Waffenplatz,
Sammel- und Alarmplatz im »gedeckten Weg« (s. d.) einer Festung; [* 2]
allgemein eine mit großen Waffenvorräten versehene Festung.
Sammel- und Alarmplatz im »gedeckten Weg« (s. d.) einer Festung; [* 2]
allgemein eine mit großen Waffenvorräten versehene Festung.
(Waffen- und Wehrhoheit, Militärgewalt, Jus armorum), das Recht, eine stehende bewaffnete Macht zu unterhalten, ist ein ausschließliches Hoheitsrecht des Staatsoberhaupts und als solches im modernen Staatsrecht allgemein anerkannt. Mit Waffenrecht bezeichnet man aber auch das Recht des Kriegs und des Friedens, d. h. das staatliche Hoheitsrecht, welches zur Kriegserklärung und zum Friedensschluß ermächtigt. Im Deutschen Reich steht das Waffenrecht in diesem Sinn dem Kaiser zu, doch bedarf derselbe zur Kriegserklärung der Zustimmung des Bundesrats, es sei denn, daß ein Angriff auf das Reichsgebiet oder dessen Küsten erfolgt.
Das Waffenrecht der deutschen Souveräne im erstern Sinn ist zu gunsten der Krone Preußen [* 3] vielfach durch Militärkonventionen beschränkt. Der Kaiser hat auch den Oberbefehl über das gesamte Landheer und über die Kriegsmarine. Im Frieden hat jedoch auch der König von Bayern [* 4] das uneingeschränkte Waffenrecht. Außerdem versteht man unter Waffenrecht das Recht, Waffen [* 5] zu tragen (port d'armes), welches früher jedem Freien zustand, jetzt aber polizeilichen Beschränkungen unterliegt. Namentlich gestatten die Vereinsgesetze Volksversammlungen regelmäßig nur unbewaffneten Personen.
vorn geschlossener Tuchrock mit vollen Schößen und einer oder zwei Reihen Knöpfe, welcher nach 1840 in Preußen, seitdem in fast allen Armeen eingeführt wurde;
bei den Kürassieren Koller genannt.
Die österreichische Armee trägt im Felde die Bluse, der Landsturm in Deutschland [* 6] die Litewka (s. d.).
Der Waffenrock hat seinen Namen vom reich ausgestatteten Wappenrock der Ritter, welcher über der Rüstung [* 7] getragen wurde;
s. Rüstung.
s. Waffenstillstand. ^[= (Armisticium, franz. Armistice Trève), Vertrag zwischen kriegführenden Teilen wegen Unterbrechung ...]
im mittelalterlichen Aberglauben eine Salbe, welche die Hiebwaffen unüberwindlich machte, und bei deren Bereitung eine auf dem Schädel Gehängter gewachsene Flechte (Muscus crani humani) eine Hauptrolle spielte.
zu geschichtlichen wie kunst- und kulturgeschichtlichen Studien kommen zuerst gegen Ende des 15. Jahrh. vor. Um 1550 wurde das etwa 60,000 Stück zählende »Museum historischer Waffen in Dresden« [* 8] errichtet; den Grund zu der berühmten Ambraser Sammlung in Wien [* 9] legte 1570 Ferdinand I., welcher auf seinem Schloß Ambras (s. d.) 500 vollständige Rüstungen vereinigte; außerdem besitzt Wien berühmte Waffensammlungen im Arsenal und Stadtzeughaus. Die Waffensammlungen im Tower in London [* 10] stammt aus dem Anfang des 16. Jahrh., die des Artilleriemuseums in Paris [* 11] aus dem Jahr 1788, die in Berlin [* 12] hat ihre Bedeutung durch die des Prinzen Karl von Preußen erhalten. Wichtige Waffensammlungen bestehen noch in Turin [* 13] (Armeria), Madrid [* 14] (Armeria), Florenz, [* 15] Venedig, [* 16] Mailand, [* 17] auf Schloß Erbach, in Braunfels, Sigmaringen, Darmstadt, [* 18] München, [* 19] Nürnberg [* 20] (Germanisches Museum), Graz, [* 21] Bern, [* 22] Zürich, [* 23] Genf, [* 24] Luzern [* 25] etc.; vgl. Demmin, [* 26] Die Kriegswaffen in ihrer historischen Entwickelung (2. Aufl., Leipz. 1886).
(Armisticium, franz. Armistice Trève), Vertrag zwischen kriegführenden Teilen wegen Unterbrechung der Feindseligkeiten auf bestimmte Zeit oder bis zu erfolgender Aufkündigung. Ist der ein allgemeiner, welcher für alle Arten von Feindseligkeiten auf dem ganzen Kriegsschauplatz gelten soll, so kann er nur von den Kriegsherren der feindlichen Armeen selbst geschlossen werden; hat er dagegen nur für gewisse Truppenteile, Gegenden und Linien Geltung, so wird er von den obersten Befehlshabern abgeschlossen.
Die von beiden Teilen während des Waffenstillstandes oder einer teilweisen kurzen Waffenruhe (Cessation, Suspension d'hostilités) einzunehmenden Stellungen werden gewöhnlich durch eine Demarkationslinie getrennt. Häufig wird auch nur auf wenige Stunden ein Waffenstillstand geschlossen, und zwar behufs der Beerdigung der Toten, Fortschaffung der Verwundeten, Auswechselung der Gefangenen sowie während des Parlamentierens. Der Waffenstillstand ist für die kontrahierenden Teile mit dem verabredeten Anfangspunkt verbindlich, für einzelne dagegen nur erst von dem Zeitpunkt erhaltener Kenntnis an. Ein Bruch des Waffenstillstandes gilt als Verletzung des Völkerrechts. Ein allgemeiner Waffenstillstand ist gewöhnlich Vorläufer des Friedens. Früher sind Waffenstillstände selbst auf eine Reihe von Jahren geschlossen worden; namentlich die Türken schlossen aus religiösen Gründen mit den Christen nur Waffenstillstände auf 20-30 Jahre, aber keinen Frieden.
ein im Altertum namentlich bei den Griechen und Römern beliebter und an den großen öffentlichen Festen, bei Siegesfeiern etc. von bewaffneten Männern, im Mars-, Minerva- und Dianenkult auch von Priestern und Priesterinnen aufgeführter Tanz, meist ein mimisch-kriegerisches, in rhythmischen Bewegungen vor sich gehendes Kampfspiel darstellend, wobei altertümliche Ideen von der Abwehr des durch Dämonen über das Land gebrachten Unheils vorwalteten. Am berühmtesten war die Pyrrhiche, als deren Erfinder die Kureten galten.
Bei den Römern finden wir die Waffentänze der Salier, die bei den circensischen Spielen zur Aufführung kamen. Bei den Germanen wurden zu Ehren des Schlachtengottes Tyr (s. d.) und auch sonst in Verbindung mit Opferfesten und Aufzügen Schwerttänze aufgeführt, die Tacitus beschrieben hat. Im Mittelalter besaßen an vielen Orten die Messer- und Waffenschmiede das Vorrecht, in der Karnevalszeit einen öffentlichen Schwertertanz veranstalten zu dürfen. Im Departement Niederalpen wird noch heute ein altertümlicher Waffentanz am Rochusfest, Bachuber genannt (also wohl zur Vertreibung der Pestdämonen), aufgeführt, wobei die Weiber in der Mitte stehen und einen alten Gesang anstimmen, während die jungen Leute ihre altertümlichen, in der Kirche bewahrten Schwerter [* 27] bald schirmend gegen die Mitte ihres Kreises halten, bald laut aneinander schlagen.
Auch in Deutschland ist hier und da der Schwertertanz (Eifelgebirge) um Weihnachten und Ostern im Schwange (vgl. Müllenhoff, Über den Schwerttanz, Berl. 1871), und im Norden [* 28] Englands herrscht zur Weihnachtszeit der Gebrauch, daß Gesellschaften von 15 Personen, mit Schwertern in den Händen, eine Art Spiel und Tanz mit Gesang und Musikbegleitung aufführen.
Vgl. Dixon, Ancient poems, ballads and songs of the peasantry of England (2. Aufl., Lond. 1861).
Bei einer großen Zahl von Naturvölkern findet man ähnliche Tänze: bei den Australiern zünden die Weiber dazu nachts ein Feuer an, setzen sich in einiger Entfernung auf den Boden, trommeln auf ein über das Knie gelegtes Opossumfell und singen dazu eintönige Weisen;
dann erscheinen die Tänzer mit Speeren und Feuerbränden in den Händen, und unter wildem Geheul, wobei die Speere gewaltig aneinander geschlagen und die Fackeln hin- und hergeschwungen werden, geht allmählich der Tanz in ein tolles Rennen und Jagen im Kreis [* 29] über.
Auf Neuseeland führten die Maori, bevor es zur Schlacht ¶
kam, einen ungemein wilden Tanz auf, wozu man besondere Lieder sang. Auf den Antillen (auf Jaragua) wurden schon die spanischen Entdecker mit Tänzen und Waffenspielen empfangen. In Südamerika [* 31] haben die Passe einen Tanz (Ur-u-kapy), welcher nur von bewaffneten Männern ausgeführt wird, ebenso die Uaupe. Eine noch größere Rolle spielt der Waffentanz bei den Indianern Nordamerikas. Wer unter ihnen einen Kriegsgesang anstimmt, den Kriegstanz ausführt und eine Gefolgschaft zusammenbringt, ist Anführer; dagegen wird bei ihnen der »Skalptanz«, eine hohe religiöse Zeremonie, gleichsam als Siegesfeier nach gewonnener Schlacht, nur von Frauen ausgeführt. Auch die Ostjaken in Asien [* 32] ehren ihren Gott Yelan durch heilige Schwerttänze.
in der nord. Mythologie ein allwissender Riese, zu dem, wie in einem Liede der Edda erzählt wird, einst Odin in der Gestalt eines Fahrenden kam, um seine Weisheit zu erproben. Da Wâfthrudnir ihn nicht erkannte, ließ er sich mit ihm in einen Wettstreit in Rätselreden ein, in welchem von Odin und Wâfthrudnir die ganze altnordische Kosmogonie in ihren Grundzügen vorgeführt wird. Beide erkennen sich als ebenbürtig; als aber Odin fragt, was er (Odin) seinem Sohn Balder auf dem Scheiterhaufen ins Ohr [* 33] geraunt habe, erkennt Wâfthrudnir den Gott und erklärt sich für besiegt.
linker Nebenfluß der Dwina (s. d.). ^[= (bei den Russen Nördliche D. zum Unterschied von der Düna, welche Westliche D. heißt), der ...]
[* 34] Instrument zur Bestimmung des Gewichts eines Körpers. Man unterscheidet Hebel- und Federwagen. Erstere bestehen hauptsächlich aus Hebeln, und zwar wird der gleicharmige Hebel [* 35] bei der gemeinen Wage, der ungleicharmige bei der Schnellwage, der Winkelhebel bei der Zeigerwage angewendet; bei den Federwagen hingegen bestimmt man das Gewicht des betreffenden Körpers aus der Größe der Formveränderung, welche er an einer elastischen Stahlfeder hervorbringt.
Bei der gemeinen Wage dreht sich der Wagebalken um eine in der Mitte seiner Länge liegende Schneide; seine beiden Arme müssen genau gleich lang sein, weil die Wage nur in diesem Fall richtige Angaben liefert. Der Wagebalken muß sich unbelastet oder bei gleicher Belastung beider Schalen horizontal einstellen. Dies geschieht nur dann, wenn der Schwerpunkt [* 36] der Wage (des Balkens, der Schalen und Zubehör) etwas unter der Drehungsachse liegt. Die dritte Eigenschaft einer guten Wage, die Empfindlichkeit, d. h. die Eigenschaft, schon durch kleine Gewichtsunterschiede die horizontale Lage wesentlich zu ändern, erreicht man dadurch, daß man ihr lange Arme gibt, die Abstände des Schwerpunktes von der Drehachse und von der geraden Linie, welche die Aufhängepunkte der Schalen miteinander verbindet, recht klein macht, das Gewicht des Wagebalkens auf ein Minimum herabsetzt, die Summe der abzuwägenden Gewichte verhältnismäßig nicht groß nimmt und die Reibung [* 37] soviel wie nur möglich vermeidet.
Die empfindlichste Wage, deren Empfindlichkeit von ihrer Belastung (nicht aber vom Ausschlaggewicht) unabhängig ist, erhält man dadurch, daß man den Drehpunkt in die Verbindungslinie der beiden Schalenaufhängepunkte bringt. Zur Vermeidung der Reibung hängt man Balken und Skalen mittels sogen. Messerschneiden auf, die auf ebenen Flächen spielen. Weber hängt den Balken mittels Stahlfedern auf, so daß dessen Reibung völlig vermieden wird und als alleiniger Widerstand die Elastizität der Feder übrigbleibt.
Den Empfindlichkeitsgrad einer Wage beurteilt man durch Angabe eines echten Bruches (Empfindlichkeitsquotient), welcher das geringste noch einen Ausschlag gebende Gewicht zum Zähler und die einseitige Last zum Nenner hat. Nach dem Erlaß vom soll im Königreich Preußen für Wagen, deren Tragfähigkeit 5 kg übersteigt, 1 g für jedes Kilogramm der einseitigen Belastung, bei geringerer Tragfähigkeit 2 g noch einen merklichen Ausschlag geben, bei Brückenwagen 12 Dezigr. für jedes Kilogramm der Last.
Bei Präzisionswagen für Gold, [* 38] Silber und Juwelen sowie bei Medizinalwagen, die als solche durch einen neben dem Eichstempel stehenden sechsstrahligen Stern bezeichnet werden, beträgt das noch einen Ausschlag gebende Minimalgewicht 2 Dezigr. für jedes Kilogramm, wenn die Tragfähigkeit 5 kg übersteigt, 4 Dezigr., wenn sie geringer als 5 kg ist; 1 mg für jedes Gramm, wenn die größte Tragfähigkeit zwischen 20 und 250 g liegt, 2 mg, wenn letztere unter 20 g liegt, bei Präzisionswagen; 4 mg bei Wagen von weniger als 20 g Tragfähigkeit im Medizinalgebrauch.
Bei gröbern Wagen betrachtet man die Wägung als beendet, wenn die Zunge senkrecht steht, der Wagebalken überhaupt zur Ruhe gelangt ist; bei feinen Wagen dagegen bewegt sich das Ende der Zunge vor einem Bogen [* 39] mit Teilung, und man betrachtet die Wägung dann als beendigt, wenn die Zunge nach rechts und links gleich stark ausschlägt. Besondere Bequemlichkeit gewährt eine Teilung der Arme des Wagebalkens in zehn gleiche Teile. Ein Drahthäkchen, welches genau 0,01 g wiegt, gibt, wenn man es auf den 1., 2., 3. Teilstrich, von der Mitte an gerechnet, hängt, denselben Ausschlag, als wenn man in die Schale 1, 2, 3 mg gelegt hätte.
Diese Einrichtung findet sich besonders bei den feinen analytischen Wagen der Chemiker. Dieselben stehen in Glaskasten, und man wägt bei verschlossener Thür der letztern. Ein von außen zu regierender Mechanismus gestattet den Wagebalken zu arretieren, und nur wenn dies geschehen ist, legt man Gewichte auf oder hebt sie ab. Die erwähnten Häkchen (Reiter) werden ebenfalls von außen durch einen Stab, [* 40] der durch eine Glaswand hindurchgeht, bewegt. Bei diesen Wagen wird bei Totalbelastung von 2 kg ein noch hinlänglich sichtbarer Ausschlag durch 1 mg hervorgebracht, doch sind auch Wagen konstruiert worden, welche bei 2 kg Totalbelastung noch mit 0,1 mg einen sichtbaren Ausschlag gaben.
Zur Ermittelung sehr kleiner Gewichtsgrößen konstruierte Stückrath eine Wage, bei welcher die Schneiden durch Spitzen ersetzt sind. Bei einer Belastung von 100 mg gibt eine Zulage von 0,01 mg einen Ausschlag von 2 Skalenteilen, und der Gewichtswert sehr kleiner Stücke kann mit einem wahrscheinlichen Fehler von 0,0002 mg ermittelt werden. Die höchsten Grade von Genauigkeit und Empfindlichkeit erzielte Jolly durch Anwendung der Ablesungen mit Spiegel [* 41] und Skala.
Für Verkaufslokale sind Tafelwagen bequem, welche bei verschiedener Detailkonstruktion darin übereinstimmen, daß der oder die Wagebalken unter den Schalen liegen, welch letztere auf senkrecht stehenden Stäben befestigt sind und bei ihrer Bewegung genau oder angenähert parallel geführt werden. Die Schnellwage (römische Wage) ist ein geradliniger, zweiarmiger Hebel, dessen Arme ungleich lang sind. Der Balken dreht sich um eine horizontale Achse und ist an seinem kurzen Arme mit einer in Schneiden aufgehängten Schale oder mit einem Haken versehen, an welchem man die zu wägenden Waren befestigt. Auf dem langen, mit einer Teilung versehenen Arm ist ein Laufgewicht beweglich, welches so lange verschoben wird, bis der Balken horizontal steht oder eine vertikale Zunge einspielt. Diese Wage findet Anwendung, wo es weniger auf Genauigkeit als auf ¶
Schnelligkeit ankommt. Das Laufgewicht hängt auf Schneiden an einer Hülse, [* 43] die sich auf dem langen Arm verschieben läßt. Meistens steht die Schnellwage der gemeinen Wage hinsichtlich der Empfindlichkeit nach, welche übrigens durch die gleichen Mittel gesteigert werden kann wie bei jener. Bei der dänischen oder schwedischen Schnellwage, dem Desemer, bleibt der Aufhängepunkt der Wagschale wie auch der des Laufgewichts unverändert; dagegen wird der ganze Hebelarm in einer Hülse verschoben, in welcher die Drehachse desselben unverrückbar angebracht ist.
Zum Abwiegen sehr großer Lasten dienen die Brückenwagen, Kombinationen von doppelarmig ungleicharmigen Hebeln, bei denen man gewöhnlich der Last mit einem 10 oder 100mal kleinern Gewicht das Gleichgewicht [* 44] hält, und die man mit Bezug hierauf Dezimal- oder Zentesimalwagen nennt. Sie müssen vor allem so beschaffen sein, daß die Last an jedem Punkte der Tafel das gleiche Gegengewicht erfordert, was dann erreicht wird, wenn die Tafel während ihres Spiels immer genau horizontal bleibt. Um letzteres genau oder mit möglichster Annäherung zu erreichen, gibt es zahlreiche Hebelverbindungen. Am gebräuchlichsten ist die 1821 von dem Straßburger Mechaniker Quintenz angegebene und von Rollé und Schwilgué verbesserte Wage. Die sogen. Brücke [* 45] g h (s. Figur) bildet, von oben gesehen, eine trapezförmige Plattform, welche von entsprechenden Hebeln getragen und von einem starken Pfostenrahmen t umgeben wird, an dessen schmaler Seite sich ein Pfosten r erhebt, welcher zur Aufnahme des Hauptwagebalkens a b c d bestimmt ist.
Von letzterm gehen Zugstangen c e und d f vertikal abwärts, durch welche die beiden ebenfalls trapezförmigen eisernen Brückenrahmen e h und f i mit dem Hauptbalken in geeigneter Weise verbunden werden. Durch das Längenverhältnis der Arme, welche vom Drehpunkt einerseits bis zur Schale, anderseits bis zur ersten Zugstange reichen, wird die Verjüngung der Gegengewichte bestimmt, die hier ausschließlich 1/10 oder 1/100 der Last ist. Schwere Güter, Wagen, Vieh u. dgl. wägt man aber auf feststehenden Zentesimalwagen, deren Plattform in der Ebene des umgebenden Terrains liegt.
Bei den Zeiger- oder Neigungswagen wird die Größe einer Last durch ein konstantes Gewicht bestimmt, welches mit der Wage unveränderlich verbunden ist und bei stattfindendem Ausschlag mit wachsendem Moment wirkt. Jeder Last entspricht ein bestimmter Ausschlag, welcher durch einen Zeiger angegeben und nach Gewichtseinheiten abgelesen wird. Die Zeigerwage dient ganz besonders als Garnsortierwage zum Bestimmen der Feinheitsnummern der Garne. Eine andre Form der Zeigerwagen gestattet, den zu wägenden Gegenstand auf ein Plättchen zu legen (Papierwagen).
Sehr praktisch ist eine Wage, die man in der Hand [* 46] hält, und bei welcher die Skala in einer Schere [* 47] spielt, wie die Zunge bei der Krämerwage (Briefwage).
Vgl. Place, Theorie und Konstruktion der Neigungswage (Zeigerwage) (Weim. 1867).
Die Federwagen beruhen auf der Voraussetzung, daß eine aus gutem Stahl gefertigte Feder ein vollkommen elastischer Körper ist, der durch Formveränderungen innerhalb gewisser Grenzen [* 48] an seiner Elastizität nichts verliert und mithin nach Entfernung des wirksamen Zugs oder Drucks, welchen der abzuwägende Körper ausübt, seine ursprüngliche Gestalt wieder annimmt. Dies ist nun aber streng genommen niemals der Fall, und da auch die Temperatur von Einfluß ist, so wendet man diese Wagen nur da an, wo in Bezug auf die Stärke [* 49] der Feder nur ganz geringe Lasten abgewogen werden, oder wo die Schnelligkeit des Abwägens von größerer Bedeutung ist als eine sehr strenge Gewichtsbestimmung, wie z. B. beim Verkauf von Heu, Stroh, in der Hauswirtschaft etc. Die Konstruktion der Federwagen ist sehr mannigfach.
Gewöhnlich befindet sich die Feder in einem Gehäuse, welches man mittels eines Hakens aufhängt. An dem einen Ende der Feder hängt die Last, und an dem andern ist ein Zeiger befestigt, der auf einer Skala spielt. Sehr praktisch sind Federwagen, bei welchen die Feder in einem Gehäuse unter der Wagschale liegt, so daß letztere ohne Behinderung belastet werden kann. Für besondere Zwecke sind eigentümliche Wagen konstruiert worden, so, abgesehen von den Wagen zur Wägung im luftleeren Raum und den hydrostatischen Wagen zur Bestimmung des spezifischen Gewichts (s. Hydrostatik), [* 50] die automatischen Wagen zur Sortierung der Münzplättchen (s. Münzwesen, [* 51] S. 894) etc.
Vgl. Brauer, Die Konstruktion der Wage (2. Aufl., Weim. 1887).
[* 34] ^[Abb.: Brückenwage.]
das siebente Sternzeichen des Tierkreises, auch ein Sternbild zwischen 217-239° Rektaszension und 24° südl. bis ½° nördl. Br., nach Heis 53 Sterne enthaltend, worunter 2 zweiter Größe, von denen der nördliche, im Zünglein stehend, Zubeneschemali, der südliche Zubenelgeni heißt und einen Begleiter sechster Größe in 4 Minuten Abstand hat.
Fuhrwerk mit (gewöhnlich vier) Rädern. Der Gebrauch der Wagen reicht bis in die frühsten Zeiten, bei den Ägyptern nachweislich bis mindestens um 2000 v. Chr., hinauf; um 1300 führten die Ägypter zweiräderige Streitwagen [* 52] (s. d.) mit sechsspeichigen Rädern und unmittelbar auf der Achse stehendem Wagenkasten. An ihm war die Deichsel unbeweglich befestigt, die vorn das Joch mit Polster trug, das am Widerrist durch Riemen um Brust und Bauch [* 53] des Pferdes geschnallt wurde.
Neben diesen Wagen waren für wirtschaftliche Zwecke auch solche mit Scheibenrädern, durch Rinder [* 54] gezogen, gebräuchlich. Vierräderige Wagen waren sehr selten und dienten dann nur religiösen Zwecken. Die Wagen der Assyrer, Hebräer, Phöniker waren den ägyptischen nachgebildet. Um 1200 hatten die Assyrer Karren [* 55] mit zwei Speichenrädern und einem mit seiner Mitte auf der Achse stehenden Kasten, wie sie gegenwärtig noch überall üblich sind. Ebenso zeigen die Streitwagen der Griechen des heroischen Zeitalters (Kleinasien) eine auffallende Übereinstimmung mit den ägyptischen.
In der historischen Zeit Griechenlands erscheinen sie als Streitwagen, des bergigen Terrains wegen, nur vereinzelt, sind aber, leichter und eleganter gebaut, bei den festlichen Spielen im Gebrauch. Das Fahren zu Wagen galt als ein Zeichen von Üppigkeit und Hochmut und kam deshalb nur ausnahmsweise vor, wurde selbst Frauen ungern gestattet. Als Lastfuhrwerke dienten vierräderige Wagen. Die Perser, deren Streitwagen sich durch feste Fügung und kostbare Ausstattung auszeichneten, galten als Erfinder der ¶
Sichelwagen (s. d.). Die Römer [* 57] benutzten Wagen nur zu Wettrennen, für den Personenverkehr und Lasttransport. Die Rennwagen (curricula), nur für eine Person, waren denen der Griechen ähnlich, hatten niedrige Räder, breites Geleise und waren sehr leicht; als Last- und Personenwagen kamen zwei- und vierräderige Wagen mit verschieden gestaltetem Obergestell vor. Als unbedeckter Reisewagen, besonders zum Schnellreisen, diente das Cisium, das von vorn bestiegen wurde; für den Stadt- und Landverkehr war das aus Britannien stammende Essedum, unbedeckt und von hinten zu besteigen, sowie der Covinus, aus Gallien eingeführt, mit Lederdecke, im Gebrauch.
Bedeckt war außerdem das zweiräderige Carpentum, während die vierräderige Carruca (carosse), der eigentliche Galawagen, offen war. Das Pilentum wurde nur von Matronen benutzt. Als gewöhnlicher vierräderiger Reisewagen diente die Rheda, der russischen Kibitke ähnlich. Die herrschaftliche Rheda, bedeckt und mit allen erdenkbaren Bequemlichkeiten ausgestattet, ähnelt der noch heute in der Türkei [* 58] gebräuchlichen Araba oder Kotscky. In Deutschland gehörten anfangs die Wagen noch zu den Überbleibseln aus der nomadischen Zeit, denn wie die Sarmaten, nach Tacitus, noch auf Wagen wohnten, so früher die Deutschen.
Die fürstlichen Wagen in der merowingischen Zeit waren mit Ochsen bespannte Karren, durch Rinderhirten geführt; Karl d. Gr. fuhr mit vier Ochsen; Ende des 12. Jahrh. wurden sie schon durch Pferde [* 59] gezogen, die mit Kumten und Zugsträngen beschirrt waren. Ende des 13. Jahrh. waren schon vierräderige Wagen gebräuchlich; um 1500 waren Karren und Pferdebeschirrung dieselben, wie wir sie noch heute am Rhein und in Frankreich sehen; bald darauf kamen vierräderige Wagen mit Lenkscheit in Gebrauch, deren Wagenkasten in Riemen über dem Untergestell hing.
Hieraus entstanden um 1600 die Luxuswagen mit geschlossenem Wagenkasten unter dem Namen Kutsche. Um ihre Lenkbarkeit zu erhöhen, wurden um 1650 die beiden Langbäume nach oben gebogen, so daß die niedrigen Vorderräder unter ihnen Platz fanden (unterlaufende Räder); auf dem Vorderwagen war ein besonderer Kutschersitz. Gegen Ende des 17. Jahrh. wurden in Berlin gebaute Kutschen unter dem Namen »Berlinen« eingeführt, bei denen der viersitzige Kutschkasten über, nicht zwischen den sehr hoch gekröpften Langbäumen aufgehängt war, so daß die Vorderräder höher sein und doch unterlaufen konnten.
Der Kutschkasten hatte zwei bis auf den Boden reichende Thüren und hing in Riemen an hölzernen oder stählernen Federn. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts kamen die in C-Federn hängenden zweisitzigen Halbberlinen (wie die jetzigen Berliner [* 60] Droschken erster Klasse), gegen Ende des Jahrhunderts Kutschen (Stadtberline) mit beweglichem Verdeck (zurückzuschlagendem Himmel), [* 61] in Frankreich und England das zweiräderige Kabriolett, dem römischen Cisium nachgebildet, auf. Um 1800 wurden in England Kutschen ohne Langbaum gebaut, deren Kasten auf elliptischen Federn ruhte.
Diese Konstruktionsbedingungen sind auch für unsre heutigen Luxuswagen noch dieselben, gleichviel welche Form und Lage der Kutschkasten hat. Die Bauart der Arbeitswagen ist lange auf dem Standpunkt früherer Jahrhunderte stehen geblieben und erst in neuerer Zeit mit der Entwickelung der Eisenindustrie und des Maschinenwesens energischer gefördert worden. Während die Untergestelle in allem Wesentlichen sich gleichen, haben die Obergestelle dem besondern Zweck des Wagens entsprechende Einrichtungen erhalten.
Namentlich wurden in neuerer Zeit sehr zweckmäßige Vorrichtungen zum Kippen des Oberwagens eingeführt, wodurch eine schnelle Entleerung des Wagens ermöglicht wird. Zur Ersparung an Zugkraft und Förderung der Fahrbarkeit muß die Reibung zwischen Achsschenkel und Rad (s. d.) möglichst gering sein. Hier finden bei Wagen für Personentransport fast ausschließlich die sogen. Patentachsen Verwendung, welche eine Benutzung flüssiger Schmiere gestatten und den Achsschenkel sowie die Nabe gegen das Eindringen von Staub und Schmutz schützen.
Zum Aufhalten der Wagen beim Bergabfahren dient eine Hemmvorrichtung, ein quer vor den Hinterrädern liegender Bremsbaum, der durch eine Schraubenvorrichtung gegen den Umfang des Radreifens gepreßt wird; an diesen Stellen trägt er Bremsklötze, welche nach ihrer Abnutzung erneuert werden können. Bei Lastwagen sitzt die Kurbel [* 62] der Bremsschraube in der Regel hinten am Wagen, bei Personenwagen aber derart, daß sie vom Kutschersitz aus bewegt werden kann. Auch bei Lastwagen findet in neuerer Zeit vielfach die Einschaltung von Federn zwischen dem Ober- und Untergestell Anwendung, wodurch die Zugkraft vermindert und die Erschütterungen der Waren vermieden werden. Lehrbücher des Wagenbaues schrieben Lemme (Berl. 1876), Rausch (2. Aufl., Weim. 1884), A. Schmidt (Berl. 1880).
Jan, holländ. Geschichtschreiber, geb. zu Amsterdam, [* 63] widmete sich anfangs dem Handelsstand, dann aber historischen Studien; starb als Ratsschreiber seiner Vaterstadt. Sein berühmtestes Werk ist: »De vaderlandsche historie« (Amsterd. 1749-60, 21 Bde.; deutsch von Toze, Leipz. 1756-64, 8 Bde.),
die bis 1751 reicht und von andern (Amsterd. 1788-1810, 52 Bde.) bis 1802 fortgesetzt wurde. Daneben sind zu erwähnen seine »Schilderungen der Vereinigten Staaten [* 64] der Niederlande« [* 65] (Amsterd. 1739, 12 Bde.) und »Beschreibung von Amsterdam« (das. 1760, 3 Bde.). Trotz großer Weitschweifigkeit und mangelnder geistiger Durchdringung des Stoffes haben diese Arbeiten doch durch treue und einfache Darstellung heute noch Wert.
zum Viereck [* 66] zusammengefahrene Wagen, zur Verteidigung dienend. Der Gebrauch, die den Truppen folgenden Wagen als Schutzwehr gegen plötzliche Angriffe zu benutzen, ist sehr alt. Im Mittelalter waren zum Fortschaffen der Kleidung und Lebensmittel, mit welchen jeder Aufgebotene sich auf längere Zeit versorgen mußte, viele Wagen erforderlich, auf denen auch Weiber und Kinder Unterkommen fanden. Ihre Zahl wurde durch Mitführung schwerer Rüstungsstücke, des Schanz- und Werkzeugs für Schanzen- und Brückenbau sowie schwerer Büchsen auf Büchsenwagen vermehrt. Alle Wagen wurden nebeneinander im Viereck aufgefahren, mit Wall und Graben umgeben und dienten als verteidigungsfähiges Lager, [* 67] welchem der Wagenmeister vorstand. Die Hussiten fuhren in der Schlacht bei Tachau 3600 Wagen zu einer Wagenburg zusammen.
Hermann, konservativer preuß. Politiker, geb. zu Segelitz bei Neuruppin, [* 68] machte die gewöhnliche juristische Laufbahn und arbeitete als Assessor bei den Meliorationsanlagen in Preußen und später im Konsistorium der Provinz Sachsen. [* 69] 1848 schied er aus dem Staatsdienst, ließ sich als Rechtsanwalt beim Obertribunal nieder und wurde der Gründer des mächtigen Organs der konservativen Partei, der »Neuen Preußischen Zeitung«. Bis 1854 leitete er dieselbe als Chefredakteur. Nachdem er 1856 mit dem Titel Justizrat aus seinem Amt als Rechtsanwalt ausgeschieden war, ließ er sich in ¶
Hinterpommern zum Abgeordneten wählen. Wie er sich als gewandter und schlagfertiger Redner auf der Tribüne des Abgeordnetenhauses große Verdienste um seine Partei erwarb, so nicht minder durch die wissenschaftliche Begründung, welche er den konservativen Anschauungen in dem seit 1859 von ihm herausgegebenen »Staats- und Gesellschaftslexikon« (Berl. 1859-67, 23 Bde.; Suppl. 1868) zu verleihen strebte. Seine Parteigenossen erwiesen sich dadurch erkenntlich, daß sie Wagener das Rittergut Dummerwitz zum Geschenk machten. Am wurde Wagener zum vortragenden Rat im Staatsministerium berufen, da Bismarck durch ihn wenigstens einen Teil der alten konservativen Partei an seine Politik zu ketten suchte.
Zugleich zog Bismarck Wagener in den sozialen Fragen zu Rate. Im ersten deutschen Reichstag unterstützte ihn Wagener auch erfolgreich durch seine Reden über die deutsche Reichsverfassung und das Jesuitengesetz. Am ward Wagener erster Rat im Staatsministerium, aber vom Kaiser nicht zum persönlichen Vortrag zugelassen, da sich inzwischen Gerüchte über seinen Anteil an unsoliden Gründungen (Pommersche Zentralbahn) verbreitet hatten, die Lasker im Abgeordnetenhaus öffentlich darlegte. Wagener mußte nicht bloß seinen Abschied einreichen, sondern wurde auch gerichtlich zum Ersatz von 40,000 Thlr. unrechtmäßigen Gewinns verurteilt, wodurch er sein ganzes Vermögen verlor. Er starb in Friedenau bei Berlin. Wagener schrieb ferner: »Das Judentum und der Staat« (Berl. 1857);
»Denkschrift über die wirtschaftlichen Associationen und sozialen Koalitionen« (Neuschönefeld 1867) und seine Memoiren (»Erlebtes«, Berl. 1884, Nachtrag 1885).
s. Wagenschmiere. ^[= Fettmischung zum Schmieren der Wagenachsen, besteht aus einer durch Zusammenschmelzen erhaltenen ...]
im Gegensatz zu den Stückgütern solche Transportgegenstände, welche in ganzen Wagenladungen aufgegeben und versandt werden, und für welche der Wagenraumtarif (im Gegensatz zum Kollotarif) angesetzt ist.
s. Circensische Spiele. ^[= (Ludi circenses), die ältesten römischen Spiele, die als Pferde- und schon in ...]
Fettmischung zum Schmieren der Wagenachsen, besteht aus einer durch Zusammenschmelzen erhaltenen Mischung von entwässertem dicken Steinkohlenteer und Fett, aus Harzölkalkseife (s. Harzöl) und ähnlichen Mischungen.
Vgl. Krätzer, Fabrikation der Wagenfette (Wien 1888), und Art. Schmiermittel.
eine direkte Aufwandsteuer auf das Halten von Kutschen für den persönlichen Gebrauch. In Frankreich 1862 eingeführt, 1865 aufgehoben und 1872 wiederhergestellt, wird sie in einem festen, nach der Größe der Gemeinden und der Zahl der Räder abgestuften Jahresertrag erhoben und wirft mit Einschluß der Steuer auf die zur Bespannung steuerpflichtiger Wagen dienenden Pferde (auch Reitpferde) jährlich über 10 Mill. Frank ab.
Auch in England besteht eine nach Räderzahl, Zahl der vorgespannten Pferde etc. abgestufte Wagensteuer als direkte Luxussteuer.
Hebeapparat, bei welchem ein kleines, an der Kurbelwelle sitzendes Zahnrad in ein größeres eingreift, auf dessen Achse wieder ein kleineres Zahnrad sitzt, welches in die die Last hebende Zahnstange eingreift.
Die Wagenwinde dient zum Heben größerer Lasten auf eine 1 m selten übersteigende Förderhöhe.
s. Horizontal. ^[= (griech., wage- oder wasserrecht), dem Horizont eines Ortes parallel, also rechtwinkelig gegen ...]
für das Abwiegen von Waren auf öffentlichen Wagen gegen einen Wagschein oder Wagzettel, auf dem das Gewicht amtlich angegeben wird, zu entrichtende Gebühr.
(Weggis), Uferort am Vierwaldstätter See, im Kanton Luzern, [* 71] mit (1888) 1386 Einw., früher einer der Ausgangspunkte für Rigiwanderer und durch sein mildes Klima [* 72] ein angenehmer Spätsommerkurort, hat in ersterer Beziehung seine Bedeutung an das benachbarte Viznau (s. d.) verloren.
voralpines Thal [* 73] im schweizer. Kanton Schwyz, in zwei Thalkessel, Vorder- und Hinter-Wäggithal, gegliedert, mit 1082 Einw., welche Vieh- und Pferdezucht [* 74] treiben. Die von Fels- und Alpenbergen eingerahmte Mulde von Hinter-Wäggithal (854 m ü. M.), seit den 60er Jahren auch als Kurort vielbesucht, hat durch die Bergbäche sehr gelitten. Zwischen Aubrig und Gugelberg schäumt die Wäggithaler Aa durch eine Klus, gelangt dann in den Kessel von Vorder-Wäggithal (740 m) und hierauf durch eine enge Waldschlucht hinaus zur March, der Ebene am Zürichsee (409 m). Hier erst, in Siebnen etc., wird ihre Wasserkraft zu industriellen Zwecken benutzt.
s. Wagon. ^[= (engl.), Wagen, in Deutschland s. v. w. Eisenbahnwagen (in England für letzteres carriage,]
Ortschaft im bad. Kreis Karlsruhe, [* 75] an der Eisenbahn Mannheim-Karlsruhe, unweit des Rheins, mit säkularisiertem Kapuzinerkloster (jetzt Rübenzuckerfabrik) und 250 Einw. Hier Sieg der Preußen über das pfälzisch-badische Revolutionsheer unter Mieroslawski.
Abkürzung für Joh. Wagler, geb. 1800 zu Nürnberg, gest. 1832 als Professor in München (Reptilien).
Michael, Bildhauer, geb. zu Regensburg, [* 76] besuchte die Gewerbeschule in München und war hier von 1854 an Schüler der Akademie. Seit 1860 arbeitete er selbständig und schuf zunächst für das Mausoleum des Königs Max drei Reliefs, dann, nach 1866, mehrere Büsten und zwei allegorische Frauengestalten als Bekrönung eines Schulhauses in München. 1868 machte er eine später öfters wiederholte Reise nach London, wo er viele Porträtbüsten berühmter Persönlichkeiten modellierte. In die nächsten Jahre fallen auch reizende Genrefiguren, z. B. ein Mädchen, das vor einer Eidechse erschrickt, ein andres, das nach einem Schmetterling [* 77] hascht (1871), ein Brunnenmodell.
Die von ihm geschaffenen Büsten, z. B. die Liebigs (1873), sind durch geistvolle Auffassung und naturalistische Durchbildung der Form gleich ausgezeichnet. In ihnen wie in seinen übrigen Werken zeigt sein Naturalismus eine starke Hinneigung zum malerischen Element und zu unruhiger Draperie. In den letzten Jahren seines Lebens arbeitete er fast ausschließlich im Auftrag des Königs Ludwig für dessen Schloß Linderhof und an einem Modell für ein Standbild Liebigs für München (davon die Büste auf Tafel »Bildhauerkunst [* 78] X«, [* 70] Fig. 14), welches nach seinem Tod von seinem Schüler Rümann in Marmor ausgeführt wurde.
A., Abkürzung für Andreas Wagner, geb. zu Nürnberg, gest. als Professor der Zoologie in München, Fortsetzer von Schrebers »Säugetieren« und Martinis »Konchylienkabinett«.
1) Johann Jakob, Philosoph, geb. zu Ulm, [* 79] studierte seit 1795 in Jena [* 80] unter Fichte, [* 81] seit 1796 in Göttingen, [* 82] wurde 1803 Professor der Philosophie zu Würzburg, [* 83] 1809 pensioniert, war 1815-34 wieder als solcher angestellt und starb in seiner Vaterstadt. Ursprünglich reiner Schellingianer, ging Wagner nach seinem Grundsatz: »Konstruieren ist Kreuzigen« darauf aus, zwischen der idealen und realen Seite des Wissens einen Parallelismus und infolgedessen zwischen ¶
den Welt- und Erkenntnisgesetzen entschiedene Übereinstimmung nachzuweisen. Da jene mathematisch seien, so falle Mathematik und Erkennen, Denken und Rechnen zusammen. Die konstruierende Methode selbst aber bestimmte Wagner (abweichend von der triadischen Fichtes, Schellings und Hegels) als tetradische, wobei das (überall identische) Wesen das Anfangsglied, die beiden Gegensätze, in welchen dasselbe auseinander geht, das mittlere Doppelglied und deren Vermittelung das Schlußglied der Reihe bildet. Von der Unfehlbarkeit derselben war Wagner so fest überzeugt, daß er in seiner »Dichterschule« (Ulm 1840, 2. Aufl. 1850) Anweisung gab, wie man mittels derselben »ohne Genie« Kunstwerke hervorbringen könne.
Unter seinen oft geistreichen, öfters barocken Schriften sind hervorzuheben als Hauptwerke: »Theodicee« (Bamb. 1809); »Mathematische Philosophie« (Erlang. 1811); »Organon der menschlichen Erkenntnis« (das. 1830),
welches seine Logik, und »Religion, Wissenschaft und Staat, in ihren gegenseitigen Verhältnissen betrachtet« (das. 1819), welches seine Geschichtsphilosophie enthält. Nach letzterer soll die Weltgeschichte vor Christo im Gemüt eine visionäre, nach ihm im Geist eine freie Weltanschauung der Dinge gehabt haben. Kleine Schriften gab Ph. L. Adam heraus (Ulm 1839, 2 Bde.). Gesammelt erschienen Wagners Schriften Ulm 1852-57 in 7 Bänden.
Vgl. Adam und Kölle, J. J. Wagner Lebensnachrichten und Briefe (Ulm 1849);
Rabus, J. J. Wagners Leben, Lehre [* 85] und Bedeutung (Nürnb. 1862).
2) Moritz, Reisender und Naturforscher, Bruder von Wagner 6), geb. zu Baireuth, [* 86] widmete sich dem Kaufmannsstand und kam in ein Handelshaus nach Marseille, [* 87] von wo aus er Algerien [* 88] besuchte. Die hierdurch geweckte Reiselust veranlaßte ihn, 1833 bis 1836 in Erlangen [* 89] und München Naturwissenschaft, speziell Zoologie, zu studieren. Sodann ging er nach Paris, bereiste zwei Jahre lang Algerien und machte als Mitglied der wissenschaftlichen Kommission den zweiten Feldzug nach Konstantine mit.
Die Resultate dieser Reisen legte er in den »Reisen in der Regentschaft Algier in den Jahren 1836, 1837 und 1838« (Leipz. 1840, 3 Bde. mit Kupferatlas) nieder. Nach seiner Rückkehr studierte er in Göttingen Geologie; [* 90] aber schon 1844 und wieder 1850 und 1852-1855 unternahm er neue größere Reisen, über die er in »Der Kaukasus und das Land der Kosaken« (Leipz. 1848, 2 Bde.),
»Reise nach dem Ararat und dem Hochland Armenien« (Stuttg. 1848),
»Reise nach Kolchis und den deutschen Kolonien jenseit des Kaukasus« (Leipz. 1850),
»Reise nach Persien [* 91] und dem Lande der Kurden« (das. 1852-53, 2 Bde.),
»Reisen in Nordamerika« [* 92] (mit Scherzer, das. 1854, 3 Bde.) und »Die Republik Costarica« (das. 1856) berichtete. Eine fünfte Forschungsreise führte ihn 1857-59 nach den Staaten Panama [* 93] und Ecuador. [* 94] 1860 wurde er ordentlicher Professor und Direktor des ethnographischen Museums zu München. Er starb Zur Darwinschen Theorie nahm Wagner insofern eine eigentümliche Stellung ein, als er (»Die Darwinsche Theorie und das Migrationsgesetz«, Leipz. 1868; »Einfluß der geographischen Isolierung und Kolonienbildung auf die morphologischen Veränderungen der Organismen«, Münch. 1871) die Bildung einer neuen Rasse, die Zuchtwahl überhaupt, von einer lange Zeit dauernden Trennung ausgewanderter Organismen von ihren Artgenossen abhängig machen wollte. Wagner veröffentlichte noch: »Naturwissenschaftliche Reisen im tropischen Amerika« [* 95] (Stuttg. 1870);
»Beiträge zu einer physisch-geographischen Skizze des Isthmus von Panama« (Gotha [* 96] 1861).
Aus seinem Nachlaß erschien: »Die Entstehung der Arten durch räumliche Absonderung« (mit Biographie von Scherzer, Basel [* 97] 1889).
3) Adolf, deutscher Nationalökonom, geb. zu Erlangen, Sohn von Wagner 6), studierte Rechte und Staatswissenschaften, ward 1858 Lehrer der Nationalökonomie an der Handelsakademie in Wien, 1863 in Hamburg, [* 98] 1865 ordentlicher Professor in Dorpat, [* 99] 1868 in Freiburg [* 100] und 1870 in Berlin. In den ersten Jahren seiner Wirksamkeit war er vorzüglich mit dem Bank- und Währungswesen beschäftigt. Es erschienen von ihm: »Beiträge zur Lehre von den Banken« (Leipz. 1857);
»Die Geld- und Kredittheorie der Peelschen Bankakte« (Wien 1862);
»Die österreichische Valuta« (das. 1862);
»Die Ordnung des österreichischen Staatshaushalts« (das. 1863);
»Die russische Papierwährung« (Riga [* 101] 1868);
»System der deutschen Zettelbankgesetzgebung« (Freiburg 1870, 2. Aufl. 1873) und »Die Zettelbankreform im Deutschen Reich« (1875).
Auch der Statistik wandte er sein Interesse zu, wie sein Werk »Die Gesetzmäßigkeit in den scheinbar willkürlichen menschlichen Handlungen« (Hamb. 1864) zeigt. Im Oktober 1871 hielt er in der »freien kirchlichen Versammlung evangelischer Männer« einen Vortrag über die soziale Frage, in welchem eine tiefe Differenz zwischen seinen Ansichten und denen der deutschen Freihandelsschule hervortrat. H. B. Oppenheim fand in dieser Rede wie in verwandten Kundgebungen den Anlaß zu dem Stichwort »Kathedersozialisten« (s. d.),
worauf Wagner in einem »Offenen Brief« (Berl. 1873) antwortete. Während Wagner für den von ihm bis 1872 innegehabten Standpunkt an Männern wie Schmoller, Held, Nasse und Brentano eine kräftige Unterstützung fand, ging er bald über dieselben hinaus, so daß er aus dem Vorstand des Vereins für Sozialpolitik austrat und in einem Nachwort zu seinem Gutachten über die »Kommunalsteuerfrage« (Berl. 1877) seinen abweichenden Standpunkt darlegte. In öffentlichen Versammlungen der verschiedensten Art erklärte er seine Überzeugung von der Notwendigkeit einer durchgreifenden Änderung der bestehenden Wirtschaftsordnung.
Die neue, noch nicht zum Abschluß gelangte Ausgabe von Raus »Lehrbuch der politischen Ökonomie« (Leipz. 1870 ff.), die er in Gemeinschaft mit E. Nasse übernommen hat, gestaltete sich zu einem völlig neuen Werk, in welchem er der Volkswirtschaft neue rechtsphilosophische Unterlagen zu geben sich bemühte. Daneben war er für die Tübinger »Zeitschrift für Staatswissenschaft«, für die Hildebrandschen »Jahrbücher« u. a. sehr thätig und schrieb eine große Anzahl von Flugschriften. 1882-85 war Wagner Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses.
4) Hermann, Geograph und Statistiker, Bruder des vorigen, geb. zu Erlangen, studierte in Göttingen und Erlangen Mathematik und Naturwissenschaften und übernahm 1864 eine Lehrerstelle am Gymnasium zu Gotha. Nachdem er 1868 in das geographische Institut von Perthes als Redakteur des statistischen Teils des »Gothaer Almanachs« getreten war, gründete er mit Behm eine Publikation, welche bestimmt war, die außerordentlich zerstreuten Materialien über Areal und Bevölkerungsangaben der gesamten Erdoberfläche zu sammeln und kritisch zu sichten. Dieselbe ist unter dem Titel: »Die Bevölkerung [* 102] der Erde« von 1872 bis 1882 siebenmal als Ergänzungsheft zu »Petermanns Mitteilungen« erschienen. 1874 veröffentlichte Wagner eine von ihm bearbeitete große Wandkarte von Deutschland (4. Aufl., ¶