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Territoriums Chaco des südamerikan. Staats Paraguay, [* 2] am rechten Ufer des Paraná, 16 km oberhalb Asuncion, 1854 von Lopez gegründet, jetzt mit etwa 600 Einw., die Orangen und Zucker [* 3] bauen.
Territoriums Chaco des südamerikan. Staats Paraguay, [* 2] am rechten Ufer des Paraná, 16 km oberhalb Asuncion, 1854 von Lopez gegründet, jetzt mit etwa 600 Einw., die Orangen und Zucker [* 3] bauen.
(spr. wilja-), Stadt in der span. Provinz Castellon, an der Eisenbahn Tarragona-Valencia, vollkommen viereckig gebaut, von altertümlichen Mauern umgeben, mit schöner Kirche und (1878) 12,887 Einw.
Reāl, 1) Distriktshauptstadt in der portug. Provinz Traz os Montes, malerisch im tiefen Thal [* 4] des Corgo gelegen, hat ein altes Kastell, große Weinniederlagen, lebhafte Industrie und (1878) 5296 Einw. Villa Real ist bekannt durch die Insurrektion der Miguelisten unter Graf Amarante (Chaves) und den Sieg des Generals Cazal über die Insurgenten - 2) (Villa Real de Santo [* 5] Antonio) Stadt in der portug. Provinz Algarve, an der Mündung des Guadiana, der spanischen Stadt Ayamonte gegenüber, hat einen großen, aber versandeten Hafen, in welchem jährlich über 500 Schiffe [* 6] mit 130,000 Ton. einlaufen, lebhaften Handel und (1878) 4188 Einw. Villa Real wurde 1774 vom Minister Pombal angelegt.
Pasquale, ital. Geschichtschreiber, geb. 1827 zu Neapel, [* 7] beteiligte sich 1848 an der Revolution daselbst, flüchtete deshalb nach Florenz, [* 8] ward 1859 Professor der Philosophie in Pisa, [* 9] bereiste, um die dortigen Schulen kennen zu lernen, England und Deutschland, [* 10] ward 1866 Professor der Geschichte am Istituto di studj superiori in Florenz und Mitglied des obersten Studienrats. Auch war er wiederholt Mitglied des Parlaments und beteiligte sich an der Tagespolitik nach den Unglücksfällen von 1866 mit der Aufsehen erregenden Flugschrift »Di chi è la culpa?«. Er schrieb: »La storia di Girol. Savonarola e de' suoi tempi« (Flor. 1859-61, 2 Bde.; 2. Aufl. 1887; deutsch von Berduschek, Leipz. 1868, 2 Bde.);
»La civiltà latina e germanica« (Flor. 1862);
»Le [* 11] leggende che illustrano la Divina Commedia« (Pisa 1865);
»Niccolò Machiavelli e i suoi tempi« (Flor. 1877-82, 3 Bde.; deutsch von Mangold und Heusler, Leipz. 1877-83, 3 Bde.) u. a. Seine kleinern Arbeiten erschienen gesammelt als: »Saggi di storia, di critica e di politica« (Flor. 1868);
»Scritti pedagogici« (das. 1868);
»Le lettere meridionali ed altri scritti, sulla questione sociale in Italia« (das. 1878).
(spr. wilja-), ehemalige Stadt in der Provinz Arauco des südamerikan. Staats Chile, in goldreicher Gegend am Villaricasee, über welchen sich der Vulkan von Villarica erhebt, und aus dem der Tolten in den Stillen Ozean fließt.
Rīca (spr. wilja, Villa Rica del Espirito Santo), Stadt im südamerikan. Staat Paraguay, in malerischer Lage, in der Nähe des schiffbaren Tepicuary, 175 m ü. M., hat Bau von Tabak [* 12] und Mandioka, Zigarrenfabrikation, Ruinen des von Francia zerstörten Jesuitenkollegs und 2000 Einw. (1879 angeblich 12,600).
Stadt in der ital. Provinz Caltanissetta (Sizilien), [* 13] Kreis [* 14] Piazza Armerina, an der Eisenbahn von Catania nach Aragona Caldare, mit bedeutenden Schwefelbergwerken und (1881) 8915 Einw.
(spr. wilja-), wohlhabende Stadt in der span. Provinz Albacete, an der Eisenbahn Madrid-Alicante, mit einem Instituto, Lein- und Wollweberei, Steingutfabrikation und (1878) 9322 Einw.
(spr. wilār), 1) Montfaucon de, Abbé, franz. Schriftsteller, geb. 1635 bei Toulouse, [* 15] ein Neffe des Altertumsforschers B. de Montfaucon (s. d.), widmete sich dem geistlichen Stand und predigte mit Auszeichnung, seit 1667 in Paris. [* 16] Ein witziger Kopf, dazu ein Meister des Stils, veröffentlichte er hier seine gegen die geheimen Wissenschaften und die Magie der Rosenkreuzer gerichteten »Entretiens du comte Gabalis« (1670 u. öfter),
die allgemeines Aufsehen erregten, aber für Villars auch das Verbot, fernerhin die Kanzel zu besteigen, zur Folge hatten. Als eine Fortsetzung des Buches erschienen lange Zeit nach des Verfassers Tod »Nouveaux entretiens sur les sciences secrètes« (1715), eine geistreiche Satire auf die Philosophie des Descartes. Villars wurde 1673 auf einer Reise nach Lyon [* 17] ermordet. Seine übrigen Schriften, meist kritisch-litterarischen Inhalts, sind belanglos und vergessen.
2) Claude Louis Hector, Herzog von, franz. Marschall, geb. zu Moulins, ward jung Page Ludwigs XIV., wohnte 1672-79 den Feldzügen in den Niederlanden und am Rhein bei, zuletzt als Oberst eines Reiterregiments, und focht dann unter dem Kurfürsten von Bayern [* 18] in Ungarn [* 19] gegen die Türken. Nach Frankreich zurückgekehrt, ward er Maréchal de Camp; 1692 befehligte er im Gefecht von Pforzheim, [* 20] 1693 in Flandern in Abwesenheit des Marschalls Boufflers, dann in Deutschland.
Nach dem Ryswyker Frieden (1697) ging er als Gesandter nach Wien. [* 21] 1701 erhielt er anfangs ein Kommando in Italien, [* 22] dann in Deutschland. Hier gewann er gegen den Prinzen Ludwig von Baden [* 23] die Schlacht von Friedlingen, infolge deren er die Marschallswürde erhielt. 1703 siegte er mit dem Kurfürsten von Bayern bei Höchstädt, [* 24] geriet jedoch mit dem Kurfürsten in Zwiespalt, weshalb er abberufen und zur Dämpfung des Aufwandes in den Cevennen verwendet wurde, wo er durch Klugheit und Milde 1704 den Abschluß eines Friedens zu stande brachte.
Nach den furchtbaren Niederlagen der französischen Armee 1704-1708 mit dem Oberbefehl in den Niederlanden betraut, verlor er zwar 1709 die Schlacht bei Malplaquet, siegte aber 1712 bei Denain. 1713 befehligte er im Elsaß und in Deutschland und zwang Landau [* 25] und Freiburg [* 26] zur Übergabe, worauf er mit dem Prinzen Eugen den Rastatter Frieden verhandelte. Unter der Regentschaft wurde er 1715 zum Präsidenten des Kriegsrats und 1718 zum Regierungsmitglied und Staatsminister ernannt, nahm aber an den Verhandlungen wenig Anteil. Bereits 80 Jahre alt, erhielt er 1733 den Oberbefehl in Italien, mit der Würde eines Generalmarschalls. Villars traf 11. Nov. im Lager [* 27] von Pizzighettone ein und nahm diesen Platz zwölf Tage nach Eröffnung der Laufgräben. Er starb auf der Rückreise in Turin. [* 28] Seine Memoiren wurden von Vogüé herausgegeben (Par. 1884-87, 2 Bde.). Sein Leben beschrieben Anquetil (Par. 1784, 4 Bde.), Giraud (das. 1881) und der Marquis de Vogüé (das. 1888, 2 Bde.). - Sein Bruder Armand, Graf von Villars, machte sich im spanischen Erbfolgekrieg 1707 durch die Eroberung von Menorca bekannt; starb Des Marschalls Sohn Honoré Armand, Herzog von Villars, Prinz von Martigues, geb. war Brigadier, Mitglied der Akademie und Gönner Voltaires und starb im Mai 1770 ohne männliche Nachkommen.
(spr. wilja-), 1) Ort in der span. Provinz Guadalajara, mit (1878) 178 Einw., berühmt durch den Sieg der Franzosen unter Vendôme über die Verbündeten unter Starhemberg -
2) (Villaviciosa de Odon) Stadt in der span. Provinz Madrid, [* 29] mit Schloß, in welchem Ferdinand VI. 1759 starb (jetzt Forstschule), und (1878) 1337 Einw. ¶
(spr. wilja-), José de, span. Dichter, geb. 1589 zu Siguenza, erhielt seine Erziehung in Cuenca und begründete, kaum 26 Jahre alt, seinen Ruhm durch das komische Heldengedicht »La mosquea« (»Der Fliegenkrieg«, zuerst Cuenca 1615; zuletzt hrsg. im 17. Bd. der »Biblioteca de autores españoles«),
welches durch Reichtum an Erfindung, Laune, vortreffliche Sprache [* 31] und Versifikation zu den vorzüglichsten seiner Art in der spanischen Litteratur gehört.
Seit 1628 Inquisitor, erst in Murcia, [* 32] dann in Cuenca, starb Villaviciosa
Viçosa (spr. willa wißōßa), Stadt in der portug. Provinz Alemtejo, Distrikt Evora, mit großem Schlosse (sonst. Residenz der Herzöge von Braganza), Wein- und Ölhandel und (1878) 3538 Einw. In der Nähe Marmorbrüche und ein Jagdschloß.
Viçosa, Orden [* 33] Unsrer lieben Frau von der Empfängnis von, portug. Verdienstorden, von König Johann VI. in Rio de Janeiro [* 34] zum Gedächtnis an die Thronbesteigung von Portugal, [* 35] Brasilien [* 36] und Algarve gestiftet, für Adlige, hohe Beamte und Gelehrte. Die Grade sind: wirkliche und Ehrengroßkreuze, Kommandeure, Ritter und Dienende. Die Dekoration besteht in einem weiß emaillierten, golddurchstrahlten neunspitzigen Stern, dessen Goldstrahlen mit neun Sternen bestreut sind. Die obere Spitze hängt an der Königskrone. Der goldene Mittelschild enthält die Chiffer »M. A.« mit der Umschrift: »Padroeira do Reino« auf blauem Email. Die Großkreuze und Kommandeure tragen dazu einen Stern ganz wie die andre Dekoration, nur ohne Krone, auf der Brust. Die Dienenden haben die Dekoration in Silber. Das Band [* 37] ist hellblau mit breiten weißen Randstreifen.
(franz., spr. wil), s. v. w. Stadt.
Landrücken im preuß. Regierungsbezirk Köln, [* 38] schließt sich südlich von Bonn [* 39] an die Eifel, zieht sich, dem Rhein parallel, nach NW. und endet in der Gegend von Grevenbroich an der Erft. Er erreicht eine Höhe von 188 m und ist reich an Braunkohlen.
(spr. wil-djöh, Villedieu les Poêles), Stadt im franz. Departement Manche, Arrondissement Avranches, an der Sienne und der Eisenbahn Paris-Granville, hat Fabrikation von Kupferwaren, Glocken, Spitzen, Leinwand und (1881) 3525 Einw.
(spr. will-frāngsch), 1) (Villefranche de Lauraguais) Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Obergaronne, am Canal du Midi und an der Eisenbahn Bordeaux-Cette, hat einen Gerichtshof, eine Ackerbaukammer, Gerberei, Handel mit Getreide [* 40] und Geflügel und (1886) 2203 Einw. -
2) (Villefranche de Rouergue) Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Aveyron, an der Mündung des Alzou in den Aveyron und an der Eisenbahn Périgueux-Figeac-Toulouse, hat eine Kirche, Notre Dame, aus dem 15.-16. Jahrh., ein ehemaliges Kartäuserkloster mit gotischem Kreuzgang, einen Gerichtshof, ein Kommunalcollège, eine Bibliothek, Fabrikation von Leinen- und Baumwollzeugen, Papier, Kupferwaren etc., Produktenhandel und (1886) 7760 Einw. In der Umgebung Kupfer-, Zinn- und Silberbergbau. -
3) (Villefranche sur Saône) Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Rhône, am Morgon, unweit der Saône, an der Eisenbahn Dijon-Lyon, Sitz eines Gerichtshofs und Handelsgerichts, hat eine gotische Kirche, ein Kommunalcollège, ein Lehrerseminar, eine Handelsschule, eine Bibliothek, Ackerbaukammer, Gewerberat, bedeutende Baumwollspinnerei und -Weberei, Gerberei, Handel mit Vieh, Wein etc. und (1886) 11,414 Einw. -
4) Stadt, s. Villafranca 2).
(spr. wiljēgas), Estevan Manuel de, span. Dichter, geb. 1595 zu Najera in Altkastilien, erhielt seine erste Bildung in Madrid und studierte mit besonderm Eifer die Akten, übersetzte auch, kaum aus dem Knabenalter getreten, den Horaz und Anakreon und verfaßte im Geiste derselben schon damals einen großen Teil seiner eignen Gedichte. Später studierte er in Salamanca die Rechte und mußte sich seines Unterhalts wegen vorzugsweise Berufsgeschäften widmen, beschäftigte sich daneben aber immer mit gelehrten philologischen Studien.
Trotz seines großen Ruhms als Gelehrter und Dichter blieb er arm und starb als Inhaber eines kleinen Amtes 1669. Seine Gedichte, namentlich die erotischen, gehören zu den schönsten der spanischen Litteratur. Villegas war auch der erste, welcher mit Glück die Nachahmung antiker Versmaße in spanischer Sprache versuchte, und als eifriger Verehrer der Alten ein entschiedener Gegner Lope de Vegas und seiner Schule, die er heftig bekämpfte. Seine Gedichte erschienen unter dem Titel: »Amatorias« (Najera 1618, Madr. 1774, 2 Bde., mit vortrefflicher Biographie; auch abgedruckt im 42. Bd. der »Biblioteca de autores españoles«),
obschon dieselben auch zahlreiche Oden und Poesien andrer Art enthalten.
(ital., spr. wileddscha-), Aufenthalt zur Erholung in ländlicher Zurückgezogenheit.
(spr. wil-arduäng), Geoffroy de, franz. Geschichtschreiber, geboren um 1160 auf dem Schloß Villehardouin bei Bar sur Aube in der Champagne, war Marschall des Grafen Thibaut Villehardouin von Champagne, nahm 1199 nebst seinem Herrn das Kreuz, [* 41] ging 1201 als Gesandter der französischen Kreuzfahrer nach Venedig, [* 42] um die Überfahrt derselben nach Ägypten [* 43] mit der Republik zu vereinbaren, und beteiligte sich hierauf an der vom Dogen Dandolo geleiteten Unternehmung, welche 1204 mit der Erstürmung Konstantinopels und dem Sturz des griechischen Kaiserreichs endete. Er ward von dem neuen Kaiser, Balduin, mit einem großen Besitztum am Hebrus belehnt und zum Marschall von Romanien ernannt, rettete das fränkische Heer bei Adrianopel vor gänzlicher Vernichtung durch die Bulgaren und starb 1213. Er hinterließ eine vortreffliche Geschichte des vierten Kreuzzugs (1198-1207) in altfranzösischer Sprache unter dem Titel: »Histoire de la conquête de Constantinople«, eins der besten Geschichtswerke des Mittelalters, die uns erhalten sind (hrsg. von Ducange, 1657, von Paulin, Par. 1838, und von Wailly, 3. Aufl., das. 1882; deutsch von Todt, Halle [* 44] 1878). - Sein Neffe Geoffroy de Villehardouin erbte seine Würde, ward Herzog von Achaia und gründete daselbst eine fränkische Dynastie, welche bis ins 14. Jahrh. herrschte.
(spr. wilähl), Joseph, Graf von, franz. Staatsmann, geb. zu Toulouse, widmete sich dem Seedienst und ging 1791 nach Westindien, [* 45] wo er durch Heirat auf der Insel Bourbon zu einer ansehnlichen Stellung gelangte. 1803 nach Frankreich zurückgekehrt, lebte er während der Kaiserzeit als Privatmann in seiner Vaterstadt. Während der Hundert Tage wirkte er für die Bourbonen und erhielt dafür nach der zweiten Restauration das Amt des Maire zu Toulouse. Zugleich trat er in die berüchtigte Kammer von 1815. Seine Laufbahn als Wortführer der Ultraroyalisten begann er in der Kammer von 1816. Im Dezember 1820 ward er in das Ministerium Richelieu gezogen; nach dessen Sturz im Dezember 1821 übernahm er in dem neuen Ultraministerium die Finanzen und das Präsidium desselben. Die Invasion in Spanien zur ¶
Wiederherstellung des Absolutismus war hauptsächlich sein Werk; auch setzte er die Emigrantenentschädigung ins Werk, begünstigte die Ausbreitung der Jesuiten über das Land, schuf die Septennalität der Kammern, erfand die Rentenreduktion und brachte ein Sakrilegiengesetz in Vorschlag. Als durch die Neuwahlen in die Deputiertenkammer 1827 die Opposition gegen das Ministerium verstärkt ward, sah sich der König genötigt, den schon lange dem Volk und der Mehrheit der Pairs verhaßten Minister zu entlassen. Villèle ward zwar gleichzeitig zum Pair ernannt, zog sich aber bald darauf nach Toulouse zurück, wo er starb.
Vgl. »Mémoires et correspondance du comte Villèle« (Par. 1887-89, 5 Bde).
(spr. wilmâng), Abel François, franz. Schriftsteller und Philolog, geb. zu Paris, wurde, 20 Jahre alt, Professor der Rhetorik am Lyceum Charlemagne und bald darauf an der Normalschule und erwarb sich hier durch Lobreden auf berühmte Männer, so auf Montaigne und Montesquieu, einen Namen, ward unter Decazes Direktor des Buchhandels und 1819 Staatsrat und Vorstand der Petitionskommission. Seine Vorlesungen von 1827 bis 1830, die einen ungeheuern Zulauf hatten, erschienen als »Cour de littérature française« (1828-30; 2. Aufl. 1864, 6 Bde.),
ein Werk von bleibendem Wert. Auch als Historiker hat sich Villemain, besonders durch seine meisterhafte, aus den Quellen geschöpfte »Histoire de Cromwell« (1819, 2 Bde.; Deutsch, Leipz. 1830) und durch sein historisches Gemälde: »Lascaris, ou les Grecs du XV. siècle« (1825),
Ruhm erworben. Seine ästhetisch kritischen Schriften in den »Mélanges« (1823, neue Ausg. 1860) und den »Nouveaux mélanges« (1827) suchen die Mitte zu halten zwischen den extremen Ansichten des Klassizismus und Romantizismus, der materialistischen Philosophie des 18. Jahrh. und dem Idealismus unsrer Zeit. In der Deputiertenkammer, wo er seit Juli 1829 saß, bis er 1832 zum Pair ernannt wurde, gehörte er zur Opposition. Unter seinen parlamentarischen Leistungen ist außer mehreren glänzenden Reden, z. B. gegen die Septembergesetze 1835, sein »Rapport sur l'instruction secondaire« (1843) zu erwähnen.
In dem Ministerium Soult vom bis war er Minister des öffentlichen Unterrichts. Am wieder mit diesem Portefeuille betraut, betrieb er hauptsächlich 1844 die Ausweisung der Jesuiten. Ende dieses Jahrs befiel ihn eine Geisteskrankheit, doch trat er nach seiner Genesung (1847) wieder mehrfach in der Kammer auf. Durch die Februarrevolution von 1848 vom politischen Schauplatz entfernt, verzichtete er nach der Begründung des neuen Kaiserreichs auf alle Ämter und behielt bloß seinen Sitz in der Akademie, als deren ständiger Sekretär [* 47] er bis an seinen Tod fungierte. Er starb Von seinen Schriften sind noch zu erwähnen: »Souvenirs contemporains d'histoire et de littérature« (1853; neue Ausg. 1864, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1854);
»Choix d'études sur la littérature contemporaine« (1857);
»La tribune moderne« (Bd. 1: Chateaubriand, 1857; Bd. 2, aus dem Nachlaß, 1882);
»Essais sur le génie de Pindare« (1859);
»Études de littérature ancienne et étrangère« (1846, 3. Aufl. 1865);
»Tableau d'éloquence chrétienne au IV. siècle« (1846, neue Ausg. 1870, deutsch, Regensb. 1855);
(spr. wilmessāng), Jean Hippolyte Cartier de, franz. Journalist geb. zu Rouen [* 48] als ein natürlicher Sohn des Obersten Cartier und der Augustine de Villemessant, deren Namen er annahm, betrieb, frühzeitig verheiratet, Geschäfte in Blois, Tours [* 49] und Nantes [* 50] und begab sich 1839 nach Paris, um sich dem Journalismus zu widmen. Er schrieb unter anderm unter dem Namen Louise de Saint-Loup das Modefeuilleton der Girardinschen »Presse«, [* 51] verband sich gleichzeitig mit den Legitimisten, deren Interessen er nach 1848 in der »Chronique de Paris« etc. verfocht, und gab seit 1854 den »Figaro« heraus, zunächst als zweimal wöchentlich erscheinende Zeitschrift, dann seit 1865, nachdem ihm ein andres Organ, das »Événement«, unterdrückt worden, als Tageszeitung, die sich bald als pikantes Skandalblatt, stets gemein, aber stets vorzüglich redigiert, in die Gunst des Publikums einzustehlen wußte und mit ihrem ganzen Wesen so recht zur Signatur des zweiten Kaiserreichs gehört. In den »Mémoires d'un journaliste« (1867-78, 6 Bde.) erzählte Villemessant seine eignen Schicksale. Er starb in Monte Carlo bei Monaco. [* 52] Villemessant war einer der gehaßtesten Menschen von Paris; kein Mittel verschmähte er, um Effekt zu erzielen, doch war seine Thätigkeit ungeheuer, und seine Wohlthätigkeit gegen arme Kollegen wird gerühmt.
Vgl. die biographischen Schriften von Faucon (Par. 1879) und Du Saussois (das. 1880).
(spr. wilmühr), Stadt im franz. Departement Obergaronne, Arrondissement Toulouse, am Tarn und der Eisenbahn Montauban-St. Sulpice, mit Eisengießerei, [* 53] Filz- und Kerzenfabrikation, [* 54] Wachsbleicherei und (1881) 2169 Einw.
(spr. wiljēna), Bezirksstadt in der span. Provinz Alicante, am Vinalopo, Knotenpunkt der Eisenbahnen Madrid-Alicante und Villena-Bañeras, in fruchtbarer Ebene, mit Schloß, Leinweberei, Seifenfabriken und (1878) 11,424 Einw. In der Nähe ein großer Salzsee.
(spr. wiljēna), Don Enrique de Aragon, Marquis de, berühmter span. Gelehrter, geb. 1384, zeigte schon früh eine glühende Liebe zu gelehrten Studien und erwarb sich in fast allen Zweigen des damals bekannten Wissens außerordentliche Kenntnisse. Als ein Verwandter der kastilischen u. aragonischen Königsgeschlechter hielt er sich bald an dem einen, bald an dem andern beider Höfe auf. Durch einen Gewaltstreich beraubte ihn Heinrich III. von Kastilien seiner Güter, bewirkte aber später seine Erwählung zum Großmeister des Ordens von Calatrava, in welcher Eigenschaft Villena eine Zeitlang thätigen Anteil an den politischen Ereignissen nahm.
Doch wurde er unter dem Vorwand, daß seine Wahl nicht regelrecht erfolgt sei, von den Rittern selbst seiner Würde wieder entsetzt und geriet nun in eine sehr bedrängte Lage. Endlich verlieh ihm die Regentschaft von Kastilien zur Entschädigung für seine Verluste die kleine Herrschaft Iniesta, wo er den Rest seines Lebens in Zurückgezogenheit verlebte. Er starb Seine kostbare Büchersammlung ließ Johann II. verbrennen. Villena war einer der gelehrtesten Männer des damaligen Spanien, und der sich auch mit Alchimie und Astrologie [* 55] beschäftigte, so kam er dadurch in den Ruf eines Zauberers. Nach dem Vorbild der Blumenspiele von Toulouse (s. Jeux floraux) stiftete er 1412 zu Barcelona [* 56] das Consistorio de la gaya ciencia. Er übte großen Einfluß auf die Ausbildung der höfischen Dichterschule des 15. Jahrh. aus durch seine im Geiste des spätprovençalischen Minnegesangs abgefaßte Poetik: »Arte de trobar«, welche jedoch nur in einem Auszug in Mayans y Siscars »Orígenes de la lengua española« (Madr. 1737) auf uns ¶
gekommen ist. Seine noch vorhandenen Werke bestehen in einer Abhandlung über die Vorschneidekunst (»Arte cisoria«, Madr. 1766 u. 1879) und einer Erzählung in Prosa von den Thaten des Herkules (»Los trabajos de Hercules«, Zamora 1483 u. 1499, sehr selten).
(spr. wilnöw), 1) Villeneuve de Berg, Ort im Departement Ardèche, Arrondissement Privas, an der Eisenbahn Livron-Alais, mit Tuchfabrikation und (1881) 1724 Einw.; Geburtsort des Agronomen Olivier de Serres (gest. 1619), dem hier eine Bronzestatue (von Hébert) errichtet ist. -
2) Villeneuve l'Archevêque, Ort im Departement Yonne, Arrondissement Sens, an der Vannes und der Eisenbahn Sens-Troyes, hat eine restaurierte Kirche, Fabrikation von Tuch, Handel mit Wolle und Hanf und (1881) 1808 Einw. -
3) Villeneuve les Avignon, Stadt im Departement Gard, Arrondissement Uzès, rechts am Rhône, über welchen eine Hängebrücke nach dem gegenüberliegenden Avignon führt, hat eine alte Abtei, St.-André, mit romanischer Kapelle, eine Kartäuserkirche, ein Hospital mit Museum und Kapelle (darin ein schönes Grabmal des 1362 gestorbenen Papstes Innocenz VI.), Fabrikation von Seide, [* 58] Leinwand und Seilen und (1881) 2374 Einw. -
4) Villeneuve sur Lot oder d'Agen, Arrondissementshauptstadt im Departement Lot-et-Garonne, am Lot und an der Zweigbahn Penne-Villeneuve, hat eine Brücke [* 59] aus dem 13. Jahrh., welche die nördlich gelegene Stadt mit dem Faubourg St.-Etienne verbindet, Reste alter Befestigungswerke, ein Kommunalcollège, eine Strafanstalt, Fabrikation von Leinwand, Leder, Schuhwaren und Hornkämmen, Getreide-, Wein- und Pflaumenhandel und (1886) 8678 (als Gemeinde 14,693) Einw. Villeneuve ist Sitz eines Gerichtshofs und eines Handelsgerichts. -
5) Villeneuve sur Yonne (oder Villeneuve le Roi), Stadt im Departement Yonne, Arrondissement Joigny, an der Yonne und der Eisenbahn Paris-Dijon, hat eine schöne Kirche, Notre Dame (aus dem 13.-16. Jahrh.), Fabrikation von Tuch und Feilen, Schiffbau, Handel mit Holz, [* 60] Kohlen, Zement, Wein und Salz [* 61] und (1881) 3560 Einw. -
6) Landstädtchen im schweizer. Kanton Waadt, [* 62] am Oberende des Genfer Sees und an der Eisenbahn Lausanne-St. Maurice, Station der Dampfschiffe, mit (1888) 1471 Einw. Vor dem Ort, im See, die Ile de Paix und am Weg nach Montreux das Inselschloß Chillon (s. d.).
(spr. wilrŏá), franz. Adelsgeschlecht:
1) Nicolas de Neufville, Seigneur de Villeroi, geb. 1542, wußte sich die Gunst der Katharina von Medici zu erwerben und war Minister unter Karl IX., Heinrich III., Heinrich IV. und Ludwig XIII. Er starb 1617 in Rouen und hinterließ unter anderm die berühmten »Mémoires d'État depuis 1567 jusqu'en 1604« (Par. 1622; mit einer Fortsetzung bis 1620, das. 1634).
2) Nicolas de Neufville, Marquis, dann Herzog von Villeroi, Enkel des vorigen, geb. 1597, zeichnete sich als Krieger in Italien, Katalonien u. Lothringen aus und wurde 1646 Marschall und zugleich Erzieher Ludwigs XIV., 1661 Chef des Finanzrats, erhielt 1663 die Würde eines Pairs u. Herzogs, starb
3) François de Neufville, Herzog von Villeroi, Sohn des vorigen, geb. war mit Ludwig XIV. erzogen worden, ward aber bald wegen Liebesintrigen nach Lyon verbannt. Erst 1680 erhielt er die Erlaubnis zur Rückkehr an den Hof. [* 63] 1693 zeichnete er sich bei Neerwinden aus, ward dafür zum Marschall ernannt und befehligte 1695-96 in den Niederlanden, bewies aber große Unfähigkeit. Dennoch erhielt er im spanischen Erbfolgekrieg (im Sommer 1701) das Kommando der in Italien gegen den Prinzen Eugen kämpfenden Armee, an deren Spitze er 1. Sept. den unklugen und verunglückten Angriff auf Chiari unternahm und in Cremona von Eugen überfallen und gefangen genommen ward.
Wieder in Freiheit gesetzt, erhielt er zu Anfang 1706 den Oberbefehl über die Armee in den Niederlanden, ward aber von Marlborough bei Ramillies geschlagen, worauf Vendôme an seine Stelle trat. Auf den Antrieb der Maintenon bestimmte ihn Ludwig XIV. in seinem Testament zum Gouverneur des jungen Ludwig XV. Nachdem letzterer die Mündigkeit erlangt, ließ der Herzog von Orléans [* 64] Villeroi wegen Intrigen gegen ihn verhaften und verbannte ihn auf sein Gut Villeroi. Später erlaubte man ihm, das Gouvernement von Lyon zu übernehmen. Nach Ludwigs XV. Volljährigkeitserklärung erschien er wieder in Paris und starb dort
(spr. wilähr oder -lährs), Charles François Dominique de, franz. Schriftsteller, geb. zu Boulay in Lothringen, kam 1792 über den Rhein als Emigrant und wurde auf der Reise nach Rußland in Lübeck [* 65] durch eine Neigung für Frau v. Rogge zurückgehalten und für Deutschland gewonnen. Er versenkte sich nun in das Studium der deutschen Litteratur und Philosophie, trat mit den bedeutendsten Geistern diesseit und jenseit des Rheins in regen Briefwechsel und war als Professor der französischen Sprache in Göttingen [* 66] unausgesetzt thätig, zwischen deutschem und französischem Geist zu vermitteln. Er starb in Göttingen. Villers war der erste Franzose, der seinen Landsleuten Kant verständlich zu machen suchte (»Philosophie de Kant«, Metz [* 67] 1801); mit Nachdruck wies er in seinen selbständigen Schriften und Berichten an das Institut de France auf den Geist des Protestantismus, der deutschen Erziehung, Schule und Universität hin, im Gegensatz zu dem Jesuitentum und der französischen Erziehung. Dafür ist am merkwürdigsten sein vom Institut gekrönter »Essai sur l'esprit et l'influence de la reformation de Luther, etc.« (1804, 5. Aufl. 1851; deutsch, 2. Aufl., Hamb. 1817). Infolge seiner »Lettre à Madame la comtesse F. de Beauharnais sur Lubeck« (1806) war er 1811 aus Lübeck vertrieben worden.
Vgl. Bégin, Notice sur Villers (Metz 1840).
Briefe aus dem Nachlaß von Villers (von B. Constant, Görres, Goethe u. a.) gab Isler heraus (Hamb. 1879).
(spr. wilähr-brötonnöh), Stadt im franz. Departement Somme, Arrondissement Amiens, [* 68] an der Eisenbahn Tergnier-Amiens, mit moderner gotischer Kirche, Wollspinnerei, Strumpfwirkerei und (1881) 5911 Einw.
(spr. wilähr-kotträ), Stadt im franz. Departement Aisne, Arrondissement Soissons, am ausgedehnten Forst [* 69] von Villers-Cotterets (12,500 Hektar), Knotenpunkt der Eisenbahnen Paris-Soissons-Laon, Villers-La Ferté Milon und Compiègne-Silly la Poterie, hat ein ehemaliges Schloß Franz' I. (jetzt Armenhaus), Fabrikation von Wirk-, Sieb- und Spielwaren, Gerberei, Weinhandel und (1881) 3729 Einw. Hier glückliches Gefecht der Verbündeten gegen die Franzosen.
(spr. wilärssekssell), Ort im franz. Departement Obersaône, Arrondissement Sure, am Ognon, 33 km südwestlich von Belfort, [* 70] mit Schloß des Grafen Gramont, Eisengießereien und 1153 Einw. Bei Villersexel fand ein heftiges Gefecht zwischen den Franzosen und Deutschen statt, indem General v. Werder hier durch die Brigade Goltz und die 4. Reservedivision einen Stoß gegen die linke Flanke der auf Belfort marschierenden Armee Bourbakis ausführen ¶
ließ, um deren Marsch aufzuhalten. Das 25. Regiment erstürmte Villersexel und bewirkte, daß Bourbaki seinen Marsch unterbrach und bedeutende Truppenmassen nach Villersexel warf, vor denen sich die Deutschen, da ihr Zweck erreicht war, in der Nacht zum 10. Jan. wieder zurückzogen. Ihr Verlust betrug 27 Offiziere und 619 Mann.
La (spr. wilett), nordöstlichster Stadtteil von Paris, zum 19. Arrondissement gehörig, ehemals zwei Flecken (La Grande Villette und La Petite Villette) mit vorwiegender Arbeiterbevölkerung, zahlreichen Fabriken, dem Viehmarkt und den Schlachthäusern von Paris und dem großen Bassin des Ourcqkanals.
(spr. wilörbann), Flecken im franz. Departement Rhône, Arrondissement Lyon, östlich von Lyon, an der Eisenbahn Lyon-St.-Genix, ganz von der Lyoner Industrie abhängiger Industrieort mit (1886) 13,104 Einw.
(lat.), bei den alten Römern der Meier, Verwalter eines Gutes, gewöhnlich ein Sklave oder Freigelassener, der die Aufsicht über die Arbeitssklaven des Gutes hatte.
sur Marne (spr. wilĭeh ssür márn), Dorf im franz. Departement Seine-et-Oise, Arrondissement Corbeil, am linken Marneufer, zwischen Brie und Champigny an der Ostbahn gelegen, mit einem Fort der neuen äußern Befestigungslinie von Paris und 920 Einw. Hier fanden 30. Nov. und heftige Kämpfe zwischen der Pariser Armee und den Deutschen statt, welche man unter dem Namen der Schlacht von Villiers zusammenfaßt. Nach einem zwischen Trochu und Gambetta verabredeten Plan sollte General Ducrot, Befehlshaber der zweiten Pariser Armee, einen großen Ausfall machen, die östliche Zernierungslinie durchbrechen, nach Fontainebleau abmarschieren und dort mit der von Orléans hervordringenden Loirearmee sich vereinigen, worauf dann beide Armeen umkehren, sich auf die Zernierungsarmee werfen und diese zwischen zwei Feuer bringen sollten.
Nachdem an den vorhergehenden Tagen kleinere Ausfälle an verschiedenen Punkten der Zernierungslinie stattgefunden hatten, um die deutsche Heeresleitung irre zu führen, erfolgte am Morgen des 30. Nov. der große Ausfall gegen das an der Marne gelegene Plateau von Villiers, das von der württembergischen Division besetzt war, zu deren Unterstützung die 24. (sächsische) Division die Marne zu überschreiten gerade im Begriff war. Mit 3 Armeekorps (über 100,000 Mann) ging Ducrot auf 8 Brücken [* 72] über die vielfach gekrümmte Marne und warf sich auf die Dörfer Brie und Champigny in dem Augenblick, in dem eben die mit den Örtlichkeiten noch unbekannten Sachsen [* 73] die dortigen Vorposten bezogen hatten.
Die Dörfer wurden genommen und die Zernierungstruppen in die Linie Villiers sur Marne-Coeuilly zurückgedrängt. Die Kanonen der Forts Rosny und Nogent und die des erst am 28. Nov. von den Franzosen besetzten und stark armierten Mont Avron unterstützten den Ausfall und fügten den Deutschen große Verluste zu. Dennoch wurden alle weitern Angriffe der Franzosen zurückgeschlagen und jene wichtige Linie behauptet. Der Feind zog sich abends nach Champigny und Brie zurück, hielt diese Dörfer besetzt und führte den größten Teil der Truppen auf das rechte Marneufer zurück.
Der Durchbruchsversuch war mißlungen und wurde 1. Dez. nicht erneuert. Aber die beiden Dörfer mußten um jeden Preis den Franzosen entrissen werden. Daher wurden schon 1. Dez. von dem deutschen Hauptquartier starke Truppenmassen in dem Abschnitt zwischen Seine und Marne konzentriert (das 2. Korps, die 24. Division, die württembergische Division und die 21. Brigade des 6. Korps) und dem Kommandeur des 12. Korps, Prinz Georg von Sachsen, die Vertreibung der Franzosen über die Marne befohlen. Am 2. Dez. morgens 7 Uhr [* 74] gingen die Württemberger gegen Champigny, die Sachsen gegen Brie vor.
Jene drangen in das Dorf ein, hatten dort einen furchtbaren Kampf zu bestehen, kamen aber bis in die Mitte des Dorfs und behaupteten diese Stellung, von preußischen Bataillonen unterstützt. Die Sachsen nahmen Brie, litten aber sehr durch das Feuer der Forts und mußten abends das in einen Trümmerhaufen zusammengeschossene Dorf räumen. Die Franzosen hatten auch das Plateau von Villiers von neuem angegriffen. Der Kampf wurde hier bis nach Einbruch der Dunkelheit mit außerordentlicher Heftigkeit geführt, und deutscherseits wurde fast das ganze 2. Korps in denselben gezogen; schließlich behaupteten die Deutschen die Stellung Noisy le Grand-Villiers sur Marne-Coeuilly.
Der Feind hatte beim Einbruch der Nacht die Trümmer von Brie und die eine Hälfte von Champigny noch im Besitz, konnte aber diese vorgeschobene Stellung nicht lange halten. Er brachte den 3. Dez. unter Geschützfeuer und kleinen Scharmützeln hin, räumte in der folgenden Nacht und am Morgen des 4. beide Dörfer, ging mit sämtlichen Truppen auf das rechte Marneufer zurück und brach die Brücken hinter sich ab. Die Franzosen hatten an den beiden Schlachttagen einen Gesamtverlust von 10-12,000 Mann, darunter gegen 1600 Gefangene; die Deutschen verloren 270 Offiziere und 5500 Mann. Übrigens wäre der französische Plan, auch wenn Ducrot der Durchbruch gelungen wäre, gescheitert, da die Loirearmee zurückgeworfen worden war und die Franzosen im offenen Feld von überlegenen deutschen Streitkräften angegriffen worden wären.
Vgl. v. Niethammer, Die Schlacht bei Villiers (Stuttg. 1881).
Kreis- und Bezirksamtsstadt im Großherzogtum Baden, auf einer Hochebene des Schwarzwaldes und an der Brigach, Knotenpunkt der Linien Offenburg-Singen der Badischen und Plochingen-Villingen der Württembergischen Staatsbahn, 706 m ü. M., hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen (darunter das stattliche gotische Münster [* 75] zu Unsrer lieben Frau aus dem 13. Jahrh. und die byzantinische Altstadtkirche aus dem 11. Jahrh.), ein altes Rathaus mit Sammlung von Altertümern, ein Realgymnasium, eine Gewerbe- und Musikschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Amtsgericht, eine Bezirks- und eine städtische Forstei, ein Hammerwerk, Glockengießerei, bedeutende Fabrikation von Uhren [* 76] und Musikwerken, Metalltuch- und Seidenbandweberei, Gerberei, Majolika-, Tuch- und Düngemehlfabrikation, Bierbrauerei, [* 77] mechanische Werkstätten, zahlreiche Säge- und Mahlmühlen, Getreide- und Mehlhandel und (1885) 6140 meist kath. Einwohner. Dabei die Ruinen Kürneck, Warenburg und Schlößlebühl und auf der Wanne ein eiserner Aussichtsturm. Villingen, die alte Hauptstadt der Landschaft Baar, ward vom Herzog Berthold III. von Zähringen gegründet, gehörte später zum österreichischen Breisgau (Vorderösterreich) und kam 1803 an Baden. Der Kreis Villingen umfaßt 1066 qkm (19,36 QM.) mit (1885) 70,323 Einw.
Flecken im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, [* 78] Oberlahnkreis, an der Lahn und der Linie Frankfurt-Oberlahnstein-Lollar der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, bedeutende Marmorbrüche, Marmorschleiferei und Marmorwarenfabrikation, Kalksteinbrüche, Bergbau [* 79] auf Eisenstein und (1885) 2077 Einw. ¶
stattliches Dorf im schweizer. Kanton Aargau, unweit Wohlen (s. d.), mit (1888) 1681 Einw. Hier fand in zwei schweizer. Religionskriegen die Entscheidung statt, indem die Reformierten von den Katholischen und diese von jenen geschlagen wurden.
Bei Villmergen zerstreuten auch die aargauischen Regierungstruppen die aufständischen Ultramontanen aus dem Freiamt (s. d.).
(spr. wilŏasóng), Jean Baptiste Gaspard d'Ansse de, franz. Philolog, geb. zu Corbeil sur Seine, ward mit 23 Jahren Mitglied der Akademie der Inschriften zu Paris, ging 1778 im Auftrag der Regierung nach Venedig, um die Handschriften der Markusbibliothek zu untersuchen, veröffentlichte dort aus denselben »Anecdota graeca« (Vened. 1781, 2 Bde.) sowie den berühmten Kodex der Homerischen »Ilias« mit den Scholien (das. 1788),
der Homerforschung dadurch völlig neue Bahnen eröffnend, verweilte dann längere Zeit zu Weimar, [* 81] wo seine »Epistolae Vimarienses« entstanden (Turin 1783), und bereiste 1785-88 die Inseln und den Kontinent von Griechenland. [* 82] Beim Ausbruch der französischen Revolution zog er sich nach Orléans zurück. Nach 1800 nach Paris zurückgekehrt, wurde Villoison Mitglied des Nationalinstituts und Professor der griechischen Sprachen (ancienne et moderne) am Collège de France, starb aber schon Von seinen Arbeiten sind noch die Ausgaben von Apollonios' »Lexicon graecum Iliadis et Odysseae« (Par. 1773, 2 Bde.) und Longos' »Pastoralia« (das. 1778, 2 Bde.) hervorzuheben.
Vgl. Dacier, Notice historique sur Villoison (Par. 1806).
(spr. wilóng, auch de Montcorbier genannt), François, franz. Dichter, geb. 1431 zu Paris, studierte daselbst, ergab sich aber früh einem ausschweifenden Leben, wurde infolge eines 1455 in der Notwehr verübten Mordes aus Paris verbannt, 1457 wegen Diebstahls zum Galgen verurteilt, wovon ihn seine Ballade »Les pendus« errettete, und befand sich 1461, wahrscheinlich wegen gleichen Frevels, im bischöflichen Gefängnis zu Meun sur Loire, aus dem ihn die Amnestie bei der Thronbesteigung Ludwigs XI. befreite.
Seine weitern Schicksale sind unbekannt, doch muß sein Tod vor 1489 fallen, wo die erste Ausgabe seiner Gedichte erschien. Villon ist der originellste und witzigste Dichter des 15. Jahrh., der Urtypus des »esprit gaulois«. Nichts Fremdes, nichts Gemachtes findet sich bei ihm; von der zartesten Anmut und freimütig bis zur Schamlosigkeit, ernst, ja melancholisch und wiederum heiter und ausgelassen, mit vollem Bewußtsein von der Nichtigkeit des Daseins und dabei dem wildesten Genuß ergeben, endlich ein Meister in der Behandlung der französischen Sprache, ist er der würdige Vorgänger Rabelais', allerdings in der zerlumpten und verkommenen Gestalt des unverbesserlichen Landstreichers.
Seine Dichtungen: »Le grand testament de Villon et le petit, son codicille, le jargon et ses ballades« (1489),
wurden bis 1542 27mal herausgegeben, besonders von Marot (1533) auf Befehl Franz' I.;
die neueste Auflage ist von P. Lacroix (1854).
Die »Repues franches« hat Villon nicht geschrieben.
Vgl. Campaux, Villon sa vie et ses œuvres (Par. 1859);
Longnon, Étude biographique sur Villon (das. 1877);
Nagel, François Villon (Berl. 1877);
Bijvanck, Essai critique sur les œuvres de F. Villon (Leiden [* 83] 1883, Bd. 1).
s. Villanellen. ^[= (ital., auch Canzoni villanesche, Villote, "Straßenlieder", entsprechend den deutschen ...]
bei botan. Namen Abkürzung für P. L. F. L. de Vilmorin, geb. 1816 zu Paris, gest. 1860 in Verrières bei Paris.
Gartenpflanzen.
August Friedrich Christian, namhafter Theolog und Literarhistoriker, geb. zu Solz in Kurhessen, studierte zu Marburg [* 84] Theologie, trat 1821 in den Kirchen und Schuldienst, 1831 in die kurhessische Ständeversammlung und ward, nachdem er sich vom Liberalismus abgewandt, kurz darauf Mitglied der obern Kirchen und Schulkommission und 1833 Direktor des Gymnasiums zu Marburg. Im März 1850 ward er mit dem Prädikat Konsistorialrat zum vortragenden Rat in das Ministerium des Innern berufen.
Mit dem Rücktritt des Ministeriums Hassenpflug fiel auch er 1855 und ward Professor der Theologie in Marburg, wo er starb. In seinen amtlichen Stellungen wie auch als Herausgeber der Wochenschrift »Der hessische Volksfreund« (1848-51) und der »Pastoral theologischen Blätter« (1861-66) hat in Kirche und Schule auf die Entwickelung einer streng hierarchischen Richtung hinzuwirken gesucht, einer Richtung, die auch in seinen »Schulreden« (Marb. 1846; 3. Aufl., Gütersl. 1886) und in »Die Theologie der Thatsachen und die Theologie der Rhetorik« (Marb. 1856; 4. Aufl., Gütersl. 1876) hervortritt.
Erfreulicher war sein Wirken auf dem Gebiet der deutschen Litteraturgeschichte, namentlich zeichnen sich die Vorlesungen über die »Geschichte der deutschen Nationallitteratur« (Marb. 1845; 23. Aufl., fortgesetzt von A. Stern, 1889) durch Lebendigkeit der Darstellung aus. Kleinere Arbeiten sind: »Anfangsgründe der deutschen Grammatik« (8. Aufl., neu bearbeitet von Kauffmann, 1888);
»Deutsche [* 85] Altertümer im Heliand« (das. 1845, 2. Aufl. 1862);
»Zur Litteratur Johann Fischarts« (das. 1846, 2. Aufl. 1865);
das »Deutsche Namenbüchlein« (5. Aufl., das. 1880);
»Handbüchlein für Freunde des deutschen Volksliedes« (3. Aufl., das. 1886);
»Idiotikon von Kurhessen« (das. 1868; Nachtrag von Pfister, 1886) und »Lebensbilder deutscher Dichter und Germanisten« (Frankf. 1869; 2. Aufl. von Koch, 1886).
Die Schrift »Zur neuesten Kulturgeschichte Deutschlands« [* 86] (Frankf. 1858-67, 3 Tle.) stellt seine Wirksamkeit in den Revolutions- und Restaurationsjahren dar. Aus seinem Nachlaß wurden herausgegeben: »Theologische Moral« (Gütersl. 1871, 3 Bde.);
»Lehrbuch der Pastoraltheologie« (das. 1872);
»Kirche und Welt oder die Aufgaben des geistlichen Amtes« (das. 1872-73, 2 Bde.);
»Dogmatik« (das. 1874-75, 2 Bde.) und »Collegium biblicum. Praktische Erklärung der Heiligen Schrift« (das. 1880-86, 6 Bde.).
Seine Biographie schrieb Leimbach (Hannov. 1875).
1) rechter Nebenfluß der Nab im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, entspringt im Frankenjura zwischen Vilseck und Auerbach [* 87] und mündet bei Kalmünz. -
2) Rechter Nebenfluß der Donau in Niederbayern, mündet bei Vilshofen.
Flecken und Bezirksamtshauptort im bayr. Regierungsbezirk Niederbayern, an der Vils und an der Linie Landshut-Neumarkt a. R. der Bayrischen Staatsbahn, 438 m ü. M., hat eine kath. Kirche, ein Rettungshaus, ein Amtsgericht und (1885) 2460 Einw.
Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Amberg, [* 88] an der Vils und an der Linie Neukirchen-Weiden der Bayrischen Staatsbahn, 402 m ü. M., hat 2 Kirchen, ein altes Schloß, ein Amtsgericht, ein Forstamt und (1885) 1121 fast nur kath. Einwohner.
Bezirksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk Niederbayern, an der Mündung der Vils in die Donau und an der Linie Passau-Würzburg der ¶