontal ausspannt und dann quer
hindurch rechtwinkelig zu den Kettenfäden einen andern Faden
[* 72] (Schußfaden, Schuß, Eintrag, Einschlag, Einschuß) in der Art einschießt,
daß bei jedem Durchgang ein Teil der Kettenfäden über und der andre Teil unter demselben liegt. Um dies zu erreichen, wird
der eine Teil der ausgespannten Kette in die Höhe gehoben, der andre Teil gesenkt und durch den hierdurch entstandenen Raum
der Schußfaden vermittelst eines schiffchenartigen Werkzeugs (Schütze, Weberschütze, Weberschiffchen)
hindurch gebracht (Einschießen, Eintragen).
Der infolge der Kettenteilung gebildete Raum heißt das Fach und besteht aus Oberfach und Unterfach, je nachdem derselbe von
den gehobenen oder gesenkten Fäden begrenzt wird. Nach dem Eintragen eines Schußfadens muß dieser mit großer Regelmäßigkeit
an den vorhergehenden angeschoben (Schlagen, Anschlagen) und endlich nach und nach das fertige Gewebe
[* 73] aufgewickelt
sowie die stetig nachfolgende Kette abgewickelt werden. Wie die schematische Darstellung eines gewöhnlichen Webstuhls
[* 66]
(Fig.
1) erkennen läßt, ist die Kette in einem zu dem herzustellenden Zeug ausreichenden Vorrat auf eine WalzeA A (Kettenbaum, Garnbaum)
aufgewickelt, während das bereits in Gewebe übergeführte Ende an einer zweiten Walze B B (Zeug-, Brust-,
Waren-, Leinwandbaum etc.) befestigt wird, so daß durch Drehung des Zeugbaums das Gewebe auf- und die Kette zugleich abgewickelt
wird. Um dabei die letztere genügend gespannt zu erhalten, ohne die zur Fachbildung erforderliche Nachgiebigkeit aufzuheben,
ist um den Kettenbaum eine mit Gewichten belastete Schnur C zur Bremsung desselben geschlungen (Rutschgewicht).
Zum Drehen des Zeugbaums dient entweder nur ein eingesteckter Pflock, der von Zeit zu Zeit vomWeber wie ein Hebel
[* 74] in Bewegung
gesetzt wird, oder bei bessern Webstühlen eine nach jedem Einschlagen von dem Webstuhl aus in Thätigkeit tretender Weberegulator.
Ein Sperrrad mit Sperrklinke verhindert das Zurückdrehen des Zeugbaums. Der in der Brusthöhe des vor
dem Webstuhl sitzenden Webers angebrachte Zeugbaum wird durch das Aufrollen des Gewebes immer dicker und dadurch demWeber bald
so hinderlich, daß man gewöhnlich das Zeug auf einen unten im Webstuhl liegenden Baum (Unterbaum) aufwickelt und den Brustbaum
nur zur Führung benutzt (Streichbaum); in gleicher Weise ordnet man auch den Kettenbaum unten im Webstuhl an und führt die
Kette ebenfalls über einen Streichbaum.
Diese Schäfte hängen vertikal beweglich im Webstuhl, gewöhnlich an Schnüren oder Riemen, welche über die Rollen
[* 77] R R laufen.
Unten im Webstuhl liegen sodann die einarmigen Hebel H H (Tritte), welche durch Schnüre mit den Schäften verbunden sind. Indem
nun derWeber abwechselnd auf den einen und den andern Hebel tritt, bewegen sich die Schäfte auch abwechselnd
auf und ab, nehmen die betreffenden Kettenfäden mit und erzeugen somit das Fach. Zum Weben der leinwandartigen Zeuge sind nur
zwei Schäfte erforderlich, in welche die Fäden 1, 3, 5, 7, 9 etc. und 2, 4, 6, 8 etc. eingezogen werden;
für dreibändigen Köper gebraucht man 3 Schäfte mit 3 Tritten, weil immer ein Drittel der Kette für sich
bewegt werden muß, für 4-, 5-, 6bindigen Köper 4, 5, 6 Schäfte mit 4, 5, 6 Tritten etc. (daher 3-, 4-, 5-, 6schäftiger
Köper). - Die Weberschütze S ist
[* 66]
(Fig. 2 u. 3) ein
Behälter aus hartem Holz
[* 78] oder Stahl, der an beiden Enden c c spitz ausläuft, im Innern eine mit Garn bewickelte, auf einer
Achse (Seele) drehbare Spule a oder einen zum Aufstecken von Kötzern (s. Spinnen,
[* 79] S. 150) geeigneten Dorn trägt und entweder
direkt mit der Hand
[* 80] (Handschütze) oder der sogen. Peitsche (Schnellschütze) abwechselnd links und rechts
durch das Fach geschleudert wird, wobei sich der bei b austretende Faden abwickelt. Zur leichtern Bewegung laufen die Schnellschützen
häufig auf Rollend d. Die Peitsche besteht
[* 66]
(Fig. 5) aus der Schnur B mit dem GriffH und den zwei Lederstücken T T (Treiber,
Vogel) und wird in der Weise gehandhabt, daß derWeber mittels des Handgriffs H abwechselnd den rechten oder linken Treiber
gegen die in einen der sogen. Schützenkasten L L fliegende Schütze schnellt, wodurch diese in den Stand gesetzt wird, auch
durch sehr breite Gewebe hindurchzufliegen.
Nachdem der Schußfaden eingetragen ist, muß derselbe gerade gestreckt und an den vorhergehenden angeschoben
werden. Zu dieser Arbeit dient der Kamm F (Riet, Blatt,
[* 81] Rietblatt), der
[* 66]
(Fig. 4) aus zwei parallelen, durch Querhölzer c zu
einem Rahmen vereinigten Doppelstäben b b besteht, zwischen welchen in vollständig gleichem Abstand eine entsprechend große
Anzahl dünner Stäbchen a (Riete, Rohre, Zähne)
[* 82] aus gespaltenem Rohr oder plattgewalztem Draht
[* 83] befestigt
sind, deren Zwischenräume die Kettenfäden aufnehmen.
Dieses Blatt bildet zugleich einen wesentlichen Teil R der Lade
[* 66]
(Fig. 5), welche aus dem Klotz K (Ladenklotz), den Schwingen
S, dem Prügel P zusammengefügt, mittels zweier Spitzen Z, auf dem Webstuhl schwingend aufgehängt ist.
Von demWeber nach vorn bewegt, bewirkt die Lade die richtige Lage des Schußfadens, indem dieser vor dem Rietblatt hergetrieben
(geschlagen, angeschlagen) wird. Dabei dient das Rietblatt zugleich zur Führung und Parallelhaltung der Kettenfäden, während
der Klotz an seiner obern Fläche (Bahn) eine sichere Unterlage für die durchfliegende Schütze bildet (Schützenbahn).
Damit das Gewebe überall gleich breit und ohne Längsfalten ausfällt, wird dasselbe durch besondere Breithalter G G
¶
mehr
(Spannstab, Tempel)
[* 85] in der Schußrichtung gespannt. Ein gewöhnlicher Spannstab besteht
[* 84]
(Fig. 6) aus zwei
durch eine Schnur verbundenen Holzstäben a, b, welche auf die Breite des Gewebes eingestellt, mit den an den Enden angebrachten
Spitzen in die Zeugegge eingesteckt, niedergedrückt u. durch den Vorreiber c in der Zeugebene
festgehalten werden. Endlich befinden sich bei D D
[* 84]
(Fig. 1) noch einige Leisten (Fitzruten), um welche die
Kettenfäden im Kreuz
[* 86] herumgeschlungen sind, damit man an abgerissenen Fäden die Enden leicht wiederfinden und zusammenknoten
kann.
Die Schäfte n sind an den Rollen m aufgehängt, mit den Tritten t verbunden und durch besondere Hebel o (Quertritte) geführt.
Die Lade p s wird von zwei Bügeln v getragen und zwar auf Spitzen oder Zapfen.
[* 87] Zum Eintragen dient die an Stiften q
aufgehängte Peitsche u und zum Sitz für denWeber das bei w sichtbare schräge Sitzbrett, dessen Höhenlage durch zwei seitwärts
angebrachte Haken geregelt wird. Um diesen einfachen Webstuhl leicht und schnell zum Weben mit mehreren Ketten (s. unten) einzurichten,
sind bei d und c an den Ständern b noch zwei Garnbaumlager vorhanden; desgleichen befindet sich in einem
Nebengestell y bei r noch eine Vorrichtung zur Anbringung eines sogen. Kontermarsches, einer Verbindung von Hebeln, die zum
Teil oben (Obertritte), zum Teil unten (Untertritte) im Webstuhl liegen und durch eine Hebelübersetzung demWeber das Treten
erleichtern.
Die leinwandartigen und geköperten Gewebe verlangen zu ihrer Erzeugung nur 2-10 verschiedene Lagen des
Eintrags und demnach auch nur 2-10, d. h. so viel Schäfte und Tritte, daß diese nicht nur im Webstuhl bequem untergebracht,
sondern auch vomWeber sicher regiert werden können. Die gemusterten Stoffe dagegen fordern in der Regel durch die mannigfaltigen
Verflechtungen zwischen Kette und Schuß eine so große Verschiedenheit in der Lage der Schußfäden und
somit in der Bildung des Faches, daß die Tritte im Webstuhl nicht mehr Platz haben. In solchen Fällen ersetzt man die Tritte
durch Vorrichtungen, welche wenig Raum einnehmen und sich leicht übersehen und handhaben lassen, weil ja eine
bestimmte Reihenfolge in der Hebung
[* 88] der Schäfte eingehalten werden muß. In früheren Zeiten hing man die Schäfte zu diesem
Zweck an vertikalen Schnüren auf, welche unter der Decke
[* 89] des Arbeitsraums horizontal weitergeführt (Schwanz) und befestigt
wurden.
Mit diesen Schwanzkorden verband man vertikal abwärts hängende sogen. Halsschnüre, an welchen
dann zur Hebung der betreffenden Schäfte ein Ziehen mit der Hand stattfand (Zugstuhl). Man unterschied Kegelstuhl
und Zampelstuhl, je nachdem die Halsschnüre zum bequemen Erfassen einen hölzernen Knopf (Kegel) trugen oder am Fußboden
befestigt waren und von dem Ziehjungen aus der Vertikalebene gezogen wurden (Zampelschnüre). In neuerer Zeit sind diese
aus einer großen Menge von Schnüren zusammengesetzten Schäftehebevorrichtungen durch eine höchst einfache
Anordnung verdrängt, welche in ihrer vollkommensten Ausbildung
die Jacquard-Maschine darstellt.
Sie besteht aus einem steifen, aufrecht stehenden Stäbchen aus Holz A oder Eisendraht B
[* 84]
(Fig. 8, Platine), welches durch eine
kurze Schnur s (Korde) mit dem Schaft verbunden ist. Sämtliche Platinen ruhen in Reihen auf einem festen
horizontalen Brett p (Platinenbrett) unmittelbar über ebensoviel Löchern, durch welche die Korden s hindurchgehen und geführt
werden. Damit sich die Platinen nicht um sich selbst drehen, gleiten die hölzernen zwischen flache Stäbchen, während die
Drahtplatinen bei u aufgebogen sind, um einen Stab r
[* 90] aufzunehmen. Zum Heben der Platinen dient eine einfache
Schienem m (Messer),
[* 91] welche
[* 84]
(Fig. 9) in einem vertikal beweglichen Rahmen R (Messerkasten) sitzt, der in der Regel an einem zweiarmigen
horizontalen Hebel E F hängt, dessen Arm F eine abwärts hängende, mit einem Fußtritt verbundene Schnur aufnimmt, so daß
derWeber die Hebung der Schäfte mit Einem Tritt bewirkt (Trittmaschine). Es kommt hierbei nun darauf an,
diejenigen Platinen aus dem Bereich der Messer zu bringen, welche mit den Schäften nicht gehoben werden sollen.
Von allen zu diesem Zweck erfundenen Einrichtungen ist diejenige am einfachsten und daher am häufigsten in Gebrauch,
welche in
[* 84]
Fig. 9 skizziert ist. Jede Platine p ist durch eine Öse eines horizontalen Drahts n (Nadel, Stößel) gesteckt, welcher
bei e durch ein Brett (Nadelbrett) geht und in dem sogen. Federhaus h mit einer Spiralfeder umgeben ist,
welche sich gegen den Splint i stützt und die Nadel stets von links nach rechts drängt, so daß die Platine
p vertikal steht.
Wird nun diese Nadel von rechts nach links geschoben, so gelangt die Platine in die gezeichnete schiefe Lage und bleibt daher
liegen, wenn das Messer m gehoben wird. Zu dieser Bewegung der Nadeln
[* 92] dient das viereckige Prisma
[* 93] N, welches
an zwei Schwingen l hängt und im Bogen
[* 94] gegen die Nadeln geschlagen wird und zwar infolge der Einwirkung einer Rolle, welche
an einem Arm l des Messerkastens sitzt, sich mit diesem hebt und senkt und in einer Kulisse g gleitet, die mit den Schwingen l
fest verbunden und so gekrümmt ist, daß bei der Hebung der Rolle ein Ausschwingen und bei dem Niedergang
ein Anschlagen des Prismas gegen die Nadeln erfolgt.
Damit nun beim Anschlagen des Prismas nur jene Nadeln zurückgehen, deren Platinen nicht gehoben werden sollen, besitzen sämtliche
vier Seiten des Prismas den Nadeln gegenüber so viel Löcher, als Nadeln vorhanden sind, so daß es nur
notwendig ist, in einer gewissen Reihenfolge diejenigen Löcher zu bedecken, welche mit den genannten Nadeln korrespondieren.
Zu diesem Zweck benutzt man Streifen von dünner, fester Pappe (Karten), welche sich vor die Anschlagseite des Prismas legen,
und in welcher sich nur an jenen PunktenLöcher befinden, wo beim Anschlag des Prismas die Nadeln nicht getroffen
werden sollen. Um für alle neuen Fachbildungen die entsprechenden, auf besondern Kartenschlagmaschinen erzeugten Karten der
Reihe nach vorzurücken, vereinigt man sie zu einer Kartenkette 1, 2, 3 ... .. 0 etc., hängt
diese über das Prisma N und läßt letzteres bei jeder Schwingung
[* 95] eine Wendung um 90° ausführen, weshalb
dasselbe um die Längsachse drehbar in den Schwingen l hängt. Das Wenden selbst vermittelt einer der zwei Wendehaken oder
Hunde
[* 96] c k oder c1 k1, in Verbindung mit der Laterne, womit man vier Stifte bezeichnet, welche in den vier
Ecken der quadratischen Grundfläche des Prismas sitzen, nacheinander gegen den
¶
mehr
Haken n des Hundes treten und, von diesem zurückgehalten, die Wendung vollziehen. Je nachdem der obere oder untere Wendehaken
vermittelst einer beide verbindenden Schnur k k1 zum Angriff gebracht wird, dreht sich das Prisma verschieden herum und gestattet
somit eine Rückwärtswiederholung der Schäftehebung zur Bildung sogen. gestürzter (aus zwei symmetrischen
Hälften bestehender) Muster. Diese durch die Skizze
[* 70]
Fig. 9 vor Augen geführte, auch vielfach mit mechanischen Webstühlen verbundene
Maschine
[* 98] heißt Schaftmaschine (Trittmaschine, Kammmaschine) und dient besonders zum Weben von Stoffen mit kleinen Mustern: Drell,
Damast.
Zur Hervorbringung größerer Figuren wird die Zahl der verschiedenen Einschüsse und dadurch der Schäfte so
groß, daß auch diese aufgegeben und durch eine Vorrichtung ersetzt werden, welche Harnisch genannt wird und in Verbindung
mit dem Zugapparat der Schaftmaschine die eigentliche Jacquardmaschine
[* 70]
(Fig. 10 u. 11 in zwei Ansichten) bildet. Der Harnisch
besteht der Hauptsache nach in einem Brett H (Harnischbrett, Chorbrett, Löcherbrett), das, über die
ganze Kette K reichend, im Webstuhl festliegt und in mehreren (4-20) parallelen Reihen so viel Löcher enthält, als Kettenfäden
vorhanden sind.
Durch diese Löcher gehen die Fäden a (Heber,
[* 99] Arkaden) als Verlängerungen der Litzen l, welche in Maillons die Kettenfäden K aufnehmen
und durch Gewichte b gespannt werden. Oberhalb des Harnischbretts H bindet man die Heber a an etwas stärkere
Schnüre c (Korden) nach der Regel an, daß alle Heber, deren Litzen nie anders als gemeinschaftlich gehoben werden, vereinigt
an eine Korde kommen. Diese Korden endlich gehen durch das Platinenbrett P an die Platinen p, welche der Raumersparnis halber
in mehreren parallelen Reihen aufgestellt sind, weshalb natürlich auch die Nadeln in ebensoviel Reihen
untereinander liegen und das Prisma i sowie die Karten (Jacquardkarten,
[* 70]
Fig. 12) desgleichen mit ebensoviel Löcherreihen und
der Messerkasten M mit ebensoviel Messern versehen sein muß.
Daß der an den Gurten k k hängende Messerkasten mittels des um die Welle w schwingenden Hebelsh und der
Zugschnur S bewegt wird und die Bewegung in oben erklärter Weise durch r auf E und Prismaschwingen g überträgt, sowie daß
F das Federhaus u und u1 die Wendehaken mit Schnur z bezeichnen, bedarf nur der Andeutung. Weil einerseits bei der
Jacquardmaschine jeder Kettenfaden seine eigne Platine haben kann und anderseits die Zahl der Karten unbegrenzt und die Kartenkette
leicht auszuwechseln ist, so ist mit dieser Maschine die Möglichkeit gegeben, jede noch so komplizierte
[* 70]
Figur, also vollständige
Bilder, Porträte,
[* 100] Wappen,
[* 101] Landschaften u. dgl., zu weben. Für die weitaus
größte Zahl von Fällen genügen 100, 200, 400-1500 Platinen, wonach die MaschinenHunderter, Zwei-, Vier-,
Fünfzehnhunderter genannt werden.
Bei den gemusterten (figurierten, dessinierten) Stoffen hebt sich die
[* 70]
Figur (Dessin, Ornament) von einem Leinwand-, Köper-, Atlas-
oder Gazegrund ab, indem sie selbst innerhalb ihres Umfanges entweder eine geköperte oder atlasartige Fläche darstellt, oder
überhaupt aus größtenteils frei (flott) liegenden Ketten- oder Schußfäden besteht, die nur an einzelnen
Punkten (Bindungen), insbesondere an den Umrissen der
[* 70]
Figur, gebunden sind und durch das Flottliegen die letztere von dem
Grund
abheben, daß sie aufgelegt erscheint.
Ein starkes Flottliegen nennt man Lizeré, während die Fäden, welche die Lizeréfäden festhalten, Bundfäden
heißen. Schließt man die samtartigen Gewebe aus, so werden Muster erzeugt:
1) durch bestimmte regelmäßige, aber auf verschiedenen Teilen der Fläche verschiedene Verschlingung der nämlichen Kette
und des nämlichen Eintrags, welche zugleich das Grundgewebe bilden, so daß man das Muster nicht wegnehmen könnte, ohne den
Zusammenhang des Zeugs aufzuheben (Drell, leinener, wollener und seidener Damast, Bänder, Westen- und Kleiderstoffe);
2) durch Einweben besonderer, nur zum Muster gehöriger, vom Grundgewebe ganz unabhängiger und oft in mehreren verschiedenen
Farben angewendeter Einschlagfäden: broschierte und lancierte Stoffe (Bänder, Kleiderstoffe, Shawls) und auf dem Webstuhl gestickte
Stoffe (zu Damenkleidern, Vorhängen);
4) durch Hervorbringung gitterartiger Öffnungen mittels der dem Gazestuhl eigentümlichen Vorrichtung, entweder in
Gazegrund selbst oder in Leinwandgrund: durchbrochene Stoffe (Damenkleider, Vorhänge);
5) durch regelmäßiges, teilweise erfolgendes Zusammenweben zweier aufeinander liegender, meist
glatter Zeuge, wobei die Art des Zusammenwebens das Muster erzeugt: Doppelgewebe (Pikee, Teppiche). Hierzu gehört auch die Basselisse-
und Hautelisseweberei zur Herstellung von Gobelins und Tapetenstoffen (Basselisseweberei mit wagerecht, Hautelisseweberei mit
senkrecht aufgezogener Kette [Lisse]). Samtartige Stoffe, Gewebe, welche auf einer Seite mit pelzähnlicher Decke versehen sind
z. B. Manchestergewebe, haben als Grund ein Leinwand- oder Köpergewebe, welches mit dem besondern Samtschuß
atlasartig flottend durchzogen ist. Die vom Webstuhl gelieferte Ware wird, nachdem die Schußfäden auf der Rückseite noch
mehr durch Kleister befestigt sind, mit eigentümlichen messerartigen Nadeln unter den flott liegenden Schußfäden aufgeschnitten,
welche sich dann aufrichten und den Pelz bilden.
Behufs der Ausführung eines Musters auf dem Webstuhl wird zunächst eine auf Papier gemachte Zeichnung desselben verfertigt.
Die Zeichnung, die Patrone, aus welcher dann derWeber die spezielle Anordnung des Stuhls ableitet, muß über den Lauf oder die
Lage eines jeden Ketten- und Eintragfadens Aufschluß geben und mithin eine genaue vergrößerte Abbildung
des gewebten Stoffes darstellen. Hierzu dient das Patronenpapier, welches mit eng stehenden Parallellinien in zwei sich rechtwinkelig
kreuzenden Richtungen bedeckt ist.
Von den zur Erzeugung besonderer Gewebe dienenden Webstühlen sei hier vor allen der Gazestuhl zum Weben der Gaze erwähnt.
Da bei diesem Gewebe (s. nebenstehende
[* 70]
Figur) zwei Nachbarkettenfäden
sich zwischen den Schußfäden so kreuzen, daß ein Faden (in der
[* 70]
Figur der weiße) stets oben (Stückfaden, Stückkette),
der andre (in der
[* 70]
Figur schwarz) stets unten (Polfaden, Schlingfaden, Polkette) bleibt, so muß der Webstuhl so eingerichtet
sein, daß sich bei jeder Fachbildung ein Polfaden um einen Stückfaden schlingen kann. Zu dem Zweck sind
beide Ketten auf besondere Bäume gewickelt und jede für sich in einen